Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 14.07.2020 · IWW-Abrufnummer 216815

    Landgericht Bonn: Urteil vom 18.03.2020 – 62 KLs 213 Js 41/19 – 1/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn

    2 KLs - 213 Js 41/19 - 1/19

    Tenor:

    Der Angeklagte CA ist schuldig der Steuerhinterziehung in 10 Fällen sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in einem weiteren Fall. Er wird zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 10 Monaten
    verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

    Gegen den Angeklagten CA wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 14.000.000 Euro angeordnet, davon in Höhe eines Betrages von 12.689.880 Euro als Gesamtschuldner.

    Der Angeklagte AO ist schuldig der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 5 Fällen. Er wird zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

    Im Übrigen wird der Angeklagte AO freigesprochen.

    Gegen die Einziehungsbeteiligte wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 176.574.603 Euro angeordnet, davon in Höhe von 166.574.603 Euro als Gesamtschuldnerin.

    Der Angeklagte CA trägt die ihn betreffenden Kosten des Verfahrens. Der Angeklagte AO trägt die ihn betreffenden Verfahrenskosten, soweit er verurteilt worden ist; im Umfange des Freispruchs fallen die Kosten des Verfahrens und die ihm entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zu Last.

    Angewendete Vorschriften:

    - für den Angeklagten CA: § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, § 25, § 27, § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 53 Abs. 1, § 56 Abs. 1, 2, § 73 Abs. 1, 2, § 73c StGB;
    - für den Angeklagten AO: § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, § 27, § 53 Abs. 1, § 56 Abs. 1 StGB.

    1
    Inhalt:

    2
    A. Feststellungen zur Person

    3
    I. Der Angeklagte CA

    4
    II. Der Angeklagte AO

    5
    B. Feststellungen zur Sache

    6
    I. Allgemeines, CumCum- und CumEx-Geschäfte

    7
    1. CumCum-Geschäfte

    8
    2. CumEx-Geschäfte

    9
    a) CumEx-Geschäfte im Allgemeinen

    10
    b) CumEx-Geschäfte mit Leerverkauf

    11
    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug bei den abgeurteilten Geschäften

    12
    d) Steuerschaden

    13
    e) Komplexe Strukturen

    14
    f)  Einsatz von Kurssicherungsinstrumenten, Bepreisung

    15
    g) Verschiedene Ausgestaltungen

    16
    h) Frühzeitige Planung und Absprachen

    17
    II. Vortatgeschehen

    18
    1. Erste Berührung des Angeklagten CA mit CumEx-Geschäften

    19
    2. Die BV-Geschäfte; der Angeklagte AO

    20
    III. Einzelfälle

    21
    1. Dividendensaison 2007

    22
    a) Steuerrechtliche Änderungen 2007

    23
    b) Die YT-Bank

    24
    c) Fall 1: YT-Eigenhandel 2007 (Fall 1 der Anklageschrift)

    25
    2. Dividendensaison 2008

    26
    a) Änderungen in der Organisation; die ZD-Gruppe

    27
    b) Fall 2: YT-Eigenhandel 2008 (Fall 2 der Anklageschrift)

    28
    c) Die XA GmbH

    29
    3. Dividendensaison 2009

    30
    a) Verbreiterung der Marktkontakte, neue Gesellschaftsstruktur

    31
    b) Aufgabenverteilung bei ZD, neue Handelsmodelle

    32
    c) Gesetzliche und administrative Änderungen

    33
    d) Fall 3: YT-Eigenhandel 2009 (Fall 4 der Anklageschrift)

    34
    e) Fall 4: HI Aktien 1 Fund (Fälle 11-12 der Anklageschrift)

    35
    f)  Fall 5: BC German Equity Special Fund (Fälle 5, 7, 8-10 der Anklageschrift)

    36
    g) Fall 6: BACA Fonds (Fälle 13-25 der Anklageschrift)

    37
    h) Fall 7: JS Futures Fund (Fälle 26-27 der Anklageschrift)

    38
    i)  Einkünfte ZD-OHL/ZD-OML

    39
    4. Dividendensaison 2010

    40
    a) Organisatorische Änderungen

    41
    b) Gesetzliche Änderungen

    42
    c) Fall 8: YT-Eigenhandel 2010 (Fall 33 der Anklageschrift)

    43
    d) Fall 9: BC Pro Rendite Fonds (Fälle 30-32 der Anklageschrift)

    44
    e) Fall 10: BC German Hedge Fund (Fälle 28-29 der Anklageschrift)

    45
    f)  Einkünfte ZD-OHL/ZD-OML

    46
    5. Dividendensaison 2011

    47
    a) Änderungen in der Organisation

    48
    b) Administrative Änderungen

    49
    c) Fall 11: YT-Eigenhandel 2011 (Fall 34 der Anklageschrift)

    50
    IV. Nachtatgeschehen

    51
    1. Erste Ermittlungen

    52
    2. Aufklärungsbeiträge des Angeklagten CA

    53
    3. Aufklärungsbeiträge des Angeklagten AO

    54
    4. Zahlung des Angeklagten CA an die Staatskasse

    55
    C. Beweiswürdigung

    56
    I. Einlassungen

    57
    1. Einlassung des Angeklagten CA

    58
    2. Einlassung des Angeklagten AO

    59
    3. Grundsätzliche Würdigung der Einlassungen

    60
    II. Feststellungen zur Person

    61
    III. Allgemeine Feststellungen zu CumCum- und CumEx-Geschäften

    62
    1. Marktstruktur, allgemeine Eigenschaften der Geschäfte, Dividendenlevel

    63
    2. Kurssicherungsinstrumente, Mechanismen der Preisbildung

    64
    3. Die Tabelle „German Analysis“

    65
    4. Eindeutige Identifizierung von Leerverkäufen bei den CumEx-Geschäften

    66
    a) Einlassungen

    67
    b) Handels- und Lieferbelege

    68
    c) Der Zeuge AV

    69
    d) Die Zeugin AY

    70
    e) Der Zeuge CG

    71
    f)  Indizien für Leerverkäufe

    72
    5. Kein Steuerabzug beim Leerverkäufer

    73
    a) Einlassungen und Aussagen

    74
    b) Transaktionsbelege

    75
    c) Der Sachverständige CE

    76
    d) Keine „Marktineffizienzen“

    77
    6. Die Verteilung des Profites

    78
    IV. Feststellungen zum Vortatgeschehen

    79
    V. Objektive Feststellungen zur Sache

    80
    1. Die ZD- und die ZC-Gruppe

    81
    2. YT-Eigenhandel 2007 (Fall 1)

    82
    a) Rolle des gesondert Verfolgten AE

    83
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    84
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    85
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    86
    e) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    87
    f)  Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    88
    aa) Die gesondert Verfolgten BP und BX

    89
    bb) Der gesondert Verfolgte AE

    90
    g) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    91
    3. YT-Eigenhandel 2008 (Fall 2)

    92
    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    93
    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    94
    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    95
    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    96
    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    97
    4. YT-Eigenhandel 2009 (Fall 3)

    98
    a) Rolle des gesondert Verfolgten AE

    99
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    100
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    101
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    102
    e) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    103
    f) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    104
    aa) Die gesondert Verfolgten BP und BX

    105
    bb) Der gesondert Verfolgte AE

    106
    g) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    107
    5. HI Aktien 1 Fund (Fall 4)

    108
    a) Struktur des Investmentfonds

    109
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    110
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    111
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    112
    e) Sammelantragsverfahren

    113
    f)  Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    114
    6. BC German Equity Special Fund (Fall 5)

    115
    a) Struktur des Investmentfonds

    116
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    117
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    118
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    119
    e) Sammelantragsverfahren

    120
    f)  Tatbeiträge des Angeklagten AO

    121
    g) Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    122
    7. BACA Fonds (Fall 6)

    123
    a) Struktur des Investmentfonds

    124
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    125
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    126
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    127
    e) Sammelantragsverfahren

    128
    f)  Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    129
    8. JS Futures Fund (Fall 7)

    130
    a) Struktur des Investmentfonds

    131
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    132
    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    133
    d) Sammelantragsverfahren

    134
    e) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    135
    f)  Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    136
    9. YT-Eigenhandel 2010 (Fall 8)

    137
    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    138
    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    139
    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    140
    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    141
    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    142
    10. BC Pro Rendite Fonds (Fall 9)

    143
    a) Struktur des Investmentfonds

    144
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    145
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    146
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    147
    e) Steuererstattungsverfahren

    148
    f)  Tatbeiträge des Angeklagten AO

    149
    g) Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    150
    11. BC German Hedge Fund (Fall 10)

    151
    a) Struktur des Investmentfonds

    152
    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    153
    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    154
    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    155
    e) Steuererstattungsverfahren

    156
    f)  Tatbeiträge des Angeklagten AO

    157
    g) Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    158
    12. YT-Eigenhandel 2011 (Fall 11)

    159
    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    160
    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    161
    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    162
    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    163
    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    164
    f) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    165
    VI. Vorstellungsbilder der Angeklagten

    166
    1. Der Angeklagte CA

    167
    a) Fall 1

    168
    aa) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    169
    bb) Bewertung der steuerrechtlichen Lage

    170
    cc) Angaben gegenüber der Finanzbehörde

    171
    dd) Subjektive Tatseite der gesondert Verfolgten

    172
    b) Fälle 2 bis 11

    173
    aa) Fall 2

    174
    bb) Fälle 3 bis 7

    175
    cc) Fälle 8-10

    176
    dd) Fall 11

    177
    2. Der Angeklagte AO

    178
    a) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    179
    b) Bewertung der steuerrechtliche Lage

    180
    aa) Zeitraum 2007 und 2008

    181
    bb) Zeitraum 2009

    182
    cc) Zeitraum 2010

    183
    c) Angaben gegenüber der Finanzbehörde

    184
    aa) Zeitraum 2007 und 2008

    185
    bb) Zeitraum 2009 und 2010

    186
    d) Subjektive Tatseite des Angeklagten CA

    187
    e) Billigung aller Umstände

    188
    VII. Aufklärungsbeiträge der Angeklagten

    189
    VIII. Zahlung des Angeklagten CA

    190
    D. Rechtliche Würdigung

    191
    Der Angeklagte CA

    192
    I. Fall 1

    193
    1. Vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat

    194
    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    195
    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärung

    196
    bb) Unrichtigkeit der Angaben

    197
    b) Nicht gerechtfertigter Steuervorteil

    198
    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    199
    d) Vorsatz der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    200
    e) Rechtswidrigkeit der Haupttat

    201
    2. Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 StGB

    202
    a) Objektiver Gehilfenbeitrag

    203
    aa) Hilfeleistung im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB

    204
    bb) Abgrenzung zur (Mit-)Täterschaft

    205
    b) Gehilfenvorsatz

    206
    aa) Vorsatz hinsichtlich der Haupttat und deren Förderung

    207
    bb) Grundsätze der berufsneutralen Handlung

    208
    3. Rechtswidrigkeit und Schuld

    209
    II. Fall 2

    210
    1. Objektiver Tatbestand

    211
    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    212
    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärung

    213
    bb) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    214
    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    215
    b) Nicht gerechtfertigter Steuervorteil

    216
    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP und AE

    217
    2. Mittäterschaft des Angeklagten CA

    218
    a) Gemeinsamer Tatplan

    219
    b) Bewertung der Tatbeiträge als täterschaftlich

    220
    c) Vorsatz

    221
    3. Rechtswidrigkeit und Schuld

    222
    III. Fälle 3, 8 und 11

    223
    1. Objektiver Tatbestand

    224
    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    225
    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärungen

    226
    bb) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    227
    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    228
    b) Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    229
    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    230
    2. Mittäterschaft des Angeklagten CA

    231
    a) Gemeinsamer Tatplan

    232
    b) Bewertung der Tatbeiträge als täterschaftlich

    233
    c) Vorsatz

    234
    3. Rechtswidrigkeit und Schuld

    235
    IV. Fälle 4 bis 7

    236
    1. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    237
    a) Auslegung der Erstattungsanträge

    238
    b) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    239
    aa) Keine Zurechnung der Dividenden

    240
    bb) Fehlende Steuerabführung auf die Dividendenkompensationszahlungen

    241
    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    242
    2. Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    243
    a) Täterschaftliche Tatbeiträge

    244
    aa) Fall 4

    245
    bb) Fall 5

    246
    cc) Fall 6

    247
    dd) Fall 7

    248
    b) Weitere Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    249
    3. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    250
    4. Vorsatz

    251
    5. Rechtswidrigkeit und Schuld

    252
    6. Konkurrenzen

    253
    V. Fälle 9 und 10

    254
    1. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    255
    a) Auslegung der Kapitalertragsteueranmeldungen

    256
    b) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    257
    aa) Keine Zurechnung der Dividenden

    258
    bb) Fehlende Steuerabführung auf die Dividendenkompensationszahlungen

    259
    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    260
    2. Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    261
    a) Täterschaftliche Tatbeiträge

    262
    aa) Fall 9

    263
    bb) Fall 10

    264
    b) Weitere Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    265
    3. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    266
    4. Vorsatz

    267
    5. Rechtswidrigkeit und Schuld

    268
    6. Konkurrenzen

    269
    Der Angeklagte AO

    270
    I. Fall 4 (Sammelantrag vom 13.03.2009)

    271
    1. Vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat

    272
    2. Unterstützungshandlung

    273
    3. Vorsatz

    274
    4. Rechtswidrigkeit und Schuld

    275
    II. Fall 6

    276
    III. Fälle 3, 4 (Sammelantrag vom 03.04.2009), 5 und 7

    277
    IV. Fall 8

    278
    V. Fälle 9 und 10

    279
    VI. Freispruch in den Fällen 1, 2 und 11

    280
    E. Strafzumessung

    281
    I. Der Angeklagte CA

    282
    1. Strafrahmenwahl

    283
    a) Fall 1

    284
    b) Fälle 2 bis 11

    285
    2. Konkrete Strafzumessung

    286
    3. Gesamtfreiheitsstrafe

    287
    4. § 56 StGB

    288
    II. Der Anklagte AO

    289
    1. Strafrahmenwahl

    290
    2. Konkrete Strafzumessung

    291
    3. Gesamtfreiheitsstrafe

    292
    4. § 56 StGB

    293
    F. Einziehung

    294
    I. Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten CA

    295
    1. Erlangtes Etwas

    296
    a) Erlangte Vermögenswerte

    297
    aa) Tätigkeit bei der YJ

    298
    bb) Tätigkeit nach Gründung der ZD-Gesellschaften

    299
    b) Erlangen der Vermögenswerte „für“ die abgeurteilten Taten

    300
    aa) Kein Erlangen „durch“ die abgeurteilten Taten

    301
    bb) Erlangen „für“ die abgeurteilten Taten

    302
    2. Höhe des Einziehungsbetrages

    303
    a) Wertersatzeinziehung

    304
    b) Gezogene Nutzungen

    305
    c) Keine abziehbaren Aufwendungen durch den Angeklagten CA

    306
    3. Kein Ausschluss der Einziehung

    307
    a) Kein Erlöschen durch Erfüllung oder Erlass

    308
    b) Kein Erlöschen infolge steuerrechtlicher Verjährung

    309
    4. Gesamtschuldnerische Haftung

    310
    a) Umfang der Gesamtschuld

    311
    b) Keine Gesamtschuld hinsichtlich gezogener Nutzungen

    312
    II. Keine Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten AO

    313
    III. Einziehungsanordnung gegenüber der Einziehungsbeteiligten

    314
    1. Keine Verfahrensrechtlichen Hindernisse

    315
    a) Anwendungsbereich § 424 Abs. 1 StPO

    316
    b) Anwendungsbereich § 30 Abs. 5 OWiG

    317
    2. Materielle Einziehungsvoraussetzungen

    318
    a) Erlangte Vermögenswerte

    319
    aa) Erlangtes Etwas

    320
    bb) Erlangen „durch“ die Taten des Angeklagten CA

    321
    b) Handeln des Angeklagten CA „für“ die Einziehungsbeteiligte

    322
    aa) Grundsätze des Handelns „für“ einen anderen

    323
    bb) Handeln „für“ die Einziehungsbeteiligte

    324
    c) Höhe des Einziehungsbetrages

    325
    aa) Wertersatzeinziehung

    326
    bb) Gezogene Nutzungen

    327
    d) Keine abziehbaren Aufwendungen durch die Einziehungsbeteiligte

    328
    aa) Handelsverluste

    329
    bb) Weitere Zahlungen

    330
    e) Kein Ausschluss der Einziehung

    331
    aa) Kein Erlöschen nach § 73e Abs. 1 StGB

    332
    bb) Kein Ausschluss der Einziehung nach § 73e Abs. 2 StGB

    333
    3. Gesamtschuldnerische Haftung

    334
    G. Kosten

    335
    Gründe:

    336
    Gegenstand des Verfahrens ist die Beteiligung der Angeklagten an sogenannten CumEx-Geschäften in den Jahren 2007 bis 2011.

    A. Feststellungen zur Person

    I. Der Angeklagte CA

    337
    Der […]-jährige Angeklagte CA kam in […] zur Welt, wo er in geordneten Verhältnissen aufwuchs. […].

    338
    Im Anschluss an seinen Schulbesuch studierte er an der Universität von […] Ingenieur- und Wirtschaftswesen. Zu dieser Zeit stellten Bank- und Brokerhäuser in London in hoher Zahl auch Absolventen aus dem Bereich Ingenieurswesen ein. So begann auch der Angeklagte CA nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums im Jahr 2001 sein Berufsleben bei der Investmentbank YR. Sein dortiger direkter Vorgesetzter war der gesondert Verfolgte BM, mit dem er später auch im Rahmen der gegenständlichen CumEx-Geschäfte eng und weitgehend partnerschaftlich zusammenarbeitete.

    339
    Im Rahmen seiner Tätigkeit für YR war der Angeklagte unter anderem mit dem Handel von Derivaten befasst. Dort lernte er auch Dividenden-Geschäfte in Form der sogenannten CumCum-Geschäfte kennen. Im Jahr 2004 wechselte er auf Betreiben des zwischenzeitlich zum Londoner Standort der YJ gewechselten gesondert Verfolgten BM zu eben dieser Bank (ungeachtet verschiedener Umwandlungen und Umfirmierungen im Folgenden: YJ). Er handelte weiterhin unter anderem mit Derivaten. In der Folgezeit begegneten dem Angeklagten CA dort auch Dividendentransaktionen in der Variante der CumEx-Geschäfte, an denen er später auch auf Seiten der YJ mitwirkte (vgl. Fälle 1 und 2). Anfang des Jahres 2008 machte sich der Angeklagte CA mit dem gesondert Verfolgten BM selbständig und gründete mit diesem die verschiedenen Gesellschaften der ZD-Gruppe, die in der Folgezeit an zahlreichen CumEx-Geschäften mitwirkten (vgl. Fälle 2 bis 11). An den ZD-Gesellschaften war der Angeklagte neben dem gesondert Verfolgten BM gleichberechtigter Teilhaber.

    340
    In den Jahren 2009 und 2010 traten die gesondert Verfolgten BQ und BR als Teilhaber hinzu. Bereits zum Jahr 2011 trennten sich der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM indes wieder von den gesondert Verfolgten BQ und BR. Mit den ihnen nach der Trennung verbliebenen Gesellschaften betrieben sie ihre Geschäfte nunmehr unter dem Namen ZC. Im Zuge der ab dem Jahr 2012 eingesetzten Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung lösten beide die Gesellschaftsgruppe auf, die Gesellschaften wurden inzwischen weitgehend liquidiert.

    341
    […]

    342
    Er ist weder in Deutschland noch in anderen Ländern vorbestraft.

    II. Der Angeklagte AO

    343
    Der Angeklagte AO ist […] Jahre alt. […] Die Familie lebt in […].

    344
    Geboren wurde der Angeklagte AO in […]. Dort verbrachte er auch die ersten Jahre seiner Kindheit. Als er 13 Jahre alt war, siedelte die Familie nach […] über. Nach seinem Abschluss an der Highschool nahm er ein Fernstudium und gleichzeitig eine Anstellung bei der ZG auf. Sein Wunsch war es, Karriere als Aktienhändler zu machen. Da ihm die Arbeit bei der Bank mehr zusagte, beendete er sein Studium bereits nach sechs Monaten. Seinen Onkel als Vorbild nehmend, der in London als Börsenhändler arbeitete, zog er im Jahr 2000 mit 18 Jahren nach London. Dort fand er bei dem Brokerhaus ZO eine Stelle. Er arbeitete im sogenannten Back Office für eine Abteilung, die sich mit den Finanzinstrumenten Futures, Optionen und Swaps beschäftigte. Weil ihm seine Arbeit und auch die aus seiner Sicht ausschweifende Mentalität der ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Broker nicht zusagte, wechselte er bereits nach acht Monaten zur ZS.

    345
    Um seine beruflichen Möglichkeiten zu verbessern, nahm der Angeklagte AO im Jahr 2001 neben seiner Tätigkeit ein Studium bei CIMA (Chartered Institute of Management Accountants) auf, das er in der Folgezeit unterschiedlich intensiv betrieb. Einen Abschluss, etwa vergleichbar einem staatlich geprüften Buchhalter, erreichte er im Jahr 2009.

    346
    Auch bei der ZS war der Angeklagte AO zunächst im Back-Office der Swap-Abteilung eingesetzt. Einige Zeit später wechselte er in die neu gegründete Abteilung „Equity-Swaps“ und dort im Jahr 2003 in das Middle Office. Damit war er nun deutlich näher am Handelsbereich, seinem eigentlichen Tätigkeitsziel. Im Verlauf dieses Jahres lernte er den gesondert Verfolgten BM kennen. Dieser kam von der Investmentbank YR, wo er bereits Vorgesetzter des Angeklagten CA gewesen war. Vom gesondert Verfolgten BM lernte der Angeklagte AO viele Details über den Finanzmarkt, darunter auch die Bepreisung von Handelsgeschäften bei steuergetriebenen Modellen in Zusammenhang mit der Dividendenausschüttung. Ende des Jahres 2003 erhielt der Angeklagte AO schließlich die Möglichkeit, in das vom gesondert Verfolgten BM geleitete Team zu wechseln. Bereits kurze Zeit später, Anfang des Jahres 2004, nahm dieser allerdings eine Tätigkeit bei der YJ London auf und erreichte, dass ihm der Angeklagte AO wenige Monate später dorthin nachfolgte. Hier hatte der Angeklagte AO nun erstmals auch Gelegenheit, selbst standardisierte Handelstransaktionen zu tätigen.

    347
    Bei der YJ kam der Angeklagte AO im Laufe der nächsten Jahre auch in Kontakt mit CumEx-Geschäften und wirkte an deren Durchführung mit. Nach dem Weggang des gesondert Verfolgten BM und des Angeklagten CA blieb er zunächst in seinem Team bei der YJ London. Wegen beruflicher Unzufriedenheit und weil er sich innerhalb der YJ nicht ausreichend gefördert fühlte, kündigte er allerdings im Jahr 2009. In der Folgezeit erhielt er einige Berufsangebote von Brokerhäusern, entschied sich schließlich jedoch dafür, bei der ZD-Gruppe in deren Büro in Gibraltar zu arbeiten. Nachdem sich der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM zum Jahr 2011 von den gesondert Verfolgten BQ und BR getrennt hatten, blieb der Angeklagte AO in dem auf den gesondert Verfolgten BM und den Angeklagten CA übergegangenen Gesellschaftsarm, der fortan unter dem Namen ZC agierte.

    348
    Im März 2013 verließ der Angeklagte AO ZC. In der Folgezeit ging er zunächst keiner Beschäftigung nach und nahm dann eine Tätigkeit bei der Firma ZA auf. […] In diesem Zusammenhang wurde er unter anderem bis Januar 2019 auch nochmals für eine Gesellschaft der von dem Angeklagten CA und von dem gesondert Verfolgten BM unter dem Namen ZC fortgeführten Gesellschaftsgruppe, tätig.

    349
    […]

    350
    Der Angeklagte AO ist nicht vorbestraft.

    B. Feststellungen zur Sache

    I. Allgemeines, CumCum- und CumEx-Geschäfte

    351
    Die Begriffe CumCum- und CumEx-Geschäft beschreiben Aktientransaktionen, die jeweils in zeitlicher Nähe zum Hauptversammlungstag einer Aktiengesellschaft durchgeführt wurden.

    352
    Dabei ging es den Akteuren weder bei CumCum-Geschäften noch bei CumEx-Geschäften der hier in Rede stehenden Art darum, nach Analyse und Bewertung der konkreten wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens dessen Aktien zu erwerben, um an möglichen Wertsteigerungen infolge positiver wirtschaftlicher Entwicklung teilzuhaben. Vorteile sollten in diesen Fällen vielmehr allein aus dem Umstand generiert werden, dass die betreffenden Aktiengesellschaften jeweils am Tag nach der Hauptversammlung ihre Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr ausschütten. Anknüpfungspunkt hierfür war die steuerrechtliche Behandlung der Dividendenzahlungen. Vielfach tauchen in diesem Zusammenhang weitere, oft wenig trennscharfe Begrifflichkeiten auf wie „Dividendenstripping“ oder „Dividendenarbitrage“.

    353
    Den von den CumCum- bzw. von den in der Anklage erwähnten CumEx-Akteuren angestrebten „Steuervorteilen“ standen auf Seiten des Fiskus entsprechende Steuermindereinnahmen bzw. Vermögensverluste gegenüber. Es gab deshalb in der Vergangenheit mehrere gesetzgeberische und administrative Versuche, solchen Geschäften die Grundlagen zu entziehen. Diese waren bis Ende 2011 allerdings nicht erfolgreich. Im Kontext der hier angeklagten Fälle sind insbesondere das Jahressteuergesetz 2007 und mehrere Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (im Folgenden: BMF-Schreiben) ab dem Jahr 2009 zu nennen.

    354
    Entscheidende steuerrechtliche Merkmale bei Zahlung inländischer Dividenden waren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2007 - 2011 grundsätzlich folgende Punkte:

    355

    356
    • ausgeschüttete Dividenden sind steuerpflichtige Einkünfte, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007-2011];

    357

    358
    • die Steuer wird durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer), § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2007-2011];

    359

    360
    • Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Gläubiger der Kapitalerträge, § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007-2011], also der Anteilseigner im Sinne des § 20 Abs. 2a EStG [VZ 2007-2008] bzw. des § 20 Abs. 5 EStG [VZ 2009-2011], mithin der zivilrechtliche oder der sogenannte wirtschaftliche Eigentümer der Aktien im Sinne des § 39 AO;

    361

    362
    • vorgenommen wurde der Steuerabzug (inklusive des Solidaritätszuschlages) bei Dividenden seinerzeit jedoch bereits durch den Schuldner der Kapitalerträge, § 44 Abs. 1 Satz 3 Var. 1 EStG [VZ 2007-2011], also die betreffende Aktiengesellschaft;

    363

    364
    • im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Gläubiger von Kapitalerträgen können die für sie erhobene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag auf ihre Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer anrechnen, § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007-2011], § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007-2011]. Zu diesem Zweck erhalten sie nach § 45a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 EStG [VZ 2007-2011] von ihrer Depotbank eine Bescheinigung über die für sie abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag;

    365

    366
    • ar ein inländisches Investmentvermögen Gläubiger von Kapitalerträgen, wurde diesem die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag auf Antrag erstattet, § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009 bzw. 2010].

    367
    Die Kapitalertragsteuer betrug in den Jahren 2007 und 2008 jeweils 20 Prozent und ab 2009 25 Prozent. Hinzu kam jeweils der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 Prozent des Steuerbetrages.

    1. CumCum-Geschäfte

    368
    Anlass für die Durchführung eines CumCum-Geschäftes ist der Umstand, dass ausgeschüttete Dividenden bei Steuerinländern anders besteuert werden als bei Steuerausländern. Betroffen hiervon sind z.B. im Inland nur beschränkt steuerpflichtige ausländische institutionelle Anleger, die regelmäßig große Aktienpakete inländischer Emittenten halten.

    369
    Auch diesen ausländischen Anlegern fließt am Tag nach der Hauptversammlung lediglich die um Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag reduzierte Nettodividende zu. Anders als bei unbeschränkt steuerpflichtigen Inländern ist der Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag hier jedoch definitiv, § 2 Nr. 1, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG [VZ 2007-2011]; eine Anrechnung oder Erstattung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Lediglich dann, wenn der ausländische Anleger seinen Sitz in einem Staat hat, mit dem die Bundesrepublik Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, ist auf Antrag eine (anteilige) Erstattung nach Maßgabe des betreffenden Doppelbesteuerungsabkommens möglich, § 50d Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG [VZ 2007-2011].

    370
    Ein CumCum-Geschäft ist vor diesem Hintergrund so aufgebaut, dass der im Ausland sitzende Anleger seine Aktien eines inländischen Emittenten kurz vor der Dividendenausschüttung an einen Steuerinländer veräußert (schuldrechtliches Geschäft) und ihm diese vor dem maßgeblichen Stichtag auch überträgt (sachenrechtliches Geschäft). Dieses Geschäft wird durch Abschluss eines gegenläufigen Derivatgeschäftes kursgesichert und später nach Zahlung der Dividende rückabgewickelt. Damit ist der im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Erwerber am Dividendenstichtag zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien (§ 39 Abs. 1 AO). Die Betreiber solcher Modelle bezwecken damit, dass der Steuerinländer anders als der im Ausland sitzende Veräußerer die für seine Rechnung erhobene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007-2011], § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007-2011] auf seine Steuerschuld angerechnet erhält. Wirtschaftlich betrachtet soll ihm die Dividende also steuerfrei zufließen.

    371
    Dieser Effekt ist regelmäßig der einzige Grund für die Durchführung eines solchen CumCum-Geschäftes. Durch die Kurssicherung sind marktbedingte Kursverluste hier ebenso ausgeschlossen wie marktbedingte Kursgewinne.

    372
    Gilt für den Veräußerer ein Doppelbesteuerungsabkommen, besteht der angestrebte wirtschaftliche Vorteil in Höhe der Differenz zwischen der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag und dem nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vorgesehenen Steuersatz (in der Regel 15 Prozent). Diesen Vorteil teilen sich Steuerin- und Steuerausländer, wobei der jeweilige Anteil sich regelmäßig nach den Marktgegebenheiten richtet. In den relevanten Jahren zwischen 2007 und 2011 betrug der Anteil, den ein Steuerinländer als Aktienerwerber bei einem solchen Geschäft erhielt, zwischen 2 und 3 Prozent der Bruttodividende. Realisiert wurde diese Gewinnverteilung regelmäßig über eine entsprechende Bepreisung des Kurssicherungsgeschäftes (dazu unten).

    373
    Die Bezeichnung „CumCum“ folgt in diesem Modell dem Umstand, dass die Aktien hier sowohl mit („cum“) Dividendenanspruch (schuldrechtlich) veräußert als auch (sachenrechtlich) übertragen werden. Das bedeutet, der inländische Erwerber erlangt das zivilrechtliche Eigentum an den regelmäßig sammelverwahrten Papieren (vgl. § 5 DepotG) zu einem Zeitpunkt, zu dem der die zu zahlende Dividende verkörpernde Kupon noch nicht getrennt ist.

    374
    Aus Sicht des Fiskus führt ein solches CumCum-Geschäft zu einer Steuermindereinnahme. CumCum-Gestaltungen waren mehrfach Gegenstand der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.

    375
    Die Anklageschrift ging davon aus, dass die angeklagten Tatkomplexe keine CumCum-Geschäfte enthielten. Im Rahmen der Hauptverhandlung stellte sich heraus, dass einigen wenigen der angeklagten Transaktionen doch CumCum-Geschäfte zu Grunde lagen. Insoweit hat das Gericht das Verfahren jeweils mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt, CumCum-Geschäfte sind daher in den abgeurteilten Taten nicht enthalten.

    2. CumEx-Geschäfte

    376
    Die Bezeichnung CumEx-Geschäft geht allgemein darauf zurück, dass hier die betreffenden Aktien schuldrechtlich noch mit („cum“) Dividendenanspruch veräußert werden, die sachenrechtliche Übertragung der veräußerten Aktien jedoch erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der Dividendenkupon bereits getrennt („ex“) ist. Tatsächlich erfolgt die Kupontrennung beim Sammelverwahrer regelmäßig mit Ablauf des Tages, an dem die Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaft den die Gewinnverteilung (und damit den die Dividendenzahlung) betreffenden Beschluss gefasst hat. Ab diesem Moment, also ab dem Tag nach der Hauptversammlung (auch: „Ex-Tag“), können Aktien unabhängig von den schuldrechtlichen Vereinbarungen der Vertragspartner sachenrechtlich nur noch ohne Kupon und damit nur noch ohne Anspruch auf Zahlung der Dividende übertragen werden.

    377
    Anders als bei CumCum-Geschäften ging es den Akteuren bei den streitgegenständlichen CumEx-Konstellationen nicht darum, Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu vermeiden. Diese Geschäfte zielten vielmehr weitergehend darauf ab, Steueranrechnungen nach § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007-2011] oder Steuererstattungen nach § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009 bzw. 2010] für Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag in Fällen zu erlangen, in denen zuvor ein Abzug der entsprechenden Steuern gar nicht stattgefunden hatte. Der Fiskus erlitt hier nicht (lediglich) eine Steuermindereinnahme. Er wurde vielmehr veranlasst, Beträge anzurechnen bzw. zu erstatten, denen keine vorherige Steuereinnahme gegenüber stand.

    a) CumEx-Geschäfte im Allgemeinen

    378
    Grundsätzlich sind CumEx-Geschäfte in zeitlicher Nähe zum Hauptversammlungstag zunächst nichts Ungewöhnliches. Da über die Börse abgeschlossene Aktienkäufe nach den dort geltenden Bedingungen regelmäßig erst zwei Börsenarbeitstage nach dem Vertragsschluss („t+2“) sachenrechlich beliefert werden, kommt es immer dann, wenn an der Börse ein Aktienkaufgeschäft am Tag vor oder am Tag der Hauptversammlung der betreffenden Gesellschaft selbst abgeschlossen wird, zu einer CumEx-Konstellation. Bei der Lieferpflicht des Verkäufers handelt es sich um eine Gattungsschuld im Sinne des § 243 Abs. 1 BGB. Der konkrete Inhalt der Lieferpflicht bestimmt sich nach den Verhältnissen am Tag des Geschäftsabschlusses. Zu liefern und zu bezahlen sind also Aktien mit („cum“) Dividendenanspruch. Der Erwerber erhält in solchen Fällen allerdings regelmäßig „mangelhafte“ Aktien, weil er tatsächlich Aktien ohne („ex“) Dividendenanspruch übertragen bekommt. Die ihm übertragenen Aktien haben - unabhängig von der Kursentwicklung in der Zwischenzeit - mithin einen geringeren wirtschaftlichen Wert, der Minderwert entspricht der Höhe der Bruttodividende. Zum Ausgleich erhält er dafür eine Zahlung.

    379
    Marktteilnehmer können Aktiengeschäfte auch außerbörslich abschließen, sog. „Over-the-Counter-Geschäfte“ (im Folgenden auch: OTC-Geschäfte). Bei derartigen Geschäften sind die Handelnden nicht an die Börsenregeln zur Lieferfrist gebunden, sondern können individuelle Fristen vereinbaren, so z.B. Lieferfristen von „t+3“, „t+4“ oder auch „t+1“ oder „t+0“.

    380
    Die Sammelverwahrung von Wertpapieren und auch die Abwicklung von Wertpapiergeschäften („settlement“) wird in Deutschland im Wesentlichen von der Clearstream Banking AG mit Sitz in Frankfurt (im Folgenden: CBF), die zur Gruppe der Deutsche Börse AG gehört, wahrgenommen. CBF bietet die entsprechenden Dienstleistungen dabei unabhängig davon an, ob die Handelsgeschäfte zuvor über die Börse oder außerbörslich zustande gekommen sind. Die von CBF eingesetzten Abwicklungsprogramme stellen in jedem Fall sicher, dass Aktientransaktionen über den Hauptversammlungstag identifiziert und entsprechende Kompensationen angestoßen werden. Hat der Veräußerer die verkauften Aktien tatsächlich in seinem Bestand, handelt es sich um einen sog. Inhaberverkauf. In einem solchen Fall leitet CBF regelmäßig bereits die Nettodividende an den Erwerber weiter, die Kompensation besteht in diesen Fällen also aus der „Original-Nettodividende“.

    b) CumEx-Geschäfte mit Leerverkauf

    381
    Möglich sind daneben aber auch CumEx-Geschäfte, bei denen der Veräußerer bei Abschluss des schuldrechtlichen Geschäftes die veräußerten Aktien selbst gar nicht in seinem Bestand hat, sogenannte Leerverkäufe. Hier muss er sich die zur Erfüllung seiner Lieferpflicht erforderlichen Stücke innerhalb der mit seinem Abnehmer vereinbarten Lieferfrist selbst noch besorgen. Regelmäßig geschieht dies durch ein Eindeckungsgeschäft, bei dem eine kürzere Lieferfrist vereinbart wird. Hat der Leerverkäufer mit dem Leerkäufer z.B. die Lieferfrist t+2 vereinbart, muss er sich selbst mit einer Lieferfrist kleiner/gleich t+2 eindecken. In den abgeurteilten Fällen wurde dieses Eindeckungsgeschäft regelmäßig bereits schuldrechtlich über Stücke abgeschlossen, die keinen Dividendenanspruch mehr beinhalteten („Ex-Aktien“). Diese Ex-Aktien stammten in den abgeurteilten Fällen regelmäßig aus dem Bestand von großen institutionellen Anlegern (im Folgenden auch: Stückegebern). Der Leerverkäufer stellte durch ein solches Eindeckungsgeschäft sicher, dass sein ursprünglicher Vertragspartner, der Leerkäufer, am Erfüllungstag solche Aktien erhielt, die er auch bei einem CumEx-Geschäft aus Bestand erhalten hätte, nämlich Ex-Aktien. Sachenrechtlich bestand damit für den Leerkäufer zwischen einem CumEx-Inhabergeschäft und einem CumEx-Leerverkaufsgeschäft kein Unterschied. Die ihm auch in CumEx-Leerverkaufsfällen zustehende Kompensation dafür, dass die ihm gelieferten Stücke keinen Dividendenanspruch mehr enthielten, erhielt der Leerkäufer in Gestalt einer Dividendenkompensationszahlung (auch: „manufactured dividend“), die wirtschaftlich der in der Cum-Aktie noch enthaltenen Bruttodividende entsprechen musste.

    382
    Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG (eingeführt durch das Jahressteuergesetz 2007) gehören solche Dividendenkompensationszahlungen mit Wirkung ab dem 01.01.2007 ebenfalls zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und unterfallen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2007-2011] entsprechend der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Vorzunehmen war der Abzug der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in diesen Fällen im hier maßgeblichen Zeitraum durch das für den Verkäufer der Aktien den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut („den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“), § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007-2011].

    383
    Beim Käufer eines CumEx-Geschäftes ging damit immer ein Geldbetrag in Höhe der Nettodividende ein: Dann, wenn ein Inhaberverkauf zu Grunde lag, in Gestalt der Original-Nettodividende; dann, wenn ein Leerverkauf zu Grunde lag, in Gestalt der Netto-Dividendenkompensationszahlung in entsprechender Höhe. Zwar fielen diese Netto-Zahlungen auf den ersten Blick geringer aus, als der „Minderwert“, der durch die Belieferung mit Ex-Stücken an Stelle der geschuldeten Cum-Stücke wirtschaftlich in Höhe der Bruttodividende entstand. Allerdings erhielt der Leerkäufer neben den Zahlungen in beiden Konstellationen (Inhaberverkauf und Leerverkauf) auch in CumEx-Fällen von seiner Depotbank eine Steuerbescheinigung ausgestellt. Diese wurde sodann beim zuständigen Finanzamt vorgelegt, um die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag angerechnet bzw. erstattet zu bekommen.

    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug bei den abgeurteilten Geschäften

    384
    Die hier abgeurteilten Fälle betreffen ausschließlich CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen. Diese waren von den Beteiligten zudem in allen Fällen so aufgesetzt, dass der in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007-2011] vorgesehene Steuerabzug unterblieb: Da diese Regelung nur inländische Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute zur Vornahme des Steuerabzuges verpflichtet, kam es dann, wenn mit der Ausführung des Verkaufsauftrages ein ausländisches Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut betraut wurde (das in gleicher Weise in der Lage war, die entsprechenden Settlementprozesse bei CBF zu nutzen), nicht zu einem Steuerabzug. Ein Steuerabzug unterblieb daneben auch in den Fällen, in denen in die Abwicklung zwar ein inländisches Kreditinstitut eingeschaltet war, dieses sich aber nicht als die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007-2011] ansah und deshalb oder aus anderen Gründen den Steuerabzug unterließ.

    385
    Die mit dem Jahressteuergesetz 2007 eingeführten Regelungen, mit denen die den Finanzbehörden schon damals bekannten Missbrauchsmöglichkeiten bei CumEx-Geschäften unterbunden werden sollten, waren damit wirkungslos.

    386
    Auch das am 05.05.2009 veröffentlichte Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen erreichte sein Ziel, missbräuchliche CumEx-Gestaltungen auszuschließen, nicht. Danach hatten die Leerkäufer, die eine Anrechnung bzw. eine Erstattung begehrten, den Finanzbehörden jeweils eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass den betreffenden Geschäften keine Absprachen zu Grunde lagen (sog. „Berufsträgerbescheinigung“). Die Bescheinigung musste von einem zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträger im Sinne der §§ 3, 3a des Steuerberatungsgesetzes oder von einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle ausgestellt sein und bestätigen, dass keine Absprachen festgestellt werden konnten, die die „Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat,“ getroffen haben könnten.

    387
    Die Leerkäufer erreichten in allen hier abgeurteilten Fällen, dass eine Steueranrechnung oder -erstattung stattfand, obwohl zuvor gerade keine Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an den Fiskus geflossen war. Dies wurde dadurch möglich, dass die Depotbanken der Leerkäufer die für die Anrechnung erforderlichen Steuerbescheinigungen ausstellten (Eigenhandelsfälle) bzw. die Erstattung beantragten oder durchführten (Fondsfälle). In den abgeurteilten Fällen, die in den zeitlichen Anwendungsbereich des BMF-Schreiben von Mai 2009 fallen und bei denen es Absprachen gab, die vom Sinngehalt dieses Schreibens erfasst waren, wurden gleichwohl entsprechende Berufsträgerbescheinigungen ausgestellt.

    d) Steuerschaden

    388
    Der durch die abgeurteilten Taten verursachte Steuerschaden entstand mithin dadurch, dass durch die zuständigen Finanzbehörden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag angerechnet bzw. erstattet wurden, obwohl diese zuvor nicht vereinnahmt worden waren.

    389
    Der diesem Steuerschaden entsprechende „Vorteil“ floss in Gestalt der unberechtigten Anrechnung bzw. Erstattung zwar unmittelbar an den Leerkäufer. Gleichwohl zog dieser hieraus zunächst noch keinen eigenen wirtschaftlichen Nutzen. Denn den wirtschaftlichen Wert dieser Anrechnung bzw. Erstattung hatte er zuvor bereits an den Leerverkäufer entrichtet, indem er diesem den Kaufpreis für Cum-Aktien (die einen Anspruch auf Bruttodividende inkl. Steueranteil enthielten) gezahlt hatte, von dem er aber nur Ex-Aktien (die keinen Dividendenanspruch mehr enthielten) sowie eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende bekam. Der dem Steuerschaden entsprechende wirtschaftliche Vorteil manifestierte sich damit zunächst beim Leerverkäufer, denn dieser hatte den Kaufpreis für Cum-Aktien erhalten, hatte allerdings nur (um den Betrag der Bruttodividende günstigere) Ex-Aktien geliefert und war daneben nur mit einer Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende belastet worden, da das von ihm mit der Abwicklung des Verkaufsauftrages betraute Kredit- bzw. Finanzdienstleistungsinstitut für diese Kompensationszahlung keine Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag entrichtet hatte.

    390
    Tatsächlich wurde in den abgeurteilten Fällen der dem Steuerschaden entsprechende wirtschaftliche Vorteil jedoch zwischen Leerverkäufer und Leerkäufer, daneben aber auch noch zwischen weiteren Akteuren wie den Stückegebern und zwischengeschalteten Finanzdienstleistern aufgeteilt. Dies geschah im Wesentlichen dadurch, dass diese Akteure für die zur Umsetzung erforderlichen Geschäfte Preise vereinbarten bzw. akzeptierten, die nicht den nach Marktregeln zu erwartenden Preisen entsprachen. Weitere Beteiligte, so z.B. Kreditgeber, Broker, Kapitalanlagegesellschaften, Depotbanken, Berater, Gutachter oder Berufsträger, profitierten von Gebühren, die sie, zum Teil auch ohne von den Zusammenhängen zu wissen, den Akteuren für ihre speziellen Dienste berechneten und die diese aus ihren jeweiligen Profitanteilen aufbrachten.
    e) Komplexe Strukturen

    391
    Die Struktur der abgeurteilten CumEx-Geschäfte ist damit nur vereinfacht dargestellt. Von Bedeutung ist zunächst, dass die erworbenen Aktien regelmäßig nur sehr kurz im Depot des Leerkäufers gebucht waren. Denn dieser hatte die Aktien nicht in Folge einer entsprechenden Anlageentscheidung erworben, sondern wollte sie allein nutzen, um die Ausstellung einer unrichtigen Steuerbescheinigung seiner Depotbank zu erwirken. Mit Erreichen dieses Ziels wurden die Stücke für ihn uninteressant, sie wurden wiederum veräußert, regelmäßig zurück an den Stückegeber als institutionellen Anleger (sogenannter „Unwind“ der Positionen).

    392
    Weiter ist zu berücksichtigen, dass Leerverkäufer, Leerkäufer und Stückegeber regelmäßig nicht in einen unmittelbaren Geschäftskontakt zueinander traten. Zwischen ihnen agierten vielmehr zahlreiche professionelle Marktteilnehmer, die das Know-How und die tatsächlichen Möglichkeiten hatten, diese vielfältigen und äußerst komplexen Kreislauf-Geschäfte aufzusetzen. In den abgeurteilten Eigenhandelsfällen des Jahres 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 wurden die Geschäfte zunächst vom Handelstisch der YJ London, an dem im Jahr 2007 beide Angeklagten arbeiteten, gesteuert. Ab dem Ausscheiden des Angeklagten CA aus der YJ übernahmen in den abgeurteilten Fällen ab März 2008 die Gesellschaften der vom Angeklagten CA und vom gesondert Verfolgten BM gegründeten ZD-Gruppe, insbesondere die ZD Principals Ltd., die Steuerungsfunktion. Zunächst verantwortete hier insbesondere der Angeklagte CA die erforderlichen Tätigkeiten.

    393
    Da der Gewinn pro leer gekaufter Aktie oft nur Centbeträge ausmachte, musste der Angeklagte CA sehr große Handelsvolumina generieren. Regelmäßig wurden mehrere Millionen Stücke einer Aktiengattung erworben. Hierfür war von den Akteuren während der Handelssaison eine entsprechende Liquidität bereit zu halten. In den ab 2009 aufgesetzten Fondsfällen (Fälle 4-7, 9, 10) setzte dies zunächst die Akquisition entsprechender Mittel bei privaten Investoren voraus. Hier wurden insbesondere die gesondert Verfolgten AE und CD tätig. Sie hatten unter der Bezeichnung „YW“ ein in verschiedenen Rechtsformen tätiges Vehikel aufgesetzt, in das sie für ihre diversen Tätigkeiten eingeforderte Profitanteile schleusten. Zum Teil wurden Investorengelder auch von einer vom gesondert Verfolgten AD aufgesetzten und unter der Bezeichnung „YG“ tätigen Gesellschaft eingeworben. Der Angeklagte CA übernahm für die Gesellschaft im Jahr 2010 die Rolle eines Direktors. Die zusammengetragenen Investorengelder wurden sodann durch Kreditaufnahme regelmäßig bis zum Zwanzigfachen der eingeworbenen Summe gehebelt. Als Kreditgeber, in diesem Kontext auch „Prime Broker“ genannt, agierten in den abgeurteilten Fondsfällen des Jahres 2009 die ZV und in den abgeurteilten Fällen des Jahres 2010 YR. In allen Fällen waren zudem gegenüber Marktteilnehmern oder Handelsplattformen die für den erforderlichen Zugang und für die geplanten Geschäfte etwa zu stellenden Sicherheiten zu beschaffen.

    394
    Die weiteren wesentlichen Arbeiten des Angeklagten CA, die er in den Jahren nach 2008 zunehmend auch an andere Mitarbeiter der ZD Principals Ltd. abgab, bestanden zu Beginn der jeweiligen Dividendensaison zunächst in der Auswahl der zu handelnden Aktiengattungen und in der Ermittlung der in dieser Gattung möglichen Gesamtvolumina. Hierzu waren Marktteilnehmer zu identifizieren, die zu Leerverkäufen in entsprechendem Umfang bereit waren. Zugleich mussten Stückegeber gefunden werden, die die erforderlichen Mengen an Ex-Aktien bereitstellen konnten. Die möglichen Volumina mussten sodann auf die verschiedenen betreuten Leerkäufer, hier unter Berücksichtigung der am jeweiligen Handelstag konkret verfügbaren Mittel und unter Meidung der nach dem Wertpapierhandelsgesetz ab einer Beteiligung von 3 Prozent bestehenden Meldeschwelle, verteilt werden. Weiter war die Sicherung aller Aktiengeschäfte gegen Kursschwankungen durch Kurssicherungsinstrumente (sog. Hedging) zu planen und aufzusetzen. Die Umsetzung aller Geschäfte über zwischengeschaltete Makler/Broker setzte voraus, dass die Handelspartner sich ihrerseits jeweils zeitnah mit in Gattung, Stückzahl, Preis und Handelsplattform identischen Kauf- bzw. Verkaufswünschen an diese wandten.

    f) Einsatz von Kurssicherungsinstrumenten, Bepreisung

    395
    Besondere Bedeutung kam bei der Planung der abgeurteilten CumEx-Geschäfte der Preisermittlung der Kurssicherungsinstrumente zu, denn über diese wurde der mit den Transaktionen erzielte Gewinn zwischen den Akteuren aufgeteilt. Während die die Aktien selbst betreffenden Geschäfte zwischen den Beteiligten regelmäßig zu aktuellen Marktpreisen abgeschlossen wurden, wurden für die erforderlichen Kurssicherungsinstrumente Preise vereinbart, die von den nach Marktregeln zu erwartenden Preisen abwichen.

    396
    aa) An den Finanzmärkten sind verschiedene Kurssicherungsinstrumente verfügbar, zu nennen sind im Wesentlichen Forwards/Futures, Swaps oder Optionen. Vorliegend kamen nahezu ausschließlich sogenannte Futures zur Anwendung. Futures und Forwards entsprechen sich in ihrer Struktur, im Gegensatz zu Forwards werden Futures allerdings an einer Börse gehandelt. Dadurch sind sie standardisiert und liquide, eingegangene Positionen können durch Abschluss eines entsprechenden Gegengeschäftes jederzeit geschlossen, d.h. neutralisiert werden.

    397
    Bei einem Future-Kontrakt schließen zwei Vertragsparteien zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Vertrag über die zukünftige Lieferung eines Vermögensgegenstands (des Basiswertes oder Underlyings) ab. Der Kaufpreis wird dabei bei Vertragsabschluss festgelegt und als Terminkurs bezeichnet. Handelt es sich bei dem Basiswert um eine einzelne Aktiengattung (und nicht etwa um einen Index wie z.B. den DAX), spricht man von einem Single Stock Future oder SSF. Der Käufer übernimmt die Verpflichtung, am Fälligkeitstag den vereinbarten Terminkurs zu zahlen, der Verkäufer die Verpflichtung, dann den Basiswert zu liefern. Ein Future-Kontrakt ist ein unbedingtes Termingeschäft, d.h. keine der beiden Vertragsparteien hat eine Möglichkeit, aus dem Vertrag auszusteigen oder die Vertragsbedingungen zu ändern.

    398
    In dieser Grundform eines Futures wird am Fälligkeitstag tatsächlich der volle Kaufpreis gezahlt und der Basiswert geliefert (sogenanntes physisches Settlement).

    399
    Eine Alternative zum physischen Settlement ist das sogenannte Cash-Settlement. Dabei werden Zahlung des Kaufpreises und Lieferung des Basiswertes durch die Zahlung eines Ausgleichsbetrags ersetzt, der die Differenz zwischen dem Preis des Basiswertes am Fälligkeitstag und dem vereinbarten Terminpreis abbildet.

    400
    Derjenige, der beispielsweise heute eine bestimmte Menge Aktien kauft (sog. Kassa-Kauf) und der zugleich weiß, dass er sie alsbald, z.B. in einer Woche, wieder veräußern wird, und der sich dabei gegen das Risiko fallender Börsenkurse absichern möchte, erreicht dies, indem er zeitgleich mit dem Kassa-Kauf der Stücke, also ebenfalls heute, einen passenden Future-Kontrakt abschließt. Darin verpflichtet er sich, am Fälligkeitstag des Futures (= der Tag, bis zu dem er seine Stücke halten möchte, im Beispiel: heute in einer Woche) seine Aktien zum Terminkurs (= der Kaufpreis, den er heute selbst für die Stücke gezahlt hat) an seinen Future-Vertragspartner zu verkaufen. Die heute erworbene Aktienposition ist damit auf den Zeitpunkt „heute in einer Woche“ gegen Kursschwankungen abgesichert, denn sie kann infolge des Futures dann zum identischen Kurs abgestoßen werden. Die Kosten dieser Kurssicherung entsprechen - abgesehen von den Transaktionskosten und von während der Laufzeit des Futures gegenüber der Terminbörse zu stellenden Sicherheiten - dem „Preis“ des Futures.

    401
    Durch das gleiche Geschäft kann sich aber auch derjenige absichern, der heute Aktien leer verkauft, die er in einer Woche liefern muss. Ein solcher Akteur würde im vorgenannten Beispiel bei dem gleichen Future-Kontrakt die Rolle des Terminkäufers einnehmen.

    402
    bb) Der marktgerechte „Preis“ eines Futures lässt sich bestimmen, wenn man die Szenarien eines Kassa-Kaufes von Aktien mit denen eines Future-Kontraktes über diese Aktien vergleicht. Aus Sicht des Käufers hat dieser in beiden Fällen am Fälligkeitstag des Futures die Aktien in seinem Bestand. Während er den Kaufpreis bei einem standardisierten Kassa-Geschäft t+2, also nach 2 Tagen, entrichten muss, muss er beim Future-Kontrakt erst am Fälligkeitstag zahlen. Im obigen Beispiel, nämlich bei einer Future-Laufzeit von einer Woche (= 7 Tagen), zahlt er also 5 Tage später. Dass er in diesem Fall 5 Tage länger über sein Geld verfügen kann, beschert ihm einen Zinsvorteil. Dieser Zinsvorteil führt, der unten stehenden Formel entsprechend, zu einem höheren Terminkurs:

    403
    Terminpreis = Kassakurs x (1 + Zinssatz) Laufzeit in Jahren

    404
    Ein Zinssatz von 3 Prozent wäre mit dem Bruch 3/100 in diese Formel einzusetzen.

    405
    Fällt, wie bei CumEx-Geschäften üblich, in die Laufzeit des Futures eine Dividendenzahlung, so bedarf die vorstehende Berechnung einer Ergänzung. Hier erhält der Käufer beim Kassa-Geschäft einen Lieferanspruch auf eine Aktie mit Dividendenanspruch, beim Future-Kontrakt dagegen erlangt er von vornherein lediglich einen Anspruch auf eine Aktie ohne Dividendenanspruch. Beim Vergleich der jeweiligen wirtschaftlichen Situation ist also zu berücksichtigen, dass der Terminkäufer Aktien erhält, die einen der Bruttodividende entsprechenden geringeren Wert haben, also entsprechend günstiger sein müssen. Der Terminpreis muss, vereinfacht ausgedrückt, also um den Betrag der Bruttodividende niedriger sein:

    406
    Terminkurs = Kassakurs x (1 + Zinssatz) Laufzeit in Jahren - Bruttodividende

    407
    Vereinfacht ist dieser Gedankengang deshalb, weil bei exakter Abbildung der Zahlungsströme noch zu berücksichtigen wäre, wann genau innerhalb der Laufzeit die Dividende gezahlt wird.

    408
    Der eigentliche „Preis“ der Kurssicherung über einen Future entspricht mithin in allen Fällen der Differenz zwischen Kassa- und Terminkurs.

    409
    Single Stock Futures (SSFs) werden sowohl an der London International Financial Futures and Options Exchange (LIFFE) als auch an der European Exchange (EUREX) in Frankfurt gehandelt. Zudem besteht die Möglichkeit, Future-Transaktionen außerhalb der Handelssysteme der Börsen, also OTC, abzuschließen, diese dann aber zum Zwecke der Abwicklung in das System der Börse einzugeben. Als Zinssatz wird in der Praxis regelmäßig der EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate) oder der Euro-LIBOR (London Interbank Offered Rate) für die entsprechende Laufzeit angesetzt. Eine in Tagen bemessene Laufzeit wird, um sie in „Laufzeit in Jahren“ darzustellen, als Bruch in die oben dargestellte Formel eingestellt, bei 5 Tagen also 5/360 bzw. 5/365 - je nach Börsenusancen.

    410
    Die an den Börsen für Future-Kontrakte über Aktien tatsächlich gehandelten Terminkurse folgen nahezu exakt den vorstehend (an einigen Punkten vereinfacht) dargestellten Preisbildungsmechanismen. Relevante Abweichungen zwischen rechnerischen und tatsächlichen Terminpreisen lassen sich am Markt nicht feststellen.

    411
    cc) Die Terminkurse der bei den abgeurteilten CumEx-Transaktionen zur Kurssicherung eingesetzten Futures wiesen dagegen signifikante Abweichungen von den rechnerisch zu erwartenden Marktpreisen solcher Kontrakte auf.

    412
    Diese Abweichungen entstanden dadurch, dass in den abgeurteilten Fällen in die oben dargestellte Formel

    413
    Terminkurs = Kassakurs x (1 + Zinssatz) Laufzeit in Jahren - Bruttodividende

    414
    nicht der 100 Prozent der jeweiligen Bruttodividende entsprechende Betrag, sondern ein um einige Prozentpunkte niedrigerer Betrag eingesetzt wurde. Entsprach der tatsächlich angesetzte Betrag beispielsweise nur 88 Prozent der Bruttodividende, sprach man von einem Dividendenlevel von 88.

    415
    Die Formel sah dementsprechend wie folgt aus:

    416
    Terminkurs = Kassakurs x (1 + Zinssatz) Laufzeit in Jahren - (Dividendenlevel x Bruttodividende)

    417
    Ein Dividendenlevel von 88 wäre mit dem Bruch 88/100 in diese Formel einzustellen.

    418
    Durch diesen Rechenschritt wird der Terminkurs höher. Der Terminkäufer muss also bei einem Future-Kontrakt mit dem Dividendenlevel 88 am Fälligkeitstag einen höheren als den marktüblichen Terminkurs für die Aktien bezahlen. Für seinen Vertragspartner, den Terminverkäufer, gilt entsprechendes. Durch einen Future-Kontrakt mit Dividendenlevel 88 erhält dieser am Fälligkeitstag einen höheren als den marktüblichen Terminkurs.

    419
    dd) Übertragen auf eine CumEx-Transaktion mit folgenden Merkmalen

    420

    421
    • der Käufer kauft spätestens am Hauptversammlungstag erst danach zu liefernde Aktien zum Kassakurs. Sein Vertragspartner ist Leerverkäufer;

    422

    423
    • der Käufer beabsichtigt, die Stücke kurz nach dem Tag der Dividendenzahlung wieder zu veräußern. Um sich gegen Kursverluste abzusichern, verkauft der Käufer die erworbenen Stücke deshalb am Tag des Kassaerwerbs durch Einsatz eines Futures sogleich wieder auf Termin an seinen Leerverkäufer;

    424
    bedeutet dies:

    425
    Wäre der Future-Kontrakt marktgerecht bepreist, wäre die gesamte Transaktion für den (Leer-)Käufer wirtschaftlich bestenfalls neutral. Er würde zunächst den Preis für Aktien mit Dividendenanspruch zahlen und erhielte Aktien ohne einen solchen Anspruch sowie eine Kompensationszahlung in Höhe der Nettodividende sowie eine Steuerbescheinigung, unter deren Einsatz er die Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erreicht. Sodann erhält er aus dem Future-Kontrakt für die verkauften Ex-Aktien den für diese angemessenen Marktpreis. Diese Posten gleichen einander bei Saldierung aus. Tatsächlich ist ein solches marktgerecht bepreistes Kreislauf-Geschäft für den Leerkäufer wirtschaftlich jedoch keineswegs neutral, weil für jedes Teilgeschäft Transaktionskosten anfallen und zudem für den Future der Börse gegenüber Sicherheiten zu stellen sind. Das gleiche gilt für den Leerverkäufer, wenn die Stelle, die für ihn den Kassa-Verkaufsauftrag ausführt, der Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007-2011] entsprechend Steuern abführt.

