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  • 01.07.2008 | Reisekosten

    Reisekosten des auswärtigen PKH-Anwalts

    von RiLG Dr. Julia Bettina Onderka, Bonn
    1. Wird ein auswärtiger Anwalt im Wege der PKH unbeschränkt beigeordnet, sind auch seine Terminsreisekosten grundsätzlich zu erstatten. Der Umfang der Beiordnung bestimmt den Vergütungsanspruch und ist im Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG bindend.  
    2. Bei der Frage, ob die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten zur Terminswahrnehmung kostengünstiger gewesen wäre, als eine Reise des Hauptbevollmächtigten, ist von einer ex-ante-Betrachtung auszugehen.  
    (OLG Stuttgart 16.1.08, 8 WF 172/07, n.v., Abruf-Nr. 081845)  

     

    Sachverhalt

    Im einstweiligen Anordnungsverfahren und im Hauptsacheverfahren wurde dem Antragsgegner PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers, der seinen Kanzleisitz am Wohnort des Antragsgegners (nicht am Gerichtsort) hat, ohne Beschränkungen bewilligt. Es fanden zwei Verhandlungstermine statt, die der Beschwerdeführer wahrnahm. Auf seine Anträge wurden im Vergütungsfestsetzungsbeschluss allerdings nicht die angefallenen Reisekosten und Tagegelder, sondern nur die Kosten eines fiktiven Unterbevollmächtigten nebst eines 10%-igen Zuschlags berücksichtigt. Die Erinnerung dagegen war erfolglos, die sofortige Beschwerde dagegen erfolgreich.  

     

    Entscheidungsgründe

    Dem Beschwerdeführer steht ein Anspruch auf Festsetzung der Reisekosten und Tagegelder für die beiden Gerichtstermine in beantragter Höhe zu. Gemäß § 121 Abs. 1 ZPO wird im Anwaltsprozess der Partei ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beigeordnet. Auch die PKH-Partei hat Anspruch darauf, einen an ihrem Wohnort ansässigen Anwalt beigeordnet zu bekommen. Der Beiordnungsbeschluss enthält in Bezug auf die fehlende Ansässigkeit des Beschwerdeführers am Gerichtsort keine Beschränkung. Der Vergütungsanspruch bestimmt sich aber gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach dem Umfang der Beiordnung im Beiordnungsbeschluss, der bindend für das Vergütungsfestsetzungsverfahren gemäß § 55 RVG ist und nicht umgedeutet werden kann (KG JurBüro 05, 264; Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 46 RVG Rn. 30d). Enthält der Beiordnungsbeschluss keine entsprechende Beschränkung, sind die Reisekosten grundsätzlich zu erstatten (BGH NJW 04, 2749). Der Entscheidung des BGH vom 10.10.06 (NJW 06, 3783) kann nichts anderes entnommen werden, denn in dieser geht es um das Beiordnungsverfahren, nicht das anschließende Festsetzungsverfahren, in dem gerade die Bindung an den Beiordnungsbeschluss – auch bezüglich einer nicht angeordneten Beschränkung – besteht.  

     

    Durch die Neuregelung des Anwaltsvergütungsrechts ist die früher verbreitete Ansicht überholt, wonach sich aus § 121 Abs. 3 ZPO ergebe, dass ein beim Prozessgericht nicht zugelassener Anwalt keine höheren Kosten verlangen könne als ein beim Prozessgericht zugelassener Anwalt. Deswegen könne jener, auch wenn er nicht damit einverstanden sei, nur zu den Bedingungen eines zugelassenen Anwalts beigeordnet werden (OLG Oldenburg NJW 06, 851; OLG Braunschweig FamRZ 06, 800). Danach kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die Terminsreisekosten, die gemäß § 46 Abs. 1 RVG grundsätzlich als notwendige Auslagen anzusehen sind, im Hinblick auf § 121 Abs. 3 ZPO und unter entsprechender Umdeutung des Beiordnungsbeschlusses nicht festzusetzen sind.