08.01.2010
Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 06.06.2002 – 10 K 107/99
1. Ein Gipser- und Stukkateur kann entweder aufgrund betriebsbezogener oder aufgrund branchenbezogener Erfahrungen eine Pauschalrückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen bilden (hier: Anerkennung einer Pauschalrückstellung nach Branchenerfahrungen auf der Basis von Erhebungen der OFD Münster in Höhe von 1,5 % des garantieverpflichteten Sollumsatzes eines Jahres).
2. Der Nachweis einer auf eigene betriebliche Erfahrungen gestützten Pauschalrückstellung setzt voraus, dass zusammenhängend über mehrere Jahre hinweg Aufzeichnungen über die ausgeführten Nachbesserungsarbeiten geführt werden, aus denen insbesondere hervorgeht, wann die zugrunde liegende Leistung ausgeführt worden ist und zu welchem Zeitpunkt die Garantiearbeiten ausgeführt worden sind.
3. Zur Ermittlung des garantiebehafteten Umsatzes, wenn gleichzeitig Einzel- und Pauschalrückstellungen gebildet werden.
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Finanzrechtsstreit
wegen Körperschaftsteuer 1997, gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG, einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag, Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags
hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2002 durch
Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …
Richter am Finanzgericht … und …
ehrenamtliche Richter … und …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH, die ein Gipser- und Stukkateurgeschäft betreibt. Wegen der Gewährleistungsverpflichtungen bildet die Klägerin Pauschalrückstellungen. Zwischen dem Beklagten (dem Finanzamt –FA–) und der Klägerin ist streitig, welche Pauschalrückstellungen die Klägerin der Höhe nach ansetzen darf.
Streitjahr ist das Jahr 1997. Die Auseinandersetzung über die zulässige Höhe der Pauschalrückstellungen besteht indes schon länger. Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1988 bis 1990 hatte der Prüfer beabsichtigt, statt einer Pauschalrückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen in Höhe von 0,8 v.H. des Umsatzes der letzten vier Jahre nur eine Pauschalrückstellung in Höhe von 0,5 v.H. der Umsätze der letzten beiden Jahre 1990 und 1989 anzuerkennen. Die Klägerin hatte darauf eine Einzelaufstellung vorgelegt mit der Überschrift „1990 Nacharbeiten bezw. Rekl.”, die einen Nettobetrag von 22.088,60 DM ergab. Die Aufstellung schloss mit dem vom Geschäftsführer der Klägerin unterzeichneten Zusatz: „Ab sofort werden die Nacharbeiten bezw. Reklamationen gleich aufgestellt u. vermerkt, bezw. vom Kunden oder Arch. bestätigt.” Entsprechend vermerkte der Prüfer, der zunächst nur eine Pauschalrückstellung in Höhe von 10.770 DM anerkennen wollte, in den Handakten: „Höhere Gewährleistungen wurden nachgewiesen. Lt. Sgl … bisherigen Betrag anerkennen. Künftig werden Einzelaufstellungen geführt.”
In den Jahren 1993 bis 1995 hatte die Klägerin wieder Pauschalrückstellungen in Höhe von 0,8 v.H. des Nettoumsatzes der jeweils letzten vier Jahre gebildet, die vom FA nicht beanstandet wurden. Im Jahr 1996 setzte die Klägerin eine Pauschalrückstellung in Höhe von 1 v.H. des Nettoumsatzes der letzten vier Jahre an. Das FA forderte die Klägerin daraufhin mit Schriftsatz vom 2. Februar 1998 auf, eine Kopie der Aufzeichnungen über Gewährleistungsansprüche einzureichen. Eine Pauschalrückstellung von 1 v.H. der Umsätze der letzten vier Jahre sei nicht möglich. Ohne Nachweis der Aufzeichnungen könnten 0,5 v.H. der Umsätze der letzten beiden Jahre als Rückstellung anerkannt werden. Die Klägerin teilte dem FA daraufhin mit, dass eigentlich eine Rückstellung in Höhe von 2 v.H. richtig sei, weil die Klägerin auch Subunternehmer beschäftige, für die sie hafte. Die angeforderten Aufzeichnungen wurden nicht vorgelegt. Das FA berücksichtigte in der Folge mit dem Körperschaftsteuerbescheid 1996 vom 30. März 1998 (zwar) die angesetzte Gewährleistungsrückstellung. In der Anlage zu dem Bescheid teilte das FA der Klägerin indes mit: „Pauschale Rückstellungen für Gewährleistungen werden ohne Nachweis eines höheren Erfahrungssatzes für Veranlagungszeiträume ab 1997 nur noch für maximal 2 % des Sollumsatzes eines Jahres anerkannt. Höhere pauschale Rückstellungen werden nur dann anerkannt, wenn der Erfahrungssatz aus Inanspruchnahmen der Vorjahre anhand aussagekräftiger Aufzeichnungen nachgewiesen wird.”
