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  • 03.02.2020 · IWW-Abrufnummer 213897

    Verwaltungsgericht Magdeburg: Urteil vom 01.10.2019 – 15 A 26/18

    Zu den Voraussetzungen der Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis nach Begehung zahlreicher Straftaten und anderem disziplinarwürdigen Fehlverhalten.



    [Tatbestand]

    Die Klägerin führt die Disziplinarklage gegen den beklagten Polizeimeister mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

    Der 1978 geborene Beklagte wurde nach dem Abschluss der Realschule am 02.10.1995 zum Polizeimeisteranwärter auf Widerruf ernannt. Nach Absolvierung des Vorbereitungsdienstes an der Landespolizeischule wurde er am 02.04.1998 als Polizeimeister z. A. an die Landesbereitschaftspolizei umgesetzt. In der Zeit vom 03.04.2000 bis zum 05.04.2005 besuchte der Beamte die Fachhochschule der Polizei. In dieser Zeit wurde er am 14.02.2001 Polizeimeister. Beamte auf Lebenszeit ist der Beklagte seit dem 24.10.2005. Vom 07.04.2005 bis zum 30.03.2006 versah er seinen Dienst in der Landesbereitschaftspolizei, B-Stadt. Seit dem 01.04.2006 ist der Beamte Bediensteter der Polizeidirektion A-Stadt bzw. Polizeidirektion ... bzw. A.. Vom 01.04.2006 bis zum 27.08.2006 war er als Sachbearbeiter Einsatz- und Streifendienst im Polizeirevier ... eingesetzt. Daran anschließend versah er bis zum 31.12.2007 seinen Dienst als szenekundiger Beamter im Dezernat 11 (Einsatz). Vom 01.01.2008 bis zum 14.06.2011 hatte der Beamte den Dienstposten eines Sachbearbeiters Einsatz im Bereich Zentrale Einsatzaufgaben des Polizeireviers A-Stadt und vom 15.06.2011 bis zum 31.12.2014 als Sachbearbeiter Einsatz im Revierkommissariat A-Stadt (Saale) Nord inne. Gleichzeitig war er als szenekundiger Beamter eingesetzt.

    Der Polizeipräsident des der Polizeidirektion ...leitete mit Verfügung vom 08.10.2008 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein. Seit dem 01.01.2015 ist der Beklagte vom Dienst suspendiert. Vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens war der Beklagte weder strafrechtlich noch disziplinarisch vorbelastet.

    In den Jahren 2009 und 2010 wurde der Beamte mit 271 Punkten und "gut" beurteilt. die beiden letzten Regelbeurteilungen ergaben 2011 ein D in der Leistungsbeurteilung und ein B in der Befähigungsbeurteilung sowie 2014 jeweils ein B in der Leistungs- und Befähigungsbeurteilung.

    Der ehemalige Leiter Reviereinsatzdienst des Polizeireviers A-Stadt, Herr Polizeioberrat (POR) H..., schätzte den Beklagten als sehr einsatzbereiten, selbständigen und initiativen Beamten ein. Aufgrund der Spezifik seines Einsatzes als szenekundiger Beamter habe er seinen Dienst in der Mehrzahl der Wochenenden des Jahres versehen. Bei den Vertretern des Halleschen FC sei er als szenekundiger Beamter anerkannt und respektiert gewesen.

    Der Beklagte war vom 01.10.2014 bis zum 31.05.2012 Inhaber und Geschäftsführer des Einzelunternehmens "Fotostudio ...", ...straße in ... . Die Unternehmenstätigkeiten beinhalten das Fotografenhandwerk und den Handel mit branchenüblichen Artikeln im Nebenerwerb des Beamten. Vor dem 01.10.2004 war das Gewerbe auf die Ehefrau des Beamten, Frau Jaqueline C., geb. ..., angemeldet.

    Mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 24.04.2008 ist über das private Vermögen des Beklagten Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit des Beamten als Inhaber des "Fotostudio ..." ist vom Insolvenzverfahren ausgenommen. Am 05.03.2008 hat der Beamte beim Amtsgericht Döbeln eine eidesstattliche Versicherung geleistet. Von den Bezügen des Beamten wurde monatlich der pfändbare Teil an den Insolvenzverwalter abgeführt. Das Insolvenzverfahren wurde am 09.11.2010 nach Verteilung aufgehoben. Ab dieser Zeit befand sich der Beamte im Restschuldbefreiungsverfahren, wonach die Restschuldbefreiung erteilt werden sollte, wenn sich der Beamte für die Zeit von sechs Jahren ab dem 24.04.2008 wohl verhalten würde. Am 08.12.2012 eröffnete das Amtsgericht Chemnitz gegen den Beklagten (ohne Beantragung einer Restschuldbefreiung) erneut ein Insolvenzverfahren.

