Liebe Kolleginnen und Kollegen,
vielleicht erinnern Sie sich: Im letzten Editorial ging es um den Zuzug nach Deutschland und die Frage, wer wo was melden muss. Diesmal geht es um das logistische Gegenstück ‒ den Wegzug. Oder anders ausgedrückt: wenn aus einem verlängerten Sommerurlaub eine steuerlich relevante Lebensentscheidung wird.
Die aktuelle Zusammenfassung zur sog. Wegzugsbesteuerung (pünktlich zur Reisezeit) gibt’s vom BMF mit Schreiben vom 2.6.25. Der Gesetzgeber hatte mit dem Jahreswechsel noch einmal nachgelegt und versucht, letzte Lücken im § 6 Außensteuergesetz (AStG) zu schließen: Mit dem Jahressteuergesetz 2024 wurde die Wegzugsbesteuerung auf Investmentfondsanteile im Privatvermögen ausgedehnt, §§ 19, 49 Investmentsteuergesetz (InvStG) n. F. Ja, Sie haben richtig gelesen. Auch wer sich als passiver ETF-Anleger verstand, könnte sich unter Umständen demnächst in einer Diskussion über fiktive Veräußerungsgewinne und dem steuerlichen Wohnsitz wiederfinden ‒ und zwar ohne etwas verkauft zu haben. Nur wegen eines Ortswechsels. Wann dieser vorliegt? Das ist wie immer diffizil, insbesondere in der Variante „Aufgabe des gewöhnlichen Aufenthalts“. Die Normen sind für das beständige Lebensmodell konzipiert und nicht für den Jet-Set (heute hier, morgen dort ‒ wie einst schon von Hannes Wader besungen).
Besonders unangenehm wird’s, wenn Mandanten nicht wissen, dass ihr Wegzug Steuerpflichten auslöst. Oder wenn sie das Depot übersehen, weil’s „eh nur ein bisschen Fondszeug ist“. Spätestens wenn das Finanzamt freundlich anklopft, ist die Erholung dahin. Denn klar ist: Wer wegzieht, ohne vorher alles sauber zu erklären, kann sich in den § 370 AO verirren. Und das geht oft schneller als die nächste Abflugzeit. Denn anders als im Urlaub, wo man meist früher als später weiß, dass man etwas vergessen hat (Ladegerät, Sonnenhut), merkt man’s bei der Wegzugsbesteuerung oft erst, wenn das Problem schon virulent ist. Eine Selbstanzeige ist schwierig. Wann wurde der gewöhnliche Aufenthalt denn aufgegeben? Eine misslungene Selbstanzeige ist wie ein verpasster Rückflug ‒ teuer und unbequem. Und das ist steuerstrafrechtlich kein Urlaub.
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