    426
    Vereinbaren die Parteien allerdings für den Future einen Dividendenlevel von beispielsweise 88 und wird zudem für die Ausführung des Kassa-Verkaufsauftrages ein Institut gewählt, das den Steuerabzug unterlässt, erlangt der Leerverkäufer zunächst einen wirtschaftlichen Vorteil in Höhe der „ersparten“ Steuern. Von diesem Vorteil fließt nun ein Teil an den Leerkäufer, weil ja der Terminkurs, zu dem dieser seine Ex-Aktien an den Leerverkäufer zurückgibt, wie oben dargestellt, nach Marktkriterien zu hoch ausfällt.

    427
    ee) Wie oben dargestellt wurde im Zeitraum 2007 - 2011 bei CumCum-Geschäften der durch diese generierte Steuervorteil in Höhe von etwa 2 bis 3 Prozent an den Steuerinländer weiter gegeben. Umsetzen ließ sich dies dadurch, dass der Steuerinländer seine Position durch einen Future absicherte, bei dem ein Dividendenlevel von 97 oder 98 eingepreist war.

    428
    Bei CumEx-Geschäften der verfahrensgegenständlichen Art lagen die am Markt üblichen Dividendenlevel zwischen 2007 und 2011 deutlich niedriger. Je nach Ausgestaltung der Transaktion lagen sie in 2007 zum Teil noch im unteren Bereich von 90, sanken dann aber bis zum Jahr 2011 zum Teil auf Werte bis unter 80.

    g) Verschiedene Ausgestaltungen

    429
    In den abgeurteilten Fällen wurden CumEx-Transaktionen in unterschiedlichen Ausgestaltungen umgesetzt. Dies hatte verschiedene Gründe. Zum Einen galt es, auf geänderte administrative Vorgaben, insbesondere auf die Inhalte der BMF-Schreiben von Mai 2009 und danach, zu reagieren. Darüber hinaus war dem Umstand Rechnung zu tragen, dass in den streitgegenständlichen Jahren CumEx-Geschäfte mit Leerverkauf in der hier dargestellten Grundkonstruktion am Markt regelrecht boomten. Zahlreiche institutionelle Teilnehmer, aber auch viele Berater, die vermögende Privatanleger betreuten, entdeckten das große und insbesondere marktrisikofreie Profitpotential dieser Geschäfte. Da das Volumen, in dem die am Anfang des Geschäftskreislaufes stehenden Aktienleerverkäufe stattfinden können, allein durch den Umfang begrenzt wird, in dem am vereinbarten Liefertag die zur Erfüllung erforderlichen Ex-Aktien zur Verfügung stehen, entstanden Transaktionsmodelle, bei denen ein und dieselbe Position Ex-Aktien kurz nacheinander mehrfach zur Belieferung von Leerverkäufen eingesetzt wurde. Neben der Vergrößerung des möglichen Leerverkaufsvolumens wurde die Ex-Eindeckung dadurch auch billiger.

    430
    aa) Eine im Laufe der Zeit verstärkt eingesetzte Variante (auch als „Calendar Spread“ bezeichnet) bestand darin, die am Anfang der Kette stehenden Kassa-Kaufgeschäfte dadurch zu ersetzen, dass auf physische Lieferung der Aktien gerichtete Futures gehandelt wurden. Im Vergleich zu den Kassa-Kaufgeschäften hatten diese standardmäßig eine längere Lieferzeit, nämlich t+4. Dadurch wurden für die notwendige Organisation der Ex-Eindeckung zwei Tage gewonnen. Dies erleichterte die Mehrfachverwendung von Ex-Aktien. Zudem sollte diese Variante nach   unzutreffender   Auffassung einiger Marktteilnehmer die Anwendbarkeit des BMF-Schreibens von Mai 2009 auf diese Fallgestaltung ausschließen, weil es sich nicht um Kaufgeschäfte, sondern um Aktienderivatgeschäfte handele. Diese Variante kam hier in den Fällen 5, 7 und 10 überwiegend zur Anwendung.

    431
    bb) Eine andere Strategie, vom Angeklagten CA als „delayed settlement“ bezeichnet, bestand darin, Aktien kurz vor dem Hauptversammlungstag formal „cumcum“ leer zu verkaufen, also so, dass bei der vereinbarten Lieferfrist die Lieferung noch vor der Kupontrennung erfolgen würde. Zugleich waren die Parteien sich bei diesen Transaktionen aber einig, die Aktien faktisch erst verspätet für die Lieferung bereit zu stellen, so dass das als CumCum-Geschäft abgeschlossene Geschäft tatsächlich zu einem CumEx-Geschäft wurde. Wurden solche Geschäfte außerbörslich abgeschlossen, waren Sanktionen von vornherein nicht zu befürchten, weil beide Vertragspartner und der zwischen ihnen agierende Broker eingeschaltet waren und still hielten. Aber sogar bei Abschluss über die Börse gelang es den Akteuren, dort für verspätete Lieferungen regelmäßig eröffnete Sanktionen wie Bußgelder oder einen Selbsteintritt der Börse zu vermeiden. Denn es war am Markt bekannt, dass die Börsen derartige Sanktionen nicht sogleich vollzogen, weil es im Markt in geringem Umfang und aus den verschiedensten Gründen immer auch zu verspäteten Lieferungen kam. Es galt lediglich, diese Geschäftsvariante so zu gestalten, dass die Transaktionen sich aus Sicht der Börsen noch als „zufällig“ verspätet darstellten. Diese Strategie kam hier im Fall 9 zur Anwendung.

    432
    cc) Die Ex-Aktien, die ein Leerverkäufer benötigte, um die seinem Vertragspartner, dem Leerkäufer, gegenüber eingegangene Lieferpflicht erfüllen zu können, stammten regelmäßig aus den Beständen großer institutioneller Anleger, die dadurch, dass sie die von ihnen gehaltenen Aktien zu diesem Zweck vorübergehend in den Markt gaben, zusätzliche Erträge generierten. Marktrelevante Stückegeber waren im streitgegenständlichen Zeitraum beispielsweise die YJ, die ZV, die ZR, die ZT, YZ oder YR. Die Bereitstellung der Ex-Aktien in den abgeurteilten Fällen war unterschiedlich organisiert. Aufgrund des steigenden Bedarfs an Ex-Aktien wurde deren Bereitstellung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum immer teurer, zuletzt waren dafür je nach Konstruktion bis zu 4,5 Dividendenpunkte aufzuwenden.

    433
    Im Grundsatz mussten die Ex-Aktien vom Stückegeber zum Leerkäufer und wieder zurück gelangen. Dies konnte durch Kauf oder auch durch sogenannte Wertpapier-Leihgeschäfte dargestellt werden Rechtlich handelt es sich bei Wertpapierleihgeschäften regelmäßig um Sachdarlehen. Auch diese Geschäfte wurden durch Derivate kursgesichert, auch hier wurden Gewinnanteile über die Preise der Derivate verteilt. Mit steigendem Bedarf an Ex-Aktien entwickelten sich am Markt Praktiken, die dazu führten, dass ein bestimmtes Paket von Ex-Aktien mehrfach zur Belieferung verschiedener CumEx-Geschäfte genutzt wurde. Dies wurde zum einen dadurch möglich, dass längere Lieferfristen, z.B. t+3 oder t+4, vereinbart wurden. So konnten Ex-Aktien, die bereits am Tag t+2 für die Belieferung eines CumEx-Geschäftes genutzt worden waren, an den folgenden Tagen erneut für die Belieferung weiterer CumEx-Geschäfte eingesetzt werden („Recycling“). Daneben begünstigte der Umstand, dass CBF mehrmals und zu verschiedenen Zeitpunkten eines Handelstages Settlement-Durchläufe aufsetzte, die Mehrfach-Verwendung von Ex-Aktien an sogar nur einem Liefertag. Am Markt wurden solche Praktiken mit dem Begriff „Looping“ beschrieben.

    434
    dd) Der Angeklagte CA hat daneben Marktpraktiken („Closed Market Settlement Systeme“, „Voucher Printing“) beschrieben, die es ermöglichten, Ex-Aktien innerhalb eines geschlossenen Buchungssystems derart zirkulieren zu lassen, dass die Depotbanken für ein und dieselbe Aktie eine Vielzahl an Steuerbescheinigungen ausstellten. Im Rahmen der abgeurteilten Fälle spielten diese Praktiken allerdings keine Rolle.

    h) Frühzeitige Planung und Absprachen

    435
    Bereits während seiner Zeit bei der YJ hatte der Angeklagte CA zur Planung der in einer Dividendensaison anstehenden Transaktionen eine Excel-Tabelle erstellt, in der die relevanten Informationen und Zahlen zusammengefasst wurden. Diese unter der Bezeichnung „German Analysis“ geführte Datei ergänzte und verfeinerte er in den Folgejahren fortlaufend. Sie diente ihm und den Personen, die später seine Aufgaben übernahmen, als Werkzeug für die konkrete Planung und Durchführung der einzelnen Geschäfte. Die pro Aktiengattung erstellte Tabelle enthielt insbesondere Angaben zum (Leer-)Verkäufer, zum (Leer-)Käufer, zum Lieferanten der Ex-Aktien, zum jeweils geplanten Handelsvolumen, zu den zwischen den verschiedenen Akteuren vereinbarten Dividendenleveln, zu deren Berechnungsgrundlagen, zur jeweiligen Geschäftsstruktur (z.B. Absicherung durch Futures oder Swaps) und zur Verteilung des Profites auf die verschiedenen Akteure. Der Angeklagte AO nutzte für seine Handelsaktivitäten eine weitgehend identisch aufgebaute Vorlage.

    436
    Das Zusammenstellen dieser für die geplanten Geschäfte grundlegenden Informationen setzte eine intensive Kommunikation und Abstimmung mit den genannten Marktteilnehmern und den Maklern/Brokern voraus. In den vom Angeklagten CA hierzu geführten Gesprächen bzw. Chats wurden die geplanten Volumina, Preise und Strukturen vorbesprochen. Unmittelbar zu Beginn eines Handelstages wurden dann auch die genauen Handelszeitpunkte abgeglichen. Dies stellte sicher, dass die Kauf- bzw. Verkaufsaufträge der Beteiligten bei den Brokern oder Börsen zueinander fanden. Zwar erfolgte keine schriftliche und rechtsverbindliche Fixierung der Abreden, jedoch gingen alle Teilnehmer fest davon aus, dass alle anderen Akteure sich an diese Vorabsprachen (sogenannte „soft commitments“) hielten. Tatsächlich wurden diese Absprachen auch eingehalten, denn die Unzuverlässigkeit eines Marktteilnehmers hätte sich sehr schnell herumgesprochen und das Vertrauen aller übrigen Akteure in diesen erschüttert. Dies hätte für ihn gravierend negative Folgen bei künftig geplanten Geschäfte gehabt.

    437
    Je nach Größe, Organisationsgrad und Marktmacht der auftretenden Leerverkäufer und der eingeschalteten Broker wurden im Rahmen solcher Absprachen auch Pakete („Packages“) angeboten, wonach sowohl der Leerverkauf als auch dessen Belieferung mit Ex-Aktien gleichsam „aus einer Hand“ initiiert wurden.

    438
    Marktrelevante Leerverkäufer waren im streitgegenständlichen Zeitraum insbesondere YX, ZF, ZM oder YQ Ltd.. Als wichtige Broker traten YK, YO Ltd., ZZ AG, YS oder YV auf.

    II. Vortatgeschehen

    1. Erste Berührung des Angeklagten CA mit CumEx-Geschäften

    439
    Der Angeklagte CA kam bereits im Jahr 2005, als er bei der YJ in London arbeitete, mit CumEx-Geschäften in Berührung. Er entdeckte an den Tagen um den Hauptversammlungstag verschiedener Gesellschaften regelmäßig auffällige Preisbewegungen bei Derivaten dieser Aktien. Er schloss aus seinen Beobachtungen, dass der Grund für diese Preisbildung offensichtlich darin lag, dass Verkäufer dieser Aktien bei der Abwicklung von Verkäufen über den Hauptversammlungstag nicht mit Kapitalertragsteuer belastet wurden, diese später aber von der Käuferseite gleichwohl geltend

    gemacht wurde.
    440
    Sein Vorgesetzter, der gesondert Verfolgte BM, bestätigte diese Vermutungen. In der Folgezeit wirkten beide im Rahmen der an ihrem Handelstisch laufenden Transaktionen an derartigen Geschäften mit. Die Rolle der YJ war dabei allerdings auf die eines Brokers beschränkt, als Leerverkäufer oder Leerkäufer trat die YJ über ihren Tisch, der bei der Bank unter der Bezeichnung MMM geführt wurde, nicht auf. Seine Tätigkeit führte jedoch dazu, dass der Angeklagte CA bereits Anfang des Jahres 2006 gute Verbindungen zu Aktienkäufern und -verkäufern im CumEx-Markt aufgebaut hatte.

    2. Die BV-Geschäfte; der Angeklagte AO

    441
    Der gesondert Verfolgte AE, ein ehemaliger Finanzbeamter, und der gesondert Verfolgte und Zeuge CD waren im Jahr 2005 bei der international agierenden Anwaltskanzlei ZX LLP, ab 2007 nach einer Fusion ZY, tätig. Der Tätigkeitsschwerpunkt des gesondert Verfolgten CD lag im Bereich Aufsichts- und Investmentrecht, der seines Mentors und Seniorpartners, des gesondert Verfolgten AE, im Bereich des Steuerrechts. Im Jahr 2005 hatte der gesondert Verfolgte AE als Zweitgutachter einen Sachverhalt zu prüfen, in dem es um eine CumEx-Transaktion institutioneller Akteure ging. So wurde er auf dieses „Geschäftsmodell“ aufmerksam und entwickelte die Idee, von ihm betreute, besonders vermögende Privatkunden an derartige Transaktionen heranzuführen. Dabei ging es ihm nur zum Teil darum, Gebühren und Provisionen für die Kanzlei zu generieren. Vielmehr installierte er zusammen mit dem gesondert Verfolgten CD unter der Bezeichnung „YW“ ein Konstrukt
    verschiedener Gesellschaften, um über diese Gewinne aus den für seine Kunden aufgesetzten Geschäften abzuzweigen.

    442
    Die gesondert Verfolgten AE und CD versuchten in zahlreichen Gesprächen, auch am Standort London, Investmentbanken für eine Kooperation zu gewinnen. Dies hatte zu Beginn jedoch kaum Erfolg, weil diese Institute kein besonderes Interesse daran hatten, die Gewinnmöglichkeiten auf dem seinerzeit fast nur professionellen Akteuren zugänglichen CumEx-Markt mit unzähligen privaten Anlegern zu teilen. Erfolg hatte der gesondert Verfolgte AE erst, als er Beratern der YJ am Standort München in Aussicht stellte, ihnen eine Geschäftsverbindung mit einem von ihm betreuten, sehr wohlhabenden Immobilienunternehmer, dem inzwischen verstorbenen und zuvor gesondert Verfolgten BV, zu vermitteln. Der gesondert Verfolgte AK, der die unter der Bezeichnung „Private Wealth Management“ agierende Abteilung bei der YJ München leitete, wollte diesen Kunden für die Bank gewinnen und setzte, beraten durch die gesondert Verfolgten AE und CD, die bei der YJ erforderlichen Genehmigungsprozesse in Gang. Allerdings konnte der gesondert Verfolgte AE seine ursprüngliche Vorstellung, wonach sein Mandant die Rolle eines Leerverkäufers und die YJ die des Leerkäufers übernehmen sollte, nicht durchsetzen. Der gesondert Verfolgte BM war nicht bereit, diese Handelsposition für die YJ einzugehen.

    443
    Zu Beginn des Jahres 2006 fanden mehrere Treffen statt, bei denen dem Investor BV unter anderem die Details der geplanten Geschäfte erläutert wurden. Für ihn als Investor war nun die Rolle des Leerkäufers vorgesehen. Neben den gesondert Verfolgten AE und BM nahm hieran auch der Angeklagte CA teil. Zur Vorbereitung erhielt er den Auftrag, exemplarisch einen Korb von Aktien zusammenzustellen, die im Rahmen von CumEx-Geschäften gehandelt werden konnten. Der Angeklagte CA erstellte zu diesem Zweck in Absprache mit dem gesondert Verfolgten BM eine Präsentation mit dem Dateinamen „German Basis Opportunity“, in welcher dem Investor BV die Strategie vorgestellt wurde. Hinweise auf Leerverkäufe enthielt die aus Käufersicht erstellte Präsentation nicht, ebensowenig nahm sie zu steuerlichen Implikationen und Risiken Stellung. Der spätere Zufluss der Steuern wurde vielmehr ohne nähere Erläuterung unterstellt.

    444
    Der vormals gesondert Verfolgte BV entschloss sich, die Geschäfte durchzuführen. Eine von ihm gehaltene GmbH, die BV GmbH), sollte während der Dividendensaison bei CumEx-Transaktionen als Leerkäuferin auftreten. Die dazu während der Handelssaison erforderliche Liquidität stellte die YJ in Gestalt eines Kredites über 500 Millionen Euro bereit. Zur Besicherung des Kredites verpfändete BV Kontoguthaben und Wertpapiere aus eigenen Mitteln.

    445
    Das Modell wurde in den Jahren 2006 bis 2008 - aus Sicht der Beteiligten erfolgreich -umgesetzt. Die Aktien- und Derivattransaktionen wurden am Handelstisch des gesondert Verfolgten BM und des Angeklagten CA bei der YJ London geplant und ausgeführt, allerdings über Konten der YJ München gebucht. Maßgeblich verantwortlich war anfangs der Angeklagte CA, der unter Einsatz seiner vorgenannten Excel-Planungsdatei „German Analysis“ mit Brokern kommunizierte. Dabei wurden zunächst Absprachen über Gattungen, Volumina, Absicherungsinstrumente und Preise, die bereits erwähnten „soft commitments“, getroffen. Diese Absprachen erfolgten mit Brokern oder auch mit Leerverkäufern selbst. Der in diesen Fällen häufig eingebundene Broker YK nahm in vielen Fällen auch selbst die Rolle des Leerverkäufers ein. In der anschließenden Umsetzungsphase trat die YJ über den Londoner Handelstisch dann ihrerseits als Gegenpartei der von der BV GmbH zur Absicherung der Positionen abgeschlossenen Verkaufs-Futures auf. Die dadurch entstandene eigene Risikoposition schloss der Angeklagte CA, indem er einen gegenläufigen Future-Kontrakt mit dem die Leerverkäufer repräsentierenden Broker schloss. Der Preis dieses Absicherungsgeschäftes war dabei so kalkuliert, dass ein Teil des durch das Absicherungsgeschäft von der Leerverkäuferseite auf die BV GmbH verschobenen Profites bei dem Londoner Handelstisch verblieb. Zudem plante und organisierte der Angeklagte CA die Bereitstellung der für die Belieferung der Leerverkäufe benötigten Ex-Aktien.

    446
    Ab dem Jahr 2007 gab der Angeklagte CA Teile der für die BV-Geschäfte erforderlichen Tätigkeiten ab, so insbesondere die Berechnung der Preise der Future-Geschäfte auf Basis der zuvor festgelegten Dividendenlevel und die Ausführung der Handelstransaktionen zu den jeweils geplanten Zeitpunkten. Diese Aufgaben übernahmen nachgeordnete Mitarbeiter des Handelstisches, vorrangig der Angeklagte AO und der gesondert Verfolgte CH. Der Angeklagte CA blieb allerdings für die Organisation der Absprachen zuständig.

    447
    Dem Angeklagten AO waren die CumEx-Geschäfte bereits im Jahr 2006 erklärt worden, allerdings hatte er sie anfangs noch nicht vollständig verstanden. Nachdem er diese mit Kollegen seines Handelstisches weiter analysiert und nachvollzogen hatte, hatte er im Jahr 2007 jedenfalls verinnerlicht, dass der zwischen den Parteien verteilte Gewinn letztlich daher rührte, dass die Verkäuferseite Leerverkäufe tätigte und im Rahmen der Abwicklung der Aktiengeschäfte nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet wurde, gleichwohl der Aktienkäufer diese später gegenüber der zuständigen deutschen Finanzbehörde geltend machen würde. Er war des Weiteren in der Lage, die am Handelstag erforderlichen Handlungen zu unternehmen. Nicht jedoch wäre er im Jahr 2007 bereits in der Lage gewesen, die Geschäfte selbst zu organisieren. Nach Ausscheiden des Angeklagten CA Anfang des Jahres 2008 hatte der Angeklagte AO die im Datenbestand der YJ weiter verfügbare Präsentation „German Basis Opportunity“ zu aktualisieren und fortzuschreiben.

    448
    Im Jahr 2009 gewährte die YJ kein weiteres Darlehen, so dass die BV-Geschäfte nicht mehr umgesetzt wurden. Wegen ihrer Beteiligung daran sind die Angeklagten neben weiteren Akteuren seit Ende September 2017 auch vor dem Landgericht Wiesbaden angeklagt, die Anklage ist seit Ende 2019 eröffnet.

    III. Einzelfälle

    449
    Auch an den CumEx-Geschäften, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, wirkten die Angeklagten mit. Im Einzelnen stellte sich das Geschehen dabei wie folgt dar:

    1. Dividendensaison 2007

    450
    Die verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte begannen im Jahr 2007, wobei für dieses Jahr allein eine Beteiligung des Angeklagten CA festgestellt ist.

    a) Steuerrechtliche Änderungen 2007

    451
    Auf Grund des Jahressteuergesetzes 2007 traten mit Wirkung ab dem 01.01.2007 einige Änderungen in Kraft, die nach der Intention des Gesetzgebers Missbrauchsmöglichkeiten bei CumEx-Geschäften mit Leerverkäufen beseitigen sollten.

    452
    Bereits mit Schreiben vom 20.12.2002 hatte der Bundesverband deutscher Banken das Bundesministerium der Finanzen darauf hingewiesen, dass zusätzlicher Regelungsbedarf bestehe, um im Fall von Leerverkäufen über den Hauptversammlungstag das Kapitalertragsteueraufkommen zu sichern. Die im Finanzministerium erarbeitete und schließlich im Jahressteuergesetz 2007 umgesetzte Lösung deklarierte nun auch Dividendenkompensationszahlungen bei Leerverkäufen über den Hauptversammlungstag als Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007-2011]. Den Abzug der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag sollte hier das für den Verkäufer der Aktien den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut („den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“) vornehmen, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007-2011].

    453
    Viele Berater und Gutachter, so auch die gesondert Verfolgten AE und CD, wollten jedoch auf die Profite aus den CumEx-Geschäften nicht verzichten. Sie lasen über die in der Gesetzesbegründung niedergelegte Motivation, „dem Fiskus die Kapitalertragsteuer betragsmäßig zur Verfügung zu stellen, die dem Anrechnungsanspruch entspricht“, hinweg und entwickelten CumEx-Transaktionen, bei denen der Steuerabzug auf Dividendenkompensationszahlungen auch unter Geltung der Neuregelung unterblieb. Dies erreichten sie zum Beispiel dadurch, dass sie mit der Ausführung des Verkaufsauftrages ein ausländisches Institut oder ein solches inländisches Institut betrauten, das sich als nicht abführungsverpflichtet ansah.

    b) Die YT-Bank

    454
    Zu den Mandanten des gesondert Verfolgten AE gehörten jedenfalls seit dem Jahr 2006 auch einflussreiche Personen aus dem […] Bankhaus YT, so insbesondere der gesondert Verfolgte BP.

    455
    Dieser war Anfang des Jahres 2006 einer der zur Einzelvertretung berechtigten persönlich haftenden Gesellschafter der YT Kommanditgesellschaft auf Aktien (im Folgenden: YT-Bank). Diese firmiert, seit der gesondert Verfolgte BP und der weitere bis dahin persönlich haftende Gesellschafter, der ebenfalls gesondert Verfolgte CJ, im Juli 2014 als persönlich haftende Gesellschafter ausschieden, nun unter YT (AG & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien. Persönlich haftende Gesellschafterin ist nunmehr die YT-Geschäftsführungs AG.

    456
    Die gesondert Verfolgten BP und CJ waren im Jahr 2006 auch zur Einzelvertretung berechtigte persönlich haftende Gesellschafter der YT-Gruppe Kommanditgesellschaft auf Aktien (im Folgenden: YT-Gruppe oder Einziehungsbeteiligte), einer Beteiligungsgesellschaft. Nach dem Ausscheiden dieser persönlich haftenden Gesellschafter im Sommer 2009, als für diese jeweils eine Geschäftsführungs-GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin eintrat, firmierte diese Gesellschaft bis zu einem Rechtsformwechsel im Sommer 2016 unter YT-Gruppe (GmbH & Co.) Kommanditgesellschaft auf Aktien. Die Beteiligungsgesellschaft agiert seither in der Rechtsform einer GmbH unter der im Rubrum dargestellten Firma. Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren seit dem Formwechsel bis Anfang 2020 die gesondert Verfolgten BP und CJ.

    457
    Der gesondert Verfolgte AE stellte die Profitmöglichkeiten bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften auch im Hause YT vor. Nach interner Prüfung schlug der gesondert Verfolgte BX, der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Prokurist der YT-Bank war und als rechte Hand des gesondert Verfolgten BP agierte, in einer Vorlage für die Partnersitzung am 07.03.2006 vor, einen Probelauf durchzuführen. Es sollten 200.000 Stück Daimler-Chrysler Aktien leer verkauft werden, die Position sollte durch den Erwerb eines Equity-Swaps abgesichert und die Lieferverpflichtung durch ein „Wertpapierleihegeschäft“ gedeckt werden.

    458
    Nachdem dieses Geschäft im Sinne der YT-Bank erfolgreich verlief, tätigte diese im Jahr 2006 weitere CumEx-Geschäfte, in denen sie jeweils als Leerverkäuferin auftrat. Von den daraus generierten Profiten zahlte sie über die Schweizer Bank YY AG im September 2006 zur Entlohnung 196.000 Euro an eine den gesondert Verfolgten AE und CD zuzuordnende Gesellschaft.

    c) Fall 1: YT-Eigenhandel 2007 (Fall 1 der Anklageschrift)

    459
    Nach den Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2007 war es der YT-Bank im Jahr 2007 nicht mehr möglich, als inländische CumEx-Leerverkäuferin Dividendenkompensationszahlungen zu leisten, ohne dabei einem Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu unterliegen.

    460
    aa) Die bei der YT-Bank Verantwortlichen ließen sich von dem gesondert Verfolgten AE beraten, um als Leerkäuferin auch in 2007 weiter von CumEx-Transaktionen zu profitieren. Der gesondert Verfolgte AE, der durch die mit CumEx-Leerverkaufsgeschäften zu erzielenden Profite motiviert war, wollte seine Beteiligung hieran ausweiten. Zu diesem Zweck führte er gegenüber den gesondert Verfolgten BP und BX die BV-Geschäfte als Referenz an und stellte den Kontakt zwischen der YT-Bank und dem Londoner Handelstisch der YJ her, konkret zum gesondert Verfolgten BM, der bereits seit 2006 ähnliche Geschäfte für die BV-GmbH aufsetzte. Daneben übersandte er dem gesondert Verfolgten AP, der bei der YT-Bank in die Vorbereitungen eingebunden war, am 30.01.2007 per Mail eine mit dem Logo seiner Kanzlei versehene Variante der Präsentation „German Basis Opportunity“, die der Angeklagte CA vormals im Rahmen der Beratung der BV-Geschäfte bei der YJ vorgestellt hatte. Der gesondert Verfolgte AP handelte später, als die Geschäfte bereits durchgeführt wurden, auch mit dem gesondert Verfolgten AE dessen Gewinnbeteiligung für das Jahr 2007 aus und berichtete hierüber an den gesondert Verfolgten BX. Danach sollte der gesondert Verfolgte AE neben den Gebühren, die er für die Beratungsleistung der Kanzlei ZX LLP über diese berechnete, an der Kanzlei vorbei 35 Prozent des Nettogewinns aus den CumEx-Geschäften der YT-Bank erhalten. Lediglich bei der für die Bank besonders gewinnträchtigen Transaktion mit der Altana Aktie, die in diesem Jahr eine sehr hohe Sonderdividende ausgeschüttet hatte, betrug sein Anteil lediglich 12 Prozent.

    461
    bb) Anfang Mai 2007 nahm die YT-Bank auf Käuferseite ihre Handelsaktivitäten in CumEx-Leerverkaufstransaktionen auf. Sie kaufte für ihren eigenen Bestand von einem Leerverkäufer außerbörslich große Stückzahlen an Aktien nachfolgend genannter Gesellschaften. Diese Leerkäufe sicherte sie zeitgleich durch den Abschluss entsprechender Verkaufs-Futures ab. Diese waren unter Einbeziehung eines Dividendenlevels so bepreist, dass die YT-Bank daraus Profite generierte. Die Geschäfte schloss sie jeweils am oder kurz vor dem Hauptversammlungstag, so dass die Lieferung der Stücke erst nach der Kupontrennung fällig war und auch erst dann erfolgte. Die YT-Bank erlangte dadurch nicht die Original-Nettodividenden, sondern jeweils eine Dividendenkompensationszahlung in Höhe der Nettodividende. Zudem stellte sie sich - insoweit als ihre eigene Depotbank agierend - Steuerbescheinigungen aus, in denen die auf die Bruttodividendensumme anfallenden Steuern als „Anrechenbare Kapitalertragsteuer“ bzw. als „Anrechenbarer Solidaritätszuschlag“ betragsmäßig ausgewiesen waren:

    462

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    1.790.000

    Allianz SE

    02.05.2007

    3,80

    1.435.222,00

    3.465.000

    Altana AG

    03.05.2007

    34,80

    25.442.802,00

    8.000.000

    Dt. Telekom AG

    03.05.2007

    0,72

    1.215.360,00

    2.713.475

    MAN AG

    10.05.2007

    2,00

    1.145.086,45

    1.700.000

    Dt. Börse AG

    11.05.2007

    3,40

    1.219.580,00

    1.770.000

    Fresenius Med. Care KGaA

    15.05.2007

    1,41

    526.592,70

    2.000.000

    BMW AG

    15.05.2007

    0,70

    295.400,00

    8.200.000

    Commerzbank AG

    16.05.2007

    0,75

    1.297.650,00

    3.240.000

    Metro AG

    23.05.2007

    1,12

    765.676,80

    2.680.000

    Hypo Real Est. Hold. AG

    23.05.2007

    1,50

    848.220,00

    2.550.000

    Deutsche Bank AG

    24.05.2007

    4,00

    2.152.200,00

    3.200.000

    Linde AG

    05.06.2007

    1,50

    1.012.800,00


     
    463
                                                                                                                      Gesamt:  37.356.589,95 Euro

    464
    Die Geschäfte führte für die YT-Bank der gesondert Verfolgte AW als deren Händler aus. Teilweise wurde die Gesamtposition einer Gattung dabei über mehrere Käufe aufgebaut. Hierbei wurde der gesondert Verfolgte AW vom Londoner Handelstisch der YJ aus von dem Angeklagten CA und dessen Team betreut.

    465
    Bereits zuvor hatte der Angeklagten CA zunächst den Korb der in der Saison zu handelnden Aktien und - unter Berücksichtigung der von der YT-Bank bereit gehaltenen Liquidität und der aufsichtsrechtlichen Meldeschwellen - die jeweils zu erwerbenden Volumina zusammengestellt. Die einzelnen Transaktionen hatte der Angeklagte CA am Londoner Handelstisch der YJ sodann entsprechend geplant und durch Absprachen mit den Leerverkäufern, den Stückegebern und den zwischengeschalteten Brokern vorbereitet. Hierbei berücksichtigte er bei der Planung im Rahmen seiner Tabellenwerke auch weitere von seinem Handelstisch betreute CumEx-Transaktionen, so die auch in 2007 laufenden BV-Geschäfte.

    466
    Regelmäßig teilte einer der für die Abwicklung des alltäglichen Geschäftes am Londoner Handelstisch der YJ zuständigen Mitarbeiter dem gesondert Verfolgten AW dann am jeweiligen Handelstag die konkreten Preise, Stückzahlen und Orderzeitpunkte mit, wodurch sichergestellt war, dass seine Aufträge bei den Brokern zu den vom Angeklagten CA abgesprochenen Aufträgen der Leerverkäufer fanden. Zu diesen Mitarbeitern gehörte neben dem Angeklagten AO auch der gesondert Verfolgte CH. In welchem Umfang der Angeklagte AO insoweit konkret mit den Handelsgeschäften des Falles 1 befasst war, konnte die Kammer nicht feststellen; möglich ist, dass insoweit allein der gesondert Verfolgte CH aktiv war. In allen Fällen stand jedoch der Angeklagte CA selbst für Rückfragen zur Verfügung, so etwa bei Fragen zu einzelnen Konditionen oder bei auftretenden Schwierigkeiten im Handelsablauf.

    467
    In gleicher Weise wurde der gesondert Verfolgte AW bei dem Abschluss der Kurssicherungsgeschäfte angeleitet. Die aus den Aktienkäufen entstandenen Positionen der YT-Bank sicherte er zeitgleich durch den außerbörslichen Verkauf entsprechender Futures. Als Gegenpartei trat hier die YJ auf. In die Terminkurse dieser ebenfalls vom Angeklagten CA zuvor geplanten und abgesprochenen Kurssicherungsgeschäfte hatte dieser Dividendenlevel eingerechnet. Dieses Kurssicherungsgeschäft wurde sodann zur Abwicklung in das Clearing-System der Börse eingestellt. Die YJ stellte, entsprechend ihrem Vorgehen bei den BV-Geschäften, ihre Handelsposition aus diesen Geschäften durch Verkauf eines gegenläufigen Futures an die Leerverkäuferseite glatt, den der Angeklagte CA mit einem für die YJ günstigeren Dividendenlevel kalkulierte. Auch wenn die YJ auf diese Weise an den Termingeschäften verdiente, waren diese auf Grund der eingerechneten Dividendenlevel auch für die YT-Bank profitabel, denn dadurch wurden die Termin-Verkaufskurse für die YT-Bank günstiger, als sie es dann gewesen wären, wenn die Terminkurse den Marktbedingungen entsprechend berechnet worden wären. Die Dividendenlevel für die YT-Bank lagen in diesen Fällen um 95. Hierdurch floss der YT-Bank ein Teil des vom Leerverkäufer durch diese Geschäfte generierten Profits zu. Dieser entsprach dem eingerechneten Dividendenlevel entsprechend etwa 5 Prozent der jeweiligen Bruttodividende.

    468
    Wirtschaftlich wurde dieser von der YT-Bank erlangte Profit aus dem Umstand generiert, dass die vom Leerverkäufer erbrachte Dividendenkompensationszahlung weder bei diesem noch an anderer Stelle einem Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag unterlag, das Veranlagungsfinanzamt auf die vorgelegten unrichtigen Steuerbescheinigungen später jedoch gleichwohl entsprechende Steuerbeträge zur Anrechnung brachte.

    469
    Die erworbenen Aktienpositionen löste die YT-Bank nach Erhalt der Kompensationszahlung und nach Erstellung der Steuerbescheinigung wieder auf. Auch diese Geschäfte hatte der Angeklagte CA zuvor geplant und durch entsprechende Absprachen vorbereitet. Sie erfolgten ebenfalls kursgesichert, so dass für die YT-Bank bei diesen Geschäften zu keinem Zeitpunkt ein Marktpreisrisiko bestand.

    470
    cc) Die durch diese Geschäfte generierten Steuerbescheinigungen waren Gegenstand der Körperschaftssteuererklärung für das Jahr 2007, die die gesondert Verfolgten BP und BX unter dem 06.01.2009 für die (einziehungsbeteiligte) YT-Gruppe als Organträgerin der YT-Bank im Sinne des § 14 Abs. 1 KStG unterschrieben und sodann dem für die Veranlagung der Bank zuständigen Finanzamt YC vorlegen ließen. Konkret wurde in der Anlage WA zur Körperschaftssteuererklärung die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 44.712.400,34 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.460.600,99 Euro beantragt. Diese Beträge enthielten die im Rahmen der abgeurteilten CumEx-Geschäfte der YT-Bank in 2007 bescheinigte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 37.356.589,95 Euro.

    471
    Die Steuererklärung enthielt keine Information darüber, dass im Hinblick auf den geltend gemachten Betrag von 37.356.589,95 Euro zuvor Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht in entsprechender Höhe erhoben, das heißt nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Auch enthielt die Steuererklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem Aktienverkäufer jeweils um einen Leerverkäufer gehandelt hatte. Ebenfalls fehlte jede Mitteilung, dass die erklärte Anrechenbarkeit dieses Betrages auf einer Auslegung des Steuerrechts beruhte, zu der zuvor keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung angefragt worden war. Auch sonst enthielt die Steuererklärung keine Mitteilung zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte, die sich dadurch auszeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld von der YJ abgesprochen worden waren. In der für die Anrechnung maßgeblichen Anlage WA zur Steuererklärung war zu den Zeilen 3a bis 6 stattdessen nur ausgeführt und ausgefüllt:

    472
                            „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug                                      EUR       CT
    473

    3a

    (lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen)

    Kapitalertragsteuer (20 %)

              44.712.400 I 34

    4

    Kapitalertragsteuer (25 %)


    5

    Zinsabschlag

                     25.800 I 97

    6

    Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) und zum Zinsabschlag

    Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen.

                2.460.600 I 99“



    474
    Zu Zeile 3a war dabei handschriftlich ergänzt:

    475
                  „s. Auflistung in der Anlage zur Anlage WA“

    476
    Auch die insoweit in Bezug genommene Anlage enthielt keine weitergehenden Hinweise auf die den Aktiengeschäften zugrunde liegenden Leerverkäufe sowie den unterbliebenen Abzug von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Im Übrigen lagen der Steuererklärung die vorgenannten Steuerbescheinigungen der YT-Bank bei.

    477
    Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt YC für das Jahr 2007 durch Bescheid vom 20.04.2009 positiv. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies den beantragten Anrechnungsbetrag an Kapitalertragsteuer in Höhe von 44.712.401,00 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.460.600,99 Euro aus. Nach Verrechnung mit der gegenüber der Einziehungsbeteiligten festgesetzten Körperschaftssteuer nebst Solidaritätszuschlag sowie mit zu zahlendem Zinsabschlag war dieser Bescheid Grundlage für eine Auszahlung durch die Finanzbehörde an die Einziehungsbeteiligte in Höhe von 46.589.693,47 Euro.

    478
    Die gegenüber der Einziehungsbeteiligten für den Veranlagungszeitraum 2007 angerechneten und erstatten Beträge, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkäufe entfallen, wurden von der Einziehungsbeteiligten ab Mai 2009 als Teil des ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapitals in verschiedene Anlageformen reinvestiert.

    479
    […]

    480
    Am 01.07.2013 erging im Rahmen einer bei der Einziehungsbeteiligten durchgeführten Außenprüfung gegenüber dieser ein Steueränderungsbescheid. In diesem setzte das Finanzamt YC die Körperschaftssteuer von ursprünglich 577.355,00 Euro auf 706.252,00 Euro neu fest. Zugleich wurde der Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO aufgehoben. Die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte entfallenden Beträge wurden in dem Bescheid vom 01.07.2013 unverändert in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht. In der Folgezeit ergingen mehrere weitere Änderungsbescheide, so unter anderem am 25.06.2018, in denen jeweils die Festsetzung der Körperschaftssteuer geändert, die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte entfallenden Beträge aber unverändert und in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht wurden.

    481
    dd) Nach Beendigung der Dividendensaison zahlte die YT-Bank die mit dem gesondert Verfolgten AE vereinbarte Gewinnbeteiligung wiederum über die zwischengeschaltete Schweizer Bank YY AG. Der gesondert Verfolgte BX akzeptierte und bezahlte für die YT-Bank hierzu eine von der Bank YY AG gestellte, tatsächlich nicht leistungsunterlegte Rechnung in Höhe von 1.285.000 Euro. Den erhaltenen Betrag leitete die Bank YY AG an die YW Ltd. weiter, eine den gesondert Verfolgten AE und CD zuzuordnende Gesellschaft mit Sitz auf den British Virgin Islands.

    482
    Der Angeklagte CA bekam im Jahr 2007 keine Gewinnbeteiligung, die konkret den Geschäften der YJ mit der YT-Bank zuzuordnen war. Er bezog lediglich sein Gehalt und allgemeine Boni-Zahlungen.

    483
    ee) Dass aufgrund der vorstehend dargestellten Leerverkaufsgeschäfte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag angerechnet würde, obwohl diese Steuerbeträge von den Dividendenkompensationszahlungen zuvor nicht abgezogen worden waren, entsprach dem gemeinsamen Plan zumindest der gesondert Verfolgten AE, BP und BX, die gemeinsam auf diese spätere Steueranrechnung hingewirkt hatten.

    484
    Die für die YT-Bank sowie die Einziehungsbeteiligte handelnden gesondert Verfolgten BP und BX wussten bereits vor Ausführung der ersten Transaktionen im Mai 2007, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig waren, bei denen weder hinsichtlich der Dividenden noch hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen eine Steuererhebung, mithin ein Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgen würde. Ihnen war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten. Ihnen war ferner bewusst, dass die Steuern auf die Dividendenkompensationszahlungen auch nicht von der YT-Bank oder der Einziehungsbeteiligten oder einer anderen Stelle gezahlt worden waren. Bei Abgabe der Steuererklärung für die Einziehungsbeteiligte war ihnen bekannt, dass diese diesen Sachverhalt trotz entsprechender Offenbarungspflicht nicht mitteilte. Sie erkannten die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 37.356.589,95 Euro eventuell nicht vorliegen und eine spätere Anrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007], § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] daher eventuell nicht mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahmen sie zumindest billigend in Kauf.

    485
    Auch der gesondert Verfolgte AE wusste um das Vorliegen von Leerverkäufen und den unterbliebenen Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. Dies war Grundlage seines Geschäftsmodells und Quelle des für sich selbst angestrebten Profites. Zwar konnte die Kammer nicht feststellen, dass er in die Erstellung der Steuererklärung für die YT-Bank vom 06.01.2009 konkret eingebunden war und deren genauen Inhalt kannte. Allerdings sah der gesondert Verfolgte AE von Beginn an jedenfalls die Möglichkeit, dass der wahre Sachverhalt in der Steuererklärung unzutreffend bzw. nicht vollständig wiedergegeben werden würde. Ebenso erkannte er die für ihn nicht fern liegende Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag eventuell nicht vorliegen. All dies billigte er auch.

    486
    Der Angeklagte CA wusste aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ihm an die YT-Bank jeweils vermittelten Aktienverkäufer im Rahmen der gegenständlichen Aktiengeschäfte nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden würden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde, die YT-Bank diese jedoch gleichwohl zur Anrechnung bringen wird. Er sah insoweit die - von ihm auch gebilligte - Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank angestrebten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag mangels vorherigen Steuerabzuges eventuell nicht vorliegen. Ferner erkannte er es als sehr wahrscheinlich, dass der Umstand des unterbliebenen Abzuges von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in dem Anrechnungsantrag trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht erwähnt werden würde. Schließlich sah er die Möglichkeit, dass die vorstehenden Umstände auch den gesondert Verfolgten AE und den maßgeblichen Entscheidungsträgern bei der YT-Bank bewusst waren. All diese für möglich erkannten Sachverhaltselemente billigte er.

    487
    Hinsichtlich des Angeklagten AO hat die Kammer dagegen bereits nicht feststellen können, dass er im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank im Jahr 2007 konkrete Tatbeiträge erbracht hat. Ungeachtet dessen kannte er aufgrund seiner beruflichen Befassung mit den BV-Geschäften der YJ zwar die Wirkweise von CumEx-Geschäften und damit auch den Umstand, dass der Profit aus der mehrfachen Anrechnung oder Erstattung einer faktisch nur einmal gezahlten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag herrührte. Die Kammer konnte indes nicht feststellen, dass er zu diesem Zeitpunkt - also im Jahr 2007 - auch die steuerrechtliche Lage bereits ausreichend tief nachvollzogen hatte und es für mehr als nur entfernt möglich hielt, dass eventuell kein steuerrechtlicher Anspruch auf die beantragte Anrechnung bestand.

    2. Dividendensaison 2008

    488
    Die Beteiligung des Angeklagten CA an CumEx-Geschäften setzte sich im Jahr 2008 fort. Allerdings verließ er die YJ Ende Februar und arbeitete ab März 2008 mit dem gesondert Verfolgten BM im Rahmen der von beiden aufgebauten Gesellschaften der ZD-Gruppe. Dort strukturierte er im Jahr 2008 insbesondere CumEx-Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank und CumEx-Geschäfte der XA GmbH.

    a) Änderungen in der Organisation; die ZD-Gruppe

    489
    Im Laufe des Jahres 2007 wurde der Angeklagte CA zunehmend unzufriedener mit den Arbeitsbedingungen bei der YJ. Gleiches galt für den gesondert Verfolgten BM. Sie planten deshalb, gemeinsam eine selbständige Tätigkeit aufzubauen. Dabei wollten sie ihr Wissen und ihre Geschäftskontakte im Finanzmarkt für die Durchführung insbesondere auch von CumEx-Leerverkaufsgeschäften auf eigene Rechnung nutzen. Der gesondert Verfolgte BM nutzte seine Kontakte zu den gesondert Verfolgten AE und AP und erreichte, dass beide für den Fall einer Selbständigkeit jeweils ihre weitere Zusammenarbeit und Unterstützung zusagten.

    490
    Der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM verließen die YJ Ende Februar 2008 und gründeten zunächst im Wesentlichen zwei Gesellschaften, die ZD Capital Ltd. und die ZD Principals Ltd., jeweils mit Sitz auf den Cayman Islands. Beide waren zu gleichen Teilen Gesellschafter und gleichberechtigte Direktoren beider Gesellschaften. Die ZD Capital Ltd. sollte vor allem Beratungsleistungen für potenzielle Kunden erbringen. Dies war der Arbeitsschwerpunkt des gesondert Verfolgten BM, der über die größere Erfahrung im Verkauf und im Marketing verfügte und ein großes Netzwerk an Marktkontakten pflegte. Der Angeklagte CA übernahm die Verantwortung für die Geschäfte der auf der Handelsseite tätigen ZD Principals Ltd.. Diese eröffnete Konten bei dem Derivate-Broker YS und handelte die Marktpositionen, die ZD später bei Kurssicherungsgeschäften übernahm. Die ZD Principals Ltd. handelte keine physischen Aktien, sondern ausschließlich Derivate. Auch übernahm die Gesellschaft niemals ein Marktrisiko, sondern stellte jede eingegangene Handelsposition sogleich durch ein passendes Gegengeschäft glatt.

    491
    Die Aufteilung in zwei getrennte Gesellschaften und die Aufgabentrennung zwischen dem Angeklagten CA und dem gesondert Verfolgten BM bildete deren bisherige Arbeitsschwerpunkte ab. Unabhängig davon waren beide jedoch sehr darauf bedacht, am Markt einheitlich als „ZD-Gruppe“ wahrgenommen zu werden. Auch trafen sie alle wesentlichen Entscheidungen in beiden Gesellschaften gemeinsam und nach entsprechender Abstimmung. Beide Gesellschaften gründeten in der Folge Untergesellschaften mit identischer Beteiligungsquote und ebenfalls gemeinsamer Entscheidungszuständigkeit, um insbesondere die rechtlichen und steuerrechtlichen Themen ihrer Tätigkeit zu optimieren. Der gesondert Verfolgte CH wechselte als Angestellter der YJ ebenfalls und wurde ab März 2008 Mitarbeiter bei der ZD Capital Ltd..

    492
    Der Angeklagte AO übernahm nach dem Weggang des Angeklagten CA bei der YJ dessen Aufgaben im Rahmen der auch im Jahr 2008 fortgeführten BV-Geschäfte. Nunmehr hatte er nicht mehr nur für die Umsetzung der Geschäfte am jeweiligen Handelstag zu sorgen, vielmehr musste er die Geschäfte jetzt planen und im Vorfeld die erforderlichen Absprachen treffen. Dabei konnte er auf die in den Vorjahren geschaffenen Strukturen und auf das von dem Angeklagten CA geschaffene Netzwerk zurückgreifen. In die Präsentation „German Basis Opportunity“, die im Rahmen der hausinternen Genehmigungsprozesse bei der YJ benötigt wurde, arbeitete er die erforderlichen Änderungen und Ergänzungen ein.

    b) Fall 2: YT-Eigenhandel 2008 (Fall 2 der Anklageschrift)

    493
    Der gesondert Verfolgte BX schlug unter dem 11.01.2008 in einer unter anderem auch an den gesondert Verfolgten BP gerichteten Vorlage für die Partnersitzung der YT-Bank vor, die „Single Future basierte[n] Transaktionen“ in 2008 fortzusetzen. Neben der YJ sollte auch die YQ Ltd. eingebunden werden.

    494
    In der Folge tätigte die YT-Bank auch im Jahr 2008 auf Käuferseite CumEx-Leerverkaufsgeschäfte. Für 6 Aktiengattungen wurden die Transaktionen durch YQ Ltd., für die insbesondere der Zeuge CG auftrat, strukturiert. Diese Geschäfte sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

    495
    aa) Die weiteren Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank im Jahr 2008 wurden wiederum durch den Angeklagten CA aufgesetzt, bezüglich der beiden im Januar gehandelten Gattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG noch vom Londoner Tisch der YJ aus. Alle weiteren ab April 2008 getätigten Geschäfte plante und organisierte der Angeklagte CA im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit für die ZD-Gruppe.

    496
    Bereits vor Gründung der ZD-Gesellschaften hatten der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM unter dem 29.02.2008 eine mit „Investment Partnership Agreement“ überschriebene Vereinbarung mit der YT-Bank geschlossen. Der gesondert Verfolgte AE hatte im Vorfeld bei den Verantwortlichen der YT-Bank für diese Zusammenarbeit geworben. Er plante, seine Beteiligung an CumEx-Leerverkaufsgeschäften auszubauen, und sah in einer erfolgreichen ZD-Gruppe eine flexible und effiziente Partnerin für weitere Gestaltungen. Die Vereinbarung vom 29.02.2008 regelte die Zusammenarbeit bei den für 2008 geplanten CumEx-Leerverkaufsgeschäften der Bank. Ihr war eine Aufstellung der Aktiengattungen beigefügt, mit denen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte durchgeführt werden sollten. Insbesondere enthielt die Vereinbarung eine konkrete Regelung, wie der aus den Transaktionen zu generierende Profit aufzuteilen war. Der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM wollten der YT-Bank nun ermöglichen, die Absicherungsgeschäfte selbst unmittelbar zu den jeweiligen Marktpreisen abzuschließen, d.h. der Eintritt eines „Zwischenhändlers“ beim Future-Verkauf sollte entfallen. In der Vereinbarung wurde zunächst ein „pre-tax benefit“ der Bank von 8 Prozent vorausgesetzt. Dies bedeutete, dass die YT-Bank mindestens zu einem Dividendenlevel von 92 handeln konnte. Dies entsprach dem Level, den die Bank vor den noch über die YJ aufgesetzten Januar-Geschäften mit dem gesondert Verfolgten BM für diese ausgehandelt hatte. Da die im Jahr 2008 am Markt für CumEx-Leerverkaufsgeschäfte erzielbaren Dividendenlevel tatsächlich jedoch - wie auch bereits 2007 - deutlich darunter lagen, sollte der von der YT-Bank über die veranschlagten 8 Prozent hinaus erzielte Profit hälftig geteilt werden. Erzielte YT am Markt beispielsweise einen Dividendenlevel von 82, erhielten der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM nach dieser Vereinbarung 5 Dividendenpunkte. An der Erarbeitung dieses Teilungsmodells war der Angeklagte CA wesentlich beteiligt, er hatte sich im Vorfeld dafür eingesetzt, den Referenzlevel möglichst hoch anzusetzen. Nach Gründung der ZD-Gesellschaften wurde die Vereinbarung mit Wirkung ab dem 01.04.2008 inhaltsgleich auf die ZD Capital Ltd. umgeschrieben.

    497
    bb) Der Angeklagte CA strukturierte im Jahr 2008 folgende von der YT-Bank gehandelte Positionen:

    498

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    8.500.000

    ThyssenKrupp AG

    18.01.2008

    1,30

    2.331.500,00

    3.500.000

    Siemens AG

    24.01.2008

    1,60

    1.181.600,00

    5.650.000

    Daimler AG

    09.04.2008

    2,00

    2.384.300,00

    2.400.000

    Münchener Rückvers. AG

    17.04.2008

    5,50

    2.785.200,00

    3.200.000

    BASF SE

    25.04.2008

    3,90

    2.633.280,00

    2.850.000

    MAN AG

    25.04.2008

    3,15

    1.894.252,50

    9.500.000

    Dt. Lufthansa AG

    29.04.2008

    1,25

    2.505.625,00

    2.350.000

    E.ON AG

    30.04.2008

    4,10

    2.032.985,00

    2.436.036

    Hannover Rückvers. AG

    06.05.2008

    2,30

    1.182.208,27

    6.700.000

    BMW AG

    08.05.2008

    1,06

    1.498.522,00

    802.369

    Hugo Boss AG Vz.

    08.05.2008

    6,46

    1.093.677,09

    26.000.000

    Dt. Telekom AG

    15.05.2008

    0,78

    4.279.080,00

    6.000.000

    Metro AG

    16.05.2008

    1,18

    1.493.880,00

    5.000.000

    Fresenius Med. Care KGaA

    20.05.2008

    0,54

    569.700,00

    2.400.000

    Allianz SE

    21.05.2008

    5,50

    2.785.200,00

    4.250.000

    Deutsche Bank AG

    29.05.2008

    4,50

    4.035.375,00

    3.000.000

    Linde AG

    03.06.2008

    1,70

    1.076.100,00

    499

                                                                                                                    Gesamt:   35.762.484,86 Euro

    500
    Die Struktur der Geschäfte, insbesondere die Handelsstrategie „Aktien gegen Futures“, und die konkreten Abläufe bei der Planung und bei der Umsetzung entsprachen denen des Vorjahres: Der Angeklagte CA stimmte zunächst den Korb der zu handelnden Gattungen nach Zeitpunkt und Volumen mit dem gesondert Verfolgten AW ab. In der Folge nahm er sodann für jede Gattung mit der Leerverkäuferseite bzw. mit den diese repräsentierenden Brokern Kontakt auf und stimmte die Volumina und die Dividendenlevel für die der Kurssicherung dienenden Futures ab. Weiter klärte er die Belieferung der entsprechenden Ex-Aktien-Volumina. Am Handelstag selbst ermittelte er zunächst jeweils den aktuellen Aktienpreis und berechnete auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung des im Vorfeld abgesprochenen Dividendenlevels den konkreten Futurepreis.

    501
    Bei den von der ZD-Gruppe aufgesetzten Geschäften gab er dann dem für die YT-Bank tätigen Händler, dem gesondert Verfolgten AW, und der jeweiligen Gegenpartei die konkreten Daten bekannt und erreichte dadurch, dass deren Aufträge außerbörslich zueinander fanden. Ob diese konkreten Handlungsanweisungen bei den beiden im Januar noch über die YJ organisierten Geschäften ebenfalls vom Angeklagten CA selbst oder aber von anderen Mitarbeitern am Londoner Handelstisch kamen, konnte die Kammer nicht mit Sicherheit klären. Fest steht aber, dass sie auch dort jedenfalls auf den konkreten Vorarbeiten des Angeklagten CA basierten. Bei einzelnen Gattungen wurde das Gesamtvolumen sowohl auf der Aktien- als auch auf der Future-Seite in mehreren Tranchen gehandelt. Bei den Januar-Geschäften trat die YJ wie im Vorjahr auch selbst in die Future-Geschäfte der YT-Bank ein, um aus dem für sie günstiger abgeschlossenen Gegengeschäft ihren Profitanteil zu generieren. Bei den späteren über ZD organisierten Absicherungsgeschäften vermittelte der Angeklagte CA der YT-Bank Preise, die auf den am Markt erzielbaren günstigeren Dividendenleveln, jetzt 84 oder sogar darunter, basierten.

    502
    Obwohl diese Tätigkeiten nach der mit der YT-Bank geschlossenen Vereinbarung von der ZD Capital Ltd. zu erbringen waren, wurden sie im Jahr 2008 vom Angeklagten CA ausgeführt. Auch wenn dieser nach der Aufgabenverteilung grundsätzlich im Gesellschaftszweig der ZD Principals Ltd. agieren sollte, erledigte er die vorstehend dargestellten Tätigkeiten selbst. Hintergrund war unter anderem, dass auf Seiten der ZD Capital Ltd. zu diesem Zeitpunkt keiner der gesondert Verfolgten BM oder CH in der Lage gewesen wäre, den Eigenhandel der YT-Bank vollständig allein zu strukturieren und aufzusetzen. Zudem stand der Angeklagte CA dem gesondert Verfolgten AW während des Handels jederzeit für aufkommende Fragen zur Verfügung.

    503
    Bei allen Aktiengeschäften handelte es sich um „cum“ vereinbarte und „ex“ belieferte Leerverkäufe, bei denen der Leerverkäufer nicht mit den in der Tabelle dargestellten Steuerbeträgen belastet wurde.

    504
    Bei der Planung der Belieferung der von der ZD-Gruppe aufgesetzten Leerverkaufsgeschäfte kalkulierte der Angeklagte CA im Jahr 2008, wenn nicht Pakete gehandelt wurden, auch mit den ihm bekannten Aktienbeständen der YJ. Hierzu nahm er regelmäßig Kontakt zum Angeklagten AO auf und klärte, ob dieser entsprechende Stückzahlen an Ex-Aktien zur Belieferung bereitstellen konnte. Der Angeklagte AO sagte dies regelmäßig zu und stellte seiner Disposition unterliegende Aktien der YJ für die Belieferung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften der YT-Bank bereit. In der Folge teilte der Angeklagte CA dem Angeklagten AO jeweils kurz vor den Transaktionen die relevanten Informationen (Name des Brokers, Aktiengattung, Stückzahl, Preis) mit, so dass dieser die eingehenden Anfragen sicher zuordnen konnte. Den genauen Anteil der YJ-Aktien an der Gesamtzahl der vom Angeklagten CA bereitzustellenden Ex-Aktien konnte die Kammer nicht feststellen.

    505
    cc) Die YT-Bank generierte auch im Jahr 2008 als ihre eigene Depotbank für sich Steuerbescheinigungen, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. Die Beträge wurden darin als „Anrechenbare Kapitalertragsteuer“ bzw. als „Anrechenbarer Solidaritätszuschlag“ qualifiziert, obwohl diese Steuerbeträge von den an die Bank geflossenen Kompensationszahlungen zuvor nicht abgezogen worden waren.

    506
    Die gesondert verfolgten BP und CJ unterschrieben gleichwohl unter dem 24.02.2010 die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2008 und ließen diese dem Finanzamt YC vorlegen. In einer Anlage zur Anlage WA listeten sie dabei für die YT-Bank als Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 38.118.535,49 Euro sowie hierauf entfallenden Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.097.250,08 Euro auf. In diesen Beträgen waren die in der Tabelle oben dargestellten und in den Steuerbescheinigungen zu Unrecht ausgewiesenen Beträge in Höhe von 35.762.484,86 Euro enthalten.

