08.01.2010
Finanzgericht Brandenburg: Urteil vom 04.07.2006 – 3 K 1276/03
Als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Grundstückswert nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG und nicht der beim Kauf eines Schlossgrundstücks mit erheblichem Substanzwert vereinbarte Kaufpreis von nur 1 DM anzusetzen, wenn zwar der Erwerber im Kaufvertrag bauliche Investitionen in Millionenhöhe verbindlich zugesagt und eine Arbeitsplatzgarantie für mindestens 15 Vollzeitarbeitsplätze gegeben hat, wenn aber der vereinbarte Kaufpreis von 1 DM in keiner Relation zum Sachwert des Schlossgrundstücks (hier: rd. 8,7 Mio DM, davon Wert des Grund und Boden rd. 765000 DM) steht und damit nur eine symbolische Gegenleistung darstellt. Dass das Grundstück nach einem Gutachten möglicherweise einen negativen Ertragswert in erheblicher Höhe hat, führt zu keiner anderen Beurteilung.
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg – 3. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 4. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … und …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erwarb mit Vertrag vom 12.11.1998 (Urkundenrolle Nr. 160/1998 des Notars A…) das dort näher bezeichnete Grundstück, das mit einem Schloss, Gästehaus, Verwaltungsgebäude, Wohnhaus und Marstall bebaut ist. Veräußerer war die Treuhand Liegenschaftsgesellschaft mbH – TLG –. Als Kaufpreis wurde 1,– DM vereinbart, die nach § 7 Abs. 5 des Vertrages dem Verkehrswert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Beurkundung entsprechen solle. Der Kläger verpflichtete sich in § 7 a des Vertrages, eine Kinder- und Freizeiteinrichtung zu errichten. Er sagte zu, dieses Vorhaben bis zum 31.12.2003 zu realisieren und mindestens 22 Mio DM zu investieren. Außerdem sicherte er zu, „mit dem Vorhaben 15 Vollzeitarbeitskräfte zu schaffen und vom 01.01.2002 bis mindestens zum 31.12.2003 zu sichern und besetzt zu halten”. Für den Fall, dass die zugesagten Investitionen nicht durchgeführt werden, steht der Veräußerin nach § 7 a Abs. 3 der notariellen Vereinbarung eine Vertragsstrafe in Höhe von 20 % des bei Fristablauf noch nicht investierten Teils zu.
Nachdem das Finanzamt den Grundstückswert zum 12.11.1998 durch Bescheid vom 19.07.2000 auf 1.174.000,– DM festgestellt hatte, setzte es mit Bescheid vom 08.08.2000 die Grunderwerbsteuer auf 41.090,– DM fest. Dagegen erhob der Kläger Einspruch und berief sich zunächst auf seinen Rechtsbehelf gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswertes.
Durch Bescheid vom 29.01.2001 stellte das Finanzamt den Grundstückswert zum 12.11.1998 auf 1.027.000,– DM fest. Dementsprechend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 25.04.2001 die Grunderwerbsteuer auf 35.945,– DM fest.
Dagegen erhob der Kläger Einspruch und machte geltend, der streitige Kaufpreis von 1,– DM stelle eine Gegenleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG – dar. Entsprechend dem Urteil des Finanzgerichts – FG – Mecklenburg-Vorpommern vom 03.06.1998 (Az.: 1 K 212/96, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 1998, 1352) sei unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts zu ermitteln, ob der Betrag von 1,– DM ernsthaft gewollt sei und ob es sich nicht lediglich um eine willkürliche oder „symbolische” Gegenleistung handele, die zum Wert des Grundstücks nicht in Relation gebracht werden könne. So verhalte es sich hier nicht. Durch den von der Veräußerin beauftragten Gutachter B… sei sogar ein negativer Verkehrswert ermittelt worden. Auf Grund des Zustandes des Grundstücks zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe der Reparaturaufwand bei den Gebäuden hohe Investitionskosten erfordert.
In dem hinsichtlich des Grundbesitzwertes geführten Einspruchsverfahren reichte der Kläger das Gutachten des Sachverständigen B… in der aktualisierten Fassung vom 18.12.2000 ein. Aus diesem Gutachten ergeben sich folgende Werte:
Sachwert | 8.727.000,00 DM | |
Ertragswert (Variante 1 – Jugendheim) | ./. | 5.147.000,00 DM |
Ertragswert (Variante 2 – Seniorenwohnanlage) | ./. | 10.297.000,00 DM |
Ertragswert (Variante 3 – Hotelanlage) | ./. | 11.054.000,00 DM. |
Der Grund und Boden allein hat einen Wert in Höhe von | 765.800,00 DM. |
Da ein negativer Verkehrswert unüblich sei, wurde der Verkehrswert im Gutachten mit 1,00 DM ermittelt.