    Der Beklagte ist verheiratet, lebt aber getrennt von seiner Ehefrau und hat zwei Kinder (geboren 1999 und 2004).

    Mit der Disziplinarklage vom 15.08.2018 (Eingang 17.08.2018) wird der Beklagte angeschuldigt, schuldhaft ein schweres Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) begangen zu haben, indem er gegen seine inner- und außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 34 Satz 3 BeamtStG), Pflicht zur Weisungsgebundenheit (§ 55 Satz 2 BG LSA a. F., § 35 Satz 2 BeamtStG), Einsatzpflicht (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und Pflicht zu uneigennützigen Verhalten (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verstoßen habe.

    Dem Beklagten werde Folgendes zur Last gelegt:

    (1) Er habe eine Steuerhinterziehung begangen, indem er in seiner Steuererklärung vom 10.01.2007 für das Jahr 2005 erhöhte Fahrtkosten als Werbungskosten angegeben habe. Das Amtsgericht Leipzig erließ deshalb am 03.06.2008 gegen den Beklagten einen rechtskräftigem Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung und verhängte eine Geldstrafe ich Höhe von 10 Tagessätzen zu je 40,- Euro.

    (2) Vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2012 sei bei der Stadt ... auf dem Namen des Beklagten ein Gewerbe für das Fotografenhandwerk und den Handel mit branchenüblichen Artikeln angemeldet, dass er als Einzelhändler in selbständiger Erwerbstätigkeit geführt habe. Der Beklagte habe diese Nebentätigkeit seinen Dienstherrn gegenüber nicht angezeigt und die Nebentätigkeit ohne die (nach § 65 BG LSA a. F.) erforderliche Genehmigung ausgeübt.

    (3) Der Beamte habe pflichtwidrig Schulden gemacht. Seit 2002 seien bei der Behörde Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen den Beklagten eingegangen, weil er eingegangene Kreditverträge nicht habe bedienen können. Das Amtsgericht Leipzig habe mit Beschluss vom 24.04.2008 gegen den Beklagten ein Privatinsolvenzverfahren eröffnet, das am 26.03.2013 mit einer Restschuldbefreiung am 26.03.2013 vorzeitig eingestellt worden sei. Bereits mit Beschluss vom 08.08.2012 eröffnete das Amtsgericht Chemnitz gegen den Beklagten ein zweites Insolvenzverfahren, in dem keine Restschuldbefreiung beantragt wurde.

    (4) Am 11.11.2008 habe der Beklagte habe sich wegen eines Betruges strafbar gemacht, indem er für die Firma "Fotostudio ..." über das Internet bei der Firma "Foto-..." Waren bestellt habe, ohne diese nach Erhalt bezahlen zu können. Das Amtsgericht Döbeln erließ gegen den Beamten deshalb am 18.09.2009 wegen Betruges einen Strafbefehl und verhängte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 30 Euro.

    (5) Der Beklagte habe Arbeitsentgelte vorenthalten und veruntreut, indem er in 31 Fällen Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen einschließlich der Beiträge der Arbeitsförderung vorenthalten habe. In der Hauptverhandlung des deshalb gegen den Beamten geführten Strafverfahrens stellte das Amtsgericht Chemnitz das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO wegen Geringfügigkeit ein.

    (6) Seit dem Erhalt des Verwarngeldblockes am 06.05.2013 bis zu dessen Verlust am 21.11.2013 habe der Beamte kein Verwarngeld abgerechnet und den Verwarngeldblock entgegen der einschlägigen Dienstvorschrift nicht im Waffenschließfach gelagert. Das gegen ihn wegen Unterschlagung der Verwarngelder geführte Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft A-Stadt mit Verfügung vom 12.05.2014 vorläufig unter Auflage gemäß § 153a StPO ein. Weil der Beklagte die Auflage jedoch nicht erfüllte, widerrief die Staatsanwaltschaft A-Stadt die vorläufige Einstellung und sah mit Verfügung vom 20.08.2015 gemäß § 154 Abs. 1 StPO von einer weiteren Strafverfolgung ab.

