08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 27.07.2005 – V 142/05
Derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann mittels Duldungsbescheids in Anspruch genommen werden. Die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung kann auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F. (Absichtsanfechtung) gestützt werden.
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren streiten die Beteiligten darüber, ob der Antragsgegner die Antragstellerin zu Recht im Wege der Gläubigeranfechtung durch Duldungsbescheid gemäß § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens vom 21.7.1879 i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.5.1898, RGBl S. 369, 709), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4.7.1980, BGBl I S. 836, (AnfG a.F., nachstehend: AnfG) auf Ersatz des Wertes eines von dem Ehemann erworbenen Grundstücks in Anspruch nimmt.
Mit notariell beurkundetem Grundstücksüberlassungsvertrag vom 5.3.1997 übertrug der Ehemann der Antragstellerin, Herr ... (W), seiner Ehefrau ein in A, X-Straße belegenes 507 qm großes Grundstück (Amtsgericht G, Grundbuch von A Blatt ...). In § 3 des Vertrages regelten die Vertragsparteien, dass die Antragstellerin die durch die in Abteilung III einzutragenden (wohl: eingetragenen) Grundschulden über nominal 830.000 DM und DM 200.000 gesicherten Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 940.000 DM mit Wirkung ab Verrechnungstag übernimmt. Im übrigen wird auf den Vertrag (Blatt 36 bis 41 Rechtsbehelfsakten) Bezug genommen. Die Auflassungsvormerkung wurde am 11.3.1997 und die Antragstellerin als Eigentümerin am 22.12.1997 in das Grundbuch eingetragen.
Das ursprünglich auf dem Grundstück befindliche Gebäude war am 15.11.1995 abgebrannt. Der Sachverständige der Versicherung (V Versicherungsgesellschaft) schätzte den Neuwertschaden mit insgesamt 1.256.383 DM und dem Zeitwertschaden mit 785.200 DM. Eine Abbruchgenehmigung war am 21.5.1996 und eine Baugenehmigung für Wiederaufbau und Erweiterung eines Wohnhauses mit Gaststätte war am 5.2.1997 erteilt worden.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstücksübertragungsvertrages beinhaltete das Grundbuch in Abteilung III unter der laufenden Nr. 4 eine Grundschuld für die B-Kredit Aktiengesellschaft (später: C AG) in Höhe von 830.000 DM (eingetragen am 10.11.1992) und unter der laufenden Nr. 5 eine Grundschuld für die E-Bank in Höhe von 200.000 DM (eingetragen am 19.11.1993).
Die Grundschuld in Höhe von 830.000 DM (Nr. 4) valutierte am 5.3.1997 noch mit 740.830,29 DM. Am 7.3.1997 wurde der Gesamtentschädigungsbetrag für den Brandschaden vom November 1995 in Höhe von 1.256.383 DM zur Auszahlung gebracht. Ein Betrag in Höhe von 925.583 DM wurde dem Darlehenskonto (Nr. ...73) des W bei der B-Bank, gutgebracht und das bestehende Darlehen in voller Höhe zurückgeführt. Am 13.5.1997 erteilte die Bank daraufhin die Löschungsbewilligung für die im Grundbuch (Blatt 1720) zu Gunsten der B-Kredit Aktiengesellschaft in Abteilung III Nr. 4 eingetragene Grundschuld von 830.000 DM. Die Grundschuld wurde am 22.12.1997 im Grundbuch gelöscht.
Für die Grundschuld in Höhe von 200.000 DM (Nr. 5) lag im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits die Löschungsbewilligung der E-Bank AG vom 26.2.1997 zu Gunsten des damaligen Eigentümers W vor. Diese Grundschuld wurde zeitgleich mit der Eintragung des nachfolgenden Erwerbers als Eigentümer am 19.1.2000 im Grundbuch gelöscht.