Die negativen Ertragswerte ergeben sich im Wesentlichen daraus, dass von den auf der Grundlage der voraussichtlich nachhaltig erzielbaren Mieten ermittelten Ertragswerten der Instandhaltungsstau und die Umnutzungskosten, das heißt die zu erwartenden Investitionen, abgezogen wurden.
Durch Einspruchsentscheidung vom 21.12.2001 erhöhte das Finanzamt nach einem Hinweis den Grundstückswert auf 1.911.000,– DM. Das gegen diese Feststellung vom Kläger beim Finanzgericht des Landes Brandenburg zum Aktenzeichen 4 K 189/02 anhängig gemachte Klageverfahren ruht derzeit.
Mit Entscheidung vom 15.05.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und erhöhte die Grunderwerbsteuer auf 66.885,– DM (34.197,76 EUR). Der Beklagte wies zunächst darauf hin, dass der Änderungsbescheid vom 25.04.2001 gemäß § 365 Abs. 3 Satz 1 Abgabenordnung – AO – Gegenstand der Einspruchsentscheidung sei. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer sei ohne Hinweis nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO möglich. Ein Verböserungshinweis ginge hier ins Leere, weil das Finanzamt nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO berechtigt und verpflichtet sei, die Erhöhung des Grundstückswertes im Grunderwerbsteuerbescheid zu berücksichtigen. Die Grunderwerbsteuer sei nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG zu ermitteln, da in Höhe des vereinbarten Kaufpreises von 1,– DM kein ernsthafter Gegenleistungscharakter vorliege. Dieser Kaufpreis könne nicht in Relation zum Wert des Grundstücks gebracht werden. Der Sachwert des Grundstücks betrage selbst nach dem vom Kläger vorgelegten Gutachten 8.727.000,– DM. Dass der Verkauf gleichwohl zu einem Kaufpreis von lediglich 1,– DM erfolgt sei, habe vielfältige Gründe. Neben dem tatsächlichen Wert des Grundstücks beeinflussten auch die Investitionsverpflichtung und die Beschäftigungsgarantie die Kaufpreisfindung. Die TLG habe neben dem Interesse am Verkauf der Immobilie auch zu gewährleisten, dass die veräußerte Immobilie einer Nutzung zugeführt werde, die wettbewerblich strukturiert sei. Vor diesem Hintergrund enthalte der Vertrag eine Investitionsverpflichtung und eine Beschäftigungsgarantie. Ein Erwerb des Grundstücks ohne diese Verpflichtungen wäre dem Kläger nicht möglich gewesen. Ungeachtet dessen komme diesen Verpflichtungen kein Gegenleistungscharakter zu. Eine Bemessung der Grunderwerbsteuer nach § 8 Abs. 1 GrEStG sei daher nicht möglich. Vielmehr sei sie nach den Werten im Sinne des § 138 Abs. 3 Bewertungsgesetz – BewG – zu bemessen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GrEStG), da der vereinbarte Kaufpreis von 1,– DM keine Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinne darstelle. Ein Instandhaltungsstau und Umnutzungskosten ließen sich wie im Streitfall bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens nach unterschiedlichen Methoden berücksichtigen, insbesondere durch Ansatz entsprechend geminderter Erträge, gegebenenfalls in Verbindung mit entsprechend höheren Bewirtschaftungskosten und einer entsprechend geminderten Restnutzungsdauer oder durch Ansatz der nachhaltig erzielbaren Reinerträge in Verbindung mit der üblichen Restnutzungsdauer eines ordnungsgemäß instandgehaltenen Gebäudes und der Verminderung des fiktiven Ertragswertes um die Instandhaltungs- und Umnutzungskosten. Der Abzug der vollen Instandsetzungs- und Umnutzungskosten führe indes im Ergebnis dazu, dass auch unrentierliche Instandsetzungs- und Umnutzungskosten abgezogen werden könnten, was sich insbesondere bei Objekten wie im Streitfall auswirken könne, bei denen Sach- und Ertragswert auseinanderklafften. Dies betreffe insbesondere Objekte, die zu hohen Kostenmieten errichtet würden, tatsächlich aber nur unter der hälftigen Kostenmiete vermietbar seien. Diese Kosten-Nutzen-Spreizung verschärfe sich bei hohem Instandhaltungsstau, weil die gewöhnlichen Instandsetzungs- und Umnutzungskosten wegen der Erschwernis und der baulichen Arbeiten an einem bereits stehenden Gebäude in Verbindung mit dem Ausbau erneuerungsbedürftiger Bauteile in der Regel weitaus