31.05.2013
Finanzgericht München: Beschluss vom 18.01.2013 – 3 V 3225/12
1. Eine sog. Escort-Agentur, die über eine Internetseite gegen Entgelt die Begleitung und die Erbringung sexueller Dienstleistungen
durch Damen ermöglicht, welche sich ausschließlich gegenüber ihr und nicht gegenüber den Kunden zur Leistungserbringung verpflichten,
ist als leistende Unternehmerin anzusehen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass bei vereinbarter Barzahlung die Damen das
Entgelt entgegennehmen.
2. Die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage umfasst das gesamte von den Kunden für die Inanspruchnahme der Frauen aufgewandte
Entgelt und nicht nur die von der Escort-Agentur einbehaltenen Beträge.
Beschluss
In der Streitsache
hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch den Richter am Finanzgericht … als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung
am 18. Januar 2013 beschlossen:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt mit dem vorliegenden Antrag die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Festsetzung
der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 20xx sowie der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für April, Mai und Juni 20xx,
welche der Antragsgegner (das Finanzamt …; im Folgenden: FA) auf Grund von Feststellungen und Kontrollmaterial der Steuerfahndung
geändert hatte.
Die Antragstellerin betreibt nach ihrem eigenen Vorbringen in A eine Agentur zur Vermittlung von Begleitdamen (Escort Agentur),
die es zahlenden Kunden ermöglicht, die Begleitung von Frauen einschließlich sexueller Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Zur Verwirklichung dieses Geschäftszwecks betreibt die Antragstellerin unter ihrem Firmennamen die Internetseite „http://www.xxxx-escorts.de/”,
unter der die sogenannten Escort Ladies „gebucht” werden können, darüber hinaus können hier ausführliche Informationen über
die einzelnen Damen und die Geschäftsbedingungen sowie die Preise der Leistungen abgerufen werden.
Streitig ist zwischen dem FA und der Antragstellerin, ob die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze den gesamten
von den Kunden zu zahlenden Betrag für die Inanspruchnahme der Frauen umfasst, oder ob die Bemessungsgrundlage nur die von
der Antragstellerin einbehaltenen Beträge von circa 30 Prozent der Gesamteinnahmen zum Inhalt hat.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und zum Vorbringen der Beteiligten auf die Schriftsätze der
Antragstellerin vom … verwiesen.
Die Antragstellerin beantragt (sinngemäß),
die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Quartal 20xx vom 6. September 2012 und die Bescheide
über Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für April, Mai und Juni 20xx jeweils vom 5. Dezember 2012 von der Vollziehung auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Mit Beschluss vom 7. Januar 2013 sind die Verfahren 3 V 3225/12 (UmsatzsteuerVorauszahlung 1. Quartal 20xx) und 3 V 3563/12
(Umsatzsteuer-Voranmeldungen April, Mai, Juni 20xx) miteinander verbunden und unter dem Aktenzeichen 3 V 3225/12 fortgeführt
worden.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2013 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter
Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit
der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen vom 6. September 2012 und vom 5. Dezember 2012 (vgl. Bundesfinanzhof
(BFH)-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
a) Zulässigkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der UmsatzsteuerVoranmeldungen April, Mai und Juni
20xx
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bei summarischer Würdigung des Sachverhalts hinsichtlich der Bescheide über
die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für April, Mai und Juni 20xx (jeweils vom 5. Dezember 2012) als zulässig zu erachten.
Im Streitfall teilte der steuerliche Vertreter der Antragstellerin dem FA mit Schreiben vom 27. November 2012 mit, dass er
die Bescheide über die Umsatzsteuer-Voranmeldungen für April, Mai und Juni 20xx – jeweils vom 2. Oktober 2012 – nicht erhalten
habe; er habe von den bestehenden Steuerforderungen nur durch eine Vollstreckungsankündigung Kenntnis erlangt; er legte zugleich
„vorsorglich gegen diese Bescheide Einspruch ein”. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte er diesen Sachverhalt auch dem Gericht mit und beantragte,
„diese Voranmeldungen in das laufende Verfahren (3 V 3225/12)
mit einzubeziehen”.
