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  • 01.02.2010 | Kostenfestsetzung

    Auch die nicht existente Partei hat einen Kostenerstattungsanspruch

    von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz

    1. Auch die nicht existente Partei hat einen Kostenerstattungsanspruch.  
    2. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass der Bevollmächtigte der nicht existenten Partei, der nachfolgend auch noch die tatsächlich existente Partei vertritt, zwei 1,3 Verfahrensgebühren nach Nr. 3100 VV RVG erhält.  
    (OLG Koblenz 17.12.09, 14 W 820/09, Abruf-Nr. 100160)

     

    Entscheidungsgründe und Praxishinweis

    Nicht selten kommt es vor, dass eine Partei in Anspruch genommen wird, die tatsächlich nicht existiert. Grund kann eine Falschbezeichnung sein aber auch - wie im Fall des OLG -, dass die ursprünglich existente juristische Person aufgrund einer Verschmelzung oder aus anderen Gründen im Handelsregister vor der Klageerhebung gelöscht wird. Der Rechtsnachfolger der nicht (mehr) existenten Partei oder die ursprünglich hinter dieser stehenden Personen müssen befürchten, später gleichwohl in Anspruch genommen zu werden. Daher beauftragen sie einen Rechtsanwalt mit der Abwehr dieser Gefahr. Der Anwalt bestellt sich dann im Klageverfahren, weist auf die mangelnde Existenz hin und belegt diese. Effekt: Der Kläger nimmt die Klage gegen die nicht mehr existente Partei zurück und richtet die Klage nun gegen die richtige Partei, für die sich dann erneut der gleiche Bevollmächtigte bestellt. In diesen Fällen stellt sich die auch dem OLG Koblenz vorliegende Frage, welche Vergütung der Rechtsanwalt erhält.  

     

    Das OLG Koblenz spricht aus, dass auch die nicht existente Partei einen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Kosten hat. Existiert eine juristische Person zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht, ist das gegen sie in Gang gebrachte Verfahren nicht ohne Weiteres wirkungslos. Vielmehr sind die nach dem Klagevorbringen vertretungsbefugten oder handelnden Personen berechtigt, für die in Anspruch genommene juristische Person deren Nichtexistenz mit dem Ziel der Klageabweisung als unzulässig geltend zu machen (BGH NJW 08, 528).  

     

    Ergeht in einem derartigen Fall eine Kostengrundentscheidung, die dem Kläger oder der Klägerin die Kosten auferlegt, kann eine Kostenerstattung der Anwaltsgebühren auf Beklagtenseite nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es fehle an einem Auftraggeber, weil die im Prozess vertretene (Schein-)Partei nicht existent sei. Auftraggeber im gebührenrechtlichen Sinn ist in solchen Fällen die nicht existente juristische Person, während die handelnde Person, die den Anwalt mandatiert hat, Auftraggeber im materiell-rechtlichen Sinne ist (§§ 611 ff., 675 BGB). Aufgrund einer den gebührenrechtlichen Auftraggeber begünstigenden Kostenentscheidung kann trotz deren Nichtexistenz die handelnde Person, die den materiell-rechtlichen Anwaltsvertrag geschlossen hat, ihre dadurch verursachten Kosten gegen den unterlegenen Prozessgegner festsetzen lassen (Senat 7.3.01, 14 W 138/01).