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  • · Fachbeitrag · Steuerhinterziehung

    Mietverhältnis mit nahen Angehörigen

    von LRD Max Rau, STRAFA-FA Köln

    Für das Vorhandensein eines steuerrechtlich anzuerkennenden Angehörigen-Mietvertrags trägt der Steuerpflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast. Der Tatbestand der Steuerhinterziehung ist erfüllt, wenn der Steuerpflichtige negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks erklärt hat, obwohl er wusste, dass das Mietverhältnis mit seiner Mutter in vielerlei Hinsicht einem Fremdvergleich nicht standhalten würde und insbesondere in zahlreichen Punkten nicht so durchgeführt worden ist wie es schriftlich vereinbart worden war (FG Berlin-Brandenburg 8.3.12, 9 K 9009/08, rechtskräftig, Abruf-Nr. 122879).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger K errichtete 1998/99 in der Gemeinde X auf einem großen Grundstück ein aufwendig konzipiertes Einfamilienhaus und baute die Terrasse in den Jahren 2001 und 2002 zu einem großen Wintergarten um. Nach Fertigstellung schloss er mit seiner 69 Jahre alten Mutter M, die in - der 50 Kilometer entfernten - Gemeinde Y eine Etagenwohnung bewohnte, einen Mietvertrag ab. Dieser sah die Zahlung einer Kaltmiete zuzüglich der verbrauchsunabhängigen Nebenkosten vor; die anderen Nebenkosten sollten unmittelbar mit den jeweiligen Versorgungsunternehmen abgerechnet werden. Außerdem wurde die Übernahme von Gartenarbeiten vereinbart. M unterhielt in der Folgezeit beide Wohnungen. Sie musste sich in 1998 einer ersten und im Oktober 2000 einer zweiten Hüftoperation unterziehen.

     

    Das FA erkannte nach Durchführung einer Außenprüfung die negativen Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks in X nicht mehr an. Die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide begründete der K damit, es sei ein Lebenstraum seiner Mutter gewesen, im Grünen zu wohnen, die Wohnung in Y habe sie wegen der besseren Erreichbarkeit von Ärzten parallel beibehalten. Demgegenüber berief sich das FA auf die Aussagen von 16 Zeugen aus dem Umfeld des K, die das AG im Rahmen des Strafverfahrens vernommen hatte. Außerdem waren hohe Strom- und Erdgas-Verbrauchswerte auch für Zeiten ermittelt worden, in denen M die Wohnung in X nach eigenen Angaben gesundheitsbedingt so gut wie nicht hatte nutzen können.

     

    Entscheidungsgründe

    Das FG hat das Mietverhältnis nicht anerkannt. Es hat zunächst geprüft, ob ein Scheinmietvertrag i.S. von § 41 Abs. 2 AO abgeschlossen worden war. Hierbei ziehen die Vertragsparteien bewusst nicht die Folgerungen aus dem Vertrag, wenn etwa aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Mieters die Miete nicht oder nur schwer gezahlt werden kann und daher nach einem gemeinsamen Gesamtplan die Miete vom Vermieter im Vorhinein zur Verfügung gestellt wird oder nach Eingang auf dem Konto des Vermieters alsbald wieder zurückgezahlt wird. Dafür lagen im Streitfall keine Anhaltspunkte vor.

     

    Unabhängig von der bürgerlich-rechtlich wirksamen Vereinbarung sind Mietverträge unter nahen Angehörigen steuerlich nur anzuerkennen, wenn zumindest hinsichtlich der Hauptpflichten sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden üblichen entspreche. Rechtsgrundlagen des bei Angehörigenverträgen aufgrund fehlenden Interessengegensatzes vorzunehmenden Fremdvergleichs seien die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO. Insbesondere aus folgenden Gründen sah das FG die Anforderungen des Fremdvergleichs als nicht erfüllt an:

     

    • Die von der Mieterin vertraglich geschuldeten Nebenkosten seien von K unstreitig für kein einziges Jahr eingefordert worden.

     

    • K habe ständig den uneingeschränkten Zugang zum Grundstück und Haus in X gehabt und sich dort öfters auch aufgehalten. Er habe die der Mieterin obliegenden Gartenarbeiten selbst durchgeführt. Auch die Mitbenutzung für berufsbedingte Gespräche entspreche nicht dem typischen Sachverhalt bei Abschluss eines Mietvertrags zwischen fremden Dritten.

     

    • Schwerwiegende Abweichungen vom schriftlichen Mietvertrag seien darin zu sehen, dass keine Kaution geleistet, Instandhaltungsarbeiten nicht durchgeführt und eine Mieterhöhung verspätet umgesetzt worden seien. Entgegen dem Inhalt des Vertrags („Überlassen einer leeren Wohnung “) habe K das Haus auf eigene Kosten mit neuen Möbeln ausgestattet.

     

    • Aufgrund ihres Gesundheitszustands habe die Mutter nur unter Schmerzen über die steile Treppe nach oben gelangen können. Ein fremder Dritter hätte unter diesen Umständen von einem Mietvertrag Abstand genommen.

     

    Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands einer Steuerhinterziehung - vorliegend mit der Folge des Eingreifens der verlängerten Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 2 AO - genüge „dolus eventualis“. Nach der Rechtsprechung des BGH (z.B. BGH 16.12.09, 1 StR 491/09, PStR 10, 57 f.) sei es ausreichend, wenn ein Steuerpflichtiger sich über die Steuerrechtslage im Unklaren sei und es ihm möglich erscheine, dass seine Steuererklärung bei zutreffender Anwendung der der Steuergesetze unrichtig oder unvollständig sei und er dies billigend in Kauf nehme (dazu auch FG Köln 22.6.11, 4 K 950/08, PStR 12, 54). Das Vorliegen eines den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtums habe K selbst erst gar nicht behauptet.

     

    Praxishinweis

    Der Fall zeigt jedenfalls sehr instruktiv, dass der Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf die geringeren Anforderungen an bedingten Vorsatz schneller als früher auch steuerstrafrechtliche Folgen haben kann. Der rettende „Ausweg“ Tatbestandsirrtum muss glaubhaft dargelegt werden.

     

    Der Fall weist noch eine besondere Zusatznote auf: Nach den vorliegenden Informationen ist der Steuerpflichtige im parallel laufenden Strafverfahren vom Vorwurf der Einkommensteuerhinterziehung für alle Streitjahre freigesprochen worden, da das Vorliegen eines „Scheinmietverhältnisses“ nicht habe nachgewiesen werden können. Die Staatsanwaltschaft hat Berufung eingelegt.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 113 | ID 39005110

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