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  • 12.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122132

    Finanzgericht Münster: Urteil vom 27.04.2012 – 4 K 2294/09 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Tenor:

    Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vom 21.11.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2009 wird dahingehend abgeändert, dass die Einnahmen aus Kapitalvermögen auf DM xx.xxx herabgesetzt werden. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004 vom 21.11.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.05.2009 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
    Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

    Tatbestand:
    Streitig ist die persönliche Zurechnung von Einnahmen aus Kapitalvermögen für die Jahre 2001 bis 2007.
    Die Kläger sind seit Juli 2001 verheiratet. Der Kläger ist syrischer Herkunft und deutscher Staatsangehöriger, die Klägerin ist syrische Staatsangehörige. Der Kläger führte in I. eine urologische Praxis, die er im Januar 2001 für DM xxx.xxx veräußerte. Ab März 2001 bezog der Kläger (geb. 1947) eine Berufsunfähigkeitsrente von der Ärzteversorgung X.. Nach ihrer Hochzeit verzogen die Kläger nach Syrien. Sie hatten aber weiterhin einen Wohnsitz in I., Q.-Straße 01 und hielten sich dort zeitweise auch auf. Nach Auskunft des Einwohnermeldeamtes gaben die Kläger ihren inländischen Wohnsitz am 16.12.2011 auf.
    In der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 2001 erklärte der Kläger neben Einkünften aus selbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung auch solche aus Kapitalvermögen. Die erklärten Einnahmen betrugen DM xx.xxx und rührten im Wesentlichen aus den Erträgen eines festverzinslichen argentinischen Wertpapiers (Staatsanleihe) her, das über die Sparkasse J. abgerechnet wurde. Für das Jahr 2002 erklärte der Kläger in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung keine Einnahmen aus Kapitalvermögen mehr und begründete dies damit, dass Erträge aus den argentinischen Staatsanleihen nicht mehr ausgezahlt würden. Für die Jahre 2001 und 2002 setzte der Beklagte die Einkommensteuer jeweils erklärungsgemäß fest; die Bescheide wurden bestandskräftig.
    Ab dem Jahr 2003 gaben die Kläger keine Einkommensteuererklärungen mehr ab, da sich – so die damalige Begründung – das Einkommen an der Sozialgrenze bewege und die Altersbezüge gepfändet würden. Einkommensteuerveranlagungen führte der Beklagte daraufhin nicht mehr durch.
    Am 16.03.2006 kontrollierte die Mobile Kontrollgruppe des Hauptzollamts T1. die Kläger bei einer Einreise aus Luxemburg. Hierbei wurde festgestellt, dass der Kläger Bargeld in Höhe von EUR 4.945 bei sich führte. Ferner stellten die Prüfer bei einer Durchsuchung des Fahrzeugs in einem Koffer des Klägers einen Depotauszug per 31.12.2005 mit einem darin ausgewiesenen Gesamtkurswert von EUR 3.733.445,06 sicher. Der obere Rand des zweiseitigen Depotauszugs war jeweils abgerissen, so dass weder der Depotinhaber noch das ausstellende Kreditinstitut erkennbar war. Das Depot wies neben Staatsanleihen der Republik Argentinien u.a. auch Staatsanleihen der Philippinen, Brasiliens, Indonesiens sowie des Libanons aus. Darüber hinaus fanden die Ermittler im Koffer des Klägers einen Depotauszug der C. Bank S.A.L. (Tripolis) mit Datum vom 10.10.2002, der den Namen des Klägers trägt und einen Kurswert von USD 80.970,52 ausweist. Schließlich fanden die Ermittler bei der Durchsuchung der Taschen der Klägerin eine auf deren Namen lautende Visa Karte der Banque de Luxembourg. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht vom 16.03.2006 nebst in Kopie beigefügten Unterlagen Bezug genommen.
    Nachdem das Hauptzollamt T1. dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung I1. die Vorgänge zur weiteren Prüfung übersandt hatte, leitete dieses im Januar 2007 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Einkommensteuerverkürzung für die Jahre 2001 bis 2005 ein.
    Bei einer im August 2007 durchgeführten Hausdurchsuchung bei den Klägern in der Wohnung Q.-Straße 01, I., wurde u.a. eine Verbindungsübersicht des W.-Mobiltelefonanschlusses des Klägers (Nr. 0000/0000002) für den Monat August 2007 sichergestellt. Hieraus wird ersichtlich, dass vom Mobilanschluss des Klägers am 03.08.2007 mehrere Gespräche von Luxemburg in die Schweiz und nach Syrien geführt worden sind. Ferner wurde am 06.08.2007 von der Schweiz nach Luxemburg angerufen.
    Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ließ sich der Kläger über seinen Verteidiger dahingehend ein, ihm seien keine ausländischen Kapitalerträge zuzurechnen. Er besitze kein Konto in Luxemburg. Bei den aufgefundenen Depotauszügen vom 31.12.2005 habe es sich um Schmierpapier gehandelt, das er sich an einer Tankstelle besorgt habe. Das Konto bei der C. Bank S.A.L. sei nur deshalb geführt worden, um in den 1990er Jahren Devisen nach Syrien zu überweisen; dies sei von Deutschland aus nicht möglich gewesen. Die Kreditkarte der Banque de Luxembourg sei ein Hochzeitgeschenk einer Tante der Klägerin gewesen. Er, der Kläger, lebe das ganze Jahr in Syrien und komme nur in unregelmäßigen Abständen für einen Zeitraum von ca. einer Woche nach Deutschland. Er besuche hier Familienangehörige und Freunde. Er wohne dann in der möblierten Wohnung in der Q.-Straße 01 in I., die inzwischen seinem Sohn gehöre.
    Der Fahndungsprüfer erfasste für das Jahr 2001 Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 78.976 (bislang DM 16.846). Hierbei hatten die Ermittlungen ergeben, dass der Kläger Zinseinnahmen bei der Deutschen Bank (Kto.Nr. 0000003 - Kontoinhaber Dr. O. E.) in Höhe von DM 32.174 gar nicht und Erträge aus dem Depot bei der Sparkasse J. (Depot-Nr. 000004) nicht in voller Höhe (DM 46.793,78), sondern nur in Höhe von DM 29.948 erklärt hatte. Für das Jahr 2002 – so die Ausführungen im steuerlichen Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom 01.10.2008 – würden die Einnahmen aus Kapitalvermögen „in Anlehnung an das Jahr 2001“ mit EUR 100.000 geschätzt. Jener Schätzbetrag bewege sich am unteren Rand der Bandbreite zwischen niedrig und hoch. Für die Jahre 2003 bis 2007 schätzte der Beklagte ebenfalls Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von jeweils EUR 100.000. Wegen der Einzelheiten wird auf den strafrechtlichen Schlussbericht und den steuerlichen Bericht jeweils vom 01.10.2008 Bezug genommen. Das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren wurde im März 2010 gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von EUR 9.000 nach § 153a der Strafprozessordnung eingestellt.
    Der Beklagte folgte den Feststellungen des Fahndungsprüfers und erließ jeweils am 21.11.2008 dementsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 und 2002 sowie erstmalige Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2007.
    Den anschließenden Einspruch, den die Kläger damit begründeten, die Feststellungen der Fahndungsprüfung entsprächen nicht den Tatsachen, wies der Beklagte mit Bescheid vom 28.05.2009 zurück.
    Mit der am 02.07.2009 erhobenen Klage tragen die Kläger vor:
    Die Hinzuschätzung von Einnahmen aus Kapitalvermögen für die Streitjahre sei rechtswidrig. Die Erträge des Depots, dessen Auszug zum 31.12.2005 anlässlich der Kontrolle im März 2006 aufgefunden worden sei, seien ihnen – den Klägern – steuerlich nicht zuzurechnen.
    Grund für den Aufenthalt in Luxemburg im März 2006 sei der beabsichtigte Besuch des seinerzeit in J1. lebenden und studierenden Sohnes N1. T2. gewesen. Bankgeschäfte seien in Luxemburg nicht getätigt worden. Sie, die Klägerin, habe die Städte und Gegenden in Europa nicht gekannt, so dass man sich entschlossen habe, den Besuch des Sohnes mit einem Kurzurlaub in Mitteleuropa zu kombinieren. Am 16.03.2006 seien sie von Luxemburg nach T1. und von dort nach München gefahren. Am nächsten Tag sei die Reise nach J1. gegangen.
    Er, der Kläger, sei deshalb in den Besitz des Depotauszugs gekommen, da ihn sein Sohn während des Aufenthalts in Luxemburg angerufen und ihm seine aktuellen Kontaktdaten mitgeteilt habe. Er, der Kläger, habe sich zum Zeitpunkt des Anrufs an einer Tankstelle befunden; er habe den dortigen Angestellten gebeten, ihm Papier und Stift zu geben. Der ihm hierbei übergebene Depotauszug sei für ihn lediglich ein „Schmierpapier“ gewesen. Auf der Rückseite habe er sich die Kontaktdaten des Sohnes notiert.
    Den Depotauszug der C. Bank S.A.L. habe er unbewusst mitgeführt. Der Auszug datiere aus Oktober 2002 und sei schlicht in der Tasche vergessen worden.
