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  • 01.02.2012 · IWW-Abrufnummer 121780

    Finanzgericht Köln: Urteil vom 20.10.2011 – 15 K 3692/08

    1) Die Drohung der Steuerfahndung, noch nicht verfolgte Ermittlungsansätze weiter zu verfolgen, ist nicht rechtswidrig.

    2) Eine durch eine solche Drohung erwirkte tatsächliche Verständigung ist daher gemäß § 123 Abs. 1 BGB auch nicht anfechtbar.

    3) Das FG kann sich in tatsächlicher Hinsicht Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils zu eigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt haben, die das FG nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätze nicht unbeachtet lassen darf.


    Im Namen des Volkes
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat der 15. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 20.10.2011 für Recht erkannt:
    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Beklagten, aufgrund einer tatsächlichen Verständigung vom 26.4.2006 zuungunsten der Kläger geänderte Festsetzungen von Einkommensteuer bzw. Feststellungen von verbleibenden Verlustabzügen durchgeführt zu haben.
    Die Kläger sind verheiratet und werden in allen Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt, zunächst beim FA C, später beim Beklagten. Der Kläger ist zum einen beteiligt an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts der Rechtsanwälte A1, A & Partner, deren Einkünfte durch das Finanzamt D gesondert und einheitlich festgestellt werden, zum anderen an der Grundstücksgemeinschaft E & A.
    Für die Kläger sind durchweg in allen Streitjahren nach den jeweiligen Erstbescheiden diverse Änderungsbescheide ergangen, die zumeist auf Auswertungen von Feststellungsbescheiden über die o. g. Beteiligungen beruhen.
    Am …2003 wurde durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung F –Steufa – gegen den Kläger wegen des Verdachts der Einkommensteuer-Verkürzung 1997 und 1998 das Strafverfahren eingeleitet, ebenso am …2004 u. a. wegen des Verdachts der Einkommensteuer-Verkürzung für 1999 bis 2001.
    In einem umfangreichen Vermerk vom 22.12.2005 legte die Steufa den bis dahin erreichten Ermittlungsstand nieder (Strafakte Bd. III, Bl. 649ff). Im Aktenvermerk über ein Gespräch des Klägers mit den Prüfern vom 1.2.2006 (Strafakte, Bd. IV, Bl. 722 ff) heißt es, diesem seien „basierend auf dem Vermerk vom 22.12.2005 und ergänzt durch das Aufzeigen weiterer diverser Ermittlungsansätze, die aber noch nicht so weit verfolgt wurden, um sie in das vg. Exposé aufzunehmen” der derzeitige Stand des Verfahrens dargelegt worden. Weiter heißt es dort:
    „Durch den Besch. wurde sodann deutlich gemacht, dass ihm an einem einvernehmlichen Abschluss des Verfahrens gelegen sei. Hierbei sei es für ihn wesentlich, dass im Rahmen einer etwaigen TV zum einen gemessen am Steueraufkommen sein wirtschaftliches Überleben gewährleistet sei und zum anderen gemessen am zu erwartenden Strafmaß die Zulassung nicht gefährdet werde.”
    Es solle – so heißt es am Ende des Vermerks – kurzfristig ein Termin gefunden werden, um die möglichen Modalitäten für eine tatsächliche Verständigung zu besprechen.
    Unter dem Datum des 23.1.2006 hat die Steufa einen „vorläufigen Bericht” über ihre Prüfung beim Kläger betreffend die Einkommensteuer 1997 bis 2001 verfasst. Danach seien voraussichtlich folgende Änderungen der Besteuerungsgrundlagen bei der Einkommensteuer vorzunehmen (in DM):

    Einkünfte gemäß19971998199920002001
    § 22 EStG+125.000,–
    § 18 EStG+ 16.281,03+ 43.101,82+ 18.913,–+26.069,–+56.016,–
    § 20 EStG+ 15.000,–+160.000,–+208.260,36+67.505,48+54.180,–
    Laut Tz. 12 a.E. des o. g. Berichts sollten hingegen bisher als Arbeitslohn bei der Klägerin erfasste Beträge von 4.666 DM in 1999, 6.451 DM in 2000 und 5.180 DM in 2001 nicht mehr berücksichtigt werden.
    Im Vermerk über eine weitere Besprechung des Klägers mit der Steufa vom 15.2.2006 (Strafakte, Bd. IV, Bl. 776) heißt es:
    „Schließlich wurde eine einvernehmliche Gewichtung gefunden, welche Zahlungen für das Steuerstrafverfahren als vGA der E GmbH an den Besch. beurteilt werden, und bei welchen Zahlungen an dieser Beurteilung nicht mehr festgehalten werden soll …”
    Es solle mit StA G ein Termin gefunden werden, um den erzielten Kompromiss mittels tatsächlicher Verständigung zum Gegenstand des steuerlichen und ggfls. auch strafrechtlichen Verfahrensabschlusses zu machen.
    Mit Datum des 16.2.2006 erließ der Beklagte sodann Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 1997 bis 2001, in denen er sich für den Ansatz von höheren Einkünften des Klägers aus freiberuflichen Einkünften und aus Kapitalvermögen in den Erläuterungen dieser Bescheide auf die „bisherigen Feststellungen” der Steufa berief.