    (7) Am 24.09.2014 gegen 16.00 Uhr habe der Beklagte sich unter falschen Angaben ein Dienstfahrzeug abgeholt und es gegen 17.30 Uhr zurückgebracht. Er habe das Fahrzeug für private Zwecke benutzt. Denn er habe sich vom 22.09.2014 bis zum 26.09.2014 im Krankenstand befunden. Das deshalb gegen den Beamten geführte Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft A-Stadt am 03.03.2015 gemäß § 153 Abs. 1 StPO ein.

    (9) Der Beklagte meldete sich am 22.09.2014 bei seiner Dienstgruppenleiterin als krank. Eine Krankmeldung ohne Krankenschein habe er nicht beantragt. Am 23.09.2014 habe der Beamte dienstfrei gehabt. Am 24. und 25.09.2014 sei nicht zum Dienst erschienen, ohne sich krank zu melden. Seinen späteren Angaben zufolge sei er aus Krankheitsgründen vom Dienst fern geblieben. Erst Mitte Oktober 2014 habe der Beklagte ein nachträgliches ärztliches Attest vom 14.10.2014 vorgelegt, wonach er in der Zeit vom 22.09.2014 bis zum 26.09.2014 arbeitsunfähig erkrankt sei.

    (9) Am 21.12.2014 (einem Sonntag) sei der Beklagte ohne Angaben von Gründen nicht zum Dienst erschienen. Auf die telefonische Nachfrage des Polizeiobermeisters Erchen habe der Beamte angegeben, er habe seit dem 19.12.2014 Urlaub und könne nicht zum Dienst erscheinen, weil er sich nicht in A-Stadt befinde. Eine Prüfung habe jedoch ergeben, dass der Beklagte zwar am 19. und 20.12.2014 dienstfrei gehabt habe, Urlaub sei ihm jedoch erst ab dem 22.12.2014 genehmigt worden.

    (10) Der Beklagte habe sich wegen Betrug bei der Abrechnung von Zeugenentschädigungen strafbar gemacht. Am 11.12.2014 um 9.30 Uhr und 14.00 Uhr, am 20.01.2015 um 9.00 Uhr und am 27.01.2015 um 13.30 Uhr habe er beim Amtsgericht A-Stadt als Zeuge ausgesagt. Für die genannten Terminstage habe er bei der Zeugenentschädigung jeweils Hin- und Rückfahrten von seinem Wohnort ... von ca. 180 km angegeben, obwohl er bereits seit dem 07.10.2014 in A-Stadt gewohnt habe. Außerdem habe er jeweils Zeitversäumnisse von 3, 2 ein halb, 2 und 3 Stunden geltend gemacht. Der Beamte habe auf der Grundlage seiner Angaben von der Zahlstelle des Amtsgerichts A-Stadt jeweils Zeugenentschädigungen (111,25 Euro, 53 Euro und 56,60 Euro) erhalten. Für die Fahrten zu den Terminen habe er jeweils Dienstfahrzeuge genutzt, mit denen er Strecken von 10,4 km am 11.12.2014 bzw. jeweils 10 km am 20.01.2015 und 27.01.2015 zurückgelegt habe.

    (11) Am 21.12.2014 habe der Beklagte im Geschäft der Firma H... & M... in A-Stadt Unterwäsche im Wert von 24,99 Euro gekauft. Er mit EC-Karte bezahlt, obwohl das dazugehörige Konto nicht die nötige Deckung aufgewiesen habe. Weitere Zahlungsaufforderungen der Firma H... & M... habe der Beklagte ignoriert.

    Wegen des Betruges bei den Abrechnungen der Zeugenentschädigung (10) und des Warenkreditbetruges (11) verurteilte das Amtsgericht A-Stadt mit Urteil vom 16.12.2015 zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro.

    Der Beklagte sei aus dem Dienst zu entfernen, weil der von ihm begangene Zugriff auf öffentliche Gelder und auf Vermögenswerte des Dienstherrn besonders schwer wiege und keine Milderungsgründe vorlägen. Der Beklagte habe über einen längeren Zeitraum eine Vielzahl von Taten, zum großen Teil vorsätzlich begangen. Neben der Vielzahl der Pflichtverstöße sei auch die teilweise missbräuchliche Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung erschwerend zu berücksichtigen. Darüber hinaus habe sich durch das Nichterscheinen zum Dienst und die Verletzung der Anzeigepflicht im Krankheitsfall auch die Unzuverlässigkeit des Beamten offenbart, die für sich schon eine vertrauensvolle Zusammenarbeit beeinträchtige. Milderungsgründe für den Beklagten lägen hingegen nicht vor.