    Weshalb er, der Kläger, sich ausweislich der Mobilfunkabrechnung möglicherweise im August 2007 in Luxemburg aufgehalten habe, könne er nicht mehr sagen. Er habe inzwischen mehrere Schlaganfälle erlitten; dies habe zu Gedächtnisverlusten geführt.
    Die Kläger beantragen,
    die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2007 vom 21.11.2008 und die hierauf ergangene Einspruchsentscheidung vom 28.05.2009 aufzuheben.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Der Beklagte hält an seiner bislang vertretenen Auffassung fest.
    Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Einspruchsentscheidung vom 28.05.2009, die vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie die beigezogene Ermittlungsakte des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung I1. nebst Beweismittelheft (Az. 0000/0000/00005-5-555-55).
    Der Senat hat in dieser Sache am 27.04.2012 mündlich verhandelt und hierbei zwei Bedienstete der Mobilen Kontrollgruppe des Hauptzollamts T1., Herrn G. und Frau Q2., als Zeugen zu den näheren Umständen der Kontrolle der Kläger am 16.03.2006 vernommen. Insofern wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist nur zum Teil begründet.
    Der Beklagte war dem Grunde nach berechtigt, dem Kläger bislang nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen persönlich zuzurechnen. Die Höhe der geschätzten Einkünfte hat allerdings nur für die Jahre 2005 bis 2007 Bestand. Soweit der Beklagte dem Kläger für das Jahr 2001 Zinsen, die einem nicht auf seinen Namen geführten inländischen Konto gutgeschrieben wurden, zugerechnet hat und soweit er dem Kläger im Schätzungswege für die Jahre 2002 bis 2004 Einnahmen aus einem Luxemburger Depot zugerechnet hat, sind die angefochtenen Bescheide dagegen rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
    1. Die Kläger waren in den Streitjahren 2001 bis 2007 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG –). Sie verfügten über einen Wohnsitz im Inland. Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen inne hat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (§ 8 der Abgabenordnung – AO –).
    Die Kläger hatten in den Streitjahren einen inländischen Wohnsitz in I., Q.-Straße 01. Der Kläger hatte sich an der dort belegenen Eigentumswohnung, die er im Jahr 2003 auf seinen Sohn N2. T2. übertragen hatte, ein Wohnrecht vorbehalten. Dort waren die Kläger auch bis zum 16.12.2011 gemeldet. Dass sie nach der Veräußerung der urologischen Praxis im Januar 2001 und der Hochzeit im Juli 2001 nach Syrien (T3.) verzogen waren, ist unschädlich. Denn ein Wohnsitz i.S. von § 8 AO erfordert kein dauerhaftes Verweilen in der jeweiligen Wohnung. Es genügt, wenn sie mit gewisser Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – zum Wohnen aufgesucht wird (vgl. Gersch in Klein, AO, 11. Aufl., § 8 Rdnr. 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren im Streitfall, wie sich aus den Einlassungen der Kläger im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren ergibt, gegeben. Ferner zeigt sich aus der dem Gericht vorliegenden Korrespondenz mit der Ärzte-Versorgung X., dass die Kläger offenbar erst im November 2007 überlegten, ihren Wohnsitz nach Syrien zu verlegen.
    2. Die Bundesrepublik Deutschland hat hinsichtlich der vorliegend streitigen Einkünfte aus Kapitalvermögen auch das Besteuerungsrecht. Folge der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht ist die Besteuerung des Welteinkommens. Abweichende Zuweisungen des Besteuerungsrechts durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) kommen im Streitfall nicht in Betracht. Die Bundesrepublik Deutschland und die Arabische Republik Syrien schlossen erst mit Wirkung zum 01.01.2011 ein DBA auf dem Gebiet der Einkommensteuern (BStBl I 2011, 342; zum zeitlichen Anwendungsbereich vgl. Art. 29 Abs. 2 DBA-Syrien).
    3. Dem Kläger waren jedenfalls in den Streitjahren 2001 und 2005 bis 2007 Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerlich zuzurechnen, die über das erklärte Maß hinausgingen. Mangels Mitwirkung der Kläger an der Aufklärung des steuerrelevanten Sachverhalts war der Beklagte dem Grunde nach berechtigt, die Einnahmen aus Kapitalvermögen für das Jahr 2001 nach Maßgabe der im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren beigezogenen Unterlagen zu bestimmen und für die Jahre 2005 bis 2007 zu schätzen.