    Ein Entwurf einer tatsächlichen Verständigung – datierend auf den 4.4.2006 – wurde im Termin am 5.4.2006 nicht unterzeichnet, und zwar laut Aktenvermerk vom 5.4.2006 deshalb nicht, weil der Kläger weitere Einwendungen darin nicht berücksichtigt fand. In dem Vermerk heißt es sodann:
    „Dem Besch. wurde zu verstehen gegeben, dass es sich bei dem Inhalt und Zahlenwerk der TV um das abgestimmte Resultat diverser Besprechungen zwischen dem 16.01. und 17.02.2006 handelt, welches als Paket das Verfahren zu einem Abschluss führen sollte. Verbunden war dies auch mit dem Zugeständnis, weitere Ermittlungen aus dem hiesigen Verfahren heraus gegen den Besch. zu unterlassen.” … „Gegenstand des weiteren Verlaufs der Besprechung waren neben dem möglichen Strafmaß auch die Zahlungsmodalitäten für den Fall der Unterschriftsleistung bei der TV.”
    Nach einem weiteren Termin am 26.4.2006 vermerkte der Prüfer offenbar für interne Zwecke, er habe den Eindruck, der Kläger schinde Zeit:
    „Hinsichtlich des Strafverfahrens wird die Meinung vertreten, dass die bisher aufgezeigte Möglichkeit eines Abschlusses mittels Strafbefehl und Schadenswiedergutmachung für nicht mehr gangbar gehalten wird.”
    Laut Vermerk vom 27.4.2006 teilte der Prüfer dem Kläger mit, es sei wegen der offensichtlich wiederum fehlenden Bereitschaft zur Unterschriftsleistung unter die tatsächliche Verständigung ein Erörterungsschreiben an ihn verfasst worden, das ihm im Anschluss an die Besprechung ausgehändigt werde, um die am 14.2.2006 unterbrochenen Ermittlungsmaßnahmen wieder aufzunehmen. Weiter heißt es u. a.:
    „Darüber hinaus werde nunmehr die Einschätzung an die StA kommuniziert, eine Erledigung des Verfahrens mittels Strafbefehl für unwahrscheinlich zu halten sowie die EhSt des FA C darüber unterrichtet, dass die im Hinblick auf eine mögliche TV unterbrochenen Beitreibungsmaßnahmen fortan wieder aufzunehmen sind.”
    Nach einer weiteren Erörterung eines Einzelpunktes, über den man sich dann einigen konnte, war der Kläger „damit einverstanden, dass die Unterschriften der für die Steuerfestsetzungen zuständigen FA im Wege des sog. „Umlaufverfahrens” nachgeholt werden sollten.”
    Die tatsächliche Verständigung datiert vom 26.4.2006 (Strafakte, Bd. IV, Bl. 796) Sie weist die Unterschriften des Klägers, je eines Sachgebietsleiters des –damals für die Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer noch zuständigen– FA C und des –für Haftungsfragen damals schon zuständigen– Beklagten sowie der Steufa auf.
    Darin wird verbindlich vereinbart, einen Spekulationsgewinn des Klägers in 1997 zu versteuern, die Einkünfte des Klägers als selbständiger Rechtsanwalt um bestimmte Beträge zu erhöhen bzw. Betriebsausgaben zu kürzen sowie verdeckte Gewinnausschüttungen des Klägers als Gesellschafter/Geschäftsführer der E GmbH zu versteuern. Es werden insbesondere folgende Erhöhungsbeträge als vereinbart bezeichnet:
    Einkünfte gemäß19971998199920002001
    § 22 EStG+125.000
    § 20 EStG+115.000+50.000+38.444+62.302
    § 18 EStG+14.690+ 21.485+65.000+ 5.000+26.744
    Zudem seien für die Jahre 1996 und 1997 die Betriebsausgaben des Klägers bei den Einkünften aus § 18 EStG jeweils um 6.000 DM zu mindern. Für den weiteren Inhalt wird auf den Text der tatsächlichen Verständigung (Strafakte, Bd. IV, Bl. 796) ergänzend Bezug genommen.
    Am 20.9.2006 wurden vom – für die Veranlagung zur Einkommensteuer mittlerweile zuständig gewordenen – Beklagten erneute Änderungsbescheide betreffend Einkommensteuer 1996 bis 2001 erlassen, in denen nunmehr die o. g. Werte angesetzt wurden. In den Erläuterungen zu den Bescheiden wird auf die Feststellungen der Steufa im Prüfungsbericht vom 11.08.2006 Bezug genommen. Alle diese Bescheide fochten die Kläger mit Einsprüchen an.
    Bereits am 16.8.2006 schrieb StA G an den Kläger, er habe diesem „in Aussicht gestellt, einen Strafbefehl mit einer elfmonatigen Gesamtfreiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung mit der Auflage zur Schadenswiedergutmachung, zu beantragen” und verschiedene Vorwürfe nach § 154 StPO einzustellen. Er habe den Kläger so verstanden, dass „dieser Abschluss für Sie akzeptabel wäre”. Dafür sei die Bestellung eines Verteidigers bis 5.9.2006 erforderlich. Ansonsten werde er – der Staatsanwalt – über eine Anklageerhebung nach Aktenlage entscheiden.
    Die Anklageschrift datiert vom 20.9.2006 und bezieht sich u. a. auf die Einkommensteuer des Klägers betreffend 1997 bis 2001 in Höhe der o. g. Einkommensteuerbescheide (Strafakte Bd. IV, Bl. 922ff). Das Verfahren wurde vom AG F am …2006 unter dem Az …eröffnet.
