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  • · Fachbeitrag · Selbstanzeigenberatung

    Berichterstattung über den Erwerb einer Steuer-CD - Sperrgrund für die Selbstanzeige?

    von RA Dr. Hendrik Schöler, LL.M., FA StR, Kiel

    Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bereits die mediale Berichterstattung über den Erwerb von Steuer-CDs die Selbstanzeige sperrt, ist höchstrichterlich nicht entschieden. In der Literatur wird der Sperrgrund des Rechnenmüssens mit der Tatentdeckung gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO restriktiv ausgelegt. Nach einem nicht rechtskräftigen Urteil des AG Kiel soll demgegenüber bereits die auf Medienberichten beruhende allgemeine Kenntnis des Ankaufs von Steuer-CDs durch deutsche Behörden die Wirksamkeit einer Selbstanzeige ausschließen (AG Kiel 27.11.14, 48 Ls 545 Js 46477/13 (1/14), Abruf-Nr. 143857).

     

    Sachverhalt

    Der Angeklagte A verfügte über jeweils ein Konto/Depot bei drei Schweizer Banken. Die dort erzielten Einkünfte gab er in seinen ESt-Erklärungen der Jahre 2001 bis 2011 nicht an. Nachdem der A den Entschluss gefasst hatte, seine Vermögenswerte aus der Schweiz nach Deutschland zurück zu transferieren und offenzulegen, forderte er bei den Banken die entsprechenden Unterlagen an. Ende Juli 2012 beauftragte er seinen Steuerberater, eine Selbstanzeige anzufertigen. Diese reichte er am 6.9.12 bei seinem FA ein. Am 23.8.12 war bereits ein Ermittlungsverfahren gegen den A wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung für die Jahre 2007 bis 2011 eingeleitet worden; eine Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung erfolgt vorerst nicht. Aufgrund einer vom Land Nordrhein-Westfalen erworbenen Daten-CD bestand der Verdacht nicht-deklarierter Einkünfte aus dem Konto/Depot bei einer der Banken. Das AG Kiel verurteilte den A deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Wirksamkeit der Selbstanzeige soll § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO entgegenstehen. Die Steuerhinterziehungen seien teilweise bereits entdeckt gewesen, und der A habe mit der Tatentdeckung bei Abgabe der Selbstanzeige rechnen müssen. Nach dem Wortlaut der Norm genügt es, wenn eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung auch nur zum Teil entdeckt ist. Aufgrund des Abgleichs der Daten einer Bank mit den Steuererklärungen des A sei dies der Fall. Mit der Tatentdeckung rechnen müsse der Steuerhinterzieher schon dann, wenn er noch nicht sicher auf die erfolgte Tatentdeckung schließen kann; eine Restunsicherheit könne verbleiben.

     

    Bereits die unspezifische Kenntnis vom Ankauf einer „Steuer-CD“ aus einem Land, in dem der Steuerpflichtige unversteuerte Kapitalerträge erwirtschaftet hat, erhöhe subjektiv die Wahrscheinlichkeit der Tatentdeckung. Diese Wahrscheinlichkeit erhöhe sich weiter, wenn es sich konkret um die Bank handelt, bei der die eigenen Einkünfte entstanden sind. Da der A ein Konto/Depot bei der betroffenen Bank unterhielt, habe er mit der Entdeckung seiner Tat rechnen müssen. Dass gerade seine Daten nicht auf der CD enthalten sein sollen, sei nicht naheliegend.

     

    Praxishinweis

    § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO wird zutreffend als eine dem Strafrecht grundsätzlich wesensfremde Beweisregel zuungunsten des Täters verstanden (Kohlmann/Schauf, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 236; Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 330). Weist das Gericht konkrete und zwingende Begleitumstände nach, die auf eine Tatentdeckung bei verständiger Würdigung schließen lassen, wird die subjektive Vorstellung des Täters von seiner Tatentdeckung fingiert. Bezugspunkt des Rechnenmüssens ist die Tatentdeckung. Diese setzt, wie auch das AG Kiel erkannt hat, regelmäßig den Abgleich mit der persönlichen Steuerakte voraus (Klein/Jäger, AO, § 371 Rn. 60a; Randt/Schauf, DStR 08, 489, 490; Heerspink, AO-StB 09, 25, 29 f.).

     

    Unter dieser Voraussetzung kann es aber nicht ausreichen, wenn der Steuerpflichtige von der Berichterstattung über den Erwerb einer Steuer-CD nachweislich erfahren haben muss. Er mag dann zwar mit der Entdeckung einer Tat, nicht aber mit der Entdeckung seiner Tat rechnen müssen. Nur wenn verlässlich die Wahrscheinlichkeit des eigenen Betroffenseins beurteilt werden kann, wird ein Rechnenmüssen mit der Tatentdeckung angenommen werden dürfen. Diese hängt einerseits von dem Verhältnis zwischen der Anzahl erworbener Datensätze und der Anzahl der Bankkunden ab. Andererseits wird die seit der begonnenen Auswertung verstrichene Zeit zu berücksichtigen sein. Zu beiden Umständen lassen sich den Medienberichten allenfalls widersprüchliche Angaben entnehmen. Da bei verbleibenden Zweifeln der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist (Klein/Jäger, AO, § 371 Rn. 71), vermag das Urteil des AG Kiel auch aus diesem Grund nicht zu überzeugen.

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2015 | Seite 62 | ID 43182018

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