    a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 EStG erzielt der wirtschaftlich Berechtigte der Quelle. Konten und Depots sind steuerlich regelmäßig dem jeweiligen Inhaber zuzurechnen (vgl. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 31. Aufl., § 20 Rdnr. 166). Da es sich um steuerbegründende Tatsachen handelt, trägt für die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen vom Grundsatz her die Finanzbehörde die Feststellungslast. Allerdings ist der Steuerpflichtige zur Erklärung und Mitwirkung bei der Aufarbeitung des steuerrelevanten Sachverhalts verpflichtet (§ 76 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FGO). Unterlässt er dies, reduziert sich der Überzeugungsgrad, mit dem der steuerbegründende Sachverhalt festgestellt werden muss.
    b. Soweit der Beklagte dem Kläger für das Streitjahr 2001 weitere als die erklärten Kapitalerträge aus dem Depot Nr. 000004 bei der Sparkasse J. zurechnet, beruht dies auf der Auswertung des im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren angeforderten Beweismaterials. Begründete Einwendungen haben die Kläger hiergegen nicht erhoben. Für das Streitjahr 2001 sind dem Kläger somit weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von DM 46.793,78 steuerlich zuzurechnen. Erklärt hatte der Kläger aus jenem Depot lediglich ein Betrag in Höhe von DM 16.846.
    c. Soweit der Beklagte dem Kläger für das Jahr 2001 weitere Kapitalerträge in Höhe von DM 32.174,64 zurechnet, die dem Konto Nr. 0000003 bei der Deutsche Bank AG gutgeschrieben wurden, teilt der Senat diese Wertung nicht. Inhaber dieses im Januar 1993 errichteten Kontos ist nicht der Kläger selbst, sondern ein Herr Dr. O. E.. Dem Kläger steht ausweislich der Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neben vier weiteren Personen, nämlich seiner geschiedenen Ehefrau B. T2. und seinen Kindern S. (geb. 1977), N2. (geb. 1979) und N1. (geb. 1983) T2., lediglich eine Verfügungsberechtigung über jenes Konto zu. Der Senat hat zum einen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen können, dass dem Kläger die vorgenannten Erträge überhaupt steuerlich zuzurechnen waren. Denn zum einen ist aufgrund der fehlenden Angaben der BaFin hierzu unklar geblieben, ob der Umfang und das Ausmaß der Verfügungsberechtigung des Klägers und der weiteren Personen genügen, um die Erträge des Kontos nicht dem zivilrechtlichen Inhaber, sondern dem/den Verfügungsberechtigten als wirtschaftlich Berechtigte/n i.S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO steuerlich zuzurechnen. Zum anderen zwingt allein die Verfügungsberechtigung über das genannte Konto nicht zur weiteren Annahme, dass dem Kläger auch die Kapitalerträge aus den Staatsanleihen, die auf jenes Konto flossen, zuzurechnen sind. Unabhängig hiervon ist zu berücksichtigen, dass eine unmittelbare Zurechnung der Kapitalerträge verfahrensrechtlich bereits deshalb nicht in Betracht käme, da neben dem Kläger noch weitere Personen, u.a. seine von ihm geschiedene Ehefrau, verfügungsberechtigt sind und daher ggf. nicht ausschließlich der Kläger den streitigen Einkünftetatbestand verwirklicht hätte.
    d. Soweit der Beklagte dem Kläger für die Streitjahre 2002 bis 2007 steuerpflichtige Kapitalerträge aus einem nicht näher bekannten Luxemburger Depot zurechnet, beruht dies darauf, dass bei der Zollkontrolle am 16.03.2006 im Fahrzeug der Kläger ein Depotauszug per 31.12.2005 mit einem darin ausgewiesenen Gesamtkurswert von EUR 3.733.445,06 aufgefunden wurde.
    Zur Überzeugung des Senats (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) steht fest, dass dem Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen aus jenem – nicht näher bekannten – Luxemburger Depot zuzurechnen sind. Der Kläger war bei seiner Einreise aus Luxemburg am 16.03.2006 im Besitz eines entsprechenden Depotauszugs per 31.12.2005. Zwar können dem Auszug aufgrund des abgerissenen Kopfes des Papieres weder der Depotinhaber noch das ausstellende Kreditinstitut entnommen werden. Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Depotinhaberschaft des Klägers zweifelhaft wäre. Denn die Kläger haben – obwohl es ihnen tatsächlich möglich gewesen wäre – nichts Substantiiertes vorgetragen, was die Annahme eines anderen Lebenssachverhalts zumindest erwägenswert gemacht hätte und daher einer Zurechnung der aus dem Depot herrührenden Einkünfte entgegenstehen würde.