    Im ersten Termin der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter am …2007 hat sich der Kläger ausweislich des Protokolls u. a. wie folgt eingelassen:
    Ich war an einer Gesamtlösung interessiert.” (Strafakte Bd. V, Bl. 1003)
    Nach Erörterung der Bl. 782 ff erklärt der Kläger:
    „Ich räume ein, die Einkommensteuer aus selbst. Tätigkeit verkürzt zu haben.”(Strafakte Bd. V, Bl. 1004)
    Im Protokoll des weiteren Verhandlungstermins am …2008 heißt es u.a.
    „Bei der tatsächl. Verständigung habe ich alles akzeptiert. Damals 2000 war ich mit den Nerven völlig am Ende, meine Frau hatte Hautkrebs und zwei Kinder in der Schwangerschaft verloren. Man drohte mir, Herr G, falls ich die tats. Verst. nicht unterschreibe, meine Zulassung verliere und ins Gefängnis kommen würde.” (Strafakte Bd. VI, Bl. 1100)
    „Ich nahm die Drohungen ernst und hatte Angst, ins Gefängnis zu müssen. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben, deshalb unterschrieb ich die tatsächl. Verständigung.” (Strafakte Bd. VI, Bl. 1001)
    „Ich hatte Bareinnahmen v. 25.000 DM erhalten, die ich nicht versteuerte.” (Strafakte Bd. VI, Bl. 1102)
    „Zweimal erhielt ich Geld – 25.000 DM in bar – das ich nicht versteuerte.”(Strafakte Bd. VI, Bl. 1103)
    sowie
    „Die Steuerverkürzung für die Jahre 1997 – 2001 räume ich ein.” (Strafakte Bd. VI, Bl. 1104)
    Mit Beschluss vom … 2009 hat das AG F das Verfahren u. a. betreffend Einkommensteuer 1999 und 2000 nach § 154 StPO eingestellt (Strafakte Bd. VI, Bl. 1117) und den Kläger mit Urteil desselben Tages u. a. wegen Steuerhinterziehung in 3 Fällen zu 6 Monaten auf Bewährung verurteilt (Strafakte Bd. VI, Bl. 1120,1130 ff). Gemäß den Gründen dieses Urteils wird dort festgestellt, dass der Kläger in seine Jahressteuerklärungen der Jahre 1997 bis 2001 verschiedene einkommensteuerrelevante Einkünfte in unzutreffender Höhe angegeben hat oder sie vollständig verschwieg. Er habe auf diese Weise folgende Beträge an Einkommensteuer verkürzt: für 1997: 52.847 DM, für 1998: 28.958 DM, für 2001: 18.924 DM, (Strafakte Bd. VI, Bl. 1133). Diese Beträge entsprechen den Änderungsbescheiden aufgrund der tatsächlichen Verständigung.
    In der Urteilsbegründung (Strafakte Bd. VI, Bl. 1134) heißt es u.a.:
    „Im Rahmen der Strafzumessung hat das Gericht zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er den Sachverhalt letztlich eingeräumt und augenscheinlich auch bereut hat.”
    Steuerlich setzt sich der Sachverhalt im Anschluss an die aufgrund der tatsächlichen Verständigung ergangenen Bescheide wie folgt fort:
    Mit diversen Änderungsbescheiden vom 04.07.2007 wertete der Beklagte u. a. Mitteilungen über Beteiligungseinkünfte und Feststellungen der Steufa (Bericht vom 4.1.2007 betreffend die Klägerin laut Anklage zu den bescheiden) aus, in dem er u. a.
    den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1995 auf 27.494 DM feststellte,
    die Einkommensteuer 1996 auf 3.503,37 EUR festsetzte,
    den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1996 unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs von 27.494 DM auf 0 feststellte,
    die Einkommensteuer 1997 auf 31.889,27 EUR festsetzte,
    die Einkommensteuer 1998 auf 11.943,78 EUR festsetzte,
    die Einkommensteuer 1999 auf 22.881,33 EUR festsetzte,
    die Einkommensteuer 2000 auf 10.069,38 EUR festsetzte,
    die Einkommensteuer 2001 auf 14.577,95 EUR festsetzte,
    den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2002 der Ehefrau auf 9.125 EUR feststellte,
    den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2003 des Ehemannes auf 34 EUR und den der Ehefrau auf 27.204 EUR feststellte
    und den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.2003 des Ehemannes auf 34 EUR und den der Ehefrau auf 51.782 EUR feststellte.
    Allen diesen Bescheiden war eine Anlage beigefügt, in der es u.a. heißt, sämtliche bislang eingelegten Einsprüche gegen – u. a. – die bisher ergangenen Einkommensteuer-Bescheide sowie Verlustfeststellungen der Kalenderjahre 1996 bis 2004 würden als erledigt betrachtet. Bei den angefochtenen Bescheiden handle es sich inhaltlich um die steuerlichen Feststellungen der Steufa (Bericht vom 11.8.2006 gegen den Kläger und nunmehr vom 4.1.2007 gegen die Klägerin).
    Gegen diese Bescheide sowie gegen Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1997, 31.12.1998, 31.12.1999, 31.12.2000 und 31.12.2001 legten die Kläger Einsprüche ein. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass das Finanzamt D die Vollziehung seiner Feststellungsbescheide ausgesetzt habe. Weiterhin seien keine bisherigen Einsprüche zurückgenommen worden; ebenfalls seien diese nicht als erledigt zu betrachten.
