08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 10.09.2003 – 2 K 3585/98
1. Die bloße Vertretung bei Abschluss von Rechtsgeschäften rechtfertigt weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich die Zurechnung der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen beim vollmachtlosen Vertreter, wenn dieser nicht in eigenem Namen, sondern mit Wirkung für den Vertretenen aufgetreten ist.
2. Eine Zurechnung zum vollmachtlosen Vertreter erfolgt auch dann nicht, wenn eine Verpflichtung besteht, wonach bei Ausbleiben einer Genehmigung des Vertrages dieser inhaltsgleich als im eigenen Namen abgeschlossen gilt.
3. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften.
4. Veräußert ein Steuerpflichtiger ein bebautes Grundstück in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb, wird ein beim Erwerb bestehender Entschluss, auf Dauer zu vermieten, durch die spätere zeitnahe Veräußerung nicht überlagert oder aufgehoben.
5. Die Finanzierung von Umbau- und Renovierungsarbeiten, die teilweise auf konkrete Ausbauwünsche der zukünftigen Mieter bezogen waren, ist ein Indiz für die Absicht der langfristigen Vermietung des Objektes.
6. Schuldzinsen sind unabhängig davon, von wem die Mittel dafür stammen, als eigene Werbungskosten beim Schuldner abzugsfähig.
7. Bei Bargeschäften des täglichen Lebens kann ein Dritter Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines anderen unmittelbar an den Gläubiger bezahlen, ohne dass dies an der Abzugsfähigkeit beim eigentlichen Schuldner etwas ändert.
8. Bei Darlehensverträgen kann der Eigentümerehegatte die Schuldzinsen für das zum Erwerb seines Wirtschaftsguts aufgenommene Darlehen dann nicht als Werbungskosten absetzen, wenn der Nichteigentümerehegatte diese Schuldzinsen nicht nur tatsächlich zahlt, sondern auch den Darlehensvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat.
9. Der Eigentümerehegatte kann gezahlte Zinsen auf eine vom Nichteigentümerehegatten eingegangene Darlehensverbindlichkeit dann wie eigene Werbungskosten abziehen, wenn er für dessen Darlehensverbindlichkeit im Wege der Schuldbeitritt die gesamtschuldnerische persönliche Mithaftung übernimmt und dies im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der eigenen Einkünfteerzielung steht.
Unter Abänderung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide für 1994 vom 02.08.1998 und für 1995 vom 11.02.1998 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23.06.1998 wird die Einkommensteuer für 1994 und 1995 jeweils auf 0,-- DM herabgesetzt.
Hinsichtlich des Streitjahres 1993 wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin in Höhe von 10 v.H., der Beklagte in Höhe von 90 v.H. zu tragen.
Der Streitwert wird auf 13.585 DM festgesetzt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die als selbständige Krankengymnastin berufstätige Klägerin streitet mit dem Beklagten (das Finanzamt, -FA-) darüber, ob im Rahmen der für die Streitjahre 1993 bis 1995 durchgeführten Einzelveranlagungen zur Einkommensteuer (ESt) negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem gemischtgenutzten bebauten Grundstück in J. (im folgenden Objekt J), anzusetzen sind oder ob die Auffassung das FA zutrifft, dass das Objekt J ihrem damaligen Lebensgefährten und jetzigen Ehemann, dem Immobilienkaufmann G. C., zuzurechnen ist.
Die Klägerin hatte das Objekt J mit notariellem Kaufvertrag vom 16.11.1993 zu einem Kaufpreis von 1,9 Mio DM erworben, mit notariellem Vertrag vom 03.12.1996 zu einem Kaufpreis von 3,3 Mio DM wieder veräußert und für die dazwischen liegende Behaltensdauer für das Objekt in ihren Einkommensteuererklärungen negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist die Vermutung des FA, die Klägerin sei nur zum Schein als Erwerberin und Veräußerin aufgetreten, in Wahrheit sei das Grundstücksgeschäft dem mit ihr bekannten Immobilienkaufmann C. zuzurechnen, der auf diese Weise die Versteuerung des Veräußerungsgewinns im Rahmen seines gewerblichen Immobilienhandelsunternehmens habe vermeiden wollten. Außerdem bezweifelt das FA hilfsweise unter Bezug auf die kurze Verweildauer des Objekts im Vermögen der Klägerin die Absicht der Klägerin, dauerhaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen zu wollen. Im einzelnen liegt dem Rechtstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:
Mit dem notariellen Vertrag vom 16.11.1993 kaufte die Klägerin von einem Herrn S. in W. für einen fest vereinbarten Kaufpreis von 1,9 Mio DM das streitbefangene Objekt J, ein im Zentrum der Kreisstadt J. belegenes und mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes 521 qm großes Grundstück. Bei Abschluss des Vertrages wurde sie von einem Bekannten, dem Immobilienkaufmann C. zunächst vollmachtlos vertreten, dessen Willenserklärungen sie später rechtswirksam genehmigte. In dem Kaufvertrag ist geregelt, dass sich der bei Abschluss des notariellen Vertrags als vollmachtloser Vertreter für die Klägerin aufgetretene Herr C. verpflichtet, im Fall der Nichtgenehmigung des Vertrages durch die Klägerin einen inhaltsgleichen Vertrag im eigenen Namen abzuschließen.