Im Streitjahr 1997 setzte die Klägerin in der am 24. Juni 1998 aufgestellten Bilanz –wie im Vorjahr 1996– Rückstellungen für Gewährleistungsverpflichtungen in Höhe von 1 v.H. der Umsätze der letzten vier Jahre an (Rückstellungsbetrag 49.079 DM). Die Körperschaftsteuererklärung ging am 31. Juli 1998 beim FA ein. Aufzeichnungen über die Inanspruchnahmen der Vorjahre wurden nicht vorgelegt. Das FA ließ darauf für das Streitjahr mit Bescheiden vom 8. Oktober 1998 bei der Körperschaftsteuerveranlagung, der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 KStG, der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags und bei der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags nur eine Pauschalrückstellung in Höhe von 2 v.H. des Sollumsatzes 1997 zu (Rückstellungsbetrag von 23.000 DM). Das FA wies in der Anlage zu dem Körperschaftsteuerbescheid 1997 darauf hin, dass „Nachweise für höhere Erfahrungswerte anhand Daten der Vorjahre” trotz Aufforderung in der Anlage zum Steuerbescheid 1996 nicht vorgelegt wurden.
Mit dem Einspruch trug die Klägerin vor, dass inzwischen jeder Auftraggeber eine Gewährleistung für fünf Jahre verlange. Das FA gehe demgegenüber zu Unrecht davon aus, dass die Klägerin nur für zwei Jahre die Gewährleistung trage. Die Klägerin wies weiter darauf hin, dass es bei Unternehmen wie dem der Klägerin zwar nicht jedes Jahr zu Reklamationen käme. Komme es jedoch zu Reklamationen, seien diese inzwischen in der Regel mit erheblichen Kosten verbunden. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das FA führte in der Einspruchsentscheidung aus, dass mangels Nachweises höherer Inanspruchnahmen nur eine branchenübliche Pauschalrückstellung von 2 v.H. des Sollumsatzes (rd. 23.000 DM) anerkannt werde. Dieser pauschal ermittelte Rückstellungsbetrag decke sich mit den in der Vergangenheit nachgewiesenen Kosten aus Gewährleistungen. Etwaige Preissteigerungen würden bei der pauschalen Berechnungsmethode über die Bemessungsgrundlage (Umsatz) erfasst.
Mit der Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, das FA habe die angesetzte Pauschalrückstellung zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt. Zwar habe die Klägerin in der Vergangenheit wenige Garantieleistungen ausführen müssen. Dies sei jedoch nicht zwingend und es sei auch nicht absehbar, dass sich dies so fortsetze. Die Klägerin müsse inzwischen für ihre Arbeiten in der Regel fünf Jahre haften, was dem heutigen Standard entspreche. Ferner steige das Risiko der Inanspruchnahme wegen der zunehmenden Einschaltung ausländischer Subunternehmer. Außerdem würden oftmals aus Gründen der Kulanz Schäden beseitigt, die die Klägerin nicht verursacht habe. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, das FA verwechsle im Blick auf die geforderten Nachweise den Begriff der Rückstellungen mit dem der sonstigen Verbindlichkeiten. Das FA verlange von der Klägerin etwas Unmögliches, soweit Nachweise über Ereignisse verlangt würden, die erst in der Zukunft einträten.
