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  • · Fachbeitrag · Steuerstrafverfahren

    Unterlagen des Mandanten - kein Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Krause & Kollegen, Berlin

    Es besteht kein Zurückbehaltungsrecht des Steuerberaters, wenn hierdurch die Verteidigungsmöglichkeiten seines Mandanten in einem Steuerstrafverfahren eingeschränkt werden (OLG München 14.5.12, 15 W 813/12, Abruf-Nr. 131193, DStR 12, 1939).

     

    Sachverhalt

    S war in der Vergangenheit für den Antragsteller A als Steuerberater S tätig. Er fertigte für ihn die steuerlichen Jahresabschlüsse u.a. für die Jahre 2002, 2003 und 2004. Hierzu erhielt er von A umfangreiche Kontoauszüge, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, die sich nach wie vor in seinem Besitz befinden. Die Herausgabe dieser Unterlagen an A verweigert er unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen offener Honorarforderungen über insgesamt knapp 40.000 EUR. Nach Mitteilung des A droht ihm nach Einschätzung des Beamten der Steuerfahndung eine nicht mehr zur Bewährung aussetzungsfähige Freiheitsstrafe. A erstrebt, dass S im Wege der einstweiligen Verfügung zur Herausgabe von entsprechenden Unterlagen verpflichtet wird, da er diese zu einer sachgemäßen Verteidigung im Steuerstrafverfahren dringend benötige.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Antrag war vor dem OLG erfolgreich. S wird verpflichtet, dem A bei Meidung eines Ordnungsgelds von bis zu 250.000 EUR oder Ordnungshaft zu ermöglichen, in den Kanzleiräumen des Antragsgegners oder in den Räumen der örtlichen Steuerberaterkammer Einsicht in diverse Unterlagen (Kontoauszüge, Buchungsordner, Buchungsbelege, Rechnungen etc.) zu gewähren.

     

    Entgegen der Auffassung des LG kann S vorliegend kein Zurückbehaltungsrecht wegen einer titulierten Honorarforderung geltend machen. Zwar stehe dem S grundsätzlich ein Zurückbehaltungsrecht an den Unterlagen zu. Dem S ist nach Ansicht des OLG eine Berufung auf sein Zurückbehaltungsrecht aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls jedoch ausnahmsweise verwehrt.

     

    Soweit das LG in seiner Nichtabhilfeentscheidung darauf verweist, dass im Strafverfahren relevante Unterlagen von Amts wegen beizuziehen sind, überzeugt dies das OLG nicht. Die Verpflichtung des Strafgerichts zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 244 Abs. 2 StPO) gebietet zwar auch ohne konkreten Beweisantrag die Herbeischaffung von Beweismitteln, soweit Umstände vorliegen, aufgrund derer sich das Gericht hierzu gedrängt sehen muss. Angesichts des nach den Angaben des Antragstellers erheblichen Umfangs der streitgegenständlichen Unterlagen, die im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung von den Steuerbehörden bereits einmal gesichtet wurden, erscheint es dem OLG jedoch zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen vorlägen, wenn der A nicht zumindest ansatzweise angeben könnte, inwieweit sich aus den Buchhaltungsunterlagen ihn entlastende Gesichtspunkte ergeben können. Um überhaupt in der Lage zu sein, entsprechende Angaben in das Steuerstrafverfahren einführen, sei der A jedoch auf die vorherige Einsicht in die Unterlagen angewiesen.

     

    Praxishinweis

    Ein Zurückbehaltungsrecht an als Handaktenbestandteile anzusehenden Unterlagen ergibt sich aus § 66 Abs. 2 S. 1 StBerG. Der Steuerberater kann die Herausgabe von Handakten an den Auftraggeber verweigern, bis er wegen seiner Gebühren und Auslagen befriedigt ist. Das Zurückbehaltungsrecht ist jedoch differenziert zu betrachten. So ist im Rahmen des § 66 Abs. 2 S. 1 StBerG ein engerer Konnexitätsbegriff zugrunde zu legen als bei § 273 BGB. Ein Zurückbehaltungsrecht nach dieser Vorschrift besteht nur insoweit, als der Steuerberater für die konkrete Angelegenheit, für die er die Unterlagen erhalten hat, noch Vergütung verlangen kann.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 140 | ID 38548730

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