    Die Klägerin beantragt,

    den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

    Der Beklagte hat sich im behördlichen Disziplinarverfahren nicht entscheidend und im gerichtlichen Disziplinarverfahren überhaupt nicht geäußert und bislang keinen Antrag gestellt. Auch zur mündlichen Verhandlung ist der Beklagte nicht erschienen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsermittlungsakten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Disziplinarklage ist begründet.

    Die ursprünglich von der Polizeidirektion ...erhobene Disziplinarklage konnte durch ihre Rechtsnachfolgerin, die A. (vgl. § 4 ZustVO PI LSA), , fortgesetzt werden. Mit Schreiben des Ministeriums des Inneren des Landes an die B. vom 29.04.2019 geht die Aufgabe Disziplinarangelegenheiten mit Wirkung vom 01.05.2019 an die B. über. Damit ist aber nur eine landesweite Bearbeitungszuständigkeit für polizeiliche Disziplinarangelegenheiten und die Prozessvertretung vor dem Disziplinargericht gegeben. Die primär aus dem Disziplinargesetz des Landes stammenden disziplinarrechtlichen Zuständigkeiten zur Erhebung der Disziplinarklage (§ 34 DG LSA) und die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen (§ 33 DG LSA) sind damit aber nicht generell auf die B. übergegangen, sondern verbleibe bei den Direktoren der jeweils zuständigen Polizeiinspektionen.

    Der Beklagte hat ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, welches die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 DG LSA) nach sich zieht.

    Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Diese Voraussetzungen eines innerdienstlichen Dienstvergehens liegen vor.

    1. Die Disziplinarkammer ist davon überzeugt, dass der Beklagte die in der Disziplinarklage vorgehaltenen und von ihm nicht bzw. nicht substantiiert bestrittenen Pflichtenverstöße begangen hat und dadurch gegen seine beamtenrechtlichen Pflichten zum Wohlverhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), Weisungsgebundenheit (§55 Satz 2 BG LSA a. F., § 35 BeamtStG), Einsatzpflicht (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und zu uneigennützigen Verhalten (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verstoßen hat.

    Nach § 13 Abs. 1 DG LSA ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen und erfordert eine angemessene Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten. Der Vertrauensverlust des Dienstherrn oder der Allgemeinheit soll berücksichtigt werden. Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 DG LSA).

    Unter Gesamtwürdigung der Umstände der disziplinarrechtlich zu ahndenden Verfehlungen des Beamten, die in zwei Fällen zu seiner rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung und in zwei Fällen zum Erlass von rechtkräftigen Strafbefehlen und in drei Fällen zu Einstellungen des Verfahrens wegen Geringfügigkeit oder zu einem Absehen der weiteren Verfolgung der Straftat geführt haben, ist die Disziplinarkammer davon überzeugt, dass der Beamte solch ein schweres - außerdienstliches - Dienstvergehen begangen hat, dass er nunmehr für das Beamtenverhältnis untragbar ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und der Allgemeinheit einerseits und dem Beamten andererseits ist unwiderruflich zerstört. Demnach kommt nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht (§ 5 Abs. 1 Nr. 5; § 10 DG LSA).

    Der Beamte ist durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.12.2015 hinsichtlich der ihm in der Disziplinarklage vorgehaltenen Pflichtenverstöße bei der Abrechnung von Zeugenentschädigung (10) und Bezahlung von Waren mit EC-Karte, ohne Deckung des Kontos (11), rechtskräftig wegen Betruges in fünf Fällen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40,- Euro verurteilt worden. Dabei ist die Disziplinarkammer nicht nur nach § 54 Abs. 1 DG LSA hinsichtlich der in diesem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Disziplinarverfahren gebunden, sondern auch von der Richtigkeit dieser tatsächlichen Feststellungen überzeugt, so dass kein Anlass zu anderweitigen Feststellungen besteht (§ 54 Abs. 1 Satz 2 DG LSA). Im Disziplinarverfahren hat der Beklagte sich zu den abgeurteilten Straftaten nicht eingelassen. Zu dem Abrechnungsbetrug bei der Zeugenentschädigung hat er sich im Strafverfahren geständig eingelassen. Im Strafverfahren zum ihm vorgeworfenen Warenkreditbetrug gab er an, er habe die Ware mit Karte bezahlt, aber nicht gewusst, ob das Konto noch Deckung aufgewiesen habe. Angesichts seiner damaligen finanziellen Situation hat er damit aber zumindest billigend in Kauf genommen, dass sein Konto nicht mehr gedeckt war und hat damit vorsätzlich gehandelt. Der Beamte hat durch die abgeurteilten und von ihm begangenen Straftaten seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes nach § 54 Satz 3 BG LSA (neu § 34 Satz 3 BeamtStG) durch die begangenen Handlungen nachhaltig verletzt. Die Taten sind durch den Beamten auch schuldhaft, nämlich vorsätzlich begangen worden.