Nach vorheriger Anhörung erklärte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin durch Duldungsbescheid vom 22.9.1998 wegen Steuerschulden der ”... Handelsgesellschaft ... (F), Inhaber ... (W) ” in Höhe von insgesamt 998.987,20 DM die Anfechtung u.a. des Grundstücksüberlassungsvertrags betreffs des in A belegenen Anwesens und ordnete die Duldung der Vollstrekkung in dieses Grundstück an. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid vom 22.9.1998 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 25.10.1998 legte die Antragstellerin gegen den Duldungsbescheid vom 22.9.1998 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.
Am 25.1.1999 stellte das Finanzamt G den Bodenwert des Grundstücks zum 1.2.1999 auf 152.100 DM (77.767,50 EUR) fest. Im Jahre 1999 veräußerte die Antragstellerin das streitige Grundstück; der neue Eigentümer wurde am 19.1.2000 in das Grundbuch eingetragen. Am selben Tag wurde die zu Gunsten des Antragsgegners am 11.3.1997 eingetragene Sicherungshypothek in Höhe von 22.046,36 DM gelöscht.
Mit Einspruchsentscheidung vom 30.5.2005 beschränkte der Antragsgegner die Inanspruchnahme der Antragstellerin durch Duldungsbescheid auf das streitige Grundstück und ordnete Rückgewähr durch Wertersatz in Geld in Höhe von 66.495,37 EUR (130.053,64 DM) an, den es wie folgt berechnete: Grundstückswert 152.100,00 DM abzüglich Sicherungshypothek 22.046,36 DM 130.053,64 DM. Im übrigen wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Die Ansprüche des Antragsgegners gegenüber W beliefen sich im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung auf insgesamt 1.016.020,12 EUR. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung (Blatt 360 bis 365 FG-Akte) Bezug genommen.
Am 1.7.2005 hat die Antragstellerin zum Az. V 141/05 Klage erhoben. Über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden.
Die Antragstellerin trägt vor: Es ergäben sich keine Wertüberschussaspekte für die Antragstellerin. Da das auf dem Grundstück befindliche Gebäude bereits im November 1995 abgebrannt und eine Abbruchgenehmigung am 21.5.1996 erteilt gewesen sei, sei der Versicherungsanspruch auf die Antragstellerin übergegangen. Die Zahlung sei zwar an ihren Ehemann erfolgt; dieser habe aber für sie das übernommene Darlehen bei der B-Kredit Aktiengesellschaft getilgt, denn die Versicherungsleistung sei rechtlich ein Surrogat für das Grundstück. Der Erstattungsbetrag von 925.583 DM sei um den Differenzbetrag für den in dem ursprünglichen Entschädigungsbetrag enthaltenen Neuwertanteil in Höhe von 471.183 DM, wie er aus dem Schreiben der V Versicherung hervorgehe, zu kürzen. Der Betrag von 200.000 DM sei zu Lasten eines Verrechnungskontos der Klägerin bei der ... (W) Vertrieb GmbH vor Abschluss des Kaufvertrages getilgt worden. Der Grundstückswert zum Stichtag 23.12.1997 sei zu hoch angenommen worden, da die Räumungskosten nicht berücksichtigt worden seien. Am Stichtag seien noch die gesamten Trümmer bzw. Gebäudereste auf dem Grundstück gewesen. Diese seien erst Anfang 1998 geräumt worden.
Die Antragstellerin beantragt, wegen des von dem Antragsgegner geltend gemachten Zahlungsanspruches in Höhe von 66.495,37 EUR Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzuweisen.
Der Antragsgegner trägt vor: Dass zum Zeitpunkt der Übertragung noch Gebäudereste vorhanden gewesen seien, sei nicht glaubhaft gemacht. Grundstücke würden aber auch nicht niedriger bewertet, wenn sich noch abzureißende Gebäude darauf befänden. Etwaige Aufräumkosten wären nicht hoch gewesen.
Im Ergebnis habe die Antragstellerin ein unbelastetes Grundstück erhalten. Die Grundschuld in Höhe von 830.000 DM, die zum Erwerbszeitpunkt noch mit 740.830,29 DM valutiert habe, sei durch eine Zahlung in Erfüllung eines Anspruchs ihres Ehemanns abgelöst worden. Daran ändere auch nichts, dass die Versicherung später einen Teil des Auszahlungsbetrages von ihrem Ehemann zurückgefordert habe.
