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  • Kostenfestsetzung

    Vergütungsansprüche des Anwalts im Rahmen von PKH

    Der Anwalt hat auf Grund der Beauftragung durch die Partei und der Beiordnung im Wege der PKH Vergütungsansprüche gegen die Landeskasse und den Prozessgegner. Der folgende Beitrag zeigt Ihnen die Voraussetzungen dieser Ansprüche auf, damit Sie frühzeitig die vollständige Erfüllung Ihrer Honoraransprüche sicherstellen können. (Zum Erhalt voller Gebühren trotz PKH-Bewilligung: Kaiser, BRAGO prof. 5/00, 57).

    1. Forderungssperre gegenüber dem Mandanten

    Dem Anwalt steht zwar grundsätzlich gegen seinen Mandanten aus dem abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag ein Vergütungsanspruch zu. Dieser ist aber nicht durchsetzbar und kann daher auch nicht nach § 19 BRAGO festgesetzt werden, solange die PKH-Bewilligung Bestand hat (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Die Forderungssperre endet mit der Aufhebung der PKH (§ 124 ZPO), nicht aber mit der Aufhebung der Beiordnung des Anwalts (Zöller, ZPO, 22. Aufl., § 122 Rn. 12).

    Praxishinweis: Der Abschluss einer Honorarvereinbarung mit dem Mandanten ist nicht ausgeschlossen. Eine Verbindlichkeit wird dadurch aber nicht begründet (§ 3 Abs. 4 S. 1 BRAGO). Freiwillige Leistungen des Mandanten darf der Anwalt behalten (§ 3 Abs. 4 S. 2 BRAGO). Freiwillig bedeutet, die Zahlung des Mandanten erfolgt in Kenntnis der Tatsache, dass ein Anspruch seines Anwalts nicht besteht (§ 16 BerufsO).

    2. Vergütungsanspruch gegenüber der Landeskasse

    Die Beiordnung führt nach § 121 BRAGO – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – zu einem öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Zahlung der PKH-Vergütung gegen die Staatskasse. Bei Streitwerten ab 3.000 EUR bleibt die nach der Tabelle zu § 123 BRAGO zu berechnende PKH-Vergütung hinter der Vergütung nach § 11 BRAGO zurück.

    2.1 Die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs erfolgt nach § 128 BRAGO

    Der Anspruch gegen die Landeskasse hat nach § 128 BRAGO folgende Voraussetzungen:

    2.1.1   Der Festsetzungsantrag muss die in § 128 Abs. 1 S. 3 BRAGO geforderten Angaben bzw.Versicherungen enthalten,

    • ob Vorschüsse und Zahlungen vom Mandanten, der Landeskasse oder einem Dritten geleistet worden sind,
    • ob Gebühren nach § 132 Abs. 1 und 2 BRAGO (Gebühren für einen Rat oder eine Auskunft oder für Tätigkeiten im Sinne von § 118 BRAGO) gezahlt wurden,
    • dass spätere Zahlungen angezeigt werden,
    • dass die Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen entstanden sind. Wird der Pauschsatz des § 26 S. 2 BRAGO angesetzt, genügt der Hinweis, dass der Pauschsatz geltend gemacht wird.

    Praxishinweis: Bei der Justizverwaltung ist für diese Angaben ein kostenloses Formblatt erhältlich. In NRW lautet die Bezeichnung „HKR 120a“. Die Erklärung zur Vorsteuerabzugsberechtigung gemäß § 128 Abs. 1 S. 2 BRAGO i.V.m. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO muss nicht abgegeben werden, da die Staatskasse zur Erstattung der auf die Vergütung entfallenden Umsatzssteuer verpflichtet ist (LAG Rheinland-Pfalz JurBüro 97, 29).

    2.1.2   Es muss eine § 18 BRAGO entsprechende Gebührenrechnung eingereicht werden.

    2.1.3   Der Vergütungsanspruch muss grundsätzlich fällig sein (§ 16 BRAGO). Es kann aber auch ein Vorschuss verlangt werden (§ 127 BRAGO). Die Geltendmachung des Vorschusses ist ausdrücklich zu erklären, um Rückfragen des Gerichts zu vermeiden.

