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  • Honorarvereinbarung

    Die gesetzlichen Anforderungen an die anwaltlichen Honorarverträge

    von Rechtsanwältin Michaela Henjes, Langenhagen

    Immer wieder kommt es im Zusammenhang mit individuellen Honorarvereinbarungen zu Unsicherheiten darüber, ob die eine oder andere Regelung oder der Vertrag insgesamt einer gerichtlichen Überprüfung standhalten würde. Da die Honorarvereinbarung heutzutage aber gar nicht mehr aus der Abrechnungspraxis der Anwälte wegzudenken ist, verdienen die Vorschriften über ihr wirksames Zustandekommen nach wie vor große Aufmerksamkeit.

    Der folgende Beitrag nennt noch einmal die Grundsätze, die für den Abschluß einer wirksamen Honorarvereinbarung unbedingt zu beachten sind.

    Vertragsfreiheit macht Honorarvereinbarung zulässig

    Die allgemeine Vertragsfreiheit schließt das Recht des Anwalts ein, für die Bearbeitung eines Mandats von den gesetzlichen Gebühren der BRAGO abzuweichen und mit dem Auftraggeber eine individuelle Honorarvereinbarung abzuschließen. Eine solche Abrede ist grundsätzlich in allen Angelegenheiten zulässig. Ausnahmen bestehen nur für den im Wege der PKH beigeordneten Anwalt aufgrund § 3 Abs. 4 BRAGO und für den zur Beratungshilfe verpflichteten Anwalt nach § 8 Abs. 2 BerHG.

    Eine höhere als die gesetzliche Vergütung ist generell zulässig

    Honorarvereinbarungen sind vor allem dann geboten, wenn die gesetzlichen Gebühren keine angemessene oder kostendeckende Vergütung darstellen (zur Kostendeckung siehe BRAGO prof. 8/98, 12; zur vollständigen und leistungsgerechten Honorierung siehe BRAGO prof. 10/98, 1). Zum Vergleich, ob die vereinbarte Vergütung höher als die gesetzliche ist, ist der vorgesehene Geldbetrag den gesamten gesetzlichen Gebühren der konkreten Angelegenheit gegenüberzustellen.

    Hinweis: Geringere als die gesetzlichen Gebühren sind nach § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO nur in den Fällen zulässig, in denen dies die BRAGO zuläßt, so zum Beispiel in außergerichtlichen Angelegenheiten nach § 3 Abs. 5 BRAGO.

    Für Anspruch auf höhere als die gesetzliche Vergütung in Geld gilt Schriftform

    Gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO kann der Rechtsanwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung nur bei einer ausdrücklichen, schriftlichen Vereinbarung mit dem Mandanten fordern. Damit ist zwingend die Schriftform des § 126 BGB vorgeschrieben, die für alle Vorschriften des Privatrechts gilt, in denen Schriftform verlangt wird. Abweichend von § 126  Abs. 2 BGB ordnet § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO die Schriftform jedoch nur für die Erklärung des Mandanten, nicht aber für die gesamte Vereinbarung an. Voraussetzung ist somit, daß der Auftraggeber eigenhändig – durch seine Unterschrift oder mittels seines notariell beglaubigten Handzeichens –  ein Schriftstück unterzeichnet, aus dem heraus das Versprechen des Honorars in einer bestimmten Höhe ersichtlich ist. Die schriftliche Bestätigung durch den Mandanten ist auch dann noch erforderlich, wenn er bereits mündlich – zum Beispiel am Telefon – der Honorarabrede zugestimmt hat.

    Vorsicht: Die Erklärung des Mandanten darf weder in der Vollmacht noch in einem anderen Vordruck enthalten sein, sondern muß gesondert erfolgen!

    Hinweis: Eine mündliche Honorarabrede reicht nur dann aus, wenn der Mandant eine andere Leistung als die Vergütung in Geld – zum Beispiel gleichwertige Sach- oder Arbeitsleistungen – vereinbart (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 13. Auflage, § 3 Rz 4).

    Bei Formverstoß muß Mandant gesetzliche Gebühren bezahlen

    Wird die Formvorschrift nicht eingehalten, so ist nicht der gesamte Anwaltsvertrag nichtig. Der Anwalt kann für diesen Fall nur keine höhere als die gesetzliche Vergütung verlangen. Der Mandant schuldet die gesetzliche Vergütung.

    Eine Heilung des verletzten Formerfordernisses ist möglich

    Eine Heilung der nicht eingehaltenen Schriftform kann durch die Abgabe eines abstrakten Schuldanerkenntnisses erfolgen. Dafür ist ausdrücklich anzugeben, aus welchem Grund und für welche anwaltliche Tätigkeit der Mandant bereit ist, das geforderte Honorar zu zahlen (so OLG Düsseldorf 21.10.97, AnwBl. 98, 102; a.A. noch: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 13. Auflage, § 3 Rz 7).