    Nach Auffassung des Senats erweisen bereits die Begleitumstände des Besitzes des Auszugs die Inhaberschaft des Klägers hinsichtlich des darin abgebildeten Depots. Der Kläger führte den Auszug in einem Koffer mit. Die Einlassung, der Depotauszug sei ihm als Schmierpapier in einer Tankstelle in Luxemburg überreicht worden, ist lebensfern und zudem nicht näher substantiiert. Für den Senat ist es nicht ansatzweise nachvollziehbar, aus welchem Beweggrund der „wahre“ Depotinhaber seinen Auszug einer Tankstelle als Schmierpapier zur Verfügung stellen sollte. Zudem ist nichts dafür ersichtlich, dass das vermeintliche „Schmierpapier“ tatsächlich dazu genutzt wurde, um hierauf die Kontaktdaten des Sohnes N1. T2. zu schreiben. Diese Behauptung der Kläger wurde durch die Aussage der Zeugen G. und Q2. widerlegt. Beide Zeugen, die die Kläger bei der Einreise aus Luxemburg am 16.03.2006 kontrolliert hatten, haben glaubhaft dargelegt, dass die aufgefundenen Unterlagen vor Ort mit einem mobilen Gerät kopiert und Notizen auf der Rückseite mitkopiert würden. Die Richtigkeit dieser übereinstimmenden Aussagen ergibt sich für den Senat zudem aus dem Umstand, dass die insoweit geschulten Zollbeamten einer auf der Rückseite notierten Telefonnummer bzw. einer Anschrift deshalb Relevanz beigemessen hätten, da der wirtschaftlich Berechtigte des fraglichen Depots aufgrund des manipulierten Auszugs nicht erkennbar war. Dies hat der Zeuge G. auch bestätigt. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zollbeamten im vorliegenden Fall versehentlich die Rückseite des Depotauszugs nicht mitkopiert hätten. Denn träfe es zu, dass sich – wie von den Klägern behauptet – auf der Rückseite Notizen befunden hätten, wäre dies im Hinblick auf den von beiden Zeugen übereinstimmend geschilderten und zudem allgemein üblichen Ablauf eines Kopiervorgangs augenfällig gewesen. Nach alledem hätte es den Klägern oblegen, ihre anderslautende Behauptung durch die Vorlage des mitgeführten Depotauszugs im Original zu belegen. Hierzu sahen sie sich auf die gerichtliche Nachfrage hin nicht in der Lage. Ihr Hinweis, das Original sei ihres Erachtens nach der Kontrolle beim Zoll verblieben, ist durch die Aussagen der vernommenen Zeugen widerlegt. Die Zeugin Q2. hat auch insoweit glaubhaft ausgeführt, dass die Originalunterlagen nur dann sichergestellt würden, wenn vor Ort sofort erkennbar sei, dass – anders als im Streitfall – die Voraussetzungen einer Geldwäschestraftat vorlägen. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht darüber hinaus, dass das Hauptzollamt T1. mit seinem Schreiben vom 28.03.2006 an das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung I1. lediglich Kopien des Vorgangs übersandten. Weitere als die in der strafprozessualen Ermittlungsakte enthaltenen Unterlagen über die Kontrolle vom 16.03.2006 befinden sich – so das Ergebnis der Nachfrage des Berichterstatters beim Hauptzollamt T1. vom 16./17.04.2012 – in den dortigen Akten nicht.
    Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der bzw. die Kläger Kontakt zu Luxemburger Kreditinstituten hatten. Bei der Kontrolle am 16.03.2006 fanden die Zollbediensteten bei der Klägerin eine VISA-Karte der Banque de Luxembourg auf. Die Erklärung, hierbei habe es sich um ein Hochzeitsgeschenk der Tante gehandelt, hält der Senat für nicht glaubhaft und zudem für zu unsubstantiiert, um ihr für Zwecke der vorliegend streitigen Frage weiter nachgehen zu müssen.
    Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die Kläger ihren Aufenthalt im März 2006 in Luxemburg dazu nutzten, um vor Ort Bankgeschäften nachzugehen. Hierfür spricht neben dem Besitz des vorliegend streitigen Depotauszuges per 31.12.2005 auch der Umstand, dass der Kläger in seinem Koffer einen Depotauszug per 10.10.2002 der C. Bank S.A.L. mit Sitz in Tripolis bei sich führte. Der Senat hält es für nicht glaubhaft, dass der Kläger den vorgenannten Auszug „schlicht in seiner Tasche vergessen“ haben will. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch der Bestand des dortigen Depots – in welchem konkreten Ausmaß auch immer – Gegenstand der damaligen Bankgeschäfte war. Der von den Klägern geschilderte – anders lautende – Zweck der Reise nach Luxemburg im März 2006 überzeugt den Senat nicht. Hierbei unterstellt der Senat zwar als wahr, dass die Kläger im Anschluss an ihren Aufenthalt in Luxemburg den seinerzeit in J1. wohnenden Sohn N1. T2. besuchten und anschließend nach Italien weiterreisten. Allerdings hält es der Senat insbesondere unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände für ausgeschlossen, dass der Aufenthalt der Kläger in Luxemburg touristisch geprägt war. Denn auch aus den Verbindungsübersichten des Mobilfunkanbieters W. wird ersichtlich, dass vom Anschluss des Klägers am 03.08.2007 – d.h. mehr als ein Jahr nach der Kontrolle – mehrere Gespräche aus Luxemburg in die Schweiz und nach Syrien geführt wurden. Ferner wurde am 06.08.2007 von der Schweiz nach Luxemburg telefoniert. Der Senat ist davon überzeugt, dass es der Kläger selbst war, der an den vorgenannten Tagen die genannten Telefonate aus bzw. nach Luxemburg geführt hat. Den Hintergrund der Telefonate haben die Kläger zum Teil gar nicht (Telefonate vom 03.08.2007) bzw. nicht näher substantiiert (Telefonat vom 06.08.2007) erläutert.