höher ausfielen als die gewöhnlichen Herstellungskosten eines Neubaus. Die so abgezogenen Instandsetzungs- und Umnutzungskosten würden sich gerade bei Objekten wie im Streitfall nicht in entsprechenden Ertragswerterhöhungen niederschlagen. Der volle Abzug der Instandsetzungs- und Umnutzungskosten dürfe nicht schematisch vorgenommen werden. Der Bundesgerichtshof – BGH – habe in seinem Urteil vom 24.01.1963 auf diese aus der Verknüpfung von Ertrags- und Sachwertverfahren resultierende Problematik hingewiesen. Danach seien bereits die Herstellungskosten in der Sache nicht entscheidend für deren gemeinen Wert (Verkehrswert). Dies gelte umso mehr für die Instandsetzungskosten. Der Verkehrswert einer beschädigten Sache, z. B. eines Hauses, werde daher – oder könne zumindest – in vielen Fällen höher sein als der Verkehrswert des Hauses in unbeschädigtem Zustand abzüglich der Instandsetzungskosten.
Im Streitfall sei zudem der Sachwert, der Auskunft über die Bauart und Ausführung des Grundstücks zum Stichtag der Wertermittlung gebe, positiv und mit 8.727.000,– DM von beträchtlicher Höhe. Diese bauliche Substanz habe der Kläger zweifelsfrei erworben. Der Umstand, dass im Streitfall beträchtliche Investitionen erforderlich seien, um das Grundstück in den Zustand zu versetzen, der eine voraussichtliche Nutzung ermögliche, könne nicht dazu führen, den Erwerb der baulichen Substanz von der Grunderwerbsteuer freizustellen.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage.
Der Kläger beruft sich auf das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern und hält den dort entschiedenen Fall mit dem vorliegenden Sachverhalt für vergleichbar. Maßgeblich sei, ob die Gegenleistung zum Wert des Grundstücks in eine Relation zu bringen sei. Daran fehle es hier nicht, denn nach dem bei einer gewerblichen Immobilie heranzuziehenden Ertragswertverfahren ergäben sich je nach Nutzungskonzept negative Beträge. Ursächlich dafür sei ein hoher Reparaturrückstau. Dieser sei zu berücksichtigen und mache das Gutachten insoweit nicht fehlerhaft. So werde auch in der Literatur (Hinweis auf Kleiber/Simon/Weyers, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 4. Auflage 2002) von der Ermittlung des Sachwertes in den meisten Fällen abgeraten. Im Rahmen des Sachwertverfahrens wären zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit Abschläge in einer Größenordnung anzubringen, die das Sachwertverfahren als ungeeignet erscheinen ließen, zumal hierfür anerkannte Normalherstellungskosten nicht vorlägen. Bei der Anwendung des Ertragswertverfahrens seien danach die Aufwendungen für Modernisierung und die gegebenenfalls aus denkmalpflegerischer Sicht besonderen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen wertmindernd zu berücksichtigen. Da dieses in dem Gutachten B… auch berücksichtigt worden sei, sei es insoweit auch nicht fehlerhaft. Aufgrund der vom Gutachter festgestellten negativen Ertragswerte wäre ein positiver Kaufpreis von 1,– DM aus wirtschaftlichen Gründen eigentlich nicht zu rechtfertigen. Es sei allerdings zu berücksichtigen, dass es dem Kläger möglich gewesen sei, die Kosten für Instandsetzung, Modernisierung und Umbau durch die Gewährung staatlicher Investitionszuschüsse von knapp 50 % für bestimmte Investitionen kleiner und mittlerer Unternehmen niedriger als im Gutachten zu halten. Wie sich aus dem eingereichten Zuwendungsbescheid vom 22.06.1999 ergebe, sei dieser Zuschuss in Höhe von 11.885.000,– DM auch tatsächlich gewährt worden. Dadurch erhöhe sich jedoch nicht der Verkehrswert. Denn seine – des Klägers – Möglichkeiten zur kostengünstigen Instandsetzung hätten für die Bestimmung des Ertragswertes gegenüber einem anderen Erwerber, der diese Möglichkeiten nicht habe, keine Rolle spielen können. Es wäre bei einem negativen Ertragswert geblieben. Die Verkäuferin habe sich zudem acht Jahre lang erfolglos bemüht, das Grundstück zu veräußern. Unter diesen Umständen müsse die Bereitschaft des Klägers, einen Betrag von 1,– DM zu zahlen, als ein Vertragskonsens auf niedrigstem gemeinsamen Nenner angesehen werden.