Grundsätzlich besteht eine Einspruchsmöglichkeit auch dann, wenn zweifelhaft ist, ob ein Verwaltungsakt wirksam bekannt gegeben
worden ist oder ob mangels einer Bekanntgabe ein Nicht-Verwaltungsakt vorliegt (Seer in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und
FGO, § 347 AO Rz. 16); davon ist hier bei summarischer Würdigung auszugehen. Die im Streitfall nachfolgend mit Datum vom 5.
Dezember 2012 erlassenen Bescheide über die UmsatzsteuerVoranmeldungen für April, Mai und Juni 20xx sind dann gemäß § 365
Abs. 3 S. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
b) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ist aber bei summarischer Würdigung unbegründet.
aa) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) unterliegen die Lieferungen
und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Wer Leistender im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist, ergibt sich im Allgemeinen aus den dem Leistungsaustausch zugrunde liegenden
schuldrechtlichen Beziehungen (BFH-Urteil vom 28. Januar 1999 V R 4/98, BStBl II 1999, 628). Leistender ist demnach regelmäßig
der zivilrechtlich zur Leistung Verpflichtete (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361).
Fehlen allerdings zivilrechtliche Verpflichtungen, ist für die Bestimmung des leistenden Unternehmers auf das Außenverhältnis,
also darauf abzustellen, wer für den Leistungsempfänger – vorliegend den Kunden des Escort Service – erkennbar als Unternehmer
aufgetreten ist. Deshalb sind zum Beispiel die Umsätze eines Bordellbetriebes demjenigen zuzurechnen, der sie im eigenen Namen
an die Leistungsempfänger erbringt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 V R 11/91, BFH/NV 1991,
844; BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1997 V B 83/96, BFH/NV 1997, 766, vom 31. März 2006 V B 181/05, BFH/NV 2006, 2138 und vom
29. Januar 2008 V B 201/06, BFH/NV 2008, 827).
bb) Bei summarischer Würdigung des Sachverhalts und der präsenten Beweismittel bleibt der Antrag schon deshalb ohne Erfolg,
weil
die schuldrechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Kunden nur mit der Antragstellerin begründet worden sind; ausschließlich sie ist zivilrechtlich zur Erbringung
der versprochenen Leistungen verpflichtet.
aaa) Da das Umsatzsteuerrecht bei der Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen grundsätzlich dem Zivilrecht
folgt (BFH-Urteile vom 16. März 2000 V R 44/99, BStBl II 2000, 361 und vom 15. Mai 2012 XI R 16/10, BFH/NV 2012, 2094), sind
auch im Streitfall die entsprechenden vertraglichen Verpflichtungen für die Feststellung von Art und Umfang der erbrachten
Leistungen maßgeblich. Vorliegend bestehen aber nur zwischen den Kunden und der Antragstellerin derartige Verpflichtungen,
dies ist bereits aus der Ausgestaltung ihrer Geschäftstätigkeit erkennbar, die im Wesentlichen über eine Internetseite betrieben
wird. So findet sich auf der Homepage der Antragstellerin (
http://www.xxxx-escorts.de/) wörtlich folgende einleitende Beschreibung ihrer Tätigkeit:
Escort Service von xxxx Escorts, Ihre Begleitagentur und Begleitservice der ExtraklasseMit viel Stil und Charisma bietet Ihnen xxxx Escorts einen exklusiven, eleganten und niveauvollen Begleitservice an – garantiert für jeden Anlass! Unseren Escort Service mit Sitz in A können Sie nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit in Anspruch nehmen:A, Zürich, Düsseldorf, Frankfurt, Wien, Stuttgart, Hamburg, Salzburg, Leipzig, Berlin, Köln …. Unser Escort Service bietet Ihnen eine erlesene und äußerst vielfältige Auswahl an bezaubernden und aufgeschlossenen Damen an, die Ihren Ansprüchen mehr als gerecht werden. Lassen Sie sich von unseren Damen stilvoll begleiten – egal wohin. Ob für einige Stunden, ein paar Tage oder sogar Wochen – Ihre Begleitung wird bei jedem Anlass und an jedem Ort mit Niveau und Klasse an Ihrer Seite stehen …Um Ihnen die Entscheidung bei der Wahl der für Sie optimalen Begleitung zu erleichtern, besitzt jede Escort Dame unserer Begleitagentur ein persönliches Portfolio mit ausführlichen Informationen. Stöbern Sie herum und holen Sie sich zahlreiche Anregungen für die Gestaltung Ihres perfekten Dates! Sie können dabei Ihre persönliche Wahl ganz nach Ihren Präferenzen und Vorlieben treffen. In den Portfolios finden Sie zudem die Honorar- und Buchungsinformationen und gelangen von dort zur leicht zu bedienenden Buchungsmöglichkeit unserer Begleitagentur. Lassen Sie sich bei Ihrer Wahl von den … vielfältigen Eigenschaften unserer EscortDamen inspirieren!…(Unterstreichungen durch Berichterstatter) |
Aus diesem Angebot der Antragstellerin ergibt sich eindeutig, dass der Kunde nur vertragliche Verpflichtungen mit der Antragstellerin
eingehen kann.