    507
    Die Steuererklärung enthielt auch in diesem Jahr keine Information darüber, dass im Hinblick auf den geltend gemachten Betrag von 35.762.484,86 Euro zuvor Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag nicht in entsprechender Höhe erhoben, das heißt nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Auch enthielt die Steuererklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem Aktienverkäufer jeweils um einen Leerverkäufer gehandelt hatte. Ebenfalls fehlte jede Mitteilung, dass die erklärte Anrechenbarkeit dieses Betrages auf einer Auslegung des Steuerrechts beruhte, zu der zuvor keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung angefragt worden war. Auch sonst enthielt die Steuererklärung keine Mitteilung zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte, die sich dadurch auszeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld mit der YJ bzw. von ZD mit der jeweiligen Gegenpartei abgesprochen worden waren. In der für die Anrechnung maßgeblichen Anlage WA zur Steuererklärung war zu den Zeilen 3 bis 6 stattdessen nur ausgeführt und ausgefüllt:

    508
                            „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug                                        EUR      CT
    509

    3

    (lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen)

    Kapitalertragsteuer (20 %)

              38.315.884,28

    4

    Kapitalertragsteuer (25 %)


    5

    Zinsabschlag

                     447.060,34

    6

    Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) und zum Zinsabschlag

    Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen.

                2.131.961,85“

    510

    Die vorgenannten Steuerbescheinigungen der YT-Bank, die ebenfalls keine Ausführungen zum Vorliegen von Leerverkäufen und zu dem nicht erfolgten Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung enthielten, lagen der Steuererklärung bei.

    511
    Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt YC für das Jahr 2008 durch Bescheid vom 14.04.2010 positiv. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies den beantragten Anrechnungsbetrag an Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ohne Änderungen aus. Nach Verrechnung mit der gegenüber der Einziehungsbeteiligten festgesetzten Körperschaftssteuer sowie zu zahlendem Zinsabschlag war dieser Bescheid Grundlage für eine Auszahlung durch die Finanzbehörde an die Einziehungsbeteiligte in Höhe von 39.169.673,74 Euro.

    512
    Die gegenüber der Einziehungsbeteiligten für den Veranlagungszeitraum 2008 angerechneten und erstatten Beträge, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkäufe entfallen, wurden von der Einziehungsbeteiligten ab Mai 2010 als Teil des ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapitals in verschiedene Anlageformen reinvestiert.

    513
    In der Folgezeit ergingen im Rahmen einer bei der Einziehungsbeteiligten durchgeführten Außenprüfung mehrere Steueränderungsbescheide, so unter anderem am 10.04.2014 und am 12.12.2016. In diesen setzte das Finanzamt YC die Körperschaftssteuer von ursprünglich 1.635.293,00 Euro im Bescheid vom 12.12.2016 auf 1.620.822,00 Euro neu fest. Die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte entfallenden Beträge wurden in dem Bescheid vom 12.12.2016 unverändert in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht.

    514
    dd) Die Profite aus den von ZD aufgesetzten Transaktionen wurden entsprechend der zuvor dargestellten Vereinbarung geteilt. Insoweit überwies die YT-Bank später für das Jahr 2008 in mehreren Tranchen einen Betrag von 6.797.340,00 Euro an die ZD Capital Ltd.. Auch die gesondert Verfolgten AE und CD erhielten im Jahr 2008 wiederum einen Anteil von den von der YT-Bank generierten Profiten. Dieser wurde erneut über die Schweizer Bank YY AG an die YW Ltd. gezahlt. Auch in diesem Jahr stellte die Bank YY AG der YT-Bank hierzu eine nicht leistungsunterlegte Rechnung, dieses Mal in Höhe von 5.188.000,00 Euro.

    515
    ee) Dass aufgrund der vorstehenden dargestellten Aktiengeschäfte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag angerechnet würde, obwohl diese Steuern zuvor nicht in Abzug gebracht worden waren, entsprach den gemeinsamen Vorstellungen jedenfalls der gesondert Verfolgten BP, BX und AE sowie des Angeklagten CA. Sie hatten gemeinsam auf die spätere Steueranrechnung hingewirkt.

    516
    Die für die YT-Bank und die Einziehungsbeteiligte handelnden gesondert Verfolgten BP und BX wussten von Beginn an, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig waren, bei denen weder hinsichtlich der Dividenden noch hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen eine Steuererhebung, mithin ein Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgen würde. Ihnen war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten und dass in diesem Zusammenhang auch Angehörige von ZD tätig wurden. Ihnen war ferner bewusst, dass die Steuern auf die Dividendenkompensationszahlungen auch nicht von der YT-Bank oder von der Einziehungsbeteiligten oder von einer anderen Stelle gezahlt worden waren. Sie wussten auch, dass dieser Sachverhalt in der späteren Steuererklärung, mit der die Anrechnung beantragt werden würde, trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht mitgeteilt würde. Sie erkannten zudem die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 35.762.484,86 Euro eventuell nicht vorliegen und eine spätere Anrechnung daher eventuell nicht mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahmen sie billigend in Kauf.

    517
    Auch das Vorstellungsbild, das der gesondert Verfolgte AE zu Beginn des Jahres 2008 in Bezug auf die ausgeführten Transaktionen hatte, entsprach seinem Wissen und seiner Vorstellung aus dem Vorjahr. Die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte der YT-Bank entsprachen auch 2008 seinem Geschäftsmodell und waren Quelle des für sich selbst angestrebten Profites. Auch die Möglichkeit, dass die angestrebte Anrechnung mangels zuvor erfolgten Steuerabzuges steuerrechtswidrig war, stand ihm weiter vor Augen und er billigte diese.

    518
    Der Angeklagte CA wusste aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften auch im Jahr 2008, dass die von ihm an die YT-Bank jeweils vermittelten Aktienverkäufer im Rahmen der gegenständlichen Aktiengeschäfte nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden würden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde, die YT-Bank diese jedoch gleichwohl zur Anrechnung bringen wird. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank angestrebten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag mangels vorherigen Steuerabzuges eventuell nicht vorliegen. Ferner nahm er weiter in Kauf, dass der Umstand der unterbliebenen Zahlung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in dem Anrechnungsantrag trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltselemente billigte er.

    519
    Der Angeklagte AO kannte zwar die Wirkweise von CumEx-Geschäften und wusste, dass der zwischen den Beteiligten verteilte Profit auf die Anrechnung oder Erstattung zuvor nicht gezahlter Steuern zurückging. Auch erkannte er, dass die von ihm auf Anfrage von dem Angeklagten CA zur Verfügung gestellten Aktien der Belieferung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften dienten. Die Kammer hat indes nicht feststellen können, dass der Angeklagte AO bis zum Abschluss der Dividendensaison 2008 auch bereits die steuerrechtliche Lage ausreichend vertieft nachvollzogen hatte und es für mehr als nur entfernt möglich hielt, dass kein steuerrechtlicher Anspruch auf die beantragte Anrechnung bestehen könnte.

    520
    Schließlich hat die Kammer auch nicht feststellen können, dass er sich schon im Zeitpunkt seiner Lieferungen Gedanken über den steuerrechtlich notwendigen Inhalt des späteren Anrechnungsantrags gemacht und es als sehr wahrscheinlich erkannt hatte, dort würde der wahre Sachverhalt entgegen steuerrechtlicher Vorgaben nur unzureichend oder falsch dargestellt.

    c) Die XA GmbH

    521
    Neben der Organisation des Eigenhandels der YT-Bank befasste sich der Angeklagte CA im Jahr 2008 auch mit der Planung und Strukturierung der Geschäfte der XA GmbH. Seine diesbezügliche Tätigkeit war Grundlage der zu Fall 3 der Anklageschrift erhobenen Vorwürfe.

    522
    Die XA GmbH trat während der Dividendensaison 2008 im CumEx-Markt in einer den BV-Geschäften vergleichbaren Weise in 10 Aktiengattungen als Leerkäuferin auf und generierte dadurch inhaltlich unrichtige Steuerbescheinigungen, die sodann für eine Anrechnung genutzt werden sollten. An der GmbH waren über Genussrechte und zwischengeschaltete Gesellschaften mehrere vermögende und vom gesondert Verfolgten AE betreute Privatpersonen beteiligt. Hierzu gehörten auch die gesondert Verfolgten BP und CJ.

    523
    Da es letztlich nicht zu der von der XA GmbH beantragten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 6.165.947,50 Euro kam, hat die Kammer das Verfahren in der Hauptverhandlung auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt. Die für diesen Versuchsfall zu erwartende Strafe wäre neben den weiteren verhängten Strafen nicht ins Gewicht gefallen, allerdings hätte die weitere Aufklärung dieses Tatkomplexes das Verfahren - trotz der insoweit geständigen Einlassung des Angeklagten CA - unverhältnismäßig verzögert.

    524
    Die ZD-Gesellschaften haben aus den für die XA GmbH aufgesetzten Geschäften unabhängig davon, dass es hier nicht zu einer Steueranrechnung kam, Erträge in Höhe von 233.751 Euro erwirtschaftet.

    3. Dividendensaison 2009

    525
    Im Jahr 2009 weitete der Angeklagte CA zusammen mit dem gesondert Verfolgten BM die Aktivitäten der ZD-Gruppe bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften stark aus.

    526
    Neben der Festigung der bestehenden Geschäftsverbindungen zum gesondert Verfolgten AE, zur YT-Bank und zur YJ wurden weitere Personen für eine dauerhafte Kooperation gewonnen und in die erweiterte Gesellschaftsstruktur der ZD-Gruppe eingebunden. Neue und nur zu diesem Zweck gegründete Investmentfonds bündelten Kapital vermögender Privatanleger und nahmen die Rolle der Leerkäufer ein. Die Erhöhung der Kapitalertragsteuer vergrößerte zudem das Profitpotential.

    a) Verbreiterung der Marktkontakte, neue Gesellschaftsstruktur

    527
    aa) Bereits im August 2008 hatte der gesondert Verfolgte BM nach entsprechender Absprache mit dem Angeklagten CA für die ZD Capital Ltd. eine als „Investment Arranger Agreement“ bezeichnete Vereinbarung mit der den gesondert Verfolgten AE und CD zuzuordnenden YW Ltd. getroffen. Darin waren die Grundzüge einer geplanten Zusammenarbeit beschrieben, die die gemeinsame Entwicklung von Investment-Strategien und die Heranführung und Betreuung potenzieller Investoren betraf. Daraus erwirtschaftete Erträge sollten im Verhältnis 30 zu 70 geteilt werden, wobei der ZD Capital Ltd. der größere Anteil zustehen sollte.

    528
    bb) Im Januar schrieben der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM für die ZD Capital Ltd. das „Investment Partnership Agreement“ mit der YT-Bank für das Jahr 2009 fort. Die Regelung zur Profitverteilung blieb unverändert.

    529
    cc) Ab Januar 2009 nahmen der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM zudem zwei weitere Gesellschafter auf, die zuvor bei der ZV London tätigen gesondert Verfolgten BQ und BR. Sie gründeten zu viert und zu gleichen Anteilen die ZD Holding Ltd., die fortan die Gesellschaftsanteile der beiden ZD-Gesellschaftszweige hielt. Alle vier Gesellschafter trafen zentrale Entscheidungen gemeinsam, so etwa die, für welche Investmentfonds CumEx-Aktivitäten entfaltet werden sollten. Während der gesondert Verfolgte BR neben dem Angeklagten CA insbesondere die Handelsaktivitäten von der ZD Principals Ltd. verantwortete, verlangte der gesondert Verfolgte BQ, der zuvor in leitender Funktion bei der ZV London tätig gewesen war, nach einem eigenständigen und möglichst unabhängigen Aufgabenbereich. Hierzu wurden unterhalb von ZD Principals Ltd. zwei weitere Gesellschaften gegründet, die ZD-OHL und die ZD-OML. Der Angeklagte CA war hierin aktiv eingebunden, etwa indem er erforderliche Gründungsurkunden unterschrieb. In diesen weiteren Gesellschaften wurde unter der Verantwortung des gesondert Verfolgten BQ das Aktien-Leihgeschäft der ZD-Gruppe gebündelt. Dieser nutzte seine fortbestehenden und sehr engen Geschäftskontakte zur ZV London und sicherte der ZD Gruppe so weitere, für die geplante Ausweitung des CumEx-Leerverkaufshandels wichtige Kapazitäten bei der Eindeckung mit Ex-Aktien.

    530
    Daneben übernahm die nun eng in das Netzwerk des Angeklagten CA und des gesondert Verfolgten BM eingebundene ZV London im Jahr 2009 auch bei allen von ZD in diesem Jahr geplanten und aufgesetzten Investmentfonds die für die Kreditversorgung, den Marktzugang und die Aktionsfähigkeit der Fonds zentrale und wichtige Rolle des Prime Brokers (dazu unten Fälle 4 bis 7).

    531
    Als weitere Tochter unterhalb von der ZD Capital Ltd. wurde zudem die ZD Capital UK Ltd. gegründet. Auch hier war der Angeklagte CA in die Gründungsaktivitäten aktiv eingebunden. Diese Gesellschaft sollte die im europäischen Markt geltenden Standards für Investment-Beratungsgesellschaften erfüllen und genutzt werden, um die von der ZD Capital Ltd. aufgesetzten Investmentfonds und weitere Kunden den aufsichtsrechtlichen Anforderungen entsprechend gebührenpflichtig beraten zu können.

    532
    Alle Gesellschafter legten Wert darauf, dass die ZD-Gruppe am Markt einheitlich, vergleichbar einer Bank mit verschiedenen Abteilungen, wahrgenommen wurde.

    533
    Der Angeklagte CA kam ferner mit den gesondert Verfolgten BM, BQ und BR überein, dass die Teilhaber zu gleichen Teilen, mithin jeweils zu einem Viertel, an sämtlichen von den ZD-Gesellschaften erzielten Einkünften nach Abzug sämtlicher Kosten profitieren sollten. Diese Vereinbarung bezog sich nicht nur auf die Einnahmen der ZD-Gesellschaften, die nach Aufnahme der gesondert Verfolgten BQ und BR erzielt wurden, sondern wurde auch auf die zuvor im Jahr 2008 erwirtschafteten Einkünfte und im Folgenden auf die im Jahr 2011 nach der Trennung von den gesondert Verfolgten BQ und BR im Zusammenhang mit dem YT Eigenhandel erzielten Einkünfte erstreckt (hierzu Fall 11). Auf Grundlage dieser Vereinbarung profitierte der Angeklagte CA im Zeitraum 2008 bis 2011 absprachegemäß zu einem Viertel an den aus den abgeurteilten Taten stammenden Einkünften der ZD-Gesellschaften nach Abzug sämtlicher Kosten. Die Beteiligung erfolgte zum einen über die Zahlung eines Grundgehaltes, das sich im Zeitraum 2008 bis 2011 auf (umgerechnet) jährlich 146.954 Euro (110.000 Pfund Sterling), mithin insgesamt auf 587.816 Euro belief. Zum anderen wurden die Einnahmen der ZD-Gesellschaften aus den gegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäften über Bonizahlungen, Entnahmen aus den Gesellschaftsvermögen sowie durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Jahr 2011 (hierzu Dividendensaison 2011) an den Angeklagten CA weitergeleitet. In welcher konkreten Höhe die Beteiligung des Angeklagten CA an den Einkünften der ZD-Gesellschaften gerade auf Boni und Entnahmen entfällt und zu welchen Zeitpunkten diese erfolgten, konnte nicht festgestellt werden. Auch der exakte Wert der an den Angeklagten CA im Jahr 2011 übertragenen Gesellschaftsanteile konnte nicht ermittelt werden. Fest steht aber, dass die Einkünfte der ZD Gesellschaften nicht zeitnah an die Teilhaber weitergeleitet wurden, sondern deren Beteiligung an den Einkünften unregelmäßig vollzogen wurde.

    534
    Die von den ZD-Gesellschaften im Zeitraum 2008 bis 2011 für Mitarbeitergehälter, Rechtsberatung und Infrastruktur, insbesondere in Gestalt von Mietzinszahlungen, aufgewandten Kosten beliefen sich in diesen vier Jahren auf insgesamt 20 Mio. Euro.

    535
    dd) Der Angeklagte CA trat zudem zu Beginn des Jahres 2009 an den weiter bei der YJ London tätigen Angeklagten AO heran und fragte ihn, ob er bereit sei, im Jahr 2009 den gesamten Ex-Aktien-Bestand der YJ für ZD bereit zu stellen. Der Angeklagte AO sagte dies zu und wusste dabei, dass die Ex-Aktien, die er auf die jeweilige Anfrage für Broker oder andere Marktteilnehmer bereitstellen würde, der Belieferung von CumEx-Leerverkaufgestaltungen dienten. Konkrete Kenntnis über die einzelnen Leerkäufer, die mit diesen Stücken beliefert wurden, erlangte er jedoch nicht.

    536
    Das dem Angeklagten AO aus dem Bestand der YJ zustehende Aktienkontingent unterlag dabei einer bankinternen Beschränkung. Das Volumen war nach der Höhe der am Ex-Tag noch der YJ zuzurechnenden Steuern begrenzt. Allerdings nutzte der Angeklagte AO verschiedene Strategien, um sein Handelsvolumen trotz dieser Grenze auszuweiten, etwa indem er am Markt zum Zwecke der Ex-Belieferung Aktien erwarb, diese über den Hauptversammlungstag noch kurzfristig an außenstehende Marktteilnehmer übertrug und sodann in den Markt für Ex-Belieferungen einspeiste (sog. „Bond-Leihen“ oder „Sparda-Trades“). Die Kammer konnte das genaue Ex-Aktien-Volumen, das der Angeklagte AO während der Dividendensaison 2009 auf Anfrage des Angeklagten CA bzw. des gesondert Verfolgten BR zur Belieferung von CumEx-Leerverkaufstransaktionen der ZD-Gruppe bereit stellte, nicht feststellen, es handelte sich jedoch um den Großteil des ihm bei der YJ zur Verfügung stehenden Handelsvolumens.

    b) Aufgabenverteilung bei ZD, neue Handelsmodelle

    537
    Die ZD Capital Ltd. konzentrierte ihre Beratungsleistungen ab Beginn des Jahres 2009 darauf, die Gründung und sodann die Marktaktivitäten von Investmentfonds zu unterstützen. Zunächst brachten vermögende Privatanleger über zwischengeschaltete Gesellschaften Eigenmittel auf. Diese Eigenmittel wurden durch die ZV London als Prime Broker „gehebelt“, d.h. diese stellte den zwischengeschalteten Gesellschaften Kredite zur Verfügung, wodurch das für die Anlage in CumEx-Leerverkaufsgeschäften zur Verfügung stehende Kapital etwa verzwanzigfacht und sodann in einen deutschen Investmentfonds investiert wurde. Die von der ZD Capital im Jahr 2009 betreuten Fonds (dazu unten Fälle 4 bis 7) traten am Markt durchweg als Leerkäufer auf und verfügten durch die Hebelung zum Teil über bis zu 1 Milliarde Euro an Investitionskapital. Diese Konstruktion eröffnete die Anwendbarkeit von § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009], wodurch innerhalb sehr kurzer Zeit Steuererstattungen durch das Bundeszentralamt für Steuern bewirkt werden konnten.

    538
    Die erforderlichen Akquisitions- und Beratungsleistungen erbrachte die ZD Capital Ltd. unter maßgeblichem Einsatz des gesondert Verfolgten BM, der hierzu intensiv mit den gesondert Verfolgten AE und CD, mit Banken, Brokern und weiteren professionellen Marktteilnehmern und auch mit den privaten Investoren interagierte. Fast alle Kapitalanlagegesellschaften, die die gegründeten Investmentfonds verwalteten, ließen sich hinsichtlich der konkreten Ausführung der erforderlichen Markttransaktionen gegen eine entsprechende Vergütung von der ZD Capital UK Ltd. beraten bzw. anweisen.

    539
    Für die ZD Capital UK Ltd. bereitete zuvor die ZD Principals Ltd. die konkreten Handelsdetails jeder Transaktion am Markt durch entsprechende Absprachen vor („Market Making“). Der Angeklagte CA verantwortete wie auch in den Jahren zuvor die Planung und traf die erforderlichen Vereinbarungen. Hierbei unterstützte ihn der gesondert Verfolgte BR. Konkret strukturierte er die speziellen Handelstechniken, z.B. den Einsatz von „Calendar Spreads“ zum physischen Stückeerwerb in den Fällen 5 und 7, arbeitete die Aktienkörbe aus und überwachte im Hinblick auf die den Fonds zugedachten Renditen die Preisgestaltung bei den Absicherungsgeschäften. Beim Aufsetzen der Investmentfonds war den privaten Investoren eine Rendite zugedacht, die geringer war als die am Markt tatsächlich erzielbaren Profite. So wurden die Future-Absicherungsgeschäften der Fonds im Jahr 2009 regelmäßig zu Dividendenleveln im Bereich 93 oder 94 abgeschlossen. Die am Markt erzielbaren Level lagen dagegen etwa im Bereich von 80,5 bis 82. Die zwischen diesen Leveln liegende Spanne („Spread“) vereinnahmte die ZD Principals Ltd., die sich jeweils in die Absicherungstransaktionen einschaltete, indem sie über die Broker absprachegemäß selbst die Gegenpartei für die Fonds stellte und sich gleichzeitig mit günstigeren Gegengeschäften glattstellte. Auch 2009 gehörte zudem die Belieferung mit Ex-Aktien zu den vom Angeklagten CA zu organisierenden Punkten.

    540
    Die YT-Bank kommunizierte zur Ausführung ihrer Eigengeschäfte im Jahr 2009 in erster Linie mit der ZD Capital Ltd. Der Angeklagte CA war damit zwar nicht mehr mit den alltäglichen Abläufen befasst. Er war jedoch auch in diesem Jahr in die Planungen eingebunden. Dies betraf insbesondere - so dies erforderlich wurde - die Sicherstellung des für die Belieferung erforderlichen Volumens an Ex-Aktien. Auch stand er dem gesondert Verfolgten AW in konkreten Einzelfällen für Rückfragen und Hilfestellungen beim Handel zur Verfügung.

    541
    Eine weitere Einnahmequelle für die ZD-Gruppe entstand aus der vom gesondert Verfolgten BQ weitgehend selbständig verantworteten Tätigkeit der neuen Gesellschaften ZD-OHL und ZD-OML. Diese konnten durch die enge Zusammenarbeit mit der ZV London auf große Mengen an Ex-Aktien zugreifen und diese für die von der ZD Principals Ltd. strukturierten Leerverkaufsgeschäfte bereitstellen. Dies festigte die Marktstellung der ZD-Gruppe, weil sie in den Verhandlungen mit den Investoren und auch mit den Leerverkäufern ein breiteres Leistungsangebot zusagen konnte. Für die Zurverfügungstellung von Ex-Aktien wurde ZD-OHL in den Jahren 2009 und 2010 an den durch die CumEx-Leerverkäufe generierten Steueranrechnungen und Steuererstattungen dergestalt wirtschaftlich beteiligt, dass ihr ein Anteil des Anrechnungs- bzw. Erstattungsvolumens zugewiesen wurde, der je Aktiengattung zwischen einem und vier Prozent des Bruttodividendenbetrages betrug.

    542
    Die ebenfalls zur ZD-Gruppe gehörende und vom Angeklagten CA sowie von dem gesondert Verfolgten BM geleitete ZD Financial Investments Ltd. investierte im Jahr 2009 einen Betrag von 17 Mio. Euro in einen der in diesem Jahr gegründeten Investmentfonds (dazu unten Fall 4).

    c) Gesetzliche und administrative Änderungen

    543
    Die Kapitalertragsteuer betrug ab Januar 2009 25 Prozent nach zuvor 20 Prozent. Unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlages in Höhe von 5,5 Prozent des Steuerbetrages betrug die gesamte, auf Dividenden- und Dividendenkompensationszahlungen erhobene Steuer ab dem Jahr 2009 damit 26,375 Prozent statt wie bisher 21,1 Prozent. Das Profitpotential der Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäfte vergrößerte sich entsprechend. Dies führte zu einem spürbaren Absinken der Dividendenlevel.

    544
    Das Bundesministerium der Finanzen war Anfang des Jahres 2009 auf missbräuchliche Gestaltungen bei Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäften aufmerksam geworden und beabsichtigte, diese durch Verwaltungsanweisungen (BMF-Schreiben) zu unterbinden. Ein hierzu gefertigter Entwurf, der dem gesondert Verfolgten AE und auch den Verantwortlichen der YT-Bank im Rahmen der Beteiligung der Verbände der Kreditwirtschaft bekannt wurde, war im Frühjahr des Jahres regelmäßig Gegenstand der Kommunikation dieser gesondert Verfolgten. Das BMF-Schreiben erging dann in der Fassung vom 05.05.2009. Als wesentliche Folge dieses Schreibens oblag es CumEx-Leerkäufern nun, im Rahmen der Veranlagung oder in Erstattungsverfahren sogenannte Berufsträgerbescheinigungen vorzulegen, in denen bestätigt werden musste, dass keine Absprachen festgestellt werden konnten, die die „Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat,“ getroffen hatten.

    545
    Obwohl den angeklagten Transaktionen durchweg vorherige Absprachen über Volumen, Handelszeitpunkt und Dividendenlevel zu Grunde lagen, wurden zu allen abgeurteilten Fällen die nach dem BMF-Schreiben erforderlichen Berufsträgerbescheinigungen beigebracht.

    d) Fall 3: YT-Eigenhandel 2009 (Fall 4 der Anklageschrift)

    546
    Gemeinsam mit der ZD Capital Ltd. führte die YT-Bank die CumEx-Leerverkaufsstrategie unter Beteiligung des Angeklagten CA wie in den Vorjahren auch in der Dividendensaison 2009 fort. Der Angeklagte AO wirkte entweder im Hinblick auf die CumEx-Leerverkaufstransaktionen der YT-Bank an der erforderlichen Ex-Eindeckung mit oder in einem der Fälle 4 (soweit der Sammelantrag vom 03.04.2009 betroffen ist), 5 oder 7.

    547
    aa) Grundlage der weiteren Zusammenarbeit war das zwischen der YT-Bank und der ZD Capital Ltd. abgeschlossene Investment Partnership Agreement vom 19.01.2009, das neben dem gesondert Verfolgten BM auch der Angeklagte CA in seiner Eigenschaft als Direktor der ZD Capital Ltd. zeichnete. In ihrem wesentlichen Inhalt entsprach die Vereinbarung derjenigen aus dem Jahr 2008, dies gilt insbesondere für die Profitverteilung.

    548
    Der gesondert Verfolgte AE war auch in diesem Jahr im Rahmen der CumEx-Eigenhandelsgeschäfte für die YT-Bank beratend tätig, insbesondere auch im Rahmen der ab März 2009 aufkommenden Diskussionen um das erwartete BMF-Schreiben und seiner Entwürfe. Dabei sprach er sich trotz der Intention des Bundesministeriums für Finanzen, den aus CumEx-Leerverkaufsgeschäften resultierenden Steuerschaden nicht hinnehmen zu wollen, für deren Fortführung aus. Er wollte auf die hohen Profite, die hiermit zu erzielen waren und an denen er wie schon im Vorjahr beteiligt weren würde, nicht verzichten. Da er gegenüber dem Ministerium und den einschlägigen Lobbyverbänden nicht selbst in Erscheinung treten wollte, hielt er andere Personen an, darauf hinzuwirken, dass das BMF-Schreiben in seiner Wortwahl möglichst „entschärft“ wurde. Unter anderem redigierte er dabei ein Schreiben, in dem die - wie er wusste - nicht tatsachengetragene Behauptung aufgestellt wurde, auf Grundlage des ersten Entwurfs zu dem BMF-Schreiben würden Aktiengeschäfte um den Dividendenstichtag herum generell unmöglich gemacht; dies würde zum Zusammenbrechen des Aktienmarktes führen. Dieses Schreiben wurde sodann über den dem gesondert Verfolgten AE bekannten BU, der für ZW tätig war, an das Bundesministerium für Finanzen versendet. Zudem hielt der gesondert Verfolgte AE auch die YT-Bank - hier zumindest die gesondert Verfolgten BX und BK - an, entsprechend Lobbyarbeit zu betreiben.

    549
    Der gesondert Verfolgte BX war in diesem Zusammenhang an diversen Gesprächen innerhalb der YT-Bank beteiligt. Diese betrafen sowohl die Auswirkungen des BMF-Schreibens bzw. seiner Entwürfe auf die Eigenhandelsgeschäfte der Bank als auch deren CumEx-Leerkaufsaktivitäten im Rahmen des BC German Equity Special Fund (Fall 5). Gleiches galt - wenn möglicherweise auch in geringerem Umfang - für den gesondert Verfolgten BP. Am 29.04.2009 schließlich beschlossen die gesondert Verfolgten BP und BX in einem Gespräch mit den ebenfalls gesondert Verfolgten CJ und AQ, dass die Eigenhandelsgeschäfte fortgeführt werden sollten, wobei sie ein „Verlustrisiko“ in Kauf nahmen.

    550
    bb) Die von den Beteiligten umgesetzte CumEx-Handelsstrategie entsprach derjenigen aus dem Vorjahr. Danach wurden Aktien im Wege von Kassageschäften erworben und durch gegenläufige Single Stock Futures abgesichert, deren Preis unter Einbeziehung eines zuvor mit der Verkäuferseite abgesprochenen Dividendenlevels berechnet war.

    551
    Ebenfalls glich die Planung dieser CumEx-Geschäfte der Vorgehensweise im Vorjahr. Auf Seiten der YT-Bank wurde daher zunächst mit der ZD Capital Ltd. ein Aktienkorb abgestimmt, der die zu handelnden Aktiengattungen nach Zeitpunkt und Volumen - das immer unter der wertpapierrechtlichen Meldeschwelle liegen musste - beinhaltete. Ein Mitarbeiter der ZD Capital Ltd. nahm sodann für jede Gattung mit der Leerverkäuferseite bzw. mit den diese repräsentierenden Brokern Kontakt auf und stimmte die Volumina und die Dividendenlevel für die der Kurssicherung dienenden Futures ab. Des Weiteren wurde abgeklärt, ob auch die Ex-Belieferung des Leerverkäufers organisiert werden musste; war dies der Fall, wurde diese Arbeit an die ZD Principals Ltd. abgegeben. Am Handelstag wurde sodann auf Seiten der ZD Capital Ltd. zunächst der jeweils aktuelle Aktienpreis ermittelt und auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung des im Vorfeld vereinbarten Dividendenlevels der konkrete Futurepreis berechnet. Die konkreten Daten wurden sodann dem für die YT-Bank tätigen gesondert Verfolgten AW und der jeweiligen Gegenpartei weitergegeben, damit die Aufträge zueinander fanden.

    552
    Auf Seiten der ZD Capital Ltd. handelte hierbei im Wesentlichen der gesondert Verfolgte CH, nicht mehr hingegen der Angeklagte CA. Nachdem dieser die Geschäfte im Vorjahr noch allein geplant und durchgeführt hatte, bestand auf Seiten der Mitarbeiter der ZD Capital Ltd. nunmehr genug Wissen, um die erforderlichen Arbeiten selbständig durchzuführen. Allerdings stand der Angeklagte CA dem gesondert Verfolgten AW in der Vorbereitung der Handelssaison für Rückfragen zu den Einzelgeschäften zur Verfügung. Zudem wusste dieser, dass er den Angeklagten auch jederzeit bei Problemen während des Handels kontaktieren konnte.

    553
    Auf der Grundlage der Beratung durch die ZD Capital Ltd. führte die YT-Bank im Jahr 2009 sodann folgende Aktiengeschäfte durch, wobei bei diversen Gattungen das Gesamtvolumen - sowohl hinsichtlich der Aktien als auch auf der Future-Seite - in mehreren Tranchen gehandelt wurde:

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszu-schlag in Euro

    900.000

    Wincor Nixdorf AG

    19.01.2009

    2,13

    505.608,75

    14.200.000

    ThyssenKrupp AG

    23.01.2009

    1,30

    4.868.825,00

    6.900.000

    Siemens AG

    27.01.2009

    1,60

    2.911.800,00

    2.406.236

    Porsche Automobil Holding SE

    30.01.2009

    2,70

    1.713.540,81

    1.100.000

    Douglas Holding AG

    18.03.2009

    1,10

    319.137,50

    2.900.000

    MAN AG

    03.04.2009

    2,00

    1.529.750,00

    1.400.000

    Merck KGaA

    03.04.2009

    1,50

    553.875,00

    13.000.000

    Daimler AG

    08.04.2009

    0,60

    2.057.250,00

    4.900.000

    Henkel AG & Co. KGaA

    20.04.2009

    0,53

    684.958,75

    2.600.000

    RWE AG

    22.04.2009

    4,50

    3.085.875,00

    13.000.000

    Deutsche Lufthansa AG

    24.04.2009

    0,70

    2.400.125,00

    3.600.000

    Allianz SE

    29.04.2009

    3,50

    3.323.250,00

    20.000.000

    BASF SE

    30.04.2009

    1,95

    5.143.125,00

    11.000.000

    E.ON AG

    06.05.2009

    1,50

    4.351.875,00

    8.200.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    07.05.2009

    0,58

    1.254.395,00

    8.000.0000

    Bayer AG

    12.05.2009

    1,40

    2.954.000,00

    4.300.0000

    K+S AG

    13.05.2009

    2,40

    2.721.900,00

    2.200.000

    Metro AG

    13.05.2009

    1,18

    684.695,00

    4.750.000

    Linde AG

    15.05.2009

    1,80

    2.255.062,50

    4.700.000

    Dt. Börse AG

    20.05.2009

    2,10

    2.603.212,50

    6.500.000

    Dt. Bank AG

    26.05.2009

    0,50

    857.187,50

    555

                                                                                                                    Gesamt:   46.779.448,31 Euro
    556
    Bei allen Aktiengeschäften handelte es sich um außerbörslich „cum“ vereinbarte und „ex“ belieferte Leerverkäufe, bei denen der Leerverkäufer nicht mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen belastet worden war. Auch sonst wurde keinem Beteiligten die Steuer auf die von dem Leerverkäufer zu leistende Dividendenkompensationszahlung abgezogen.

    557
    Wie die Aktienkäufe wurden auch die gegenläufigen Futuregeschäfte außerbörslich abgeschlossen, allerdings über die Börse abgewickelt. Während der für die YT-Bank erzielbare Dividendenlevel im Vorjahr noch bei bis zu 84 Prozent gelegen hatte, konnte nunmehr - aufgrund der Änderung des Kapitalertragsteuersatzes auf 25 Prozent - ein nochmals deutlich verbesserter Dividendenlevel erreicht werden. Die von der ZD Capital Ltd. der YT-Bank vermittelten Preise enthielten einen Dividendenlevel von etwa 80,5.

    558
    Jeweils kurz nachdem die Aktiengeschäfte durchgeführt und vom Leerverkäufer beliefert worden waren, wurden die Positionen wieder aufgelöst und die Aktien an den Stückegeber zurückgeführt.

    559
    Es konnte nicht festgestellt werden, ob und - falls ja - in welchem Umfang der neben dem gesondert Verfolgten BR für die ZD Principals Ltd. tätige Angeklagte CA konkret Ex-Aktien für den Leerverkäufer organisierte. Allerdings hatte er vor dem Hintergrund dessen, dass die ZD Principals Ltd. in einer Vielzahl von CumEx-Geschäften die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers zu organisieren hatte, bereits allgemein in Vorbereitung der Dividendensaison mit dem Angeklagten AO abgesprochen, dass die ZD Principals Ltd. hierbei mit dem ihm bei der YJ zur Verfügung stehenden Aktienbestand planen konnte.

    560
    Insoweit hat sich zwar nicht sicher feststellen lassen, ob der Angeklagte AO im weiteren Verlauf auch Geschäfte mit Ex-Aktien belieferte, die auf den Eigenhandel der YT-Bank im Jahr 2009 zurückgingen. Jedenfalls hatte er aber zumindest entweder in diesem Komplex oder in einem der Komplexe HI Aktien 1 Fund, soweit dort die in dem Sammelantrag vom 03.04.2009 enthaltenen CumEx-Geschäfte betroffen waren (Fall 4), BC German Equity Special Fund (Fall 5) oder JS Future Fund (Fall 7) entsprechend Ex-Aktien geliefert, wobei diese Lieferungen zu einem Steuerschaden in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro führten.

    561
    cc) Für die einzelnen Aktiengeschäfte stellte sich die YT-Bank als ihre eigene Depotbank Dividendengutschriften aus, die neben dem Bruttobetrag die darin enthaltene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag als Abzugsposten auswiesen. Dass die Steuern von der erhaltenen Dividendenkompensationszahlung nicht in Abzug gebracht worden waren und insbesondere die Verkäuferseite mit diesen nicht belastet worden war, ergab sich aus den einzelnen Gutschriften nicht.

    562
    Daneben stellte sich die YT-Bank unter dem 29.04.2010 eine Steuerbescheinigung aus, in der für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.2009 „Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG“ in Höhe von 177.362.837,20 Euro ausgewiesen waren. In der Steuerbescheinigung hieß es unter anderem:

    563

    „…

    In der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge sind enthalten:


    Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden.

         177.362.837,20

    hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer

           44.340.709,30

    …“



     
    564
    Hinweise darauf, dass es sich bei den vorstehend dargestellten Geschäften um Leerverkäufe gehandelt hatte, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Steuer belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht worden war, enthielt auch diese Bescheinigung nicht. Ebenso wurden die von der ZD Capital Ltd. mit der Leerverkäuferseite getätigten Absprachen nicht erwähnt.

    565
    Gleichwohl unterschrieben die gesondert Verfolgten BP und CJ unter dem 01.03.2011 die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2009 und ließen diese dem Finanzamt YC vorlegen. In der Anlage WA war dabei die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 45.575.633,09 Euro nebst einem Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.506.793,69 Euro beantragt. Hierin enthalten waren die oben dargestellten und in den dazugehörigen Dividendengutschriften ausgewiesenen Beträge in Höhe von 46.779.448,31 Euro.

    566
    Die Steuererklärung enthielt keine Information darüber, dass im Hinblick auf diesen Betrag Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zuvor nicht in entsprechender Höhe erhoben bzw. einbehalten und insbesondere nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Auch enthielt die Steuererklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem Aktienverkäufer jeweils um einen Leerverkäufer gehandelt hatte. Ebenfalls fehlte jede Mitteilung, dass die Annahme, der Betrag sei anrechenbar, auf einer rechtlichen Würdigung beruhte, zu der keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung angefragt worden war. Auch sonst enthielt sie keine Mitteilung zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte, die sich dadurch auszeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld (für die YT-Bank) von der ZD Capital Ltd. mit der jeweiligen Gegenseite abgesprochen worden waren. In der für die Anrechnung maßgeblichen Anlage WA zur Steuererklärung war zu den Zeilen 3 bis 6 stattdessen nur ausgeführt und ausgefüllt:

    567
                                „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug                                              EUR              CT

    568

    3

    (lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen)

    Kapitalertragsteuer (20 %)

       136

    4

    Kapitalertragsteuer (25 %)

       131

                  45.575.633 I 09

    5

    Zinsabschlag

      132

                           2.439 I 30

    6

    Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer (25 und 20 %) zum Zinsabschlag

    Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen

      133

                   2.506.793 I 69 “

    569

    In der im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 durch die Steuerberatungsgesellschaft ZB erstellten Berufsträgerbescheinigung vom 15.06.2009, die mit der Körperschaftssteuererklärung bei dem Finanzamt YC eingereicht wurde, war ebenfalls kein Hinweis darauf enthalten, dass der Aktienverkäufer mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in den vorstehend aufgeführten CumEx-Geschäften nicht belastet und diese auch nicht sonst von der Dividendenkompensationszahlung abgezogen worden war. Vielmehr hieß es dort:

    570
    „In der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 30. Mai 2009 hat die [YT-Bank] Aktien von im Inland ansässigen Aktiengesellschaften mit Dividendenanspruch erworben, die nach dem Dividendenstichtag ohne Dividendenanspruch veräußert wurden.

    571
    Auf Basis der uns erteilten Informationen bescheinigen wir im Hinblick auf die genannten Geschäfte zum Kauf von deutschen Aktien was folgt:

    572
    ´Mir liegen aufgrund des mir möglichen Einblicks in die Unternehmensverhältnisse und nach Befragung des Steuerpflichtigen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. April 2009 keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG i.V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vor.`

    573
                  …“

    574
    Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt YC für das Jahr 2009 durch Bescheid vom 05.04.2011 positiv. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies den beantragten Anrechnungsbetrag an Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aus. Aufgrund der zugleich festgesetzten Körperschaftssteuer von 0 Euro führte die Anrechnung unter Berücksichtigung von Zinsen in Höhe von 2.440 Euro zu einer entsprechenden Auszahlung.

    575
    Die gegenüber der Einziehungsbeteiligten für den Veranlagungszeitraum 2009 angerechneten und erstatten Beträge, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkäufe entfallen, wurden von der Einziehungsbeteiligten ab Mai 2011 als Teil des ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapitals in verschiedene Anlageformen reinvestiert.

    576
    In der Folgezeit ergingen im Rahmen einer bei der Einziehungsbeteiligten durchgeführten Außenprüfung mehrere Steueränderungsbescheide, so unter anderem am 10.04.2014 und am 12.12.2016. In diesen setzte das Finanzamt YC die Körperschaftssteuer von ursprünglich 0 Euro auf 3.242.055,00 Euro im Bescheid vom 12.12.2016 fest. Die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte entfallenden Beträge wurden in dem Bescheid vom 12.12.2016 unverändert in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht.

    577
    dd) Aufgrund der Vereinbarung aus dem Investment Partnership Agreement zahlte die YT-Bank an die ZD Capital Ltd. im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Geschäfte einen Betrag in Höhe von insgesamt 10.611.367,04 Euro.

    578
    Ferner zahlte die YT-Bank auf eine nicht leistungsunterlegte Rechnung der Bank YY AG einen Betrag in Höhe von 5.500.000 Euro, der für die gesondert Verfolgten AE und CD bzw. deren Vehikel YW Ltd. bestimmt war und deren  Mitwirkung an den Eigenhandelsgeschäften vergütete.

    579
    ee) Dass aufgrund der vorstehend dargestellten Aktiengeschäfte Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge angerechnet würden, obwohl diese Steuern zuvor nicht erhoben, mithin nicht auf die Dividendenkompensationszahlungen in Abzug gebracht worden waren, entsprach dem gemeinsamen Plan von zumindest den gesondert Verfolgten AE, BP und BX sowie des Angeklagten CA, die gemeinsam hierauf hingewirkt hatten.

    580
    Die für die YT-Bank sowie die Einziehungsbeteiligte handelnden gesondert Verfolgten BP und BX wussten von Beginn an, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig waren, bei denen weder hinsichtlich der Dividenden noch hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen eine Steuererhebung, mithin ein Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgen würde. Ihnen war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten und dass in diesem Zusammenhang auch Angehörige von ZD tätig wurden und im Vorfeld entsprechende Absprachen trafen. Ihnen war ferner bewusst, dass die Steuern auf die Dividendenkompensationszahlung auch nicht von der YT-Bank oder der Einziehungsbeteiligten oder von einer anderen Stelle gezahlt worden waren. Sie wussten, dass dieser Sachverhalt in der späteren Steuererklärung, mit der die Anrechnung beantragt werden würde, trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht offengelegt würde. Sie erkannten zudem die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 46.779.448,31 Euro eventuell nicht vorliegen könnten und eine spätere Anrechnung daher eventuell nicht mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahmen sie billigend in Kauf.

    581
    Auch das Vorstellungsbild, das der gesondert Verfolgte AE zu Beginn des Jahres 2009 und in der Folgezeit in Bezug auf die ausgeführten Transaktionen und den Inhalt der späteren Steuererklärung hatte, entsprach seinem Wissen und seinen Vorstellungen aus den Vorjahren. Insbesondere wusste er weiterhin, dass Leerverkäufe und die Nichtbelastung der Verkäuferseite mit der Steuer die Quelle des für sich angestrebten Profits waren. Auch die Möglichkeit, dass die angestrebte Anrechnung mangels eines vorherigen Steuerabzuges steuerrechtswidrig sein könnte, stand ihm vor Augen. Dies billigte er.

    582
    Der Angeklagte CA wusste aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von der ZD Capital Ltd. an die YT-Bank jeweils vermittelten Aktienverkäufer im Rahmen der gegenständlichen Aktiengeschäfte nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden würden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde, die YT-Bank diese jedoch gleichwohl zur Anrechnung bringen wird. Er sah insoweit die - von ihm auch gebilligte - Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank angestrebten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag mangels vorherigen Steuerabzuges eventuell nicht vorliegen. Ferner erkannte er die Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Zahlung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in dem späteren Anrechnungsantrag trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht erwähnt werden würde. All dies billigte er.

    583
    Der Angeklagte AO wusste, dass seine Aktienlieferungen der Belieferung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften dienten. Er hatte auch - im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren - spätestens Anfang/Mitte Januar 2009 das Verständnis gewonnen, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Anrechnung oder Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlags, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Anrechnung bzw. Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit der Steuer bzw. der unterbliebene Steuerabzug ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte es ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass dies im Rahmen der späteren Anrechnungs- oder Erstattungsanträge der jeweils zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt werden würde. Schließlich sah er die Möglichkeit, dass die jeweils für die Anrechnungs- oder Erstattungsanträge verantwortlichen Entscheidungsträger auf der Aktienkäuferseite sowie der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild hatten. All dies billigte er auch.

    e) Fall 4: HI Aktien 1 Fund (Fälle 11-12 der Anklageschrift)

    584
    An weiteren CumEx-Leerverkaufsgeschäften im Jahr 2009 waren der Angeklagte CA sowie der Angeklagte AO (soweit der Sammelantrag vom 13.03.2009 betroffen ist, möglicherweise darüber hinaus auch im Hinblick auf den Sammelantrag vom 03.04.2009) im Rahmen des Investmentfonds HI Aktien 1 Fund beteiligt. Anders als bei den vorangegangenen Fällen lag hier keine Zusammenarbeit mit den gesondert Verfolgten AE und CD oder der YT-Bank vor.

    585
    aa) Die Benutzung von deutschen Investmentfonds als CumEx-Leerkaufsvehikel war zwar zunächst insoweit aufwändig, als etwa neben einer hierzu bereiten Kapitalanlagegesellschaft auch eine Depotbank (§ 20 ff. InvG a.F.) gefunden werden musste. War die Struktur aber einmal aufgesetzt, bot diese den entscheidenden Vorteil, dass die (vermeintlich) generierten Ansprüche auf Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zügig realisiert werden konnten. Hintergrund war, dass es den Depotbanken möglich war, am sog. Sammelantragsverfahren nach § 45b EStG [VZ 2009] teilzunehmen. Da das Sammelantragsverfahren auch elektronisch durchgeführt werden konnte und sich die Prüfungsdichte des für die Erstattung in diesen Fällen zuständigen Bundeszentralamtes für Steuern auf Stichproben und zunächst nur auf die Erfüllung formaler Kriterien beschränkte, konnte hiermit eine Erstattung innerhalb von ein bis zwei Wochen ab Antragstellung erreicht werden. Aus Sicht der Investmentfonds ging die Gutschrift der Steuerbeträge sogar oftmals noch zügiger vonstatten, da die Depotbanken die zu erstattenden Steuern - so dies vereinbart war - bereits im Vorfeld den Investmentfonds gutschrieben und sodann erst das Sammelantragsverfahren ausführten. Diese vorzeitige Erstattung ermöglichte den Investmentfonds, die erstatteten Beträge unmittelbar in neue CumEx-Leerverkaufsgeschäfte zu investieren.

    586
    Bei dem HI Aktien 1 Fund handelte es sich um ein inländisches Spezialvermögen im Sinne von § 2 Abs. 3 InvG a.F., das von der Körperschaftssteuer befreit war. Aufgesetzt wurde der Investmentfonds von der YI GmbH als Kapitalanlagegesellschaft. Als Depotbank konnte die ZJ GmbH gewonnen werden. Gemäß § 2 Nr. 2 des zwischen diesen Parteien für den Investmentfonds geschlossenen Depotbankvertrages oblag es der ZJ GmbH, etwaige Steuererstattungen für das Sondervermögen geltend zu machen.

    587
    Anlegerin des HI Aktien 1 Funds war die nach dem Recht von Jersey gegründete YL Ltd. Über diese wiederum waren einerseits die gesondert Verfolgten BZ und AU über die Gesellschaft ZP Inc. mit einem Investment beteiligt. Die zweite Investorin war die ZD Financial Investments Ltd., bei der unter anderem auch der Angeklagte CA das Amt des Direktors innehatte. Diese Gesellschaften hielten zusammen über 99 Prozent der Anteile an der YL Ltd. und brachten gemeinsam das für die Gewährung des Hebel-Darlehens erforderliche Eigenkapital in Höhe von insgesamt 34 Mio. Euro auf, wobei jede Gesellschaft 17 Mio. Euro beisteuerte. Über die ZD Financial Investments Ltd. waren der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM somit mittelbar auch selbst Investoren im Rahmen von CumEx-Geschäften. Dem Investment hatte der Angeklagte CA nach anfänglichen Bedenken, die Investitionssumme könne bei einer ausbleibenden Steuererstattung verloren sein, letztlich zugestimmt.

    588
    Prime Broker war - wie auch bei den weiteren Investmentfonds, über die die ZD-Gruppe an CumEx-Leerverkaufsgeschäften in der Dividendensaison 2009 mitwirkte - die ZV (London). Aufgrund des von der YL Ltd. gestellten Eigenkapitals von 34 Mio. Euro war diese bereit, ein Darlehen zur Hebelung des Eigenkapitals zur Verfügung zu stellen. Insgesamt standen für die Geschäfte nach der erfolgten Hebelung 680 Mio. Euro zur Verfügung. Da für den HI Aktien 1 Fund selbst - wie auch für die übrigen Investmentfonds, mit denen die Angeklagten in der Dividendensaison 2009 an CumEx-Geschäften beteiligt waren - aus rechtlichen Gründen kein Darlehen in dieser Höhe aufgenommen werden durfte, wurde das Darlehen der YL Ltd. gewährt, die es sodann vollständig im Rahmen ihrer Anlage in den HI Aktien 1 Fund einbrachte.

    589
    Die Vermögensberatung des Investmentfonds war über mehrere Stufen auf die ZD Capital UK Ltd. ausgelagert: Zunächst hatte die YI GmbH das Fondsmanagement mit Vertrag vom 22.01.2009 an die XB GmbH ausgelagert. Die XB GmbH wiederum beauftragte die ZN GmbH, sie bei den Anlageentscheidungen für den Investmentfonds zu beraten und zu unterstützen. Die ZN GmbH ihrerseits bediente sich schließlich der ZD Capital UK Ltd..

    590
    bb) Die für den HI Aktien 1 Fund umgesetzte CumEx-Handelsstrategie bestand in der bereits in den Vorjahren von dem Angeklagten CA erfolgreich durchgeführten Struktur, bei der Aktien im Rahmen von Kassageschäften erworben und gegen gegenläufige, auf Barausgleich gerichtete Single Stock Futures gegen Kursschwankungen abgesichert wurden, deren Preis mit einem im Vorfeld abgesprochenen Dividendenlevel berechnet war.

    591
    Geplant wurden die Aktiengeschäfte in einem ersten Schritt bei der ZD Capital UK Ltd., wo ein Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und ‑volumina zusammengestellt wurde. Dieser wurde sodann an die Mitarbeiter der ZD Principals Ltd. weitergegeben. Dort leisteten entweder der Angeklagte CA oder der gesondert Verfolgte BR die wesentliche Arbeit, indem die einzelnen Transaktionen vorbereitet wurden. Hierzu wurden unter anderem die entsprechenden Preisabsprachen mit den Leerverkäufern bzw. den vorgeschalteten Brokern getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, so diese nicht selbst hierfür sorgte.

    592
    Entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Fondsfälle (Fälle 5 bis 7, 9 und 10) teilte die ZD Principals Ltd. sodann der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. über YS als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte. Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem mit ihr ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel.

    593
    Ob der Angeklagte CA im Rahmen des HI Aktien 1 Funds auch selbst Preisabsprachen mit der Aktienverkäuferseite ausgehandelt hatte und an der weiteren Umsetzung der Geschäfte konkret beteiligt war, hat nicht sicher festgestellt werden können. Entweder war es aber er selbst oder der gesondert Verfolgte BR. Im Hinblick auf die CumEx-Aktivitäten der ZD Principals Ltd. entsprach die gleichmäßige Arbeitsverteilung zwischen den beiden einer gemeinsamen Absprache.

    594
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Daten wurden die folgenden Aktienkäufe für den HI Aktien 1 Fund getätigt:

    595

    Sammelantrag vom 13.03.2009

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritäts-zuschlag in Euro

    14.200.000

    ThyssenKrupp AG

    23.01.2009

    1,30

    4.868.825,00

    10.000.000

    Siemens AG

    27.01.2009

    1,60

    4.220.000,00

    2.508.460

    Porsche Automobil Holding SE

    30.01.2009

    2,70

    1.786.337,06


     
    596

    Sammelantrag vom 03.04.2009

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritäts-zuschlag in Euro

    Norddt. Affinerie AG

    26.02.2009

    1,60

    422.000,00

    Demag Cranes AG

    03.03.2009

    1,40

    221.550,00

    Douglas Holding AG

    18.03.2009

    1,10

    319.137,50


     
    597
    Gesamt:   11.837.849,56 Euro

    598
    Bei diesen Geschäften handelte es sich sämtlich um Leerkäufe. Allen (Aktien)Kaufverträgen war gemein, dass sie jeweils kurz vor oder an dem Tag der Hauptversammlung abgeschlossen worden waren. Die Lieferung der Stücke war demgegenüber erst nach der Kupontrennung fällig und geschah in allen Fällen auch erst danach. Hierdurch wurden für den HI Aktien 1 Fund nicht die Original-Dividenden, sondern jeweils nur Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende erlangt. Mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen (Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) wurde der Verkäufer nicht belastet, sie wurden auch sonst von keinem Beteiligten an die Finanzbehörde abgeführt.

    599
    cc) Die entsprechenden Dividendenkompensationszahlungen wurden durch die ZJ GmbH in Höhe der Bruttodividende dem Fondsvermögen gutgeschrieben. Entsprechend § 2 Nr. 2 des Depotbankvertrages für den HI Aktien 1 Fund beantragte diese im weiteren Verlauf mit Sammelanträgen vom 13.03.2009 und 03.04.2009 gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern im Rahmen des elektronischen Sammelantragverfahrens die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag. In dem elektronischen Sammelantragsformular wurde in dem dafür vorgesehenen Feld unter anderem als „Gläubiger des Kapitalertrages“ der HI Aktien 1 Fund benannt. Darüber hinaus wurden in die dafür vorgesehenen Felder „Zu erstattende Kapitalertragsteuer in €“ und „Zu erstattende Solidaritätszuschläge in €“ jedenfalls auch die auf die abgeurteilten CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden 11.837.849,56 Euro eingetragen. Als „Art des Kapitalertrages“ wurde durch Angabe des dafür vorgesehenen Zahlenschlüssels vermerkt, dass es sich um Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen handle. Es fehlte im Rahmen der Anträge demgegenüber jeder Hinweis, dass den jeweiligen Anrechnungsbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. Auf Grundlage dieser Erklärungen stimmte das Bundeszentralamt für Steuern den Erstattungen am 26.03.2009 (Sammelantrag vom 13.03.2009) und am 17.04.2009 (Sammelantrag vom 03.04.2009) in vollem Umfang zu und zahlte die jeweiligen Beträge an die ZJ GmbH aus.

    600
    Die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden auf Barausgleich gerichteten Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann an die Aktienverkäuferseite zu dem im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Schnitt mindestens 13,5 Dividendenpunkte betrug.

    601
    In welchem exakten Umfang die ZD Principals Ltd. im Komplex des HI Aktien 1 Funds für den Leerverkäufer auch dessen Ex-Eindeckung organisieren musste, hat nicht sicher festgestellt werden können. Jedenfalls war dies aber für die gehandelten Aktien der Siemens AG der Fall. Insoweit lieferte der Angeklagte AO durch die YJ einen Teil der für diese Aktiengattung benötigten Stücke, insgesamt 3.095.600 Stück.

    602
    Zudem hatte der Angeklagte AO aber zumindest auch für die im Sammelantrag vom 03.04.2009 aufgenommenen Geschäfte oder für einen der Komplexe Eigenhandel YT-Bank (Fall 3), BC German Equity Special Fund (Fall 5) oder JS Future Fund (Fall 7) entsprechend Ex-Aktien geliefert, wobei diese Lieferungen zu einem Steuerschaden in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro führten.

    603
    dd) Der CumEx-Aktienhandel für den HI Aktien 1 Fund wurde bereits im März 2009 beendet. Hintergrund war der im März des Jahres ergangene erste Entwurf eines Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen zur Eindämmung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, in dessen Zusammenhang die Fortführung des Handels insbesondere auf Seiten der YI GmbH umfangreich diskutiert wurde. In der Folge wurde der HI Aktien 1 Fund aufgelöst und die erwirtschaftete Rendite an die YL Ltd. ausgezahlt. Von hier floss in der Folge der auf die ZD Financial Investments Ltd. entfallende Gewinn an diese weiter. Es handelte sich um mindestens 1.333.530 Euro. Der von ZD Principals Ltd. erwirtschaftete Profit belief sich betragsmäßig auf mindestens 6.059.183 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 324.414 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 1.346.485 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 4.391.284 Euro verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus dem Investment in Höhe von 1.333.530 Euro flossen im Zusammenhang mit dem HI Aktien 1 Fund auf diesem Wege insgesamt 5.721.814 Euro an die ZD-Gesellschaften.

    604
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZJ GmbH handelnde Mitarbeiter bei Abgabe des jeweiligen elektronischen Sammelantrags wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    605
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von der ZD Capital UK Ltd. an den HI Aktien 1 Fund bzw. die YI GmbH als Kapitalanlagegesellschaft jeweils vermittelten Aktienverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden würden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag wegen der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltselemente billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    606
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm auf Anfrage von der ZD Principals Ltd. an den ihm mitgeteilten Broker gelieferten Aktien der Siemens AG der Belieferung eines CumEx-Leerverkaufs dienten, auch wenn ihm die eigentliche Aktienverkäufer- und Aktienkäuferseite unbekannt waren. Er hatte bereits vor der Lieferung der Aktien der Siemens AG das Verständnis gewonnen, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der unterblieben Belastung des Leerverkäufers mit der Steuer bzw. der unterbliebene Einbehalt und die fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte es ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    f) Fall 5: BC German Equity Special Fund (Fälle 5, 7, 8-10 der Anklageschrift)

    607
    Gemeinsam mit unter anderem den gesondert Verfolgten AE und CD wirkte der Angeklagte CA auch im Rahmen des Investmentfonds BC German Equity Special Fund an CumEx-Leerverkaufsgeschäften mit. Der Angeklagte AO wirkte entweder hinsichtlich des BC German Equity Special Fund oder in einem der Fälle 3, 4 (soweit der Sammelantrag vom 03.04.2009 betroffen ist) oder 7 an der erforderlichen Ex-Eindeckung mit.

    608
    aa) Bei dem BC German Equity Special Fund handelte es sich um ein inländisches Spezialsondervermögen im Sinne von § 2 Abs. 3 InvG a.F., welches von der Körperschaftssteuer befreit war.

    609
    In das Aufsetzen der Struktur waren insbesondere die gesondert Verfolgten AE und BM eingebunden. Der Erstgenannte führte insoweit zunächst ein Gespräch mit dem gesondert Verfolgten BP. In der Folge kam es ab Dezember des Jahres 2008 zu im Ergebnis erfolgreichen Gesprächen des gesondert Verfolgten BM mit Vertretern der YT-Invest GmbH, deren Geschäftsführer der gesondert Verfolgte BK war und die als Kapitalanlagegesellschaft schließlich den Investmentfonds aufsetzte.

