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  • 01.04.2006 | Familienrecht

    PKH für außergerichtlichen Vergleich erstreckt sich auch auf nicht anhängige Folgesachen

    von RA Norbert Schneider, Neunkirchen
    1. Ist der bedürftigen Partei PKH bewilligt worden, erstreckt sich diese auch auf einen außergerichtlich abgeschlossenen Vergleich.  
    2. Im Fall des § 122 Abs. 3 BRAGO (§ 48 Abs. 3 RVG) gilt dies auch dann, wenn ein Vergleich über eine Folgesache geschlossen wird, auf die sich die PKH nach § 122 Abs. 3 BRAGO (§ 48 Abs. 3 RVG) erstreckt.  

     

    Sachverhalt

    Der Antragstellerin war für die Ehesache PKH bewilligt worden. Unter Mitwirkung ihres Prozessbevollmächtigten hatte sie außergerichtlich mit ihrem Ehemann eine Vereinbarung über den zu zahlenden Kindesunterhalt getroffen. Eine Protokollierung des Vergleichs im Termin hatte der Amtsrichter abgelehnt, da der Antragsgegner anwaltlich nicht vertreten war. Ungeachtet dessen hat der Anwalt gegenüber der Landeskasse u.a. auch eine Vergleichsgebühr aus dem Wert des Unterhalts nebst einer Prozessdifferenzgebühr zur Festsetzung angemeldet. Das AG hat die Festsetzung mit der Begründung abgelehnt, PKH erstrecke sich nicht auf einen außergerichtlichen Vergleich. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde hatte Erfolg.  

     

    Entscheidungsgründe

    PKH erstreckt sich auch auf einen außergerichtlichen Vergleich, soweit dieser den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens betrifft (BGH NJW 88, 494). Nichts anderes gilt nach dem 1.7.04 im Fall der Einigung. Zur gesetzlichen Vergütung nach § 121 BRAGO (jetzt § 45 Abs. 1 RVG) gehört daher auch die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines gerichtlichen oder auch außergerichtlichen Vergleichs nach § 23 BRAGO (jetzt Mitwirkung an einer Einigung nach Nr. 1000 VV RVG). Im Gesetz ist nicht vorgesehen, dass für den im Wege der PKH beigeordneten Anwalt etwas anderes gelten soll. Zudem wäre eine solche einschränkende Auslegung mit dem Verständnis des § 121 BRAGO (jetzt § 45 Abs. 1 RVG), dem Gebot einer möglichst weitgehenden Waffengleichheit Rechnung zu tragen, nicht zu vereinbaren. Zwar ist die Entscheidung des BGH noch zur BRAGO ergangen. Nach dem RVG gilt jedoch nichts anderes. § 121 BRAGO findet wortgleich seine Fortsetzung in § 45 RVG.  

     

    Die Besonderheit besteht in diesem Fall darin, dass sich die Parteien nicht über den Gegenstand des Verfahrens verglichen haben, sondern über eine nicht anhängige Folgesache, für die der Anwalt nicht beigeordnet worden war. Die Beiordnung bezog sich nur auf die Ehesache, während der Vergleich den Kindesunterhalt betraf. Diese Besonderheit ist aber im Ergebnis unerheblich, da sich nach § 122 Abs. 3 BRAGO (inhaltlich unverändert übernommen in § 48 Abs. 3 RVG) die Beiordnung eines Anwalts in einer Ehesache auch auf den Abschluss einer Einigung erstreckt, die den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten untereinander betrifft. Besteht danach – also jetzt nach § 48 Abs. 3 RVG – PKH auch für einen Vergleich oder eine Einigung über die dort genannten Folgesachen, besteht diese nicht nur, wenn der Vergleich als Scheidungsfolgenvergleich im Termin vor Gericht geschlossen und/oder protokolliert wird, sondern auch, wenn er außergerichtlich geschlossen wird und die Parteien von einer Protokollierung absehen (oder wenn der Richter sich – wie hier – weigert, zu protokollieren).