Auch die weiteren Geschäftsbeziehungen werden dann im Einzelnen entsprechend dieser Vertragsbeziehungen abgewickelt:
Zunächst können die Kunden unter der Internetseite „
http://www.xxxx-escorts.de/” die Escort Ladies „buchen”, darüber hinaus können hier ausführliche Informationen über die einzelnen Damen und die Geschäftsbedingungen
sowie die Preise der Leistungen abgerufen werden; dabei ist der Zugang zu diesen Seiten frei, nur für die so bezeichnete „Lounge”
bedarf es einer Zugangsberechtigung. Bereits auf den frei zugänglichen Internetseiten erteilt die Antragstellerin detaillierte
(und intime) Informationen über die einzelnen Damen (u.a. Alter, Körpermaße, Hobbies, Beruf und sexuelle Vorlieben) nebst
Bildern in verschiedenen Posen und Bekleidungen. Hier existiert auch ein Suchfenster, in welches der Kunde die Attribute seiner
eigenen Vorlieben einer „Begleiterin” eingeben kann, wie Alter, Größe, Haarfarbe etc. Darüber hinaus können die Kunden auch
weitere individuelle (sexuelle) Wünsche an die Antragstellerin herantragen, dazu findet sich unter der Rubrik „Erotik erotische
Phantasien” Folgendes:
Lassen Sie also Ihre Fantasien und Träume Wirklichkeit werden!Wie immer diese auch aussehen mögen – vertrauen Sie mir diese an und die reizenden Escort Damen unserer Begleitagentur werden Ihre Wünsche begeistert erfüllen und Ihnen hingebungsvolle Gespielinnen sein! Ich freue mich auf Sie!Ihre B |
Aus dieser Tätigkeitsbeschreibung der Antragstellerin ist bei summarischer Würdigung zu schließen, dass ihre Leistungen gegenüber
den Kunden darin bestehen, gegen Entgelt die Begleitung und die Erbringung sexueller Dienstleistungen durch solche attraktiven
und kultivierten Damen zu erbringen, die sich wiederum ihr gegenüber zur Erbringung dieser Leistungen verpflichtet haben.
bbb) Das Fehlen von (selbständigen) zivilrechtlichen Beziehungen zwischen den Escort Damen und den Kunden und die vollständige
vertragliche Abwicklung des Services durch die Antragstellerin ergibt sich auch aus der tatsächlichen Durchführung der Geschäfte.
So stellen nach Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin die konkreten „Anfragen” nach einzelnen Damen
noch keine verbindlichen Buchungen dar. Erst wenn sich die Antragstellerin und der Kunde über die wesentlichen Vertragsbestandteile
– wie Dauer, Art und Weise der Dienstleistung – geeinigt haben, kommt eine verbindliche Buchung bei der Antragstellerin zustande.
Zuvor prüft die Antragstellerin, ob die vom Kunden ausgewählte Dame den Auftrag annehmen kann und will. Ein unmittelbarer
Kontakt zwischen dem Kunden und dieser Escort-Lady besteht nicht.