In dem notariellen Kaufvertrag vom 16.11.1993 tritt die Klägerin mit Wirkung ab Übergabe des Objekts in die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Miet- und Nutzungsverträge ein (§ 4 des Kaufvertrages). Der Vertrag regelt im einzelnen die noch durchzuführenden Baumaßnahmen nach Bauabschnitten, zu deren Verwirklichung sich der Verkäufer bis zur Übergabe des Objekts verpflichtet hatte. Insoweit war die Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts vereinbart. Die Klägerin hatte die noch durchzuführenden Baumaßnahmen zu fördern und dadurch bedingte etwaige Mietausfälle entschädigungslos zu dulden. Der Verkäufer war verpflichtet, die volle gewerbliche Nutzung des Objekts zu gewährleisten und die dazu erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen auf seine Kosten einzuholen (z.B. auch eventuelle Ablösungszahlungen für KfZ-Stellplätze zu übernehmen). Von dem Kaufpreis war eine Anzahlung von 1,15 Mio DM zum 30.12.1993 fällig gestellt und auf Notaranderkonto einzuzahlen. Über diese Kaufpreisrate durfte der Notar u.a. erst verfügen, wenn der Verkäufer als Eigentümer voreingetragen und für die Klägerin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen war. Die Eintragung des Voreigentümers erfolgte am 03.04.1994, die Klägerin wurde erst am 21.08.1995 als Eigentümerin eingetragen. Die Zahlung der restlichen Kaufpreisraten hatte nach dem Vertrag nach Bauabschnitten zu erfolgen.
Hinsichtlich der Übergabe des Objekts (mit Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahren) enthält der Vertrag die Regelung, dass diese am ersten des auf den vollständigen Eingang der ersten Kaufpreisrate auf dem Notaranderkonto folgenden Monats vorgenommen wird. Mit Wirkung des Tages der Übergabe trete die Klägerin in alle Recht und Pflichten aus den bestehenden Mietverträgen ein. Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Kaufvertrags vom 16.11.1993 wird auf Blätter 22 bis 36 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Der Erwerb des Objekts J überstieg die finanziellen Verhältnisse der Klägerin, sodass Herr C. einspringen musste. Die finanzierende Bank, die West LB, war nicht bereit, der Klägerin unmittelbar Darlehen zu gewähren. Deshalb gewährte sie zur Finanzierung des Ankaufs des Objekts J unter dem 09.02.1994 Herrn C. zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 1,9 Mio DM, welche dinglich an dem Objekt J abgesichert wurden. Als Sicherheiten dienten der West LB ferner ein abstraktes Schuldanerkenntnis Herrn C., dessen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sowie die Verpfändung eines Festgeldguthabens Herrn C. in gleicher Höhe. Der Darlehensvertrag resultierte aus der Umschuldung eines früheren Kredits, den die West LB Herrn C. für ein anderes Objekt in W. gewährt hatte. Die Konditionen des Darlehensvertrages vom 09.02.1994 waren bis zum 30.03.1998 festgeschrieben. Die Tilgungsrate betrug 1,25 % der Darlehensvaluta zuzüglich der durch Tilgung jeweils ersparten Zinsen. Als weitere Besicherung des Kredits war die Abtretung der Mieteinnahmen vorgesehen, die mit Vertrag gleichen Datums zwischen der Klägerin und der West LB durchgeführt wurde. Darin tritt die Klägerin an die West LB alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus der Überlassung/Nutzung des Objekts, insbesondere aus abgeschlossenen oder noch abzuschließenden Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverträgen ab.
Mit weiterem Darlehensvertrag vom 11.05.1995 gewährte die West LB Herrn C. einen zusätzlichen Kredit in Höhe von 200.000 DM zur Finanzierung des Objekts J, welcher auf die gleiche Weise wie der vorgenannte Kredit abgesichert war.
Im dem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 28.01.1994 erläutert die West LB dieser die näheren Einzelheiten der beabsichtigten Finanzierung in den oben genannten Darlehensverträgen und weist darauf hin, dass die Klägerin nur dinglich als Eigentümerin hafte und Herr C. in der Grundschuldbestellungsurkunde die persönliche Mithaft übernehmen werde.
In der Grundschuldbestellung an dem Objekt J vom 09.02.1994 wird Herr C. als Mithaftender benannt, der sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldurkunde unterwerfe.
Wegen der weiteren Einzelheiten zur Finanzierung des Objekts J wird auf Blätter 37 bis 48 der Gerichtsakte Bezug genommen.
In dem Vertrag vom 28.02.1994 zwischen der Klägerin und Herrn C.(Überschrift: „Zweckerklärung sowie Schuldübernahme- und Abtretungsvertrag”) wird in den §§ 1 und 2 zunächst sinngemäß klargestellt, dass Herrn C. bei der West LB die o.a. Kredite zur Finanzierung des Erwerbs des Objekts J durch die Klägerin aufgenommen hat und die auf dem Grundstück der Klägerin lastenden Grundschulden als Sicherheit für diese Kredite dienen. In § 3 des Vertrages (Überschrift: „Schuldanerkenntnis”) erkennt die Klägerin „zur selbständigen Begründung einer Verpflichtung” an, dass sie als Erwerberin die in § 4 näher bezeichneten Darlehen (s.o.) an Herrn C. schuldet. Hinsichtlich dieser Darlehensschulden des Herrn C. gegenüber der West LB erklärt die Klägerin in § 4 dieses Vertrages den Schuldbeitritt und übernimmt dessen sämtliche Verbindlichkeiten hieraus im Innenverhältnis mit befreiender Wirkung. In § 5 des Vertrages (Überschrift: „Erfüllungsübernahme”) ist hinsichtlich der laufenden Tilgungs- und Zinszahlungsverbindlichkeiten aus den Krediten geregelt, dass die Klägerin diese schulde und die entsprechenden Zahlungen Herrn C. sowie die diesbezüglichen Abrechnungen der West LB für die Klägerin wirken sollen. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Vertrags wird auf Blätter 49 bis 52 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Nach Aktenlage ist nicht feststellbar, ob diese Vereinbarung der West LB, wie von der Klägerin behauptet, angezeigt wurde. Eine tatsächliche Erstattung der von Herrn C. an die West LB geleisteten Zins- und Tilgungsraten ist nach Aktenlage nicht feststellbar.