    Mit Schreiben vom 20.11.2007 hat der Beklagte gebeten, die Einsprüche zu begründen und zugleich darauf hingewiesen, dass er Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1997, 31.12.1998, 31.12.1999, 31.12.2000 und 31.12.2001 nicht erlassen habe, weswegen diese Einsprüche unzulässig seien. Eine Antwort der Kläger erfolgte nicht.
    Mit Einspruchsentscheidung vom 20.09.2008 wies der Beklagte die Einsprüche teils als unzulässig, teils als unbegründet zurück. Er sah die Einsprüche wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1997, 31.12.1998, 31.12.1999, 31.12.2000 und 31.12.2001 als unzulässig an, da derartige Feststellungsbescheide nicht erlassen worden seien.
    Auch die Einsprüche wegen Einkommensteuer 1995, Einkommensteuer 2002, 2003 und 2004 seien wegen der dort enthaltenen Festsetzungen der Einkommensteuer auf Null mangels Beschwer unzulässig.
    Die übrigen Einsprüche seien unbegründet. Gemäß § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – könnten Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides, angegriffen werden. Für die Einkommensteuerbescheide der Einspruchsführer seien Feststellungsbescheide derartige Grundlagenbescheide. Hieraus folge, dass die Kläger ihre Einkommensteuerbescheide nicht mit der Begründung anfechten könnten, die zugrundegelegten Gewinne bzw. Verluste seien unzutreffend.
    Bei der Auswertung des Berichts des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung F sei er – der Beklagte – nicht von den Werten abgewichen, die Gegenstand der tatsächlichen Verständigung gewesen seien.
    Daraufhin haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben, die sich zunächst gegen alle o. g. Bescheide richtete.
    Nach Hinweis des Berichterstatters haben die Kläger sodann die Klage wegen derjenigen Einkommensteuerbescheide, die auf Null lauten, sowie gegen die Feststellungsbescheide, die nach Aktenlage nicht ergangen sind, zurückgenommen.
    Zur Begründung der Klage gegen die übrigen noch streitbefangenen Bescheide führen die Kläger aus, sie hätten für alle Streitjahre Einkommensteuererklärungen gefertigt. Im Jahr 2004 habe die Steufa wegen einer falschen Beschuldigung eines Herrn K sämtliche Steuerunterlagen beschlagnahmt. Danach sei für die Kläger ein Alptraum gefolgt, der nach ihrer Einschätzung nicht habe erwartet werden können.
    Der Kläger werde die tatsächliche Verständigung mit dem Beklagten anfechten. Nach Anfechtung könne sich der Beklagte nicht auf diese berufen. Die Anfechtungsfrist sei noch nicht abgelaufen, da das Strafverfahren erst im September 2008 beendet worden sei und ab da erst diese Frist begonnen habe. Ab diesem Zeitpunkt sei die Bedrohung hinsichtlich des Verlustes der anwaltlichen Zulassung bzw. einer Haft entfallen.
    Mit Schriftsatz vom 19.01.2010 übersandte der Beklagte in Kopie einen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21.09.2009, beim Beklagten eingegangen am selben Tage. Darin wird erklärt:
    „Mein Mandant hat am 04.04.2006 eine tatsächliche Verständigung geschlossen. Diese Erklärung fechten wir hiermit im Namen und in Vollmacht unseres Mandanten an. Die Anfechtung erfolgt gemäß § 123 BGB.”
    Der Beklagte hat während des Klageverfahrens aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 10.07.2008 für die Jahre 2002 bis 2004 eine Betriebsprüfung beim Kläger durchgeführt (Bericht vom 23. Juni 2010). Die daraus resultierenden Änderungsbescheide vom 11.10.2011 enthalten zum einen die Auswertung des o. g. BP-Berichts, zum anderen Auswertungen von anderweitigen Grundlagenbescheiden über Beteiligungseinkünfte, die insgesamt zur geänderten Festsetzung von Einkommensteuer und zum entsprechenden Verbrauch bisher in den angefochtenen Bescheiden festgestellter Verluste (resultierend aus Vermietung und Verpachtung, § 21 EStG) führen.
    Die Kläger beantragen,
    die angefochtenen Bescheide, alle datierend vom 11.10.2011, mit der Maßgabe zu ändern, dass die Folgerungen aus der tatsächlichen Verständigung vom 26.4.2006 rückgängig gemacht werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er tritt der Rechtsauffassung der Kläger hinsichtlich des Anfechtungsgrundes entgegen.
    Der Senat hat die Strafakten des Amtsgerichts F zum Az. … und die Akten der Steufa über die Prüfung beim Kläger beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2011 wird ergänzend Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe:
    Die Klage ist teils unzulässig, teils unbegründet.
    Soweit sich die Klage gegen die gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheide vom 11.10.2011 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31.12.1995, 31.12.1996, 31.12.2002 bis 31.12.2004 richtet, ist die Klage mangels Beschwer der Kläger unzulässig. Soweit sich die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2001 vom 11.10.2011 richtet, ist sie unbegründet, da diese Bescheide rechtmäßig sind und die Kläger daher nicht in ihren Rechten verletzen (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
    I.
    Die Klage gegen die Bescheide vom 11.10.2011 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31.12.1995, 1996, 2002 bis 2004 ist unzulässig, da die Kläger ihre Klagebefugnis im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO nicht substantiiert und in sich schlüssig geltend gemacht haben.
