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  • · Fachbeitrag · Steuerhinterziehung

    Fristen für ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach einer Steuerstraftat

    | Folgender Fall: Ein vietnamesischer Staatsangehörige begeht in Deutschland zahlreiche Steuerdelikte. Schließlich wurde er ausgewiesen und eine Einreisesperre mit unbefristeter Geltungsdauer verhängt. Nun möchte der Vietnamese erreichen, dass die Ausweisung auf die Dauer von 2 Jahren nach der Ausreise oder Abschiebung befristet wird. Das OVG Magdeburg hat dem mit Beschluss vom 20.6.17 (2 L 62/15) eine Absage erteilt. |

    1. Antrag vor dem OVG: Ausweisung auf 2 Jahre befristen

    Der Kläger K ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Er reiste eigenen Angaben zufolge am 15.6.98 ohne Visum auf dem Luftweg in das Bundesgebiet ein. Den Asylantrag lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 9.7.98 bestandskräftig ab. In der Folgezeit erhielt er fortlaufend Duldungen.

     

    Ab 2001 kam es zu zahlreichen Verurteilungen wegen Steuerhehlerei, zunächst zu Geldstrafen, später auch zu Bewährungstrafen. 2008 wurde K schließlich wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten verurteilt.

     

    In 2009 war er wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der K mindestens 3 Vietnamesen mit Erfolg nach Frankreich schleuste.

     

    Mit Bescheid vom 6.8.12 wies der Beklagte den K aus Deutschland aus und verhängte eine Einreisesperre mit unbefristeter Geltungsdauer. In 2013 hatte K vor dem VG Klage erhoben und beantragt, den Bescheid aufzuheben, hilfsweise die Ausweisung angemessen zu befristen. Mit Urteil vom 17.3.15 hat das VG den Beklagten verpflichtet, die Wirkung der Ausweisung auf die Dauer von 5 Jahren zu befristen. Nun klagt K vor dem OVG und beantragt, das Urteil zu ändern und die Ausweisung auf 2 Jahren nach der Ausreise zu befristen.

    2. Neubescheidung erforderlich

    Nach Auffassung des OVG Magdeburg (20.6.17, 2 L 62/15) kann das Urteil des VG kann keinen Bestand haben, soweit der Beklagte verpflichtet wird, die Wirkungen der Ausweisung auf die Dauer von 5 Jahren zu befristen. Denn nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage handelt es sich bei der Entscheidung über die Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr um eine gebundene Entscheidung, sondern um eine Ermessensentscheidung mit der Folge, dass die Ausländerbehörde grundsätzlich nur zu einer Neubescheidung verpflichtet werden kann. Ein Anspruch auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf die Dauer von 2 Jahren steht dem Kläger nach Ansicht des OVG nicht zu.

    3. Ausländerrechtlicher Hintergrund

    Nach § 11 Abs. 1 S. 1 AufenthG in der durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.7.15 (BGBl I 15, 1386) mit Wirkung vom 1.8.15 geänderten Fassung darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten (Einreise- und Aufenthaltsverbot).

     

    Nach § 11 Abs. 2 AufenthG ist das mit einer Ausweisung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise und ist gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung festzusetzen. Über die Länge der Frist wird nach § 11 Abs. 3 AufenthG nach Ermessen entschieden. Die Frist darf 5 Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, und soll 10 Jahre nicht überschreiten.

     

    Damit hat der Ausländer einen Anspruch auf eine Befristungsentscheidung zusammen mit der Ausweisungsverfügung („ob“). Hinsichtlich der Länge der festzusetzenden Frist („wie“) bestimmt § 11 Abs. 3 AufenthG, dass hierüber im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe nach Ermessen zu entscheiden ist (BVerwG 22.2.17, 1 C 27.16).

     

    Die verfahrensgegenständliche Frist ist allein unter präventiven Gesichtspunkten zu bestimmen. Bei der Bemessung der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Dabei bedarf es der prognostischen Einschätzung, wie lange das Verhalten des Klägers das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag.

    4. Bemessung der Frist nach Steuerdelikt

    Da K aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen wurde, gilt die Obergrenze des § 11 Abs. 3 S. 2 AufenthG von 5 Jahren hier nicht, vielmehr ist die in § 11 Abs. 3 S. 3 AufenthG normierte „Soll“-Grenze von 10 Jahren maßgeblich, die nur in atypischen Fällen überschritten werden darf. Innerhalb dieses Rahmens wird im Rahmen einer neuerlichen Bescheidung des Antrags Folgendes zu beachten sein:

     

    • Von den vom K begangenen Straftaten fallen das gewerbs- und bandenmäßige Einschleusen von Ausländern in einem Fall „besonders ins Gewicht“. Insoweit dürfte ein Einreise- und Aufenthaltsverbot im Bereich von 4 Jahren als erforderlich anzusehen sein.

     

    • Berücksichtigt man zudem die Verurteilungen des K wegen Steuerdelikten ‒ insbesondere die 2008 ausgesprochene Verurteilung, die für sich betrachtet ein Einreise- und Aufenthaltsverbot im Bereich von 3 Jahren rechtfertigen dürfte ‒ könnte nach Ansicht des OVG bei einer Gesamtbetrachtung der vom Kläger begangenen Straftaten eine Frist im Bereich zwischen 5 und 6 Jahren als Ausgangspunkt angemessen sein.
    Quelle: ID 44814455

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