    Praxishinweis: Der Anspruch gegen die Landeskasse sollte alsbald nach Fälligkeit geltend gemacht werden, da die kurze Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. von drei Jahren gilt. Eine Verzinsung der Vergütung kann nicht beansprucht werden, da in § 128 Abs. 1 S. 2 BRAGO nur auf § 104 Abs. 2 ZPO, nicht aber auf § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO verwiesen wird (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, 14. Aufl., § 128 Rn. 13).

    2.2 Der Umfang des Vergütungsanspruchs richtet sich nach der PKH-Bewilligung

    Der Umfang des Vergütungsanspruchs bestimmt sich grundsätzlich nach dem Beschluss, durch den die PKH bewilligt und der Anwalt beigeordnet worden ist (§ 122 Abs. 1 BRAGO). Ohne Einschränkungen im Beiordnungsbeschluss ist der Anwalt im Umfang der PKH-Bewilligung beigeordnet.

    Bei der PKH-Bewilligung und der Beiordnung des Anwalts nach § 121 ZPO darf der Gebührenerstattungsanspruch nicht beschränkt werden. Das bedeutet, dass der Pflichtenkreis des Rechtsanwalts nur gegenständlich beschränkt werden darf, nicht aber die gesetzliche Vergütung für seine Tätigkeiten (OLG Hamm FamRZ 95, 748). Die Frage, welche Gebühren der Rechtsanwalt von der Staatskasse erstattet verlangen kann, ist erst im Festsetzungsverfahren (§ 128 BRAGO) zu prüfen.

    2.3 Beschwerde gegen unzulässige Beschränkungen des Erstattungsanspruchs

    Beschränkungen des Erstattungsanspruchs bei der PKH-Bewilligung/Beiordnung sind mit der Beschwerde anzugreifen (§ 127 ZPO), da sie für das Festsetzungsverfahren selbst bei Fehlerhaftigkeit bindend sind. Dies gilt insbesondere für folgende Einschränkungen:

    Direkte Beschränkung des Vergütungsanspruchs

    • Auf Grund des § 121 Abs. 3 ZPO muss ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Anwalt vor der Beiordnung dem Gericht gegenüber erklären, bereit zu sein, zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts tätig zu werden, um keine weiteren Kosten zu verursachen. Wird trotz fehlender Zustimmung des Anwalts die Einschränkung in den Bewilligungs-/Beiordnungsbeschluss aufgenommen, wird sie in der Regel von dem Urkundsbeamten des Gerichts bei der Festsetzung der PKH-Vergütung berücksichtigt. Es ist nach h.M. unzulässig, den Anwalt ohne sein Einverständnis einschränkend beizuordnen (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 93, 819; OLG München AGS 01, 261).
    • Kann der zunächst bestellte Anwalt das Mandat nicht fortführen, hat die Partei einen Anspruch auf Beiordnung eines anderen Anwalts. Bei einem solchen Anwaltswechsel darf zwar das Gericht nicht den Vergütungsanspruch des zweiten Anwalts dadurch beschränken, dass es die Gebühren abzieht, die der zuerst beigeordnete Anwalt erhält (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, a.a.O., § 125 Rn. 4). Eine dennoch vorgenommene Beschränkung ist in der Praxis für das Festsetzungsverfahren bindend (a.A. aber Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, a.a.O., § 125 Rn. 4). Da Kostenrecht Folgerecht ist, muss und wird der Urkundsbeamte bei der Festsetzung der PKH-Gebühren einschränkende Anordnungen des Gerichts im Rahmen der PKH-Bewilligung und Beiordnung umsetzen.