    610
    Depotbank für das Investmentvermögen war - wie auch für den HI Aktien 1 Fund (Fall 4) - die ZJ GmbH. Gemäß § 2 Nr. 2 des zwischen dieser und der YT-Invest GmbH geschlossenen Depotbankvertrages vom 22.04.2009 gehörte es auch zu ihren Aufgaben, als Bote der Gesellschaft Steuererstattungsanträge an das zuständige Finanzamt weiterzuleiten. Gemäß § 7 des Vertrages versicherte die YT-Invest GmbH,

    611
    „dass sie keine Geschäfte zum Kauf von deutschen Aktien `cum-Dividende` und zur Lieferung der Aktien `ex-Dividende` abgeschlossen hat oder abschließen wird, denen ihr bekannte Absprachen über entsprechende Leerverkäufe unter Einschaltung von Abwicklungsstellen im Ausland zu Grunde liegen.

    612
    Hinsichtlich der von der Gesellschaft beauftragten externen Portfoliomanager oder Portfolioberater versichert die Gesellschaft zudem, dass sie diese nicht aufgefordert hat oder auffordern wird (bzw. keine entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen getroffen hat und treffen wird) solche Absprachen zu treffen und dass ihr nicht bekannt ist, dass solche Absprachen getroffen wurden.“

    613
    Ferner verpflichtete sich die YT-Invest GmbH gegenüber der ZJ GmbH zur Vorlage einer Berufsträgerbescheinigung im Sinne des Entwurfs des BMF-Schreibens vom 06.04.2009.

    614
    Anlegerin des Investmentfonds war die nach dem Recht von Malta gegründete YP Ltd. Weil Investmentfonds nach der damaligen Rechtslage selbst keinen Kredit aufnehmen durften, wurde über diese das gesamte für die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte einzusetzende Kapital gebündelt und sodann dem Sondervermögen zur Verfügung gestellt.

    615
    Das für die Gewährung des Hebel-Darlehens erforderliche Eigenkapital wurde - teilweise zur Senkung von Steuerlasten über weitere Gesellschaften - durch Investoren gestellt, die die gesondert Verfolgten AE und CD akquirierten.

    616
    Prime Broker war die ZV (London), die aufgrund des gestellten Eigenkapitals von knapp 40 Mio. Euro bereit war, ein entsprechendes Darlehen zur Hebelung dieses Betrages zur Verfügung zu stellen. Insgesamt betrug damit das Fondsvolumen ca. 782 Mio. Euro.

    617
    Die (Anlage)Beratung der YT-Invest GmbH als originärer Verwalterin des BC German Equitiy Special Funds übernahm auf Grundlage des Vertrages vom 22.04.2009 („Service Level Agreement“) die ZD Capital UK Ltd., wo insbesondere der gesondert Verfolgte CH zuständig war.

    618
    bb) Die für den BC German Equitiy Special Fund hauptsächlich umgesetzte CumEx-Handelsstrategie bestand in der von dem Angeklagten CA erarbeiteten Calendar-Spreads-Strategie. Anstatt der herkömmlichen Aktienkäufe in Form von Kassageschäften wurden die benötigen (körperlichen) Aktienstücke über Futures erworben, die auf die physische Lieferung der Aktien gerichtet waren („physically-settled Futures“). Die Futures waren dabei so ausgestaltet, dass sie am Dividendenstichtag oder einen Tag davor ausliefen und so einen Anspruch auf Lieferung von Aktien mit dem Anspruch auf die bevorstehende Dividende vermittelten. Die Lieferfrist betrug hier regelmäßig t+4, war also gegenüber der Standard-Lieferfrist von t+2 um zwei Handelstage länger. Dies war ein entscheidender Vorteil dieser Strategie, da die Nachfrage nach Ex-Aktien im Markt an den ersten beiden Tagen nach der Hauptversammlung aufgrund der auch von anderen CumEx-Leerverkäufern getätigten Geschäfte sehr hoch war und die rechtzeitige Ex-Belieferung des Leerkäufers immer wieder neue Herausforderungen und Probleme mit sich brachte. Diese konnten durch die verlängerte Lieferfrist deutlich entschärft werden, da die Aktien nunmehr - ohne gegen die vertraglichen Abmachungen zu verstoßen - auch noch nach diesen zwei besonders kritischen Tagen geliefert werden konnten.

    619
    Im Rahmen des BC German Equity Special Fund kamen dabei im Wesentlichen die an der Börse LIFFE gelisteten B-Clear-Futures zum Einsatz. Wie auch im Rahmen von Aktienkassageschäften wurden diese Futures jeweils durch gegenläufige, auf Barausgleich gerichtete Futures („cash-settled Futures“) gegen Kursschwankungen abgesichert, in deren Preis der jeweils zuvor ausgehandelte Dividendenlevel einberechnet war. Daneben wurden für den BC German Equity Special Fund in einigen Einzelfällen anstatt der auf physische Lieferung ausgerichteten Futures auch - wie in den Fällen 1 bis 4 - Aktien im Rahmen von Kassageschäften gehandelt.

    620
    Die konkreten Aktiengeschäfte wurden auf einer ersten Stufe zunächst bei der ZD Capital UK Ltd. geplant, wo ein Mitarbeiter einen Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und Volumina zusammenstellte. Dieser wurde sodann an die ZD Principals Ltd. weitergegeben. Dort wurde die wesentliche Arbeit geleistet, indem die einzelnen Transaktionen vorbereitet wurden. Hierzu wurden unter anderem die entsprechenden Absprachen über die anzusetzenden Dividendenlevel mit den Leerverkäufern bzw. den vorgeschalteten Brokern getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, so diese nicht selbst hierfür sorgte. Diese Arbeit teilten sich - wie auch im Rahmen der übrigen Investmentfonds (Fälle 4, 6 und 7) - absprachegemäß der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BR.

    621
    Entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Investmentfondsfälle (Fälle 4, 6, 7, 9 und 10) teilte die ZD Principals Ltd. sodann der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. - über YS - als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte (sog. Fondslevel). Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem mit dieser im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel.

    622
    In welchem Umfang der Angeklagte CA insoweit selbst - und nicht der gesondert Verfolgte BR - im Rahmen des BC German Equitiy Special Fund tätig wurde, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls war er aber insoweit tätig, als er die voraussichtlichen Renditen für die Investoren berechnete. Dabei gelangte er auf Renditemöglichkeiten zwischen 40 bis 60 Prozent. Seine Ergebnisse teilte er dem gesondert Verfolgten CD mit, der aber darauf drängte, die mit den Aktienkäufen korrespondierenden gegenläufigen Futures so für den Investmentfonds zu handeln, dass die Gewinne für die Investoren deutlich geringer ausfielen. Angesichts der mit der ZD Capital Ltd. durch den Vertrag vom 12.08.2008 bestehenden Gewinnabsprache wollte er hierdurch höhere Beteiligungen der Investoren vermeiden, um für sich und den gesondert Verfolgten AE über das Vehikel der YW Ltd. höhere Profite zu erzielen. Dementsprechend wurde der jeweils - neben den weiteren Informationen zu Aktiengattung, Volumen, Broker etc. - von der ZD Principals Ltd. an die ZD Capital UK Ltd. weitergegebene Fondslevel so bemessen, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite von 10 bis 15 Prozent ausgezahlt werden konnten.

    623
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Informationen wurden die folgenden Aktienkäufe für den BC German Equity Special Fund getätigt:

    624

    Sammelantrag vom 14.05.2009 (Fall 5 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    10.000.000

    Volkswagen AG Vz.

    23.04.2009

    1,99

    5.248.625,00

    625

    Sammelantrag vom 28.05.2009 (Fall 7 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    1.400.000

    SAP SE

    19.05.2009

    0,50

    184.625,00



    626

    Sammelantrag vom 11.06.2009 (Fall 8 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    10.000.000

    RWE AG

    22.04.2009

    4,50

    11.868.750,00

    5.000.000

    Allianz SE

    29.04.2009

    3,50

    4.615.625,00

    15.000.000

    BASF SE

    30.04.2009

    1,95

    7.714.687,50

    12.500.000

    Deutsche Lufthansa AG

    24.04.2009

    0,70

    2.307.812,50

    17.000.000

    E.ON AG

    06.05.2009

    1,50

    6.725.625,00

    4.000.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    07.05.2009

    0,58

    611.900,00

    12.000.000

    Bayer AG

    12.05.2009

    1,40

    4.431.000,00

    4.000.000

    K+S AG

    13.05.2009

    2,40

    2.532.000,00

    8.000.000

    Metro AG

    13.05.2009

    1,18

    2.489.800,00

    17.000.000

    BMW AG

    14.05.2009

    0,30

    1.345.125,00

    5.000.000

    BMW AG Vz.

    14.05.2009

    0,32

    422.000,00

    4.700.000

    Linde AG

    15.05.2009

    1,80

    2.231.325,00

    15.000.000

    SAP SE

    19.05.2009

    0,50

    1.978.125,00

    5.500.000

    Dt. Börse AG

    20.05.2009

    2,10

    3.046.312,50

    375.000

    Hamburger Hafen und Logistik AG

    04.06.2009

    1,00

    98.906,25


    627

    Sammelantrag vom 18.06.2009 (Fall 9 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    10.500.000

    Dt. Bank AG

    26.05.2009

    0,50

    1.384.687,50

    1.400.000

    MTU Aero Engines NA

    26.05.2009

    0,93

    343.402,50

    2.000.000

    Fraport AG

    27.05.2009

    1,15

    606.625,00

    600.000

    Salzgitter AG

    27.05.2009

    1,40

    221.550,00

    600.000

    Tognum AG

    09.06.2009

    0,70

    110.775,00

     

    628

    Sammelantrag vom 25.06.2009 (Fall 10 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    2.500.000

    Rhön-Klinikum AG

    10.06.2009

    0,35

    230.781,25

    400.000

    Stada AG

    10.06.2009

    0,52

    54.860,00


    629
    Gesamt:  60.804.925 Euro

    630
    Bei diesen Geschäften handelte es sich sämtlich um Leerkäufe. Allen (Future- und Aktien)Kaufverträgen war gemein, dass sie jeweils kurz vor oder an dem Tag der Hauptversammlung abgeschlossen worden waren. Die Lieferung der Stücke war demgegenüber erst nach der Kupontrennung fällig und geschah in allen Fällen auch erst danach. Hierdurch wurden für den BC German Equity Special Fund nicht die Original-Dividenden, sondern jeweils nur Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende erlangt. Mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen (Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) wurden die Verkäufer nicht belastet, sie wurden auch sonst von keinem Beteiligten an die Finanzbehörde abgeführt.

    631
    cc) Die entsprechenden Dividendenkompensationszahlungen wurden durch die ZJ GmbH in Höhe der Bruttodividende dem Fondsvermögen gutgeschrieben. Entsprechend § 2 Nr. 2 des Depotbankvertrages für den BC German Equity Special Fund beantragte diese zudem gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern im Rahmen des elektronischen Sammelantragverfahrens die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. In dem elektronischen Sammelantragsformular wurde unter anderem in dem dafür vorgesehenen Feld als „Gläubiger des Kapitalertrages“ der BC German Equity Special Fund eingetragen. Darüber hinaus wurden in die dafür vorgesehenen Felder „Zu erstattende Kapitalertragsteuer in €“ und „Zu erstattende Solidaritätszuschläge in €“ jedenfalls auch die auf die abgeurteilten CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden 60.804.925 Euro eingetragen. Als „Art des Kapitalertrages“ wurde durch Angabe des dafür vorgesehenen Zahlenschlüssels vermerkt, dass es sich um Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen handle. Es fehlte demgegenüber jeder Hinweis, dass den jeweiligen Anrechnungsbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. Auf Grundlage dieser Erklärungen stimmte das Bundeszentralamt für Steuern den Erstattungen am 28.05.2009 (Sammelantrag vom 14.05.2009), am 12.06.2009 (Sammelantrag vom 28.05.2009), am 25.06.2009 (Sammelantrag vom 11.06.2009), am 02.07.2009 (Sammelantrag vom 18.06.2009) und am 09.07.2009 (Sammelantrag vom 25.06.2009) in vollem Umfang zu und zahlte die jeweiligen Beträge an die ZJ GmbH aus.

    632
    Die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden auf Barausgleich gerichteten Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann an die Aktienverkäuferseite zu dem ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Schnitt mindestens 11 Dividendenpunkte betrug.

    633
    Es ist unklar geblieben, in welchem Umfang es im Rahmen der für den BC German Equity Special Fund durchgeführten Aktien- und Futuregeschäfte der ZD Principals Ltd. oblag, für die Verkäuferseite deren Ex-Eindeckung zu organisieren. Ob und in welchem Umfang der Angeklagte AO für sämtliche oder einzelne Geschäfte in diesem Fall im Rahmen seiner Tätigkeit für die YJ Ex-Aktien an die Leerverkäufer lieferte, konnte ebenfalls nicht sicher festgestellt werden. Jedenfalls war er aber entweder in diesem Komplex oder in einem der Komplexe Eigenhandel der YT-Bank (Fall 3), HI Aktien 1 Fund, soweit dort die in dem Sammelantrag vom 03.04.2009 enthaltenen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte betroffen waren (Fall 4), oder JS Future Fund (Fall 7) entsprechend tätig, wobei diese Lieferungen zu einem Steuerschaden in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro führten.

    634
    dd) Nachdem die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte der Dividendensaison 2009 durchgeführt und die Investoren ausgezahlt worden waren, wurde die Auflösung des Sondervermögens BC German Equity Special Fund noch im Jahr 2009 in Angriff genommen. Der schnellen Auflösung des Investmentfonds lag dabei nicht nur zugrunde, dass den Investoren an einer zeitnahen Auszahlung der ihnen versprochenen Rendite gelegen war. Auch vertraten die gesondert Verfolgten AE und CD - nach Diskussion innerhalb ihrer Rechtsanwaltskanzlei - die Auffassung, dass „einem Toten nicht in die Tasche gegriffen werden könne“ und deshalb das Risiko ausgeschaltet oder zumindest minimiert würde, dass das Finanzamt die Erstattungsbeiträge im Rahmen späterer Betriebsprüfungen zurückfordert.

    635
    Für ihre Investmentberatung gegenüber dem BC German Equity Special Fund erhielt die ZD Capital UK Ltd. einen Betrag von 600.000 Euro. Für die ZD-Gruppe hatte zudem die ZD Principals Ltd. erhebliche Beträge aus der Zwischenschaltung in die Kurssicherungsgeschäfte erwirtschaftet. Der hieraus generierte Profit belief sich betragsmäßig auf zunächst mindestens 25.359.400 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 1.252.700 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 6.916.200 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 17.190.500 Euro verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus der Investmentberatung in Höhe von 600.000 Euro ergab sich ein Betrag in Höhe von 17.790.500 Euro. Hiervon zahlten die ZD-Gesellschaften in der Folge für die Einführung der Investoren in den Fonds und die sonstigen Leistungen 50 Prozent, mithin 8.595.250 Euro, an die YW Ltd. und damit wirtschaftlich betrachtet an die gesondert Verfolgten AE und CD. Zwar hatte der mit diesen geschlossene schriftliche Vertrag von August 2008 an sich nur eine 30-prozentige Gewinnpartizipation vorgesehen, doch hatte der gesondert Verfolgte BM - nach Rücksprache und im Einverständnis mit dem Angeklagten CA - letztlich deren nachträglicher Forderung, den Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen, nachgegeben. Damit beliefen sich die von den ZD Gesellschaften im Zusammenhang mit dem BC German Equity Special Fund erwirtschafteten Einkünfte auf zunächst 8.595.250 Euro.

    636
    Einer der Investoren in den BC German Equity Special Fund war der Investor BY. Nachdem dieser die ihm im Vorfeld versprochene Rendite erhalten hatte, suchte er das Gespräch mit dem gesondert Verfolgten AE und gab an, von einem Bankberater erfahren zu haben, dass durch die Geschäfte des Investmentfonds deutlich höhere Profite erzielt worden sein mussten, als es der ihm ausgezahlten Rendite entsprach. Er forderte aus diesem Grund eine Nachzahlung in Höhe von 10 Mio. Euro binnen einer Woche. Für den Fall der Nichtzahlung drohte er dem gesondert Verfolgten AE, dass dieser alles zu verlieren habe und erwähnte hierbei auch angebliche Kontakte in die „Rocker-Szene“. Dieser nahm die Drohung ernst. Nach Rücksprache mit dem gesondert Verfolgten CD wurde schließlich der gesondert Verfolgte BM einbezogen, um die Angelegenheit aus der Welt zu räumen. Dessen Vergleichsgespräche mit BY - bzw. mit dessen Steuerberater - endeten damit, dass sich beide auf eine Summe von 3,8 Mio. Euro einigten. Diese sollte jeweils zur Hälfte von ZD einerseits und von den gesondert Verfolgten AE und CD über deren Vehikel YW Ltd. andererseits aufgebracht werden. Der Angeklagte CA hatte sich in internen Gesprächen mit dem gesondert Verfolgten BM zunächst zwar dagegen ausgesprochen, der Forderung nachzugeben. Er vertrat die Auffassung, BY sei entsprechend der vorherigen Abmachung ausgezahlt worden und habe mehr zu verlieren als etwa ZD. Auf Grund des Drucks, den der gesondert Verfolgte AE aus Angst vor der Drohung BYs gegenüber dem gesondert Verfolgten BM aufgebaut hatte, und im Hinblick auf eine weitere ertragreiche Zusammenarbeit mit den gesondert Verfolgten AE und CD stimmte er jedoch letztlich zu. Die mit BY ausgehandelte Summe wurde sodann dergestalt aufgebracht, dass die ZD-Gruppe eine dem Investor BY zuzurechnende maltesische Gesellschaft über Wert erwarb und den von YW zu tragenden Anteil mit deren Gewinnbeteiligung verrechnete. Rechnerisch wurde das Vermögen der ZD Gesellschaften dadurch um maximal 1,9 Mio. Euro belastet. Die im Zusammenhang mit dem BC German Equity Special Fund generierten Einkünfte der ZD-Gruppe reduzierten sich hierdurch rechnerisch auf 6.995.250 Euro.

    637
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZJ GmbH handelnde Mitarbeiter bei Abgabe des jeweiligen elektronischen Sammelantrags wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    638
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ZD Capital UK Ltd. an den BC German Equitiy Special Fund bzw. die YT-Invest GmbH als Kapitalanlagegesellschaft jeweils vermittelten Leerverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aufgrund der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    639
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm auf Anfrage der ZD Principals Ltd. an den ihm mitgeteilten Broker gelieferten Aktien der Belieferung eines CumEx-Leerverkaufs dienten, auch wenn ihm die eigentliche Aktienverkäufer- und Aktienkäuferseite unbekannt waren. Er erkannte die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der unterblieben Belastung des Leerverkäufers mit der Steuer bzw. der unterbliebene Einbehalt und die fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    640
    ff) Im Hinblick auf die vom BC German Equity Special Fund gehandelten Aktiengattungen RWE AG, Lufthansa, Allianz, BASF, E.ON, Fresenius Medical Care, Metro, K+S, Bayer, BMW AG (Stammaktien), BMW AG (Vorzugsaktien) und Linde AG hat die Anklage den Angeklagten weitere Steuerhinterziehungen vorgeworfen (Fälle 5 bis 7 der Anklageschrift). Tatsächlich waren für diese Aktiengattungen auch weitere Sammelanträge auf Steuererstattung durch die ZJ GmbH bei dem Bundeszentralamt für Steuern gestellt und entsprechende Auszahlungen bewirkt worden. Weil in den Anträgen allerdings formale Fehler enthalten waren, hatte die ZJ GmbH diese Anträge kurzfristig storniert und die erhaltenen Summen zunächst an das Bundeszentralamt für Steuern vollständig zurückgezahlt. Sodann stellte sie erneut die oben aufgeführten Anträge, welche zur (endgültigen) Auszahlung durch das Bundeszentralamt für Steuern führten und Gegenstand des Urteils sind. Im Hinblick auf die vollständige Rückzahlung der mit den stornierten Anträgen (zunächst) erwirkten Steuervorteile hat die Kammer wegen dieser Anträge das Verfahren in der Hauptverhandlung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft entsprechend beschränkt bzw. auf deren Antrag vorläufig eingestellt.

    g) Fall 6: BACA Fonds (Fälle 13-25 der Anklageschrift)

    641
    An weiteren CumEx-Geschäften wirkten der Angeklagte CA und der Angeklagte AO im Rahmen des BACA Fonds mit. Auch hierin waren unter anderem die gesondert Verfolgten AE und CD eingebunden.

    642
    aa) Bei dem BACA Fonds handelte es sich um ein inländisches Spezialsondervermögen im Sinne von § 2 Abs. 3 InvG a.F., welches von der Körperschaftssteuer befreit war.

    643
    Aufgesetzt wurde er von der XC GmbH als Kapitalanlagegesellschaft. Den Kontakt zu dieser hatte der gesondert Verfolgte BM vermittelt, die wesentlichen Gespräche hinsichtlich der Auflegung des Investmentfonds führte im weiteren Verlauf sodann der gesondert Verfolgte CD.

    644
    Die Aufgaben der Depotbank nahm die ZK S.A. für den Investmentfonds wahr.

    645
    Anlegerin des Investmentfonds war die von der ZD Capital Ltd. nach dem Recht von Gibraltar gegründete ZH Ltd. Da auch im Fall des BACA Fonds der Investmentfonds selbst kein Darlehen in der für die ertragreiche Durchführung der Leerverkaufsgeschäfte benötigten Höhe aufnehmen durfte, wurde das eingeworbene und ausgehandelte Eigen- und Hebel-Kapital zunächst in diese Gesellschaft eingebracht. Dass eine ZD-Gesellschaft nach außen als Anlegerin in den BACA Fonds agierte, war dabei nicht Ausfluss eines (weiteren) Eigeninvestments der ZD-Gruppe in CumEx-Leerverkaufsgeschäfte. Vielmehr half die ZD Capital Ltd. - ihrer Geschäftsausrichtung entsprechend - insoweit lediglich, die Handelsstruktur aufzusetzen.

    646
    Die eigentlichen Investoren akquirierte der gesondert Verfolgte AE. Diese brachten ihr Kapital in der Folge - teilweise über weitere Vehikel - in die ZH Ltd. ein. Diese Gelder dienten als Absicherung für das seitens der ZV (London) als Prime Broker gewährte Hebel-Darlehen. Insgesamt stand für die Geschäfte des BACA Fonds ein Betrag von 1 Mrd. Euro zur Verfügung.

    647
    Die originäre Verwaltung des Investmentvermögens oblag der XC GmbH, welche insoweit jedoch unter dem 17.04.2009 mit der ZD Capital UK Ltd. einen Vertrag („Investment Advisory Agreement“) über die Beratung des Portfoliomanagements schloss, wonach seitens ZD Capital UK Ltd. die zu tätigenden Geschäfte vorgeschlagen und sodann auf Weisung der XC GmbH durchgeführt werden sollten.

    648
    bb) Die für den BACA Fonds umgesetzte CumEx-Handelsstrategie wies keine Besonderheiten auf. Es wurden daher kurz vor oder spätestens an dem Hauptversammlungsstichtag Kassageschäfte über Aktien mit Dividendenanspruch abgeschlossen, die aufgrund der vereinbarten Lieferfristen erst nach dem Tag der Hauptversammlung geliefert werden mussten. Gegen Kursschwankungen abgesichert wurden die Aktienkäufe mittels gegenläufiger, auf Barausgleich gerichteter Futures, in deren Preis ein im Vorfeld ausgehandelter Dividendenlevel einberechnet war.

    649
    Geplant wurden die Aktiengeschäfte - wie auch sonst in den Investmentfondsfällen - in einem ersten Schritt zunächst bei der ZD Capital UK Ltd., wo ein Mitarbeiter einen Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und Volumina zusammenstellte. Dieser wurde sodann an die Mitarbeiter der ZD Principals Ltd. weitergegeben. Dort wurde die wesentliche Arbeit geleistet, indem die einzelnen Transaktionen vorbereitet wurden. Hierzu wurden unter anderem die entsprechenden Absprachen über die anzusetzenden Dividendenlevel mit den Leerverkäufern bzw. den vorgeschalteten Brokern getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, soweit diese nicht selbst hierfür sorgte. Diese Arbeiten, die im Rahmen der Investmentfondfälle aus dem Jahr 2009 (Fälle 4 bis 7) gleichermaßen anfielen, teilten sich absprachegemäß der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BR.

    650
    Entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Investmentfondsfälle teilte die ZD Principals Ltd. sodann der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. - über YS - als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte (sog. Fondslevel). Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem mit dieser im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel.

    651
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Informationen wurden die folgenden Aktienkäufe für den BACA Fonds getätigt:

    652

    Sammelanträge vom 07.05.2009 (Fälle 13 und 14 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    9.000.000

    Allianz SE

    29.04.2009

    3,50

    8.308.125,00

    22.000.000

    BASF SE

    30.04.2009

    1,95

    11.314.875,00

    653

    Sammelantrag vom 12.05.2009 (Fall 15 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    24.000.000

    E.ON AG

    06.05.2009

    1,50

    9.495.000,00

     
    654

    Sammelanträge vom 20.05.2009 (Fälle 16 bis 18 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    16.000.000

    Bayer AG

    12.05.2009

    1,40

    5.908.000,00

    8.700.000

    Metro AG

    13.05.2009

    1,18

    2.707.657,50

    4.500.000

    K+S AG

    13.05.2009

    2,40

    2.848.500,00

    17.000.000

    BMW AG

    14.05.2009

    0,30

    1.345.125,00


    655

    Sammelantrag vom 22.05.2009 (Fall 19 der Anklageschrift)

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    1,80

    2.041.425,00


    656

    Sammelanträge vom 26.05.2009 (Fälle 20 bis 22 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    1.900.000

    Hochtief AG

    07.05.2009

    1,40

    701.575,00

    5.000.000

    Adidas AG

    07.05.2009

    0,50

    659.375,00

    1.000.000

    Bilfinger + Berger AG

    07.05.2009

    2,00

    527.500,00

    2.200.000

    Lanxess AG

    07.05.2009

    0,50

    290.125,00

    8.000.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    07.05.2009

    0,58

    1.223.800,00

    1.000.000

    Wacker Chemie AG

    08.05.2009

    1,80

    474.750,00

    5.500.000

    Fresenius SE

    08.05.2009

    0,81

    1.029.943,75

    4.800.000

    Celesio AG

    08.05.2009

    0,48

    607.680,00

    24.000.000

    SAP SE

    19.05.2009

    0,50

    3.165.000,00

    5.700.000

    Dt. Börse AG

    20.05.2009

    2,10

    3.157.087,50


     
    657

    Sammelantrag vom 03.06.2009 (Fall 23 der Anklageschrift)

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    Fraport AG

    27.05.2009

    1,15

    606.625,00


     
    658

    Sammelantrag vom 04.06.2009 (Fall 24 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    16.000.000

    Dt. Bank AG

    26.05.2009

    0,50

    2.110.000,00

    1.400.000

    MTU Aero Engines AG

    26.05.2009

    0,93

    343.402,50

    600.000

    Salzgitter AG

    27.05.2009

    1,40

    221.550,00

    Sammelantrag vom 10.06.2009 (Fall 25 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    370.000

    Hamburger Hafen und Logistik AG

    04.06.2009

    1,00

    97.587,50



    660
    Gesamt:  59.184.708,75 Euro

    661
    Bei diesen Geschäften handelte es sich sämtlich um spätestens am Hauptversammlungstag abgeschlossene Leerkäufe. Die Lieferung der Aktien erfolgte immer erst nach dem Tag der Hauptversammlung, folglich nach der Kupontrennung. Hierdurch wurden für den BACA Fonds nicht die Original-Dividenden, sondern jeweils nur Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende erlangt. Mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen (Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) wurde der Leerverkäufer nicht belastet, sie wurden auch sonst von keinem Beteiligten an die Finanzbehörde abgeführt.

    662
    cc) Die entsprechenden Dividendenkompensationszahlungen wurden durch die ZK S.A. in Höhe der Bruttodividende dem Fondsvermögen gutgeschrieben, bevor sie ihrerseits im elektronischen Sammelantragsverfahren die Erstattung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag für den Investmentfonds bei dem Bundeszentralamt für Steuern beantragte. In dem elektronischen Sammelantragsformular wurde in dem dafür vorgesehenen Feld als „Gläubiger des Kapitalertrages“ der BACA Fonds benannt. Darüber hinaus wurden in die dafür vorgesehenen Felder „Zu erstattende Kapitalertragsteuer in €“ und „Zu erstattende Solidaritätszuschläge in €“ jedenfalls auch die auf die abgeurteilten CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden 59.184.708,75 Euro eingetragen. Als „Art des Kapitalertrages“ wurde durch Angabe des dafür vorgesehenen Zahlenschlüssels vermerkt, dass es sich um Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen handle. Es fehlte demgegenüber jeder Hinweis, dass den jeweiligen Anrechnungsbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. Auf Grundlage dieser Erklärungen stimmte das Bundeszentralamt für Steuern den Erstattungen am 14.05.2009 (Sammelanträge vom 07.05.2009), am 22.05.2009 (Sammelantrag vom 12.05.2009), am 04.06.2009 (Sammelanträge vom 20.05.2009, vom 22.05.2009 und vom 26.05.2009), am 18.06.2009 (Sammelanträge vom 03.06.2009 und vom 04.06.2009) und am 25.06.2009 (Sammelantrag vom 10.06.2009) in vollem Umfang zu und zahlte die jeweiligen Beträge an die ZK S.A. aus.

    663
    Die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann an die Aktienverkäuferseite zu dem ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Schnitt mindestens 12,5 Dividendenpunkte betrug.

    664
    Die ZD Principals Ltd. hatte für den Großteil der vorstehend dargestellten Aktiengeschäfte auch die Ex-Belieferung des jeweiligen Leerverkäufers zu organisieren; lediglich für die Aktien der Unternehmen K+S AG, Fraport AG und MTU AERO ENGINES AG ist unklar geblieben, ob dies auch dort erforderlich war. Entsprechend der im Vorfeld der Dividendensaison 2009 zwischen den Angeklagten allgemein getroffenen Absprache, kam die ZD Principals Ltd. hierbei auf den Angeklagten AO zurück. Der Angeklagte AO lieferte in diesem Zusammenhang zahlreiche der benötigten Ex-Aktien. Im Ergebnis ging die Belieferung der einzelnen Aktiengeschäfte zwar nicht vollständig auf den Angeklagten AO zurück. Das von dem BACA Fonds durch die Geschäfte insgesamt generierte Erstattungsvolumen an Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag von 59.184.708,75 Euro beruhte allerdings in Höhe von 47.675.977,50 Euro - und damit zu rund 80 Prozent - auf Lieferungen des Angeklagten AO. Ob dabei der Angeklagte CA oder der gesondert Verfolgte BR vor den konkreten Geschäften jeweils mit dem Angeklagten AO kommunizierte, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls war es einer der beiden, die sich die Arbeit auch insoweit teilten.

    665
    dd) Nach Abschluss der Dividendensaison 2009 wurde der BACA Fonds aufgelöst, die Investoren erhielten die ihnen im Vorfeld versprochene Rendite ausbezahlt.

    666
    Auch die ZD Capital UK Ltd. erhielt für ihre Leistungen von der XC GmbH den vereinbarten Betrag in Höhe von 600.000 Euro. Der wesentliche Profit war für die ZD-Gruppe allerdings daraus entstanden, dass die ZD Principals Ltd. durch die Zwischenschaltung in die Kurssicherungsgeschäfte erhebliche Beträge vereinnahmt hatte. Dieser Profit belief sich betragsmäßig auf zunächst mindestens 28.049.625 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 1.221.985 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 6.731.910 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 20.095.730 Euro verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus der Investmentberatung in Höhe von 600.000 Euro ergab sich ein Betrag in Höhe von 20.695.730 Euro. Hiervon zahlten die ZD-Gesellschaften in der Folge für die Einführung der Investoren in den Fonds und die sonstigen Leistungen 50 Prozent, mithin 10.347.865 Euro, an die YW Ltd. und damit wirtschaftlich betrachtet an die gesondert Verfolgten AE und CD. Die im Zusammenhang mit dem BACA Fonds generierten Einkünfte der ZD-Gruppe beliefen sich hierdurch auf insgesamt 10.347.865 Euro.

    667
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZK S.A. handelnde Mitarbeiter bei Abgabe des jeweiligen elektronischen Sammelantrags wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    668
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ZD Capital UK Ltd. an den BACA Fonds bzw. die XC GmbH vermittelten Leerverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aufgrund der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    669
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm auf Anfrage von der ZD Principals Ltd. an den ihm mitgeteilten Broker gelieferten Aktien der Belieferung von CumEx-Leerverkäufen dienten, auch wenn ihm die eigentliche Verkäufer- und Käuferseite unbekannt waren. Er erkannte die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der unterblieben Belastung des Leerverkäufers mit der Steuer bzw. der unterbliebene Einbehalt und die fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    h) Fall 7: JS Futures Fund (Fälle 26-27 der Anklageschrift)

    670
    Schließlich war der Angeklagte CA in der Dividendensaison 2009 auch über den JS Futures Fund an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligt. Die gesondert Verfolgten AE und CD wirkten insoweit nicht mit. Der Angeklagte AO wirkte entweder hinsichtlich des JS Future Fund oder in einem der Fälle 3, 4 (soweit der Sammelantrag vom 03.04.2009 betroffen ist) oder 5 an der erforderlichen Ex-Eindeckung mit.

    671
    aa) Auch bei dem JS Futures Fund handelte es sich um ein inländisches Spezial-Sondervermögen im Sinne von § 2 Abs. 3 InvG a.F., welches von der Körperschaftssteuer befreit war.

    672
    Aufgelegt wurde der Investmentfonds von der YF GmbH. Als Depotbank konnte - wie auch im Fall des BACA Fonds (Fall 6) - die ZK S.A. gewonnen werden. Grundlage der vertraglichen Abmachungen war dabei unter anderem, dass die ZK S.A. aufgrund der ihr am 06.05.2009 erteilten Vollmacht der YF GmbH für den Investmentfonds die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag beantragte.

    673
    Anlegerin des Investmentfonds war die nach dem Recht von Jersey gegründete YM Ltd. Das für die Gewährung des Hebel-Darlehens benötigte Eigenkapital in Höhe 50 Mio. Euro brachten die Investoren in diese Gesellschaft ein. Geworben wurden sie von dem gesondert Verfolgten AD geleiteten Finanzberatungsunternehmen YG aus London. In diesem Zusammenhang hatte auch der Angeklagte CA Kontakt mit AD.

    674
    Prime Broker war die ZV (London), die auch das benötigte Darlehen zur Hebelung des Eigenkapitals stellte, wodurch die Aktiengeschäfte für den JS Futures Fund großvolumig durchgeführt werden konnten.

    675
    Die Beratung der YF GmbH als originärer Verwalterin des Sondervermögens übernahm mit Vertrag vom 07.05.2009 die ZD Capital UK Ltd., die hierfür 500.000 Euro erhalten sollte.

    676
    bb) Für den JS Futures Fund wurden zwei CumEx-Handelsstrategien verfolgt. In erster Linie sollte die von dem Angeklagten CA entworfene - und auch im Rahmen des BC German Equitiy Special Fund (Fall 5) eingesetzte - sog. Calendar-Spreads-Strategie zur Anwendung kommen, bei der die Aktien mit Dividendenanspruch nicht im Rahmen von Kassageschäften, sondern über Futures erworben wurden, die auf körperliche Lieferung der Stücke gerichtet waren („physically-settled Futures“). Bei diesen Futures handelte es sich um die sog. B-Clear-Futures der Börse LIFFE. Da der Investmentfonds allerdings erst relativ spät innerhalb der Dividendensaison 2009 aufgelegt wurde, waren die für die Durchführung dieser Strategie erforderlichen Futures nur noch eingeschränkt auf dem Markt erhältlich. Aus diesem Grunde wurden für den JS Futures Fund Aktien nicht nur über Calendar-Spreads, sondern auch im Rahmen von Kassageschäften erworben. Alle Aktienkäufe wurden zudem - wie üblich - gegen gegenläufige auf Barausgleich gerichtete Single Stock Futures abgesichert.

    677
    Geplant wurden die konkreten Aktiengeschäfte zunächst bei der ZD Capital UK Ltd., wo ein Mitarbeiter einen Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und Volumina zusammenstellte. Dieser wurde sodann an die ZD Principals Ltd. weitergegeben. Dort wurde die wesentliche Arbeit geleistet, indem die einzelnen Transaktionen vorbereitet wurden. Hierzu wurden unter anderem die entsprechenden Absprachen über die anzusetzenden Dividendenlevel mit den Leerverkäufern bzw. den vorgeschalteten Brokern getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, soweit diese nicht selbst hierfür sorgte. Diese Arbeit teilten sich - wie auch im Rahmen der übrigen Investmentfonds (Fälle 4 bis 6) - absprachegemäß der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BR.

    678
    Entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Investmentfondsfälle teilte die ZD Principals Ltd. sodann der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. - über YS - als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte (sog. Fondslevel). Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem mit ihr im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel. Soweit die ZD Principals Ltd. auch die Ex-Belieferung der Leerverkäuferseite organisierte, verwirklichte sie diesen Gewinn im Fall des JS Futures Fund - anders als bei den übrigen Investmentfondsfällen - möglicherweise teilweise auch dadurch, dass sie sich nicht in das Absicherungsgeschäft zwischen Leerverkäufer und Leerkäufer einschaltete, sondern in dasjenige des Ex-Aktienlieferanten (Stückegebers) mit dem Leerverkäufer und insoweit ihr Geschäft mit der Leerverkäuferseite unter Berücksichtigung des im Vorfeld abgesprochenen Dividendenlevels bepreiste. In welchem Umfang der Angeklagte CA insoweit selbst - und nicht der gesondert Verfolgte BR - im Rahmen des JS Futures Fund handelte, konnte nicht festgestellt werden.

    679
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Informationen wurden die folgenden Aktienkäufe für den JS Futures Fund getätigt:

    680

    Sammelantrag vom 04.06.2009 (Fall 26 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    13.500.000

    Dt. Bank AG

    26.05.2009

    0,50

    1.780.312,50

    950.000

    MTU Aero Engines AG

    26.05.2009

    0,93

    233.023,13


    681

    Sammelantrag vom 24.06.2009 (Fall 27 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    4.800.000

    Adidas AG

    07.05.2009

    0,50

    633.000,00

    7.300.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    07.05.2009

    0,58

    1.116.717,50

    2.100.000

    Lanxess AG

    07.05.2009

    0,50

    276.937,50

    900.000

    Bilfinger + Berger AG

    07.05.2009

    2,00

    474.750,00

    1.750.000

    Hochtief AG

    07.05.2009

    1,40

    646.187,50

    17.500.000

    Bayer AG

    12.05.2009

    1,40

    6.461.875,00

    4.700.000

    K+S AG

    13.05.2009

    2,40

    2.975.100,00

    9.300.000

    Metro AG

    13.05.2009

    1,18

    2.894.392,50

    17.200.000

    BMW AG

    14.05.2009

    0,30

    1.360.950,00

    3.500.000

    BMW AG Vz.

    14.05.2009

    0,32

    295.400,00

    4.800.000

    Linde AG

    15.05.2009

    1,80

    2.278.800,00

    23.000.000

    SAP SE

    19.05.2009

    0,50

    3.033.125,00

    5.600.000

    Dt. Börse AG

    20.05.2009

    2,10

    3.101.700,00


     
    682
    Gesamt:  27.562.270,63 Euro

    683
    Bei diesen Geschäften handelte es sich sämtlich um Leerkäufe. Allen Kaufverträgen war gemein, dass sie jeweils spätestens am Tag der Hauptversammlung abgeschlossen worden waren. Die Lieferung der Stücke war demgegenüber erst nach der Kupontrennung fällig und erfolgte in allen Fällen auch erst danach. Hierdurch wurden für den JS Futures Fund nicht die Original-Dividenden, sondern jeweils nur Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende erlangt. Mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen (Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) wurde der Leerverkäufer nicht belastet, sie wurden auch sonst von keinem Beteiligten an die Finanzbehörde abgeführt.

    684
    cc) Die entsprechenden Dividendenkompensationszahlungen wurden durch die ZK S.A. in Höhe der Bruttodividende dem Fondsvermögen gutgeschrieben, bevor sie ihrerseits im Wege des elektronischen Sammelantrages die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag für den Investmentfonds bei dem Bundeszentralamt für Steuern beantragte und bevor die Finanzbehörde die angemeldeten Beträge erstattete. In dem elektronischen Sammelantragsformular wurde in dem dafür vorgesehenen Feld als „Gläubiger des Kapitalertrages“ der JS Future Fund genannt. Darüber hinaus wurden in die dafür vorgesehenen Felder „Zu erstattende Kapitalertragsteuer in €“ und „Zu erstattende Solidaritätszuschläge €“ jedenfalls auch die auf die abgeurteilten CumEx-Leerkaufgeschäfte entfallenden 27.562.270,63 Euro eingetragen. Als „Art des Kapitalertrages“ wurde durch Angabe des dafür vorgesehenen Zahlenschlüssels vermerkt, dass es sich um Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen handle. Es fehlte demgegenüber jeder Hinweis, dass den jeweiligen Anrechnungsbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. Auf Grundlage dieser Erklärungen stimmte das Bundeszentralamt für Steuern den Erstattungen am 18.06.2009 (Sammelantrag vom 04.06.2009) und am 02.07.2009 (Sammelantrag vom 24.06.2009) in vollem Umfang zu und zahlte die jeweiligen Beträge an die ZK S.A. aus.

    685
    Die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann an die Aktienverkäuferseite zu dem ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Schnitt mindestens 11 Dividendenpunkte betrug. Insoweit ist es zwar - wie dargestellt - nicht ausgeschlossen, dass die ZD Principals Ltd. in den Fällen des JS Futures Fund ihren Profit teilweise erst auf der Ex-Ebene durch die Zwischenschaltung in das Absicherungsgeschäft zwischen dem Stückegeber und dem Leerverkäufer erzielte. Einzelheiten konnten insoweit nicht festgestellt werden. Sicher ist aber, dass die ZD Principals Ltd. aus ihren CumEx-Aktivitäten im Rahmen des JS Futures Fund einen Gesamtprofit in Höhe von 11.495.165 Euro erzielte.

    686
    Es ist unklar geblieben, ob und in welchem Umfang es im Rahmen der für den JS Future Fund durchgeführten Aktien- und Futuregeschäfte der ZD Principals Ltd. oblag, für die Verkäuferseite deren Ex-Eindeckung zu organisieren. Dementsprechend war auch nicht sicher festzustellen, ob der Angeklagte AO für sämtliche oder einzelne dieser Geschäfte in diesem Komplex im Rahmen seiner Tätigkeit für die die YJ Ex-Aktien an die Leerverkäufer lieferte. Jedenfalls war er aber zumindest entweder in diesem Komplex oder in einem der Komplexe Eigenhandel der YT-Bank (Fall 3), HI Aktien 1 Fund, soweit dort die in dem Sammelantrag vom 03.04.2009 enthaltenen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte betroffen waren (Fall 4), oder BC German Equity Special Fund (Fall 5) entsprechend tätig, wobei diese Lieferungen zu einem Steuerschaden in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro führten.

    687
    dd) Nach Abschluss der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte für die Dividendensaison 2009 erhielten die Investoren im weiteren Verlauf die ihnen im Vorfeld versprochene Rendite. Zudem wurde noch im Sommer des Jahres 2009 die Auflösung des der JS Futures Fund eingeleitet und sodann auch bewirkt.

    688
    Die ZD Capital UK Ltd. erhielt entsprechend der vertraglichen Abmachung für ihre Beratungsleistungen 500.000 Euro. Den wesentlichen Teil des Profits der ZD-Gruppe hatte allerdings die ZD Principals Ltd. aus der Zwischenschaltung in die Kurssicherungsgeschäfte erwirtschaftet; insgesamt handelte es sich um einen Betrag in Höhe von mindestens 11.495.165 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 622.507 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 3.135.045 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 7.737.613 Euro verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus der Investmentberatung in Höhe von 500.000 Euro ergab sich ein Betrag in Höhe von 8.237.613 Euro. Für die Einführung der Investoren durch den Finanzberater YG floss an diesen ein Anteil an dem Nettogewinn der ZD-Gruppe in Höhe 30 Prozent, in der Summe ein Betrag von 2.471.284 Euro. Die im Zusammenhang mit dem JS Futures Fund generierten Einkünfte der ZD-Gruppe reduzierten sich hierdurch auf insgesamt 5.766.329 Euro.

    689
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZK S.A. handelnde Mitarbeiter bei Abgabe des jeweiligen elektronischen Sammelantrags wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    690
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ZD Capital UK Ltd. an den JS Futures Fund bzw. die YF GmbH vermittelten Leerverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aufgrund der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    691
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm auf Anfrage von der ZD Principals Ltd. an den ihm mitgeteilten Broker gelieferten Aktien der Belieferung von CumEx-Leerverkäufen dienten, auch wenn ihm die eigentliche Verkäufer- und Käuferseite unbekannt waren. Er erkannte und billigte die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der unterblieben Belastung des Leerverkäufers mit der Steuer bzw. der unterbliebene Einbehalt und die fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    i) Einkünfte ZD-OHL/ZD-OML

    692
    ZD-OHL war im Jahr 2009 in CumEx-Leerverkaufsstrukturen dergestalt eingebunden, dass durch die Gesellschaft Ex-Aktien zur Verfügung gestellt wurden. Dies erfolgte auch im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank (Fall 3) und in den von den ZD-Gesellschaften begleiteten vier Fonds-Strukturen (Fälle 4 bis 7). In welchem Umfang und hinsichtlich welcher Aktiengattungen ZD-OHL Ex-Aktien in den einzelnen Fällen zur Verfügung stellte und welche Einkünfte hierdurch generiert wurden, konnte nicht im Einzelnen aufgeklärt werden. Es steht aber fest, dass sich die Einkünfte von ZD-OHL, die auf die Lieferung von Ex-Aktien in den Fällen 3 bis 7 entfallen, auf jedenfalls 1 Mio. Euro beliefen. Demgegenüber konnten hinsichtlich ZD-OML für das Jahr 2009 keine Einkünfte festgestellt werden, die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten erzielt wurden.

    4. Dividendensaison 2010

    693
    Die Angeklagten waren auch während der Dividendensaison des Jahres 2010 an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligt.

    a) Organisatorische Änderungen

    694
    aa) Innerhalb der ZD-Gruppe wuchs der Mitarbeiterstamm im Jahr 2010 weiter an.

    695
    Auch der Angeklagte AO wechselte nun zur ZD Principals Ltd.. Er hatte nach der Dividendensaison 2009 bei der YJ gekündigt, weil er bei der Neuaufstellung des Londoner Teams übergangen worden war. Er arbeitete fortan am Standort in Gibraltar, wo ihm hauptsächlich die Organisation und Sicherstellung der Ex-Eindeckung der von der ZD Principals Ltd. im Jahr 2010 abgesprochenen Leerverkäufe oblag.

    696
    Dazu hatte er nicht nur Tabellen, die einen aktuellen Marktüberblick gewährten, anzulegen und fortzuschreiben, sondern auch Kontakte zu Stückegebern zu pflegen. Weiter musste er die Bereitstellung der benötigten Ex-Aktien durch konkrete Absprachen im Vorfeld sichern und sodann die erforderlichen Transaktionen handeln. Hierzu gehörte auch der Umgang mit Sonderkonstellationen. Wollte zum Beispiel ein Stückegeber Ex-Aktien nur für einen Mindestzeitraum zur Verfügung stellen und war dieser länger als die Zeit, in der diese Aktien für Leerverkaufsbelieferungen benötigt wurden, so oblag es dem Angeklagten AO, diese Aktien bei weiteren Marktteilnehmern möglichst ertragreich zwischenzulagern („to warehouse“). Um Lieferausfälle zu vermeiden, lernte der Angeklagte AO darüber hinaus von seinem Vorgesetzten, dem gesondert Verfolgten BR, die Möglichkeit des „Recyclings“ kennen. Jedenfalls in Einzelfällen setzte er dieses Wissen während der Saison 2010 auch ein und verwendete Ex-Aktien mehrfach zur Belieferung verschiedener CumEx-Leerverkäufe.

    697
    bb) Der Angeklagte CA zog sich im Jahr 2010 noch mehr aus dem täglichen Handelsgeschäft zurück und nahm vermehrt auch Kundenkontakte wahr, um sein Netzwerk zu pflegen. Daneben erarbeitete er neue Handelsstrategien. So entwickelte er die „Delayed-Settlement-Strategie“, die er dem gesondert Verfolgten BM vorstellte und die im weiteren Verlauf für den Investmentfonds BC Pro Rendite (Fall 9) zum Einsatz kam. Über die CumEx-Aktivitäten der ZD Principals Ltd. war er aber im Bilde und kontrollierte in diesem Zusammenhang etwa auch wöchentlich die Profitabilität der zwischenzeitlich durchgeführten Geschäfte.

    698
    Bereits im Jahr 2009 hatte der Angeklagte CA im Rahmen der Geschäfte des JS Futures Fund den gesondert Verfolgten AD kennengelernt. Für das Jahr 2010 plante dieser, nach dem Recht von Gibraltar den YH zu gründen. Da aus rechtlichen Gründen insoweit zumindest ein in Gibraltar ansässiger Direktor bestellt werden musste, fragte er den Angeklagten CA, ob dieser bereit wäre, dieses Amt zu übernehmen. Der Angeklagte CA sagte zu und war in seiner Eigenschaft als Direktor des YH daran beteiligt, Investoren für die im Jahr 2010 durchzuführenden CumEx-Geschäfte zu gewinnen. Dies betraf - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaߠ- beide von der ZD-Gruppe im Jahr 2010 betreuten Investmentfonds (vgl. Fälle 9 und 10).

    699
    cc) Die gesondert Verfolgten AE und CD hatten bereits 2009 die Gesellschaft YW umgestaltet. Diese war nun unter der Bezeichnung YW S. à r. l. in Luxemburg ansässig. Im April 2010 schrieb der gesondert Verfolgte BM in Absprache mit dem Angeklagten CA das Abkommen zwischen der ZD Capital Ltd. und dieser neuen Gesellschaft fort. Die aus der gemeinsamen Tätigkeit erzielten Profite sollten nun im Verhältnis 50 : 50 geteilt werden.

    700
    Im Herbst des Jahres verließen die gesondert Verfolgten AE und CD die Kanzlei ZY und gründeten mit weiteren Kollegen die Kanzlei AE, CD und Kollegen.

    b) Gesetzliche Änderungen

    701
    Eine für die Steuererstattung an Investmentfords wesentliche Änderung trat mit Wirkung ab dem 01.01.2010 in Kraft.

    702
    Durch eine Änderung des § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2010] wurde das bisherige Antragsverfahren beim Bundeszentralamt für Steuern ersetzt. Die von Kapitalerträgen eines inländischen Investmentvermögens einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag wurde diesem nun regelmäßig unter Einschaltung der jeweiligen Depotbank erstattet. Die Depotbank konnte die Beträge dann nach § 44b Abs. 6 EStG [VZ 2010] im Rahmen ihrer regelmäßigen Steueranmeldung bei dem für sie zuständigen Finanzamt angeben.

    c) Fall 8: YT-Eigenhandel 2010 (Fall 33 der Anklageschrift)

    703
    Gemeinsam mit der ZD Capital Ltd. führte die YT-Bank unter Beteiligung beider Angeklagter ihre CumEx-Handelsaktivitäten auch im Jahr 2010 fort.

    704
    aa) Unter dem 06.01.2010 schlug der gesondert Verfolgte BX in einer Vorlage für die Partnersitzung der YT-Bank vor, die „Single Future basierte[n] Transaktionen“ mit der ZD Capital Ltd. auch im Jahr 2010 fortzusetzen. Dem wurde in der Partnersitzung vom 12.01.2010 zugestimmt.

    705
    Wie schon in den Vorjahren war der gesondert Verfolgte AE in diesem Zusammenhang weiterhin beratend für die YT-Bank tätig. Es ging ihm weiterhin darum, an den durch die CumEx-Leerverkaufsgestaltungen generierten Profiten - diesmal über die YW S. à r. l. - beteiligt zu werden.

    706
    Auch die damaligen Teilhaber der ZD-Gruppe, also neben dem Angeklagten CA die gesondert Verfolgten BM, BQ und BR, hatten intern die Fortführung der Geschäfte mit der YT-Bank beschlossen. Grundlage der weiteren Zusammenarbeit war die Fortschreibung des Investment Partnership Agreement. Dieses erfuhr gegenüber der Vereinbarung aus dem Vorjahr hinsichtlich der Profitverteilung allerdings eine Änderung zu Lasten der ZD Capital Ltd. Der zuvor mit 8 Prozent vereinbarte, allein der YT-Bank zustehende Anteil an „pre tax benefit“ wurde nunmehr auf 9 Prozent erhöht. Profite, die durch einen geringeren Dividendenlevel realisiert würden, sollten nicht mehr gleichmäßig geteilt werden, sondern nunmehr im Verhältnis von 45:55 zu Gunsten der YT-Bank. Diese Änderungen waren innerhalb der ZD Capital Ltd. zuvor mit dem Angeklagten CA besprochen worden, der sie akzeptierte.

    707
    bb) An der umgesetzten CumEx-Handelsstrategie hatte sich nichts geändert. Danach wurden Aktien im Wege von Kassageschäften außerbörslich erworben und durch gegenläufige Single Stock Futures abgesichert, deren Preis unter Einbeziehung eines zuvor mit der Verkäuferseite abgesprochenen Dividendenlevels berechnet war.

    708
    Auch die Vorbereitung der Geschäfte entsprach derjenigen aus dem Vorjahr. Demgemäß wurde im Rahmen der Planung der Dividendensaison 2010 auf Seiten der YT-Bank zunächst ein Aktienkorb zusammengestellt und mit der ZD Capital Ltd. abgestimmt, der die zu handelnden Aktiengattungen und die gewünschten Stückzahlen beinhaltete. Ein Mitarbeiter der ZD Capital Ltd. nahm sodann für jede Gattung mit der Leerverkäuferseite bzw. mit den diese repräsentierenden Brokern Kontakt auf und stimmte die Volumina und die Dividendenlevel für die der Kurssicherung dienenden Futures ab. Des Weiteren wurde abgeklärt, ob auch die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers organisiert werden musste; war dies der Fall, wurde diese Arbeit an die ZD Principals Ltd. abgegeben. Am Handelstag wurde sodann auf Seiten der ZD Capital Ltd. zunächst der jeweils aktuelle Aktienpreis ermittelt und auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung des im Vorfeld vereinbarten Dividendenlevels der konkrete Futurepreis berechnet. Die konkreten Daten wurden sodann dem für die YT-Bank tätigen gesondert Verfolgten AW und der jeweiligen Gegenpartei weitergegeben, damit die Aufträge zueinander fanden.

    709
    Diese Organisationsarbeiten der ZD Capital Ltd. führte der Angeklagte CA nicht aus. Allerdings war er über die Geschäfte im Bilde und jedenfalls insoweit involviert, als er in Vorbereitung und während der Dividendensaison Nachfragen des gesondert Verfolgten AW zu den Einzelgeschäften beantwortete.

    710
    Auf der Grundlage der Beratung durch die ZD Capital Ltd. führte die YT-Bank im Jahr 2010 sodann folgende Aktiengeschäfte durch, wobei bei diversen der insgesamt 26 Gattungen das Gesamtvolumen - sowohl hinsichtlich der Aktien- als auch auf der Future-Seite - in mehreren Tranchen gehandelt wurde:

    711

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    12.300.000

    ThyssenKrupp AG

    21.01.2010

    0,30

    973.237,50

    950.000

    Wincor Nixdorf AG

    25.01.2010

    1,85

    463.540,62

    5.250.000

    Siemens AG

    26.01.2010

    1,60

    2.215.500,00

    1.050.000

    Douglas Holding AG

    24.03.2010

    1,10

    304.631,25

    4.125.000

    MAN SE

    01.04.2010

    0,25

    271.992,18

    1.801.000

    Merck KGaA

    09.04.2010

    1,00

    475.013,75

    1.300.000

    Bilfinger + Berger AG

    15.04.2010

    2,00

    685.750,00

    3.330.000

    Henkel AG & Co. KGaA

    19.04.2010

    0,53

    463.492,37

    5.200.000

    RWE AG

    22.04.2010

    3,50

    4.800.250,00

    3.100.000

    Münchener Rückvers. AG

    28.04.2010

    5,75

    4.701.343,75

    7.800.000

    BASF SE

    29.04.2010

    1,70

    3.497.325,00

    7.250.000

    Bayer AG

    30.04.2010

    1,40

    2.677.062,50

    2.600.000

    Linde AG

    04.05.2010

    1,80

    1.234.350,00

    3.400.000

    Hannover Rück AG

    04.05.2010

    2,10

    1.883.175,00

    4.125.000

    Allianz SE

    05.05.2010

    4,10

    4.460.671,87

    12.700.000

    E.ON AG

    06.05.2010

    1,50

    5.024.437,50

    8.500.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    11.05.2010

    0,61

    1.367.543,75

    8.900.000

    BMW AG

    18.05.2010

    0,30

    704.212,50

    675.000

    Wacker Chemie AG

    21.05.2010

    1,20

    213.637,50

    1.050.000

    Dt. Bank AG

    27.05.2010

    0,75

    207.703,12

    5.750.000

    Dt. Börse AG

    27.05.2010

    2,10

    3.184.781,25

    1.550.000

    Lanxess AG

    28.05.2010

    0,50

    204.406,25

    4.590.909

    United Internet AG

    02.06.2010

    0,40

    484.340,90

    1.500.000

    Fraport AG

    02.06.2010

    1,15

    454.968,75

    9.600.000

    SAP SE

    08.06.2010

    0,50

    1.266.000,00

    3.850.000

    Südzucker AG

    20.07.2010

    0,45

    456.946,87

     
    712
                                                                                                                      Gesamt:  42.676.314,18 Euro
    713
    Bei allen Aktiengeschäften handelte es sich um außerbörslich „cum“ vereinbarte und „ex“ belieferte Leerverkäufe, bei denen der Leerverkäufer nicht mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen belastet worden war. Auch sonst wurde die Steuer von keinem Beteiligten auf die von dem Leerverkäufer zu leistenden Dividendenkompensationszahlung abgezogen. Die von der YT-Bank im Rahmen der Future-Geschäfte gehandelten Dividendenlevel lagen bei etwa 80.

    714
    Jeweils kurz nachdem die Aktiengeschäfte durchgeführt und vom Leerverkäufer beliefert worden waren, wurden die Positionen wieder aufgelöst und die Aktien an den Stückegeber zurückgeführt.

    715
    Die ZD Principals Ltd. war in die vorstehend aufgeführten Geschäfte insoweit eingebunden, als sie in mehreren Fällen die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers zu organisieren hatte. Tätig war hier der Angeklagte AO. In welchem Umfang genau er im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank im Jahr 2010 die Lieferung der Ex-Aktien an die Leerverkäuferseite - zur anschließenden Belieferung der YT-Bank - organisierte, konnte nicht festgestellt werden. Jedenfalls war er aber im Rahmen der Gattungen Douglas Holding AG, Südzucker AG, Henkel, MAN, Deutsche Börse, E-ON, Münchener Rückversicherung, RWE, SAP und Deutsche Bank tätig, wobei dies zu einem Steuerschaden von mindestens 10 Mio. Euro führte.

    716
    cc) Auf Grundlage der vorstehend dargestellten Aktiengeschäfte stellte sich die YT-Bank als ihre eigene Depotbank Steuerbescheinigungen aus, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. In den einzelnen Bescheinigungen hieß es jeweils:

    717
                 „…                                                        Steuerbescheinigung (Original)

    718
                                                                                        …

    719
                  An                                          …

    720
                  wurden am [jeweiliges Datum]…

    721
                  für [jeweilige ISIN-Nummer und Name der Aktien]

    722
                  folgende Kapitalerträge gezahlt / gutgeschrieben / gelten als zugeflossen:

    723
                  Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG                                          …

    724
                                >davon: Erträge, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen                            …

    725
                  Kapitalertragsteuer                                                                                                                              …

    726
                  Solidaritätszuschlag                                                                                                                              …

    727
                  In der bescheinigten Höhe sind enthalten:

    728
                  Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

    729
                  aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne

    730
                  Dividendenanspruch geliefert wurden.                                                                                    …

    731
                  hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer                                                                                    …

    732
    …“

    733
    Hinweise darauf, dass es sich bei den vorstehend dargestellten Geschäften um Leerverkäufe gehandelt hatte, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht worden war, enthielten die Bescheinigungen nicht.