Über die Kontaktaufnahme über das Internet hinaus bietet die Antragstellerin unter der Rubrik „Kontakt” auch die Möglichkeit
der telefonischen Kontaktaufnahme mit ihrem Unternehmen, die wie folgt besteht:
Sie erreichen mich oder meine Assistentin telefonisch innerhalb folgender Bürozeiten: | |
Montag-Freitag | 10-21 Uhr |
Samstag | 12-18 Uhr |
Sonntag | 12-18 Uhr |
an Feiertagen | 12-18 Uhr |
TELEFON | |
INTERNATIONAL | |
mailto:info@xxxx-escorts.de |
ccc) Die unmittelbare und ausschließliche Leistungsbeziehung zwischen der Antragstellerin und ihren Kunden ist auch daraus
zu ersehen, dass diese die Preise für die Dienstleistungen der Escort Ladies detailliert vorgibt:
HONORAR* | |
2 Std. Dinner Date | 210,– |
2 Std. Private Time | 390,– |
3 Std. Private Time | 490,– |
4 Std. | 590,– |
5 Std. | 710,– |
6 Std. | 770,– |
8 Std | 830,– |
12 Std. | 930,– |
24 Std. | 1400,– |
48 Std. | 2300,– |
48 Std. Weekend | 2000,– |
72 Std. | 2850,– |
1 Woche | 5350,– |
Einige Damen haben sogenannte „Premiumpreise”, diese liegen zwar deutlich über den vorgenannten Preisen, sie sind aber gleichfalls
von der Antragstellerin vorgegeben und finden sich in den persönlichen Angaben zu diesen Damen. Darüber hinaus schreibt die
Antragstellerin die Übernahme der Fahrtkosten durch die Kunden vor und sie gewährt bestimmte Preisnachlässe:
Verehrter Gast,nachfolgend finden Sie die allgemeinen Angaben für die Aufwendungsvergütungen für die Buchung Ihrer Escort Lady aufgeführt.…Die Honorare sind bis auf wenige Ausnahmen für alle Escort Damen von xxxx Escorts gleich. Sie können sicher mindestens 30 Tage vorher einen Termin mit einer unserer bezaubernden Damen fest vereinbaren? Dann sparen Sie 5% des Honorars auf diese Buchung! Voraussetzung für die Reservierung der gewünschten Dame ist eine Vorauszahlung in Höhe von 30% des vereinbarten Gesamtbetrags, die Sie per Überweisung oder Kreditkartenzahlung vornehmen können. Der Anzahlungsbetrag muss binnen 5 Tage nach Buchungsbestätigung überwiesen werden. Bei Stornierung oder Verschiebung des Termins auf ein anderes Datum entfällt der 5% Bonus. Der angezahlte Betrag wird Ihnen mit der nächsten Buchung gutgeschrieben. Bei Buchungen am Samstag/Sonntag zwischen 12 und 18 Uhr für den selbigen Tag, gewähren wir Ihnen einen Preisnachlass von 10 % auf das Honorar verfügbarer Damen. Um eine rechtzeitige Anfrage wird gebeten. |
ddd) Auch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragstellerin ergibt sich, dass die Kunden nach dem Eingehen einer
verbindlichen Buchung ausschließlich zur Antragstellerin vertragliche Beziehungen unterhalten. So bestätigt die Antragstellerin
die Buchung; Umbuchungen sind nur ihr gegenüber möglich; Anzahlungen sind auf ihr Geschäftskonto zu leisten und Kreditkartenabbuchungen
erfolgen in ihrem Namen.
Dass die jeweils tätige Escort Lady nicht Vertragspartner des Kunden geworden ist, ergibt sich daraus, dass zwischen diesen
Parteien keine Vereinbarungen geschlossen wurden, der Kunde kannte nicht einmal deren (wirklichen) Namen und Identität, weil
die Damen nur unter ihrem „Künstlernamen” auftraten; umgekehrt erfährt die Escort Lady (ausschließlich) den Namen des Kunden
erst bei erfolgreicher Buchung, über alle weiteren Identifikationsmerkmale verfügt nur die Antragstellerin.