Der Kläger beantragt,
abweichend von dem Bescheid vom 25.04.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.05.2003 die Grunderwerbsteuer auf 0,– DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und sein Vorbringen im Klageverfahren 4 K 189/02.
Das Gericht hat neben den Grunderwerbsteuerakten die Akten 4 K 189/02 und die dieses Verfahren betreffenden Grundbesitzwertakten des Beklagten beigezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt nicht die Rechte des Klägers.
Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer in der Einspruchsentscheidung ist nicht zu beanstanden. Auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dieser Entscheidung zu § 367 Abs. 2 Satz 2 AO wird gemäß § 105 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung – FGO – hingewiesen.
Der streitige Erwerbsvorgang unterliegt der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich nicht etwa um eine Schenkung im Sinne des Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetzes. Eine freigebige Zuwendung scheidet aus, wie sich aus den vom Kläger übernommenen Verpflichtungen ergibt. Außerdem ist ein Schenkungswille nicht ersichtlich, zumal die Verkäuferin an die für öffentlich-rechtliche Körperschaften bestehende Verpflichtung, nichts an Private zu verschenken, gebunden war.
Im Streitfall ist vielmehr § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG (in der bis zum 31.03.1999 geltenden Fassung) anwendbar, da eine Gegenleistung für die Überlassung des Grundstücks nicht vorhanden ist. Die Verpflichtungen des Klägers zur Vornahme von Investitionen und zur Beschäftigung stellen keine Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne dar (vergleiche Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 07.12.1994 II R 9/92, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1995, 268).
Der Kaufpreis von 1,– DM ist keine Gegenleistung im Sinne des § 8 Abs. 1 GrEStG. Es handelt sich nicht um eine ernsthafte Leistung. Maßgebend ist, dass keine Relation zum Wert vom Grund und Boden von 765.800,– DM besteht und erst recht nicht zum Sachwert des Grundstücks in Höhe von 8.727.000,– DM. Entgegen der Auffassung des Klägers ist auf die in dem Gutachten B… aufgezeigten negativen Ertragsvarianten nicht abzustellen. Denn jede dieser beschriebenen Möglichkeiten bedeutete, dass der Kläger unter Berücksichtigung seiner oben erwähnten Verpflichtungen in einer Zeitspanne von 25 Jahren Beträge zwischen 5 und 11 Mill. DM zuschießen müsste, um das Objekt „am Leben zu erhalten”. Dies widerspricht indes ökonomischer Vernunft. Jeder vernünftig kalkulierende Kaufmann würde derartige ihn finanziell belastende Verluste nicht in Kauf nehmen. In- wiefern dies auf den Erwerber eines Liebhaberobjektes, der aus ideellen Gründen ein Schloss trotz hoher Verluste kauft und bewirtschaftet, zutrifft, kann dahinstehen. Der Kläger hat nämlich nicht aus Liebhaberei das streitige Grundstück erworben, wie sich z. B. aus seinem Schreiben vom 19.10.2000 an das Finanzamt ergibt. Er behauptet auch nicht, dass ihm die Gewinnerzielungsabsicht hinsichtlich des Kaufs und der Unterhaltung des Schlossgrundstücks fehle.
Gegen die Maßgeblichkeit des Gutachtens B… spricht auch das eigene Vorbringen des Klägers, wonach er mit erheblich niedrigeren Reparaturkosten rechnete. Auch das Urteil des BGH vom 24.01.1963 (III ZR 149/61, Neue juristische Wochenschrift 1963, 906) hält die Instandsetzungskosten nicht für entscheidend hinsichtlich des Verkehrswertes, weil diese regelmäßig weniger überschaubar seien als die Herstellungskosten.
