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  • · Fachbeitrag · Steuerhinterziehung

    Steuerstrafrecht im hohen Alter

    von RA Prof. Dr. Carsten Wegner, Berlin

    | Hat der Angeklagte bestimmte Einkünfte in seiner ESt-Erklärung verschwiegen, liegt in seiner späteren Angabe, er hätte in einem anderen Steuerjahr ‒ tatsächlich nur erfundene ‒ Einkünfte in gleicher Höhe erzielt, weder eine strafbefreiende Selbstanzeige noch ist das strafmildernd zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, entschied das LG Nürnberg-Fürth. |

     

    Sachverhalt

    Das AG hat den über 80 Jahre alten Angeklagten A 2021 der Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Es hat ihn unter Einbeziehung einer früher verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Weiterhin hat es die Einziehung von Wertersatz angeordnet. A, ein promovierter Jurist mit weiteren Zulassungen als WP und StB, war über Jahrzehnte hinweg umfangreich ‒ und wohl auch beanstandungsfrei ‒ beruflich tätig. Er war zusammen mit seiner Ehefrau zur ESt erfasst; seine Gewinne ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. 2016 veräußerte er Geschäftsanteile und erzielte hierdurch einen Veräußerungsgewinn von 406.500 EUR. In seiner 2018 für den Veranlagungszeitraum 2016 eingereichten Steuererklärung gab er diesen Veräußerungsgewinn nicht an. A erklärte, er habe gedacht, dass der Vorgang erst für den Veranlagungszeitraum 2017 zu erklären gewesen wäre. Er sei davon ausgegangen, dass für die Erklärungspflicht das Zuflussprinzip gelte. Er sei jederzeit bereit gewesen, den Veräußerungsgewinn zu versteuern. In der ESt-Erklärung für 2017 habe er diesen Gewinn nicht angegeben, weil er im Steuerbescheid für 2016 schon festgesetzt worden sei. Gegen dieses Urteil wandte sich A mit seiner unbeschränkt eingelegten Berufung und ‒ zum Nachteil des A ‒ die Staatsanwaltschaft mit einer auf den Strafausspruch beschränkten Berufung. Beide Rechtsmittel blieben erfolglos.

     

    Entscheidungsgründe

    Die den Tatvorwurf bestreitende Verteidigererklärung hält das LG für eine „Schutzbehauptung“ und hat nur von der Einziehungsentscheidung abgesehen, § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO (LG Nürnberg-Fürth 4.5.22, 12 Ns 508 Js 2272/20, Abruf-Nr. 229551). Der Veräußerungsgewinn war als Einkunft aus Gewerbebetrieb nach § 17 EStG zu versteuern, weil nach Ansicht des Gerichts sämtliche Voraussetzungen von § 17 Abs. 1 S. 1 EStG vorlagen. Diese Einkünfte unterlägen auch bei demjenigen, der ‒ wie A ‒ seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, nicht dem Zuflussprinzip des § 11 EStG. Vielmehr seien sie nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder Verlusts zu ermitteln. Maßgebender Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung sei derjenige, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1, § 5 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre.

     

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