Die Klägerin hat ferner mit Schriftsatz vom 14. Juli 2000 eine handschriftliche „Aufstellung über Nachbesserungsarbeiten 1997” vorgelegt (s. FG-Akten Bl. 44 f). Darin sind insgesamt 18 Posten aufgeführt, die mit Kosten in Höhe von 40.195.10 DM bewertet werden. In der Aufstellung sind die Lohnaufwendungen überwiegend mit 74,50 DM pro Stunde sowie vereinzelt mit 70,80 DM und mit 85 DM angesetzt. Der Prozessbevollmächtigte bezifferte den Gesamtaufwand in dem begleitenden Schriftsatz allerdings – von der Aufstellung der Klägerin insoweit abweichend – mit 48.106,20 DM und wies zur Begründung darauf hin, dass ein Ansatz von 74,50 DM pro Stunde bei weitem zu niedrig sei. Dies habe seine Ursache im Ansatz der Lohnkosten für die Geschäftsführung. Im Wege der Schätzung sei der Geschäftsführer G. mit 10 v. H. seines Lohnaufwandes und der weiter in der Geschäftsführung tätige S. mit 40 v. H. als „Iohnproduktiv” angesehen worden. Der Prozessbevollmächtigte errechnete entsprechend Gemeinkosten pro Stunde von 51,95 DM und Lohnkosten der Arbeitnehmer von 44,25 DM pro Stunde und damit insgesamt Kosten von 96,20 DM pro Stunde. Auf den Schriftsatz vom 14. Juli 2000 wird Bezug genommen.
Das FA hat der Klage –im Blick auf die vorgelegte Einzelaufstellung– mit Änderungsbescheiden vom 24. Mai 2002 teilweise abgeholfen und eine Gewährleistungsrückstellung in Höhe von 40.195,10 DM berücksichtigt.
Die Klägerin beantragt, die angefochtenen Bescheide zu ändern und statt der zuletzt anerkannten Rückstellung in Höhe von 40.195 DM eine Rückstellung in Höhe von 49.079 DM zu berücksichtigen, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen und die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren anzuerkennen sowie, hilfsweise, Zulassung der Revision.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Das FA hat zur Höhe der anzuerkennenden Pauschalrückstellung zunächst vorgetragen, dass sich aus den im Rahmen der Außenprüfung für die Jahre 1988 bis 1990 vorgelegten Unterlagen für das Jahr 1990 bei einem Umsatz von 1.281.832 DM Garantieleistungen in Höhe von 20.288 DM ergaben. Dies entspreche –bezogen auf den Jahresumsatz 1990– einem Vomhundertsatz von 1,58. Ergänzend seien branchenübliche Erfahrungssätze als Vergleichsgröße heranzuziehen. Danach seien in der Branche der Klägerin Garantierückstellungen von 0,5 v.H. bis 2 v.H. eines Jahresumsatzes üblich. Die vom FA für das Streitjahr 1997 zunächst anerkannte Pauschalrückstellung in Höhe von 2 v.H. des Jahresumsatzes ergebe sich damit aus unternehmensinternen Aufzeichnungen und entspreche den branchenüblichen Erfahrungssätzen. Das FA hat weiter vorgetragen, die Verhältnisse der Klägerin hätten sich im Streitjahr im Vergleich zu den Vorjahren nicht geändert. Der Aufwand für Fremdleistungen bewege sich seit 1993 zwischen 150.000 DM und 200.000 DM. Die betriebsinternen Erfahrungssätze der zurückliegenden Jahre seien ein geeigneter Maßstab für die Bewertung der Gewährleistungsverpflichtung.