Hinsichtlich der Grundschuld über 200.000 DM habe die Antragstellerin zunächst behauptet, das zu Grunde liegende Darlehen im zweiten Halbjahr 1997 getilgt zu haben. Nunmehr trage sie vor, dass die Tilgung vor Abschluss des Überlassungsvertrages erfolgt sei. Dieser Vortrag sei in keiner Weise glaubhaft gemacht. Schließlich sei erheblich, dass selbst nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin am Verrechnungstag keine Darlehensverbindlichkeit, die hätte übernommen werden können, bestanden habe. Auch insoweit habe sie keine Gegenleistung erbracht.
Dem Gericht haben die Akten „Duldungsbescheide” und die Rechtsbehelfsakten zur Steuernummer ... vorgelegen.
Gründe
II.
1. Der Antrag ist zulässig.
Ein Antrag auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung bei dem Gericht ist gemäß § 69 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich nur zulässig, wenn die Behörde einen solchen Antrag zuvor ganz oder teilweise abgelehnt hat. Dies gilt jedoch gemäß § 69 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 FGO nicht, wenn die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Diese Voraussetzung ist regelmäßig gegeben, wenn die Behörde - wie im Streitfall - eine Einspruchsentscheidung erlässt, aber über den gleichzeitig mit dem Einspruch gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht befindet (vgl. BFH, Beschluss vom 14.3.2001, VI B 279/99, BFH/NV 2001, 1237).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach summarischer Prüfung hält der Duldungsbescheid vom 22.9.1998 einer rechtlichen Prüfung stand.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder - was im Streitfall nicht vorgetragen und aus den Akten auch nicht ersichtlich ist - seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Tatfragen auslösen. Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ist für die Aussetzung der Vollziehung nicht erforderlich (vgl. BFH, Beschluss vom 23.8.2000, VII B 145, 146/00, BFH/NV 2001, 75).
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids liegen im Streitfall nicht vor. Nach gebotener summarischer Prüfung anhand der präsenten Beweismittel hat der Antragsgegner die Antragstellerin für die rückständigen Steuern und steuerliche Nebenleistungen ihres Ehemanns zu Recht persönlich in Höhe von 66.495,37 EUR (130.053,64 DM) in Anspruch genommen. Die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz ist zutreffend erfolgt. Der Rückgewähranspruch geht auf Wertersatz.
Nach § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, mittels Duldungsbescheids in Anspruch genommen werden. Die Pflicht zur Duldung der Zwangsvollstreckung hat der Antragsgegner im Streitfall zu Recht auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG gestützt. Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens i.d.F. vom 5.10.1994 (BGBl I S. 2911) - AnfG 1999 - ist das AnfG i.d.F. der Bekanntmachung vom 20.5.1898 weiter auf die Fälle anzuwenden, bei denen - wie im Streitfall - die Anfechtbarkeit vor dem 1.1.1999 gerichtlich geltend gemacht worden ist. Diese Übergangsregelung des § 20 Abs. 2 Satz 2 AnfG 1999, ist nach Art. 97 § 11b Satz 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO 1977) i.d.F. von Art. 18 Nr. 5 des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22.12.1999 (BGBl I, 2601) mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Erlass eines Duldungsbescheids vor dem 1.1.1999 der gerichtlichen Geltendmachung vor dem 1.1.1999 gleichsteht (vgl. BFH, Beschluss vom 3.6.2004, VII B 295/03, BFH/NV 2004, 1415).
Die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz kann danach auch durch Duldungsbescheid gemäß § 191 AO geltend gemacht werden. Im Streitfall ist nach summarischer Prüfung der vom Antragsgegner mit dem angefochtenen Duldungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 30.5.2005 gegen die Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstrekkung begründet.
Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG (Absichtsanfechtung) sind Rechtshandlungen anfechtbar, welche der Schuldner in der dem anderen Teile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat.