    734
    Gleichwohl unterschrieben die gesondert Verfolgten BP und BX unter dem 27.02.2012 die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2010 und ließen diese dem Finanzamt YC zukommen. In der Anlage WA war dabei die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 45.909.109,15 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.525.001 Euro beantragt. Hierin enthalten waren die oben dargestellten und in den Steuerbescheinigungen zu Unrecht ausgewiesenen Beträge von 42.676.314,18 Euro.

    735
    Die Steuererklärung enthielt keine Information darüber, dass im Hinblick auf diesen geltend gemachten Betrag Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zuvor nicht in entsprechender Höhe erhoben bzw. einbehalten und insbesondere nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Auch enthielt die Steuererklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem Aktienverkäufer jeweils um einen Leerverkäufer gehandelt hatte. Ebenfalls fehlte jede Mitteilung, dass die Annahme, der Betrag sei anrechenbar, auf einer rechtlichen Würdigung beruhte, zu der keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung angefragt worden war. Auch sonst enthielt sie keine Mitteilung zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte, die sich dadurch auszeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld (für die YT-Bank) von der ZD Capital Ltd. mit der jeweiligen Gegenseite abgesprochen worden waren. In der für die Anrechnung maßgeblichen Anlage WA zur Steuererklärung war zu den Zeilen 5 und 6 stattdessen nur ausgeführt und ausgefüllt:

    736
                                „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug                                                         EUR       CT

    737

    5

    (lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. beigefügten Originalsteuerbescheinigungen)

    Kapitalertragsteuer

         131

                    45.909.109 I 15

    6

    Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer

    Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen

          133

                     2.525.001 I 00 “

     
    738
    Im Übrigen lagen der Steuererklärung die vorgenannten Steuerbescheinigungen der YT-Bank bei.

    739
    Auch in den von der ZI AG erstellten Berufsträgerbescheinigungen vom 14.06.2010 (für Zeitraum 01.01.-31.03.2010), vom 09.07.2010 (für Zeitraum 01.04.-30.06.2010) und vom 28.10.2010 (für Zeitraum 01.07.-30.09.2010), die ebenfalls mit der Körperschaftssteuererklärung bei dem Finanzamt YC eingereicht wurden, war kein Hinweis darauf enthalten, dass der jeweilige Aktienverkäufer nicht mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Vielmehr hieß es in den Bescheinigungen jeweils nur:

    740
                  „…

    741
    Auf der Grundlage des uns durchgeführten Auftrags bescheinigen wir:

    742
    ´Es liegen uns auf Grund des uns möglichen Einblicks in die Unternehmensverhältnisse und nach Befragung des Steuerpflichtigen keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien i.S.d. Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vor.`

    743
                  …“

    744
    Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt YC für das Jahr 2010 durch Bescheid vom 30.03.2012 positiv. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies einen Anrechnungsbetrag von Kapitalertragsteuer in der aufgerundeten Höhe von 45.909.110 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.525.001 Euro aus. Aufgrund der zugleich festgesetzten Körperschaftssteuer von 1.923.223 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 105.777,26 Euro führte dies zu einer Auszahlung an die Einziehungsbeteiligte in Höhe von 43.985.887 Euro zuzüglich des Solidaritätszuschlags in Höhe von 2.419.223,74 Euro.

    745
    Die gegenüber der Einziehungsbeteiligten für den Veranlagungszeitraum 2010 angerechneten und erstatten Beträge, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkäufe entfielen, wurden von der Einziehungsbeteiligten ab April 2012 als Teil des ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapitals in verschiedenen Anlageformen reinvestiert.

    746
    Mit Bescheid des Finanzamtes YC vom 11.12.2017 wurden - unter gleichzeitiger Anordnung der Aussetzung der Vollziehung - die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte in Fall 8 entfallenden Steueranrechnungen vollumfänglich zurückgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2020 wurde die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Die Bescheide waren im Urteilszeitpunkt infolge eines von der Einziehungsbeteiligten betriebenen Einspruchsverfahrens nicht in Bestandskraft erwachsen.

    747
    dd) Im Hinblick auf die Vereinbarung aus dem Investment Partnership Agreement zahlte die YT-Bank an die ZD Capital Ltd. im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Geschäfte einen Anteil in Höhe von insgesamt 8.737.491 Euro.

    748
    Ferner zahlte die YT-Bank auf eine nicht leistungsunterlegte Rechnung der Bank YY AG einen Betrag in Höhe von 5.500.000 Euro, der für die gesondert Verfolgten AE und CD bzw. das Vehikel YW S. à r. l. bestimmt war und die Mitwirkung an den Eigenhandelsgeschäften im Jahr 2010 vergütete.

    749
    ee) Dass aufgrund der vorstehenden dargestellten Aktiengeschäfte Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag angerechnet würde, obwohl der Leerverkäufer zuvor nicht entsprechend belastet und die Steuern auch nicht sonst von der Dividendenkompensationszahlung abgezogen worden waren, entsprach dem gemeinsamen Plan der gesondert Verfolgten AE, BP und BX sowie des Angeklagten CA, die gemeinsam auf dieses Ziel hingewirkt hatten.

    750
    Die für die YT-Bank und die Einziehungsbeteiligte handelnden gesondert Verfolgten BP und BX wussten von Beginn an, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig waren, bei denen weder hinsichtlich der Dividenden noch hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen eine Steuererhebung, mithin ein Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgen würde. Ihnen war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten und dass in diesem Zusammenhang auch Angehörige von ZD tätig wurden. Ihnen war ferner bewusst, dass die Steuern auf die Dividendenkompensationezahlungen auch nicht auf Seiten der YT-Bank und der Einziehungsbeteiligten oder von einer anderen Stelle gezahlt worden waren. Sie wussten, dass dieser Sachverhalt in der späteren Steuererklärung, mit der die Anrechnung beantragt werden würde, nicht offengelegt wurde. Sie erkannten zudem die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 42.676.314,18 Euro eventuell nicht vorliegen könnten und eine spätere Anrechnung daher eventuell nicht mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahmen sie billigend in Kauf.

    751
    Auch das Vorstellungsbild, das der gesondert Verfolgte AE zu Beginn des Jahres 2010 und in der Folgezeit in Bezug auf die ausgeführten Transaktionen und die spätere Steuererklärung hatte, entsprach seinem Wissen und seinen Vorstellungen aus den Vorjahren. Insbesondere wusste er weiterhin, dass Leerverkäufe und der unterbliebene Abzug der Steuer die Quelle des für sich angestrebten Profits waren. Auch die Möglichkeit, dass die angestrebte Anrechnung mangels eines vorherigen Steuerabzuges steuerrechtswidrig sein könnte, stand ihm vor Augen. Dies billigte er.

    752
    Der Angeklagte CA wusste aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ZD Capital Ltd. an die YT-Bank jeweils vermittelten Aktienverkäufer im Rahmen der gegenständlichen Aktiengeschäfte nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden würden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde, die YT-Bank diese jedoch gleichwohl zur Anrechnung bringen wird. Er sah insoweit die - von ihm auch gebilligte - Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank angestrebten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag mangels vorherigen Steuerabzuges eventuell nicht vorliegen. Ferner erkannte er die Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Zahlung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in dem späteren Anrechnungsantrag trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er.

    753
    Der Angeklagte AO wusste ebenfalls um die Leerverkäufe und die Nichtbelastung des Leerverkäufers oder anderer Beteiligter mit der Steuer. Er sah die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Anrechnung oder Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlags, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Anrechnung bzw. Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit der Steuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte es ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass dies im Rahmen der späteren Anrechnungs- oder Erstattungsanträge der jeweils zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde. Schließlich sah er die Möglichkeit, dass die jeweils für die Anrechnungs- oder Erstattungsanträge verantwortlichen Entscheidungsträger auf der Aktienkäuferseite sowie der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild hatten. All dies billigte er auch.

    d) Fall 9: BC Pro Rendite Fonds (Fälle 30-32 der Anklageschrift)

    754
    Auch im Jahr 2010 war der Angeklagte CA am CumEx-Handel beteiligt, der über Investmentfonds als CumEx-Vehikel auf der Aktienkäuferseite umgesetzt wurde. Einer dieser Fonds war der BC Pro Rendite Fonds. Der Angeklagte AO wirkte entweder hinsichtlich dieses Fonds oder in Fall 10 an der erforderlichen Ex-Eindeckung mit.

    755
    aa) Der BC Pro Rendite Fonds war ein Publikumsfonds, der als sonstiges Sondervermögen im Sinne des Investmentgesetzes gemäß § 11 Abs. 1 InvStG [VZ 2010] von der Körperschaftssteuer befreit war.

    756
    Initiiert wurde der Investmentfonds von der ZD Capital UK Ltd., welche YF GmbH als Kapitalanlagegesellschaft gewinnen konnte. Die Aufgaben der Depotbank nahm die ZJ GmbH wahr.

    757
    Prime Broker war die Bank YR, zu der die Verbindung aufgrund der Kontakte der gesondert Verfolgten BM und/oder BQ zustande kam. Die Bank stellte unter anderem das Hebel-Kapital zur Verfügung. Das hierfür erforderliche Eigenkapital des BC Pro Rendite Fonds betrug in der Summe zwischen 40 bis 50 Mio. Euro. Die das Eigenkapital aufbringenden Investoren wurden durch den YH eingebracht, bei dem der Angeklagte CA zuvor das Amt eines von mehreren Geschäftsführern übernommen hatte. Zu seinen dortigen Aufgaben gehörte es auch, daran mitzuwirken, die Investoren zu entsprechenden Investments zu motivieren. Dieser Aufgabe kam er auch im Fall des BC Pro Rendite Fonds nach, wenngleich er insoweit - anders als im Fall des BC German Hedge Fund (Fall 10) - auf Seiten des YH nur untergeordnet tätig war.

    758
    Bei der Vermögensverwaltung beraten wurde die YF GmbH durch die ZD Capital UK Ltd. Grundlage hierfür war der Vertrag vom 23.03.2010.

    759
    bb) Die für den BC Pro Rendite Fonds umgesetzte CumEx-Handelsstrategie bestand in der von dem Angeklagten CA entworfenen sog. „Delayed-Settlement-Strategie“. Dabei sollten die Aktien dem äußeren Anschein nach im Wege eines CumCum-Geschäftes erworben werden. Im Einzelnen stellte sich das von dem Angeklagten CA entworfene Vorgehen wie folgt dar:

    760
    Vor dem jeweiligen Dividendenstichtag wurden die Aktien gekauft, wobei die Lieferfristen so gewählt wurden, dass der Fälligkeitszeitpunkt vor dem Hauptversammlungsstichtag lag. Bei formal vertragsgerechter Abwicklung wären die Aktien hierdurch kurz vor oder an dem Hauptversammlungsstichtag geliefert worden.

    761
    Die einzelnen Aktienkäufe wurden über die Börse XETRA abgewickelt, wobei die XETRA-Block-Trading-Funktion zum Einsatz kam. Insoweit war ein sog. zentraler Kontrahent zwischen die Parteien geschaltet. In diesem Zusammenhang akzeptierte die Börse gewisse zeitliche Überschreitungen der von den eigentlichen Parteien vereinbarten Lieferfrist, bevor sie den Verkäufer belastende Konsequenzen ergriff. Hierauf baute die Delayed-Settlement-Strategie, indem von vornherein eingeplant und bei den Preisverhandlungen mit der Leerverkäuferseite berücksichtigt wurde, dass die verkauften Aktien von dem Leerverkäufer bewusst erst nach dem Tag der Hauptversammlung und damit nach dem eigentlichen Fälligkeitszeitpunkt, allerdings noch immer innerhalb der von der Börse faktisch akzeptierten „verlängerten Lieferfrist“ geliefert würden. Trotz des aufgrund der formalen Vertragslage bestehenden Anscheins einer CumCum-Strategie, handelte es sich daher tatsächlich um einen CumEx-Leerverkaufshandel.

    762
    Aufgrund des Abwicklungsmechanismus bei XETRA, dem sog. Clearing, konnte es in diesen Fällen gleichwohl dazu kommen, dass der Leerkäufer (einige) Aktien noch vor oder an dem Hauptversammlungsstichtag erhielt. Dies beruhte darauf, dass XETRA am jeweiligen Fälligkeitstag sämtliche bereits gelieferten Aktien einer Aktiengattung anteilsmäßig auf alle Käufer verteilte, deren Aufträge zur Belieferung fällig waren. Hierdurch profitierte der Leerkäufer letztlich durch die fristgerechte Belieferung anderer Aktiengeschäfte, in die er eigentlich nicht eingebunden war.

    763
    Wie auch sonst wurden die Aktienkäufe durch gegenläufige, auf Barausgleich gerichtete Futures gegen Kursschwankungen abgesichert, bei deren Preisberechnung der zuvor ausgehandelte Dividendenlevel berücksichtigt wurde.

    764
    Die konkreten Planungen der einzelnen Geschäfte wurden nach dem schon im Vorjahr umgesetzten Muster vollzogen: Es wurde zunächst bei der ZD Capital UK Ltd. ein Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und -volumina zusammengestellt. Dieser wurde sodann an die Mitarbeiter der ZD Principals Ltd. weitergegeben. Dort wurde die wesentliche Arbeit geleistet, indem die einzelnen Transaktionen vorbereitet wurden. Hierzu wurden unter anderem die entsprechenden Preisabsprachen mit den Leerverkäufern bzw. den vorgeschalteten Brokern getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, so diese nicht selbst hierfür sorgte.

    765
    Entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Investmentfondsfälle (Fälle 4 bis 7, 10) teilte die ZD Principals Ltd. sodann der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. - über YS - als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte und die Kosten des Fonds gedeckt waren. Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel. Es konnte nicht festgestellt werden, inwieweit der Angeklagte CA konkret an diesen Vorgängen beteiligt war.

    766
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Daten wurden die folgenden Aktienkäufe für den BC Pro Rendite Fonds getätigt:

    767

    Kapitalertragsteuer-Anmeldung April 2010 (Fall 30 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    500.000

    MAN SE

    01.04.2010

    0,25

    32.968,75

    500.000

    Merck KGaA

    09.04.2010

    1,00

    131.875,00

    800.000

    Bilfinger + Berger AG

    15.04.2010

    2,00

    422.000,00

    4.000.000

    RWE AG

    22.04.2010

    3,50

    3.692.500,00

    650.000

    Axel Springer SE

    23.04.2010

    4,40

    754.325,00

    2.040.000

    Münchener Rückvers. AG

    28.04.2010

    5,75

    3.093.787,50

    1.025.000

    Münchener Rückvers. AG

    28.04.2010

    5,75

    1.554.476,56

    1.000.000

    BASF SE

    29.04.2010

    1,70

    448.375,00

    700.000

    BASF SE

    29.04.2010

    1,70

    313.862,50

    500.000

    Linde AG

    04.05.2010

    1,80

    237.375,00


    768

    Kapitalertragsteuer-Anmeldung Mai 2010 (Fall 31 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    8.100.000

    E.ON AG

    06.05.2010

    1,50

    3.204.562,50

    700.000

    Fresenius Medical Care KGaA

    11.05.2010

    0,61

    112.621,25

    4.700.000

    BMW AG

    18.05.2010

    0,30

    371.887,50

    2.600.000

    Tognum AG

    18.05.2010

    0,35

    240.012,50

    1.700.000

    ElringKlinger AG

    21.05.2010

    0,20

    89.675,00

    4.600.000

    Dt. Börse AG

    27.05.2010

    2,10

    2.547.825,00


    769

    Kapitalertragsteuer-Anmeldung Juni 2010 (Fall 32 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    6.300.000

    SAP SE

    08.06.2010

    0,50

    830.812,50

    1.600.000

    Stada AG

    08.06.2010

    0,55

    232.100,00

    770

    Gesamt:  18.311.041,56 Euro

    771
    Bei allen diesen Aktiengeschäften handelte es sich um „cum“ vereinbarte und tatsächlich „ex“ belieferte Leerverkäufe, bei denen der Leerverkäufer nicht mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen belastet worden war. Auch sonst wurde von keinem Beteiligten die Steuer auf die von dem Leerverkäufer zu leistende Dividendenkompensationszahlung gezahlt.

    772
    cc) Die ZJ GmbH schrieb die jeweiligen Bruttodividenden dem Konto des BC Pro Rendite Fonds zunächst gut. Noch am selben Tag oder spätestens innerhalb der nachfolgenden sieben Tage belastete die ZJ GmbH allerdings das Konto des BC Pro Rendite Fonds wieder mit Beträgen in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlägen. Erst im Anschluss an die (Rück)Belastungen meldete die ZJ GmbH gegenüber dem damals zuständigen Finanzamt YD im Rahmen ihrer monatlichen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen die Erstattung der Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen an. Dabei wurde in den elektronisch erstellten und an das Finanzamt YD übermittelten Anträgen vom 05.05.2010 (Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für April 2010), vom 04.06.2010 (Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für Mai 2010) und vom 08.07.2010 (Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für Juni 2010) nicht darauf hingewiesen, dass den jeweiligen Steuerbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. In den Anmeldungen hieß es insoweit lediglich:

    773

    „…



    10

    Summe der Erstattungsbeträge im Sinne des § 44b Abs. 6 Satz 1 bis 3 EStG

    Kapitalertragsteuer

    [Bezifferung des jew. Betrages]

    10

    Solidaritätszuschlag

    [Bezifferung des jew. Betrages]


    774
    Im Einzelnen meldete die ZJ GmbH im Rahmen der Sammelanmeldungen am 05.05.2010 die Erstattung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 22.926.313,35 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.260.947.34 Euro an. Dem stimmte das Finanzamt YD am 12.05.2010 zu. Im Sammelantrag vom 04.06.2010 meldete sie erstattungsfähige Kapitalertragsteuer in Höhe von 22.073.914,11 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.214.062,05 Euro an; dem stimmte das Finanzamt YD am 10.06.2010 hinsichtlich des Solidaritätszuschlags in voller Höhe und für die Kapitalertragsteuer in Höhe von 22.073.910 Euro zu. Mit dem Sammelantrag vom 08.07.2010 meldete die ZJ GmbH schließlich erstattungsfähige Kapitalertragsteuer in Höhe von 3.007.270,29 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von 165.399,87 Euro an; dem stimmte das Finanzamt YD am 14.07.2010 zu. In den erstatteten Beträgen waren die auf die vorstehend aufgeführten Geschäfte entfallenden Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen vollständig enthalten. Nach Erhalt der Steuererstattungen durch das Finanzamt YD schrieb die ZJ GmbH dem Konto des BC Pro Rendite Fonds die jeweiligen Steuerbeträge wieder gut.

    775
    Die mit den Erwerbsgeschäften korrespondierenden Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann zu dem ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Durchschnitt mindestens 13,5 Dividendenpunkte betrug.

    776
    Wie auch in den weiteren Fällen konnte die ZD Principals Ltd. bei der Suche nach der Leerverkäuferseite anbieten, die Ex-Belieferung mit Aktien zu organisieren, was nunmehr in das Aufgabengebiet des Angeklagten AO fiel. Bezogen auf den BC Pro Rendite Fonds ließ sich insoweit zwar nicht feststellen, dass er tatsächlich im Rahmen dieser Geschäfte an der Belieferung des Leerverkäufers mit Ex-Aktien mitwirkte. Fest steht aber, dass er zumindest für diverse Einzelgeschäfte entweder dieses Investmentfonds oder denjenigen des BC German Hedge Funds die Belieferung der Verkäuferseite mit Ex-Aktien organisierte, wobei mit diesen Lieferungen ein (vermeintliches) Steuererstattungsvolumen in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro generiert wurde.

    777
    dd) Der BC Pro Rendite Fonds wurde im Jahr 2011 aufgelöst, nachdem den Investoren die ihnen im Vorfeld versprochene Rendite ausgezahlt worden war.

    778
    Die ZD Capital UK Ltd. erhielt eine Beratungsgebühr in Höhe von 283.500 Euro. Den wesentlichen Teil des Profits der ZD-Gruppe hatte allerdings die ZD Principals Ltd. aus der Zwischenschaltung in die Kurssicherungsgeschäfte erwirtschaftet; insgesamt handelte es sich um einen Betrag in Höhe von mindestens 9.308.412 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 444.756 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 2.068.536 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 6.795.120 Euro verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus der Investmentberatung in Höhe von 283.500 Euro ergab sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 7.078.620 Euro. Für die Einführung der Investoren durch den Finanzberater YG floss an diesen ein Betrag von 2.123.586 Euro. Die Gesamteinkünfte der ZD-Gesellschaften reduzierten sich hierdurch auf 4.955.034 Euro.

    779
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZJ GmbH handelnde Mitarbeiter bei Abgabe des jeweiligen Kapitalertragsteuer-Anmeldung wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    780
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von ZD Capital UK Ltd. an den BC Pro Rendite Fonds bzw. die YF GmbH vermittelten Leerverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aufgrund der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    781
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm organisierten Lieferungen von Ex-Aktien der Belieferung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften dienten. Er erkannte und billigte die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlags, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit der Steuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    e) Fall 10: BC German Hedge Fund (Fälle 28-29 der Anklageschrift)

    782
    Schließlich war der Angeklagte CA im Jahr 2010 auch über den BC German Hedge Fund an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligt. In diesem Zusammenhang wirkte er wieder unter anderem mit den gesondert Verfolgten AE und CD zusammen. Der Angeklagte AO war entweder hinsichtlich des BC German Hedge Fund oder in Fall 9 an der erforderlichen Ex-Eindeckung beteiligt.

    783
    aa) Der BC German Hedge Fund war ein Publikumsfonds, der als Sondervermögen mit zusätzlichen Risiken gemäß § 112 InvG (Hedgefonds) aufgesetzt und gemäß § 11 Abs. 1 InvStG [VZ 2010] von der Körperschaftssteuer befreit war. Für die gesondert Verfolgten AE und CD waren diese Fonds deshalb interessant, weil der Investmentfonds selbst unbegrenzt Darlehen aufnehmen konnte und die Gründung einer als Anlegerin fungierenden Gesellschaft nicht erforderlich war. Zudem war für sie ein entscheidender Vorteil der Publikumsfonds, dass sich das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 auf diese nicht bezogen hatte. Soweit dort im Rahmen der Erstattung von Kapitalertragsteuer die Vorlage von Berufsträgerbescheinigungen gefordert worden war, galt dies daher nicht für die Publikumsfonds. Dem steuerte das Bundesministerium für Finanzen erst im Laufe des Jahres 2010 mit BMF-Schreiben vom 21.09.2010 gegen, indem das Erfordernis der Berufsträgerbescheinigung auf Publikumsfonds ausgeweitet wurde.

    784
    Anders als inländische Spezial-Sondervermögen bedurften Hedgefonds allerdings einer Genehmigung durch die BaFin. Da hier in erster Linie investmentrechtliche Fragen eine Rolle spielten, kümmerte sich hierum der gesondert Verfolgte CD. Die erforderliche Genehmigung wurde vor Aufnahme der Geschäfte des BC German Hedge Fund erteilt.

    785
    Kapitalanlagegesellschaft des BC German Hedge Fund war die YT-Invest GmbH.

    786
    Die Aufgaben der Depotbank hatte zunächst die ZL übernehmen sollen, trotz fortgeschrittener Gespräche war diese später hierzu jedoch nicht mehr bereit. Insoweit stand zunächst im Raum, diese Aufgabe von der YT-Bank durchführen zu lassen. Im Hinblick auf die mit dem Eigenhandel in CumEx-Leerverkaufsgeschäfte bereits verbundenen Risiken, wollte diese indes keine weiteren Risiken übernehmen. Als Depotbank konnte schließlich die mit CumEx-Leerverkaufsgeschäften bis dahin noch nicht be- und vertraute ZU eG gewonnen werden. Neben den üblichen Gebühren forderte diese im weiteren Verlauf eine weitere zusätzliche Vergütung. Hierüber konnte schließlich Einvernehmen erzielt werden, wobei die weitere Vergütung in Höhe von 320.000 Euro netto von der ZD Capital UK Ltd. aufgebracht wurde.

    787
    Prime Broker des BC German Hedge Fund war die Bank YR. Die Bank stellte in dieser Eigenschaft unter anderem das Hebel-Kapital zur Verfügung. Das hierfür erforderliche Eigenkapital des BC German Hedge Fund betrug in der Summe über 100 Mio. Euro. Ein Betrag von etwa 70 Mio. Euro hiervon ging auf Investoren zurück, die die gesondert Verfolgten AE und CD hatten akquirieren können. Der Rest in Höhe von rund 30 Mio. Euro kam von Investoren, die der YH stellte, wobei der Angeklagte CA an dem Anwerben der Investoren maßgeblich mitwirkte.

    788
    Beraterin der YT-Invest GmbH als originärer Verwalterin des Fondsvermögens war aufgrund zweier Verträge vom 30.04.2010 die ZD Capital UK Ltd.

    789
    bb) Die mit dem BC German Hedge Fund gehandelten Aktien wurden sowohl über auf körperliche Lieferung gerichtete Futures (Calendar Spreads) als auch über Kassageschäfte erworben, die jeweils durch gegenläufige, auf Barausgleich gerichtete Single Stock Futures abgesichert wurden, bei deren Preis ein zuvor abgesprochener Dividendenlevel berücksichtigt wurde.

    790
    Die Planung der Geschäfte entsprach strukturell derjenigen, die auch sonst von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. praktiziert worden war. Daher wurde zunächst auf Seiten der ZD Capital UK Ltd. ein Aktienkorb hinsichtlich der zu handelnden Aktiengattungen und -volumina zusammengestellt. Diese Informationen wurden sodann an die ZD Principals Ltd. weitergegeben.

    791
    Diese übernahm sodann die wesentliche Arbeit, indem die Leerverkäuferseite zu den geplanten Geschäften gesucht wurde. Insoweit wurden insbesondere auch die Absprachen über die anzusetzenden Dividendenlevel getroffen. Zudem wurde für die Verkäuferseite die Lieferung der Ex-Aktien organisiert, soweit diese nicht selbst hierfür sorgte. Im weiteren Verlauf teilte die ZD Principals Ltd. dann - entsprechend dem sonstigen Vorgehen im Rahmen der Investmentfondsfälle - der ZD Capital UK Ltd. die für den Abschluss der Geschäfte und deren Identifikation erforderlichen Informationen mit. Dabei gab sie allerdings den mit dem Broker ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe weiter. Vielmehr stellte sich die ZD Principals Ltd. - über YS - als Käuferin des Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Dividendenlevels zur Verfügung, der so berechnet war, dass den Investoren die im Vorfeld in Aussicht gestellte Rendite gezahlt werden konnte (sog. Fondslevel). Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. - wiederum über YS - ein entsprechendes Aktienderivat an die Leerverkäuferseite zu dem mit ihr im Vorfeld ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel.

    792
    Auf Grundlage der von der ZD Principals Ltd. gelieferten Informationen wurden die folgenden Aktienkäufe für den BC German Hedge Fund getätigt:

    793

    Kapitalertragsteuer-Anmeldung Mai 2010 (Fall 28 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    11.500.000

    Allianz SE

    05.05.2010

    4,10

    12.435.812,50

    57.500.000

    E.ON AG

    06.05.2010

    1,50

    22.748.437,50

    1.800.000

    Adidas AG

    06.05.2010

    0,35

    166.162,50

    3.300.000

    Tognum AG

    18.05.2010

    0,35

    304.631,25

    1.500.000

    BMW AG

    18.05.2010

    0,30

    118.687,50

    8.500.000

    BMW AG Vz.

    18.05.2010

    0,32

    717.400,00

    4.400.000

    Dt. Börse AG

    27.05.2010

    2,10

    2.437.050,00

    1.500.000

    Dt. Bank AG

    27.05.2010

    0,75

    296.718,75


    794

    Kapitalertragsteuer-Anmeldung Juni 2010 (Fall 29 der Anklageschrift)

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in Euro

    16.100.000

    Dt. Bank AG

    27.05.2010

    0,75

    3.184.781,25

    1.200.000

    Dt. Börse AG

    27.05.2010

    2,10

    664.650,00

    1.000.000

    Fraport AG

    02.06.2010

    1,15

    303.312,50

    3.060.606

    United Internet AG

    02.06.2010

    0,40

    322.893,93

    33.200.000

    SAP SE

    08.06.2010

    0,50

    4.378.250,00

    3.700.000

    Rhön-Klinikum AG

    09.06.2010

    0,30

    292.762,50

    2.000.000

    Hamburger Hafen und Logistik AG

    16.06.2010

    0,40

    211.000,00

    850.000

    Hugo Boss AG

    21.06.2010

    0,97

    215.220,00

    795

    Gesamt:  48.797.770,18 Euro

    796
    Bei diesen Geschäften handelte es sich sämtlich um Leerkäufe. Allen Kaufverträgen war gemein, dass sie „cum Dividende“ vereinbart worden waren. Die Lieferung der Stücke war demgegenüber erst nach der Kupontrennung fällig und erfolgte in allen Fällen auch erst danach. Hierdurch wurden für den BC German Hedge Fund nicht die Original-Dividenden, sondern jeweils nur Dividendenkompensationszahlungen in Höhe der Nettodividende erlangt. Mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen (Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) wurde der Leerverkäufer nicht belastet, sie wurde auch sonst von keinem Beteiligten an die Finanzbehörde abgeführt.

    797
    cc) Die ZU eG stellte im weiteren Verlauf für die vorstehenden Geschäfte Gutschriften über Dividendenerträge aus und schrieb die jeweiligen Bruttodividenden (bzw. Dividendenkompensationszahlungen) dem Fondsvermögen gut, worüber sie entsprechende Bescheinigungen erstellte. Dass Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag zuvor nicht abgezogen worden war, kam in den Bescheinigungen nicht zum Ausdruck.

    798
    Des Weiteren meldete die ZU eG gegenüber dem Finanzamt YA im Rahmen ihrer monatlichen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen die Erstattung der jeweiligen Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlägen an. Dabei wurde in den elektronisch erstellten und an das Finanzamt übermittelten Erstattungsanmeldungen vom 09.06.2010 (für Mai) und vom 12.07.2010 (für Juni) nicht darauf hingewiesen, dass den jeweiligen Anrechnungsbeträgen Leerverkäufe zugrunde lagen, bei denen die Steuer von der Dividendenkompensationszahlung zuvor nicht abgezogen und mit der weder der Verkäufer noch ein anderer Beteiligter belastet worden war. In den Anmeldungen hieß es insoweit lediglich:

    799

    „…






    Kapitalertragsteuer

        EUR          I CT

    Solidaritätszuschlag

         EUR            I CT

    ….




    10

    Summe der Erstattungsbeträge i.S.d. § 44b Abs. 6 Satz 1 bis 3 EStG

    [Bezifferung des jew. Betrages]

    [Bezifferung des jew. Betrages]

    …“




     

       
    800
    In den Kapitalertragsteuer-Anmeldungen der Deutschen ZU eG für Mai und Juni 2010 waren die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäfte entfallenden 48.797.770,18 Euro rechnerisch enthalten. Den Erstattungsanmeldungen stimmte das Finanzamt YA jeweils am 30.07.2010 zu und zahlte die sich nach Verrechnung mit anderen Steueransprüchen gegen die ZU eG ergebende Differenz an diese aus.

    801
    Die mit den Erwerbsgeschäften korrespondierenden Absicherungsfutures erwarb - wie dargestellt - zunächst die ZD Principals Ltd. über YS und veräußerte entsprechende Futures sodann zu dem ausgehandelten günstigeren Dividendenlevel weiter. Hierdurch machte die ZD Principals Ltd. einen erheblichen Gewinn, der im Schnitt mindestens 13 Dividendenpunkte betrug.

    802
    Es konnte nicht festgestellt werden, in welchem Umfang es im Rahmen der für den BC German Hedge Fund durchgeführten Futuregeschäfte der ZD Principals Ltd. oblag, für die Leerverkäufer die Ex-Belieferung mit Aktien zu organisieren, was dem Angeklagten AO zufiel. Fest steht aber, dass er zumindest für diverse Einzelgeschäfte entweder dieses Investmentfonds oder des BC Pro Rendite Fonds die Eindeckung der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien organisierte, wobei mit diesen Lieferungen ein (vermeintliches) Steuererstattungsvolumen in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro generiert wurde.

    803
    dd) Die von ZD Capital UK Ltd. nach Zahlung der 320.000 Euro netto an die ZU eG noch vereinnahmte Beratungsgebühr betrug 369.200 Euro. Den wesentlichen Teil des Profits der ZD-Gruppe hatte allerdings die ZD Principals Ltd. aus der Zwischenschaltung in die Kurssicherungsgeschäfte erwirtschaftet; insgesamt handelte es sich um einen Betrag in Höhe von mindestens 24.051.981 Euro. Hiervon wurden die Brokerkosten in Höhe von 1.025.076 Euro sowie die Kosten für den Prime Broker in Höhe von 5.550.457 Euro bestritten, so dass ein Betrag in Höhe von 17.476.448 verblieb. Zuzüglich der Einkünfte aus der Investmentberatung in Höhe von 369.200 Euro ergab sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 17.845.648 Euro. Für das Anwerben der Investoren und der weiteren erbrachten Leistungen im Rahmen des Aufsetzens des Investmentfonds leistete die ZD-Gruppe an die gesondert Verfolgten AE und CD - bzw. für diese an das Vehikel der YW S. à r. l. - einen Betrag von maximal 8.922.824 Euro. Die Gesamteinkünfte der ZD-Gesellschaften reduzierten sich hierdurch auf 8.922.824 Euro.

    804
    ee) Die Kammer hat nicht festgestellt, ob der für die ZU eG handelnde Mitarbeiter bei Abgabe der jeweiligen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen wusste, dass die geltend gemachte Steuer zuvor nicht einbehalten und abgeführt worden war.

    805
    Der Angeklagte CA wusste dagegen aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von der ZD Capital UK Ltd. an den BC German Hedge Fund bzw. die YT-Invest GmbH vermittelten Leerverkäufer im weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde. Er wusste, dass gleichwohl ein Antrag auf Erstattung der Steuer gestellt würde. Er sah insoweit die von ihm auch gebilligte Möglichkeit, dass der Investmentfonds auf die Erstattung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag aufgrund der unterbliebenen Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer und mangels deren Abführung an die Finanzbehörde keinen Anspruch haben könnte. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Belastung der Leerverkäufer mit der Steuer bzw. die unterbliebene Erhebung und fehlende Abführung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag im Rahmen des späteren Erstattungsantrags trotz entsprechender Mitteilungspflicht nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er. Dem Angeklagten CA war ferner bewusst, dass in den Vorgang der Beantragung der Steuererstattung Personen mit unterschiedlichem Kenntnisstand hinsichtlich des Vorliegens von CumEx-Leerverkäufen ohne Steuerabzug eingebunden waren. Insoweit hielt er es für möglich, dass dem Erklärenden dieser Umstand bekannt war, ging aber ebenfalls davon aus, dass dies nicht der Fall sein könnte. Auch diese für möglich erkannten Sachverhaltsalternativen billigte er.

    806
    Der Angeklagte AO wusste, dass die von ihm organisierten Lieferungen mit Ex-Aktien der Belieferung von CumEx-Leerverkäufen dienten. Er erkannte und billigte die Möglichkeit, dass aufgrund der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, namentlich der Erstattung von zuvor nicht entrichteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlags, die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Erstattung durch den Aktienkäufer eventuell fehlen und dass der Umstand der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit der Steuer ein Umstand war, der den Steuerbehörden mitzuteilen war. Er hatte ferner als sehr wahrscheinlich erkannt, dass diese Tatsache im Rahmen der späteren Erstattungsanträge entgegen steuerlicher Mitteilungspflichten der zuständigen Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, was er indes billigend in Kauf nahm. Schließlich sah und billigte er die Möglichkeit, dass der Angeklagte CA ein gleiches Vorstellungsbild haben könnte.

    f) Einkünfte ZD-OHL/ZD-OML

    807
    ZD-OHL war auch im Jahr 2010 in CumEx-Leerverkaufsstrukturen dergestalt eingebunden, dass durch die Gesellschaft Ex-Aktien zur Verfügung gestellt wurden. Dies erfolgte auch im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Eigenhandels-Geschäfte der YT-Bank (Fall 8) und in den von den ZD-Gesellschaften begleiteten zwei Fonds-Strukturen (Fälle 9 und 10). In welchem Umfang und hinsichtlich welcher Aktiengattungen ZD-OHL Ex-Aktien in den einzelnen Fällen zur Verfügung stellte und welche Einkünfte hierdurch generiert wurden, konnte nicht im Einzelnen aufgeklärt werden. Es steht aber fest, dass sich die Einkünfte von ZD-OHL, die auf die Lieferung von Ex-Aktien in den Fällen 8 bis 10 entfallen, auf jedenfalls 1 Mio. Euro belaufen haben. Demgegenüber konnten hinsichtlich ZD-OML für das Jahr 2010 keine Einkünfte festgestellt werden, die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten erzielt wurden.

    5. Dividendensaison 2011

    808
    Schließlich war der Angeklagte CA auch im Rahmen der Dividendensaison des Jahres 2011 an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligt.

    a) Änderungen in der Organisation

    809
    Bei der ZD-Gruppe kam es zum Beginn des Jahres 2011 zu wesentlichen Veränderungen.

    810
    aa) Aufgrund von Differenzen - insbesondere zwischen den gesondert Verfolgten BM und BQ - trennten sich die Teilhaber nach der Dividendensaison 2010. In der Folge arbeiteten einerseits der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM weiter zusammen, auf der anderen Seite blieben die gesondert Verfolgten BQ und BR verbunden.

    811
    Zur Umsetzung dieser Trennung gaben der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM ihre Anteile am Unternehmensarm der ZD Principals Ltd. an die gesondert Verfolgten BQ und BR ab. Dies umfasste auch sämtliche zu diesem Zweig gehörende Untergesellschaften einschließlich ZD-OHL und ZD-OML. Im Gegenzug erhielten sie sämtliche Anteile an der ZD Capital Ltd. einschließlich der dazu gehörenden Gesellschaften. Zuvor waren die Vermögenswerte der einzelnen Gesellschaften bewertet und durch Übertragungen so zwischen den beiden Gesellschaftszweigen geteilt worden, dass diese jeweils den gleichen Substanzwert hatten. Auf diesem Wege wurde gewährleistet, dass jedem der vier Teilhaber durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ein Viertel der zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgekehrten Profite der ZD-Gesellschaften zugewandt wurden.

    812
    Um diese Trennung auch für die Marktteilnehmer sichtbar zu machen, benannten der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM die ZD Capital Ltd. im Laufe des Jahres 2011 in ZC Capital Ltd. um. Mit dieser Gesellschaftsgruppe setzten sie ihre Aktivitäten im Bereich CumEx-Leerverkäufe, aber auch in anderen Marktsegmenten fort. Die Aufgabenverteilung und die wesentlichen Abläufe blieben dabei unverändert. Die Geschäftsbeziehung zur YT-Bank setzten sie auch 2011 fort.

    813
    bb) Im Zuge der Aufspaltung der ZD-Gruppe wurden die Arbeitnehmer den Gesellschaften neu zugeordnet. Der Angeklagte AO entschied sich dafür, weiter für den Angeklagten CA und den gesondert Verfolgten BM zu arbeiten. Er blieb in der Folge für die erforderliche Organisation und für die Umsetzung der Belieferung von Leerverkaufsgeschäften mit Ex-Aktien zuständig.

    b) Administrative Änderungen

    814
    Das Bundesministerium der Finanzen hatte mit Schreiben vom 21.09.2010 und vom 15.12.2010 weitere konkretisierende und klarstellende Vorgaben insbesondere für das Erstattungsverfahren erlassen. Das Schreiben von Dezember 2010 wies auf ein zu diesem Zeitpunkt noch laufendes Gesetzgebungsverfahren hin, wonach die Kapitalertragsteuererstattung für Investmentvermögen durch die Depotbank bereits ab Anfang 2011 nur noch zugelassen werden sollte, wenn die Aktien zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses des aktienführenden Unternehmens im zivilrechtlichen Eigentum des Investmentvermögens stehen.

    c) Fall 11: YT-Eigenhandel 2011 (Fall 34 der Anklageschrift)

    815
    Die YT-Bank führte auch im Jahr 2011 noch einige wenige CumEx-Leerverkaufsgeschäfte unter Beteiligung der ZD Capital Ltd (später ZC Capital Ltd.) durch.

    816
    aa) Unter dem 06.01.2010 wurde im Rahmen einer Vorlage für die Partnersitzung der YT-Bank vorgeschlagen, die „Single Future basierte[n] Transaktionen“ mit der ZD Capital Ltd. auch im Jahr 2011 fortzusetzen. In dieser Vorlage wurden beispielhaft insgesamt 17 Unternehmen aufgelistet, deren Aktien gehandelt werden sollten. Dem wurde in der Partnersitzung vom 18.01.2011, an der unter anderem der gesondert Verfolgte BP teilnahm, zugestimmt.

    817
    Die Planung der Geschäfte wurde sodann durch die ZD Capital Ltd. in Angriff genommen. Hierfür sollte sie entsprechend der im Vorjahr getroffenen Vereinbarung entlohnt werden. Die Fortsetzung der Kooperation mit der YT-Bank war von dem Angeklagten CA zuvor mit dem gesondert Verfolgten BM abgesprochen worden.

    818
    bb) An der umgesetzten CumEx-Handelsstrategie hatte sich nichts geändert. Danach wurden Aktien im Wege von Kassageschäften außerbörslich erworben und durch gegenläufige Single Stock Futures abgesichert, deren Preis mit einem zuvor mit der Verkäuferseite abgesprochenen Dividendenlevel berechnet war.

    819
    Auch die Vorbereitung der Geschäfte - insbesondere auch die Planung und Absprache des Aktien- und Futurehandels seitens der ZD Capital Ltd. mit der Gegenseite - entsprach derjenigen aus dem Vorjahr. Die erforderlichen Organisationsarbeiten und Verhandlungen mit der Leerverkäuferseite führte der Angeklagte CA nicht selbst aus. Allerdings war er über die später durchgeführten Geschäfte im Bilde und besprach diese in Vorbereitung des Handels mit dem für die YT-Bank tätigen Händler BJ.

    820
    Auf der Grundlage der Beratung durch die ZD Capital Ltd. führte die YT-Bank sodann folgende Aktiengeschäfte durch, wobei die Aktien jeweils - sowohl hinsichtlich der Aktien- als auch auf der Future-Seite - in mehreren Tranchen gehandelt wurden:

    821

    Stückzahl

    Gattung

    Tag der Hauptver-sammlung

    Brutto-dividende pro Aktie in Euro

    Summe Kapitalertragsteuer und Solidaritäts-zuschlag in Euro

    11.500.000

    ThyssenKrupp AG

    20.01.2011

    0,45

    1.364.906,25

    3.700.000

    Siemens AG

    25.01.2010

    2,70

    2.634.862,50

     
    822
    Gesamt:  3.999.768,75 Euro

    823
    Wie auch in den Vorjahren handelte es sich sämtlich um „cum“ vereinbarte und „ex“ belieferte außerbörsliche Leerverkäufe, bei denen der Leerverkäufer auf die von ihm zu leistende Dividendenkompensationszahlung nicht mit den vorstehend dargestellten Steuerbeträgen belastet worden war. Auch sonst wurde die Steuer keinem Beteiligten von der Dividendenkompensationszahlung abgezogen. Die von der YT-Bank im Rahmen der Future-Geschäfte gehandelten Dividendenlevel lagen bei etwa 79 Prozent.

    824
    Jeweils kurz nachdem die Aktiengeschäfte durchgeführt und vom Leerverkäufer beliefert worden waren, wurden die Positionen wieder aufgelöst und die Aktien an den Stückegeber zurückgeführt.

    825
    Von weiteren CumEx-Leerverkaufsgeschäften nahm die YT-Bank in der Folge Abstand; gegenüber der ZD Capital Ltd. berief sie sich auf Reputationsrisiken.

    826
    Ob im Rahmen der vorstehenden Aktiengeschäfte seitens der ZD Capital Ltd. auch die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers zu organisieren war, konnte nicht festgestellt werden. Soweit dies der Fall gewesen wäre, wäre dies die Aufgabe des Angeklagten AO gewesen.

    827
    cc) Auf Grundlage der vorstehend dargestellten Aktiengeschäfte stellte sich die YT-Bank als ihre eigene Depotbank zwei Steuerbescheinigungen aus, die die auf die einzelnen Leerkauf-Positionen entfallenden Steuerbeträge auswiesen. In den einzelnen Bescheinigungen hieß es jeweils:

    828
                  „…                                                        Steuerbescheinigung (Original)

    829
                                                                                        …

    830
                  An                                          …

    831
                  wurden am [jeweiliges Datum]…

    832
                  für [jeweilige ISIN-Nummer und Name der Aktien]

    833
                  folgende Kapitalerträge gezahlt / gutgeschrieben / gelten als zugeflossen:

    834
                  Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG                                          …

    835
                                >davon: Erträge, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen              …

    836
                  Kapitalertragsteuer                                                                                                                              …

    837
                  Solidaritätszuschlag                                                                                                                …

    838
                  In der bescheinigten Höhe sind enthalten

    839
                  Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG

    840
                  aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne

    841
                  Dividendenanspruch geliefert wurden.                                                                                    …
    842
                  hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer                                                                      …

    843
    …“

    844
    Zusammen umfassten die Bescheinigungen für die Aktiengattungen ThyssenKrupp AG Inhaber-Aktien und Siemens AG Namensaktien dabei die in den vorstehend dargestellten Geschäften vermeintlich erhobene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 3.999.768,75 Euro. Hinweise darauf, dass es sich bei den vorstehend dargestellten Geschäften um Leerverkäufe gehandelt hatte, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Steuer belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht worden war, enthielten die Bescheinigungen nicht.

    845
    Gleichwohl unterschrieben die gesondert Verfolgten BP und BX unter dem 27.06.2013 die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2011 und ließen diese dem Finanzamt YC zukommen. In der Anlage WA war dabei die Anrechnung von Kapitalertragsteuer in Höhe von 8.271.671,17 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 454.941,49 Euro beantragt. Hierin enthalten war der sich aus den vorstehend erwähnten Steuerbescheinigungen ergebende Betrag von 3.999.768,75 Euro.

    846
    Die Steuererklärung enthielt keine Information darüber, dass im Hinblick auf diesen Betrag Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zuvor nicht in entsprechender Höhe erhoben bzw. einbehalten, das heißt nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Auch enthielt die Steuererklärung keinen Hinweis darauf, dass es sich bei dem jeweiligen Aktienverkäufer um einen Leerverkäufer gehandelt hatte. Ebenfalls fehlte jede Mitteilung, dass der anzurechnende Betrag auf einer rechtlichen Würdigung beruhte, zu der keine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung angefragt worden war. Auch sonst enthielt sie keine Mitteilung zu der konkreten Ausgestaltung der Geschäfte, die sich dadurch auszeichneten, dass die Aktien- und Futuregeschäfte im Vorfeld (für die YT-Bank) von der ZD Capital Ltd. mit der jeweiligen Gegenseite abgesprochen worden waren. In der für die Anrechnung maßgeblichen Anlage WA zur Steuererklärung war zu den Zeilen 5 und 6 stattdessen nur ausgeführt und ausgefüllt:

    847
    „Anzurechnende Beträge/Steuerabzug                                                         EUR       CT

    848

    5

    (lt. Nachweis Betriebsfinanzamt bzw. lt. Beigefügten Originalsteuerbescheinigungen)

    Kapitalertragsteuer

          131

                       8.271.671 I 17

    6

    Solidaritätszuschlag zur Kapitalertragsteuer

    Hier ist zusätzlich auch ein Solidaritätszuschlag auf anrechenbare Steuerabzugsbeträge nach § 50a EStG (vgl. Zeile 7) mit einzutragen

          133

                        454.941 I 49 “


    849
    Auch in der im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 durch die ZI AG erstellte Berufsträgerbescheinigung vom 09.09.2011, die zusammen mit den vorstehend erwähnten Steuerbescheinigungen mit der Körperschaftssteuererklärung bei dem Finanzamt eingereicht wurde, war kein Hinweis darauf enthalten, dass der jeweilige Aktienverkäufer nicht mit Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden war. Inhaltlich entsprach die Berufsträgerbescheinigung insoweit denjenigen, welche die ZI AG bereits im Vorjahr erstellt hatte.

    850
    Über den Anrechnungsantrag entschied das Finanzamt YC für das Jahr 2011 durch Bescheid vom 04.10.2013 positiv. Die in dem Bescheid enthaltene Anrechnungsverfügung wies einen Anrechnungsbetrag von Kapitalertragsteuer in der aufgerundeten Höhe von 8.271.672 Euro nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 454.941,49 Euro aus. Da die Körperschaftssteuer auf 0 Euro festgesetzt wurde, wurde der Gesamtbetrag nebst Zinsen in Höhe von 248.150 Euro sodann an die Einziehungsbeteiligte ausbezahlt.

    851
    Die gegenüber der Einziehungsbeteiligten für den Veranlagungszeitraum 2011 angerechneten und erstatten Beträge, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkäufe entfallen, wurden von der Einziehungsbeteiligten ab November 2013 als Teil des ihr zur Verfügung stehenden Eigenkapitals in verschiedene Anlageformen reinvestiert.

    852
    Mit Bescheid des Finanzamtes YC vom 05.12.2018 wurden - unter gleichzeitiger Anordnung der Aussetzung der Vollziehung - die auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte in Fall 11 entfallenden Steueranrechnungen vollumfänglich zurückgenommen. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2020 wurde die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Ein von der Einziehungsbeteiligten gegen die Rücknahme der Steueranrechnungen betriebenes Einspruchsverfahren war im Urteilszeitpunkt noch nicht abgeschlossen.

    853
    dd) Im Hinblick auf die Vereinbarung aus dem Investment Partnership Agreement zahlte die YT-Bank an die ZD Capital Ltd. bzw. die ZC Capital Ltd. im Hinblick auf die vorstehend aufgeführten Geschäfte einen Anteil in Höhe von insgesamt 818.910 Euro aus. Die Hälfte hiervon wurde in der Folge an die gesondert Verfolgten BQ und BR weitergeleitet. Mit diesen hatten der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte BM im Rahmen der Trennung zwar die Abrede getroffen, dass die durch die weiteren Geschäfte erzielten Gewinne jeweils bei der Gesellschaft verbleiben würden, wo sie angefallen seien. Im Hinblick auf die - bereits in den Vorjahren praktizierten - Geschäfte im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank sollten die hieraus erzielten Erträge für das Jahr 2011 aber noch gleichmäßig aufgeteilt werden.

    854
    ee) Dass aufgrund der vorstehenden dargestellten Aktiengeschäfte Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag angerechnet würde, obwohl der Leerverkäufer zuvor nicht entsprechend belastet und die Steuern auch nicht sonst von der Dividendenkompensationszahlung abgezogen worden waren, entsprach dem gemeinsamen Plan der gesondert Verfolgten BP und BX sowie des Angeklagten CA, die gemeinsam hierauf hingewirkt hatten.

    855
    Die für die YT-Bank und die Einziehungsbeteiligte handelnden gesondert Verfolgten BP und BX wussten von Beginn an, dass bei den Aktiengeschäften Leerverkäufer tätig waren, bei denen weder hinsichtlich der Dividenden noch hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen eine Steuererhebung, mithin ein Abzug von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag erfolgen würde. Ihnen war insoweit auch bekannt, dass die Transaktionen ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machten und dass in diesem Zusammenhang auch Angehörige von ZD tätig wurden. Ihnen war ferner bewusst, dass die Steuern auch nicht von der YT-Bank oder der Einziehungsbeteiligten oder von einer anderen Stelle gezahlt worden waren. Sie wussten, dass dieser Sachverhalt in der späteren Steuererklärung, mit der die Anrechnung beantragt wurde, nicht offengelegt wurde. Sie erkannten zudem die Möglichkeit, dass wegen des fehlenden Steuerabzuges - insbesondere der Nichtbelastung der Leerverkäufer mit der Steuer - die Voraussetzungen für die mit der Steuererklärung geltend gemachte Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in einer Höhe von 3.999.768,75 Euro eventuell nicht vorliegen könnten und eine spätere Anrechnung daher eventuell nicht mit dem deutschen Steuerrecht in Einklang steht. Dies nahmen sie billigend in Kauf.

    856
    Der Angeklagte CA wusste aufgrund seiner Kenntnisse über die Ausgestaltung und Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften, dass die von der ZD Capital Ltd. an die YT-Bank vermittelten Verkäufer bzw. Broker im Rahmen der gegenständlichen Aktiengeschäfte bei dem von ihm prognostizierten weiteren Ablauf nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet werden und die Steuer auch sonst nicht abgezogen würde, die YT-Bank diese jedoch gleichwohl zur Anrechnung bringen wird. Er sah insoweit die - von ihm auch gebilligte - Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank angestrebten Anrechnung von Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag mangels vorherigen Steuerabzuges eventuell nicht vorliegen. Ferner erkannte er die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Umstand der unterbliebenen Erhebung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag bzw. die Nichtbelastung der Leerverkäuferseite mit der Steuer in dem späteren Anrechnungsantrag trotz entsprechender Offenbarungspflichten nicht erwähnt werden würde. All diese für möglich erkannten Sachverhaltsvarianten billigte er.

    IV. Nachtatgeschehen

    857
    Die Angeklagten waren im Jahr 2011 und danach über die abgeurteilten Geschäfte hinaus auch an weiteren CumEx-Leerverkaufstransaktionen beteiligt. Solche setzten sie insbesondere für US-Pensionsfonds um. Der Angeklagte AO verließ die ZC-Gruppe im Jahr 2013.

    1. Erste Ermittlungen

    858
    Im Jahr 2012 wurden die ersten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung im Rahmen der Geschäfte der BV GmbH aufgenommen. Diese richteten sich auch gegen die Angeklagten. In den Folgejahren weiteten sich die Ermittlungen zu CumEx-Transaktionen aus. Insbesondere die Staatsanwaltschaft Köln ermittelte in einer Reihe von Tatkomplexen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

    859
    Die Ermittlungen waren zeitaufwändig und zunächst davon geprägt, dass den beteiligten Behörden das Hintergrundwissen zu den Geschäften und zu deren Ausgestaltung fehlte. Nachdem er sich von seinem Kanzleipartner AE getrennt hatte, beschloss der gesondert Verfolgte CD, mit den Ermittlungsbehörden zusammen zu arbeiten und ließ sich ab Herbst 2016 von der Staatsanwaltschaft Köln umfangreich zu den damaligen Vorgängen vernehmen. Parallel hierzu nahm er mit einer Reihe von Personen, insbesondere mit Aktienhändlern, Kontakt auf und versuchte, diese für eine Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden zu gewinnen. Einer war der gesondert Verfolgte CG, der sich daraufhin ebenfalls den Vernehmungen durch die Staatsanwaltschaft Köln stellte. Er erläuterte den Behörden erstmals die Funktion und Wirkweise des Dividendenlevels und brachte so die Ermittlungen entscheidend voran.

    2. Aufklärungsbeiträge des Angeklagten CA

    860
    Auch der Angeklagte CA entschied sich - allerdings ohne Einfluss des gesondert Verfolgten CD - schließlich zur Aussage. In diesem Zusammenhang nahm er über seine Verteidiger initiativ Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Köln auf. Im weiteren Verlauf stellte er sich umfangreich den Fragen der Ermittlungsbehörden. Vor Erhebung der Anklage kam es in diesem Zusammenhang zu über dreißig ganztägigen Vernehmungen. Auch wenn diese teilweise an mehreren aufeinander folgenden Tagen stattfanden, musste der Angeklagte CA dazu häufig aus Großbritannien anreisen.

    861
    Im Rahmen seiner Vernehmungen schilderte er umfangreich das Zusammenwirken der Beteiligten bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften und erläuterte zahlreiche Strukturen und Strategien. Insbesondere machte er Angaben zur Bepreisung der Kurssicherungsgeschäfte und zu deren Hintergründen. Er erläuterte, dass den privaten Investoren nach den Vorgaben des gesondert Verfolgten CD nur der Teil des insgesamt erzielbaren Profits zufließen sollte, der benötigt wurde, um die diesen versprochene Rendite auszuzahlen (vgl. auch Fall 5). Diese war von Beginn an so kalkuliert, dass erhebliche weitere Profitanteile für die gesondert Verfolgten AE und CD verblieben.

    862
    Die Ausführungen des Angeklagten CA brachten zahlreiche neue Erkenntnisse. Er wies sowohl auf weitere Ermittlungsansätze zu den bereits untersuchten Fällen hin, lenkte darüber hinaus den Blick der Ermittler aber auch auf neue, umfangreiche Tatkomplexe, die diesen bislang noch gänzlich unbekannt waren. Dadurch konnten weitere Beteiligte identifiziert werden, die bislang noch nicht in das Blickfeld der Ermittler geraten waren. Insgesamt konnten durch seine vor der Eröffnung des Hauptverfahrens gemachten Angaben bereits knapp 30 Ermittlungskomplexe gefördert werden. Vermehrt fasste der Angeklagte CA seine Erkenntnisse aufgrund der Komplexität der Materie auch schriftlich zusammen und stellte sie den Ermittlungsbehörden in Vermerkform zur Verfügung; dies geschah teilweise auch kurzfristig.

    863
    Auch zwischen den Hauptverhandlungstagen stand er weiter für Vernehmungen zur Verfügung. So machte er gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern weitere Angaben zu Optionsstrategien, dort insbesondere zu den sog. LEPO-Modellen, und erläuterte die Bepreisung dieser Geschäfte. Auch machte er weitere Angaben gegenüber dem Finanzamt YB.

    3. Aufklärungsbeiträge des Angeklagten AO

    864
    Auch der Angeklagte AO entschied sich im Verlauf der Ermittlungen für eine Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und stellte sich deren Fragen. Hierzu nahm er über seine Verteidiger eigenständig Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Köln auf.

    865
    In der Folge sagte der Angeklagte AO bei insgesamt vierzehn ganztägigen Vernehmungsterminen aus. Zu diesen reiste er - so diese nicht an aufeinander folgenden Tagen stattfanden - jeweils eigens aus dem Ausland an. Dabei machte er sowohl allgemeine Angaben zum CumEx-Handel, insbesondere aber auch solche zu verschiedenen Gestaltungen bei der Belieferung der Leerverkäufe mit Ex-Aktien. Hier erläuterte er zum Beispiel die sog. „Sparda-Trades“ und zeigte auf, wie Stückegeber es erreichten, möglichst viele Aktien zu liefern, auch wenn sie diese am Tag der Hauptversammlung noch nicht in ihrem Bestand hatten. Auch erklärte er die Zwischenlagerung von Aktien als weitere Strategie zur Optimierung der Belieferung. Durch seine Angaben konnten mindestens acht Ermittlungskomplexe gefördert werden. Daneben benannte er in zwei weiteren Sachverhalten bislang unbekannte Beschuldigte und zeigte bezüglich drei weiterer Gesellschaften Ermittlungsansätze auf.

    866
    Auch der Angeklagte AO steht den Ermittlungsbehörden weiterhin für Fragen zur Verfügung. Nach der Eröffnung des Hauptverfahrens übermittelte er zum Beispiel eine Liste mit seinen Geschäftskontakten im Rahmen von CumEx-Transaktionen.

    4. Zahlung des Angeklagten CA an die Staatskasse

    867
    Der Angeklagte CA leistete im Februar 2020 über seine Verteidiger eine Zahlung in Höhe von 3 Mio. Euro an die Staatskasse, um auf diesem Wege einen Teil der von ihm generierten Erlöse aus den verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäften zurückzuzahlen.

    C. Beweiswürdigung

    I. Einlassungen

    868
    Beide Angeklagten haben sich in der Hauptverhandlung zu ihrer Person den getroffenen Feststellungen entsprechend geäußert.