Die Klägerin trat bezüglich des Objekts J zum Teil in noch bestehende Mietverträge ein, teilweise schloss sie später neue Mietverträge in eigenem Namen ab.
So schloss noch der Voreigentümer des Verkäufers des Objekts J, die H und G GmbH , unter dem 17.08.1993 einen Mietverlängerungsvertrag (das Mietverhältnis bestand nach Aktenlage schon seit mindestens 1964) mit der XX Bank AG, Filiale YY, über die weitere Nutzung eines 210 qm großen Teils des Objekts als Bankniederlassung für die Dauer von 5 Jahren fest ab mit der Mieteroption, den Vertrag zweimal jeweils 6 Monate vor dem Ablauf des festvereinbarten Mietzeitraums für jeweils 5 weitere Jahre zu verlängern (vgl. Blätter 24 bis 33 der vorgelegten Rechtsbehelfsakte (roter Halbhefter)). In diesen Vertrag trat die Klägerin ein (siehe das Schreiben der Klägerin vom 20.09.1994, Blatt 34 der vorgenannten Rechtsbehelfsakte).
Wegen der noch laufenden Bau- und Renovierungsarbeiten, die erst im Jahr 1996 abgeschlossen wurden, war das Objekt J in den Jahren 1993 bis 1996 nur zum Teil vermietet. Nach Abschluss der Renovierungs- und Umbaumassanahmen, die sich zum Teil noch bis ins Jahr 1996 hinzogen, befanden sich in dem Objekt eine Bankfiliale, ein Restaurant, ein Jeansladen, zwei Büros und zwei Wohnungen, die nach dem Stand Juni 1997 eine Gesamtmiete von jährlich 214.881,60 DM erbrachten (vgl. die Mieterliste auf Blatt 58 der Gerichtsakten).
In der Folgezeit nach dem Erwerb und der Besitzübergabe des Objekts schloss die Klägerin während der Nutzungsdauer bezüglich des Objekts J mehrere Mietverträge im eigenen Namen ab, die dem Gericht in Ablichtung wie nachfolgend vorliegen:
Mietvertrag über eine Wohnung vom 26.01.1995 mit Wirkung ab 01.03.1995 auf unbestimmte Zeit;
Mietvertrag über eine Wohnung vom 22.02.1995 mit Wirkung ab 01.04.1995 befristet bis zum 31.03.1997;
Mietvertrag über eine Wohnung vom 15.08.1996 mit Wirkung ab 01.10.1996 auf unbestimmte Zeit;
Mietvertrag über eine Wohnung vom 12.12.1996 mit Wirkung ab 01.03.1997 auf unbestimmte Zeit;
Mietvertrag über die Gaststätte (renoviert) vom 22.02.1995 mit Wirkung ab 01.05.1995 auf bestimmte Zeit bis zum 30.04.2005 mit der einmaligen Verlängerungsoption für den Mieter für weitere fünf Jahre;
Anschlussmietvertrag über die Gaststätte (offenbar mit dem nachfolgenden Betreiber) mit Wirkung ab 01.10.1996 auf bestimmte Zeit bis zum 31.12.2006 mit der zweimaligen Verlängerungsoption des Mieters für jeweils weitere fünf Jahre zu den gleichen Konditionen. Die Klägerin war laut Mietvertrag verpflichtet, bis zum Mietbeginn das Mietobjekt in einen nutzungs- und konzessionsfähigen Zustand zu versetzen;
Mietvertrag über Geschäftsräume für das BBB mit Wirkung ab 01.08.1997 auf unbestimmte Zeit mit der frühest möglichen Kündigung ab 31.07.1998. Die Klägerin hatte nach dem Vertrag nach Wünschen des BBB Umbauten vorzunehmen.
Bezüglich des in dem Objekt befindlichen Jeansladens hatte die Klägerin im Kaufvertrag die Verpflichtung der Voreigentümer übernehmen müssen, dem Mieter, der den Laden auf eigene Kosten ausgebaut hatte, die unentgeltliche Nutzung bis zum 31.12.1997 zu gewähren. Der Mieter hatte eine zweimalige Option, das Nutzungsverhältnis um jeweils weitere fünf Jahre zu verlängern, allerdings ab 1998 gegen Zahlung eines angemessenen Pachtzinses.
Mietzahlungen aus den noch bestehenden Verträgen flossen bis einschließlich September 1994 noch an den Voreigentümer (vgl. Blatt 61 der Rechtsbehelfsakte). Nach Aktenlage fand die Übergabe des Objekts J mit allen Nutzungen und Lasten erst zu diesem Zeitpunkt statt.
Soweit die Mieten ab September 1994 der Klägerin zustanden, flossen diese auf ein Konto Herrn C., von welchem offenbar auch die Zins- und Tilgungsraten an die West LB abgebucht wurden. Herr C. hatte beim Erwerb des Objekts auch die Grunderwerbsteuer gezahlt. Die Verwaltung des Objekts nahm Herr C. vor. Er vertrat die Klägerin auch bei Abschluss der Mietverträge.
Mit notariellem Vertrag vom 23.12.1996 veräußerte die Klägerin das Objekt an die in W. ansässige R und B Wohnungsbau GmbH zu einem Kaufpreis von 3,3 Mio DM. Die Übergabe sollte nach dem Vertrag nach der vollständigen Entrichtung des Kaufpreises erfolgen, der spätestens zum 30.09.1997 fällig gestellt war. Die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte am 16.09.1997. Bei dem Verkauf trat Herr C. als vollmachtloser Vertreter der Klägerin auf, die dessen Willenserklärungen wirksam genehmigte.
