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  • Strafrecht
    Revision im Strafverfahren:
    So rechnen Sie nach dem RVG richtig ab
    von RiOLG Detlef Burhoff, Münster/Hamm
    Die Abrechnung der anwaltlichen Tätigkeit im strafverfahrensrechtlichen Revisionsverfahren ist in Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 VV RVG in den Nr. 4130 ff. VV RVG geregelt. Das RVG kennt auch hier grundsätzlich nur noch die Verfahrens- und die Terminsgebühr.
    Zusätzlich kann auch eine Grundgebühr anfallen
    Erhält der Anwalt erst im Revisionsverfahren den Auftrag, fällt noch die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG an (Burhoff, RVG prof. 04, 48).
    Für den Abgeltungsbereich der Gebühren gelten die allgemeinen Regeln (Burhoff, a.a.O.). Die Verfahrensgebühr erhält der Anwalt nach Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information im Berufungsverfahren. Die Terminsgebühr Nr. 4126 VV RVG entsteht für die Teilnahme am Revisionshauptverhandlungstermin.
    Darüber hinaus können noch nach Teil 4 Unterabschnitt 5 VV RVG zusätzliche Gebühren entstehen, z.B. die Befriedungsgebühr der Nr. 4141 VV RVG oder die Wertgebühr für Tätigkeiten im Hinblick auf Einziehung in Nr. 4142 VV RVG bzw. im Adhäsionsverfahren nach Nr. 4143 ff. VV RVG. Befindet sich der Mandant in Haft, entstehen die Gebühren mit Zuschlag (Vorbemerkung 4 Abs. 4 VV RVG).
    Praxishinweis: Nimmt der Anwalt im Verfahrensabschnitt "Revision" an einem Termin i.S. der Nr. 4102 VV RVG teil, kann ggf. noch eine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG anfallen. Insoweit kann es sich aber allenfalls noch um eine Haftprüfung nach Nr. 4102 Ziff. 3 VV RVG handeln.
    Bei den folgenden Beispielen wird für den Wahlanwalt aus Vereinfachungsgründen stets die sog. Mittelgebühr angesetzt.
    Beispiel 1: Revisionsverfahren; Auftrag erst in der Revisionsinstanz
    Der inhaftierte Angeklagte A wird vom LG nach eintägiger Hauptverhandlung wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er wurde von Rechtsanwalt R 1, der ihn bereits im vorbereitenden Verfahren vertreten hat, verteidigt. A war mit der Verteidigung nicht zufrieden und beauftragt Rechtsanwalt R 2 mit seiner Verteidigung im Revisionsverfahren. R 2 legt Revision ein und begründet diese. Das Revisionsgericht hebt das Urteil des LG wegen eines Verfahrensfehlers auf und verweist das Verfahren an das LG zurück. Dort wird A von Rechtsanwalt R 3 vertreten, nachdem R 2 das Mandat niedergelegt hat. R 3 nimmt an der eintägigen Hauptverhandlung teil. A wird frei gesprochen. Wie können R 1, R 2 und R 3 ihre Gebühren abrechnen?
    Lösung: R 1 erhält nur die Gebühren für die Verteidigung im vorbereitenden Verfahren und in der I. Instanz bis zur Revisionseinlegung. Alle Gebühren entstehen mit Zuschlag, da A inhaftiert ist. Im Revisionsverfahren ist A von R 2 vertreten worden. Dieser erhält für seine Tätigkeiten ebenfalls
    eine Grundgebühr, obwohl er erst im Revisionsverfahren mandatiert worden ist. Diese entsteht in jeder Lage des Verfahrens (Burhoff/Burhoff; RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4100 Rn. 6). R 2 verdient zudem eine Verfahrensgebühr. Beide Gebühren entstehen mit Haftzuschlag.
