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  • 01.11.2007 | Der praktische Fall

    Welche Kostenfolge hat die Klageerhebung vor dem falschen Gericht?

    von RiLG Dr. Andreas Möller, Bochum

    In der Praxis erheben Anwälte zuweilen Klagen vor einem Gericht, das nicht zuständig ist. Die Sache wird dann an das zuständige Gericht abgegeben. Der Beitrag erläutert, welche Gebühren der Anwalt abrechnen kann, der lediglich die Unzuständigkeit des Gerichts rügt.  

     

    Beispiel

    Der Kläger K verklagt den Beklagten B am unzuständigen AG auf Zahlung von 2.000 EUR. Da der Beklagte zurzeit kein Geld hat, beauftragt er Rechtsanwalt R, Klageabweisungsantrag zu stellen, um Zeit zu gewinnen. R rügt die Unzuständigkeit des Gerichts und stellt mit dieser Begründung Klageabweisungsantrag. Auf Antrag des Klägers wird der Rechtsstreit an das zuständige AG verwiesen. Der Beklagtenvertreter legt nach der Verweisung das Mandat nieder. Der Beklagte erkennt die Klage an. Das AG legt dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auf mit Ausnahme derjenigen, die durch die Erhebung der Klage vor dem unzuständigen AG entstanden sind. R möchte eine 1,3 Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer gegen die Klägerin festsetzen lassen. Zu Recht?  

     

    Lösung: Dadurch, dass R den Klageabweisungsantrag gestellt hat, hat R eine Verfahrensgebühr gemäß 3100 VV RVG verdient. Es handelt sich hierbei um einen Sachantrag, sodass keine Reduktion gemäß 3101 VV RVG auf eine 0,8 Gebühr in Betracht kommt (LG Mönchengladbach Rpfleger 06, 169; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., VV 3101 RVG).  

     

    Aus der Kostengrundentscheidung ergibt sich, dass K die Kosten, die durch Erhebung der Klage vor dem unzuständigen AG entstanden sind, tragen muss. Die entstandene Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer sind aber nicht festsetzbar. Denn es handelt sich nicht um i.S. von § 91 Abs. 1 ZPO erforderliche Kosten der Rechtsverteidigung.  

     

    Hätte R das Mandat nicht niedergelegt, wäre die Verfahrensgebühr nicht zu Lasten des K festsetzbar gewesen. Dies ergibt sich aus § 20 RVG, der bestimmt, dass die Verfahren vor dem verweisenden oder abgebenden Gericht ein Rechtszug sind, sodass gemäß § 15 RVG die Gebühren nur einmal anfallen. Nur durch die Mandatsniederlegung können aber nicht ausscheidbare Mehrkosten „produziert“ werden.  

     

    Gegen die Festsetzung der Gebühren spricht ferner, dass die Beauftragung des R nur wegen des Klageabweisungsantrags aufgrund der fehlenden Zuständigkeit nicht prozessnotwendig war (OLG Hamm JurBüro 89, 1695). Einwendungen in der Sache hat B zu keiner Zeit erhoben. Er wusste, dass die Klage sachlich in vollem Umfang begründet war. Deswegen hat er die Klage auch anerkannt. Es ging B nur darum, einen Zahlungsaufschub zu erhalten. Da B sich in der Sache nicht verteidigen konnte, hätte er gegen sich im vom AG angeordneten schriftlichen Vorverfahren Versäumnisurteil ergehen lassen, oder schon in diesem Verfahrensstand die Klage anerkennen müssen. Dies gilt trotz der Hinweispflicht des AG auf die Unzuständigkeit gemäß § 504 ZPO.  

     

    Praxishinweis: Nur die Rüge der sachlichen Unzuständigkeit reicht für einen Sachantrag gemäß 3100 VV RVG nicht aus. Auch ein Einverständnis mit einem Verweisungsantrag ist kein Sachantrag. Erforderlich ist, dass zum Ausdruck kommt, dass die Klage wegen fehlender Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen werden soll (LG Mönchengladbach, a.a.O.). Sofern der Anwalt einem Verweisungsantrag mit sachlichen Argumenten entgegen tritt, ist hierin ein als Sachantrag zu behandelnder Gegenantrag zu sehen (OLG Bamberg JurBüro 87, 1675 f.).  

     

     

    Quelle: Ausgabe 11 / 2007 | Seite 191 | ID 114831