    869
    Auch zu den Tatvorwürfen haben sich beide Angeklagte hinsichtlich des objektiven Geschehens vollständig geständig gezeigt, wobei sie zu diversen Einzelheiten mangels eigener Wahrnehmung und bestehender Erinnerungslücken keine genauen Angaben machen konnten. Im Einzelnen:

    1. Einlassung des Angeklagten CA

    870
    Der Angeklagte CA hat sich wie folgt eingelassen:

    871
    a) Der Angeklagte CA hat entsprechend den getroffenen Feststellungen umfangreich die Wirkweise von CumCum- und CumEx-Leerverkaufsgeschäften geschildert und anhand verschiedener Strategien dargestellt, wie diese umgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang hat er sich im Sinne der Feststellungen auch zu den verschiedenen Beteiligten, den im Vorfeld getroffenen Absprachen (den sog. „soft commitments“) sowie den über die Jahre jeweils üblichen Dividendenleveln und sonstigen Preisen bzw. Preisspannen geäußert, die die weiteren - neben Leerkäufern und Leerverkäufern - beteiligten Personen bzw. Institutionen für ihre Leistungen üblicherweise forderten. Ferner hat er dargestellt, wie die jeweils betroffenen Beteiligten zusammenwirkten, wenn unvorhergesehene Situationen - wie zum Beispiel die im Vorfeld nicht berücksichtigte Ausschüttung einer Sonderdividende - eintraten und wie im Vorfeld absehbare Probleme bei der Abwicklung der Geschäfte vermieden werden konnten, etwa durch die Vereinbarung längerer Lieferfristen als t+2.

    872
    Zur Feststellung der die CumEx-Geschäfte prägenden Leerverkäufe von Aktien, in deren Rahmen der Aktienverkäufer hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und die Steuer auch sonst weder erhoben noch abgeführt wurde, hat er verschiedene Indizien aufgezeigt, anhand derer Leerverkäufe erkennbar seien. Es handele sich hierbei insbesondere um die Preisgestaltung unter Berücksichtigung der eingerechneten Dividendenlevel, um die auffällige Größe der gehandelten Volumina und um das Auftreten von Lieferverzögerungen bzw. um Lieferungen von Aktien außerhalb des Zeitraums von zwei Tagen nach der Hauptversammlung. Zudem hat er geschildert, dass er selbst - bzw. ab dem Jahr 2009 gegebenenfalls ein anderer Mitarbeiter der ZD Principals Ltd. - in einer Vielzahl von Fällen die Ex-Belieferung der Leerverkäufe organisiert habe. Soweit dies nicht der Fall gewesen sei, habe das daran gelegen, dass die Gegenseite ein sog. Paket gehandelt und für ihre Eindeckung selbst gesorgt habe. Insoweit sei immer klar gewesen, dass es sich um Leerverkäufe gehandelt habe. Das Angebot, die Beschaffung der Ex-Aktien zu planen, habe die Stellung der ZD-Gruppe im Markt gefestigt.

    873
    Ebenfalls entsprechend der getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte CA geschildert, wie er im Jahr 2005 erstmals auf CumEx-Strukturen aufmerksam wurde und wie er an diesen sodann in der Folgezeit selbst im Rahmen seiner Tätigkeit für die YJ beteiligt war. Dies betrifft insbesondere auch seine Aktivitäten im Rahmen der sog. BV-Geschäfte und die Strukturen innerhalb der YJ. Auch schilderte er die Arbeitsweise des von dem gesondert Verfolgten BM geleiteten Handelstisches MMM, dem er angehörte.

    874
    Wie festgestellt hat sich der Angeklagte CA darüber hinaus zu den Gründen seines Weggangs von der YJ sowie zur Struktur, zum Aufbau und zur Entwicklung der ZD-Gruppe und der ZC-Gesellschaften eingelassen. Gleiches gilt für seine Tätigkeiten und Aufgaben im Rahmen der ZD-Gruppe und dort insbesondere für die ZD Principals Ltd.. Dies umfasst auch das Zusammenwirken der ZD Capital Ltd. bzw. der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Zusammenstellung und Planung der jeweiligen Aktienkörbe, daneben insbesondere auch die Rolle der ZD Principals Ltd. bei der Organisation der Ex-Belieferungen der Leerverkäufer. Ferner hat er wie festgestellt im Einzelnen geschildert, wie die ZD Principals Ltd. das Trading der Future-Absicherungsgeschäfte über YS ausführte. Bei der ZD Principals Ltd. habe er - so der Angeklagte CA weiter - ab dem Jahr 2009 gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten BR gehandelt. In diesem Zusammenhang habe er in den Investmentfonds-Fällen (vgl. Fälle 4 bis 7, 9 und 10) auch in einer Reihe von Fällen die erforderlichen Absprachen mit den Brokern getroffen, das Trading der Future-Absicherungsgeschäfte durchgeführt sowie die Belieferung der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien organisiert und die hierfür erforderlichen Geschäfte durchgeführt. Aufgrund der Arbeitsteilung mit dem gesondert Verfolgten BR war es ihm allerdings nicht mehr möglich zu sagen, ob er insoweit in allen der angeklagten Fällen konkret tätig war bzw. welche Aktiengattungen diesbezüglich betroffen waren; grundsätzlich sei der gesondert Verfolgte BR insoweit etwas aktiver gewesen, weil er, der Angeklagte CA, insoweit auch andere Aufgaben wahrgenommen habe. Die Profitabilität der Geschäfte habe er aber in allen Jahren wöchentlich kontrolliert.

    875
    Soweit auch die Ex-Eindeckung der Leerverkäuferseite habe organisiert werden müssen, sei auch das „Recycling“ von Aktien umgesetzt worden, bei dem ein Aktienpaket aus der Auflösung („Unwind“) des einen CumEx-Geschäfts dazu benutzt worden sei, ein zweites CumEx-Geschäft zu beliefern. Nicht hingegen habe stattgefunden, was er „Looping“ nenne, nämlich das mehrfache Hin- und Herschieben eines Aktienpaketes zwischen denselben Parteien. Dies habe er immer abgelehnt.

    876
    Entsprechend der Feststellungen eingelassen hat der Angeklagte CA sich ferner zu der anteilsmäßigen Verteilung sämtlicher Einkünfte der ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. aus den verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen nach Abzug aller Kosten mittels Gehalts- und Bonizahlungen sowie Gewinnentnahmen und der Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Jahr 2011 an sämtliche Teilhaber. Zwar konnte der Angeklagte keine Angaben dahingehend mehr tätigen, wann und in welchem Umfang Bonizahlungen und Gewinnentnahmen im Einzelnen erfolgten und welcher Wert den an ihn übertragenen Gesellschaftsanteilen zukam. Allerdings hat er geschildert und konkret vorgerechnet, dass ihm neben den gesondert Verfolgten BM, BQ und BR im Ergebnis ein Viertel der Einkünfte nach Abzug aller Kosten zugeflossen sei. Auch die Einlassung des Angeklagten zur Höhe des von ihm vereinnahmten Gehaltes sowie zur Höhe der in den einzelnen Fällen bei den ZD Gesellschaften bzw. bei der ZC Capital Ltd. angefallenen Einkünften und Kosten erfolgte entsprechend der Feststellungen. Hierbei hat der Angeklagte in den Fonds-Fällen (Fälle 4 bis 7, 9 und 10) unter Zugrundelegung der vereinbarten Dividenden- und Fondsleveln erläutert, wie der von der ZD Principals Ltd. vereinnahmte Spread sowie die hiervon in Abzug zu bringenden Kosten für Broker und Prime Broker ermittelt werden können.

    877
    Zur Höhe der seitens der ZD-Gesellschaften und von der ZC Capital Ltd. im Zeitraum 2008 bis 2011 für Mitarbeitergehälter, Infrastruktur und die Einholung von Rechtsrat aufgewandten Kosten hat sich der Angeklagte CA ebenfalls entsprechend der Feststellungen eingelassen. Insoweit hat er im Einzelnen dargelegt, dass die Rechtsberatungsgebühren insbesondere im Zusammenhang mit der Gründung der einzelnen Gesellschaften angefallen und Mietzinszahlungen insbesondere für die von den ZD-Gesellschaften unterhaltenen Büroräume aufzuwenden gewesen seien. Eingelassen hat sich der Angeklagte ferner zum Anwachsen des Mitarbeiterstammes bei den ZD-Gesellschaften und zu den insoweit angefallenen Gehaltskosten. Insgesamt habe es sich zwar dergestalt verhalten, dass die so zusammengesetzten Kosten der Gesellschaften in den Jahren 2009 und 2010 höher ausgefallen seien als in 2008 und 2011. Sie hätten sich aber im Schnitt auf jährlich 5 Mio. Euro belaufen, wovon 3 Mio. Euro auf Mitarbeitergehälter und an die Mitarbeiter geleistete Bonizahlungen und jeweils 1 Mio. Euro auf Rechtsberatungs- und auf Infrastrukturkosten entfallen seien.

    878
    Auch zu der Geschäftsbeziehung mit den gesondert Verfolgten AE und CD sowie den in diesen Zusammenhang geschlossenen Verträgen mit der YW Ltd. bzw. der YW S. à r. l. hat er sich im Sinne der Feststellungen eingelassen.

    879
    b) Der Angeklagte CA hat sich ferner zu allen Einzelkomplexen der Anklage eingelassen. Für sämtliche Taten gilt insoweit, dass er zwar noch Erinnerungen an die damals gängigen Dividendenlevel und Gewinne hatte. Hinsichtlich der Details (etwa exakte Stückzahlen und Preise) zu den seinerzeit jeweils gehandelten Aktien war dies jedoch nicht mehr der Fall. Ferner war er nicht mehr in der Lage zu sagen, in welchen Fällen er - im Rahmen seiner Tätigkeit für die ZD-Gesellschaften - selbst die Gespräche und Verhandlungen mit der Gegenseite geführt hatte und in welchen konkreten Fällen es erforderlich war, für diese die spätere Lieferung von Ex-Aktien zur organisieren bzw. in welchen Fällen Pakete gehandelt wurden. Zutreffend sei, dass es bei einigen der Investmentfondsfälle vereinzelt auch CumCum-Geschäfte gegeben habe. An die Hintergründe hierfür erinnere er sich nicht mehr, sicher sei aber, dass diese bewusst als CumCum-Geschäft geplant gewesen seien. Eine Ausnahme gelte nur für die CumCum-Geschäfte im Rahmen des BC Pro Rendite Fonds, bei denen die Cum-Lieferungen auf die Abwicklungspraxis der Börse XETRA zugeschnitten gewesen seien.

    880
    aa) Zu den Eigenhandelsfällen der YT-Bank (Fälle 1 bis 3, 8, 11) hat sich der Angeklagte CA im Übrigen wie folgt eingelassen:

    881
    Zum genauen Zustandekommen der Geschäftsbeziehung zwischen der YJ und der YT-Bank hat er mangels eigener Wahrnehmungen keine Angaben machen können. Im Sinne der Feststellungen hat er sich aber zu seiner Zusammenarbeit mit dem gesondert Verfolgten AW und der in den Eigenhandelsfällen der YT-Bank umgesetzten CumEx-Handelsstrategie geäußert. Dabei hat er insbesondere wie festgestellt geschildert, wie er im Rahmen der Tätigkeit für die YJ in den Jahren 2007 und 2008 die Aktienkörbe mit dem gesondert Verfolgten AW abgestimmt und bei der Planung der Geschäfte die erforderlichen Parameter mit der Leerverkäuferseite ausgehandelt und abgesprochen habe.

    882
    Den Feststellungen entsprechend hat er sich auch zu der Geschäftsbeziehung der YT-Bank und der ZD Capital Ltd. geäußert und die Fortsetzung seiner Tätigkeiten im Rahmen der Dividendensaison 2008 auf Seiten der ZD Capital Ltd. dargestellt.

    883
    Seine Tätigkeiten im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank in den Jahren 2009 bis 2011 (Fälle 3, 8, 11) und die Zusammenarbeit von der ZD Capital Ltd. und der YT-Bank hat er ebenfalls wie festgestellt geschildert. Dabei hat er insbesondere eingeräumt, in allen Jahren in die Vorbereitung der Transaktionen eingebunden gewesen zu sein und für Rückfragen des gesondert Verfolgten AW - bzw. im Jahr 2011 von anderen Mitarbeitern der YT-Bank - zur Verfügung gestanden zu haben. Auch sei er hinzugezogen worden, wenn in Einzelfällen besondere Probleme während des Handels aufgetreten seien. Erinnerungen an konkrete Situationen hat er insoweit allerdings nicht mehr gehabt. Gleiches gilt für die Frage, für welche konkreten Transaktionen des Eigenhandels der YT-Bank es in den Jahren 2009 bis 2011 erforderlich war, die Eindeckung der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien zu planen und umzusetzen bzw. wo Pakete gehandelt wurden.

    884
    bb) Hinsichtlich des HI Aktien 1 Fund (Fall 4) hat sich der Angeklagte CA entsprechend den Feststellungen eingelassen zu

    885
    •dem Eigeninvestment der ZD-Gruppe über die ZD Financial Investments Ltd. in den Investmentfonds;
    •dem Prime Broker;
    •dem Zusammenwirken von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Planung der Geschäfte;
    •der Zwischenschaltung der ZD Principals Ltd. in die Absicherungsgeschäfte und den hierdurch erzielten Profiten.

    886
    cc) Entsprechend den Feststellungen hat sich der Angeklagte CA zu dem Komplex BC German Equity Special Fund (Fall 5) eingelassen zu

    887 •der Struktur des Investmentfonds;
    •dem Prime Broker und dem zur Verfügung gestellten Hebel-Kapital;
    •dem Anwerben der Investoren durch die gesondert Verfolgten AE und CD;
    •den von dem Investmentfonds umgesetzten CumEx-Handelsstrategien, insbesondere zu der von ihm erarbeiteten Calendar-Spreads-Strategie. Im Sinne der Feststellungen hat er dabei auch das Gespräch mit dem gesondert Verfolgten CD hinsichtlich der Berechnung der Dividendenlevel geschildert, zu denen die Absicherungsgeschäfte mit dem Investmentfonds gehandelt werden sollten;
    •dem Zusammenwirken von der ZD Capital UK Ltd. mit der ZD Principals Ltd. bei der Planung der Geschäfte;
    •der Zwischenschaltung der ZD Principals Ltd. in die Absicherungsgeschäfte und den hierdurch erzielten Profiten;
    •der späteren Forderung des Investors BY und zu der von dem gesondert Verfolgten BM hierzu ausgehandelten Lösung;
    •den von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. erzielten Profiten sowie der späteren Zahlung an die YW Ltd.

    888
    dd) Hinsichtlich des BACA Fonds (Fall 6) hat sich der Angeklagte CA entsprechend den Feststellungen eingelassen zu

    889 •der Struktur des Investmentfonds und der Aufgabe der ZH Ltd.;
    •dem Prime Broker und dem zur Verfügung gestellten Hebel-Kapital;
    •dem Anwerben der Investoren durch die gesondert Verfolgten AE und CD;
    •der von dem Investmentfonds umgesetzten CumEx-Handelsstrategie;
    •dem Zusammenwirken von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Planung der Geschäfte bzw. der Umsetzung der Handelsstrategie;
    •der Zwischenschaltung der ZD Principals Ltd. in die Absicherungsgeschäfte und den hierdurch erzielten Profiten;
    •den von der ZD Capital UK Ltd. erzielten Profiten sowie der späteren Zahlung an die YW Ltd.

    890
    ee) Entsprechend den Feststellungen hat sich der Angeklagte CA darüber hinaus hinsichtlich des JS Futures Fund (Fall 7) eingelassen zu

    891
    •der Struktur des Investmentfonds;
    •dem Prime Broker und dem zur Verfügung gestellten Hebel-Kapital;
    •dem Anwerben der Investoren durch YG und dem geleisteten Eigenkapital für den JS Futures Fund;
    •den von dem Investmentfonds umgesetzten CumEx-Handelsstrategien, insbesondere zu der von ihm erarbeiteten Calendar-Spreads-Strategie unter Verwendung der Börse LIFFE und dem Hintergrund für die Umsetzung von zwei verschiedenen Strategien;
    •dem Zusammenwirken von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Planung der Aktien- und Futuregeschäfte;
    •den Tätigkeiten der ZD Principals Ltd. im Rahmen der Future-Absicherungsgeschäfte zur eigenen Gewinnerzielung - im Fall des JS Futures Funds entweder durch Zwischenschaltung in die Absicherungsgeschäfte von Leerkäufer und Leerverkäufer oder zwischen den Stückegeber der Ex-Aktien und dem Leerverkäufer - sowie den hierdurch erzielten Profiten;
    •den von der ZD Capital UK Ltd. erzielten Profiten und den Zahlungen an den Finanzberater YG, wobei er insoweit angegeben hat, der an diesen abgeführte Anteil am Profit habe 30 Prozent oder möglicherweise auch etwas mehr betragen. Jedenfalls sei er nicht so hoch gewesen wie derjenige, den die gesondert Verfolgten AE und CD erhalten hätten.

    892
    ff) Entsprechend den Feststellungen hat sich der Angeklagte CA zu dem Komplex BC Pro Rendite Fonds (Fall 9) eingelassen zu

    893
    •der Struktur des Investmentfonds;
    •dem Prime Broker;
    •dem Anwerben der Investoren - unter seiner teilweisen Mitwirkung - durch den YH und dem hierdurch generierten Eigenkapital;
    •der von ihm erarbeiteten Delayed-Settlement-Strategie;
    •dem Zusammenwirken von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Planung der Geschäfte;
    •der Zwischenschaltung der ZD Principals Ltd. in die Absicherungsgeschäfte und den hierdurch erzielten Profiten;
    •den von der ZD Capital UK Ltd. erzielten Profiten sowie der Zahlung an den YH für das Anwerben der Investoren.

    894
    gg) Entsprechend den Feststellungen hat sich der Angeklagte CA darüber hinaus hinsichtlich des BC German Hedge Fund (Fall 10) eingelassen zu

    895
    •der Struktur des Investmentfonds und der ZL als ursprünglich vorgesehener Depotbank;
    •dem Prime Broker;
    •der Einführung der Investoren, die das benötigte Eigenkapital stellten, durch die gesondert Verfolgten AE und CD einerseits und den YH - unter seiner Mitwirkung - andererseits;
    •dem Zusammenwirken der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei der Planung und Umsetzung der Geschäfte;
    •der Zwischenschaltung der ZD Principals Ltd. in die Absicherungsgeschäfte und den hierdurch erzielten Profiten;
    •den von der ZD Capital UK Ltd. erzielten Profiten sowie zu den späteren Zahlungen an die YW S. à r. l. und den YH.

    896
    hh) Schließlich hat er sich über seine Beteiligung an den Fällen 1 bis 11 hinaus auch zu der ihm vorgeworfenen Beteiligung an dem CumEx-Leerkaufhandel der XA GmbH, der Struktur dieser Geschäfte, der Beteiligung der ZD-Gruppe hieran sowie den hierdurch seitens der ZD-Gruppe vereinnahmten 233.751 Euro geständig geäußert (Fall 3 der Anklageschrift). Insoweit hat die Kammer das Verfahren nach § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StPO vorläufig eingestellt.

    897
    c) Zu seinen damaligen Vorstellungen hat der Angeklagte CA ausgeführt, er habe zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit erkannt, dass CumEx-Leerverkaufsgeschäfte in der von ihm praktizierten Form oder die Beteiligung hieran strafbar seien. In seiner beruflichen Umgebung seien (Steuer)Arbitrage-Transaktionen üblich und die Umsetzung von Steuervermeidungsstrategien ein verbreiteter Tätigkeitszweig gewesen. Steueroptimierungen seien im Rahmen des Gesetzes erlaubt gewesen und hätten - so die klare Erwartung der Banken und Kunden - wahrgenommen werden sollen. Dies habe auch doppelte Erstattungen von Steuern eingeschlossen. Die Rechtmäßigkeit solcher Transaktionen sei in seinem Umfeld nicht in Frage gestellt worden. Er habe im Rahmen seines Weggangs von der YJ deshalb auch keinen Anlass gesehen, irgendwelche Unterlagen oder Dateien, die als inkriminiert angesehen werden könnten, zu löschen.

    898
    Im Rahmen der im Jahr 2006 bei der YJ eingeführten BV-Geschäfte habe er den gesondert Verfolgten AE kennen gelernt, der zu dieser Zeit einer der angesehensten Steueranwälte in Deutschland gewesen sei. Dieser habe die BV-Struktur als im Sinne des Steuerrechts ausgesprochen gut durchdacht beschrieben. Es gäbe weder in wirtschaftlicher noch in steuerlicher Hinsicht besondere Risiken.

    899
    Der gesondert Verfolgte AE habe ihm beigebracht, dass im deutschen Recht nur der Wortlaut maßgebend sei. Auch Vorgesetzte und Kollegen - zunächst bei YR, später bei der YJ - hätten ihm gesagt, dass CumEx rechtlich erlaubt sei. Als Worst-case-Szenario habe er lediglich den Fall gesehen, dass ausstehende Steuererstattungen durch die Finanzbehörde verweigert würden. Da die ZD-Gesellschaften aber weder Leerverkäufer noch Leerkäufer gewesen seien, habe er insoweit kein wirtschaftliches Risiko gesehen. Bis zu dem Zeitpunkt, in dem er erstmals mit den gegen ihn gerichteten Beschuldigungen konfrontiert worden sei, sei ihm nicht klar gewesen, dass der strafrechtliche Vorwurf nicht an die Nichterhebung der Steuer bei dem Leerverkäufer anknüpfe, sondern an die Steuerrückerstattung und die in diesem Zusammenhang durch die Behörden für unrichtig bzw. unvollständig bewerteten Informationen. Seine Sicht sei insoweit auf die der Leerverkäufer gerichtet gewesen. Er sei davon ausgegangen, irgendwann entstünde bei deren Clearstream-Konten ein „Loch“. Insoweit sei er aber davon ausgegangen, dass große Finanzinstitute als Leerverkäufer agierten, die sich rechtlich abgesichert hätten.

    900
    Die durch Rechtsanwaltskanzleien mit hoher Reputation erstellten Rechtsgutachten habe er nicht als Feigenblätter betrachtet, wobei er - wie er auf spätere Nachfrage einräumte - nicht glaube, jemals ein Rechtsgutachten vollständig gelesen zu haben. Die Grenze des Rechtmäßigen habe er dort gesehen, wo Aktiengeschäfte außerhalb des Systems von Clearstream reguliert worden seien; dies sei nicht nur das von ihm als „Voucher-Printing-System“ bezeichnete System, sondern auch das von ihm sogenannte „Closed-Market-System“ gewesen. Die Beteiligung an solchen Strukturen habe er immer abgelehnt.

    901
    Heute sehe er die Geschäfte anders und sei sich bewusst, dass er damals nicht genügend reflektiert habe, indem er auf eine enge Wortauslegung vertraut habe.

    902
    Aus seiner damaligen Sicht sei der Gesetzgeber allerdings hinter den Möglichkeiten, die CumEx-Geschäfte zu unterbinden, zurückgeblieben. Im Gegensatz hierzu habe etwa die Schweiz den CumEx-Handel im Jahr 2008 effektiv unterbunden. Auch das BMF-Schreiben von Mai 2009 sei aus seiner Sicht weit hinter den Schweizer Regelungen zurückgeblieben. Er habe dies dahin gewertet, dass der Gesetzgeber jedenfalls gewillt war, die CumEx-Geschäfte zu tolerieren, und darin eine Legitimation gesehen.

    903
    Im Rahmen diverser Nachfragen durch die Kammer hat er überdies ausgeführt, bereits während seiner Tätigkeit bei der YJ habe er zwei Risikopositionen bei den CumEx-Geschäften gesehen: Einerseits das Risiko des Leerverkäufers mit der späteren Belastung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag, andererseits das Risiko des Leerkäufers, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag nicht angerechnet oder erstattet zu bekommen. Bei der YJ habe er die Rolle seines Handelstisches darin gesehen, keine dieser Positionen einzunehmen, sondern nur vermittelnd tätig zu werden. Sie hätten sich als Intermediäre des (Steuer)Risikos gesehen und nicht als diejenigen, die selber Risiken eingingen. Ihm sei klar gewesen, dass es sich bei dem Risiko der Nichterstattung/Nichtanrechnung der Steuer um ein Risiko handelte, bei dem es nur ein Alles oder Nichts gegeben habe. Das Eigeninvestment der ZD-Gruppe im Rahmen des HI Aktien 1 Fund habe zunächst nicht seinem Willen entsprochen, weil er bei den Geschäften grundsätzlich weder Leerkäufer- noch Leerverkäuferseite habe sein und das Risiko eines Verlustes des eingesetzten Kapitals nicht habe eingehen wollen. Offensichtlich habe er dem nach internen Gesprächen dann aber für den HI Aktien 1 Fund doch zugestimmt.

    904
    Risiken gäbe es grundsätzlich bei jeder Investition, die auf der Erstattung von Steuern basiere. Im Rahmen der XA-Fälle, bei denen eine Rückerstattung der Steuer ausgeblieben sei, sei man sich der Vorteile bewusst geworden, die die Investmentfonds mit sich brachten, da diese die Kapitalertragsteuer zeitnah erstattet erhielten. Insoweit sei man sich auch bewusst geworden, dass Steuerrückforderungsprozesse „in Papierform“, also nicht elektronisch durchgeführte Anträge, Probleme mit sich brachten.

    905
    Der Hintergrund dafür, dass die CumCum-Dividendenlevel aus Verkäufersicht in den damaligen Jahren stets erheblich über denjenigen lagen, die für CumEx-Geschäfte zu erzielen waren, habe in den Risiken begründet gelegen, die aus Sicht der Aktienkäufer und -verkäufer mit der Dividendenkompensationszahlung verbunden gewesen seien.

    906
    d) Zu den Tätigkeiten des Angeklagten AO im Rahmen der gegenständlichen Fälle hat der Angeklagte CA ausgeführt, dieser habe im Jahr 2007 an dem von dem gesondert Verfolgten BM geleiteten Handelstisch in einem Team mit dem gesondert Verfolgten CH gearbeitet (sog. „Flow-Trading-Team“). Dort habe dieser sich die Arbeit mit dem gesondert Verfolgten CH geteilt, wobei er, der Angeklagte CA, nicht sagen könne, wer von beiden mit welchen Aufgaben betraut gewesen sei. Dem gesondert Verfolgten CH sowie dem Angeklagten AO hätte die Umsetzung der - von ihm geplanten und vorverhandelten - BV-Geschäfte und die konkrete Umsetzung der - wiederum von ihm organisierten - Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank oblegen. Er gehe davon aus, dass sich beide die Arbeit geteilt und abgesprochen hätten, zudem hätten sich der Angeklagte AO und der gesondert Verfolgte CH auch gegenseitig vertreten. Zu den Einzelheiten könne er allerdings keine Angaben mehr machen. Die im Vorfeld der Geschäfte erforderlichen Verhandlungen und Absprachen mit der Gegenseite seien allerdings nicht über den Angeklagten AO, sondern über ihn, den Angeklagten CA, oder den gesondert Verfolgten BM gelaufen.

    907
    Im Hinblick auf die im Jahr 2008 von der ZD Capital Ltd. organisierten CumEx-Geschäfte habe der Angeklagte AO im Vorfeld zugesagt, die ihm bei der Bank zur Verfügung stehenden Aktien zur Ex-Eindeckung der Leerverkäuferseite zur Verfügung zu stellen. Aufgrund dessen seien ihm jeweils kurze Zeit vor dem Handel die erforderlichen Daten mitgeteilt worden, die eigentliche Anfrage sei dann über den Broker gekommen, für den die Lieferung der Ex-Aktien organisiert worden sei. Diese Zusammenarbeit sei aufgrund einer entsprechenden Anfrage von ihm, dem Angeklagten CA, im Jahr 2009 fortgeführt worden. Welche Geschäfte der Angeklagte AO im Jahr 2009 genau beliefert habe, könne er allerdings nicht mehr sagen.

    908
    Im Sinne der getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte CA darüber hinaus den Einsatz des Angeklagten AO ab Spätsommer 2009 bei der ZD Principals Ltd. geschildert. Nach der Spaltung der ZD-Gruppe sei der Angeklagte AO weiterhin für die Planung von Belieferungen der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien zuständig gewesen, soweit diese Aufgabe im Rahmen von CumEx-Leerverkaufsgeschäften für die ZD Capital Ltd. bzw. für die ZC Capital Ltd. angefallen sei.

    2. Einlassung des Angeklagten AO

    909
    Der Angeklagte AO hat sich wie folgt eingelassen:

    910
    a) Auch der Angeklagte AO hat sich entsprechend der Feststellungen zu der Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften geäußert und - insbesondere anhand der Abläufe bei der YJ - die Möglichkeiten geschildert, wie die Belieferung mit Ex-Aktien aus Sicht des Ex-Stückegebers effektiv organisiert werden konnte.

    911
    b) Hinsichtlich seiner Beteiligung an den ihm mit der Anklage vorgeworfenen Taten hat er sich im Wesentlichen wie folgt geäußert:

    912
    Entsprechend den Feststellungen hat er seine Stellung innerhalb des von dem gesondert Verfolgten BM geleiteten Handelstisches MMM geschildert. Für das Jahr 2007 habe er, der Angeklagte AO, keine Erinnerung, ob er an den Geschäften für die YT-Bank (Fall 1) beteiligt gewesen sei. Er könne dies zwar nicht ausschließen. Für das Jahr 2007 sei seinem Team allerdings auch die Umsetzung des Handels für die BV GmbH übergeben worden. Grundsätzlich sei er mehr mit diesem beschäftigt gewesen. Er halte es auch deswegen für wahrscheinlicher, dass der gesondert Verfolgte CH mit den Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank befasst gewesen sei, weil dieser immer zu neuen Aufgaben bereit war und eine Beförderung habe erreichen wollen.

    913
    Seinem Team habe im Übrigen nur das Trading als solches oblegen. In die Planung der Geschäfte im Vorfeld, insbesondere in das Aushandeln der Dividendenlevel mit der Leerverkäuferseite sei er - im Jahr 2007 - nicht eingebunden gewesen. Der CumEx-Handel habe insoweit für ihn zu dieser Zeit im Übrigen auch nur einen kleinen Teil der ihm obliegenden Tätigkeiten ausgemacht.

    914
    Nach dem Weggang der gesondert Verfolgten BM und CH sowie des Angeklagten CA sei er zu Beginn des Jahres 2008 mit seinem Kollegen BA alleine am Handelstisch zurückgeblieben. Insoweit hätte ihm nun die Durchführung der BV-Geschäfte inklusive der Verhandlungen und Absprachen mit der Gegenseite oblegen, was er in der Folge auch umgesetzt habe. In diesem Zusammenhang habe es unter anderem ein Gespräch zwischen dem Sohn des Investors BV, und Beteiligten der Bank gegeben, bei dem es um die Fortführung der Geschäfte gegangen sei. An dem Gespräch habe er zwar teilgenommen, inhaltlich jedoch nichts hierzu beigetragen. Im Übrigen sei ihm von seinem Vorgesetzten CP - nach Rückfrage bei dessen Vorgesetzten CC - mitgeteilt worden, dass die erforderliche Genehmigung für die Fortführung der BV-Geschäfte im Jahr 2008 vorliege. Diese Personen seien beide mit CumEx-Leerverkaufsgeschäften vertraut gewesen.

    915
    Zutreffend sei, dass er im Jahr 2008 auch Ex-Aktien im Rahmen von CumEx-Geschäften geliefert habe. Die große Mehrheit dieser Transaktionen habe er dabei mit bzw. für ZD durchgeführt. Insoweit sei er von dem Angeklagten CA nach dessen Weggang kontaktiert worden und habe ihm seine grundsätzliche Bereitschaft zur Lieferung zugesagt. Auch die Abwicklung dieser Ex-Lieferungen hat er wie festgestellt geschildert.

    916
    Im Jahr 2008 sei es daneben eine der ersten Aufgaben gewesen, die bereits vorliegende Präsentation German Basis Opportunity auf das aktuelle Geschäftsjahr anzupassen, dies habe aber mehr formale Aspekte betroffen und nicht inhaltliche. Schließlich habe sein damaliger Vorgesetzter CP auch alle „Steuertrades“ neu genehmigt haben wollen. In diesem Zusammenhang habe er, der Angeklagte AO, die relevanten Strategien, an denen er beteiligt war, in einer Tabelle zusammengestellt und der Zeugin AZ übergeben. Dies habe auch die vorliegend relevanten und von ihm durchgeführten Ex-Belieferungen beinhaltet. Diese seien in der Folge entsprechend genehmigt worden.

    917
    Für das Jahr 2009 hätten die BV-Geschäfte erneut genehmigt werden müssen. Die Struktur habe in diesem Zusammenhang durch Rechtsanwalt BF von der Kanzlei YU LLP begutachtet werden sollen. Insoweit sei es zu einem ersten Gutachtenentwurf gekommen. Den dort niedergelegten Sachverhalt habe zwar die Zeugin AJ erstellt, die relevanten Informationen hierfür habe sie allerdings zuvor von ihm und Mitarbeitern des Private-Wealth-Teams der YJ erhalten. Dieser Gutachtenentwurf sei später auch von mehreren Personen - unter anderem der Zeugin AJ, CP und ihm selbst - besprochen worden. Einzelheiten zu diesem Gespräch seien ihm allerdings nicht mehr erinnerlich. Im weiteren Verlauf seien die BV-Geschäfte jedenfalls nicht genehmigt worden, die Hintergründe hierfür seien ihm nicht bekannt.

    918
    Wie schon im Vorjahr sei er auch im Vorfeld der Dividendensaison 2009 kontaktiert und gefragt worden, ob ZD bei den von ZD organisierten CumEx-Geschäften mit dem ihm bei der YJ zur Verfügung stehenden Aktienbestand planen könne. Gesprochen habe er wohl mit dem Angeklagten CA, möglicherweise aber auch mit dem gesondert Verfolgten BM. Er habe dies jedenfalls zugesagt und in der Folge auch den gesamten ihm zur Verfügung stehenden Aktienbestand oder zumindest den Großteil hiervon an ZD bzw. die ihm jeweils im Vorfeld konkret genannten Broker geliefert. Er habe insoweit über diejenigen Aktien verfügen können, die sein Handelstisch im unmittelbaren Eigenbestand gehabt habe. Darüber hinaus habe er Aktien verleihen können, die am Dividendenstichtag zwar im Eigentum anderer Personen bzw. Institutionen gestanden hätten, auf die er aber - insbesondere aufgrund der sog. Bondleihen bzw. der sog. „Sparda-Trades“ - am Ex-Tag habe Rückgriff nehmen können. Es habe sich insoweit um Aktien gehandelt, denen am Dividendenstichtag ein weiteres (Gesamt)Kapitalertragsteuervolumen in Höhe von etwa 40 Mio. Euro inne lag. Wenn er Aktien geliefert habe, habe er im Übrigen nicht sehen können, wer auf der Käuferseite gestanden habe. Er habe immer nur den ihm zuvor mitgeteilten Broker gesehen. Er könne daher aus eigener Anschauung nicht konkret sagen, in welchen der angeklagten Fälle er Ex-Aktien geliefert habe.

    919
    Entsprechend den Feststellungen hat der Angeklagte AO darüber hinaus seinen Wechsel im Spätsommer 2009 zu der ZD-Gruppe und seine Tätigkeiten für die ZD Principals Ltd. geschildert. Der Angeklagte CA sei zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem konkreten Handel befasst gewesen, dies habe er erst im Jahr 2011 nach dem Weggang des gesondert Verfolgten BR wieder übernommen.

    920
    Weiter hat der Angeklagte AO geschildert, aufgrund der von ihm bzw. der ZD Principals Ltd. geführten Excel-Sheets einen genauen Überblick über alle CumEx-Geschäfte gehabt zu haben, an denen ZD-Gesellschaften beteiligt waren. Aus diesen Tabellen sei auch erkennbar gewesen, ob auf der Verkäuferseite ein Paket gehandelt worden sei oder ob die ZD Principals Ltd. habe tätig werden müssen, um die Belieferung der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien sicherzustellen. Er schätze, dass in etwa 60 Prozent der betreuten Belieferungstransaktionen kein Paket gehandelt worden, sondern die ZD Principals Ltd. tätig geworden sei. Seine Tätigkeiten - insbesondere im Rahmen der Absprachen im Vorfeld, des Unwinds und im Rahmen von Zwischenlagerungen („to warehouse“) - hat er ebenfalls wie festgestellt eingeräumt.

    921
    Der Angeklagte AO hat weiter ausgeführt, er glaube, erst bei seiner Zeit bei der ZD Principals Ltd. von dem gesondert Verfolgten BR die Möglichkeit des sog. Recyclings kennen gelernt zu haben, bei dem „freigewordene“ Aktienpakte aus der Auflösung eines ersten CumEx-Geschäfts dazu benutzt worden seien, ein zweites CumEx-Geschäft zu beliefern. Er habe insoweit zwar keine genaue Erinnerung, es könne aber sein, dass er dies in einem bestimmten Szenario auch einmal umgesetzt habe. Richtig sei, dass er im Rahmen seiner staatsanwaltlichen Vernehmung angegeben habe, Recycling in Notzeiten schon einmal umgesetzt zu haben.

    922
    Der Angeklagte AO hat nicht ausschließen können, auch im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank im Jahr 2011 an der Organisation von Ex-Aktien beteiligt gewesen zu sein, erinnern hieran konnte er sich allerdings nicht.

    923
    c) Zu seinen damaligen Vorstellungen hinsichtlich der Zulässigkeit von CumEx-Leerverkaufsstrategien der verfahrensgegenständlichen Art hat sich der Angeklagte AO dahin eingelassen, sein Verhalten zu keinem Zeitpunkt für strafbar erachtet zu haben. Er habe auf bestehende Genehmigungen vertraut, darüber hinaus sei er auch weder im Steuerrecht ausgebildet noch sei er jemals mit den Besonderheiten der Steuerrückforderung und ihren Voraussetzungen vertraut gemacht worden.

    924
    Erstmals mit den Geschäften in Berührung gekommen sei er wohl im Jahr 2005 oder 2006. Ihm sei die Struktur damals erklärt worden, allerdings habe er zunächst wenig verstanden. Daher hätten er und sein Kollege BA noch einmal gemeinsam versucht, die Strategie nachzuvollziehen. Im Jahr 2007 habe er insoweit zwar noch kein volles Verständnis von dem CumEx-Handel gehabt. Sein Wissen habe aber ausgereicht, um die ihm übertragenen Aufgaben, insbesondere die Handelsgeschäfte, für die YJ durchzuführen. Auch habe er schon im Jahr 2007 gewusst, dass die Profitabilität der Transaktionen auf einer doppelten Erstattung bzw. Anrechnung der Kapitalertragsteuer beruhte. Vollständig habe er die gesamte Mechanik der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte inklusive der Organisation der Ex-Aktien für die Verkäuferseite aber erst im Rahmen seiner Tätigkeit für die ZD Principals Ltd. verstanden.

    925
    Insgesamt habe er auf die vorhandenen Genehmigungen vertraut, zumal auch diverse andere Banken an den Geschäften beteiligt waren. Er habe keine Spekulation darüber angestellt, was seine Kontrahenten mit den Transaktionen machen würden. Ein Steuerrisiko hätten der gesondert Verfolgte BM und der Angeklagte CA zwar im Rahmen der BV-Geschäfte erwähnt, aber ebenso, dass dieses bei dem Kunden liegen würde. Dieser Aspekt habe auf seinen Entschluss, die ihm aufgetragenen Geschäfte durchzuführen, aber keinen Einfluss gehabt, weil er gar nicht in der Position gewesen sei, hierüber zu entscheiden.

    926
    Hinsichtlich bestehender Risiken habe er nur an operative Risiken für sein Handelsbuch gedacht, nicht aber auch an das Risiko, sich strafbar zu machen. Steuerrisiken hätten bei den Besprechungen zwar eine Rolle gespielt. Für ihn sei das Risiko, dass eine Steuerrückforderung nicht funktioniere, aber nicht existent gewesen. Er habe hierüber im Rahmen der BV-Geschäfte auch deshalb nicht viel nachgedacht, weil die YJ nur Aktienderivate gehandelt und BV zugestimmt habe, das Steuerrisiko zu übernehmen. Zu den Hintergründen etwaiger steuerlicher Probleme sei ihm im Übrigen nichts bekannt gewesen.

    927
    Aufgrund seiner Einsicht in die Akten des von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main gegen ihn wegen seiner Beteiligung an den BV-Geschäften geführten Ermittlungsverfahrens habe er darüber hinaus Kenntnis von einer Mail vom 18.07.2005 erlangt. In dieser habe der Verfasser offen die fragwürdigen Punkte von CumEx-Leerverkaufsgestaltungen angesprochen und die Frage aufgeworfen, ob dies alles rechtlich zulässig sei („IS ALL THAT ALLOWED?“). Angesichts des Umstandes, dass diese Mail von dem gesondert Verfolgten BM auch an ihn versendet worden sei, gehe er zwar davon aus, diese Mail damals erhalten zu haben. Er habe daran aber, ebenso wie an nachfolgende Gespräche hierüber, keine Erinnerung.

    928
    Auch wenn er in den Jahren 2008 und 2009 nicht gewusst habe, an wen die von ZD angeforderten Ex-Aktien konkret gehen sollten, sei ihm angesichts der Preisgestaltung stets bewusst gewesen, dass ein CumEx-Leerverkauf beliefert würde.

    929
    Ihm sei bekannt gewesen, dass die Steuerabteilung der YJ im Jahr 2009 eine Grenze für die Rückerstattung von Kapitalertragsteuer festgesetzt hatte, was dazu geführt habe, dass nur eine begrenzte Anzahl an Aktienstücken am Dividendenstichtag in dem eigenen Handelsbuch seines Handelstisches gehalten werden durfte. Probleme habe er darin aber nicht gesehen, insbesondere habe die festgelegte Grenze ohnehin über dem Volumen gelegen, welches sie im Jahr 2008 gehandelt hätten. Er erinnere nicht, sich wegen der gesetzten Grenze und deren Hintergründe Gedanken gemacht zu haben.

    930
    Auch während seiner Tätigkeit für die ZD Principals Ltd. und später ZC habe er nicht daran gedacht, dass die Struktur illegal sein könne. Er habe gewusst, dass bei ZD Rechtsgutachten über die CumEx-Strukturen im Umlauf waren, auch wenn er diese Gutachten selber nicht gesehen habe. Zutreffend sei, dass diverse Stückegeber von Ex-Aktien interne Vorgaben zu einer Mindesthaltedauer gehabt hätten, für die die Ex-Aktien nur vergeben werden durften. Dies habe es gegebenenfalls erforderlich gemacht, dass er eine Zwischenlagerung der Aktien organisieren musste („to warehouse“); vertiefte Gedanken hierüber habe er sich aber nicht gemacht. Er habe diese - von den entsprechenden Banken jeweils unterschiedlich lang bestimmten - Fristen als Teil des bankinternen Genehmigungsprozesses verstanden, weil deren Steuerabteilungen so ein besseres Gefühl gehabt hätten.

    931
    Richtig sei allerdings, dass bestimmte Institute im Laufe der Zeit nur noch als Vermittler hätten auftreten wollen, weil sie steuerliche Risiken gesehen hätten. Ferner sei zutreffend, dass er mit der Zeit eine Sensibilität bei den Beteiligten dafür bemerkt habe, den Begriff CumEx zu vermeiden, auch wenn er insoweit keinen konkreten Zeitpunkt festmachen könne.

    3. Grundsätzliche Würdigung der Einlassungen

    932
    Soweit sich die Angeklagten zu den damaligen Vorgängen in objektiver Hinsicht geäußert haben, folgt die Kammer ihren Angaben. Insoweit gilt für beide Angeklagten gleichermaßen, dass sie sich durchgängig offen und umfangreich zu den damaligen Vorgängen geäußert haben. Ihre Angaben waren stets erinnerungskritisch. Beide differenzierten zudem stets genau zwischen ihren tatsächlichen Erinnerungen und den Erkenntnissen, die sie erst aufgrund ihrer Einsicht in die gegenständlichen Ermittlungsakten und diejenigen der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main zu den damaligen Vorgängen gewonnen hatten.

    933
    Die Angeklagten antworteten auch durchgängig spontan auf die Vorhalte der Kammer und ließen zu jedem Zeitpunkt Rückfragen zu. Dies galt auch für bis dahin noch nicht bekannte Aktenteile; so, als die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Beweisaufnahme zu dem JS Futures Fund (Fall 7) kurzfristig neu gewonnene Bloomberg-Chatprotokolle zum Gegenstand ihrer Befragung machte.

    934
    Der Detailreichtum der Angaben der Angeklagten war unabhängig davon, ob sie zu den eigentlichen Kernvorwürfen (Beteiligung an den gegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäften) Stellung nahmen oder Randgeschehen bzw. nur allgemeine Aspekte von CumEx-Leerverkaufsstrukturen schilderten.

    935
    Ein Motiv, sich selbst zu Unrecht zu belasten, hat die Kammer nicht finden können. Zwar stand von Beginn an aufgrund der Höhe der verursachten Steuerschäden die Verhängung hoher Freiheitsstrafen im Raum, zumal die Staatsanwaltschaft mit der Anklage beiden Angeklagten in allen Fällen ein mittäterschaftliches Handeln vorgeworfen hatte. Allerdings stand eine Verständigung und ein hierauf basierendes Geständnis der Angeklagten - wie die Kammer mehrfach deutlich gemacht hat, ohne dass die Angeklagten oder deren Verteidiger hierzu eine Stellungnahme erbeten hätten - zu keinem Zeitpunkt im Raum. Zudem folgt aus den Aussagen der Ermittlungsbeamten EKHK BN und ORR AV, dass sich die Angeklagten zu den wesentlichen Punkten bereits im Ermittlungsverfahren eingelassen hatten.

    936
    Auch Fremdbelastungstendenzen waren in den Einlassungen der Angeklagten nicht festzustellen. Insbesondere nannten sie die Namen anderer an CumEx-Leerverkaufsstrukturen beteiligter Personen grundsätzlich nur dort, wo dies für das Verständnis ihrer Ausführungen unerlässlich war oder von dem Gericht bzw. den anderen Verfahrensbeteiligten nachgefragt wurde. Es war aber in diesem Zusammenhang - wie im Übrigen auch sonst - kein Bestreben der Angeklagten erkennbar, die Verantwortung - und sei sie nur moralisch - von sich auf andere zu verlagern.

    937
    Schließlich standen die Ausführungen der Angeklagten - wie im Rahmen der Beweiswürdigung zu den Fällen 1 bis 11 im Einzelnen zu zeigen ist - auch im Einklang mit zahlreichen Urkunden sowie den Aussagen der seinerzeit ebenfalls an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligten Zeugen CG und CD.

    938
    Was die Ausführungen der Angeklagten zu ihren damaligen Vorstellungsbildern über die steuerrechtliche Lage bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften betrifft, folgt die Kammer diesen nur zum Teil (hierzu unten).

    II. Feststellungen zur Person

    939
    Die zu den Personen der Angeklagten getroffenen Feststellungen beruhen jeweils auf deren ausführlichen Einlassungen, denen die Kammer uneingeschränkt folgt. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Angeklagten insoweit die Unwahrheit hätten sagen sollen.

    940
    Die für beide Angeklagten verlesenen Auszüge aus dem Bundeszentralregister bestätigen zudem, dass diese in Deutschland nicht vorbestraft sind.

    941
    Die beruflichen Stationen beider Angeklagter bei der YJ und bei den Gesellschaften der ZD-Gruppe und deren dortiges Tätigkeitsfeld sind zudem durch zahlreiche verlesene Mails und Chatprotokolle aus den Jahren ab 2005 dokumentiert.

    III. Allgemeine Feststellungen zu CumCum- und CumEx-Geschäften

    1. Marktstruktur, allgemeine Eigenschaften der Geschäfte, Dividendenlevel

    942
    Die Feststellungen zur Struktur des Wertpapiermarktes, zu den Eigenschaften von CumCum- und CumEx-Geschäften, zum Settlement und zur allgemeinen Ausgestaltung von CumEx-Geschäften mit Leerverkäufen sowie die Feststellungen zu den am Markt jeweils gehandelten Dividendenleveln und zu den verschiedenen Akteuren beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten und auf den Aussagen der Zeugen CG und CD.

    943
    a) Insbesondere der Angeklagte CA hat sich umfangreich sowohl zur Grundstruktur dieser Geschäfte, zu den verschiedenen Beteiligten und ihren jeweiligen Funktionen, zur Bedeutung der Absicherungsgeschäfte und der Dividendenlevel, zu den Absprachen im Vorfeld, den sog. „soft commitments“, und zu deren Verlässlichkeit, zu den üblichen Preisen und Gebühren, insbesondere zu den deutlich unterschiedlichen erzielbaren Marktleveln bei CumCum- und bei CumEx-Leerverkaufstransaktionen, zur Funktion der Makler/Broker und der Prime Broker sowie zu den von den Stückegebern verlangten Preisen als auch zu zahlreichen Einzelstrategien entsprechend den Feststellungen geäußert. Dabei hat er auch zahlreiche Besonderheiten, die während der Geschäfte auftreten konnten, erläutert und zugleich aufgezeigt, wie solche praktisch gelöst wurden. Hierzu gehörten etwa die Marktpreisanpassung bei der Ausschüttung von Sonderdividenden oder der Umgang mit unerwarteten Lieferausfällen.

    944
    Seine Ausführungen waren an jeder Stelle nachvollziehbar, detailliert und von hohem Sachverstand getragen. Seine Darstellung vermittelte eine umfassende Marktkenntnis und Aktionsfähigkeit. Nicht zuletzt der Umstand, dass der Angeklagte CA im gesamten abgeurteilten Zeitraum, also über 5 Jahre - tatsächlich sogar noch darüber hinaus -, sehr erfolgreich im CumEx-Leerverkaufsmarkt agierte und dabei auch für sich selbst Profite im, wie er einräumte, zweistelligen Millionenbereich erzielte, belegt, dass er diese Geschäfte nicht nur verstanden hat, sondern an zahlreichen Stellen auch aktiv gestaltete und weiterentwickelte.

    945
    Die Kammer bezweifelt nicht, dass der Angeklagte CA seinerzeit in die einzelnen Abläufe entsprechend seiner Angaben eingebunden war und diese in den Anfangsjahren anhand der von ihm in der Hauptverhandlung mehrfach erläuterten Planungsdatei „German Analysis“ in allen erforderlichen Details geplant und abgesprochen hatte. Er hat plausibel erklärt, dass er sich insbesondere in den Jahren ab 2009 zum Teil aus dem Tagesgeschäft zurückzog, um sich stärker der Strukturierung neuer Modelle und der Akquisition zu widmen. Gleichzeitig hat er bestätigt, dass er auch in dieser Zeit für die bei der ZD Principals Ltd. verortete Planung der Grundzüge der jeweiligen Dividendensaison und für die Klärung akut auftretender Fragen und Probleme zuständig und ansprechbar war. Dies wird zudem durch den Inhalt mehrerer verlesener Chatprotokolle und Mails belegt.

    946
    b) Der Angeklagte AO hat die Angaben des Angeklagten CA bestätigt und zum Teil ergänzt, wenngleich seine Ausführungen aufgrund seines damaligen Einsatzbereiches - er führte weitgehend nur Handelstransaktionen durch und war in die Beschaffung von Ex-Aktien für die Leerverkäufer eingebunden - teilweise weniger tiefgehend ausfielen. Insbesondere hat der Angeklagte AO aber durch die Erläuterung der von ihm für die YJ durchgeführten Geschäfte aufgezeigt, welche Möglichkeiten für einen Stückegeber bestanden, um am Ex-Tag über möglichst viele Aktien zu verfügen und diese für die Belieferung von CumEx-Leeverkazfsgeschäften einsetzen zu können. Hinsichtlich der Würdigung seiner Aussage gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Die Kammer zweifelt an der Richtigkeit seiner Angaben nicht.

    947
    c) Beide Einlassungen wurden insbesondere durch die Angaben des Zeugen und gesondert Verfolgten CG bestätigt. Auch dieser hat sich - unter anderem - umfangreich zur Struktur des CumEx-Handels, zu den Beteiligten, zu den im Vorfeld notwendigen und üblichen Absprachen und zu den für CumCum- und CumEx-Leerverkaufsgeschäfte gängigen Dividendenleveln geäußert. Hierzu hat er überzeugend aufgezeigt, dass auf Grund der recht stabilen und sogar wachsenden Nachfrage nach Cum-Aktien die Dividendenlevel für CumCum-Geschäfte am Markt in den Jahren 2007 bis 2011 konstant bei 97 bis 98, und damit deutlich über denen für CumEx-Geschäfte, lagen. Die Einlassung des Angeklagten CA bestätigend, zum Teil auch ergänzend, hat der Zeuge CG geschildert, in welcher Funktion die Prime Broker tätig wurden und welche Marktmacht diesen durch ihre Finanzkraft und auch dadurch zukam, dass sie Zugang zu und Sicherheiten für die verschiedenen Börsen und Handelsplattformen bereitstellen konnten. Er hat bestätigt, dass diese regelmäßig nicht nur gängige Gebühren forderten, sondern an den erzielten Profiten substantiell, nicht selten sogar im Umfang von mehreren Dividendenpunkten, beteiligt werden wollten und dies auch durchsetzen konnten.

    948
    Bei dem Zeugen CG handelt es sich um einen früheren Börsenhändler, der zunächst für die Bank YQ Ltd. arbeitete und ab 2009 für die XD (im Folgenden: XD) tätig war. Hier wie dort war er umfangreich in die Strukturierung und Umsetzung von CumEx-Leerverkaufstransaktionen eingebunden. Er war der erste Beschuldigte, der gegenüber der Staatsanwaltschaft Köln konkrete Angaben zur Funktionsweise des CumEx-Leerverkaufsmarktes machte. Seine Angaben in der Hauptverhandlung ließen an keiner Stelle erkennen, dass er eigene Beiträge relativierte oder die Rolle anderer Akteure überbetonte, um sich selbst in einem günstigeren Licht darzustellen. Er bekundete vielmehr offen, transparent und rückhaltlos zu den zahlreichen Details dieser Geschäfte. Über Jahre hinweg führte der Zeuge ähnliche Aufgaben wie der Angeklagte CA aus und war wie dieser regelmäßig an Planungen und Absprachen beteiligt. Die Fragen des Gerichts beantwortete er stets spontan. Seine Aussage war durchgängig widerspruchsfrei; die schnelle Abfolge verschiedener Themenblöcke bereitete ihm keinerlei Schwierigkeiten. Schließlich hat der Zeuge auch sämtliche Nachfragen umgehend beantwortet. Die einzige Ausnahme betraf die Frage, welche Profite er im Rahmen seiner Tätigkeit für XD für sich selbst generiert hat. Hierzu hat sich der Zeuge auf sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen. Dies gibt der Kammer jedoch keinen Anlass, an der Richtigkeit seiner Angaben, mit denen er sich im Übrigen in weiten Teilen auch selbst belastet hat, zu zweifeln. Angesichts des Umstandes, dass die Frage in öffentlicher Hauptverhandlung gestellt wurde und er mit späteren Einziehungsanordnungen oder Regressforderungen rechnen muss, ist die Auskunftsverweigerung nachvollziehbar. Im Übrigen wirkte seine Aussage auch zu keinem Zeitpunkt mit denjenigen der Angeklagten abgesprochen.

    949
    d) Die zur allgemeinen Konstruktion von CumEx-Geschäften mit Leerverkäufen und zu den involvierten Personen gemachten Angaben der Angeklagten und des Zeugen CG stimmen auch mit denjenigen des Zeugen und gesondert Verfolgten CD überein. Dieser hat die Struktur der Geschäfte ebenfalls wie festgestellt geschildert. Ergänzend hat er zur Akquisition von Investoren, konkret der YT-Bank in den Eigenhandelsfällen und verschiedener vermögender Privatanleger in den Fondsfällen, anschaulich und detailreich bekundet. Auch hat er erläutert, wie im Team des gesondert Verfolgten AE unter maßgeblich seiner Planung im Hinblick auf die zeitnahe Erstattungsmöglichkeit nach § 11 Abs. 2 InvStG die Idee entwickelt und umgesetzt wurde, zur Beschleunigung der Steuergutschriften bzw. -erstattungen Investmentfonds aufzusetzen.

    950
    Seine diesbezüglichen Angaben waren spontan, plausibel sowie widerspruchsfrei. Angesichts der Übereinstimmung zwischen seiner Aussage und den Angaben der Angeklagten und des Zeugen CG zweifelt die Kammer nicht an deren Richtigkeit. Dass auch der Zeuge CD die Nachfrage zum genauen Umfang des von ihm aus den CumEx-Geschäften gezogenen Profites nur ausweichend beantwortet hat, begründet für die Kammer aus den zum Zeugen CG dargestellten Gründen insoweit ebenfalls keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Aussage.

    2. Kurssicherungsinstrumente, Mechanismen der Preisbildung

    951
    Die Kammer hat zu am Markt verfügbaren Kurssicherungsinstrumenten, zum Marktzugang und speziell zur Preisbildung bei solchen Instrumenten zudem den am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierung der Universität Mannheim tätigen Sachverständigen CE gehört. Der Sachverständige hat die entsprechenden Einlassungen der Angeklagten uneingeschränkt bestätigt. Seine Ausführungen waren klar aufgebaut, nachvollziehbar und überzeugend.

    952
    Im Rahmen seiner Befragung hat der Sachverständige verschiedene Kurssicherungsinstrumente, insbesondere auch Forwards und Futures als unbedingte Termingeschäfte, erläutert und entsprechend den Feststellungen die verschiedenen möglichen Ausgestaltungen von Futures („physically-settled“, „cash-settled“) ebenso dargestellt wie diverse Umsetzungsmöglichkeiten (Abschluss über Future-Börsen; außerbörslicher Abschluss, aber mit Clearing und Settlement über Future-Börsen). Er hat die Einbindung der Clearstream Banking AG Frankfurt bei der Abwicklung von Aktiengeschäften und im Rahmen von „physically-settled“ Futures beschrieben sowie die üblichen Lieferfristen und auch die insoweit möglichen Modifikationen erklärt. Ein Schwerpunkt seiner Ausführungen lag in der Darstellung der Preisbildungsmechanismen bei Futures allgemein und bei der Wirkweise der Dividendenlevel.

    953
    Seine Darstellung deckte sich hinsichtlich der Funktion von Futures und hinsichtlich der diesen eigenen Preisbildungsmechanismen exakt mit den Angaben des Angeklagten CA und mit denen des Zeugen CG. Weder im Rahmen der gutachterlichen Befragung noch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung sind Anhaltspunkte zutage getreten, die die Expertise des Sachverständigen in Zweifel ziehen würden.

    954
    Der Sachverständige CE hat insbesondere auch überzeugend dargelegt, dass relevante Abweichungen zwischen rechnerischen und am Markt tatsächlich vereinbarten Futurepreisen nahezu sicher ausgeschlossen werden können. Diese Erklärung hält das Gericht aufgrund mehrerer in der Hauptverhandlung deutlich gewordener Umstände, zum Beispiel der Transparenz des Wertpapiermarktes, der Liquidität der Akteure und der Vorhersehbarkeit der Abläufe bei Dividenden- und ähnlichen Zahlungen, für uneingeschränkt plausibel.

    955
    Diesen Punkt hat auch der Angeklagte CA auf Nachfrage des Gerichts bei seiner weiteren Einlassung angesprochen und dazu am Beispiel der Porsche-Sonderdividende von 2009 konkret und anschaulich vorgerechnet, wie genau die am Markt für Futures gehandelten Preise und Multiplikatoren jede rechnerisch relevante individuelle Besonderheit abbilden.

    3. Die Tabelle „German Analysis“

    956
    Die Feststellungen zu den Inhalten und zur Bedeutung der Excel-Tabelle „German Analysis“ hat die Kammer anhand der wesentlichen Inhalte einer solchen Tabelle für das Jahr 2007 und anhand der Erläuterungen des Angeklagten CA hierzu getroffen. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, eine solche Tabelle habe er für jedes Dividendenjahr und für jede zu handelnde Gattung erstellt und dabei stetig fortentwickelt. Zudem habe eine die gesamten Positionen des Handelstisches abbildende Zusammenfassung existiert. Auch der Angeklagte AO hat im Rahmen seiner Einlassung erklärt, er habe seine Handelstätigkeit an einem „Master-Sheet“ ausgerichtet, das sehr ähnlich strukturiert gewesen sei, wie das vom Angeklagten CA verwendete Tabellenwerk.