Besteht ein Rechtsgeschäft wie im Falle des Grundstücküberlassungsvertrages mit Auflassung aus mehreren Rechtsakten (schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft, dingliches Erfüllungsgeschäft), so ist grundsätzlich der Gesamtvorgang als einheitliche Rechtshandlung i.S. des Anfechtungsrechts anzusehen. Das bedeutet, dass die Anfechtung erst nach Abschluss des Gesamtvorgangs in Betracht kommt. Dies tritt bei einer Grundstücksübertragung erst ein, wenn die Eintragung im Grundbuch erfolgt und der Übernehmer damit Eigentümer des Grundstücks geworden ist. In diesem Zeitpunkt muss die Benachteiligungsabsicht gegeben sein (vgl. BFH, Urteil vom 15.10.1996, VII R 35/96, BFHE 181, 268, BStBl II 1997, 17).
Im Streitfall wurde der zwischen der Antragstellerin und W abgeschlossene Grundstücksüberlassungsvertrag mit Duldungsbescheid vom 22.9.1998 angefochten, nachdem die Antragstellerin am 22.12.1997 als Eigentümerin des streitigen Grundstücks im Grundbuch eingetragen worden war.
Durch die Rechtshandlungen des W wurde sein der Zwangsvollstreckung unterliegendes Vermögen verringert und seine Gläubiger objektiv dergestalt benachteiligt, dass ihre Zugriffslage durch die Rechtshandlung des Schuldners beeinträchtigt ist. Denn durch die Übertragung des Grundstücks auf die Antragstellerin wurde ein unmittelbarer Vollstreckungszugriff auf das Grundstück vereitelt.
Nach summarischer Prüfung wurde die hierdurch eingetretene Schmälerung des Schuldnervermögens und die damit verbundene Gläubigerbenachteiligung von W auch beabsichtigt. Hierzu reicht grundsätzlich bedingter Vorsatz, nämlich das Bewusstsein, dass sich seine Handlungsweise zum Nachteil aller oder einzelner Gläubiger auswirken könnte, und das Inkaufnehmen dieser Folge, aus (vgl. Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 30.8.1999 6 K 2858/97).
Dass W im maßgeblichen Zeitpunkt der Eigentumsübertragung auf die Antragstellerin mit der Absicht, Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat, ergibt sich aus objektiven Merkmalen, wie z.B. aus den zahlreichen Vollstreckungsversuchen des Antragsgegners sowie der Höhe seiner Steuerschulden. Gleiches gilt für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Antragstellerin selbst. Der Senat geht mangels abweichenden Vortrags davon aus, dass sich die Eheleute über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des W ausgetauscht haben. Ein eigenwirtschaftliches Interesse der Antragstellerin ist zudem nicht erkennbar.
Schließlich hat der Antragsgegner nach summarischer Prüfung zu Recht gegenüber der Antragstellerin einen Wertersatzanspruch gem. § 7 Abs. 1 AnfG in Höhe von 66.495,37 EUR geltend gemacht.
Ist der erworbene Gegenstand nachträglich untergegangen, in seinem Zustand verschlechtert oder in seinem Verkehrswert gemindert worden oder hat der Anfechtungsgegner die Herausgabe in Form der Duldung der Vollstreckung auf andere Weise unmöglich gemacht, ist der Rückgewähranspruch durch Wertersatz zu erfüllen. Der Wertersatzanspruch ist, wie sich aus § 7 Abs. 1 AnfG ergibt, lediglich eine Modalität des Duldungsanspruchs. Der Anfechtungsgegner erfüllt die ihm nach § 7 Abs. 1 AnfG obliegende Duldungspflicht (Rückgewährpflicht) infolge nachträglichen Eintritts der genannten Umstände nunmehr - als Surrogat für den nicht mehr in seinem Vermögen vorhandenen Gegenstand - durch Zahlung von Wertersatz (vgl. BFH, Beschluss vom 7.2.2002, VII B 14/01, BFH/NV 2002, 757; Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 28.6.1990, 8 B 64.90, NJW 1991, 242).