    Gegen den Beamten haben das Amtsgericht Leipzig und das Amtsgericht Döbeln wegen der ihm in der Disziplinarklage vorgeworfenen Steuerhinterziehung (1) und des Betruges wegen einer unbezahlten Rechnung (4) jeweils Strafbefehle erlassen. Gemäß § 32 Abs. 2 DG LSA legt das Disziplinargericht die im Strafbefehl des Amtsgerichts Leipzig getroffenen tatsächlichen Feststellungen zur Steuerhinterziehung dem Disziplinarverfahren zugrunde. Denn aus den in den eingereichten Werkstattrechnungen eingetragenen Kilometerstände ergeben eine weit geringere als die vom Beklagten in seiner Steuererklärung angegebene Fahrleistung. Die in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 13.12.2008 zu dem Disziplinarvorwurf enthaltenen Erklärung, er habe der Bezahlung eines Bußgeldes nur aus Angst zugestimmt, er könne in einem öffentlichen Verfahren verurteilt werden und bekomme mit der Verurteilung auch dienstliche Probleme, vermag dem ihm gemachten Vorwurf der Steuerhinterziehung nicht zu entkräften. Das Disziplinargericht legt gemäß § 32 Abs. 1 DG LSA auch die zum Eingehungsbetrug getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Döbeln zugrunde. Die Waren sind am 11.11.2008 durch das "Fotostudio ..." durch den Beklagten oder einen seiner Mitarbeiter bestellt worden, ohne dass der Beklagte zu diesem Zeitpunkt in der Lage war die Bestellung zu bezahlen. Die Erklärungen des Beklagten in seiner mündlichen Anhörung zu diesem Disziplinarvorwurf vom 22.02.2010, nicht er selbst, sondern seine Frau habe die Ware bestellt und nicht bezahlt, weil die Bestellung nicht vollständig angekommen sei, wertetet das Gericht als Schutzbehauptungen. Denn das Fotostudio war auf dem Beklagten als Geschäftsführer angemeldet und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem "Fotostudio ..." die bestellte War unvollständig geliefert worden ist.

    Die weiteren ihm in der Disziplinarklage vorgehaltenen Straftaten (Vorenthalten von Arbeitsentgelt (5), Unterschlagung von Verwarngeld (6) und unbefugtes Benutzen eines Dienst-PKW (7)) hat der Beklagte im Disziplinarverfahren nicht bestritten. Lediglich im Strafverfahren zu den ihm zur Last gelegten Vorenthalten von Arbeitsentgelt hatte er sich dahingehend eingelassen, er habe lediglich seinen Namen als Inhaber des "Fotostudios ..." zur Verfügung gestellt. Er habe jedoch keine Minute in dem Fotostudio gearbeitet oder sich mit Buchhaltung beschäftigt. Er habe sich auch nicht um die Vergütung der Angestellten, um die Lohnbuchführung oder sonstige Tätigkeiten gekümmert. Mit diesen Aufgaben sei seine Frau betraut gewesen. Diese Umstände vermögen den Beklagten jedoch nicht zu entlasten. Denn er hätte als Geschäftsführer des Fotostudios dafür Sorge tragen müssen, dass alle sich aus dem Geschäft ergebenen Verpflichtungen erfüllt werden. Er durfte insofern seiner Ehefrau nicht blind vertrauen und muss sich deren Handlungen zurechnen lassen.

    Auch die weiteren ihm vorgeworfenen Dienstvergehen (nicht angezeigte Nebentätigkeit (2), pflichtwidriges Verschulden (3), Verletzung der Anzeigepflicht im Krankheitsfall (8) und Nichterscheinen zum Dienst (9), die nicht zu einem strafrechtlichen Verfahren geführt haben, hat der Beklagte im behördlichen Disziplinarverfahren nicht bestritten.

    Zur nicht angezeigten Nebentätigkeit trug der Beamte im behördlichen Verfahren vor: Seine Ehefrau habe das Fotostudio gekauft und zunächst auch das Gewerbe angemeldet. Sie habe ihm wegen der zu leistenden Beiträge zur privaten Krankenversicherung vorgeschlagen, das Gewerbe auf ihn anzumelden und sie als Geschäftsführerin anzustellen. Ohne große Überlegungen habe er das Gewerbe auf seinen Namen als Geschäftsführer umgemeldet. Für das Fotostudio sei er zu keiner Zeit geschäftlich tätig gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt sei er der Auffassung gewesen, das eine Nebentätigkeit nur bei aktiver Tätigkeit vorliege.