    Mittelbare Beschränkungen des Umfangs der Bewilligung/Beiordnung:

    • Unzulässig ist es, bei der Vertretung von Streitgenossen, die nicht alle die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen, nur die Erhöhungsgebühren festzusetzen, wenn PKH unbeschränkt bewilligt wurde. Denn eine Gebührenbeschränkung ist nur bei einer von Anfang an beschränkten PKH-Bewilligung zulässig (BRAGO prof. 4/98, 9).
    • Maßgeblich für den Zeitpunkt, ab dem die Folgen der PKH eintreten, sind die Feststellungen im Bewilligungsbeschluss. Hier ist darauf zu achten, dass der richtige Zeitpunkt angegeben wird (Eingang eines entscheidungsreifen Bewilligungsantrags bei Gericht). Es besteht ansonsten die Gefahr, dass bestimmte Gebührentatbestände von der Bewilligung der PKH nicht erfasst werden. Dazu folgendes Beispiel:
    Beispiel

    Der Klageeingang bei Gericht erfolgt am 1.7.01. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 1.10.01 wird ein Beweisbeschluss verkündet. Anschließend beantragt der Anwalt PKH für den Kläger. Die Beweisaufnahme wird am 1.12.01 abgeschlossen. Durch Beschluss vom 10.1.02 wird dem Kläger PKH unter Beiordnung seines Anwalts ab dem 1.1.02 bewilligt. Die Beweisgebühr kann nicht aus der Staatskasse erstattet werden, da nach dem Zeitpunkt der PKH-Bewilligung am 1.1.02 der Gebührentatbestand nicht mehr verwirklicht wurde.

    2.4 Wie erhält der beigeordnete Rechtsanwalt die Wahlanwaltsvergütung?

    Hat die Landeskasse den Vergütungsanspruch ausgeglichen, fehlt dem Anwalt zur vollständigen Befriedigung lediglich noch die bei Streitwerten von mehr als 3.000 EUR entstehende Differenz zur Wahlanwaltsvergütung. Diese kann er jedoch nur erhalten, wenn

    • der Prozessgegner der Partei erstattungspflichtig ist (s.u., 3.) oder
    • die eigene Partei sich an den Prozesskosten – z.B. Ratenzahlung – beteiligen muss. § 124 BRAGO schafft den Ausgleich dafür, dass der Anwalt die Vergütungsansprüche gegen seine Partei auch dann nicht geltend machen kann, wenn diese Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zahlen muss (§ 120 Abs. 1 ZPO). Der Anwalt erhält unabhängig vom Verfahrensausgang die bei Streitwerten von mehr als 3.000 EUR entstehende Differenz zwischen der PKH-Vergütung und der Vergütung nach §§ 123 und 11 BRAGO aus der Staatskasse. Voraussetzung für die Festsetzung der weiteren Vergütung ist neben dem Vorliegen der Voraussetzungen unter Ziff. 2.1:
    • die Verfahrensbeendigung (rechtskräftige Entscheidung/in sonstiger Weise) und
    • dass die Partei sämtliche von ihr geschuldeten Beträge an die Staatskasse beglichen hat oder feststeht, dass weitere Zahlungen von der Partei nicht mehr zu erlangen sind (Zwangsvollstreckung ist erfolglos geblieben oder erscheint aussichtslos).

    Praxishinweis: Der Antrag auf Festsetzung und Zahlung der weiteren Vergütung sollte zugleich mit dem Antrag auf Festsetzung und Zahlung der PKH-Vergütung gestellt werden, damit der Anspruch nicht nach fruchtlosem Ablauf einer von einem Urkundsbeamten gemäß § 128 Abs. 2 BRAGO gesetzten Frist erlischt.

    3. Ansprüche gegen den Prozessgegner

    Im Fall des Unterliegens trägt der Prozessgegner die Kosten des gegnerischen Prozessbevollmächtigten. Der Kostenerstattungsanspruch der Partei nach §§ 103 ff. ZPO und der Anspruch des Anwalts nach § 126 ZPO, seine Gebühren und Auslagen von dem verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben, stehen selbstständig nebeneinander (OLG Düsseldorf Rpfleger 97, 483). Der Anwalt hat also die Wahl, seine Kosten im Namen seiner Partei nach §§ 103 ff. ZPO oder im eigenen Namen gemäß § 126 ZPO vom Gegner zu verlangen. Folgendes ist dabei zu berücksichtigen:

    • Der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses gemäß § 126 ZPO hindert die Partei daran, gegen den Gegner dieselben Kosten festsetzen zu lassen, die bereits zu Gunsten des beigeordneten Anwaltes festgesetzt wurden.
    • Der Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses für die Partei hindert nicht den Erlass eines weiteren Kostenfestsetzungsbeschlusses für den Rechtsanwalt (§ 126 ZPO). Durch die Erwirkung des Kostenfestsetzungsbeschlusses auf den Namen der Partei verzichtet der beigeordnete Anwalt nicht auf die Festsetzung nach § 126 ZPO.