    Nach der Zurückverweisung entstehen für R 3 noch einmal die Grund-, die Verfahrens- und die Terminsgebühr aus der landgerichtlichen Stufe. Alle Gebühren entstehen mit Haftzuschlag. Das führt zu folgenden Abrechnungen:
    Abrechnung für R 1 bis zur Einlegung der Revision Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Vorbereitendes Verfahren    
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4104, 4105 VV RVG 171,25 EUR 137,00 EUR
    Gerichtliches Verfahren I. Instanz    
    Verfahrensgebühr Nr. 4112, 4113 VV RVG 188,75 EUR 151,00 EUR
    Terminsgebühr Nrn. 4114, 4115 VV RVG 328,75 EUR 263,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      911,25 EUR 733,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 145,80 EUR 117,28 EUR
      1.057,05 EUR 850,28 EUR
         
    Abrechnung für R 2 für Verteidigung Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    im Revisionsverfahren    
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4130, 4131 VV RVG 631,25 EUR 505,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      853,75 EUR 687,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 136,60 EUR 109,92 EUR
      990,35 EUR 796,92 EUR
         
    Abrechnung für R 3 nach Zurückverweisung Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 205,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4112, 4113 VV RVG 188,75 EUR 151,00 EUR
    Terminsgebühr, Nrn. 4114, 4115 VV RVG 328,75 EUR 263,00 EUR
    Auslagenpauschale Nrn. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      740,00 EUR 596,00 EUR
    Umsatzsteuer Nrn. 7008 VV RVG, 16 Prozent 118,40 EUR 95,36 EUR
      858,40 EUR 691,36 EUR
    Praxishinweis: Die Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG entsteht für alle drei Verteidiger, da sie personen- und nicht verfahrensbezogen ist und somit im Verfahren nicht insgesamt nur einmal entsteht.
    Abwandlung 1: Nur ein Anwalt tätig
    Im Bespiel 1 wird nur R 1 beauftragt, der A auch im Revisionsverfahren und nach Zurückverweisung verteidigt. Welche Gebühren kann er abrechnen?
    Lösung: R 1 erhält die Gebühren, die in Beispiel 1 entstanden sind. Die Grundgebühr entsteht aber nur einmal. Zwar handelt es sich nach Zurückverweisung nach § 21 Abs. 1 RVG um einen neuen Rechtszug mit der Folge, dass alle Gebühren erneut entstehen können. Das gilt für den Verteidiger des Ursprungsverfahrens aber nicht für die Grundgebühr, da R 1 sich in das Verfahren bereits eingearbeitet hat (Burhoff/Burhoff, a.a.O.; Nr. 4100 VV Rn. 20).
    Gebühren bis zur Einlegung der Revision Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Vorbereitendes Verfahren    
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4104, 4105 VV RVG 171,25 EUR 137,00 EUR
    Gerichtliches Verfahren I. Instanz    
    Verfahrensgebühr Nrn. 4112, 4113 VV RVG 188,75 EUR 151,00 EUR
    Terminsgebühr Nrn. 4114, 4115 VV RVG 328,75 EUR 263,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
    Gebühren im Revisionsverfahren    
    Verfahrensgebühr Nrn. 4130, 4131 VV RVG 631,25 EUR 505,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
    Gebühren nach Zurückweisung    
    Verfahrensgebühr Nrn. 4112, 4113 VV RVG 188,75 EUR 151,00 EUR
    Terminsgebühr Nrn. 4114, 4115 VV RVG 328,75 EUR 263,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      2.100,00 EUR 1.692,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 336,00 EUR 270,72 EUR
      2.436,00 EUR 1.962,72 EUR
    Abwandlung 2: Sprungrevision zum OLG
    In Abwandlung 1 hat das Verfahren in der I. Instanz beim AG stattgefunden. Rechtsanwalt R legt gegen das Urteil des AG Sprungrevision zum OLG ein. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung: R erhält die Gebühren in gleicher Höhe wie im Beispiel 2. Das RVG hat die Unterscheidung zwischen Revisionen, die beim OLG entschieden werden und solchen, für die der BGH zuständig ist, aufgegeben. Die Gebühren entstehen jetzt vielmehr in gleicher Höhe.
    Beispiel 2: Teilnahme an einem Revisionshauptverhandlungstermin
    Der inhaftierte Angeklagte A wird vom LG wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Er entzieht dem Verteidiger das Mandat und beauftragt Rechtsanwalt R mit der Verteidigung im Revisionsverfahren. R legt Revision ein und begründet diese. Das Revisionsgericht weist nach der Hauptverhandlung das Verfahren an das LG zurück. Für das weitere Verfahren beauftragt A Rechtsanwalt R 1. Welche Gebühren kann R abrechnen?
    Lösung: R erhält nur die Gebühren für die Verteidigung im Revisionsverfahren, und zwar eine Grundgebühr, obwohl er erst im Revisionsverfahren mandatiert worden ist (vgl. oben Beispiel 1). R verdient auch eine Verfahrensgebühr und für die Teilnahme an der Revisionshauptverhandlung eine Terminsgebühr. Alle Gebühren entstehen mit Haftzuschlag, da A inhaftiert ist.