Zu der von der Klägerin vorgelegten Einzelaufstellung hat das FA vorgetragen, dass damit der Nachweis über die aus innerbetrieblichen Gründen notwendige Rückstellung dem Grund nach erbracht sei. Allerdings enthalte die Aufstellung offensichtlich Abgabepreise an Endkunden und nicht die rückstellungsfähigen Selbstkosten. Der in der Aufstellung des Geschäftsführers der Klägerin errechnete Gesamtaufwand sei daher um einen Gewinnzuschlag von 10 v.H. zu vermindern. Der vom steuerlichen Berater der Klägerin gefertigten gesonderten Berechnung könne nicht gefolgt werden. Ein Selbstkostenpreis von über 96 DM pro Stunde entspreche unter Berücksichtigung eines angenommenen Gewinnzuschlages von 10 v.H. und der Umsatzsteuer einem Preis von 123,70 DM je Arbeitsstunde, während nach Auskunft der Handwerkskammer derzeit (im Jahr 2000) für Stukkateurarbeiten Stundensätze von 70 DM bis 90 DM berechnet würden. Das FA weist ferner darauf hin, dass die Klägerin seit Jahren Überschüsse erziele. Dies belege, dass mit den in Rechnung gestellten Beträgen die Kosten mehr als gedeckt würden. Die Klägerin sei mit anderen Betrieben der Branche in Bezug auf die Kosten- und Ertragssituation vergleichbar. Es sei daher nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht begründet worden, warum der für die Bewertung der Gewährleistungsrücksfellungen angesetzte Stundensatz so außerordentlich hoch sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vom FA vorgelegten Akten einschließlich der in den Rechtsbehelfsakten abgehefteten Auszüge der Betriebsprüfungsakten Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin durfte im Streitjahr für ihre Gewährleistungsverpflichtungen zwar eine Pauschalrückstellung bilden. Der vom FA berücksichtigte Rückstellungsbetrag von 40.195,10 DM ist indes durchaus großzügig bemessen und rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Für rechtlich entstandene oder wirtschaftlich bereits verursachte vertragliche oder gesetzliche wahrscheinliche Gewährleistungs- bzw. Garantieverpflichtungen sind nach allgemeinen Grundsätzen Einzel- oder/und Pauschalrückstellungen zu bilden. Einzelrückstellungen werden grundsätzlich für die unter Berücksichtigung wertaufhellender Umstände bis zum Bilanzstichtag bekanntgewordenen wahrscheinlichen Gewährleistungsfälle gebildet; Pauschalrückstellungen stützen sich darauf, dass Inanspruchnahmen nach betriebs-, hilfsweise branchenbezogenen Erfahrungswerten der Vergangenheit in bestimmtem Umfang (i.d.R. Prozentsatz des Umsatzes) wahrscheinlich sind. Pauschalrückstellungen nach Branchen-Erfahrungen sind grundsätzlich auch bei fehlender regelmäßiger Inanspruchnahme des konkreten Betriebs zulässig, nicht aber bei Fehlen betriebs- und branchenbezogener Erfahrungen (s. Blümich/Schreiber, § 5 EStG Rz 920 „Gewährleistung” mit zahlr. Rechtsprechungsnachweisen).
Die steuerrechtliche Bewertung von Rückstellungen für Gewährleistungen richtete sich im Streitjahr nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG; für nach dem 31. Dezember 1998 endende Wirtschaftsjahre gilt nunmehr § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG. Für die Höhe von Pauschalrückstellungen sind in erster Linie die Erfahrungen der Vergangenheit maßgebend. Danach ist zu schätzen, in welchem Umfang die ausgeführten Umsätze mit Kosten für Garantieleistungen belastet sein werden. Die Beurteilung durch den Steuerpflichtigen ist nur maßgebend, wenn sie diesen Erfahrungen entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 7. Oktober 1982 IV R 39/80, BStBl II 1983, 104). Für (den Ansatz und) die Bewertung sind nach dem Stichtagsprinzip grundsätzlich die am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnisse maßgebend. Diese tatsächlichen Verhältnisse sind nach dem Kenntnisstand zu beurteilen, der zur Zeit der fristgerechten Bilanzaufstellung bestand. Dabei sind auch solche Umstände heranzuziehen, die die am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnisse „aufhellen”.
2. Nach diesen Grundsätzen durfte die Klägerin für das Streitjahr 1997 dem Grunde nach zwar eine Rückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen bilden. Denn bei einem Gipser- und Stukkateurbetrieb ist erfahrungsgemäß mit bestimmten Nacharbeiten wegen Reklamationen zu rechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Die Klägerin kann jedoch nicht verlangen, dass die Rückstellung der Höhe nach mit einem Betrag von 1 v. H. des Umsatzes der letzten vier Jahre bemessen wird. Die Klägerin hat für eine derartige Schätzung keine zureichenden betrieblichen oder branchenbezogenen Erfahrungswerte dargetan. Demgegenüber ist der vom FA berücksichtigte Rücksteilungsbetrag in Höhe von 40.195 DM durchaus großzügig bemessen und die Klägerin kann jedenfalls nicht die Berücksichtigung einer höheren Pauschalrückstellung verlangen.