    1.
    Klagebefugt ist gemäß der o. g. Norm nämlich nur derjenige, der – soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – geltend machen kann, durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – der sich der erkennende Senat anschließt – setzt § 40 Abs. 2 FGO voraus, dass der Kläger durch den angefochtenen Verwaltungsakt unmittelbar in seiner Rechtsstellung betroffen ist (vgl. etwa BFH-Urteile vom 30. August 1994 IX R 65/91, BFH/NV 1995, 517 und vom 27. August 2003 II R 18/02, HFR 2004, 241 jeweils m.w.N.). Das bedeutet, der Kläger muss substantiiert und schlüssig darlegen (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1987 I R 275/83, BFHE 152, 138, BStBl II 1988, 292; von Groll in: Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 40 Rz. 61, m.w.N.), dass der Bescheid ein ihm zustehendes Recht beeinträchtige.
    2.
    Daran fehlt es hier hinsichtlich der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31.12.1995, 1996, 2002 bis 2004. Eine derartige Rechtsbeeinträchtigung der Kläger durch diese Bescheide ist von den Klägern bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2011 nicht dargetan worden. Sie haben vielmehr lediglich geltend gemacht, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, da die in ihnen enthaltenen Feststellungen auf den Folgen der als rechtswidrig angefochtenen und damit unbeachtlichen tatsächlichen Verständigung beruhten. Solche Folgen sind jedoch – wie bereits in der mündlichen Verhandlung erläutert – bereits rein rechnerisch in diesen Bescheiden nicht enthalten und haben damit denknotwendigerweise auch nicht zu einer Beschwer der Kläger führen können.
    a)
    Die tatsächliche Verständigung bewirkte als zeitlich früheste Folge die Streichung von Betriebsausgaben des Klägers bei dessen freiberuflichen Einkünften des Veranlagungszeitraumes 1996. Damit ergibt sich schon rein zeitlich, dass die Feststellung eines ggfls. verbleibenden Verlustabzugs zum Ende des vorangehenden Jahres, also im hier streitbefangenen Feststellungsbescheid zum 31.12.1995, nicht durch diese Betriebsausgabenminderung des Folgejahres – 1996 – betroffen sein kann.
    b)
    Im geänderten Feststellungsbescheid zum 31.12.1996 vom 11.10.2011 wird – ebenso wie im ursprünglich angefochtenen Bescheid – der verbleibende Verlustvortrag der Klägerin aus Vermietungseinkünften in ursprünglicher Höhe von 27.494 DM auf Null festgestellt. Eine Rechtsbeeinträchtigung durch die Auswertung der tatsächlichen Verständigung ist bei der Verlustfeststellung zum 31.12.1996 nicht möglich, denn selbst bei Hinzurechnung der in 1996 beim Kläger laut der tatsächlichen Verständigung gekürzten Betriebsausgaben von 6.000 DM verbleibt noch rein rechnerisch ein positiver Gesamtbetrag der Einkünfte, also kein vortragsfähiger Verlust.
    c)
    Hinsichtlich der Feststellungsbescheide über den verbleibenden Verlustvortrag zum 31.12.2002 bis 2004 vom 11.10.2011 haben die Kläger ebenfalls keine Rechtsbeeinträchtigung schlüssig geltend gemacht. Denn die von ihnen insoweit allein herangezogene tatsächliche Verständigung hatte in diesen Bescheiden keine für die Kläger negativen Auswirkungen.
    aa)
    Die tatsächliche Verständigung bezieht sich im letzten geregelten Jahr auf die Einkommensteuer 2001, bei der sie Erhöhungen der Einkünfte des Klägers um insgesamt 89.046 DM vorsieht. Im geänderten Feststellungsbescheid zum 31.12.2002 vom 11.10.2011 wird der verbleibende Verlustabzug mit Null festgestellt, da die zum Teil negativen Einkünfte der Kläger durch die zugeschätzten höheren Einkünfte des Klägers aufgezehrt werden. Ein aus den Vorjahren bis zum 31.12.2001 resultierender Verlust, der durch die Auswirkungen der tatsächlichen Verständigung zu Lasten der Kläger vermindert sein könnte, ist jedoch weder im Änderungsbescheid zum 31.12.2002 vom 11.10.2011 noch im ursprünglich angefochtenen Bescheid zu diesem Feststellungszeitpunkt festgestellt worden. Ein solcher Verlust konnte daher im den Bescheid zum 31.12.2002 bereits rein rechnerisch nicht enthalten sein und konnte diesen daher auch rechtlich nicht beeinflussen, da er insoweit als Folgebescheid die für Vorjahre festgestellten Verluste als Anfangsbestand der Verlustvortragsentwicklung zwingend übernehmen muss.
    bb)
    Daraus folgt ebenso zwingend, dass in den Folgebescheiden über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2003 und 31.12.2004 ebenfalls keine Auswirkungen der tatsächlichen Verständigung enthalten sind, und die Kläger daher auch insoweit nicht beschwert sind.
    II.
    Im Übrigen – also betreffend die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 2001 vom 11.10.2011 – ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Denn zu Recht hat der Beklagte in diesen Bescheiden die Einkünfte des Klägers so angesetzt, wie diese in der tatsächlichen Verständigung vom 26.4.2006 enthalten sind. Der Kläger hat diese tatsächliche Verständigung nicht wirksam angefochten, da der geltend gemachte Anfechtungsgrund der Drohung nicht vorliegt.