    Die steuerliche Zurechnung des nicht näher bekannten Luxemburger Depots wird zur Überzeugung des Senats auch durch den Umstand gestützt, dass es deutliche Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Anlagestrategie zu anderen – bekannten – Depots – aufweist. Das Luxemburger Depot beinhaltet im Wesentlichen Staatsanleihen, insbesondere der Republik Argentinien und weiterer sog. Schwellenländer (Philippinen, Brasilien, Indonesien, Libanon). Das bekannte, dem Kläger zweifelsfrei zuzurechnende Depot bei der Sparkasse J. (Depot-Nr. 000004) setzt sich ebenfalls aus Staatsanleihen der Republik Argentinien zusammen. Auch auf das Konto Nr. 0000003 bei der Deutschen Bank AG, das auf einen Herrn Dr. O. E. lautet und über das der Kläger neben anderen zumindest eine Verfügungsberechtigung inne hat, flossen im Jahr 2001 neben Erträgen aus Staatsanleihen der Russischen Föderation auch solche aus Staatsanleihen der Republik Argentinien.
    4. Die grundsätzliche steuerliche Zurechnung des nicht näher bekannten Luxemburg-Depots rechtfertigt zur Überzeugung des Senats allerdings nicht die zwingende Annahme, dass der Kläger in den Streitjahren 2002 bis 2007 durchweg Erträge aus jenem Depot erzielte. Ebenso wenig kann aus der Existenz des Depotauszugs per 31.12.2005 sicher geschlussfolgert werden, dass der Kläger bereits in Vorjahren über einen Kapitalstamm in vergleichbarer Höhe verfügte.
    Für die Streitjahre 2002 bis 2007 schätzte der Beklagte die Einnahmen aus Kapitalvermögen auf Grundlage des aufgefundenen Depotauszugs mit jährlich EUR 100.000. Für die Jahre 2005 bis 2007 hält diese Schätzung einer rechtlichen Überprüfung Stand, nicht aber für die Jahre 2002 bis 2004.
    a. Ziel der Schätzung ist es, in einem Akt des Schlussfolgerns aus Anhaltspunkten diejenigen Tatsachen zu ermitteln, die die größtmögliche Wahrscheinlichkeit für sich haben (vgl. Rüsken in Klein, AO, 11. Aufl., § 162 Rdnr. 36). Das Schätzungsergebnis soll dem wahren Sachverhalt möglichst nahe kommen (BFH-Urteil vom 11.03.1999 V R 78/98, DStR 1999, 848). Die gewonnenen Schätzungsergebnisse müssen schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (BFH-Beschluss vom 13.10.2003 IV B 85/02, BStBl II 2004, 25). Schätzungsunschärfen gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen, der die Schätzung veranlasst hat.
    b. Der Senat hält es unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Erkenntnisse und Beweismittel nicht für größtmöglich wahrscheinlich, dass der Kläger in den Jahren 2002 bis 2004 Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von jährlich EUR 100.000 erzielte. Soweit sich das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung I1. und der Beklagte auch für die vorgenannten Jahre an dem aufgefundenen Depotauszug per 31.12.2005 orientieren, spricht hiergegen zum einen, dass die darin ausgewiesenen Staatsanleihen der Republik Argentinien während jener Zeit keine Erträge abgeworfen haben dürften. Die Republik Argentinien erklärte Ende des Jahres 2001 ihre Zahlungsunfähigkeit. Es ist gerichtsbekannt, dass der Staat in der Folgezeit zunächst weder fällige Staatsanleihen zurückzahlte noch die Zinsansprüche der Gläubiger bediente. Ersichtlich wird dies auch anhand der Auszüge und Erträgnisaufstellungen für das Depot Nr. 000006 des Klägers bei der Sparkasse J.. Für die seinerzeit darin befindlichen Staatsanleihen der Republik Argentinien wurden in den Jahren 2002 bis 2004 keine Erträge gezahlt. Erstmals im Jahr 2005 erfolgten wieder Zinszahlungen.