a) Die Klägerin hat vortragen lassen, sie müsse für ihre Arbeiten inzwischen regelmäßig für fünf Jahre die Gewährleistung übernehmen. Bei der Schätzung des Rückstellungsbetrages habe sie allerdings das fünfte Jahr nicht mitberücksichtigt, da davon auszugehen sei, dass im fünften Jahr kaum mehr mit Schäden zu rechnen sei, wenn vier Jahre lang keine Schäden aufgetreten seien. Bei der Bemessung des Rückstellungsbetrages hat die Klägerin sodann die Umsätze der jeweils letzten vier Jahre addiert und mit 1 v. H. multipliziert. Diese Bilanzierungspraxis entspricht zwar insoweit der Rechtsprechung des BFH, als es bei mehrjähriger Garantiefrist sachgerecht sein kann, den garantiebehafteten Umsatz und die Garantieleistungen mehrerer Jahre zusammenzufassen und einen Durchschnitt zu bilden (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 1983, 104). Die Klägerin kann sich für die von ihr vorgenommene Schätzung jedoch nicht auf zureichende betriebliche Erfahrungswerte stützen. Entsprechend dem Vortrag der Klägerin, sie müsse vier Jahre lang mit Gewährleistungen rechnen, hätte sie über mehrere Jahre hinweg Aufzeichnungen über die ausgeführten Nachbesserungsarbeiten führen müssen und die jeweiligen Nachbesserungsarbeiten den entsprechenden Aufträgen konkret (insbesondere unter Angabe des Zeitpunktes der Leistung und des Zeitpunktes der Nachbesserungsarbeiten) zuordnen müssen. Die vorgelegten Aufstellungen werden diesen Anforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.
aa) Die Klägerin hat bislang lediglich für zwei einzelne Jahre (das Jahr 1990 sowie das Streitjahr 1997) –und nicht für einen zusammenhängenden längeren Zeitraum– Aufstellungen über Nachbesserungsarbeiten vorgelegt. Dies wäre jedoch im Hinblick auf die von der Klägerin angewandte Schätzungsmethode erforderlich gewesen.
bb) Die für das Streitjahr vorgelegte „Aufstellung über Nachbesserungsarbeiten 1997” ist aber auch für sich genommen nicht ausreichend aussagekräftig. Es ist nicht (ausreichend) bestimmt, zu welchen Zeitpunkten die einzelnen Bauleistungen und die entsprechenden Nachbesserungsarbeiten ausgeführt wurden. Geht man davon aus, dass es sich um die im Jahr 1997 ausgeführten Nachbesserungsarbeiten handelt (s. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 14. Juli 2000; FG-Akten Bl. 41 f), dann muss entsprechend den –lediglich vereinzelt– festgehaltenen Zeitpunkten angenommen werden, dass sich die Nachbesserungsarbeiten auch auf Aufträge beziehen können, die im Streitjahr ausgeführt wurden. Für Nachbesserungen, die im Jahr der Leistung ausgeführt werden, kann jedoch keine Rückstellung gebildet werden. Insoweit würde die Aufstellung –zumindest zu einem gewissen Teil– nicht rückstellungsfähige Leistungen enthalten. Enthielte die Aufstellung hingegen –wie es der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung für denkbar hielt– diejenigen Nachbesserungsarbeiten, die in Bezug auf im Jahr 1997 ausgeführte Bauleistungen erforderlich geworden sind, kommt ebenfalls in Betracht, dass die Nachbesserungsarbeiten teilweise noch im Jahr 1997 ausgeführt wurden mit der Folge, dass diese Posten nicht rückstellungsfähig gewesen wären.