    Auch wenn der Mandant die mit dem Anwalt vereinbarten Honoraransprüche freiwillig und ohne Vorbehalt ausgeglichen hat, ist der Formmangel geheilt (zu den Einzelheiten vergleiche Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, aaO, § 3 Rz 7 f.). Die Rückforderung der Zahlung durch den Mandanten unter dem Hinweis, er habe nicht gewußt, daß der gezahlte Betrag über den gesetzlichen Gebühren liegt, ist ausgeschlossen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der Auftraggeber geleistet, also die Zahlung veranlaßt hat. Eine Leistung durch den Mandanten ist aber schon dann zu verneinen, wenn der Rechtsanwalt die im Wege der Kostenerstattung erhaltenen Beträge auf die nur mündlich vereinbarte Gebührenforderung verrechnet (OLG Düsseldorf 21.10.97, aaO).

    Hinweis: Auch in sonstigen Fällen können erhöhte Honorarbeträge von dem Mandanten nur dann zurückgefordert werden, wenn seine Leistungen nicht freiwillig erfolgt sind. An der Freiwilligkeit mangelt es bereits, wenn der Anwalt die Übernahme des Mandats von der Zahlung der nur mündlich vereinbarten, erhöhten Honorarsumme abhängig macht.

    Art der Honorarvereinbarung muß ziffernmäßige Berechnung zulassen

    Die Honorarvereinbarung muß eine bestimmte oder eine bestimmbare Vergütung nennen. Dabei ist es ausreichend, daß sich die Vergütung nach Abschluß der Anwaltstätigkeit berechnen läßt. Die Festsetzung der Vergütung kann auch dem Vorstand der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer nach billigem Ermessen überlassen werden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BRAGO). Möglich sind Zeit- oder Festhonorare, Gegenstandswertvereinbarungen oder nicht in Geld lautende Gegenleistungen sowie die Vereinbarung über die Höhe der zu erstattenden Auslagen (zu Stundenhonoraren siehe BRAGO prof. 6/95, 1; 3/96, 2; 6/97, 5). Als Anhaltspunkte für die Bemessung eines Pauschhonorars pro Auftrag oder gar pro Monat sind die Kriterien des § 12 BRAGO zu empfehlen (zum Beispiel Umfang und Bedeutung der Sache, rechtliche Schwierigkeit, Zeitaufwand etc.).

    Bei Bestimmung eines festen Endbetrags sind darin im Zweifel Umsatzsteuer, Reisekosten, Schreibauslagen etc. enthalten. Deshalb sollte die zusätzliche Zahlung solcher Positionen gesondert geregelt werden. Dies empfiehlt sich vor allem hinsichtlich der Umsatzsteuer, da die Umsatzsteuer nach einer Ansicht mangels Vereinbarung von dem vereinbarten Honorar umfaßt ist (siehe dazu Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BARGO, aaO, § 3 Rz 11).

    Hinweis: Obwohl es bei einer Honorarvereinbarung über ein Gesamthonorar für einen bestimmten Tätigkeitsbereich nicht möglich ist, für einzelne Tätigkeitsabschnitte – wie Vorverfahren oder Hauptverfahren – bestimmte Gebührenbeträge anzusetzen, ist es zulässig, „gesplitterte“ Honorarbeträge aufzunehmen. Keinesfalls darf jedoch die Zahlungsvereinbarung – ebensowenig wie die gesamte Vergütung – von einem bestimmten Verfahrenserfolg abhängig gemacht werden (§ 49b Abs. 1 BRAO).

    Nebenabreden zum Anwaltsvertrag haben nichts in Honorarvereinbarung zu suchen

    Insgesamt werden an den Inhalt einer Honorarvereinbarung strenge Anforderungen gestellt. Ähnlich wie bei der Widerrufsbelehrung im VerbKrG oder HaustürWG soll das Formerfordernis der § 3 Abs. 1 BRAGO, § 126 BGB eine Warnfunktion ausüben. Deshalb ist § 3 BRAGO, der den Schutz des Mandanten vor erhöhten Gebühren bezweckt, eng auszulegen. Nach § 3 BRAGO darf eine Honorarvereinbarung keine anderen als die dort angegebenen Regelungen enthalten. Nach der herrschenden Meinung sind demzufolge nur solche Nebenabreden in Honorarvereinbarungen zulässig, die im direkten Zusammenhang mit dem vereinbarten Honorar stehen, zum Beispiel Stundungsvereinbarungen, Fälligkeitsabreden etc.

    Unzulässig sind Nebenabreden, die die Durchführung des Anwaltsvertrags betreffen, also Gerichtsstandsvereinbarungen bezüglich Streitigkeiten aus dem gesamten Anwaltsvertrag, Haftungsbeschränkungen oder die Bestätigung, ein Vertragsexemplar erhalten zu haben (OLG München NJW 93, 3336; OLG Hamm AGS 98, 100).