Den nach Abzug der Schulden gegenüber der West LB verbleibenden Veräußerungserlös aus dem von Herrn C. organisierten Verkauf des Objekts J in 1996, der auf Konten der Klägerin floss, verwendete diese im wesentlichen zum Erwerb eines Hausgrundstücks in T. (mit notariellem Vertrag vom 25.02.1998), das sie zu Alleineigentum erwarb und seitdem zusammen mit Herrn C., den sie inzwischen (23.07.1999) geehelicht hat, selbst zu Wohnzwecken nutzt. Im übrigen verbrauchte sie den restlichen Verkaufserlös für Renovierungsarbeiten an dem neuen Objekt sowie privat (u.a. durch Vermögensanlagen). Für das Objekt in T. ist im Grundbuch ein lebenslanger Nießbrauch für Herrn C. eingetragen (20.09.1999).
Das FA vertrat im Veranlagungsverfahren in erster Linie die Auffassung, die Klägerin habe das Objekt J nur zum Schein selbst erworben. Wirtschaftlicher Eigentümer sei in Wahrheit Herr C., der das Objekt auf die oben beschriebene Weise aus seinem gewerblichen Grundstückshandel haben heraushalten wollen.
Das FA ließ demzufolge in den angefochtenen ESt-Bescheiden für 1993 vom 12.07.1996, für 1994 vom 19.07.1996 und für 1995 vom 11.03.1998 die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt J (für 1993: ./. 5.135,- DM ausschließlich aus AfA; für 1994: ./. 149.534,-- DM aus AfA und Werbungskosten bei Mieteinnahmen von 19.725,-- DM; für 1995: ./. 106.456,- DM aus AfA und Werbungskosten bei Mieteinnahmen von 90.705,-- DM) außer Betracht. Die Bescheide ergingen hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung endgültig. Sie wurden alle rechtzeitig mit Einsprüchen angefochten, die das FA mit Einspruchsentscheidung vom 23.06.1998 als unbegründet zurückwies.
Der aus nicht streitbefangenen Gründen geänderte ESt-Bescheid für 1994 vom 02.08.1996 ist zum Gegenstand des Verfahrens geworden.
Die Klägerin hat in mehreren Schriftsätzen im Rechtsbehelfs- und Klageverfahren unter Vorlage diverser Unterlagen ihre Rechtsauffassung dargelegt, dass ihr das Objekt J und die daraus erzielten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen seien. Hinsichtlich der Finanzierung des Objekts durch Herrn C. vertritt sie im wesentlichen die Meinung, es sei für die Zurechnung unschädlich, dass dieser die Zins- und Tilgungsraten getragen habe, denn es spiele keine Rolle, von wem sie die Mittel für die Finanzierung der Anschaffungs- und Werbungskosten erhalten habe. Die Zahlung der Werbungskosten durch Herrn C. beinhalte lediglich einen abgekürzten Zahlungsweg. Außerdem seien die Zahlungen durch ihren Schuldbeitritt auch als Tilgung ihrer eigenen Schuld anzusehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Klägerin Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23.06.1998 und unter Abänderung der ESt-Bescheide für 1993 vom 12.07.1996, für 1994 vom 19.07.1996 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 02.08.1998 und für 1995 vom 11.02.1998 die erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen und die ESt für 1993 auf 5.604,-- DM und für 1994 und 1995 auf jeweils 0,-- DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA hält nach wie vor die Zurechnung des Objekts zu Herrn C. aufgrund der tatsächlichen Umstände für gerechtfertigt. Dieser sei stets für die Klägerin aufgetreten, er sei allein solvent genug gewesen, das Objekt zu finanzieren, der Schuldbeitritt sei mangels Genehmigung durch die West LB unwirksam (§ 415 Abs. 2 BGB), Herr C. habe die Mieten auf seinem Konto vereinnahmt und die Zins- und Tilgungsraten geleistet. Zwar habe die Klägerin den nach Abzug der Schulden verbleibenden Veräußerungsgewinn überwiegend für sich verbraucht, Herrn C. sei jedoch an dem damit erworbenen Hausgrundstück in T. der lebenslange Nießbrauch eingeräumt worden. Dies alles spreche dafür, dass sowohl der Erwerb als auch die Veräußerung des Objekts seinem gewerblichen Grundstückshandel zuzurechnen seien. Die Abwicklung über die Klägerin sei als Scheingeschäft bzw. als Gestaltungsmissbrauch anzusehen.
Schließlich habe der Klägerin aufgrund der kurzfristigen Weiterveräußerung die Absicht gefehlt, mit dem Objekt dauerhaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Die Einkünfteerzielungsabsicht sei durch die von Anfang an vorhandene Wiederveräußerungsabsicht überlagert worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Steuerakten (1 Band ESt-Akten, 1 Band Rechtsbehelfsakten) Bezug genommen.
Gründe
Die Klage ist hinsichtlich der Streitjahre 1994 und 1995 begründet, in Bezug auf das Streitjahr 1993 dagegen unbegründet. Zu Unrecht hat es das FA abgelehnt, der Klägerin das Objekt J sowie die daraus erzielten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Insoweit war der Klage stattzugeben (für 1994 und 1995). Hinsichtlich des Streitjahrs 1993 konnte die Klage dagegen keinen Erfolg haben, weil der für 1993 geltend gemachte Verlust ausschließlich auf der von der Klägerin angesetzten anteiligen AfA beruhte. Diese stand ihr jedoch erst ab Übergabe des Objekts ab Oktober 1994 zu.
Das Objekt J war der Klägerin zuzurechnen.