    Durch die Ausübung der nicht angezeigten bzw. nicht genehmigten selbständigen Tätigkeit als Inhaber eines Fotostudios hat der Beklagte gegen seine Pflicht zur Weisungsgebundenheit gemäß § 55 Satz 2 BG LSA a. F. bzw. § 35 Satz 2 BeamtStG verstoßen. Gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 BG LSA a. F. bedurfte der Beklagte zur Ausübung jeder Nebentätigkeit einer Genehmigung. Gemäß § 40 Satz 1 BeamtStG ist eine Nebentätigkeit grundsätzlich anzeigepflichtig und sie ist nach § 40 Satz 2 BeamtStG unter Erlaubnis- oder Verbotsvorbehalt zu stellen, soweit sie geeignet ist, dienstliche Belange zu beeinträchtigen. Vom 01.01.2004 bis zum 31.05.2012 war auf dem Beklagten bei der Stadt ... ein Gewerbe für das Fotografenhandwerk und den Handel mit branchenüblichen Artikeln angemeldet, das der Beamte als Einzelfirma in selbständiger Erwerbstätigkeit führte. Diese selbständige Tätigkeit hatte der Beamte nicht angezeigt. Erst durch die Mitteilung des Insolvenzverwalters mit Schreiben vom 02.05.2008 erfuhr die Dienstelle, dass der Beamte zum damaligen Zeitpunkt Inhaber des Fotostudios war und damit einer selbständigen Tätigkeit nachging.

    Durch seine Verschuldung, die zweimal zur Privatinsolvenz geführt hat, hat der Beklagte seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht gemäß § 54 Satz 3 BG LSA a. F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG verletzt. Die Verschuldung des Beklagtem beruht zum einem auf seiner, zumindest fahrlässigen, Involvierung in die Geschäfte des Fotostudios, als dessen Geschäftsführer er im Gewerberegister eingetragen war. Beispiele für das nicht seriöse Geschäftsgebaren, die auch der Beamte sich zuschreiben lassen muss, sind die nicht bezahlten Rechnungen in den Jahren 2007 und 2008 oder das Nichtabführen der Arbeitnehmerentgelte für die einzige Angestellte zwischen 2009 und 2012. Auch sein eigener, privater Umgang mit Geld trug dazu bei, dass der Beamte im Laufe der Zeit in finanzielle Schwierigkeiten geriet. So sind bei der Behörde bereits seit 2002 immer wieder Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse eingegangen, weil der Beamte nicht in der Lage war, eingegangene Kreditverträge zu bedienen. Auch nach der Eröffnung des Insvolvenzverfahrens versuchte der Beamte auf rechtswidrige Weise seine finanzielle Situation zu verbessern. Dazu gehörten die Nichtabrechnung bzw. Unterschlagung von Verwarngeld im November 2013 sowie der Betrug bei der Abrechnung von Zeugenentschädigungen im Dezember 2014 sowie im Januar 2015. Auch das laufende Disziplinarverfahren, mehrere Strafverfahren und die Insolvenzverfahren haben keine Änderungen in seinem finanziellen Verhalten bewirkt. Hierfür sprechen der Warenkreditbetrug im Dezember 2014 oder das Nichterfüllen der staatsanwaltschaftlichen Auflage zur Zahlung von 500 Euro für die Einstellung des Ermittlungsverfahrens.

    Am 24.09. und am 25.09.2014 ist der Beklagte ohne Anzeige der Erkrankung nicht zum Dienst erschienen. Lediglich für den 22.09.2014 meldete sich der Beklagte bei seiner Dienstgruppenleiterin dienstunfähig. Nach eigener Aussage nahm er unzutreffender Weise an, auch am 24. und 25.09.2014 als sogenannten "KoS-Tage" (krank ohne Krankenschein) dem Dienst fern bleiben zu können. Die Dienstelle hatte er darüber aber nicht informiert. Sein Hausarzt hat ihm erst im Nachhinein am 14.10.2014 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Weil der Beklagte sich am 24. und 25.09.2014 nicht bei seiner Dienststelle meldete, hat er gegen seine Anzeigepflicht im Krankheitsfall verstoßen und somit seine Pflicht zu Weisungsgebundenheit (§ 34 Satz 2 BeamtStG) verletzt. Gemäß § 70 Abs. 1 der Geschäftsordnung der Polizeidirektion Süd, Verfügung des Polizeipräsidenten vom 16.09.2008 hat ein Beamter im Falle einer Erkrankung dem Vorgesetzten unverzüglich über die Erkrankung selbst und deren voraussichtliche Dauer zu unterrichten. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, also direkt nach eigener Kenntnis sowie vor Beginn der Dienstleistungspflicht.