    4. Eindeutige Identifizierung von Leerverkäufen bei den CumEx-Geschäften

    957
    Die Feststellungen, dass es sich bei allen abgeurteilten Transaktionen um CumEx-Geschäfte handelte und dass diesen jeweils Leerverkäufe zu Grunde lagen, hat die Kammer ohne jeden Zweifel den Einlassungen der Angeklagten, den in den Selbstleseverfahren II bis V eingeführten Settlement- und Transaktionsbelegen sowie den Aussagen der Zeugen AV und AY entnommen. Hierfür sprechen zudem weitere Indizien, allen voran und eindeutig die verabredeten Preise, zu denen die Absicherungsgeschäfte durchgeführt wurden.

    a) Einlassungen
    9
    58
    Der Angeklagte CA hat im Rahmen seiner Einlassung ausführlich erläutert, welche Bedeutung der Planung der jeweiligen Transaktionen im Vorfeld der Hauptversammlungstage zukam. Das von ihm erstellte Excel-Tabellenwerk „German Analysis“ habe er im Laufe der Zeit u.a. dahin verfeinert, dass dieses durch Kopplung mit einem Börseninformationssystem die aktuellen Kurse, Zinssätze und Derivatpreise abbildete. Auf dieser Grundlage hätten er oder andere Mitarbeiter, an die er später - ohne die Kontrolle darüber gänzlich aufzugeben - solche Arbeiten zunehmend abgegeben habe, Gespräche mit Brokern oder Leerverkäufern aufgenommen. Sie hätten dabei die Verfügbarkeit der errechneten Leerverkaufsvolumina sichergestellt und die erzielbaren Preise abgesprochen. Wenn die Geschäfte über eine Börse oder einen „neutralen“ Broker abgewickelt werden sollten, sei in besonderem Maße darauf zu achten gewesen, dass ein zufälliges Eintreten anderer Marktteilnehmer unterblieb. Dies hätten der Angeklagte CA oder andere Mitarbeiter erreicht, indem sie zunächst die zu handelnden Transaktionen hinsichtlich Volumen, Fälligkeit und Preis im Rahmen der Absprachen mit ihren Geschäftspartnern derart „individualisiert“ hatten, dass sie nach den zu erwartenden Abläufen für andere Marktteilnehmer bereits wenig interessant waren, zum Beispiel aufgrund unüblicher Laufzeiten oder Kurse. Zudem hätten sie durch weitere Absprachen unmittelbar vor Handelsbeginn („go active“) sichergestellt, dass die inhaltlich aufeinander abgestimmten Kauf- bzw. Verkaufsorders quasi zeitgleich bei der Börse oder dem entsprechenden Broker eingingen und dort auch zueinander fanden.

    959
    Der Angeklagte CA und später seine Kollegen stellten im Rahmen der Planung der einzelnen Kauf- bzw. Verkaufsgeschäfte in jedem Fall sogleich auch sicher, dass die für die Belieferung nach dem Hauptversammlungstag benötigten Ex-Aktien am vereinbarten Fälligkeitstag im erforderlichen Volumen und zum zur Kalkulation passenden Preis verfügbar waren. Die vom Angeklagten CA entwickelte und hierzu benutzte Tabelle bildete diesen Planungsschritt durch weitere Spalten ab, die die Ex-Eindeckung der Geschäfte betrafen. Die benötigten Ex-Aktien konnten nach seiner Einlassung durch verschiedene Handelsgestaltungen beschafft werden. Vergleichsweise günstig, hinsichtlich der erforderlichen Transaktionen aber komplex war die isolierte Beschaffung der Ex-Aktien im zu den vereinbarten Leerverkäufen passenden Volumen. Hierzu wurden mit dem Stückegeber oder über Broker entweder kursgesichert entsprechende Ankäufe mit späterem Rückverkauf oder aber „Wertpapierleihgeschäfte“, d.h. auf zeitlich begrenzte Übertragung dieser Aktien gerichtete Sachdarlehen, vereinbart. Eine teurere, von bestimmten großen Brokern, z.B. von YR, angebotene Variante war die Vereinbarung von Geschäftspaketen („Packages“). Hierbei bot ein solcher Broker in der Planungsphase die Vermittlung von Leerverkäufern und die Organisation der erforderlichen Ex-Stücke aus einer Hand an.

    960
    Wenn danach jedem vom Angeklagten CA oder von seinen Kollegen geplanten und hier abgeurteilten Kauf ein Verkauf gegenüberstand, für den eine nach Volumen, Fälligkeit und Preis passende Belieferung mit Ex-Aktien arrangiert war und vollzogen wurde, so folgt daraus zwangsläufig, dass es sich bei dem Verkäufer um einen Leerverkäufer handelte. Ein Inhaber-Verkäufer hätte für eine solche Ex-Eindeckung schlicht keinen Bedarf gehabt. Da die Geschäfte entweder bereits mit den Brokern oder aber mit den Handelspartnern so abgestimmt waren, dass ein zufälliger Eintritt Dritter ausgeschlossen war, besteht für die Kammer danach kein Zweifel, dass sämtlichen abgeurteilten Fällen abgesprochene Leerverkäufe zu Grunde lagen.

    961
    Im Rahmen seiner Einlassung hat auch der Angeklagte AO detailliert beschrieben, welche Aufgaben ihm sowohl während seiner Zeit bei der YJ als auch später bei ZD im Rahmen der Ex-Eindeckung zukamen. Er hat überzeugend bekundet, dass die Verfügbarkeit von Ex-Aktien letztlich der limitierende Faktor für das Volumen der möglichen CumEx-Transaktionen war und dass die Beschaffung solcher Stücke wegen der steigenden Nachfrage im verfahrensgegenständlichen Zeitraum teurer wurde. Auch er hat die verschiedenen Möglichkeiten, Ex-Aktien zu beschaffen, detailliert und plausibel erläutert und zudem beschrieben, wie auftretende Lieferverzögerungen oder -ausfälle in Einzelfällen durch bewusste Spätlieferungen oder auch durch Mehrfachverwendung von Ex-Aktien („Recycling“) aufgefangen werden konnten. Auch nach seiner Einlassung steht danach ohne jeden Zweifel fest, dass für alle abgeurteilten Geschäfte, mit denen der Angeklagte AO Berührung hatte, eine Ex-Eindeckung organisiert war und stattfand, es sich mithin um Leerverkäufe handelte.

    b) Handels- und Lieferbelege

    962
    Die im Rahmen der Selbstleseverfahren II bis V zu allen Transaktionen eingeführten Handels- und Lieferbelege dokumentieren durch die darauf vermerkten Schluss- bzw. Buchungstage eindeutig, dass es sich um „cum“ gehandelte und „ex“ belieferte Geschäfte handelt. Die entsprechenden Einlassungen sind dadurch objektiviert. Zudem enthalten die Handelsbelege die jeweils vereinbarten Kurse und ermöglichen so die Ermittlung von eingepreisten Dividendenleveln (dazu unten).

    c) Der Zeuge AV

    963
    Der Zeuge AV ist Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern. Dort ist er seit 2013 mit Ermittlungen zu CumEx-Sachverhalten befasst. In der Anfangsphase der Ermittlungen war den Ermittlern die Struktur der CumEx-Geschäfte nur in Ausschnitten bekannt. Insbesondere fehlte das Wissen über das Zusammenwirken von Kassa- und Kurssicherungsgeschäften und über die Organisation der Ex-Eindeckung. Ein Ermittlungsansatz lag daher auch in der Analyse und Rückverfolgung von Lieferketten zu CumEx-Erwerbern. In diese Arbeiten war der Zeuge insbesondere in Bezug auf Geschäfte des Fonds HI Aktien 1 (Fall 4) eingebunden. Er hat dabei für zwei der von diesem Fonds gehandelten Gattungen festgestellt, dass bei den untersuchten Tranchen die Verkäufer am Hauptversammlungstag jeweils über keine entsprechenden Bestände verfügten, sondern die geschuldete Belieferung mit erst danach beschafften Ex-Aktien bewirkten.

    964
    Die Aussage des Zeugen bestätigt damit ebenfalls auf einer objektiven Grundlage die Einlassungen der Angeklagten zum Vorliegen von Leerverkäufen. Ihre Überzeugungskraft ist dabei nicht dadurch geschmälert, dass die beschriebene Rückverfolgung nur einzelne von diesem Fonds gehandelte Aktiengattungen und nur Teile der darin gehandelten Volumina betraf, denn diese sehr aufwändigen Untersuchungen waren auf diese Gattungen beschränkt. Die Kammer zweifelt auch nicht an der inhaltlichen Richtigkeit dieser Ermittlungsergebnisse, denn der Zeuge hat bei seiner Aussage detailliert und überzeugend aufgezeigt, in welchen Schritten und auf Grundlage welcher Belege diese Untersuchungen durchgeführt wurden.

    d) Die Zeugin AY

    965
    Die Zeugin AY arbeitet bei der Steuerfahndung München und ist dort mit Ermittlungen zum BACA Fonds (Fall 6) befasst, die die Steuerfahndung München in Zusammenarbeit mit dem Bundeszentralamt für Steuern durchführt. Die Zeugin hat berichtet, die dort durchgeführte Analyse der Lieferketten zu den von diesem Fonds durchgeführten Transaktionen habe ergeben, dass es sich dabei bis auf wenige Fälle - diese sind nicht Gegenstand der abgeurteilten Transaktionen - um CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen handelte. Auch diese Aussage bestätigt die Einlassungen der Angeklagten zum Vorliegen von Leerverkäufen auf objektiver Basis.

    966
    Auch hier hat die Kammer keinen Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder an der Richtigkeit der erläuterten Ermittlungsergebnisse zu zweifeln. Die Zeugin hat nachvollziehbar und anhand einer von ihr an die Staatsanwaltschaft weiter geleiteten Tabelle erläutert, dass die mit der Rekonstruktion der Lieferketten befassten Kollegen ausgehend von den Daten der Depotbanken die in der Lieferketten auftauchenden Kontrahenten und deren jeweilige Bestände geprüft hätten.

    e) Der Zeuge CG

    967
    Der Zeuge CG war zwar weder in die Planung noch in die Ausführung der abgeurteilten Transaktionen eingebunden. Seine Angaben zum Marktverhalten seines damaligen Arbeitgebers, der Investmentbank YQ Ltd., und zu seiner Tätigkeit für XD fügen sich jedoch nahtlos zu den Angaben der Angeklagten. Sie runden diese überzeugend ab, denn sie zeigen auf, dass das von den Angeklagten geschilderte CumEx-Geschäftsmodell mit Leerverkäufen seinerzeit im Markt verbreitet praktiziert wurde.

    968
    Der Zeuge hat insoweit glaubhaft ausgeführt, für seinen damaligen Arbeitgeber, die Investmentbank YQ Ltd., für die er ebenfalls im CumEx-Markt aktiv war, seien ausnahmslos CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen relevant gewesen. Diese Bank habe im CumEx-Markt im Laufe der Zeit verschiedene Rollen eingenommen, zu Beginn allerdings vorrangig die des Leerverkäufers.

    f)  Indizien für Leerverkäufe

    969
    Der Angeklagte CA und auch der Zeuge CG haben darüber hinaus übereinstimmend und unabhängig voneinander mehrere weitere Merkmale benannt, anhand derer Leerverkäufe allgemein verlässlich identifiziert und von Inhaberverkäufen abgegrenzt werden können. Ohne dass es in den abgeurteilten Fällen noch tragend auf solche Indizien ankommt - Leerverkäufe stehen für die Kammer wie dargelegt bereits anhand der nachgewiesenen Ex-Eindeckung fest - finden sich solche Merkmale in unterschiedlicher Ausprägung auch in allen abgeurteilten Fällen.

    970
    aa) Leerverkäufe führten am Markt zu aus Sicht des Veräußerers deutlich ungünstigeren Konditionen bei den flankierenden Absicherungsgeschäften, d.h. zu deutlich niedrigeren Dividendenleveln.

    971
    Während zum Beispiel CumCum-Geschäfte - bei denen es sich konstruktionsbedingt immer um Inhaberverkäufe handelte - seinerzeit konstant zu Dividendenleveln zwischen 97 und 98 abgesichert wurden, lagen diese Level bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften im Jahr 2007 - von wenigen, in der Regel auf Sonderkonstellationen, z.B. der Ausschüttung von Sonderdividenden, beruhenden Fällen abgesehen - maximal im Bereich um 90. In den Jahren danach fielen diese Level und lagen regelmäßig maximal im Bereich von 85, häufig aber noch deutlich darunter. Vor diesem Hintergrund ist für die Jahre 2007 bis 2011 bei einem Dividendenlevel von 90, 85 oder 80 sicher auszuschließen, dass es sich bei dem zu Grunde liegenden Aktiengeschäft etwa um ein irrtümlich verspätet beliefertes CumCum-Geschäft, also um einen Inhaberverkauf, handelte. Es gab in den verfahrensgegenständlichen Jahren schlichtweg keinen Grund für einen Inhaber-Verkäufer, zu für ihn derart ungünstigen Konditionen abzuschließen. Dem steht nicht entgegen, dass ein Steuerausländer nach dem Inhalt der meisten Doppelbesteuerungsabkommen nach anteiliger Erstattung noch einer definitiven Steuerlast von 15 Prozent der Bruttodividende unterlag. Zwar wäre rechnerisch für ihn damit auch eine CumCum-Konstruktion mit einem Dividendenlevel von z.B. 86 noch vorteilhaft. Allerdings lagen, wie beide Angeklagten und auch der Zeuge CG übereinstimmend dargelegt haben, die Dividendenlevel bei Geschäften mit Cum-Aktien zwischen 2007 und 2011 am Markt konstant bei mindestens 97. Diese günstigen Level galten sogar für etwa kurzentschlossene Stückeinhaber. Diese konnten nach den übereinstimmenden Schilderungen außerbörslich auch bei - gegebenenfalls bis auf t+0 - abgekürzten Lieferfristen cumcum zu diesen Konditionen handeln.

    972
    Die Kammer hat aus den eingeführten Belegen und Urkunden in Verbindung mit den Einlassungen der Angeklagten zweifelsfrei ablesen können, dass den abgeurteilten Transaktionen durchweg Dividendenlevel von maximal etwa 90, mehrheitlich solche im Bereich um 80 zu Grunde lagen. Dies wird bei den Ausführungen zu den einzelnen Fällen näher dargestellt.

    973
    bb) Typisch für Leerverkäufe sind überdies hohe Volumina in den gehandelten Gattungen.

    974
    Leerverkäufer verkauften Aktien, die sie nicht in ihrem Bestand hatten. Sie mussten also zuvor, anders als Inhaber von physischen Aktien, keine eigene Liquidität für längere Zeit binden, um die physischen Stücke zu erwerben und zu halten. Ihnen war damit im Grundsatz ein Handelsvolumen eröffnet, dessen Größe nicht von ihrer längerfristigen Kapitalausstattung abhing. Begrenzt wurde das potentielle Handelsvolumen eines Leerverkäufers faktisch vielmehr durch den Umfang, in dem ihm die Ex-Eindeckung leer verkaufter Aktien gelang. Da die Ex-Aktien typischerweise nur für wenige Tage benötigt wurden und im Rahmen des sogleich organisierten Rücklaufes („Unwind“) schon bald zum Stückegeber zurückgelangten, benötigte der Leerverkäufer für die Eindeckung nur für sehr kurze Zeit (Kredit-)Kapital. Dieses stand, wie die Einlassungen der Angeklagten und die Aussage der Zeugen CG und CD ergaben, für solche Transaktionen im Markt immer in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Der Zeuge CG hat dazu glaubhaft bekundet, dass nahe der Hauptversammlungstage die Menge der bei CumEx-Geschäften gehandelten Aktien bei einigen Gattungen deutlich größer war als die Menge der überhaupt zum Handel zugelassenen Aktien dieser Gesellschaft. Dies konnte der Zeuge nur mit Leerverkäufen erklären, für deren Belieferung zudem Ex-Aktien mehrfach eingesetzt werden mussten. Der Zeuge CD hat bekundet, das einem Leerkäufer mögliche Handelsvolumen sei nie durch diesem etwa fehlendes Kapital, sondern maßgeblich durch die Meldeschwelle des WpHG begrenzt gewesen.

    975
    Entsprechend liegen den abgeurteilten Transaktionen regelmäßig sehr große Volumina zu Grunde. Stückzahlen im zweistelligen Millionenbereich sind keine Seltenheit.

    976
    cc) Auch einige der hier aufgesetzten Handelsstrukturen ergaben nur Sinn, wenn den Geschäften Leerverkäufe zu Grunde lagen.

    977
    Der Einsatz von auf physische Lieferung der Aktien gerichteten Futures („Calendar Spreads“), so zum Beispiel in den Fällen 5, 7 und 10, wäre bei CumCum-Geschäften unwirtschaftlich. Diese Konstrukte haben standardmäßig eine im Vergleich zu Börsen-Kassageschäften verlängerte Lieferfrist von t+4. Für die Ex-Belieferung stehen daher bei Einsatz dieser Instrumente zwei zusätzliche Tage zur Verfügung. Es gab für einen Inhaber-Verkäufer dagegen keinen plausiblen Anreiz, zwei Tage länger als nötig auf den Kaufpreis zu warten. Das gleiche gilt für die Fälle außerbörslicher Käufe, bei denen verlängerte Lieferfristen vereinbart wurden.

    978
    dd) Weiteres typisches Merkmal für Leerverkäufe sind schließlich ungeplant auftretende Lieferverzögerungen. Solche Lieferverzögerungen sind bei verschiedenen abgeurteilten Geschäfte festzustellen und werden dort dargestellt.

    979
    Von indizieller Bedeutung für zu Grunde liegende Leerverkäufe ist dieses Merkmal deshalb, weil der sehr große Bedarf an Ex-Aktien am jeweiligen Liefertag nicht immer frei von Störungen in den Handels- und Settlementabläufen bereitgestellt werden konnte. Beide Angeklagten haben im Rahmen ihrer Einlassungen erläutert, dass es trotz vorab pünktlich geplanter Ex-Eindeckungen immer wieder auch zu Spätlieferungen kam. Sie haben dazu erklärt, ein akuter Mangel an Stücken habe zum Beispiel manche Marktteilnehmer zu sogenannten Plündereien („pilfering“) bei Ex-Aktien verleitet. Dabei wäre es gelungen, für fremde Kunden geplante Belieferungen mit Ex-Aktien zu eigenen Zwecken umzuleiten. Zugleich haben die Angeklagten beschrieben, welche Möglichkeiten bestanden, die daraus erwachsenen Probleme aufzufangen, z.B. durch erneutes Verwenden bereits einmal zur Belieferung eingesetzter Ex-Aktien („Recycling“).

    980
    In der Hauptverhandlung verlesene Mailkorrespondenz hat diese Ausführungen der Angeklagten objektiviert. Besonders anschaulich sind in diesem Zusammenhang die unten zum Komplex BACA Fonds (Fall 6) näher erläuterten Mails vom 12. Mai 2009.

    5. Kein Steuerabzug beim Leerverkäufer

    981
    Das Gericht ist davon überzeugt, dass allen abgeurteilten Geschäften nicht nur Leerverkäufe zu Grunde lagen, sondern auch davon, dass es in keinem dieser Fälle hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlung zu einer Belastung des Leerverkäufers oder einer anderen Stelle mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag kam.

    a) Einlassungen und Aussagen

    982
    Die Angeklagten und auch die Zeugen CG und CD haben jeweils in unterschiedlichen Worten und mit eigenen Erklärungsmustern, im Ergebnis aber übereinstimmend und klar dargestellt, dass die durch CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen generierten Profite aus Steueranrechnungen bzw. -erstattungen entstanden, denen kein entsprechender Steuerabzug vorausging. Die Angeklagten gebrauchten regelmäßig die - nach ihren Angaben seinerzeit auch marktübliche -Bezeichnung „Double Dip“.

    983
    Diese Einlassungen und Aussagen sind ohne jede Einschränkung überzeugend. Denn CumEx-Geschäfte mit Leerverkäufen ergäben dann, wenn der Leerverkäufer mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet würde, für diesen keinen wirtschaftlichen Sinn. Er würde vielmehr in großem Ausmaß Geld an andere Marktteilnehmer verschenken.

    b) Transaktionsbelege

    984
    Für alle abgeurteilten Fälle wird dies konkret durch die eingeführten Transaktionsbelege bestätigt. Diese zeigen - insbesondere nach den erläuternden Einlassungen der Angeklagten hierzu -, dass die Leerkäufer ihre Kurssicherungsgeschäfte durchweg zu Preisen abschließen konnten, die für sie günstiger als die rechnerischen Marktpreise waren, weil dort Dividendenlevel eingerechnet waren. Spiegelbildlich bedeutet dies, dass die „wirtschaftliche Gegenpartei“ zu hohe Preise zahlte. Wirtschaftliche Gegenpartei meint hier die Partei, mit denen die zwischengeschalteten Akteure ihrerseits die zur Glattstellung erforderlichen Gegengeschäfte abschlossen, also letztlich die Leerverkäufer. Ein solches Marktverhalten hätte eine unmittelbare und auf Grund der hohen Handelsvolumina empfindliche Selbstschädigung der Verkäufer zur Folge gehabt. Das Gericht hält es für ausgeschlossen, dass professionelle und auf Gewinnerzielung ausgerichtete Marktteilnehmer - als Leerverkäufer fungierten nach der glaubhaften Einlassung des Angeklagten CA große Investmentbanken - derart eigenschädigende Geschäfte, noch dazu in dem festgestellten Umfang, planten und umsetzten. Das führt zwangsläufig zu dem Schluss, dass es sich tatsächlich gar nicht um eine Eigenschädigung handeln konnte. Das wiederum ist in diesem Umfang nur dann zu erklären, wenn die Leerverkäufer nicht mit Steuern belastet wurden.

    c) Der Sachverständige CE

    985
    Die Kammer hat beide Angeklagten, die Zeugen CG und CD und auch den Sachverständigen befragt, ob andere Motive für ein solches Marktverhalten bekannt oder denkbar sind. Keiner der Befragten konnte plausible andere Beweggründe erkennen. Dass Verkäufer von Aktien kurz vor dem Dividendenstichtag für sie auf den ersten Blick ungünstige Kurse bei Absicherungsgeschäften akzeptieren, ist zwar bei CumCum-Geschäften, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, üblich und dort mit deren Status als Steuerausländer zu erklären. Die Kammer kann in den abgeurteilten Fällen jedoch wie dargelegt ausschließen, dass es sich um CumCum-Geschäfte, etwa zu für diesen unüblichen Konditionen abgeschlossen, handelte, weil CumCum-Verkäufe denknotwendig Inhaberverkäufe sind, hier aber aufgrund der parallel immer mitgeplanten Ex-Eindeckung feststeht, dass es sich um Leerverkäufe handelte.

    986
    Aus dem gleichen Grund kann die Kammer auch ausschließen, dass die abgeurteilten Transaktionen teilweise CumEx-Inhaberverkäufe enthalten, denn die Sicherstellung der Belieferung mit Ex-Aktien erfolgte abgestimmt auf das Volumen der Leerverkäufe.

    d) Keine „Marktineffizienzen“

    987
    Abwegig ist nach Auffassung der Kammer der von verschiedenen Akteuren bei der Erklärung der Herkunft der erwarteten Gewinne vorgeschobene Hinweis, CumEx-Geschäfte nutzten lediglich „Arbitragemöglichkeiten“, die sich aus Abweichungen von Kassakurs und Terminkurs einer Aktie ergäben (so z.B. Ziffer 1. der „Investment Guidelines“ für den HI Aktien 1 Fund - Fall 4 -).

    988
    Solche Abweichungen oder „Marktineffizienzen“ (so etwa der gesondert Verfolgte AE in seiner Mail an die gesondert Verfolgten BP und BX vom 20.02.2009 und in dem damit versandten Gutachten) gibt es nicht. Dies hat der Sachverständige CE auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts u.a. damit überzeugend begründet, dass nicht ersichtlich ist, woher solche Gewinne stammen könnten und warum diese über einen längeren Zeitraum und bei sämtlichen Aktiengattungen planbar und immer in die gleiche Richtung auftreten sollten.

    6. Die Verteilung des Profites

    989
    Die allgemeinen Grundzüge der Profitverteilung, deren konkrete Umsetzung zwischen den Akteuren durch die Gestaltung der Preise der Kurssicherungsgeschäfte sowie die Bedeutung der am Markt erzielten Dividendenlevel hierfür haben beide Angeklagten in ihrer Einlassung wie festgestellt geschildert.

    990
    Insbesondere der Angeklagte CA hat diesen Punkt zunächst allgemein dargestellt und in der Folge in zahlreichen sachverhaltsbezogenen Kontexten immer wieder auch konkret und fallbezogen erläutert. Diese Ausführungen waren überzeugend. Sie wurden in ihrem allgemeinen Teil durch die Ausführungen des Zeugen CG in vollem Umfang bestätigt. Zwar war dieser Zeuge in die Planung und die Umsetzung der hier abgeurteilten Transaktionen nicht eingebunden, er war jedoch im gleichen Zeitraum als Händler von CumEx-Leerverkaufsgestaltungen im Markt aktiv und agierte dabei nach dem gleichen Grundprinzip. Auch der Zeuge CD hat das Aushandeln von Dividendenleveln als zentralen Punkt der Profitverteilung beschrieben.

    IV. Feststellungen zum Vortatgeschehen

    991
    Die getroffenen Feststellungen zum Vortatgeschehen, insbesondere der jeweils ersten Berührung der Angeklagten mit CumEx-Geschäften, beruhen auf ihren Einlassungen, die sich insoweit widerspruchsfrei zusammengefügt haben. Dies gilt auch für die Feststellungen zu den BV-Geschäften, zu deren Ursprung, Initiierung und Umsetzung im Übrigen auch der Zeuge CD entsprechend und glaubhaft bekundet hat.

    992
    Zu den Vorgängen und Genehmigungsprozessen innerhalb der YJ, die die in den Jahren 2006 bis 2008 umgesetzten BV-Geschäfte betreffen, hat die Kammer zahlreiche Mails sowie Inhalte von Vermerken, Gutachten und Präsentationen verlesen. Zudem wurden hierzu die Zeugen AZ, BB und AJ, seinerzeit jeweils Mitarbeiter der YJ, vernommen. Dabei wurde insbesondere der Zeuge BB zu dem Genehmigungsverfahren des Jahres 2006 befragt, an dem er selbst beteiligt war. Er hatte unter anderem mit dem gesondert Verfolgten BM den internen Kreditantrag vorbereitet, der dem hierüber zur Entscheidung berufenen Kreditkomitee vorgelegt wurde.

    993
    Danach steht für die Kammer fest, dass der Angeklagte AO anfangs in die Kreditvergabe nicht involviert war. Ferner hat die Vernehmung nicht ergeben, dass der im Rahmen des Kreditantrags mehrfach von dem Zeugen BB zu einzelnen Aspekten befragte Angeklagte CA diesem gegenüber unzutreffende Angaben gemacht hatte, wenngleich der Zeuge auch nicht erklärt hat, diesen auf Leerverkäufe oder auf eine doppelte Erstattung bzw. Anrechnung der Steuer angesprochen zu haben.

    V. Objektive Feststellungen zur Sache

    994
    Die Feststellungen zu den Einzelfällen beruhen auf folgenden Erwägungen:

    1. Die ZD- und die ZC-Gruppe

    995
    Der Angeklagte CA hat sich im Sinne der Feststellungen zur Gründung, zum Aufbau und zum Ausbau der ZD-Gruppe einschließlich der späteren Spaltung der Gruppe und zur „Neugründung“ der ZC-Gruppe geäußert. Es ist kein Motiv ersichtlich, warum der Angeklagte insoweit die Unwahrheit hätte sagen sollen. Hinzu tritt, dass seine Darstellung mit der Einlassung des Angeklagten AO übereinstimmte, soweit dieser aus eigener Anschauung zu den Gesellschaftsgruppen Ausführungen machen konnte. Dies betrifft insbesondere die getrennten Aufgabenbereiche der ZD Capital Ltd. bzw. der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd., dem Zusammenwirken der Gesellschaften und der Funktion von ZD-OHL/ZD-OML als eigener Entität, für die der gesondert Verfolgte BQ zuständig war. Ferner sind die Angaben des Angeklagten CA auch durch diverse Urkunden belegt, so etwa durch die Gründungsurkunde („Memorandum of Association“) der ZD Capital UK Ltd. vom 18.12.2008, durch die Verträge im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank, durch die von dem gesondert Verfolgten BM für die ZV als Prime Broker gefertigte Beschreibung der Aufgaben von ZD Principals („Nature Of Business Notification“) vom 06.01.2009 sowie durch die im Rahmen der Investmentfonds-Fälle abgeschlossenen Beraterverträge zum Portfoliomanagement, aus denen sich ergibt, dass als Vertragspartner der jeweiligen Kapitalanlagegesellschaft die ZD Capital UK Ltd., nicht jedoch die ZD Principals Ltd., tätig war.

    996
    Auch die Feststellungen zur Verteilung der Einkünfte der ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. beruhen im Wesentlichen auf der inhaltsgleichen Einlassung des Angeklagten CA. Die von diesem getätigte Angabe, wonach er neben den gesondert Verfolgten BM, BQ und BR über sein Gehalt, Bonizahlungen, Gewinnentnahmen und die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu einem Viertel an sämtlichen Einkünften der ZD-Gesellschaften nach Abzug sämtlicher Kosten beteiligt wurde, ist uneingeschränkt nachzuvollziehen. Auf Grundlage der weiteren Einlassung des Angeklagten zu den gesondert Verfolgten BM, BQ und BR, die sich mit den diesbezüglichen Angaben des Angeklagten AO und des Zeugen CD deckt, wobei sich letzterer nur zu dem gesondert Verfolgten BM verhalten hat, erscheint ausgeschlossen, dass sich einer der Mitteilhaber mit einer geringeren Beteiligung zufrieden gegeben hätte. Vielmehr entsprach es gerade deren Selbstverständnis, dass sie als gleichberechtigte Teilhaber an den von den ZD-Gesellschaften begleiteten CumEx-Leerverkaufstransaktionen mitwirken und dementsprechend auch in gleichem Umfang von den hierdurch erwirtschafteten Einkünften profitieren sollten. Dass einer der Teilhaber seine Rolle als weniger gewichtig einstufte und sich mit einer geringeren Beteiligung zufriedengegeben hätte, ist nicht anzunehmen, zumal die gleichberechtigte Beteiligung dem Umstand entsprach, dass die Teilhaber auch die Gesellschaftsanteile zu jeweils einem Viertel hielten. Auch nach außen hin waren der Angeklagte sowie die gesondert Verfolgten BM, BQ und BR im Übrigen darauf bedacht, als gleichberechtigte Teilhaber der „ZD-Gruppe“ aufzutreten. Nachzuvollziehen war in diesem Zusammenhang auch die Einlassung des Angeklagten CA, wonach die Vereinbarung zur Profitverteilung mit den gesondert Verfolgten BQ und BR auch auf die Einkünfte aus den YT-Eigenhandelsfällen 2008 (Fall 2) und 2011 (Fall 11) erstreckt wurde. Insoweit leuchtet insbesondere ein, dass durch ihre Beteiligung an den Einkünften aus dem Jahr 2008 der Wechsel von der ZV London zu den ZD-Gesellschaften abgegolten und durch ihre Beteiligung an den Einkünften des Jahres 2011 der Umstand Berücksichtigung finden sollte, dass diese Einkünfte aus der Fortsetzung einer bereits in den vorherigen Jahren und damit noch während der gleichberechtigten Teilhaberschaft angelegten Kooperation generiert wurden.

    997
    Hinsichtlich der in den Jahren 2009 und 2010 von ZD-OHL im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Taten erwirtschafteten Einnahmen beruhen die Feststellungen im Wesentlichen auf den umfangreichen Aussagen des Zeugen EKHK BN (LKA NRW). Dieser hat auf Grundlage der Aktiengattungen und Stückzahlen, hinsichtlich derer ZD-OHL in 2009 und 2010 Ex-Belieferungen vorgenommen hat, und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Ertrages von 2 Prozent der Bruttodividende ermittelt, dass ZD-OHL in der Dividendensaison 2009 Einkünfte in Höhe von ca. 3,1 Mio. Euro und in 2010 in Höhe von 3,5 Mio. Euro erwirtschaftet habe. Insoweit hat der Angeklagte CA im Rahmen seiner Einlassung den von dem Zeugen zugrunde gelegten Rechenweg und insbesondere auch dessen Annahme bestätigt, die Einkünfte von ZD-OHL hätten sich je Aktiengattung betragsmäßig auf 1 bis 4 Prozent der Bruttodividende belaufen. Auch die seitens des Zeugen so ermittelten Gesamteinnahmen hat der Angeklagte CA als plausibel bezeichnet. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass von diesen Einnahmen 50 Prozent an die ZV geflossen seien. Zweifel an den Angaben des Zeugen sind vor diesem Hintergrund nicht begründet. Er konnte insbesondere im Einzelnen aufzeigen, hinsichtlich welcher Aktiengattungen und in welchem Umfang von Ex-Belieferungen seitens ZD-OHL auszugehen ist und welcher Ertrag sich insoweit bei einer zugrunde gelegten Beteiligung in Höhe von 2 Prozent der Bruttodividende ergibt. Im Hinblick auf etwaige Abflüsse an die ZV hat der Zeuge dargelegt, solche seien ihm zwar nicht bekannt. Er habe aber auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die diesbezüglichen Angaben des Angeklagten CA unzutreffend seien. Da auch im Übrigen nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die ZV im Umfang von 50 Prozent an den Einkünften von ZD-OHL partizipiert hat, und nicht im Einzelnen aufgeklärt werden konnte, wie sich die von ZD-OHL gelieferten EX-Aktien auf die einzelnen abgeurteilten Fälle verteilen und in welchen Fällen sich der Profit von ZD-OHL betragsmäßig auf unter 2 Prozent der Bruttodividende belaufen hat, ist die Kammer zugunsten des Angeklagten CA davon ausgegangen, dass der bei ZD-OHL verbliebene Profit sowohl in 2009 als auch in 2010 lediglich 1 Mio. Euro betragen hat. Dass die auf die abgeurteilten Taten entfallenden Einkünfte von ZD-OHL unter diesen Beträgen lagen, kann angesichts der Angaben des Zeugen BN, die seitens des Angeklagten CA als plausibel bezeichnet wurden, ausgeschlossen werden.

    998
    Einkünfte von ZD-OML, die im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Taten erzielt wurden, konnten nicht festgestellt werden. Diesbezügliche Angaben haben weder der Zeuge EKHK BN noch der Angeklagte CA getroffen. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte für seitens ZD-OML erzielte Erträge, die aus einer Mitwirkung an den verfahrensgegenständlichen Transaktionen herrühren.

    999
    Die Kammer folgt der Einlassung des Angeklagten CA, die insoweit ebenfalls der Aussage des Zeugen EKHK BN entspricht, auch in dem Punkt, dass die ZD-Gesellschaften aus den für die XA GmbH aufgesetzten Geschäften Erträge in Höhe von 233.751 Euro erwirtschafteten. Dem entspricht die von dem Zeugen BN dargelegte Berechnung, wonach ZD - unabhängig von der später unterbliebenen Steueranrechnung - Profite in Höhe von 10 Prozent des gesamten Bruttodividendenvolumens erzielte.

    1000
    Auch die Feststellungen zu den bei den ZD-Gesellschaften sowie bei der ZC Capital Ltd. angefallenen Kosten für Infrastruktur, Mitarbeiter und Rechtsberatung beruhen auf den diesbezüglichen nachvollziehbaren Erläuterungen des Angeklagten CA. Die Kammer hat weder an dieser Stelle noch in anderem Zusammenhang den Eindruck gewonnen, der Angeklagte habe die Kosten besonders hoch angesetzt, um hierdurch Einfluss auf die Höhe eines etwaigen Einziehungsbetrages zu nehmen. Vielmehr hat er auf die diesbezüglichen Nachfragen der Kammer nachvollziehbar darzulegen vermocht, dass im Zusammenhang mit der Gründung der einzelnen Gesellschaften erhebliche Rechtsberatergebühren angefallen sind und sich die Gehaltszahlungen durch das Anwachsen des Mitarbeiterstammes in 2009 und 2010 erhöht haben. Hierbei werden die Angaben des Angeklagten CA zur Höhe der von den ZD-Gesellschaften und von der ZC Capital Ltd. erbrachten Gehaltszahlungen auch durch die Angaben des Angeklagten AO zu dem von ihm bezogenen Jahresgehalt gestützt. Dieses soll sich auf 110.000 Pfund Sterling belaufen haben, wobei der Angeklagte AO davon ausging, dass weitere Mitarbeiter der ZD-Gruppe ein höheres Gehalt bezogen haben als er selbst. Ferner hat der Angeklagte AO angegeben, der Wechsel eines Mitarbeiters zu den Balance-Gesellschaften sei regelmäßig mit einer einmaligen Bonus-Zalung einhergegangen, die sich auf ca. 1 Mio. Euro belaufen habe. Die von dem Angeklagten CA zugrunde gelegten Gehalts- und Bonizahlungen an die Mitarbeiter von im Schnitt 3 Mio. Euro jährlich sind auch vor diesem Hintergrund plausibel.

    2. YT-Eigenhandel 2007 (Fall 1)

    1001
    Die zu Fall 1 getroffenen Feststellungen beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Rolle des gesondert Verfolgten AE

    1002
    Die Überzeugung der Kammer, dass der gesondert Verfolgte AE im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank im Jahr 2007 (Fall 1) eine maßgebliche Rolle gespielt hatte, folgt aus der Aussage des Zeugen CD und aus einer Reihe von Urkunden.

    1003
    aa) Der Zeuge hat - über die Beratung der YT-Bank durch den gesondert Verfolgten AE im Rahmen von Fall 1 hinaus - umfassend geschildert, dass die YT-Bank ein wichtiges Mandat des gesondert Verfolgten AE gewesen sei, das dieser selbst betreut habe. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge auch geschildert, wie der gesondert Verfolgte AE in den Jahren zuvor die Mechanik des CumEx-Leerverkaufshandels entdeckte, diese im Rahmen der BV-Geschäfte mit der YJ umsetzte und sodann seine Beteiligung an CumEx-Handelsstrategien ausbauen wollte. In diesem Zusammenhang hat er nicht nur Beratungsgespräche geschildert, an denen er selbst teilgenommen hatte. Er hat sich auch zu seiner persönlichen Verbindung zu dem gesondert Verfolgten AE geäußert und dazu, wie beide seinerzeit wirtschaftlich an dem Vehikel der YW Ltd. beteiligt waren, um „an der Kanzlei vorbei“ Einkünfte zu erzielen. Dies sei insbesondere auch im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank in den Jahren 2007 bis 2010 der Fall gewesen, wobei Zahlungen von der YT-Bank an die YW Ltd. auch schon im Jahr 2006 geleistet worden seien.

    1004
    Die Kammer schenkt diesen Angaben Glauben. Der Zeuge hat hierzu - aber auch zu zahlreichen anderen Tatkomplexen und CumEx-Strukturen - über vier Hauptverhandlungstage umfassend bekundet. Die Kammer sieht, dass er - nachdem er sich zur Kooperation mit den Ermittlungsbehörden entschlossen hat - im Hinblick auf eigene gegen ihn gerichtete Ermittlungsverfahren ein Interesse haben mag, den Ermittlungsbehörden viele Fakten zu schildern, um unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungshilfe in späteren Verfahren deutliche Strafmilderungen zu erlangen. Dies allein lässt zwar ungerechtfertigte Fremdbelastungsmotive zunächst nicht ausgeschlossen erscheinen, belegt solche aber auch noch nicht. Ungeachtet des Umstandes, dass der Zeuge die gesamte Zeit über sachlich und insbesondere auch erinnerungskritisch bekundete, ist für die Kammer in diesem Zusammenhang insbesondere entscheidend, dass seine Aussage durch diverse andere Tatsachen maßgeblich objektiviert ist.

    1005
    bb) Der Aussage des Zeugen CD entspricht, dass es ausweislich der Mail vom 30.01.2007 zu Gesprächen zwischen dem gesondert Verfolgten AE und der YT-Bank über deren Eigenhandelsgeschäfte gekommen war. Mittels der vorbezeichneten Mail hatte der gesondert Verfolgte AP von der Kanzlei ZX LLP „wie mit Herrn [AE] besprochen“ eine Präsentation zu den späteren Geschäften erhalten, die er ausweislich einer weiteren Mail vom selben Tage an den gesondert Verfolgten BX weiterleitete. Bei der übermittelten Präsentation im Layout der Kanzlei ZX LLP handelte es sich - was auch der Angeklagte CA bestätigt hat - inhaltlich um die Präsentation „German Basis Opportunity“, die der Angeklagte CA mit dem gesondert Verfolgten BM im Jahr zuvor für die YJ im Rahmen der BV-Geschäfte erstellt hatte, um dem Investor BV die mit der YJ umgesetzte CumEx-Handelsstruktur vorzustellen.

    1006
    cc) Dass es insoweit ebenfalls der gesondert Verfolgte AE war, der - entsprechend der Aussage des Zeugen CD - im weiteren Verlauf den gesondert Verfolgten BM auf Seiten der YJ mit den zuständigen Entscheidungsträgern bei der YT-Bank zusammenbrachte, steht zum einen schlüssig mit dem Umstand im Einklang, dass die Geschäftsverbindung zwischen den gesondert Verfolgten AE und BM bereits aufgrund der BV-Geschäfte seit dem Jahr 2006 bestand. Die initiierende Rolle des gesondert Verfolgten AE steht auch mit der Angabe des Zeugen CD im Einklang, dass die YT-Bank das Mandat des gesondert Verfolgten AE war, welches dieser selbst betreute. Dies wiederum ist objektiviert durch mehrere Urkunden aus dem Kreis der YT-Bank (z.B. Mail vom 30.01.2007 BH - AP; Gesprächsvermerk AP „Gespräch mit Herrn [AE] am 21.05.2007“; Mail vom 10.10.2007 BH - AP; Schreiben vom 21.05.2008 AE - BP, BX „Unsere Besprechung vom 20.05.2008“; Mail vom 20.02.2009 AE - BP, BX; Vermerk BX vom 30.04.2009 „Gesprächszusammenfassung“; Vermerk AA „Gespräch mit Herrn [AE] am heutigen Tage“ vom 02.03.2011), aus denen sich ergibt, dass dort der gesondert Verfolgte AE über die Jahre hinweg der persönliche Ansprechpartner für die durchgeführten bzw. noch durchzuführenden Geschäfte war.

    1007
    dd) Die vom Zeugen CD geschilderte Rolle des gesondert Verfolgten AE ist schließlich auch durch den von dem gesondert Verfolgten AP gefertigten Vermerk „Gespräch mit Herrn [AE] am 21. Mai 2007“ erkennbar. Ausweislich Ziffer 1 dieses Vermerkes hatten die gesondert Verfolgten AP und AE ausgehandelt, dass diesem grundsätzlich 35 Prozent des durch die gegenständlichen Geschäfte erzielten Nettogewinns der YT-Bank zustehen sollten. Dass hiermit die gegenständlichen Aktiengeschäfte gemeint waren, folgt zum einen aus der in dem Vermerk aufgenommenen Bezeichnung der Geschäfte als „Projekt Europinium (vormals Aktienarbitrage)“ (Hervorhebung durch die Kammer). Dies entspricht dem Umstand, dass die aus der doppelten Steueranrechnung bzw. -erstattung generierten Profite auch an anderer Stelle oftmals als „Arbitrage“ bezeichnet wurden, so etwa nach der Aussage des Zeugen CD in dem Vertrag zwischen der ZD Capital Ltd. und der YW Ltd. über die Profitverteilung aus den CumEx-Leerverkaufsgeschäften vom 12.08.2008. Zudem wurde ausweislich des weiteren Inhalts des vorbezeichneten Gesprächsvermerks im Hinblick auf „die besondere Risikosituation des Altana-Deals“ für dieses Geschäft eine geringere Gewinnpartizipation des gesondert Verfolgten AE ausgehandelt. Die Aktien der Altana AG waren aber gerade auch Gegenstand der Fall 1 zugrunde liegenden Geschäfte. Darüber hinaus gab es im Jahr 2007 dort tatsächlich eine besondere Situation, weil das Unternehmen eine erhebliche Sonderdividende ausschüttete, was das gesamte ursprünglich geplante Preisgefüge durcheinanderbrachte und entsprechende Anpassungen erforderlich machte. Die diesbezüglichen Vorgänge hat der Angeklagte CA in der Hauptverhandlung umfangreich dargestellt.

    1008
    Wurde der gesondert Verfolgte AE wirtschaftlich aber in erheblichem Umfang an den Eigenhandelsaktivitäten der YT-Bank beteiligt, stellt dies einen deutlichen Beleg dafür dar, dass er die Geschäfte zuvor maßgeblich mit ins Rollen gebracht und in diesem Zusammenhang entscheidende Leistungen erbracht hatte. Hätte er demgegenüber eine reine Rechtsberatung erbracht, wäre nicht verständlich, weshalb sich die Entscheidungsträger der YT-Bank auf dessen Gewinnbeteiligung von immerhin 35 Prozent ihres Nettogewinns hätten einlassen sollen.

    1009
    Die von dem Zeugen CD geschilderten Zahlungen der YT-Bank an die wirtschaftlich ihm und dem gesondert Verfolgten AE zuzurechnende YW aufgrund von nicht leistungsunterlegten Rechnungen sind schließlich insoweit objektiviert, als entsprechende Rechnungen der Bank YY AG existieren (Rechnungen vom 08.08.2007, vom 13.08.2008, vom 06.08.2009) und ausweislich des Kontoauszugs vom 21.07.2010 auch für dieses Jahr eine Zahlung der YT-Bank an die Bank YY AG in Höhe von 5.500.000 Euro belegt ist.

    1010
    ee) Bei einer Gesamtschau der vorstehend dargestellten Beweisergebnisse ergibt sich für die Kammer damit ein schlüssiges Bild der wichtigen Rolle, die der gesondert Verfolgte AE im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank im Jahr 2007 spielte.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1011
    Zu den getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Rolle und der Aufgaben der YJ, zur Planung der Geschäfte durch den Angeklagten CA und den gesondert Verfolgten AW auf Seiten der YT-Bank, zur CumEx-Handelsstrategie inklusive der im Vorfeld mit der Gegenseite getroffenen Absprachen und zur konkreten Umsetzung der Aktiengeschäfte am jeweiligen Handelstag gilt Folgendes:

    1012
    aa) Der Angeklagte CA hat die damaligen Vorgänge wie festgestellt geschildert. Die Kammer zweifelt an der Richtigkeit seiner umfangreichen Angaben nicht. Es ist nicht erkennbar, aus welchen Gründen er seine Tatbeteiligung falsch oder zu umfangreich hätte dargestellt haben sollen. Soweit er - aufgrund des Zeitablaufs ohne Weiteres plausibel - an bestimmte Einzelheiten der damaligen Vorgänge, etwa konkrete Einzelgespräche, keine Erinnerung mehr hatte, machte er dies jeweils deutlich.

    1013
    bb) Die Angaben des Angeklagten CA zu seinen Tatbeiträgen sind darüber hinaus teilweise auch durch Urkunden objektiviert. So ergibt sich etwa aus einer insgesamt vier Mails umfassenden Mail-Kommunikation vom 01.05.2007, dass er mit dem gesondert Verfolgten AW im Vorfeld der Aktiengeschäfte diverse Einzelheiten hierzu besprochen hatte. Aus dem Bloomberg-Chatprotokoll vom 11.05.2007 folgt, dass der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte AW auch während des eigentlichen Handels in Verbindung standen und sich über vorangegangene sowie bevorstehende Geschäfte austauschten. Die von dem Angeklagten eingeräumte Rolle bei den Geschäften im Jahr 2007 erklärt schließlich auch schlüssig, dass dieser nicht nur im Jahr 2008 in gleicher Weise im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank tätig war, sondern er ausweislich der Bloomberg-Chatprotokolle vom 16.01.2009 und vom 30.04.2010 von dem gesondert Verfolgten AW auch in den Jahren 2009 und 2010 bei Rückfragen oder besonderen Problemen kontaktiert wurde, obwohl die eigentliche Ausarbeitung und Aushandlung der Aktienkörbe und die Umsetzung der Transaktionen zu dieser Zeit an sich Mitarbeitern der ZD Capital Ltd. oblag. Dies zeigt, dass der gesondert Verfolgte AW den Angeklagten CA - entsprechend seiner Einlassung - bei besonderen Situationen unmittelbar ansprach, was sich mit einem über die Jahre 2007 und 2008 gewachsenen Vertrauensverhältnis widerspruchsfrei zusammenfügt. Die entsprechenden Chatprotokolle sind an den maßgeblichen Stellen durch den Sachverständigen BW übersetzt worden. Es besteht kein Anlass, die Richtigkeit der dieser Übersetzung in Frage zu stellen. Das gilt darüber hinaus für die gesamte Übersetzungstätigkeit des Sachverständigen hinsichtlich der in Englischer Sprache verfassten Urkunden. Die Kammer war im Übrigen auch aufgrund eigener Sprachkenntnisse in der Lage, jeweils die Richtigkeit der Übersetzungen nachzuvollziehen.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1014
    Die Feststellungen zu den cumex-gehandelten Aktiengattungen und zu den auf die jeweiligen Dividendenkompensationszahlungen entfallenden Beträgen an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag beruhen auf den von der YT-Bank erstellten Wertpapierabrechnungen und Dividendengutschriften. Aus den jeweils am Tag des Vertragsschlusses erstellten Wertpapierabrechnungen ist auch zu erkennen, dass es sich um „Festpreisgeschäfte“, also außerbörslich getätigte Käufe handelte. Zudem ist aus den Abrechnungen jeweils der geplante Tag der Kaufpreiszahlung („Valuta“) zu ersehen; danach wurden sämtliche Geschäfte mit einer Lieferfrist von „t+2“ abgeschlossen. Anhand der jeweiligen Belege der Clearstream Banking AG hat die Kammer die tatsächlichen Buchungstage nachvollziehen können.

    1015
    Aus den von der YT-Bank erstellten Future-Abrechnungen zu den Verkäufen der gegenläufigen Single Stock Futures folgt zudem, dass diese zunächst außerbörslich verkauft und dann über die Börse Eurex abgewickelt wurden (jeweiliger Eintrag: „Börse FFM - Eurex (OTC)“)

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1016
    Die Kammer ist überzeugt, dass es sich bei den im Rahmen von Fall 1 festgestellten Aktien-Kassageschäften um Leerverkäufe handelte, in deren Rahmen jeweils auf die an die YT-Bank geleistete Dividendenkompensationszahlung keine Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag abgezogen worden war. Wie bereits dargelegt, folgt der Umstand des Leerverkaufs für die Kammer bereits daraus, dass in allen Fällen die Eindeckung des Aktienverkäufers mit Ex-Aktien - sei es aufgrund der Organisation des Angeklagten, sei es aufgrund von der Verkäuferseite gehandelter „Pakte“ - sichergestellt worden war. Zu dem unterbliebenen Steuerabzug gilt ergänzend:

    1017
    aa) Die Kammer ist überzeugt, dass die YT-Bank im Jahr 2007 die der Kurssicherung dienenden Futuregeschäfte mit einem Dividendenlevel handeln konnte, der im Schnitt bei 95 und damit schon in dieser Höhe unter den gängigen CumCum-Leveln lag.

    1018
    Dies folgt insbesondere aus dem an den gesondert Verfolgten BX gerichteten Schreiben vom 10.01.2008, in dem die gesondert Verfolgten AP und AW zu den mit dem gesondert Verfolgten BM im Vorjahr durchgeführten Geschäften und den aktuell mit diesem geplanten Geschäften ausführten:

    1019
    „Herr [BM]  hat uns nach  einem  ersten  Gespräch letzte Woche gestern telefonisch einen Anteil von 8 % (ca.  38 % des Kapitalertragsteueranspruches) für die Januar-Transaktionen angeboten […] Im letzten Jahr lag  unser Profit-Anteil bei 5 %.“

    1020
    Aus diesen Ausführungen ist für die Kammer klar ersichtlich, dass die gesondert Verfolgten AP und AW den Profit-Anteil der YT-Bank an der Bruttodividende gemessen hatten. Da zudem nicht ersichtlich ist, weshalb beide die Gewinne aus dem Vorjahr fälschlich zu hoch dargestellt haben sollten, ist dies ein deutlicher Beleg für gehandelte Dividendenlevel im Bereich von 95, da der Profit des Leerkäufers der Differenz zwischen der vollen Bruttodividende („100“) und dem Dividendenlevel entsprach.

    1021
    bb) Darüber hinaus ist die Kammer überzeugt, dass die von dem Angeklagten CA bei der Organisation der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte für die YJ ausgehandelten Dividendenlevel noch deutlich unter diesem Bereich lagen. Nach der auch insoweit überzeugenden Einlassung des Angeklagten CA lag - neben der Vereinnahmung von Gebühren für das „Verleihen“ von Ex-Aktien an die Leerverkäuferseite - die Profitabilität der Geschäfte für die Bank bzw. für den von dem gesondert Verfolgten BM geleiteten Handelstisch gerade darin, dass die YJ gegenüber der YT-Bank als Käuferin des Absicherungsfutures auftrat und diesen zugleich zu einem Preis an die Leerverkäuferseite veräußerte, der mit dem im Vorfeld ausgehandelten, aus Sicht der YJ günstigeren Dividendenlevel berechnet war. Es kann insoweit dahinstehen, ob dieser Dividendenlevel in allen Fällen unter 90 lag. Selbst wenn die YJ aus ihrer Zwischenschaltung in die Future-Geschäfte nur einen „geringen“ Schnitt von 3 Dividendenpunkten gemacht haben sollte, betrug der mit der Leerverkäuferseite ausgehandelte Dividendenlevel damit schon 92 und lag damit deutlich unterhalb der Preise für CumCum-Geschäfte. Da der gesondert Verfolgte BM ausweislich des vorstehend dargestellten Schreibens vom 10.01.2008 aber bereits während der Verhandlungen über die Fortführung der Geschäfte im Jahr 2008 der YT-Bank angeboten hatte, die im Januar vorgesehenen Transaktionen zu einem Dividendenlevel von 92 („Anteil von 8 Prozent“) abzunehmen, spricht überdies auch Einiges dafür, dass die YJ schon im Jahr 2007 mit der Leerverkäuferseite zu Dividendenleveln unter 90 gehandelt hatte.

    1022
    cc) Schließlich tritt hinzu, dass der gesonderte Verfolgte AP in seinem Vermerk „Gespräch mit [AE] am 21.05.2007“ ausgeführt hatte, der gesondert Verfolgte AE prüfe „gerade weitere Trades in anderen europäischen Ländern“ und werde insoweit auf die YT-Bank zurückkommen. Hiermit korrespondiert die Mail vom 10.10.2007, mit der die Sekretärin des gesondert Verfolgten AE an den gesondert Verfolgten AP die Word-Datei „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“ übermittelte. Diese enthielt zum „Stand 20.09.2007“ eine tabellarische Darstellung zu verschiedenen Ländern, in denen die Struktur „Short Sale ([BV]-Struktur)“ geprüft worden war. Insbesondere zu Österreich war dort explizit die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer angesprochen („[XF] sowie [XE] praktizieren diese Struktur. [XF] hat allerdings Zweifel, ob es gelingt, die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu erreichen…“).

    1023
    dd) Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände zweifelt die Kammer nicht daran, dass es sich bei den außerbörslichen Aktien-Kassageschäften im Rahmen von Fall 1 um Leerverkäufe handelte, bei denen die Leerverkäuferseite zu keiner Zeit mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag auf die von ihr geleistete Dividendenkompensationszahlung belastet worden war, und dass diese auch sonst nicht abgezogen wurde. Weder ist auch nur ansatzweise nachvollziehbar, weshalb für einen Aktieninhaber die Eindeckung mit Ex-Aktien hätte organisiert werden müssen noch sind die gehandelten Preise der Absicherungsfutures plausibel, wenn die Belastung der Verkäuferseite mit der Steuer unterstellt wird. Nicht mehr entscheidend kommt es daher darauf an, ob und in welchem Umfang die Aktiengeschäfte erst drei Tage oder später nach dem Tag der Hauptversammlung - und damit cumex-typisch spät - beliefert wurden, wobei auch dies ausweislich der vorliegenden Aktien- und Clearstream-Belege zumindest teilweise für die Aktien der Allianz AG, der Altana AG und der Commerzbank AG festzustellen war.

    e) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    1024
    Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, der Steuererklärung und zu den Entscheidungen des Finanzamtes YC vom 20.04.2009, vom 01.07.2013 und vom 25.06.2018 sowie deren teilweises Ergehen im Rahmen einer Außenprüfung folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem die Steuerbeamtin BS vom Finanzamt YC vernommen hat. Diese war in den gegenständlichen Jahren und auch noch zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung für die steuerlichen Angelegenheiten der Einziehungsbeteiligten und der YT-Bank zuständig. Aus der Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten vom 06.01.2009 sind zudem die Unterschriften der gesondert Verfolgten BP und BX deutlich ersichtlich. Die Unterschriften konnte die Kammer aufgrund eines Vergleichs mit anderen Urkunden vornehmen. So war die Unterschrift des gesondert Verfolgten BX etwa anhand des Vermerks vom 30.04.2009 (BMO 04 Bd. 2, Bl. 17 f.) identifizierbar, der diesen als Aussteller ausführt und mit dem entsprechenden Unterschriftszug abschließt. Die Unterschrift des gesondert Verfolgten BP ist bereits aus sich heraus lesbar, war daneben aber auch der Zeugin BS bekannt. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die im Rahmen von Fall 1 festgestellten Aktiengeschäfte entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand des in der Steuererklärung vom 06.01.2009 und dementsprechend auch in dem Bescheid des Finanzamtes YC vom 20.04.2009 enthaltenen Anrechnungsbetrags war, beruht darauf, dass dem Finanzamt mit diesen Aktiengeschäften korrespondierende Steuerbescheinigungen vorgelegt worden waren. Zudem war die spätere Steueranrechnung auch von vornherein seitens der Beteiligten eingeplant gewesen, da sich die Aktiengeschäfte ansonsten als unwirtschaftlich dargestellt hätten.

    1025
    Die Feststellungen zu den von der Einziehungsbeteiligten durch Einsatz ihres Eigenkapitals - einschließlich der auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zurückgehenden Einnahmen - generierten Erträgen beruhen auf deren eigenen, plausiblen Angaben. Der Vertreter der Einziehungsbeteiligten hat auf die offen auf die Ermittlung etwaiger Nutzungen gerichtete Frage der Kammer, wie sich in der Zeit seit 2007 die Ertragslage der Einziehungsbeteiligten dargestellt habe, Beträge und Kennzahlen zu deren jeweiligem Konzerneigenkapital und zur Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 2007 bis 2018 vorgelegt und erläutert. Die Kammer hatte keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen, zumal die einzelnen Jahresergebnisse teilweise ertragreiche, teilweise aber auch verlustbringende Geschäftsjahre ausweisen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Einziehungsbeteiligte hier etwa Zahlen vorgetragen hätte, die ihre Ertragslage in einer für sie - im Hinblick auf die im Raum stehende Einziehung und die dabei vorzunehmende Ermittlung von gezogenen Nutzungen - günstigen Weise verfälschend wiedergeben. Auch im Übrigen bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Einziehungsbeteiligte die ihren Berechnungen zugrunde liegenden Beträge falsch ermittelt oder mitgeteilt haben könnte. Bedarf für eine weitere Objektivierung dieser Zahlen bestand daher nicht. Für das Jahr 2019 hat die Kammer die Konzernrendite auf Grundlage der in den vorherigen Jahren von der Einziehungsbeteiligten mitgeteilten Überschüsse ermittelt. Auch dieser Prozentsatz ist in der Hauptverhandlung mit dem Vertreter der Einziehungsbeteiligten erörtert und von diesem nicht beanstandet worden.

    f) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    1026
    Zu den Feststellungen hinsichtlich der subjektiven Vorstellungen der auf Seiten der YT-Bank (bzw. der Einziehungsbeteiligten) handelnden Personen und des gesondert Verfolgten AE gilt:

    aa) Die gesondert Verfolgten BP und BX

    1027
    (1) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1028
    Die Kammer ist überzeugt, dass insbesondere die in die Geschäfte - in unterschiedlichem Umfang - einbezogenen gesondert Verfolgten BP und BX jedenfalls Anfang Mai 2007 und damit vor Durchführung der ersten abgeurteilten Transaktionen wussten, dass auf der Gegenseite ein Leerverkäufer stand, der im Rahmen der Abwicklung der Geschäfte nicht mit einem Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet würde, und dass es im Ergebnis damit zu einer doppelten Anrechnung einer nur einmal erhobenen Steuer kommen würde.