Grundsätzlich sind auch im Steuerrecht Wirtschaftsgüter dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen, § 39 Abs. 1 AO. Abweichend hiervon sind Wirtschaftsgüter einem anderen als dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer zuzurechnen, wenn dieser als sog. wirtschaftlicher Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den rechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall (vgl. Tipke/Kruse, AO, Tzn 21 ff zu § 39; BFH-Urteil vom 04.02.1998, XI R 35/97, BStBl II 1998, 542; vom 07.11.2001, II R 32/99, BFH/NV 2002, 469; Beschluss vom 06.12.2002, III B 58/02, BFH/NV 2003, 443 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Im Streitfall bestehen keine genügenden Anhaltspunkte für eine Zurechnung des Objekts J bei Herrn C.. Die hierzu vorgebrachten Argumente des FA zur Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO greifen nicht durch:
Der Umstand, dass die Klägerin bei Abschluss der Kauf- und Mietverträge jeweils durch Herrn C. vertreten wurde, bewirkt keine Zurechnung des Objekts bei diesem. Herr C. ist bei Abschluss der notariellen Kaufverträge zwar zunächst als vollmachtloser Vertreter für die Klägerin aufgetreten, er hat diese Verträge aber nicht in eigenem Namen, sondern mit Wirkung für die Klägerin abgeschlossen. Die Klägerin hat diese Verträge auch wirksam genehmigt. Die bloße Vertretung bei Abschluss von Rechtsgeschäften rechtfertigt aber weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich die Zurechnung der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen beim Vertreter. Gerade beim Abschluss notarieller Grundstückskaufverträge werden im Rechtsverkehr häufig vollmachtlose Vertreter (z.B. Notariatsangestellte) bei Abwesenheit einer Vertragspartei eingesetzt. Es sind keine Rechtsgrundsätze ersichtlich, allein dies für eine Zurechnung des Rechtsgeschäfts beim Vertreter ausreichen lassen zu können. Gleiches gilt im Streitfall für den Abschluss verschiedener Mietverträge durch Herrn C. als Vertreter der Klägerin. Herr C. war nach Aktenlage als ortskundiger Immobilienfachmann für die Verwaltung des Streitobjekts J für die Klägerin tätig. Die vom FA in Bezug genommenen Tätigkeiten Herrn C. haben den Rahmen einer solchen Hausverwaltungstätigkeit nicht überschritten.
Herrn C. ist das Objekt J auch nicht deshalb zuzurechnen, weil er sich in dem notariellen Kaufvertrag vom 16.11.1993 dazu verpflichtet hatte, beim Ausbleiben einer Genehmigung des Vertrags einen inhaltsgleichen in eigenem Namen abzuschließen. Damit wurde in dem Vertrag lediglich die bereits im Gesetz normierte Regelung des § 179 Abs. 1 BGB festgehalten, wonach der vollmachtlose Vertreter auf Verlangen des Vertragspartners die Erfüllung des ohne Vollmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäfts selbst schuldet.
Auch die über Herrn C. abgewickelte Fremdfinanzierung zum Erwerb des Objekts bis hin zu dessen Weiterveräußerung machen diesen nicht zum wirtschaftlichen Eigentümer des Objekts.
Nach den vorliegenden Verträgen war allen Beteiligten, auch der West LB, klar, dass die Herrn C. eingeräumten Kredite der Finanzierung des Erwerbs durch die Klägerin dienen sollten. Die Bankkredite wurden nach Überzeugung des Senats nur deshalb Herrn C. persönlich gewährt, weil die West LB mit ihm bereits in Geschäftsverbindung stand und von dessen Kreditwürdigkeit wusste.
Die Klägerin hat die Bankschulden durch Schuldbeitritt mit übernommen. Der Schuldbeitritt ist im Gegensatz zur Schuldübernahme (§ 415 BGB) im Gesetz nicht geregelt und ist auch ohne Zustimmung des Gläubigers wirksam. Die Kredite wurden am Objekt der Klägerin dinglich gesichert. Die Zinszahlungen durch Herrn C. erfolgten für Rechnung der Klägerin. Die Klägerin hat die Mieteinnahmen an die Bank abgetreten. Die Bankschulden wurden mit dem der Klägerin zustehenden Verkaufserlös getilgt. Der überschießende Erlös floss ins Vermögen der Klägerin, sie erwarb damit neues Alleineigentum in T.
Der daran begründete Nießbrauch Herrn C. ändert hieran nichts, denn er begründete nur ein lebenslängliches Nutzungsrecht hieran und nicht wirtschaftliches Eigentum (vgl. Tipke/Kruse, AO, Tz 58 zu § 39; ferner BFH-Urteil vom 07.11.2001, II R 32/99, BFH/NV 2002, 469 und Beschluss vom 19.12.2002, III B 56/02, BFH/NV 2003, 443).
Im übrigen hat die Klägerin in eigener Person den Tatbestand der Einkünfteerzielung erfüllt. Sie ist in die bestehenden Mietverträge eingetreten und hat in eigenem Namen und für eigene Rechnung neue Mietverträge abgeschlossen. Daran ändert weder die Abtretung der Mieterlöse an die West LB etwas, die ja gerade voraussetzt, dass sie Inhaberin der Mietforderungen war, noch die Vereinnahmung der Mieten auf dem Konto Herrn C., dem Hausverwalter.
Keine mangelnde Einkünfteerzielungsabsicht bei der Klägerin.
Die Zurechnung der begehrten Verluste aus Vermietung und Verpachtung scheitert im Streitfall auch nicht an einer angeblich mangelnden Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin.
Bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, letztlich einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften, es sei denn, es liegen ausnahmsweise besondere Umstände (wie z.B. bei Ferienwohnungen, Mietkaufmodellen oder Bauherrnmodellen mit Rückkaufsgarantie) vor (vgl. BFH-Urteil vom 30.09.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, 771; vgl. ferner bei Wiederverkaufsgarantie BFH-Urteil vom 25.03.2002, IX R 56/00, nicht amtlich veröffentlicht; siehe Rechtsprechungsdatei bei juris-online). Zwar kann ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz dann vorliegen, wenn ein Steuerpflichtiger ein bebautes Grundstück in einem engen zeitlichen Zusammenhang – von in der Regel bis zu fünf Jahren – seit der Anschaffung wieder veräußert. Hat er jedoch bei Erwerb den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, so wird dieser Entschluss durch die spätere zeitnahe Veräußerung nicht überlagert oder aufgehoben. Eine Vermietung ist danach dann auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (vgl. BFH-Urteil vom 09.07.2002, IX R 47/99, BStBl II 2003, 580).