    1.
    Der Senat geht mit dem BFH (Urteil vom 01.09.2009 VIII R 78/06, BFH/NV 2010) und der Literatur (Rüsken in: Klein, AO, 10. Aufl. 2010, § 162 Rz. 33 unter Hinweis auf Buciek, DStZ 1999, 389) davon aus, dass die Anfechtungsvorschriften der §§ 119, 123 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB – auf tatsächliche Verständigungen im Steuerverfahren grundsätzlich anwendbar sind.
    2.
    Der entsprechend für eine wirksame Anfechtung der tatsächlichen Verständigung vom 26.4.2006 zu fordernde Anfechtungsgrund der Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1, 2. Alternative BGB liegt hier jedoch nicht vor.
    a)
    Dass der Kläger bei seiner Anfechtungserklärung hinsichtlich der tatsächlichen Verständigung das falsche Datum, nämlich den 4.4.2006 statt den 26.4.2006, genannt hat, ist dabei unschädlich. Unter dem Datum des 4.4.2006 ist dem Kläger zwar ein Entwurf einer tatsächlichen Verständigung vorgelegt, aber nicht unterschrieben worden. Es liegt insoweit ein offenbare Datumsverwechslung vor, die auch vom Beklagten – als Erklärungsempfänger der Anfechtungserklärung nach dessen Empfängerhorizont – richtigerweise auf die tatsächlich unter dem Datum des 26.4.2006 unterschriebene Verständigung bezogen worden ist.
    b)
    Der Anfechtungsgrund aus § 123 Abs. 1 BGB, den der Kläger in seiner Anfechtungserklärung vom 21.9.2009 ohne nähere Ausführungen geltend macht, liegt nicht vor, selbst wenn man die Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 29.4.2009 mit hinzu nimmt, dass ab Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils am …2008 „die Bedrohung hinsichtlich des Verlustes der anwaltlichen Zulassung bzw. einer Haft weggefallen” sei.
    aa)
    Drohung im Sinne dieser Norm ist die vom Gegner ernst genommene Ankündigung eines künftigen Übels, das nach Bekundung des Drohenden und der Ansicht des Gegners vom Drohenden herbeigeführt werden kann und soll, wenn der Bedrohte die angesonnene Willenserklärung nicht abgibt (BGH-Urteil vom 22.11.1995 XII ZR 227/94, NJW RR 1996, 1281 ff., zu 2 der Gründe, m.w.N.; Jauernig, BGB, 8. Aufl., § 123 Rz 12; Urteil des BAG vom 22.10.1998 8 AZR 457/97, NJW 1999, 2059). Es genügt also, dass der Bedrohte ernstlich nach seiner subjektiven Vorstellung davon ausgeht, der Drohende könne den Eintritt des Nachteils beeinflussen (Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, Rz. 26).
    Nach diesen zutreffenden Grundsätzen kann der Senat hier kein Vorliegen einer Drohung im Anfechtungssinne feststellen. Die Kläger haben für den von ihnen behaupteten Anfechtungsgrund bereits keinen schlüssigen Sachverhalt vorgetragen. Dazu hätten sie nämlich Tatschen für eine rechtswidrige Einflussnahme auf ihre Entschließungsfreiheit konkret darlegen müssen (BFH-Beschluss vom 08.04.2010 V B 20/08, BFH/NV 2010, 1616). Daran fehlt es hier, da die Ausführungen der Kläger so pauschal gehalten sind, dass sie sich in der Wendung „die Bedrohung hinsichtlich des Verlustes der anwaltlichen Zulassung bzw. einer Haft” erschöpfen. Hinsichtlich einer dahingehenden Bedrohung ergibt sich überdies auch nichts aus den beigezogenen Strafakten und Steufa-Unterlagen.
    bb)
    Der Anfechtungsgrund der Drohung liegt zur Überzeugung des Senats jedoch auch dann nicht vor, wenn –zugunsten der Kläger– so substantiiert vorgetragen worden wäre, dass eine Drohung des Inhalts anzunehmen wäre, die Steufa habe den Kläger zur Unterzeichnung der tatsächlichen Verständigung dadurch bestimmt, dass sie ihm mit der Weiterführung der bis dahin noch nicht verfolgten Ermittlungsansätze gedroht habe. Eine derart unterstellte Drohung ist nicht rechtswidrig.
    aaa)
    Die Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB ist nach allgemeiner Auffassung dann widerrechtlich, wenn das Mittel, d.h. das angedrohte Verhalten, oder der Zweck, d.h. die abgenötigte Willenserklärung, oder jedenfalls die Verknüpfung von beidem widerrechtlich ist (vgl. BGH-Urteil vom 23.09.1957 VII ZR 403/56, BGHZ 25, 217; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl. 2010, § 123 Rz 19 ff.).
    bbb)
    Das Nötigungsmittel, also die angedrohte Handlung, ist rechtswidrig, wenn es eine strafbare Handlung darstellt oder gegen die Sittenordnung verstößt. Dass die Steufa ankündigt, ihren Gesetzesauftrag zur Erforschung von Straftaten gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu erfüllen und weitere Ermittlungen durchzuführen, kann nicht rechtswidrig sein. Sollten sich dabei weitere Feststellungen zulasten des Klägers ergeben, so ist dies vom Gesetzeszweck gedeckt.