    Revisionsverfahren Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4130, 4131 VV RVG 631,25 EUR 505,00 EUR
    Terminsgebühr Nrn. 4132, 4133 VV RVG 343,75 EUR 275,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      1.197,50 EUR 962,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 191,60 EUR 153,92 EUR
      1.389,10 EUR 1.115,92 EUR
    Praxishinweis: Der Rahmen der Terminsgebühr ist im Revisionsverfahren gegenüber der Verfahrensgebühr erheblich gesenkt. Das RVG ist davon ausgegangen, dass die Haupttätigkeit des Verteidigers im Revisionsverfahren nicht in der Hauptverhandlung erbracht wird, sondern mit der Begründung der Revision (BT-Drucksache 15/1971, 226). Das bedeutet allerdings, dass die geringe Dauer einer Revisionshauptverhandlung nicht noch einmal erheblich bei der Bemessung der Terminsgebühr herangezogen werden kann, da die grundsätzlich nur geringe Dauer bereits allgemein bei der Bemessung des Rahmens berücksichtigt worden ist (Burhoff/Burhoff, a.a.O., Nr. 4132 VV Rn. 15).
    Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass für den Pflichtverteidiger auch im Revisionsverfahren Längenzuschläge bei besonders langen Revisionshauptverhandlungen vorgesehen sind, Nrn. 4134, 4135 VV RVG. Diese werden nur geringe praktische Bedeutung haben. Die Regelung war aber auf Grund der Systematik des RVG, das im VV die anwaltlichen Gebühren ohne Verweisungen regelt, erforderlich.
    Beispiel 3: Rücknahme der Revision
    Im Beispiel 2 ist noch keine Revisionshauptverhandlung anberaumt. A dauert das Revisionsverfahren aber zu lang. Er möchte möglichst schnell in den offenen Strafvollzug verlegt werden, da er eine Arbeitsstelle in Aussicht hat. Er berät sich mit R über das weitere Vorgehen. R rät ihm, die Revision zurückzunehmen. A erteilt den Auftrag. R nimmt dann die Revision zurück.
    Lösung: R verdient wie in Beispiel 2 die Grundgebühr und die Verfahrensgebühr. Nach Nrn. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG entsteht für die Mitwirkung an der Rücknahme der Revision zudem noch eine Befriedungsgebühr. Das ist im RVG ausdrücklich geregelt. Die Streitfrage, ob § 84 Abs. 2 BRAGO auch im Revisionsverfahren Anwendung findet, ist damit erledigt (a.A. zuletzt OLG Zweibrücken RVGreport 04, 186). Das Entstehen der Gebühr ist von den gleichen Voraussetzungen abhängig wie sie bei der Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl oder einer Berufung vorliegen müssen (Burhoff/Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV Rn. 34 ff.). Der Höhe nach entsteht die Gebühr beim Wahlanwalt stets als Mittelgebühr (Nr. 4141 Anmerkung 3 VV RVG).
      Wahlanwalt Pflichtverteidiger
    Revisionsverfahren    
    Grundgebühr Nrn. 4100, 4101 VV RVG 202,50 EUR 162,00 EUR
    Verfahrensgebühr Nrn. 4130, 4131 VV RVG 631,25 EUR 505,00 EUR
    Befriedungsgebühr Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG 515,00 EUR 412,00 EUR
    Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR 20,00 EUR
      1.368,75 EUR 1.099,00 EUR
    Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG, 16 Prozent 219,00 EUR 175,84 EUR
      1.587,75 EUR 1.274,84 EUR
    Praxishinweis: Für das Entstehen der Befriedungsgebühr ist es nicht erforderlich, dass Revisionshauptverhandlungstermin anberaumt worden ist. Insoweit gilt dasselbe wie für die Rücknahme der Berufung. Auch dort ist es nicht erforderlich, dass ein Berufungshauptverhandlungstermin anberaumt ist. Ist aber ein Revisionshauptverhandlungstermin (ausnahmsweise) anberaumt, muss die Revision ebenso wie die Berufung zwei Wochen vor Beginn des Revisionshauptverhandlungstages zurückgenommen worden sein (Burhoff/Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 VV Rn. 37, 26 ff.).
    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 10/2004, Seite 170
    Quelle: Ausgabe 10 / 2004 | Seite 170 | ID 106664