Im Streitfall ist die Klägerin, wie oben im Tatbestand ausführlich dargelegt, zum einen in noch bestehende langfristige Miet- und Nutzungsverträge eingetreten, zum anderen hat sie, bis auf eine Ausnahme, neue langfristige oder auf unbestimmte Zeit vereinbarte Mietverträge abgeschlossen, die teilweise weit über den Veräußerungszeitpunkt am 03.12.1996 hinausgingen. Sie hat ferner mit einem erheblichen Teil des Kaufpreises bereits im Gang befindliche Umbau- und Renovierungsarbeiten an dem Objekt J finanziert und durchgeführt, die auf die langfristige Vermietbarkeit des Objekts ausgerichtet und teilweise auf konkrete Ausbauwünsche der zukünftigen Mieter bezogen waren. Dies spricht nach der Lebenserfahrung nicht dafür, dass der Erwerb des Objekts auf schnellen Umschlag durch Weiterveräußerung gerichtet war. Der Senat hat deshalb die Überzeugung gewonnen, dass die Klägerin das Objekt zur dauerhaften Vermietung angeschafft hat. Daran ändert nichts der später gefasste Entschluss, das Objekt zu einem guten Preis zu verkaufen. Denn auch im Rahmen der Vermögensverwaltung in Gestalt der Vermietung von bebauten Grundstücken bleibt es dem Steuerpflichtigen unbenommen, sich bei günstigen Angeboten von seinem Grundvermögen zu trennen. Dies führt nicht rückwirkend zum Wegfall des zuvor gefassten Entschlusses, das Objekt dauerhaft zur Vermietung nutzen zu wollen, und zwar selbst dann nicht, wenn die Absicht, bei einer verlockenden Gelegenheit veräußern zu wollen, bereits bedingt vorhanden war. Im Streitfall bestand nach Aktenlage auch die Möglichkeit, schon nach relativ kurzer Zeit bei voller Vermietung Überschüsse zu erzielen (vgl. das Wertgutachten der V. vom 28.04.1997, Blätter 286 bis 288 der Gerichtsakten).
Kein Scheingeschäft (§ 41 AO) bzw. Steuerumgehung (§ 42 AO) im Streitfall anzunehmen.
Es bestehen schließlich auch keine Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft (§ 41 Abs. 2 AO) oder für einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO). Ein Scheingeschäft liegt nur dann vor, wenn eine Willenserklärung gegenüber einem anderen abgegeben wird und beide Teile darüber einig sind, dass das Erklärte nicht gewollt ist, die Willenserklärung also nur zum Schein abgegeben wird (vgl. Tipke/Kruse, AO, Tzn 65 ff zu § 41). Im Streitfall sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass sich der Verkäufer und die Klägerin darüber einig waren, dass die Klägerin das Objekt nicht erwerben wollte oder dass die Mieter und die Klägerin sich darüber einig waren, dass keine Mietverträge abgeschlossen werden sollten. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die West LB den Objekterwerb nicht finanzieren und etwa keine Darlehensverträge mit Herrn C. abschließen wollte. Mit dem Rechtsinstitut des Scheingeschäfts kann das FA im Streitfall nicht mit Erfolg argumentieren.
Es liegt aber auch kein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 42 AO vor. Die dahin gehende Vermutung des FA ist auf den bloßen Verdacht ausgerichtet, der Immobilienkaufmann C. habe den An- und Verkauf des Objekts J aus dem betrieblichen Bereich seines gewerblichen Grundstückshandels künstlich ausgliedern und damit die Versteuerung des im Rahmen seines Unternehmens als gewerblich einzustufenden Veräußerungsgewinns vermeiden wollen. Für eine solche Vermutung hätte jedoch nur dann Anlass bestanden, wenn ihm zumindest wirtschaftlich der Veräußerungsgewinn letztlich zugeflossen wäre. Das ist aber nach den tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, wie sie sich aus dem Tatbestand dieses Urteils ergeben, nicht der Fall gewesen. Mit dem Veräußerungserlös hat die Klägerin die auf ihrem Grundeigentum abgesicherten Bankschulden, für die sie aufgrund des Schuldbeitritts mit haftete, abgelöst und mit dem frei verfügbaren restlichen Erlös neues Alleineigentum an dem Objekt in T. erworben bzw. den restlichen Erlös anderweitig privat verbraucht. Herr C. hat hiervon nur mittelbar dadurch profitiert, dass er die Klägerin später heiratete. Dies allein rechtfertigt aber nicht die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs, wie sich bereits aus Art. 6 Grundgesetz ergibt. Auch der an dem Objekt in T. Herrn C. eingeräumte lebenslängliche Nießbrauch beinhaltete für diesen nur ein Nutzungsrecht, aber keinen Anspruch auf die durch den Verkauf des Objekts J bei der Klägerin eingetretene Vermögensmehrung. Durch die Nießbrauchsbestellung wurde Herr C., wie oben dargelegt, auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer. Die Klägerin hat vielmehr nachvollziehbar dargetan, dass die Nießbrauchsbestellung im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Ehevertrages stand.
Die von Herrn C. gezahlten Schuldzinsen waren als sog. Drittaufwand bei der Klägerin abzugsfähig.