    Hinweis: Besonders wichtig ist es deshalb, auch die einschlägigen im Verkehr befindlichen Formulare des Fachhandels für Honorarvereinbarungen daraufhin abzuchecken, daß über die nach § 3 BRAGO zulässigen Abreden hinaus keine Nebenabreden enthalten sind. Vorgedruckte anwaltliche Honorarvereinbarungen sind AGB und damit unter Berücksichtigung der §§ 9, 11 AGBG zu überprüfen. So ist beispielsweise ein formularmäßig festgelegtes Aufrechnungsverbot wegen §§ 9, 11 Nr. 3 AGBG unzulässig (BGH NJW-RR 86, 1281).

    An Reduzierungsklausel beim vorzeitigen Ende des Auftrags denken

    Der Mandant kann die Herabsetzung der vereinbarten Vergütung verlangen, wenn sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt oder der Auftrag vorzeitig beendet wird. Hier kann der Anwalt nicht mehr alle Leistungen, für die die Vergütung bestimmt war, erbringen. Dem Anwalt, der die Beendigung nicht durch sein vertragswidriges Verhalten veranlaßt hat, steht nur der Teil der Vergütung zu, der nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB den bisher erbrachten Tätigkeiten entspricht.

    Grundsätzlich ist kein Hinweis auf die (gesetzliche) Gebührenhöhe erforderlich

    Nach der Rechtsprechung des BGH schuldet der Anwalt ungefragt seinem Auftraggeber grundsätzlich keinen Hinweis auf die Höhe der voraussichtlichen Vergütung. Der Mandant muß bei der Beauftragung eines Rechtsanwalts regelmäßig damit rechnen, daß er die gesetzliche anwaltliche Vergütung zu zahlen hat. Lediglich dann, wenn der Auftraggeber eine Aufklärung über die Gebührenhöhe wünscht, hat der Anwalt die voraussichtliche Höhe seines Entgelts mitzuteilen (BGH 13.3.80, BGHZ 77, 27 = NJW 80, 2128).

    Ausnahmsweise kann sich Hinweispflicht nach Treu und Glauben ergeben

    Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß sich aus besonderen Umständen des Einzelfalls nach § 242 BGB die Pflicht des Anwalts ergeben kann, auch ohne Frage des Mandanten über die voraussichtliche Höhe der Vergütung zu belehren. Insofern ist zum einen eine Gesamtwürdigung erforderlich:

    • Auf Rechtsanwaltsseite sind Anzahl der Regelungspunkte, Schwierigkeitsgrad und Umfang der anwaltlichen Aufgabe oder bei einem ungewöhnlich hohen Gegenstandswert die sich daraus ergebenden hohen Gebühren, die das vom Auftraggeber erstrebte Ziel wirtschaftlich sinnlos machen können, zu berücksichtigen.
    • Für den Mandanten kommt es insbesondere auf die Bedeutung der Angelegenheit sowie auf seine Vermögensverhältnisse und seine Erfahrung im Umgang mit Rechtsanwälten an (BGH 13.3.80, aaO; LG Flensburg 11.12.86, AnwBl. 87, 193).

    Zum anderen hängt nach dem BGH die anwaltliche Pflicht, den Auftraggeber vor Vertragsschluß über eine voraussichtliche Höhe der Vergütung aufzuklären, letztlich entscheidend davon ab, ob der Rechtsanwalt nach den Umständen des Einzelfalls ein entsprechendes Aufklärungsbedürfnis erkennen konnte und mußte (30.6.88, NJW 85, 2642).

    Checkliste beim Abschluß einer individuellen Honorarvereinbarung

    • Höhere als die gesetzlichen Gebühren vereinbart? (zulässige Ausnahme: außergerichtliche Angelegenheiten, § 3 Abs. 5 BRAGO);
    • Für die Erklärung des Mandanten Schriftform eingehalten? (dagegen keine formbedürftige Annahmeerklärung des Anwalts erforderlich);
    • Bestimmte oder bestimmbare Vergütung festgelegt? (möglich: Zeit-, Festvergütung, nicht in Geld lautende Gegenleistung, Vereinbarung über Gegenstandswert, Auslagen, Umsatzsteuer, Reisekosten etc., Bestimmung durch Rechtsanwaltskammer);
    • Vergütung für gesamtes Verfahren oder nur für Verfahrensteil vorgesehen?
    • Kein Erfolgshonorar bestimmt?
    • Keine unzulässigen Nebenabreden zum Anwaltsvertrag im Formular enthalten? (also keine Gerichtsstandsvereinbarung, Haftungsbeschränkung, Quittung etc.);
    • Reduzierung der Vergütung beim vorzeitigen Ende des Auftrags geregelt?
    • Berufsrechtlicher Hinweis auf die höhere Vergütung erteilt?

    Quelle: RVG professionell - Ausgabe 04/1999, Seite 42

    Quelle: Ausgabe 04 / 1999 | Seite 42 | ID 106173