    Die für die Jahre 2002 bis 2004 geschätzten Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von jährlich EUR 100.000 können zur Überzeugung des Senats auch nicht aus den übrigen im Depotauszug per 31.12.2005 ausgewiesenen Staats- und Unternehmensanleihen erzielt worden sein. Denn wie sich aus den Angaben im Depotauszug selbst ergibt, wurden die Anleihen jeweils erst im Jahr 2005 gezeichnet. Die Staatsanleihe der Philippinen (DL-Bonds; Nominalwert USD 500.000; Wertpapierkennnummer [WKN] xxxxxx) wurde am 02.02.2005 (www.ariva.de), die Staatsanleihe Brasiliens (DL-Bonds; Nominalwert USD 500.000; WKN xxxxxx) wurde am 04.02.2005 (www.ariva.de), die Unternehmensanleihe der UBS Bank Luxembourg (Nominalwert USD 500.000; WKN xxxxxx) wurde am 31.12.2005, die Staatsanleihe Indonesiens (DL-Bonds; Nominalwert USD 500.000; WKN xxxxxx) wurde am 12.10.2005 (www.wertpapiere.ing-diba.de), die Staatsanleihe des Libanons (DL-Med.-Term NTS; Nominalwert USD 500.000; WKN xxxxxx) wurde am 18.10.2005 (www.ariva.de) und die Unternehmensanleihe der Banco xxxxxxxxxxo S.A. (DL-MTN; Nominalwert USD 250.000; WKN xxxxxx) wurde am 16.11.2005 emittiert.
    Für den Senat bestehen auch keine durchgreifenden und sicheren Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bereits vor dem Jahr der Emission der vorgenannten Anleihen über einen Kapitalstamm verfügte, der es zulassen würde, Kapitalerträge in der von der Finanzverwaltung geschätzten Höhe anzunehmen. Zwar ist dies nicht völlig fernliegend. Allerdings ist es ebenso wenig ausgeschlossen, dass der Kläger erst im Jahr 2005 eine Kapitalzufuhr (z.B. durch eine Erbschaft oder Auslandsimmobilienverkäufe) erhielt, die es ihm ermöglichte, Anleihen zum Gesamtkurswert von fast EUR 4.000.000 zu erwerben. Diese Unsicherheit geht zu Lasten des Beklagten, so dass die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 bis 2004 mangels nachweisbaren Einkommens über dem jeweiligen Existenzminimum keinen Bestand haben und daher aufzuheben sind.
    c. Für das Streitjahr 2005 geht der Senat bei Zugrundelegung größtmöglicher Wahrscheinlichkeitserwägungen davon aus, dass der Kläger steuerpflichtige Kapitaleinkünfte erzielte, die mindestens den vom Beklagten geschätzten Betrag von EUR 100.000 erreichen. Zum einen erzielte der Kläger ausweislich der Erträgnisaufstellung der Sparkasse J. für das Depot Nr. 000004 aus drei argentinischen Staatsanleihen Kapitalerträge in Höhe von insgesamt EUR 3.483,31. Ferner konnte er im Jahr 2005 aus dem ihm zuzurechnenden – nicht näher bekannten – Luxemburger Depot im Schätzungswege folgende Erträge erzielen:
    Nr. Wertpapier Nom.wert in EUR*1 Zinssatz Laufzeit Zinsen 2005
    1. Rep. Argentinien (DL-Bonds) xxxxxx USD 1.232.900 EUR 994.274 1,33% 2005*4 EUR 6.612
    2. Rep. Argentinien (EO-Bonds) xxxxxx USD 520.878 EUR 420.062 1,20% 2005*4 EUR 2.520
    3. Rep. Argentinien (DL-FLR Bonds) xxxxxx USD 1.232.900 EUR 994.274 0,62%*2 2005*4 EUR 3.082
    4. Rep. Argentinien (DL-FLR Bonds) xxxxxx --- EUR 520.878 1,00%*3 2005*4 EUR 2.604
    5. Philippinen (DL-Bonds) xxxxxx USD 500.000 EUR 403.225 9,50% 02.02.2005 EUR 31.922 (10/12 Monate)
    6. Brasilien (DL-Bonds) xxxxxx USD 500.000 EUR 403.225 8,75% 04.02.2005 EUR 29.401 (10/12 Monate)
    7. UBS-Bank Lux. (DL-NTS.) A0DYG0 USD 500.000 EUR 403.225 8,00% 31.12.2005 ---
    8. Indonesien (DL-Bonds) xxxxxx USD 500.000 EUR 403.225 8,50% 12.10.2005 EUR 8.568 (3/12 Monate)
    9. Libanon (DL-Med.-Term NTS) xxxxxx USD 500.000 EUR 403.225 8,50% 18.10.2005 EUR 8.568 (3/12 Monate)
    10. Banco xxxxxxxxxxx (DL-MTN) xxxxxx USD 250.000 EUR 201.612 9,75% 16.11.2005 EUR 3.276 (2/12 Monate)
    Summe I EUR 96.553
    zuzüglich Kapitalerträge Depot Sparkasse J. (s.o.) EUR 3.483
    Summe II EUR 100.036
    *1 Wechselkurs EUR/USD (Jahresmittel 2005) = 1,24