    Der Beklagte ist am 21.12.2014 ohne Angaben von Gründen nicht zum Dienst erschienen. Ausweislich des Dienstplanes vom 17.11.2014 war der Beklagte am 21.12.2014 für eine Tagschicht eingeteilt. Im Urlaubsplan und im Dienstplan war für den Beklagten vom 22.12.2014 bis zum 02.01.2015 Urlaub eingetragen. Am 21.12.2014 ist der Beklagte nicht zum Dienst erschienen. Auf telefonische Nachfrage des Polizeiobermeisters Erchen gab der Beklagte an, er sei der Meinung, seit Freitag, den 19.12.2014 Urlaub zu haben. Er befinde sich nicht mehr in A-Stadt und könne darum auch nicht mehr zum Dienst erscheinen. Er blieb somit dem Dienst ohne berechtigten Grund fern. Weil ihm der Dienst- und der Urlaubsplan langfristige bekannt waren, hat der Beklagte seine Pflicht zur Weisungsgebundenheit (§ 34 Satz 2 BeamtStG) schuldhaft verletzt. Durch das Nichterscheinen zum Dienst am 21.12.2014 hat er darüber hinaus seine Pflicht zum vollen persönlichen Einsatz (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und seine Pflicht zum Wohlverhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt.

    2. Die Pflichtenverstöße sind als ein einheitliches Dienstvergehen zu werten. Dem Grundsatz der Einheitlichkeit liegt der Gedanke zugrunde, dass für die disziplinarrechtliche Beurteilung des Verhaltes eines Beamten und für die Entscheidung über das Erfordernis einer erzieherischen Disziplinarmaßnahme oder gar der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nicht die einzelnen Pflichtverletzungen als Teilaspekte seines Verhaltens, sondern das gesamte innerdienstliche und außerdienstliche Verhalten als Spiegelbild seiner Persönlichkeit maßgebend ist. Erst bei Würdigung der Gesamtpersönlichkeit lässt sich mit der gebotenen Sicherheit beurteilen, ob der Beamte aus dienstlicher Sicht noch erziehbar erscheint und ob hierfür eine bestimmte Disziplinarmaßnahme als notwendig aber auch als ausreichend erscheint oder ob der Beamte für die Allgemeinheit und den Dienstherrn untragbar geworden ist und deshalb seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einbeziehung länger zurückliegender Verfehlungen, für die bei isolierter Betrachtung ein Maßnahmeverbot durchgreifen würde, im pflichtgemäßen Ermessen steht. Die Einbeziehung ist ermessensgerecht, wenn zwischen den früheren und späteren Verfehlungen ein innerer und äußerer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht z. B. wenn eine bestimmte Neigung des Beamten oder ein gewisser Charakterzug die gemeinsame innere Wurzel für das Fehlverhalten bei den zu beurteilenden Pflichtverletzungen bildet (vgl VG Magdeburg, U. v. 27.10.2011, - 8 A 2/11 -, juris, Rdnr. 39 m. w. N.).

    Unter Berücksichtigung der Gesamtgeschehnisse und des langen zeitlichen Rahmens sowie der immer wiederkehrenden und vergleichbaren Pflichtenverstöße des Beamten bei den Geschehnissen um seine wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit kommt die Disziplinarkammer zu dem Ergebnis , dass die langjährigen gleichen Vorkommisse in einem inneren Zusammenhang stehen. Die soeben gegebene Definition der Einheitlichkeitsbetrachtung des Dienstvergehens wird hinsichtlich der Persönlichkeitsstruktur des Beamten, die gleichsam die innere ("böse") Wurzel für ihr Fehlverhalten und den Pflichtenverstoß bilden, überaus deutlich (vgl VG Magdeburg, U. v. 27.10.2011, - 8 A 2/11 -, juris, Rdnr. 40).

    3. Schließlich besteht kein Maßnahmeverbot nach § 15 DG LSA - welches im Übrigen kein Verfolgungsverbot darstellt. Erkennbar ist die Entfernung als Höchstmaßnahme nicht von dem Disziplinarmaßnahmeverbot erfasst (Hummel/Baunack in: Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 15 Rdnr. 9).