b) Da sich die Klägerin für ihre Schätzung nicht auf zureichend dokumentierte betriebliche Erfahrungswerte stützen kann, wäre es nicht zu beanstanden gewesen, wenn das FA lediglich den Rückstellungsbetrag berücksichtigt hätte, der den hilfsweise heranzuziehenden branchenmäßigen Erfahrungen entspricht. Für eine derartige Schätzung stellen die Erhebungen der Oberfinanzdirektion Münster eine sachgerechte Grundlage dar (für Stukkateurbetriebe bis 1,5 v.H. des garantieverpflichteten Sollumsatzes eines Jahres; vgl. Neue Wirtschaftsbriefe Fach 3c, Seite 4456 –Heft Nr. 22 vom 29. Mai 1989 –). Soweit das FA mit den Änderungsbescheiden vom 24. Mai 2002 bei einem Umsatz von 1.101.936 DM für das Streitjahr einen Rückstellungsbetrag in Höhe von 40.195 DM berücksichtigt hat, entspricht dies einem Vomhundertsatz von rd. 3,65. Die vom FA berücksichtigte Rückstellung ist damit großzügig bemessen und vom Senat im Rahmen der Bindung an die gestellten Anträge nicht zu beanstanden.
c) Da die vorgelegte Aufstellung über die Nachbesserungsarbeiten 1997 aus den dargelegten Gründen keine zureichenden Erfahrungswerte über die Inanspruchnahmen der Vergangenheit vermittelt, kann offen bleiben, ob der Berechnung des Prozessbevollmächtigten in Bezug auf die anzusetzenden Stundensätze gefolgt werden könnte.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO sowie § 138 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 137 FGO, wobei der Senat in Bezug auf die erlassenen Teilabhilfebescheide von (konkludenten) übereinstimmenden (Teil-)Erledigungserklärungen ausgeht. Die Abhilfebescheide beruhen auf dem verspäteten Nachweis von Tatsachen durch die Klägerin i.S.d. § 137 Satz 1 FGO. Die Klägerin hat erst im Klageverfahren eine Aufstellung über die das Streitjahr betreffenden Nachbesserungsarbeiten vorgelegt, obwohl sie im Veranlagungsverfahren (ohne Nachweise vorzulegen) eine deutlich höhere Pauschalrückstellung beanspruchte, als nach den bisherigen betrieblichen oder branchenbezogenen Erfahrungswerten gerechtfertigt war. Die Klägerin war außerdem durch das FA mehrfach darauf hingewiesen worden, entsprechende Nachweise zu führen und hat sich im Übrigen im Rahmen der Außenprüfung 1988 bis 1990 auch dazu bereit erklärt. Die Klägerin ist damit ihrer Mitwirkungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachgekommen.
4. Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor. Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
5. Für die weitere Handhabung weist der Senat darauf hin, dass seitens der Klägerin künftig genauer zwischen Pauschalrückstellungen und Einzelrückstellungen unterschieden werden sollte. Zum Nachweis einer (gegenüber den Branchensätzen) evtl. höheren Pauschalrückstellung wird von der Klägerin (lediglich) verlangt, für gewisse Zeiträume Aufzeichnungen über die tatsächlich ausgeführten Gewährleistungen zu führen. Darauf hat das FA in der Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 1996 vom 30. März 1998 mit Recht hingewiesen. Dies ist ohne weiteres möglich und stellt nicht – wie die Klägerin hat vortragen lassen – etwas Unmögliches dar. Es werden insoweit – Inanspruchnahmen in den Vorjahren – gerade nicht Nachweise über Ereignisse verlangt, die erst in der Zukunft eintreten.
Eine Schätzung künftig entstehender Kosten ist nur bei der Bildung von Einzelrückstellungen erforderlich. Werden für einzelne Gewährleistungsfälle indes Einzelrücksteilungen gebildet, ist der entsprechende Umsatz bei der Bildung der Pauschalrückstellung abzuziehen.
Soweit die Klägerin bei der Bildung der Pauschalrückstellung – wie bisher – eine mehrjährige Gewährleistungsfrist berücksichtigen und den garantiebehafteten Umsatz mehrerer Jahre zusammenfassen will, sind die Grundsätze des BFH-Urteils in BStBl II 1983, 104 zu beachten. Der Einfachheit halber kann die Klägerin aber auch dazu übergehen, den garantiebehafteten Sollumsatzes eines Jahres mit einem bestimmten Vomhundertsatz zu multiplizieren.
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