Die Klägerin durfte die von Herrn C. geleisteten Zinszahlungen auch als eigene Werbungskosten abziehen. Grundsätzlich kann ein Steuerpflichtiger eigene Aufwendungen für Betriebsausgaben oder Werbungskosten unabhängig davon abziehen, woher die Mittel dafür stammen. Diese können Eigen- oder selbst aufgenommene Fremdmittel sein, sie können aber auch von einem Dritten geschenkt worden sein. Der Dritte kann sogar Betriebsausgaben oder Werbungskosten eines anderen unmittelbar an den Gläubiger bezahlen, ohne dass dies an der Abzugsfähigkeit beim eigentlichen Schuldner etwas ändert (sog. abgekürzter Zahlungsweg; vgl. hierzu mwN Schmidt, EStG, Tz 502 zu § 4 und Tz 70,71 zu § 9).
Dies gilt allerdings dann, wenn der Dritte die Verbindlichkeit für den Steuerpflichtigen im eigenen Namen eingeht und hierauf zahlt, d.h. für den sog. abgekürzten Vertragsweg, nur bei Bargeschäften des täglichen Lebens, nicht dagegen bei Dauerschuldverhältnissen wie Mietverträgen oder Darlehen (vgl. Schmidt, EStG, Tz 504 zu § 4 und Tz 71 zu § 9). So kann beispielsweise der Eigentümerehegatte die Schuldzinsen für das zum Erwerb seines Wirtschaftsguts aufgenommene Darlehen dann nicht als Werbungskosten absetzen, wenn der Nichteigentümerehegatte diese Schuldzinsen nicht nur tatsächlich zahlt, sondern auch den Darlehensvertrag im eigenen Namen abgeschlossen hat (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2000, IV R 75/98, BStBl II 2000, 314). Dies liegt darin begründet, dass der Nichteigentümerehegatte in einem solchen Fall für eigene Rechnung auf die eigene Verbindlichkeit leistet. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümerehegatte für die vom anderen eingegangene Darlehensverbindlichkeit eine selbstschuldnerische Bürgschaft leistet und das Darlehen dinglich an dem dergestalt finanzierten Grundstück abgesichert ist (vgl. BFH-Urteil vom 02.12.1999, IX R 21/96, BStBl II 2000, 312). Abziehen kann der Eigentümerehegatte die Schuldzinsen nur dann, wenn und soweit er sie dem leistenden Nichteigentümerehegatten tatsächlich erstattet (vgl. BFH-Urteil vom 02.12.1999, IX R 45/95, BStBl II 2000, 310) oder diesem die Mieterlöse mit der Maßgabe zur Verfügung stellt, mit diesen die Schuldzinsen zu begleichen (BFH-Urteil vom 02.12.1999, IX R 21/96 a.a.O.). Danach wären im Streitfall die von Herrn C. gezahlten Schuldzinsen bei der Klägerin als Werbungskosten nur insoweit abzugsfähig, als sie durch die auf dessen Konto geflossenen Mieteinnahmen abgedeckt waren.
Im Wege des abgekürzten Vertragsweges geleisteter Drittaufwand bei Schuldbeitritt abzugsfähig.
Allerdings hat der BFH seine Rechtsprechung zu derartigen Drittaufwandsfällen dahingehend modifiziert, dass der Eigentümerehegatte die vom Nichteigentümerehegatten gezahlten Zinsen auf die von diesem eingegangene Darlehensverbindlichkeit dann wie eigene Werbungskosten abziehen kann, wenn er für dessen Darlehensverbindlichkeit im Wege des Schuldbeitritts die gesamtschuldnerische persönliche Mithaftung übernimmt und dies im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der eigenen Einkünfteerzielung steht (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.2002, IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468). Diese neuere Rechtsprechung fußt darauf, dass der BGH in mehreren Urteilen zum Schuldbeitritt entschieden hat, dass durch den Schuldbeitritt ein selbständiges Schuldverhältnis zwischen dem Beitretenden und dem Kreditgeber entsteht. Der Schuldbeitretende erfüllt dann im Rahmen seiner gesamtschuldnerischen Mithaftung eine eigene Verbindlichkeit unabhängig davon, ob er im Innenverhältnis den eigentlichen Kreditnehmer freigestellt hat (vgl. BGH-Urteile vom 28.06.2000, VIII ZR 240/99, BGHZ 144, 371 unter III. 2. a bb (1); vom 16.03.2000, VII ZR 324/99, NJW 2000, 1940, 1942 unter II. 2. und vom 29.06.2001, V ZR 186/00, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2001, 2006, unter II. 2. b aa). Der BFH hat die Rechtsgrundsätze seiner Entscheidung vom 03.12.2002 (IX R 14/00 a.a.O.) in späteren Urteilen zu ähnlich gelagerten Fällen grundsätzlich fortgesetzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 11.03.2003, IX R 65-67/01; IX R 65/01; IX R 66/01 und IX R 67/01; BFH/NV 2003, 778 ff), dabei allerdings einen behaupteten stillschweigenden Schuldbeitritt nicht genügen lassen.
Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen kann die Klägerin im Streitfall die von Herrn C. geleisteten Schuldzinsen und sonstigen Aufwendungen aus den Darlehensverträgen als eigene Werbungskosten abziehen. Sie trat mit Vertrag vom 28.02.1994 wirksam sämtlichen Verbindlichkeiten Herrn C. aus dessen Darlehensverträgen mit der West LB gesamtschuldnerisch und überdies im Innenverhältnis mit befreiender Wirkung gegenüber diesem bei und schuldete damit ab diesem Zeitpunkt die Rückzahlung der Darlehensvaluten sowie die Zins- und Tilgungsraten aus eigener Verbindlichkeit. Für die Wirksamkeit dieses Schuldbeitritt bedurfte es, im Gegensatz zur Schuldübernahme i.S. des § 415 BGB, bei der ein vollständiger Austausch des Schuldners stattfindet, keiner Genehmigung durch die West LB. Davon abgesehen geht der Senat davon aus, dass die West LB bei der Finanzierung des Objekts J in alle wesentlichen Modalitäten eingeweiht war. Die von Herrn C. mit der West LB abgeschlossenen Darlehensverträge standen auch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften aus dem Objekt J, denn sie ermöglichten der Klägerin erst dessen Anschaffung. Die von Herrn C. geleisteten Zahlungen an die West LB kann die Klägerin danach grundsätzlich wie eigene Werbungskosten absetzen. Nach Aktenlage erfolgten die ersten Zinsbelastungen nach dem Schuldbeitritt am 28.02.1994, sodass die geltend gemachten Zinsaufwendungen in vollem Umfang bei der Klägerin als Werbungskosten abgezogen werden können.
