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  • 05.01.2009 | Strafverfahren

    Ausdrückliche Entscheidung des erkennenden Gerichts zur Erstreckung

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster

    Für eine kostenrechtlich relevante Rückwirkung der Beiordnung auf ein nachträglich hinzuverbundenes Verfahren nach § 48 Abs. 5 RVG ist eine ausdrückliche Entscheidung des erkennenden Gerichts erforderlich (OLG Thüringen 11.6.08, 1 AR (S) 79/07, n.v., Abruf-Nr. 083820).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Anwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten. Er hat nach Abschluss des Verfahrens eine Pauschgebühr nach § 51 RVG geltend gemacht, die das OLG auch bewilligt hat. Das OLG hat aber die Grund- und Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren, die im hinzuverbundenen Verfahren, in dem der Anwalt als Wahlanwalt vor der Verbindung tätig war, entstanden waren, nicht berücksichtigt.  

     

    Zwar ist § 48 Abs. 5 S. 3 RVG einschlägig. Der Anwalt hat den Angeklagten sowohl im hinzuverbundenen Verfahren als auch im führenden Verfahren als Wahlverteidiger vertreten. Im später führenden Verfahren ist er zum Pflichtverteidiger bestellt worden, bevor beide Verfahren verbunden wurden. Dennoch kann der Anwalt die Wahlverteidigergebühren nur dem Angeklagten, nicht aber der Staatskasse als gesetzliche Gebühren in Rechnung stellen. Eine kostenrechtlich relevante Rückwirkung der Beiordnung auf das nachträglich hinzuverbundene Verfahren nach § 48 Abs. 5 RVG kommt nicht in Betracht, da es an der nach dem Wortlaut des Gesetzes ausdrücklich erforderlichen Entscheidung des erkennenden Gerichts nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG fehlt. Nur dann wäre es möglich, die Gebühren im hinzuverbundenen Verfahren zu erstatten. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass die Rückwirkung einer Beiordnung sich nicht automatisch auf verbundene Verfahren erstreckt. Vielmehr soll dem Gericht (nur) die Möglichkeit eingeräumt werden, die Beiordnung zu erstrecken. Der Senat ist deshalb gehindert, auf die Rechtslage nach RVG die Grundsätze der Rechtsprechung des Senats zur BRAGO hinsichtlich der gebührenrechtlichen Rückwirkung bei verbundenen Verfahren (RVGReport 04, 433) anzuwenden.  

     

    Praxishinweis

    Die Frage der Erstreckung nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG macht in der Praxis immer noch Schwierigkeiten. Mit ihr muss sich der Pflichtverteidiger immer beschäftigen, wenn zum Verfahren, in dem er als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist, ein anderes Verfahren hinzuverbunden werden soll, in dem er (auch) als Wahlanwalt tätig gewesen ist. Die dort entstandenen Gebühren werden nur als gesetzliche Gebühren erstattet, wenn die Erstreckung nach § 48 Abs. 5 S. 3 RVG ausgesprochen worden ist (dazu Burhoff, RVGReport 08, 129). Den grundsätzlich erforderlichen Erstreckungsantrag darf der Pflichtverteidiger auf keinen Fall vergessen, will er nicht Geld verschenken. Und: Er muss darauf achten, dass das Gericht diesen Antrag bescheidet.