    4. Hinsichtlich der auszusprechenden Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens richtungsweisend (vgl. § 13 DG LSA). Die Schwere beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist. Eine vollständige und richtige Gesamtwürdigung setzt voraus, dass die Disziplinarkammer die im Einzelfall bemessungsrelevanten, d. h. die für die Schwere des Dienstvergehens und das Persönlichkeitsbild bedeutsamen Tatsachen ermittelt und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Gesamtbewertung einbezieht. Dabei findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung. Die Verwaltungsgerichte dürfen nur solche belastenden Tatsachen in die Gesamtwürdigung einstellen, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber müssen entlastende (mildernde) Umstände schon dann zu Gunsten des Beamten berücksichtigt werden, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (vgl. auch BVerwG, U. v. 27.01.2011 - 2 A 5.09 -, juris).

    Ein Beamter ist dann für den Dienstherrn und/oder der Allgemeinheit untragbar geworden, wenn anzunehmen ist, dass der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen hat und die prognostische Gesamtwürdigung ergibt, er werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung sei bei einem Verbleib im Beamtenverhältnis nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose (vgl VG Magdeburg, U. v. 27.10.2011, - 8 A 2/11 -, juris, Rdnr. 43).

    Vorliegend ist das Disziplinargericht mit der Klägerin der Auffassung, dass bereits bei einem Zugriff auf öffentliche Gelder (wie die unberechtigte Zeugenentschädigung, Einbehaltung von Steuern- und Sozialversicherungsbeiträge) und auf Vermögenswerte des Dienstherrn (wie die Unterschlagung von Verwarngeld und die private Nutzung des Dienst Kfz.) in aller Regel die Entfernung aus dem Dienst als die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme auszusprechen ist, wenn nicht gewichtige Milderungsgründe eine darunterliegende Disziplinarmaßnahmen (noch) rechtfertigen können.

    Das Dienstvergehen des Beklagten ist schwerwiegend, weil er über einen sehr langen Zeitraum mehrere unterschiedliche disziplinarrechtlich und strafrechtlich relevante Taten zum großen Teil vorsätzlich begangen und ihn auch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens von weiterem Fehlverhalten abgehalten hat.

    Gewichtige Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat in einer besonderen Versuchungssituation scheidet bereits deshalb aus, weil der Beklagte die Vielzahl der einzelnen Taten über einen längeren Zeitraum begangen hat. Eine unverschuldete ausweglose Notlage liegt nicht vor. Zwar begleiteten den Beklagten über den gesamten Tatzeitraum finanzielle Probleme, welche zum Teil auch mit dem Gewerbebetrieb des Fotostudios zusammenhingen. Allerdings ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass der Beklagte in diese finanzielle Lage unverschuldet geraten war. Vielmehr kann sie auch auf Fehlkalkulationen und unüberlegten Aktionen im geschäftlichen wie privaten Bereich und auf einen unangepassten Lebensstandard beruhen. Hierfür spricht insbesondere die Tatsache, dass das Amtsgericht Chemnitz gegen den Beklagten im Jahr 2012 ein zweites Insolvenzverfahren eröffnet hat. Der Beklagte hat weder die Taten vor ihrer Entdeckung gestanden noch die aus den Taten resultierenden Schäden wieder gut gemacht. Die lange Verfahrensdauer kann nicht mildernd berücksichtigt werden, weil sie darauf beruht, dass das Disziplinarverfahren immer wieder wegen neuer Vorwürfe erweitert und ausgesetzt werden konnte.

    Erschwerend sind die Anzahl der vom Beklagten begangenen Pflichtverstöße und die teilweise missbräuchliche Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung (Unterschlagung von Verwarngeld und die private Nutzung eines Dienstkraftfahrzeuges) zu berücksichtigen. Zudem hat sich seine Unzuverlässigkeit durch das Nichterscheinen zum Dienst und die Verletzung der Anzeigepflicht im Krankheitsfalle offenbart, die bereits für sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigt. Insgesamt ist das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Loyalität des Beamten derart erschüttert, dass eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht mehr möglich ist.

    Die demnach dienstrechtlich notwendige Entfernung aus dem Dienst verstößt auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot. Denn diese disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist die einzige Möglichkeit, dass durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Dienstverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Betroffenen ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf einem ihm zurechenbaren Verhalten (BVerwG, U. v. 21.06.2000, - 1 D 49.99 -, juris).

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 72 Abs. 1 Satz 1 DG LSA. Das Verfahren ist gem. § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA gebührenfrei.

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