    ccc)
    Der Zweck der – unterstellten – Steufa-Drohung, die Abgabe einer abgenötigten Willenserklärung zum Abschluss der tatsächlichen Verständigung, ist ebenfalls nicht rechtswidrig. Die tatsächliche Verständigung ist vielmehr ein von der Rechtsprechung grundsätzlich anerkanntes Rechtsinstitut zur Verfahrensförderung, Verfahrensbeschleunigung und zur Herstellung von Rechtsfrieden (BFH-Urteil vom 01.09.2009 VIII R 78/06, BFH/NV 2010 m.w.N.); von der tatsächlichen Verständigung kann auch bei Steuerfahndungsprüfungen bzw. nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens Gebrauch gemacht werden (BFH-Urteil vom 08.10.2008 I R 63/07, BFHE 223, 194, BStBl II 2009, 121; Peter Fischer, jurisPR-SteuerR 15/2010, Anm. 2), wie hier im Fall des Klägers.
    ddd)
    Auch die Zweck-Mittel-Relation begründet hier nicht die Widerrechtlichkeit der – unterstellten – Drohung der Steufa.
    Die Drohung ist bei erlaubtem Mittel und Ziel nicht allein deswegen widerrechtlich, weil der Drohende keinen Rechtsanspruch auf die Erklärung des Bedrohten hat. Vielmehr ist in erster Linie zu prüfen, ob der Drohende an der Erreichung des von ihm erstrebten Erfolges ein berechtigtes Interesse hat, und ob die ausgesprochene Drohung nach der Auffassung aller billig und gerecht Denkenden ein angemessenes Mittel darstellt (BGHUrteil vom 23.09.1957 VII ZR 403/56, BGHZ 25, 217). Bei der Prüfung der Inadäquanz von Zweck und Mittel sind demnach alle Umstände zu berücksichtigen, die dem Vorgang sein Gepräge geben; es sind nicht nur die Belange des Bedrohten, sondern auch die des Drohenden zu berücksichtigen (BGH-Beschluss vom 12.07.1984 III ZR 8/84, WM 1984, 1249 m.w. N.).
    Nach diesen zutreffenden, auf die Anfechtungssituation einer tatsächlichen Verständigung entsprechend zu übertragenden Voraussetzungen rechtfertigen die gesamten Umstände gegenüber der Steufa hier nicht den Vorwurf verwerflichen Vorgehens.
    Die Steufa als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (§ 404 Satz 2, 2. Halbsatz AO) hat an der Erreichung des von ihr erstrebten Erfolges – der Zustimmung des Klägers zur tatsächlichen Verständigung – ein berechtigtes Interesse, und die Drohung mit der Weiterführung der Fahndungsprüfung stellt nach der Auffassung aller billig und gerecht Denkenden ein angemessenes Mittel dar.
    Gesetzliche Aufgabe der Steufa ist gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Wenn die Feststellungen in einem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren dem Grunde nach ausreichen, eine Steuerhinterziehung anzuklagen, es allerdings weiterer umfangreicher Sachaufklärung bedarf, die exakte Höhe der hinterzogenen Steuer festzustellen, entspricht es einem berechtigten Interesse der Steufa als Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft (§ 404 Satz. 2, 2. Halbsatz AO), den Beschuldigten aus Gründen der Verfahrensökonomie zum Abschluss einer tatsächlichen Verständigung zu bewegen.
    Denn Zweck der tatsächlichen Verständigung ist es, zu jedem Zeitpunkt des Besteuerungsverfahrens hinsichtlich bestimmter Sachverhalte, deren Klärung schwierig, aber zur Festsetzung der Steuer notwendig ist, den möglichst zutreffenden Besteuerungssachverhalt i.S. des § 88 AO einvernehmlich festzulegen (BFH-Urteil vom 08.10.2008 I R 63/07, BFHE 223, 194, BStBl II 2009, 121). Dass die Steufa angesichts des grundsätzlichen Prüfungsauftrages, etwaige Straftaten vollständig aufzuklären einerseits und der dazu benötigten, offenbar tatsächlich nicht immer mehr vorhandenen personellen und zeitlichen Ressourcen eine tatsächliche Verständigung vorschlägt und ihm Gegenzug anbietet, weitere Ermittlungen zu unterlassen, stellt ein Angebot dar, das nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 08.10.2008 I R 63/07, BFHE 223, 194, BStBl II 2009, 121; Peter Fischer, jurisPR-SteuerR 15/2010, Anm. 2) gerade einen rechtlich zulässigen beschleunigten Abschluss des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens darstellen kann. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Drohung mit der Weiterführung der Fahndungsprüfung nach der Auffassung aller billig und gerecht Denkenden kein angemessenes Mittel darstellt, zumal unstreitig noch nicht weiterverfolgte Ermittlungsansätze vorhanden waren.
    3.