    *2 (www.ariva.de)
    *3 Schätzwert
    *4 Anschaffung des Papiers im Schätzungswege Mitte des Jahres 2005
    Zu Gunsten des Klägers hat der Senat bei seiner Schätzung zum einen unberücksichtigt gelassen, dass er ausweislich des nicht näher bekannten Depotauszugs per 31.12.2005 über Aktien des N3.-Konzerns und der S1. Holdings Inc. zu einem Gesamtkurs von EUR 50.892,91 verfügte, die im Jahr 2005 zu steuerpflichtigen Dividendenausschüttungen geführt haben dürften. Zum anderen ist dem vorgenannten Depotauszug auf Seite 2 (oben) zu entnehmen, dass der Kläger Inhaber einer weiteren, allerdings nicht lesbaren Staatsanleihe zum Nominalwert von USD 700.000 war, die im Jahr 2005 ebenfalls zu steuerpflichtigen Zinserträgen geführt haben dürfte. Auch dies blieb bei der Schätzung unberücksichtigt.
    d. Für die Streitjahre 2006 und 2007 geht der Senat bei Zugrundelegung größtmöglicher Wahrscheinlichkeitserwägungen davon aus, dass der Kläger aus dem nicht näher bekannten Luxemburger Depot steuerpflichtige Kapitalerträge erzielte, die den vom Beklagten geschätzten Betrag von jährlich EUR 100.000 jeweils deutlich überstiegen. Sämtliche Staats- und Unternehmensanleihen waren weit über die Jahre 2006/2007 gezeichnet, so dass von einem langfristigen Zinszufluss auszugehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass in den vorgenannten Jahren die jeweiligen Zinsansprüche nicht bedient wurden oder der Kläger vor Ende der jeweiligen Lauffristen die Anleihen veräußert haben könnte, liegen nicht vor.
    5. Der Beklagte hat die Festsetzungsfrist gewahrt. Für die Streitjahre 2005 bis 2007 lief zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Einkommensteuerbescheide am 21.11.2008 die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Satz 1 AO).
    Für das Jahr 2001 war zwar zum Zeitpunkt des Beginns der strafrechtlichen Ermittlungen im Januar 2007 (Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO) die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen. Allerdings erklärte der Kläger – dies ist unstreitig – im Jahr 2001 seine Kapitaleinkünfte aus dem bei der Sparkasse J. geführten Depot in erheblichem Umfang nicht vollständig, so dass zumindest eine leichtfertige Steuerverkürzung i.S. von § 378 AO vorlag. Dies hat zur Folge, dass die Festsetzungsfrist in jedem Fall fünf Jahre (bis 31.12.2007) lief (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO) und durch den Beginn der steuerstrafrechtlichen Ermittlungsmaßnahmen gegen den Kläger vor Ende dieser Frist der Hemmungstatbestand des § 171 Abs. 5 AO griff.
    6. Die Kosten des Verfahrens waren den Kläger und dem Beklagten nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen aufzuerlegen (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Eine abweichende Kostenverteilung zu Lasten der Kläger nach § 137 Satz 1 FGO im Hinblick auf deren geringe Bereitschaft, den streitrelevanten Sachverhalt aufzuklären, war nicht angezeigt. Denn der zumindest teilweise Klageerfolg beruhte ausschließlich darauf, dass den Klägern unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Beweismittel aus Rechtsgründen für die Jahre 2001 bis 2004 nicht die vom Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung geschätzten Einnahmen aus Kapitalvermögen zugerechnet werden konnten.
    7. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
    8. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer für das Jahr 2001 wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
    9. Revisionszulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor. Der Senat folgt mit seiner Entscheidung allgemeinen, höchstrichterlich geklärten Rechtsgrundsätzen.

    RechtsgebietFinanz- und Abgaberecht

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