Die Escort Lady erfüllte demnach vorliegend ausschließlich ihre vertragliche Verpflichtung gegenüber der Antragstellerin laut
den jeweiligen Agentur Verträgen. Daran ändert sich nichts dadurch, dass diese Damen bei der vereinbarten Barzahlung diese
Zahlungen entgegennahmen; dies stellt nur einen besonderen Zahlungsweg dar (vgl. in Tz. 1 b.ee), der im Übrigen durch die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vertragsbestandteil wurde (…
Die Zahlung erfolgt, soweit nicht anderweitig vertraglich vereinbart, in bar durch Übergabe eines unverschlossenen Briefumschlags
durch den Kunden an die Escort Dame zu Beginn der Verabredung …
).
cc) Der Antrag bleibt darüber hinausgehend auch deshalb ohne Erfolg, weil die Antragstellerin bei summarischer Würdigung
erkennbar als Unternehmerin nach außen hin aufgetreten ist, so dass sie auch aus diesem Gesichtspunkt heraus als leistende Unternehmerin anzusehen ist (BFH-Beschluss vom 29. Januar
2008 V B 201/06, BFH/NV 2008, 827).
aaa) Obwohl die Antragstellerin hier keinen (klassischen) Bordellbetrieb betreibt, so sind ihre Leistungen nach Überzeugung
des Gerichts damit jedenfalls insoweit vergleichbar, als dass es den Kunden im Ergebnis ermöglicht wird, mit den Escort Ladies
gegen Entgelt Geschlechtsverkehr zu betreiben.
Die dahingehende Vergleichbarkeit mit einem Bordell ist bereits aus den vorgenannten Beschreibungen und aus dem Inhalt der
Internetseite der Antragstellerin zu ersehen, denn letztlich wird den Kunden die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen
ermöglicht. Selbst wenn es im Einzelfall nicht immer tatsächlich zu sexuellen Handlungen kommt, so ist dies auch in einem
klassischen Bordell nicht zwingend notwendig, solange nur das vereinbarte Entgelt entrichtet wird. Die Tätigkeit der Antragstellerin
unterscheidet sich vor allem darin von den klassischen Bordellen, dass sie eine gehobene (teure) und diskrete Form der Prostitution
ermöglicht, deren Ausführung nicht an die Räumlichkeiten eines Bordells gebunden ist.
bbb) Ausgehend von denen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Zurechnung der Umsätze bei Bordellbetrieben (BFH-Beschluss
vom 29. Januar 2008 V B 201/06, BFH/NV 2008, 827 m.w.N.) entwickelten Grundsätzen sind bei summarischer Würdigung auch die
von den Begleitdamen (Escort Ladies) erbrachten Dienstleistungen der Antragstellerin zuzurechnen. Denn aus der Sicht der Leistungsempfänger
(der Kunden oder Freier) hat die Antragstellerin unter dem Namen „xxxx Escorts” die Verschaffung von Geschlechtsverkehr mit
Hilfe von Escorts Ladies ausgeführt; dabei haben diese Damen vor allem auch Prostitutionsleistungen erbracht.
Für eine Erbringung dieser Leistungen im Namen des Betriebes der Antragstellerin spricht zunächst, dass der Kunde (Leistungsempfänger)
aus seiner Sicht das Angebot der xxxx Escorts einschließlich des Angebots sexueller Dienstleistungen als eine Gesamtleistung
der Antragstellerin wahrnehmen musste, auch wenn einzelne Leistungen durch den persönlichen Einsatz der Damen erbracht worden
sind. Diese „Aufgabenteilung” ist aber Inhalt vieler unternehmerischer Tätigkeiten, wie zum Beispiel bei einem Friseur; dies
führt aber grundsätzlich nicht zur Annahme eigener Leistungsbeziehungen.