Maßgeblich ist vielmehr, was der Kläger mit dem Grundstück anfangen konnte und wollte. Dabei spielten die vom Gutachter zugrunde gelegten Instandsetzungskosten keine entscheidende Rolle, sonst hätte der Kläger das Grundstück nicht erworben. Der objektive Ertragswert ist für die Bestimmung der Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne auch deshalb ohne Bedeutung, weil zukünftige Erfolgsaussichten oder Risiken im Rahmen des § 8 GrEStG keine Bedeutung haben (siehe BFH, a. a. O.).
Ein möglicher – objektivierbarer – negativer Ertragswert ist vor allem deshalb nicht maßgeblich, wenn er wie hier nicht Grundlage der Kaufentscheidung ist, sondern nur dazu diente, eine symbolische Gegenleistung zu begründen. Jedenfalls spielt ein derartiger negativer Wert dann keine Rolle, wenn die mit dem Grundstückserwerb verbundenen objektiven Sachwerte unter Berücksichtigung des vom Kläger erwähnten Zuwendungsbescheides vom 22.06.1999, der allerdings die Schloss Boitzenburg KG (an die der Kläger das Schlossgrundstück noch Ende 1998 verkauft hatte) betraf, bzw. unter Berücksichtigung der vom Kläger selbst erwähnten Förderung von Mittelständlern eine auf längere Zeit gesehen nicht verlustbringende Bewirtschaftung des Schlossgrundstücks ermöglichen. In diesem Fall ist ferner die vom Gutachter angenommene Höhe der Instandsetzung- und Modernisierungskosten nicht geeignet, einen negativen Ertragswert zu begründen. Der Kläger selbst hat gegenüber dem Finanzamt darauf hingewiesen, dass er die Reparaturen erheblich preiswerter ausführen könne.
Unter Berücksichtigung dessen sind die Vertragspartner davon ausgegangen, dass mit dem streitigen Verkauf wegen der wirtschaftlichen Risiken gerade keine besondere Gegenleistung verbunden werden soll. Der Ansatz von 1,– DM hat demnach nur die Bedeutung eines buchungstechnischen Erinnerungswertes. Der Kläger sollte ein wirtschaftlich problematisches Objekt erhalten, dessen Bewirtschaftung durch die Verkäuferin nicht in Betracht kam. Der aus dem Gutachten folgende negative Ertragswert war Anlass dazu, keine ernsthafte Gegenleistung im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne festzulegen, sondern auf die anderen Verpflichtungen des Klägers abzustellen. Ausschlaggebend ist ferner, dass sich der streitige Ertragswert allein auf die Zeit nach dem Erwerb bezieht und erst zukünftig relevante Betriebsvarianten betrifft. Es kommt indes nur auf den Wert des betreffenden Grundstücks im Zeitpunkt des Erwerbs, d. h. des Abschlusses des Kaufvertrages an. Ist nach alledem das Gutachten B… für die Bestimmung der Gegenleistung nicht rechtserheblich, bleibt entscheidend, dass der Preis von 1,– DM in keiner angemessenen Relation zum Grundstückswert steht. In einem derartigen Fall ist keine Gegenleistung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG vorhanden (vergleiche auch Hofmann, Kommentar zum GrEStG, 8. Auflage, § 8 Textziffer – Tz. – 30). Die fehlende Relation ergibt sich aus dem, was der Kläger tatsächlich erworben hat: nämlich ein Grundstück mit einem Sachwert von 8.727.000,– DM, wobei allein der Grund und Boden einen Wert von 765.800,– DM hat. Unter weiterer Berücksichtigung der vom Kläger offensichtlich erwarteten rentablen Bewirtschaftung des streitigen Objektes (siehe oben) steht nach alledem der Kaufpreis von 1,– DM außer Verhältnis zu den erworbenen Sachwerten. Der Kläger hat schließlich kein Abrissgrundstück erworben, sondern ein Objekt mit erheblichem Substanzwert. Bereits aus diesem Grund ist das von dem Kläger erwähnte Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern hier nicht anwendbar.
An der fehlenden Relation zwischen „Kaufpreis” von 1,– DM und erworbenen Sachwerten ändern die in dem Kaufvertrag vereinbarten Verpflichtungen des Klägers nichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage, ob der Erwerb eines bebauten Grundstücks zu 1,– DM wegen des erheblichen Substanzwertes trotz hohem negativen Ertragswertes eine symbolische Leistung darstellt, höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.