    Hinweis: Die Gegenauffassung lehnt einen Kostenerstattungsanspruch der Partei ab, weil sie keine Aufwendungen für ihren Rechtsanwalt hatte, deren Erstattung sie verlangen könnte. Daher bestehe lediglich der Erstattungsanspruch des beigeordneten Anwalts gemäß § 126 ZPO (OLG Koblenz Rpfleger 96, 252).

    3.1 Die Beitreibung der Anwaltskosten ist stets im eigenen Namen vorzunehmen

    Der Anspruch aus § 126 ZPO ist im eigenen Namen des Anwalts geltend zu machen. Die Gerichte gehen ansonsten davon aus, der Anwalt stelle den Antrag namens der Partei.

    Musterbeispiel auf Festsetzung der Anwaltskosten nach § 126 ZPO

    „... beantrage ich im eigenen Namen gemäß § 126 ZPO die Festsetzung der Kosten .“

    Vor dem Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses für die Partei kann der Gegner gegenüber dem beigeordneten Anwalt nicht geltend machen, er habe an die Partei gezahlt bzw. diese habe ihm die Schuld erlassen oder es sei aufgerechnet worden. Denn nach § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO ist eine Einrede aus der Person der Partei nicht zulässig. Ausgeschlossen sind daher alle Einwendungen des Gegners gegenüber dem Anwalt, mit denen er aus den Rechtsbeziehungen zur hilfsbedürftigen Partei das Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs herleitet (Zöller, ZPO, a.a.O., § 126 Rn. 14).

    Zulässig ist nach § 126 Abs. 2 S. 2 ZPO jedoch die Aufrechnung mit Kosten, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind, wie z.B. Kosten, die nach §§ 92 ff. ZPO aufgeteilt worden sind (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 126 Rn. 41).

    Nach dem Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses für die Partei kann der Gegner mit Wirkung gegenüber diesem Anspruch aufrechnen bzw. darauf zahlen. Die Partei kann ihm die Schuld erlassen. Die festgesetzte Kostenforderung kann abgetreten und gepfändet werden. Da die Partei nach der Kostenfestsetzung gegen den Kostenschuldner vollstrecken könnte, muss diesem gestattet sein, die Zwangsvollstreckung durch freiwillige Zahlungen abzuwenden (Zöller, ZPO, a.a.O., § 126 Rn. 17).

    Praxishinweis: Im Falle von Zahlung, Aufrechnung und Erlass kann der Anwalt gegen seine Partei nur aus Bereicherungsrecht vorgehen. Im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 126 ZPO kann der Anwalt bei der Vorsteuerabzugsberechtigung seiner Partei vom Gegner die Umsatzsteuer erstattet verlangen, da er hier seinen Anspruch geltend macht.

    3.2 Immer zunächst die PKH-Vergütung aus der Landeskasse verlangen

    Dem Anwalt steht ein Wahlrecht zu, die Erstattung seiner Kosten vom Gegner oder aus der Landekasse zu verlangen. Es empfiehlt sich zunächst ein Antrag bei der Landeskasse. Denn wird die Vergütung zunächst gegen den Gegner festgesetzt, erfolgt eine Erstattung aus der Landeskasse erst nach Rückgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an das Gericht, damit der Anwalt nicht mehr als die Wahlanwaltsvergütung erhält. Unerheblich ist insoweit auch das Insolvenzrisiko des Prozessgegners. In dem Festsetzungsantrag nach § 126 ZPO sind alle bisher erhaltenen Beträge anzugeben – PKH-Vergütung, Vorschüsse, Zahlungen der Partei –, damit keine Rückfragen des Gerichts erforderlich werden.

    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 02/2002, Seite 22

    Quelle: Ausgabe 02 / 2002 | Seite 22 | ID 106418