Keine AfA vor Übergabe des Objekts.
Allerdings kann die Klägerin eine AfA auf das erworbene Gebäude erst ab Oktober 1994 vornehmen. Denn vor dem September 1994 waren nach Aktenlage Besitz, Lasten und Nutzungen noch nicht auf die Klägerin übergegangen. Der Eigentümer eines bebauten Grundstücks kann AfA für das Gebäude ab dem Zeitpunkt der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums vornehmen. Das ist regelmäßig erst mit dem Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten der Fall (BFH-Urteil vom 07.03.2001, X R 147/97, BFH/NV 2001, 1235). Im Streitfall wurde die Klägerin erst am 21.08.1995 als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen. Als Übergabezeitpunkt ist in § 4 des notariellen Kaufvertrages der 1. des Monats bezeichnet, der auf die vollständige Zahlung der ersten Kaufpreisrate folgt. Mit der Übergabe tritt danach die Klägerin in die bestehenden Mietverträge ein. Aus dem Schreiben der Klägerin vom 20.09.1994 an die XX Bank AG (Blatt 61 der Rechtsbehelfsakte) folgt, dass der Klägerin die Mieten aus den bestehenden Mietverhältnissen ab dem 01.10.1994 zustanden und zugeflossen sind. Bis dahin wurden sie noch an den Voreigentümer gezahlt. Der Senat schließt daraus, dass erst zu diesem Zeitpunkt die Übergabe des Objekts J erfolgte. Der Klägerin steht mithin für 1993 noch keine AfA und somit auch nicht der erklärte Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 5.135,-- DM zu, denn dieser Verlust beruht ausschließlich auf der AfA.
Für 1994 steht der Klägerin die begehrte AfA nur zu einem Anteil von 3/12 zu, das heißt in Höhe von 6.593,-- DM (3/12 von 30.812,-- DM). Die von Herrn C. gezahlten Zinsen und sonstigen Darlehenskosten sind mit Wirkung ab dem 28.02.1994 (Schuldbeitritt der Klägerin) bei der Klägerin als Werbungskosten abzugsfähig. Nach den im Verlaufe des Verfahrens vorgelegten Zinsbescheinigungen beliefen sich die gesamten von Herrn C. getragenen Kosten (Zinsen und Gebühren) im Zusammenhang mit den Darlehen auf insgesamt 132.325,55 DM für 1994 und 150.191,44 DM für 1995.
Die übrigen für die Streitjahre 1994 und 1995 geltend gemachten Werbungskosten sind zwischen den Beteiligten der Höhe nach nicht umstritten gewesen. Sie sind bei der Klägerin unabhängig davon abzugsfähig, ob sie diese selbst - z.B. aus den vereinnahmten Mieten – gezahlt oder ob Herr C. diese getragen hat. Letzterenfalls wären sie nach den oben dargelegten Grundsätzen zum abgekürzten Zahlungsweg bei der Klägerin abzugsfähig, denn Herr C. ist insoweit keine eigene Verbindlichkeit eingegangen (kein abgekürzter Vertragsweg).
Danach war die Klage bezüglich des Streitjahrs 1993 abzuweisen, weil der geltend gemachte Verlust aus Vermietung und Verpachtung allein auf dem - unberechtigten - Ansatz der AfA beruhte. Für die Streitjahre 1994 und 1995 war der Klage dagegen stattzugeben, weil bereits die Berücksichtigung der bei der Klägerin abzugsfähigen Schuldzinsen in beiden Kalenderjahren zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte und somit zu einer ESt von jeweils 0,-- DM führte. Es war deshalb für das Streitjahr 1994 nicht entscheidungserheblich, dass nach Ansicht des Senats der Klägerin die AfA erst ab Oktober 1994 zustand.
Die Feststellung der Höhe der bei den ESt-Veranlagungen für 1994 und 1995 nicht ausgeglichenen Verluste aus Vermietung und Verpachtung war nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens. Dies obliegt einem gesonderten Feststellungsverfahren (§ 10d EStG). Für den Fall, dass die Klägerin ein solches beantragt, wird das FA das Problem der AfA-Befugnis der Klägerin sowohl im Hinblick auf deren Beginn als auch deren Höhe zu berücksichtigen haben (z.B. hinsichtlich der wegen der Umbaumaßnahmen eventuell noch nicht bezugsfertigen Nutzungseinheiten des Objekts und hinsichtlich der Unstimmigkeiten der von der Klägerin selbst berechneten AfA-Bemessungsgrundlage, die für 1995 von den Vorjahren abweicht).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Klägerin hat zu etwa 90 v.H. obsiegt (begehrte ESt-Herabsetzung für 1993: 1.371,-- DM; für 1994: 6028,-- DM; für 1995: 6.186,-- DM; begehrte ESt-Minderung insgesamt: 13.585,-- DM; Verhältnis Unterliegen zu Obsiegen: 1.371,-- DM zu 13.585,-- DM = 10,09 v.H. = gerundet 10 v.H.)
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Der Streitwert ergibt sich aus der Summe der begehrten ESt-Minderungen (s.o.).
Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ergibt sich aus § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der dem FA auferlegten Kosten beruht auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.
Für eine Zulassung der Revision fehlte es an den gesetzlichen Voraussetzungen.