Dass der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung vom 30.5.2005 den Anspruch auf Wertersatz in Geld auf die Rechtsgrundlage des § 11 AnfG (offensichtlich i.d.F. vom 5.10.1994) und nicht auf § 7 AnfG (i.d.F. vom 20.5.1898) gestützt hat, ist unschädlich. Durch die Anwendung des § 7 AnfG liegt insofern weder eine (unzulässige) Auswechslung des dem Duldungsbescheid zugrunde liegenden Lebenssachverhalts vor, noch wird damit über den vom Bescheid erfassten Lebenssachverhalt hinausgegriffen. Diese Grenze ist im Streitfall nicht überschritten.
Der Antragsgegner hat nach summarischer Prüfung zu Recht zur Bemessung der Höhe des Wertersatzes die Darlehen, die durch die vormals eingetragenen Grundschulden in Höhe von 830.000 DM und 200.000 DM besichert worden waren, unberücksichtigt gelassen. Zwar hatte sich die Antragsgegnerin im Grundstücksüberlassungsvertrag zur Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten, deren Besicherung die Grundschulden dienten, im Wege einer befreienden Schuldübernahme i.S. des § 415 BGB verpflichtet. Die Verbindlichkeiten minderten jedoch im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Vermögensübergangs nicht den Wert des Grundstücks. Denn am 22.12.1997 bestand die Darlehensverpflichtung, die mit der Grundschuld in Höhe von 830.000 DM besichert worden war, nicht mehr. Das Darlehen war durch W am 19.3.1997 bei der B-Bank Aktiengesellschaft aus der Versicherungsleistung aufgrund des Brandschadens in voller Höhe getilgt worden. Die Löschungsbewilligung für die Grundschuld war am 13.5.1997 erteilt und die Grundschuld am Tag des Eigentumsübergangs auf die Antragstellerin gelöscht worden. Nichts anderes gilt für das der Grundschuld in Höhe von 200.000 DM zugrunde liegende Darlehen. Diese Grundschuld wurde zwar erst im Zeitpunkt der Eintragung des nachfolgenden Eigentümers am 19.1.2000 im Grundbuch gelöscht. Das mit dieser Grundschuld besicherte Darlehen war jedoch schon vor Abschluss des Grundstücksüberlassungsvertrags mit der Antragstellerin getilgt und die Löschungsbewilligung der E-Bank AG am 26.2.1997 dem W erteilt worden. Eine Grundschuld aber, die der Besicherung eines nicht mehr valutierendes Darlehen diente und für die der Grundschuldgläubiger die Löschungsbewilligung erteilt hat, kann für die Bemessung des Grundstückswertes keine Wirkung entfalten.
Soweit die Antragstellerin gegen die Berechnung des Wertersatzanspruchs durch den Antragsgegner des weiteren einwendet, dass Räumungskosten hätten berücksichtigt werden sollen, hat sie es versäumt, substantiiert darzulegen, in welchem Zustand sich das Grundstück in Zeitpunkt des Eigentumsübergangs auf die Antragstellerin befunden hat und präsente Beweismittel vorzulegen. Auch den Umfang der Räumungskosten zu bezeichnen, hat die Antragstellerin unterlassen. Insoweit braucht im summarischen Verfahren nicht entschieden zu werden, ob und in welcher Höhe Räumungskosten zu berücksichtigen gewesen wären.
Der Antragsgegner hat die Anfechtung ordnungsgemäß durch Duldungsbescheid gem. § 191 Abs. 1 AO geltend gemacht. Aus dem Bescheid lassen sich eindeutig Duldungspflichtige und Steuerschuldner sowie - anhand der Anlage - die einzelnen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, für die die Duldungspflicht besteht, gegliedert nach Steuerart, Zeitraum und Höhe erkennen. Auch die Art und Weise der Duldung der Zwangsvollstreckung, die sich im Streitfall auf Wertersatz in Geldleistung erstreckt, ist dargestellt. Die notwendigen Ermessenserwägungen hinsichtlich der Entschließung zum Erlass des Duldungsbescheides wegen Erfolglosigkeit der Vollstreckung bei W als auch hinsichtlich der Notwendigkeit der Auswahl der Klägerin sind fehlerfrei getroffen worden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Beschwerde folgt aus § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 FGO.