Der zentrale Inhalt der Leistungen der Antragstellerin besteht darin, dass sie ein den gehobenen Ansprüchen der potentiellen
Kunden gerecht werdendes Angebot an Escort Ladies zur Verfügung stellt, die neben einem ansprechenden äußeren Erscheinungsbild
auch über gesellschaftliche Erfahrungen verfügen müssen. Die Antragstellerin selber beschreibt das Anforderungsprofil der
Escort Damen (unter der Rubrik Mitarbeit) wie Folgt:
xxxx Escorts – Escort Service mit Sitz in A steht einem anspruchsvollen und exklusiven Kundenkreis vor allem in West-Europa mit seinem umfangreichen Service zur Seite. Unsere Begleitagentur bietet eleganten, attraktiven und aufgeschlossenen Damen mit Charisma die Möglichkeit – bei flexibler Zeiteinteilung – für Begleitungen aller Art wie z.B. Abendbegleitungen und auch Reisebegleitungen tätig zu sein. Dabei legt unser Begleitservice sehr viel Wert auf eine vertrauensvolle, seriöse und professionelle Arbeitsweise. Dies – wie unser Ziel und Anspruch in jedem Bereich beste Performance zu bieten – können wir nur mit einer außergewöhnlichen Crew schaffen, deren gemeinsames Ziel die beste Leistung für die Gäste unserer Begleitagentur aus Spaß an der Aufgabe sein soll und muss. Der gemeinsame Gedanke bringt es mit sich, dass wir in einem Team mit hervorragendem Arbeitsklima arbeiten, in dem auch jederzeit die persönlichen Bedürfnisse und Lebensumstände Berücksichtigung finden. Unsere Escort Agentur verlangt keine Aufnahmegebühren von Ihnen! Falls Sie sich entschlossen haben, für unseren Escort Service tätig zu werden, wird jede seriöse Anfrage an Sie weitergeleitet. Diese können Sie selbstverständlich ablehnen. Sie unterliegen in keiner Form einer Weisung durch uns. |
Im Streitfall bedurfte die Antragstellerin zur Kontaktanbahnung zwischen Freier und Escort Lady keiner speziellen Räume (Kontaktraum,
Bar), sie hat dies vielmehr durch die Einrichtung und Betreuung ihrer Internetseite sowie zusätzlich durch die telefonische
Erreichbarkeit einer Mitarbeiterin bewerkstelligt. Das Zusammentreffen selber wurde von ihr telefonisch (oder per SMS) zwischen
dem Kunden und der Escort Lady in der Weise vorbereitet, dass sie einen Treffpunkt zu einem konkreten Zeitpunkt vereinbarte;
eventuelle Änderungen konnten nur über sie vorgenommen werden. Auch mussten sich die Escort Ladies jeweils am Beginn und am
Ende ihres „Treffens” bei der Antragstellerin melden, eventuelle Verlängerungen waren der Antragstellerin umgehend durch die
Escort Lady mitzuteilen.
dd) Eine Aufteilung etwa dergestalt, dass sich die Leistung der Antragstellerin auf die Ermöglichung der Kontaktanbahnung
beschränkt hätte, während die Escort Ladys die Gelegenheit zum Geschlechtsverkehr als eigene Leistung angeboten hätten, lag
aus Sicht der Freier ebenfalls nicht vor. Denn die Kunden haben die (vorgegebenen) Preise für sexuelle Dienstleistungen als
Gesamtpreise der Antragstellerin verstehen müssen. Dies ergibt sich daraus, dass diese Preise je nach Zeitdauer und Art der
erbrachten Dienstleistung unabhängig von der ausführenden Escort Lady (mit Ausnahme der Premium Ladies) einheitlich gewesen
sind, so dass der Kunde von einer Preisgestaltung der Antragstellerin, nicht aber einzelner Escort Ladies ausgehen musste.
Insbesondere haben die Kunden auch deswegen keinen Leistungsbezug von verschiedenen Anbietern erkennen können, weil sie nicht
wussten, wie sich die verlangten Preise zusammensetzten.
ee) Allein aus der Tatsache, dass bei Barzahlung das Entgelt direkt an die Escort Ladies geflossen ist, haben die Kunden in
Anbetracht der oben geschilderten Gesamtumstände nicht den Schluss ziehen können, dass die Leistungsbeziehung nicht zu dem
Unternehmen der Antragstellerin, sondern zu den einzelnen Damen bestand.
ff) Die Einwendungen der Antragstellerin führen bei summerischer Beurteilung zu keiner anderen Beurteilung.
Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die von der Antragstellerin erbrachten Leistungen der Escort Agentur ist das Entgelt,
das die Kunden aufgewendet haben (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dazu zählt auch der für die Escort Lady vorgesehene Teil des Entgelts,
weil, wie oben ausgeführt, auch diese Leistungen im Namen des Unternehmens der Antragstellerin den Kunden gegenüber erbracht
worden sind, unabhängig davon, ob dieser unmittelbar von den Escort Ladies oder von einer (anderen) Zahlstelle des Unternehmens
kassiert wurde.
Daher können die den Escort Ladies zustehenden Anteile der Zahlungen der Kunden auch nicht als durchlaufender Posten im Sinne
von § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG beurteilt werden.
Nach dieser Vorschrift gehören (nur) die Beträge nicht zum Entgelt, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen
vereinnahmt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.