    Selbst wenn der Kläger die tatsächliche Verständigung vom 26.4.2006 jedoch wirksam angefochten hätte, so wäre die Klage dennoch hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 1997, 1998 und 2001 unbegründet, da der Kläger sich einer Steuerhinterziehung in Höhe der als Folge der tatsächlichen Verständigung festsetzten Einkommensteuer für diese Jahre schuldig gemacht hat. Davon ist der Senat nach den Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts F vom …2008 überzeugt, dessen Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht der Senat sich ohne eigene Beweisaufnahme (§ 76 Abs. 1, § 81 FGO) zueigen macht. Die Voraussetzungen dafür liegen hier vor.
    a)
    Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann sich das FG nämlich in tatsächlicher Hinsicht die Feststellungen eines in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils dann zueigen machen, wenn die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen keine substantiierten Einwendungen vortragen und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt haben, die das FG nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nicht unbeachtet lassen kann (vgl. nur BFH-Urteile vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305; vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463; BFH-Beschluss vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215).
    b)
    Nach diesen zutreffenden Grundsätzen durfte der Senat ohne eigene Beweisaufnahme die Feststellungen des Strafgerichts übernehmen, denn bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger hier weder substantiiert die Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen bestritten noch ihrerseits Beweis angetreten. Allein die dazu geäußerte Rechtsansicht, das FG sei durch das Strafurteil nicht von seiner Verpflichtung zur eigenständigen Beweisaufnahme enthoben, reicht dazu nicht aus. Diese Einlassung ist – allenfalls – als schlichtes Bestreiten zu werten, das als solches schon nicht geeignet ist, Zweifel an der Tatsachenfeststellung des Strafgerichts aufkommen zu lassen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 11.8.2011 V R 50/09, DStR 2011, 1901, BFH/NV 2011, 1989). Darüber hinaus sind auch keine Beweisantritte erfolgt.
    4.
    Selbst wenn der Senat sich die Feststellungen im rechtskräftigen Strafurteil nicht zueigen machen dürfte, so wäre die Klage dennoch hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide 1997 bis 2001 unbegründet, da der Kläger sich einer Steuerhinterziehung (§ 370 AO) in Höhe der als Folge der tatsächlichen Verständigung festgesetzten Einkommensteuer für diese Jahre schuldig gemacht hat. Davon ist der Senat angesichts des Geständnisses des Klägers vor dem Strafgericht überzeugt, das dieser in der Hauptverhandlung vom 2008 (Strafakte, Band VI, Blatt 1104) abgelegt hat, und das – wenn auch nicht für das Jahr 1999 wegen der späteren Einstellung des Strafverfahrens insoweit – strafmildernd zu seinen Gunsten berücksichtigt worden ist (Urteil vom … 2008, Seite 5, Strafakte, Band VI, Bl. 1134). Der Senat durfte sich dieses Geständnis in tatsächlicher Hinsicht ohne eigene Beweisaufnahme (§ 76 Abs. 1, § 81 FGO) zueigen machen.
    a)
    Das FG kann sich grundsätzlich darauf stützen, dass der Kläger im Strafverfahren verurteilt worden ist und vor dem Strafgericht ein Geständnis abgelegt hat. Dies schließt nämlich bei vernünftiger Betrachtung ein, dass der Kläger vor dem Strafgericht eingeräumt hat, sich einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO schuldig gemacht zu haben, und dass das Strafgericht dies für erwiesen erachtet hat. Die davon nach der –zutreffenden – ständigen Rechtsprechung des BFH auch für das finanzgerichtliche Verfahren ausgehende Indizwirkung hätte der Kläger insoweit nur dadurch ausräumen können, dass er substantiiert darlegt und unter Beweis stellt, weshalb sein Geständnis zu Unrecht abgelegt worden ist (BFH-Beschluss vom 21.05.1999 VII B 37/99 BFH/NV 1999, 1496).
    b)
    Nach diesen zutreffenden Grundsätzen war der Senat berechtigt, sich das strafgerichtliche Geständnis des Klägers zueigen zu machen. Die Kläger haben bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung weder das Geständnis widerrufen noch substantiiert dargelegt, weshalb das Geständnis unzutreffend sein sollte, noch gar einen Beweis dafür angetreten. Allein die pauschale Einlassung, das Geständnis könne aus verschiedensten Gründen, wie etwa der Prozessökonomie, erfolgt sein, ist kein erforderliches substantiiertes Vorbringen. Darüber hinaus sind keine Beweisantritte erfolgt.
    Der Kläger – selbst Rechtsanwalt und zudem anwaltlich vertreten – hat hier sein Geständnis nicht widerrufen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat vielmehr lediglich ausgeführt, das Geständnis sei eine privatautonome Entscheidung des Klägers gewesen, die aus verschiedensten Gründen, wie etwa der Prozessökonomie, erfolgt sein könne. Damit hat er allenfalls theoretisch mögliche Erklärungen für ein strafrechtliches Geständnis dargelegt, aber jedenfalls nicht konkret behauptet, dass der Kläger sein Geständnis zu Unrecht abgelegt habe.
    5.
    Selbst wenn darin ein wirksamer Widerruf des Geständnisses zu sehen sein sollte, wäre dieser für den erkennenden Senat unbeachtlich. Denn mangels einer plausiblen Erklärung der Gründe für ein zu Unrecht abgelegtes Geständnis ist dessen Widerruf kein substantiierter Angriff gegen die Grundlagen des Strafurteils (BFH-Beschluss vom 22.03.1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722).
    Selbst wenn als solcher Grund hinreichend konkret „Prozessökonomie” behauptet worden wäre, würde dieser Grund nicht ausreichen, ein wahrheitswidriges Geständnis plausibel zu begründen. Denn die bloße Absicht, die Strafverfahrensdauer abzukürzen, ist kein einleuchtender Grund, Straftaten zuzugestehen, die zur Verhängung einer Freiheitsstrafe geführt haben (BFH-Beschluss vom 22.03.1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722).
    III.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenAO § 208, FGO § 76, BGB § 123

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