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  • 23.12.2009 | Straf- und Bußgeldverfahren

    Bußgeldverfahren: Eine oder zwei Auslagenpauschalen?

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg

    Im Bußgeldverfahren handelt es sich bei dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem gerichtlichen Verfahren um verschiedene Angelegenheit (AG Aachen 20.8.09, 50 OWi-508 Js 162I09-154/09, Abruf-Nr. 094029).

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Rechtsanwalt war im Bußgeldverfahren als Verteidiger sowohl im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde als auch im gerichtlichen Verfahren tätig. Er hat zweimal die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG abgerechnet. Nachdem der Rechtspfleger diese nicht festgesetzt hat, hatte die Erinnerung des Rechtsanwalts Erfolg.  

    Die Frage, ob das behördliche und das gerichtliche Verfahren in Bußgeldsachen als dieselbe Angelegenheit anzusehen sind oder nicht, ist streitig. Zutreffend ist die Auffassung, die von unterschiedlichen Angelegenheiten ausgeht. Das behördliche Bußgeldverfahren stellt ein gesondert geregeltes Verfahren dar, welches - anders als das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren - mit einer einseitig getroffenen, der Rechtskraft fähigen Entscheidung endet. Insoweit ist das nachfolgende gerichtliche Verfahren als Rechtsmittelverfahren im weiteren Sinne anzusehen. Ein gerichtliches Rechtsmittelverfahren ermöglicht aber nach § 15 Abs. 2 S. 2 RVG in jeder Instanz eine Gebührenforderung. Für diese Ansicht spricht auch § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 RVG, wonach „die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung" keine besondere Angelegenheit darstellt, „soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet". Hiervon ist aber bei einem behördlichen Bußgeldverfahren auszugehen. Dass es bei der Differenzierung nicht darauf ankommen kann, ob der Streitgegenstand im engeren Sinne identisch ist, zeigt § 17 Nr. 2 RVG, welcher Mahnverfahren und das sich anschließende streitige Verfahren als verschiedene Angelegenheiten bezeichnet.  

     

    Praxishinweis

    Ebenso zutreffend wie das AG Aachen entschieden und zwei Auslagenpauschalen Nr. 7002 VV RVG zugebilligt haben in der Vergangenheit bereits: AG Düsseldorf VRR 06, 399; AG Friedberg AGS 09, 225; AG Gelnhausen AGS 07, 453; AG Gronau, 13.3.09, 12 C 7/09; AG Nauen zfs 07, 407; AG Saarbrücken RVG prof. 07, 118; aus der Literatur Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 18. Aufl., Einleitung VV Teil 5, Rn. 10; a.A. LG Hamburg JurBüro 06, 644; LG Koblenz AGS 06, 174; LG Köln, 1.10.08, 20 S 15/08; AG Emmendingen, 7.6.09, 5 OWi 440 Js 28265 (132/08); AG Lüdinghausen, 15.1.07, 10 OWi 89 Js 1679/06 [140/06]; AG Hamburg-Sankt-Georg, 25.5.09, 922 C 198/09, AG München DAR 08, 612). Die a.A. ist abzulehnen, da sie die (neuen) Strukturen des RVG verkennt.