    1029
    (a) Hierauf deuten diverse Beweisergebnisse hin.

    1030
    (aa) Dass den gesondert Verfolgten BP und BX die Struktur der verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen und insbesondere der Aktienerwerb über den Dividendenstichtag von einem Leerverkäufer bekannt war, folgt zunächst daraus, dass die YT-Bank mit ihrer Kenntnis bereits im Jahr 2006 auf der Verkäuferseite an CumEx-Leerverkaufsgeschäften teilgenommen hatte. Dies hat der Zeuge CD bekundet, ferner wird seine Aussage durch die Urkundslage objektiviert. So heißt es in der „Vorlage für die Partnersitzung am 07. März 2006“, als deren Ersteller der gesondert Verfolgte BX ausgewiesen und in deren Verteiler unter anderem der gesondert Verfolgte BP aufgeführt ist, unter anderem:

    1031
                  „Geschäftsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Equity-Swaps

    1032
    Inzwischen konnte das [AE]-Modell als machbar abgeklärt werden. Dabei wird unterstellt, daß das Produkt Equity-Swap problemlos durch die Produktprüfung kommt und wir das notwendige Volumen zu Schlußkursen über die Börse abwickeln können bzw. unabhängig davon einen Partner für den Equity-Swap zu Schlußkursen finden.

    1033
    Dies vorausgeschickt wird vorgeschlagen, einen ersten Probelauf mit Aktien der Daimler-Chrysler AG durchzuführen.  ·

    1034
    Vorgesehen ist, daß 200.000 Stück Daimler-Chrysler AG Aktien am 11. April dieses Jahres durch Herrn [AB] zum Schlußkurs über XETRA leer verkauft werden. Herr [AW] würde den Equity-Swap erwerben, nach Möglichkeit ebenfalls zum Schlußkurs (da es sich um ein derivatives Produkt handelt, kann der Schlußkurs voraussichtlich nur näherungsweise erzielt werden).

    1035
    Herr [CK] aus der Wertpapierverwaltung kann dann am  13. April 2006 das

    1036
    Wertpapierleihegeschäft zur Belieferung unseres Aktienverkaufes tätigen…

    1037
    Sofern der Probelauf erfolgreich· durchgeführt werden kann, würden wir mit diesem Produkt fortfahren…

    1038
    Es wird um Zustimmung für die Durchführung der vorstehend beschriebenen Daimler-Chrysler AG Transaktion gebeten.“ (Hervorhebungen durch die Kammer)

    1039
    Eigene, auf eine Anregung von dem gesondert Verfolgten AE zurückgehende, Leerverkäufe der YT-Bank, die gegen einen Equity-Swap abgesichert wurden, wurden demnach im Jahr 2006 in der YT-Bank offen kommuniziert. Im Übrigen ist dieses Schreiben mit einer vorangegangenen, internen Mail vom 02.03.2006 des AH, gerichtet unter anderen an den gesondert Verfolgten BX, mit dem Betreff „Equity Swap - erbetene Produktprüfung nach MAH“ zu sehen. Dort führte dieser aus, dass seiner Auffassung nach „im Zusammenhang mit der Vermeidung von KÖSt. auf Dividenden“ eine steuerliche Expertenmeinung erforderlich sei. Bei einer Zusammenschau der beiden vorstehenden Dokumente besteht für die Kammer kein Zweifel, dass auf Seiten der YT-Bank, wie in der Vorlage für die Partnersitzung beschrieben, schon im Jahr 2006 Leerverkäufe durchgeführt wurden. Dabei stand auch im Raum, dass auf die von der YT-Bank zu leistende Dividendenkompensationszahlung kein Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag geleistet wird, da vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2007 die Dividendenkompensationszahlung nicht der Kapitalertragsteuer unterfiel und eine Abzugspflicht des Leerverkäufers bzw. der den Verkaufsauftrag ausführenden Stelle in § 44 Abs. 1 EStG [VZ 2006] daher nicht normiert war. Damit war den Verantwortlichen der YT-Bank bekannt, dass im Jahr 2006 im Rahmen von CumEx-Leerverkaufstransaktionen Profite auf Seiten des Leerverkäufers dadurch anfallen, dass dieser den Kaufpreis für die Aktien vereinnahmt, im Hinblick auf eine nur netto geleistete Dividendenkompensationszahlung aber nicht mit der Steuer belastet wird. Soweit in der Mail vom 02.03.2006 insoweit von Körperschaftssteuer („KÖSt“) die Rede ist, handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein offensichtliches Missverständnis.

    1040
    Die Mechanik der in 2007 durchgeführten Geschäfte entsprach den CumEx-Leerverkaufstransaktionen in 2006, so dass den gesondert Verfolgten BP und BX auch hinsichtlich sämtlicher im Jahr 2007 durchgeführter Transaktionen das Vorliegen von Leerverkäufen, bei denen ein Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung nicht stattfindet, bekannt war. Die YT-Bank hatte nunmehr lediglich die Position des Leerkäufers eingenommen und auf Seiten der Leerverkäufer agierten nunmehr Institute, deren Depotbanken einen Kapitalertragsteuerabzug auf die Kompensationszahlungen trotz Inkrafttreten der § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 43 Abs. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] nicht vornahmen. Die Struktur der Geschäfte hatte sich demgegenüber nicht grunslegend geändert.

    1041
    (bb) Die vorstehende Würdigung steht im Einklag mit den Angaben des Zeugen CD. Dieser hat bekundet, dass die gesondert Verfolgten BP und BX über das Vorliegen von Leerverkäufen und über deren Bedeutung für die Geschäfte Bescheid wussten.

    1042
    Die Kammer glaubt auch diesen Ausführungen des Zeugen CD. Seine Ausführungen waren sachlich und erinnerungskritisch. Er vermittelte im Rahmen seiner Schilderung insbesondere auch nicht den Eindruck, die Beteiligten der YT-Bank gezielt ins Bild setzen zu wollen, um von eigenem Fehlverhalten abzulenken oder um dieses - etwa in Bezug auf die gegen ihn gerichteten Ermittlungen - in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Vielmehr bekundete er erst auf die Nachfrage, ob die gesondert Verfolgten BP und BX den Umstand des Leerverkaufs und die Quelle des Profits bei CumEx-Geschäften erkannt hätten, dass dies so gewesen sei. Bei dieser Antwort am ersten Tag seiner insgesamt vier Hauptverhandlungstage umfassenden Vernehmung zeigte sich eine deutliche Veränderung in der Art und Weise seiner Antwort: Während der Zeuge bis dahin sämtliche Fragen umgehend und sachlich beantwortet und allenfalls kurz inne gehalten hatte, wenn er sich an bestimmte Vorgänge nicht mehr genau erinnerte, wurde er bei dieser Frage still, kehrte in sich und bejahte sie schließlich seufzend mit dem Hinweis, dass alle Fakten auf dem Tisch gelegen hätten. Dies habe auch für die weiteren YT-Mitarbeiter AP, AQ und BK sowie für den gesondert Verfolgten AE und auch für sich selbst gegolten. Nach dem von der Kammer gewonnenen Eindruck des Zeugen war diese Reaktion weder geschauspielert noch Ausdruck davon, dass er sich innerlich zu einer Lüge überwinden musste.

    1043
    (cc) Auch diverse weitere Urkunden sprechen dafür, dass die Leerverkäufe ohne Steuerabzug als solche erkannt worden waren:

    1044
    So hatte der gesondert Verfolgte AE über sein Sekretariat mit Mail vom 30.01.2007 eine Präsentation zu den von ihm vorgeschlagenen Geschäften an den gesondert Verfolgten AP übermitteln lassen. Aus einer weiteren YT-internen Mail vom selben Tage folgt, dass dieser die zuvor erhaltene Nachricht nebst Präsentation an den gesondert Verfolgten BX weitergeleitet hatte, verbunden mit dem Hinweis, in der Präsentation keinen Bezug auf „die Kapitalsteuerproblematik“ gefunden zu haben, er, der gesondert Verfolgte AP, werde diesbezüglich bei dem gesondert Verfolgten AE nachhaken. Dies zeigt deutlich, dass auf Seiten der YT-Bank, namentlich bei den gesondert Verfolgten AP und BX, ein steuerrechtliches Problembewusstsein vorhanden und die steuerliche Dimension der vom gesondert Verfolgten AE zuvor vorgeschlagenen Geschäfte erkannt worden war. Diese hätte von vornherein nicht im Raum gestanden, wenn klar gewesen wäre, dass die Aktien von einem Aktieninhaber erworben werden und ein Steuerabzug auf die Originaldividende tatsächlich stattfindet.

    1045
    Dieser Schluss ist auch stimmig mit dem bereits erwähnten, an den gesondert Verfolgten BX gerichteten Vermerk des gesondert Verfolgten AP über das „Gespräch mit [AE] am 21. Mai 2007“. Unter Ziffer 1 dieses Vermerks war nicht nur festgehalten, welches Ergebnis die Verhandlungen mit dem gesondert Verfolgten AE hinsichtlich dessen Profitpartizipation an den gegenständlichen Geschäften erbracht hatte (vgl. auch obige Ausführungen zur Rolle des gesondert Verfolgten AE). Unter Ziffer 2 wurde in dem Vermerk zu der Überschrift „Weitere Trades mit Herrn [BM]“ zudem ausgeführt, dass der gesondert Verfolgte AE gerade „weitere Trades in anderen europäischen Ländern“ prüfe und diesbezüglich noch einmal auf die Bank zukommen werde. Mit dieser Ankündigung des gesondert Verfolgten AE korrespondiert eine weitere von seiner Sekretärin in seinem Auftrag an den gesondert Verfolgten AP versendete Mail vom 10.10.2007, der ein Word-Dokument zum „Stand: 20.09.2007“ mit der Überschrift „Stand der Dividendenstrukturen/Übersicht“ anhing. In diesem elektronischen Schriftstück war für eine Reihe von Ländern tabellarisch dargestellt, ob bestimmte Handelsstrategien umsetzbar waren. Zu Beginn des Dokuments war hierbei zu Österreich und der Struktur „Short Sale ([BV]-Struktur)“ ausgeführt:

    1046
    „Funktioniert. [XF] sowie [XE] praktizieren diese Struktur. [XF] hat allerdings Zweifel ob es gelingt, die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu erreichen…“.

    1047
    Zur Schweiz war ausgeführt, dass die vorbezeichnete Struktur „unter bestimmten Annahmen“ funktioniere, wobei als solche „Leerverkäufer“ benannt wurden.

    1048
    Nicht nur aufgrund der Tatsache, dass der gesondert Verfolgte AE die dargestellte Übersicht ausweislich des Vermerks „Gespräch mit AE am 21. Mai 2007“ angekündigt hatte, liegt es nahe, dass die gesondert Verfolgten AP, BX und BP wussten, dass hinter der Strukturbeschreibung „Short Sale (BV Struktur)“ auch die eigene Handelsstrategie stand. Da die Struktur der Geschäfte der YT-Bank der der BV-Geschäfte entsprach, ist es naheliegend, dass der gesondert Verfolgte AE gegenüber den bei der YT-Bank Verantwortlichen diese Geschäfte als Referenz angeführt hatte und daher den Empfängern der E-Mail vom 10.10.2007 klar war, das sich die eigenen Eigenhandelsgeschäfte und die BV-Geschäfte glichen. Dies entspricht schließlich auch der Aussage des Zeugen CD, der bekundet hat, der gesondert Verfolgte AE habe in einem Gespräch mit den gesondert Verfolgten BP und BX, an dem er, der Zeuge CD, auch teilgenommen habe, die mit der YJ durchgeführten BV-Geschäfte als Referenz angeführt. Insoweit vermag die Kammer keinen Grund zu erkennen, weshalb der Zeuge dieses Detail zu Unrecht hätte darstellen sollen, zumal die Mail vom 10.10.2007 in diesem Zusammenhang nicht Gegenstand seiner Vernehmung war.

    1049
    Auch wenn die Kammer keinen unmittelbaren Beleg dafür gefunden hat, dass der Anhang zu der vorbezeichneten Mail vom 10.10.2007 an den gesondert Verfolgten BX weitergeleitet wurde, so liegt dies doch nahe: Zum Einen berichtete der Empfänger der Mail, der gesondert Verfolgte AP, an den gesondert Verfolgten BX und hatte die Mail bereits in seinem für diesen verfassten Gesprächsvermerk über das am 21.05.2007 mit dem gesondert Verfolgten AE geführte Gespräch angesprochen. Zudem handelte es sich bei der Frage, die Geschäfte auch in anderen europäischen Ländern durchzuführen, um eine strategische Entscheidung. Auch insoweit liegt nahe, dass der gesondert Verfolgte BX als Vorgesetzter des gesondert Verfolgten AP über entsprechende Möglichkeiten informiert wurde. Bei der Würdigung der Mail vom 10.10.2007 und des dieser beigefügten Anhanges für das Vorstellungsbild der Beteiligten während der Durchführung der im Jahr 2007 getätigten CumEx-Leerverkaufsgeschäfte verkennt die Kammer nicht, dass dieses Dokument erst erstellt wurde, als die Dividendensaison 2007 bereits abgeschlossen war. Da „die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer“ und das Vorhandensein eines „Leerverkäufers“ in der der Mail angehängten Datei aber offen angesprochen wurden, ist nicht ersichtlich, weshalb dieser Punkt nicht auch im Vorfeld offen diskutiert worden sein sollte, zumal die YT-Bank bereits im Jahr 2006 Leerverkäufe durchgeführt hatte.

    1050
    (dd) Dass den gesondert Verfolgten BP und BX über das Vorliegen von Leerverkäufen hinaus auch der nicht erfolgte Steuerabzug auf die Dividendenkompensationszahlung bekannt war, folgt ferner auch daraus, dass sich die von der YT-Bank erzielten Profite nicht anders erklären lassen als mit einem unterbliebenen Steuerabzug auf der Verkäuferseite. Es ist schlicht nicht erkennbar, weshalb ein Verkäufer die Absicherungsgeschäfte zu derart ungünstigen Preisen hätte abschließen sollen. Dies konnten weder irgendwelche „Marktineffizienzen“ erklären, noch CumCum-Geschäfte, denn auch die von der YT-Bank realisierten Dividendenlevel lagen unter denen für CumCum-Geschäfte. Selbst wenn den gesondert Verfolgten BP und BX insoweit die genauen CumCum-Level unbekannt waren, musste sich ihnen die Frage aufdrängen, weshalb die Aktien stets erst nach dem Dividendenstichtag geliefert werden sollten, zumal die Geschäfte außerbörslich abgeschlossen worden waren und bei einem Inhaberverkauf eine t+0-Lieferfrist hätte vereinbart werden können.

    1051
    In diesem Zusammenhang ist es für die Kammer auch fernliegend, dass sich die verantwortlichen Entscheidungsträger einer deutschen Privatbank auf derart hochvolumige Geschäfte einlassen, ohne die dahinterliegende Strategie vollständig verstanden zu haben.

    1052
    (ee) Für die Kenntnis der gesondert Verfolgten BP und BX spricht zuletzt, dass zur Überzeugung der Kammer auch der gesondert Verfolgte AW über das Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug und über die doppelte Anrechnung der Kapitalertragsteuer im Bilde war. Dies haben sowohl der Angeklagte CA als auch der Zeuge CG unabhängig voneinander bestätigt.

    1053
    Der Zeuge CG hat in diesem Rahmen ausgeführt, er habe für seinen damaligen Arbeitgeber YQ Ltd. mit dem gesondert Verfolgten AW im Jahr 2007 zwei Gespräche geführt, um die Möglichkeit von CumEx-Leerverkaufsgeschäften mit der YT-Bank für das Jahr 2008 auszuloten. Dabei habe der gesondert Verfolgte AW bestätigt, dass die YT-Bank die Geschäfte im Jahr 2008 wiederholen wolle. Auf die Frage, was der gesondert Verfolgte AW gewusst habe und ob dieser über Leerverkäufe ohne Abzug der Kapitalertragsteuer im Bilde gewesen sei, antwortete der Zeuge zunächst, er habe insoweit offen gesprochen und auch den Begriff CumEx verwendet. Auch wenn der gesondert Verfolgte AW aus seiner Sicht kein sehr erfahrener Händler gewesen sei, so sei doch deutlich geworden, dass er Erfahrung mit dem deutschen CumEx-Handel habe. Aus seiner, des Zeugen CG, Sicht, habe er klar gewusst, was vor sich gegangen sei. Auch sei das ganze Konzept von CumEx zu dieser Zeit so bekannt gewesen, dass es unter Händler-Kollegen lächerlich gewesen sei, dieses zu erklären. Auf die ausdrückliche Nachfrage, ob der gesondert Verfolgte AW über Dividendenlevel und Leerverkäufe Bescheid gewusst habe, antwortete der ansonsten durchgängig sehr ruhig anwortende Zeuge spontan und emotional in einer Art und Weise, die die für ihn bestehende Selbstverständlichkeit und Offenkundigkeit seiner Antwort zum Ausdruck brachte, mit „Oh Yes“, um dies sodann weiter auszuführen. Da diese Aussage und die Angaben des Angeklagten CA zum Kenntnisstand des gesondert Verfolgten AW übereinstimmen, zweifelt die Kammer nicht an deren Richtigkeit. War der gesondert Verfolgte AW aber über die Mechanik und Wirkweise der Geschäfte im Bilde, spricht sehr viel dafür, dass dies auch bei seinem Vorgesetzten, dem gesondert Verfolgten AP, und infolgedessen auch bei dessen Vorgesetzten, dem gesondert Verfolgten BX, sowie dem gesondert Verfolgten BP der Fall war.

    1054
    Dies  steht zudem auch mit der Urkundslage im Einklang: Mit Schreiben vom 10.01.2008 hatten die gesondert Verfolgten AP und AW gegenüber dem gesondert Verfolgten BX mitgeteilt, dass der gesondert Verfolgten BM im Falle der Fortführung der Geschäfte mit der YJ für die Januar-Geschäfte der Dividendensaison 2008 „einen Anteil von 8 % (ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruches)“ angeboten habe. Gerade die Umrechnung des Anteils von 8 Prozent auf denjenigen des Kapitalertragsteueranspruches zeigt deutlich die Kenntnis davon, welches Geld zu verteilen war.

    1055
    (b) Die Kammer hat bei der Würdigung der vorstehenden Beweisergebnisse in den Blick genommen, dass der Inhalt einer Reihe von Urkunden, die nach dem Jahr 2007 verfasst wurden, auch darauf hindeuten könnte, dass innerhalb der YT-Bank das Vorliegen von Leerverkäufen nicht (sicher) erkannt worden war.

    1056
    (aa) So hatte im Hinblick auf den zwischenzeitlich am 01.04.2009 ergangenen Entwurf eines BMF-Schreibens in Bezug auf CumEx-Leerverkaufsgeschäfte ein Gespräch zwischen den Steuerberatern AC und BT der Kanzlei ZB mit den YT-Mitarbeitern BX, AW und BE stattgefunden. In dem hierzu verfassten Gesprächsvermerk heißt es unter anderem, es werde davon ausgegangen,

    1057
    „dass die Geschäfte dann nicht unter das BMF-Schreiben fallen würden, wenn man den Usancen gemäß davon ausgehen kann, dass die Stücke vor dem Ex-Date physisch im Bestand sind. Dies bedeutet, dass man die Aktien drei Tage vor dem Ex-Date kaufen müsste.

    1058
    Es wurde beschlossen, dass [BM] kein Geld bekommt, bis nicht geklärt ist, wie sich der Sachverhalt genau darstellt. Herr [AW] kommuniziert dies an Herrn [BM].“

    1059
    Nach diesen Ausführungen wurde der Sachverhalt zwar als ungeklärt angesehen. Andererseits ist auffällig, dass die Beteiligten dem durch das BMF-Schreiben möglicherweise entstehenden Problem mit einer zeitlichen Vorverlagerung der Geschäfte begegnen wollten. Hierbei wurde die Lösung aber gerade nicht darin gesehen, dass die Aktien auch tatsächlich vor dem Dividendenstichtag geliefert werden; vielmehr sollte entscheidend sein, dass „den Usancen gemäß“ hiervon ausgegangen werden könne. Mit anderen Worten wurde gerade gesehen, dass die Aktien auch weiterhin erst nach dem Dividendenstichtag geliefert werden könnten.

    1060
    Ein weiteres Treffen zwischen den Herren AC und BT einerseits sowie den YT-Mitarbeitern BX, AQ, BG und BE andererseits fand knapp drei Wochen später am 20.04.2009 statt. In dem hierzu von BE gefertigten Gesprächsvermerk notierte dieser unter anderem:

    1061
    „…[ZB] ist bereit eine Erklärung, wie sie auf Seite 2 des Entwurfs des BMF-Schreibens angegeben ist, zu unterschreiben. Dabei wird das "sowie" als "und" interpretiert und das "r" bei "entsprechender" ist zu streichen. Es wird also davon ausgegangen, dass sich die Absprachen kumulativ auf Erwerb und Leerverkäufe beziehen.

    1062
    •  Wenn sich hingegen herausstellt, dass die Aussage nicht kumulativ gemeint ist, sieht [ZB] keine Möglichkeit für eine entsprechende Bestätigung.

    1063
    •  Es soll über den Verband darauf hingearbeitet werden, dass die Textpassage im BMF-Schreiben entsprechend geändert wird.

    1064
    •  Der Entwurf der Erklärung von [BM] zu entsprechenden Geschäften wird als ausreichend angesehen und soll so schnell wie möglich von ihm eingeholt werden.

    1065
    •  Es wurde noch einmal betont, dass [YT] bei Leerverkäufen unter Umständen das Risiko hat, dass der ohne Steuergutschrift entstehende Verlust aus den Aktienkäufen und -verkäufen bei [YT] verbleibt.“

    1066
    Zu diesem Vermerk ist zu bemerken, dass auch dieser das Vorliegen von Leerverkäufen als solches nicht in Abrede stellte. Vielmehr zogen sich die Beteiligten offenkundig auf eine entsprechende Erklärung des gesondert Verfolgten BM zurück, die sich nach dem Gesamtzusammenhang dieses Vermerks mit dem weiteren von BE am 29.04.2009 verfassten Vermerk darauf beziehen sollte, dass dem gesondert Verfolgten BM keine Informationen über Leerverkäufe vorlägen. Dass abschließend auf das Steuerrisiko im Fall des Bestehens von Leerverkäufen hingewiesen wurde, zeigt im Übrigen, dass die Beteiligten ein Steuerproblem, also das Nichtbestehen eines Steueranrechnungs- bzw. -erstattungsanspruches, grundsätzlich für möglich hielten.

    1067
    (bb) Am 03.04.2009 übermittelte die Sekretärin des gesondert Verfolgten AE in dessen Auftrag an die gesondert Verfolgten BX und BK eine Mail, in der dieser erläuterte, weshalb sich die ZJ GmbH „unbesorgt“ als Depotbank an den Geschäften des BC German Equity Special Fund (s. Fall 5) beteiligen könne.  Hierzu führte der gesondert Verfolgte AE unter anderem aus:

    1068
    „3. Es gibt in den beabsichtigten Transaktion keine cum-/ex-Leerverkäufe über den Dlvldendenstichtag. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Entwurfs des BMF Schreibens sollen nur Leerverkäufe erfasst werden,  die unter § 20 Abs.  1 Nr.  1 Satz 4 EStG fallen und bei denen ausländische Depots zur Abwicklung des Leerverkaufs verwendet werden. Im vorliegenden Fall werden aber Futures gehandelt. Auf diese findet die Vorschrift § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG Anwendung. Folglich fallen die beabsichtigten Transaktionen aus dem Anwendungsbereich des Entwurfs des BMF Schreibens heraus.

    1069
    4. Damit kommt es auch nicht mehr auf das Nichtvorliegen von Absprachen zwischen Käufern und Leerverkäufern an. Dennoch ist auch hierzu festzuhalten, dass solche Absprachen nicht vorliegen.“

    1070
    Auch wenn sich das Schreiben inhaltlich auf die Geschäfte des BC German Equity Special Fund bezog, war bei genauem Hinsehen erkennbar, dass der gesondert Verfolgte AE das Bestehen von Leerverkäufen allgemein gerade nicht in Abrede stellte. Vielmehr ist im zweiten Satz unter Ziff. 3 allein die Rede davon, dass - vermeintlich - keine Leerverkäufe im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG vorliegen, sondern Futures gehandelt würden. Auch solche können indes im Rahmen von Leerverkaufstransaktionen gehandelt werden.

    1071
    (cc) Die Kammer hat ferner den von dem gesondert Verfolgten BX verfassten Vermerk vom 30.04.2009 in den Blick genommen, der den Inhalt eines an diesem Tage stattgefundenen Gesprächs zwischen diesem und den gesondert Verfolgten BP, CJ und AQ wiedergibt. In dem Vermerk heißt es unter anderem:

    1072
    „…Nach den uns bekannten Sachverhalten handelt es sich bei den Transaktionen BC German Equity Special Funds und unseren eigen Single Future Strukturen in keinem Fall um Leerverkäufe. [ZB] (Herren [AC] und [BT]) haben bestätigt, dass sie die notwendigen gesonderten Bescheinigungen erstellen werden

    1073


    1074
    Single Future Strukturen

    1075
    •  Festgehalten wurde, dass aktuell ein Risiko in Höhe von ca. 7 Mio. €, gegeben sein kann.

    1076
    •  Es wurde beschlossen, ein max. Verlustrisiko von 15 Mio. € unterstellt, die  Transaktionen fortzusetzen.

    1077
    •  Die Größenordnung von Wertpapiertransaktionen dürfen max. 350 Mio. € nicht überschreiten, ansonsten bestimmt die jeweils aktuelle Liquiditätssituation das handelbare Volumen.

    1078
    Ergebnisabhängige Vergütungen nach den Vereinbarungen mit Vermittlern und Beratern werden nur geleistet, wenn ein steuerliches Risiko ausgeschlossen ist bzw. abgedeckt werden kann…“

    1079
    (c) Auch wenn nach dem Inhalt des vorstehenden Vermerkes die Handelsstrategie in den Eigenhandelsfällen der YT-Bank - vermeintlich - nicht als Leerverkaufsstrategie eingeschätzt wurde, bestehen für die Kammer bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehend dargestellten Aspekte gleichwohl keine vernünftigen Zweifel, dass zumindest die gesondert Verfolgten BP und BX über die Wirkweise der CumEx-(Leerverkaufs)Geschäfte schon im Jahr 2007 im Bilde waren und erkannt hatten, dass die erzielten Profite im Ergebnis darauf beruhten, dass die Anrechnung einer Steuer geltend gemacht wurde, mit der im Rahmen der von der Verkäuferseite zu leistenden Dividendenkompensationszahlung weder diese noch die YT-Bank selbst belastet worden war.

    1080
    Soweit in einzelnen Schriftstücken Gegenteiliges niedergelegt oder angedeutet ist, ist dies angesichts des insbesondere auch urkundlich belegten Kenntnisstandes im Jahr 2007 nicht nachvollziehbar. Demgegenüber liefert die Erklärung des Zeugen CD, es habe im Vorgriff auf Betriebsprüfungen durchweg eine bestimmte Papierlage geschaffen werden sollen, eine ohne Weiteres nachvollziehbare Erklärung für die im Jahr 2009 verfassten Urkunden. Der Zeuge hat hierzu erläutert, man sei sich des Betriebsprüfungsrisikos stets bewusst gewesen. Demgemäß habe man immer Wert darauf gelegt, in Vermerken, Protokollen und im Schriftverkehr verschleiernd zu formulieren. Zu dieser Angabe passt es, dass auch der gesondert Verfolgte AE in Gutachten - so etwa dem Gutachtenentwurf vom 20.02.2009 - verschleiernd von ausgenutzten „Marktineffizienzen“ sprach.

    1081
    Überdies erscheint es auch lebensfremd, dass eine Bank Aktiengeschäfte in dreistelliger Millionenhöhe tätigt, ohne die dahinterstehende Strategie verstanden zu haben. Auch an dieser Stelle gilt, dass nicht erkennbar ist, wo die Profite hätten herrühren sollen, wenn nicht aus der Nichtbelastung des Aktienverkäufers mit der später geltend gemachten Steuer. Was die Würdigung der dargestellten Schreiben aus dem Jahr 2009 betrifft, kommt hinzu, dass zu diesem Zeitpunkt zumindest den gesondert Verfolgten BP, BX und AW bewusst war, welche wirklichen Profite auf der Aktienkäuferseite zu erzielen waren, da dies gerade der Hintergrund der mit der ZD Capital Ltd. im Jahr 2008 getroffenen Vergütungsvereinbarung war. Bei einer Belastung des Verkäufers mit der Steuer war offensichtlich, dass die aus den Absicherungsfutures erzielten Profite der Bank zu einem Verlust des Aktienverkäufers geführt hätten.

    1082
    Im Hinblick auf den gesondert Verfolgten BP ist für die Kammer insoweit auch nicht entscheidend, ob dieser Kenntnis von allen oben angeführten Urkunden hatte. Für die Kammer genügen insoweit bereits diejenigen Urkunden, die sich auf ihn beziehen.

    1083
    Soweit die Kammer ihren Schluss auch auf den Umstand stützt, dass die YT-Bank bereits im Jahr 2006 CumEx-Geschäfte auf der Verkäuferseite durchgeführt hatte, widerspricht dies im Übrigen nicht dem Umstand, dass der gesondert Verfolgte AE den Beteiligten bei der Waburg Bank im Jahr 2007 die später verfolgte Strategie noch einmal erklärt hatte. Zum einen wurden nicht wie im Jahr 2006 Equity-Swaps gehandelt, zudem sollte die Bank nunmehr auf der Aktienkäuferseite agieren. Es gab zwischen den Strategien daher offensichtlich Unterschiede. Zum anderen war gerade aufgrund des Jahressteuergesetzes 2007 eine (erneute) Auseinandersetzung mit der Rechtslage erforderlich geworden.

    1084
    Die gesondert Verfolgten BP und BX mögen nach außen jeweils vorgegeben haben, keine Kenntnis über die Verkäuferseite gehabt zu haben und aufgrund des Handels über zwischengeschaltete Broker den Aktienverkäufer auch nicht zu kennen. Angesichts der vorstehenden Umstände ist die Kammer aber überzeugt, dass sie wussten, dass das Vorliegen von Inhaberverkäufen ebenso gänzlich unwahrscheinlich war wie die Belastung der Aktienverkäufer mit der Steuer bzw. der Abzug der Steuer auf die zu leistenden Dividendenkompensationszahlungen.

    1085
    (d) Die Kenntnis der gesondert Verfolgten BP und BX um das Bestehen von Leerverkäufen, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der später geltend gemachten Steuer belastet und diese auch nicht sonst abgezogen wurde, bestand auch bei Abgabe der Steuererklärung vom 06.01.2009 fort. Es ist nicht erkennbar, aufgrund welcher Umstände sich das Vorstellungsbild dieser Personen nun geändert haben sollte. Vielmehr war zwischenzeitlich die Profitabilität der Geschäfte durch die Zusammenarbeit mit der ZD Capital Ltd. im Jahr 2008 sogar erheblich ausgeweitet worden (vgl. hierzu auch die Ausführungen zu Fall 2).

    1086
    (2) Bewertung der steuerrechtlichen Lage

    1087
    Die Feststellung, dass die gesondert Verfolgten BP und BX auch die Möglichkeit erkannt und gebilligt hatten, dass auf die spätere Steueranrechnung mangels des unterbliebenen Steuerabzugs kein Anspruch bestehen könnte, beruht auf Folgendem:

    1088
    (a) Für die gesondert Verfolgten BP und BX war die steuerliche Wirkung der Geschäfte offensichtlich. Insbesondere wussten sie um die Quelle des angestrebten Profits. Ihnen ging es nicht darum, durch eine bestimmte Konstruktion lediglich die eigene Steuerlast zu vermindern. Vielmehr planten sie bewusst mit der Eigenart der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte, durch welche im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte Anrechnungsmöglichkeiten kreiert wurden, ohne dass die entsprechende Steuer zuvor entrichtet worden war.

    1089
    Wer diese Wirksweise der Geschäfte und damit die Quelle des angestrebten Profits erkennt, der muss auch eine Vorstellung zu der Frage entwickeln, ob eine solche Konstruktion steuerrechtlich zulässig sein kann. Die Kammer verkennt nicht, dass ein CumEx-Leerkäufer, je nach Art und Umfang des eigenen steuerlichen Wissens bzw. des etwa in Anspruch genommenen Expertenrates, eventuell eine Vorstellung entwickeln kann, die eine mögliche Steuerrechtswidrigkeit der Konstruktion nicht umfasst. Für die kaufmännisch ausgebildeten gesondert Verfolgten BP und BX, die zu Beginn des Tatzeitraumes bereits seit mehreren Jahren in leitender bzw. verantwotlicher Position einer Privatbank tätig waren, schließt sie dies jedoch aus. Vielmehr war ihnen die Möglichkeit, dass die in Gestalt der Anrechnung angestrebten Steuervorteile möglicherweise zu Unrecht gewährt würden, schon zu Beginn des Jahres 2007 bewusst.

    1090
    (aa) Sie hatten veranlasst, dass die YT-Bank vergleichbare CumEx-Leerverkaufsgeschäfte bereits im Jahr 2006 durchführte und dabei die Rolle eines Leerverkäufers einnahm. Dabei hatten sie erfahren, dass in der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag im Zusammenhang mit der Kompensationszahlung ein Profitpotential liegt. Sie hatten somit auch erfahren, dass der generierte Profit nicht das Ergebnis einer immer wieder zufällig zu ihren Gunsten eintretenden „Marktineffizienz“ war, sondern dieser gerade aus der Nichtbelastung mit der Steuer resultierte. Auch hatten sie jedenfalls erfahren, dass zeitgleich mit den Aktienkassakäufen gegenläufige Futures bzw. dem vergleichbare Derivate abgeschlossen wurden, mittels derer der auf Seiten der YT-Bank zunächst vereinnahmte Profit augenscheinlich anteilig auf die Leerkäufer übertragen wurde.

    1091
    Die Kammer schließt vor dem Hintergrund der von den Verantwortlichen der YT-Bank bei der Durchführung der Geschäfte des Jahres 2006 gesammelten praktischen Erfahrungen aus, dass die genannten gesondert Verfolgten BP und BX als erfahrene Banker, der gesondert Verfolgte BP war zu diesem Zeitpunkt persönlich haftender Gesellschafter der YT-Bank, der gesondert Verfolgte BX war dort Prokurist, auch nur entfernt davon ausgingen, am Aktien- oder am Derivatmarkt sei es möglich, risikolos und quasi unbegrenzt derartige Profite zu generieren. Denn dies hätte ja bedeutet, dass es andere Marktteilnehmer gab, die regelmäßig und unbegrenzt bereit wären, die spiegelbildlichen Verluste zu akzeptieren. Ihnen stand daher vor Augen, dass der für die Bank generierte Profit aus der Kasse des Fiskus stammte, eben weil bei der in 2006 umgesetzten Konstruktion der auf der Gegenseite stehende Leerkäufer die Anrechnung einer Steuer beantragen würde, die zuvor nicht gezahlt worden war.

    1092
    (bb) Die gesondert Verfolgten BP und BX ließen als Verantwortliche die YT-Bank im Jahr 2007 eine geänderte Strategie umsetzen. Die Bank trat bei CumEx-Geschäften nunmehr als Leerkäuferin auf. Für das Gericht folgt daraus, dass diesen gesondert Verfolgten zumindest die wesentliche mit dem Jahressteuergesetz 2007 zum 01.01.2007 eingeführte Neuerung bekannt war, nämlich dass dann, wenn der Leerverkaufsauftrag durch eine inländische Stelle ausgeführt wurde, von dieser auf die Dividendenkompensationszahlung nun Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag abzuziehen war. Denn ausgehend davon, dass die in Deutschland ansässige YT-Bank mit der Ausführung etwaiger Leerverkaufsaufträge nicht eine ausländische Bank, sondern eine inländische Stelle beauftragte, funktionierte das in 2006 umgesetzte Modell nur noch, wenn sich die inländische Stelle auf den Standpunkt stellte, entgegen der in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] enthaltenen Regelung nicht zur Vornahme des Steuerabzugs verpflichtet zu sein. Diese Position wollte die YT-Bank selbst aber augenscheinlich gerade nicht einnehmen.

    1093
    Ohne dass es darauf ankommt, welche konkreten Details aus der Begründung zum Jahressteuergesetz 2007 den gesondert Verfolgten BP und BX tatsächlich bekannt waren, konnten sie diese Neuregelung nicht anders als - ohnehin naheliegend - dahin deuten, dass der Gessetzgeber die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte eindämmen wollte.

    1094
    (cc) Auch wenn sie in dieser Situation durch den gesondert Verfolgten AE etwa dahingehend beraten worden sein sollten, der Gesetzgeber habe die Geschäfte nicht gänzlich unterbinden wollen und auch wenn ihnen hierzu allerlei mehr oder weniger komplizierte Begründungen präsentiert worden sein sollten, so erkannten sie jedenfalls ab Inkrafttreten der neuen Rechtslage Anfang 2007 und dem spätestens dort zum Ausdruck gebrachten Willen des Gestzgebers, keine Steuerbeträge auszukehren, die zuvor nicht vereinnahmt worden waren, die hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Voraussetzungen für die angestrebte Steueranrechnung nicht vorliegen.

    1095
    Die gesondert Verfolgen BP und BX mussten für sich eine Antwort darauf finden, wieviel Verlass bei dieser Ausgangslage auf den Rat eines Rechtsanwaltes sein konnte, der für sich selbst eine erhebliche Beteiligung von 35 Prozent an dem von der YT-Bank generierten Profit anstrebte und der diese Profitbeteiligung nicht über seine Kanzlei fakturierte, sondern der hierzu nicht leistungsunterlegte Rechnungen einer Schweizer Bank präsentieren ließ. Diese Umstände waren den gesondert Verfolgten BP und BX auch bekannt. Insoweit hält es die Kammer insbesondere für ausgeschlossen, dass der hiervon in Kenntnis gesetzte gesondert Verfolgte BX den gesondert Verfolgten BP über den Umfang der Beteiligung des gesondert Verfolgten AE und über die Abwicklung über die Schweizer Bank nicht in Kenntnis setzte. Die Kammer hält diese Umstände bei einer wertenden Gesamtschau für so dubios, dass die gesondert Verfolgten BP und BX auf Grund ihres berufsbedingten Strukturverständnisses sowohl von den Wertpapiermärkten als auch von den Grundideen des Steuerrechts auch damit rechneten, dass die nun auch in 2007 angestrebten Steuervorteile möglicherweise zu Unrecht eingefordert werden.

    1096
    Die Kammer hat bei ihrer Würdigung berücksichtigt, dass der gesondert Verfolgte AE es nach glaubhafter Schilderung des Zeugen CD verstand, seine Positionen überzeugend und mit Nachdruck vorzutragen. Auch sieht die Kammer, dass er im Jahr 2007 in dem Ruf stand, ein kompetenter Steueranwalt zu sein, und wirtschaftlich erfolgreich war. Weiter konnte er auf eine nicht glücklich formulierte Begründung des Jahressteuergesetzes 2007 verweisen. Allerdings negieren diese Punkte nicht den vom Zeugen CD bekundeten und den durch den bereits erwähnten Vermerk des gesondert Verfolgten AP über das „Gespräch mit dem gesondert Verfolgten [AE] am 21. Mai 2007“ objektivierten Umstand, dass hier der Rat eines wirtschaftlich erheblich am Erfolg des Modelles Interessierten eingeholt wurde. Dass der gesondert Verfolgte BX die von der Bank YY AG am 08.08.2007 gestellte Scheinrechnung über 1.285.000 Euro akzeptierte und auch, dass die Bank Sarsin diesen Betrag an die YW Ltd. weiter leitete, hinter der wirtschaftlich die gesondert Verfolgten AE und CD standen, hat letzterer unter detaillierter Schilderung der für die YW gewählten Struktur glaubhaft bekundet.

    1097
    Die Kammer hat ferner bedacht, dass seinerzeit auch andere Banken auf dem CumEx-Markt agierten, bei denen aus der Sicht der gesondert Verfolgten BP und BX davon auszugehen war, dass diese sich ebenfalls - sei es durch die eigene Rechtsabteilung, sei es über externe Rechtsberater - mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandergesetzt hatten.

    1098
    Auch hat die Kammer berücksichtigt, dass die gesondert Verfolgten BP und BX mit der Entscheidung, die von dem gesondert Verfolgten AE vorgeschlagene Handelsstrategie umzusetzen, ein erhebliches wirtschaftliches Risiko für die Bank eingingen; zudem waren Reputationsrisiken zu befürchten.

    1099
    Diesen Risiken standen allerdings erhebliche Profitmöglichkeiten gegenüber. Vor diesem Hintergrund ist auch der Umstand, dass der gesondert Verfolgte BP nach den Angaben des Zeugen CD über die XA GmbH auch private Gelder in CumEx-Geschäfte investiert hatte, kein zwingendes Argument gegen das von der Kammer auch bei ihm angenommene Vorstellungsbild.

    1100
    (dd) Bei einer Gesamtschau aller Umstände vermag die Kammer insoweit zwar nicht zu sagen, dass die gesondert Verfolgten BP und BX sicher wussten, dass die von dem gesondert Verfolgten AE vertretene steuerliche Einschätzung falsch war. Zur Überzeugung der Kammer hatten sie aber zumindest diese Möglichkeit als nicht nur entfernt liegend erkannt.

    1101
    (b) Dass die gesondert Verfolgten BP und BX die erkannte Möglichkeit, dass der in der angestrebten Anrechnung liegende Steuervorteil eventuell zu Unrecht gewährt werden würde, auch billigten, folgt daraus, dass sie die Geschäfte durchführten und später die generierten Steuerbescheinigungen zum Zwecke der Anrechnung dem Finanzamt vorlegten, ohne dieses auf die entscheidenden Merkmale der Konstruktion, nämlich auf das Vorliegen von Leerverkäufen und auf den fehlenden  Abzug der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag im Rahmen der Dividendenkompensationszahlung, hinzuweisen.

    1102
    (3) Inhalt der Steuererklärung

    1103
    Die Kenntnis der gesondert Verfolgten BP und BX von dem Inhalt der Steuererklärung folgt daraus, dass sie diese selbst unterzeichneten. Angesichts dessen besteht für die Kammer auch kein vernünftiger Zweifel daran, dass sie deren Inhalt zuvor auch zur Kenntnis genommen hatten.

    1104
    Die Kammer geht auch davon aus, dass diesen bewusst war, dass der Umstand des Leerverkaufs bzw. der Nichterhebung der geltend gemachten Steuer dem Finanzamt gegenüber anzugeben war. Dass eine Steuererklärung keine falschen bzw. unzureichenden Angaben enthalten durfte, war offensichtlich. Die Kammer kann keinen Grund erkennen, weshalb die gesondert Verfolgten BP und BX dieses Allgemeinwissen nicht gehabt haben sollten.

    1105
    Die Kammer geht dabei davon aus, dass zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Betracht gezogen wurde, den Leerverkauf und den unterbliebenen Steuerabzug offenzulegen. Angesichts der hohen Bedeutung der späteren Steueranrechnung für die Wirtschaftlichkeit der Geschäfte und dem durch das Jahressteuergesetz 2007 offenbar gewordenen Bestreben des Gesetzgebers, CumEx-Leerverkaufsgeschäfte einzudämmen, ist nicht zu erkennen, weshalb sonst nicht bereits vor Durchführung der Geschäfte eine verbindliche Voranfrage nach § 89 Abs. 2 AO bei der zuständigen Finanzbehörde gestellt worden war. Die Beweisaufnahme hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass dies der Fall war. Soweit der Zeuge CD insoweit allgemein - ohne konkreten Bezug zu den Eigenhandelsfällen der YT-Bank - bekundet hat, die Frage nach Voranfragen sei manchmal gestellt worden, der gesondert Verfolgte AE habe jedoch immer behauptet, eine Voranfrage könne nur bezüglich ungeklärter Rechtsfragen gestellt werden, CumEx-Geschäfte seien indes geklärt, kann für die Kammer dahin stehen, ob eine solche Nachfrage auch von Seiten der YT-Bank gekommen war. Ungeachtet der offensichtlichen Fragwürdigkeit auch dieser von dem gesondert Verfolgten AE nach außen vertreten Rechtsauffassung, wäre die Mitteilung der Finanzbehörde, die Rechtslage sei bereits eindeutig geklärt, ebenfalls von hohem Wert für die YT-Bank gewesen. Überdies zeigen auch die späteren Vorgänge um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009, dass es den gesondert Verfolgten BP und BX auch später nicht darum ging, ihr Wissen um die Leerverkäufe und deren Zustandekommen gegenüber der Finanzbehörde offenzulegen.

    bb) Der gesondert Verfolgte AE

    1106
    Zu den seinerzeitigen Vorstellungen des gesondert Verfolgten AE gilt:

    1107
    (1) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1108
    Der Zeuge CD  hat eingeräumt, ihm und dem gesondert Verfolgten AE sei von Beginn an bewusst gewesen, dass auf der Verkäuferseite jedenfalls am anderen Ende der Vertragskette eine Person stehe, die nicht mit der später geltend gemachten Steuer belastet wurde. Auch insoweit bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben. Abgesehen davon, dass es fern liegt anzunehmen, der gesondert Verfolgte AE könnte das System als Initiator der BV-Geschäfte und der Geschäfte der YT-Bank nicht durchschaut haben, ergibt sich dessen Kenntnis ohne Weiteres aus der oben erwähnten Mail vom 10.10.2007, mit der er an den gesondert Verfolgten AP das Dokument  „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“ („Stand der Dividendenstrukturen/Übersicht“) übermittelt hatte und im Zusammenhang mit der BV-Struktur offen von Leerverkäufen und einer doppelten Anrechnung der Kapitalertragsteuer die Rede ist. Nichts spricht dafür, dass sich diese Erkenntnis des gesondert Verfolgten AE erst im Laufe des Jahres 2007 entwickelt haben könnte, zumal die BV-Struktur schon im Vorjahr umgesetzt worden war.

    1109
    (2) Bewertung der steuerrechtlichen Lage

    1110
    Die Kammer ist zudem überzeugt, dass der gesondert Verfolgte AE es auch von Beginn an als nicht nur entfernt möglich erkannt hatte, dass die von ihm beratene Rechtsansicht zu CumEx-Geschäften nicht mit der Rechtslage übereinstimmen könnte, dass daher aufgrund des unterbliebenen Steuerabzugs kein Anrechnungsanspruch der Einziehungsbeteiligten bestand und die Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten damit unrichtig war bzw. dass die unterbliebene Erhebung der später angerechneten Steuer jedenfalls ein mitteilungspflichtiger Umstand im Steuerverfahren war, dieser allerdings nicht mitgeteilt würde, was er indes billigte.

    1111
    (a) Auch der gesondert Verfolgte AE wusste, dass der aus dem CumEx-Handel erzielte Gewinn letztlich auf der Geltendmachung einer zuvor nicht erhobenen Steuer beruhte; damit war ihm die steuerliche Dimension der Geschäfte bewusst. Dies zeigt sich im Übrigen auch daran, dass es gerade seine Aufgabe war, seine Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten zu beraten.

    1112
    Insoweit spricht für ein Bewusstsein des gesondert Verfolgten AE über die tatsächlich bestehende steuerrechtliche Lage, dass in den unter seiner Mitwirkung erstellten Gutachten nach der Aussage des Zeugen CD der Umstand der Leerverkäufe - entsprechend eines dem Zeugen vorgehaltenen, für die BV GmbH erstellten Gutachtens vom 20.03.2007 - stets nicht im Sachverhalt erwähnt, sondern nur theoretisch im Rahmen der rechtlichen Untersuchung behandelt wurde.

    1113
    Zudem umschrieb der gesondert Verfolgte AE regelmäßig die von CumEx-Leerverkaufsstrukturen ausgenutzten steuerlichen Effekte. Diesen Angaben des Zeugen CD entspricht, dass der gesondert Verfolgte AE etwa in einem an die YT-Bank übermittelten Gutachtenentwurf vom 20.02.2009 („Steuerliches Gutachten zur Ausnutzung von Marktineffizienzen bei dem Handel mit Aktien über den Hauptversammlungsstichtag“) im Zusammenhang mit Publikums-Sondervermögen auf der Aktienkäuferseite die Steuergestaltung als „Ausnutzung von Marktineffizienzen“ beschrieb:

    1114
    „Die nachstehend beschriebene Struktur betrifft die Anlage in Aktien bei Kauf am Hauptversammlungsstichtag mit Verkauf nach dem Hauptversammlungsstichtag.  Marktrisiken  werden  durch  den  Einsatz  von  Derivaten  reduziert. Durch die Ausnutzung von Marktineffizienzen soll ein  Gewinn erzielt werden.“

    1115
    Dabei war es gerade - was nach der Überzeugung der Kammer auch dem gesondert Verfolgten AE klar war - keine „Ineffizienz“ des Marktes, die den Gewinn für alle Marktteilnehmer verursachte, sondern allenfalls - und selbst das nicht (siehe unten D.) - eine Unzulänglichkeit des Steuerrechts. Der CumEx-Leerverkaufsmarkt passte sich äußeren Umständen - wie etwa dem Jahressteuergesetz 2007 oder dem BMF-Schreiben vom 05.05.2009 - vielmehr höchst effizient an. Diese verschleiernde Wortwahl ist für die Kammer nur damit zu erklären, dass der wahre Sachverhalt der (abgesprochenen) Leerverkäufe ohne Steuerabzug nicht offen gelegt werden sollte.

    1116
    Insoweit ist die Kammer auch überzeugt, dass der gesondert Verfolgte AE um die Abprache der Geschäfte wusste. Dass die Geschäfte aufeinander abgestimmt werden mussten, war schon deshalb klar, weil die Aktienkäufe einerseits und die Absicherungsgeschäfte andererseits mit unterschiedlichen Handelsinstrumenten (Kassageschäfte und Futures) umgesetzt wurden und die Absicherungsgeschäfte - wie bereits dargestellt - für sich betrachtet für die Aktienverkäuferseite wirtschaftlich unsinnig waren. Auch der Zeuge CD hat bestätigt, dass ihm und seinem Partner immer klar war, dass die Geschäfte orchestriert werden mussten, auch wenn sie die Einzelheiten hierzu evtl. nicht vollständig kannten.

    1117
    Nach der Aussage des Zeugen CD war ein wesentlicher Teil der Argumentation des gesondert Verfolgten AE, dass der Aktienkäufer bereits mit Abschluss des Kaufvertrages wirtschaftliches Eigentum erwarb. Insoweit stellten sich aber offensichtlich Wertungsfragen dahin, ob bei einem Leerverkauf eine parallele Zurechnung des Wirtschaftsguts an den zivilrechtlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO) und an den Leerkäufer über § 39 Abs. 2 AO überhaupt möglich ist und, falls ja, welche Voraussetzungen insoweit erfüllt sein müssten. Beide Fragen waren durch das Urteil des Bundesfinanzhofs zum Dividendenstripping aus dem Jahr 1999 mitnichten eindeutig beantwortet. Sie klärten sich auch nicht durch die Begründung zum Jahressteuergesetz 2007, auch wenn der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang im Rahmen eines Beispielsfalls eine mögliche mehrfache Anteilszurechnung erwähnte. Denn dort waren nur allgemein die Probleme bei Leerverkäufen über den Dividendenstichtag dargestellt worden. CumEx-Geschäfte in der später praktizierten Form, bei der Aktienhändler wie der Angeklagte CA - später auch der Zeuge CG - gezielt Aktienverkäufer und Aktienkäufer zusammenbrachten und bei denen mit den Aktienkassageschäften gegenläufige Absicherungsgeschäfte korrespondierten, über die letztlich die Profite verteilt wurden, waren in dieser Eindeutigkeit nicht Gegenstand der Gesetzbegründung. Dass der gesondert Verfolgte AE dies verkannt haben könnte, schließt die Kammer aufgrund seines rechtlichen Sachverstandes aus.

    1118
    Entsprechend dem Vorstehenden nur allgemein diskutiert waren Leerverkäufe im Übrigen auch in dem Schreiben des Bundesverbandes deutscher Banken vom 20.12.2002, mit dem das Bundesministerium für Finanzen erstmals auf die Problematik der Steuererstattung bei Leerverkäufen hingewiesen worden war. Die Kammer geht davon aus, dass dem gesondert Verfolgten AE aufgrund seiner zahlreichen Kontakte in die Wirtschafts- und Bankenwelt - die auch der Zeuge CD bestätigt hat - auch dieses Schreiben bekannt war. Aus den vorstehend genannten Gründen konnte er aus der in dem Schreiben vertretenen Rechtsansicht, die auch im Fall eines Leerverkaufs ein wirtschaftliches Eigentum des Aktienkäufers annahm, aber nur bedingt verlässliche Schlüsse auf die tatsächliche Rechtslage hinsichtlich der von ihm beratenen CumEx-Geschäfte ziehen.

    1119
    Schon weil aber die dargestellten Wertungsfragen im Raum standen, war für jeden Steuerrechtler die hohe Wahrscheinlichkeit ersichtlich, dass die Voraussetzungen für eine Anrechnung bzw. Erstattung nicht vorliegen.

    1120
    (b) In ihre Überlegungen eingestellt hat die Kammer allerdings auch, dass CumEx-Leerverkaufsgeschäfte im Jahr 2007 auch von anderen Banken und institutionellen Marktteilnehmern praktiziert wurden und dass dies dem gesondert Verfolgten AE bekannt war.

    1121
    Ferner hat die Kammer die Schilderung des Zeugen CD in den Blick genommen, wonach sich der gesondert Verfolgte AE schon bei Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit regelmäßig mit anderen Rechtsanwälten seiner Kanzlei im sog. „Think tank“ zusammengesetzt habe, bei dem alle möglichen Rechtsfragen diskutiert worden seien. Bei ihm, dem Zeugen CD, seien erst ab dem Jahr 2009 im Rahmen des BMF-Schreibens „Störgefühle“ - moralisch, aber auch deshalb, weil klar geworden sei, dass „der Minister“ die CumEx-Geschäfte missbillige - mit den Geschäften aufgekommen. Dies schließt für die Kammer indes nicht aus, dass der gesondert Verfolgte AE auch schon im Jahr 2007 die Möglichkeit erkannt hatte, dass die Anrechnungs- oder Erstattungsansprüche der Aktienkäufer tatsächlich aufgrund einer anderen steuerrechtlichen Wertung nicht gegeben sein könnten.

    1122
    Die Kammer hat auch bedacht, dass jedenfalls im Jahr 2007 Leerverkäufe in einem Schreiben aus dem Kreis des gesondert Verfolgten AE offen ausgesprochen wurden, so in dem mit Mail vom 10.10.2007 an die YT-Bank übermittelten Word-Dokument „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“ („Stand der Dividendenstrukturen/Übersicht“), in dem Möglichkeiten von CumEx-Leerverkaufsgeschäften in anderen europäischen Ländern dargestellt wurden. Dies könnte dafür sprechen, dass er keine rechtlichen Bedenken an der von ihm beratenen Steuerkonstruktion sah. Allerdings handelte es sich insoweit um ein internes Dokument. Wie dargestellt verwendete AE ansonsten nach außen verschleiernde Begriffe wie das „Ausnutzen von Marktineffizienzen“.

    1123
    Insoweit sind aber auch die an anderer Stelle gemachten Angaben des Zeugen CD bedeutsam, wonach Betriebsprüfungen immer ein Risiko für die Geschäfte gewesen seien, auch bei Konstruktionen mit GmbHs auf der Aktienkäuferseite. Man habe immer versucht zu antizipieren, was alles passieren könne, und insoweit auch versucht, Betriebsprüfungsrisiken zu minimieren. An CumEx-Leerverkaufsgeschäften mittels einer GmbH als Leerkäufervehikel hatte der gesondert Verfolgte AE aber nicht nur im Jahr 2007 im Rahmen der BV-Geschäfte (BV GmbH), sondern - nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD - auch im Jahr 2008 im Rahmen der XA GmbH mitgewirkt. Beides lag in zeitlicher Hinsicht vor den Vorgängen um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009, so dass auszuschließen ist, dass erst dieses ein entsprechendes Problembewusstsein geweckt haben könnte.

    124
    (c) Die Kammer hat die dargestellten Umstände zusammenfassend in eine Gesamtschau einbezogen. Danach hat sie keine Zweifel, dass der gesondert Verfolgte AE schon im Jahr 2007 die nicht nur entfernt liegende Möglichkeit erkannt hatte, seine nach außen vertretene Rechtsauffassung könnte in Bezug auf die tatsächliche Ausgestaltung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte (Leerverkäufe ohne Steuerabzug; gezieltes Zusammenbringen von Aktienverkäufer und Aktienkäufer durch Dritte) nicht der tatsächlichen Rechtslage entsprechen und der angestrebte Steuervorteil in Gestalt einer Anrechnung oder Erstattung könnte in diesen Fällen zu Unrecht eingefordert werden.

    1125
    (3) Inhalt der Steuererklärung

    1126
    Zudem steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der gesondert Verfolgte AE auch die Möglichkeit sah, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Geschäfte und der Umstand, dass die beantragte Steuer zuvor nicht abgezogen worden war, dem Finanzamt nicht mitgeteilt würden.

    1127
    Die betreffenden Angaben gegenüber dem Finanzamt YC waren insoweit evident unrichtig, jedenfalls aber offensichtlich unvollständig. Dass der gesondert Verfolgte AE über den Umfang der steuerlichen Mitteilungspflichten nicht im Bilde war, ist angesichts seines Berufes auszuschließen. Hätte er damit gerechnet, dass die wesentlichen Merkmale der Handelsstrategie mitgeteilt würden, ist nicht ersichtlich, weshalb er - insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche Dimension der Geschäfte - nicht selbst im Vorfeld eine verbindliche Voranfrage nach § 89 AO gestellt hatte. Insoweit ergibt sich vielmehr aus dem Dokument „Stand der Dividendenstrukturen/Übersicht“, dass der gesondert Verfolgte AE dies bereits im Jahr 2007 - dort im Zusammenhang mit der Umsetzung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften in Finnland - ablehnte („[…] [AE] muss entscheiden, ob verbindliche Auskunft eingeholt werden soll; Risiko: Finanzbehörden werden mit Struktur konfrontiert. HB tendiert dazu, keine verbindliche Auskunft einzuholen“). Dem entspricht im Übrigen die Aussage des Zeugen CD, wonach der gesondert Verfolgte AE es trotz einiger Anfragen von Banken und Investoren abgelehnt habe, eine verbindliche Auskunft einzuholen. Zur Begründung habe dieser insoweit immer ausgeführt, eine solche Voranfrage könne nur bei ungeklärten Rechtslagen gestellt werden. Dass die Rechtslage im Hinblick auf die hier im Raum stehenden CumEx-Leerverkaufstransaktionen gerade nicht eindeutig geklärt war, war dem gesondert Verfolgten AE - wie soeben dargelegt - indes bekannt.

    1128
    (4) Billigung aller Umstände

    1129
    Aus dem weiteren Handeln des gesondert Verfolgten AE folgt, dass dieser die von ihm für möglich erachteten Sachverhaltskonstellationen auch billigte. Dass er insoweit keine inneren Hemmnisse überwinden musste, zeigte sich zum Beispiel an seinem Verhalten im Anschluss an den Erlass des BMF-Schreibens vom 05.05.2009, als er zur Vermeidung des Betriebsprüfungsrisikos zusammen mit dem Zeugen CD - nach dessen auch insoweit glaubhafter Aussage - darauf drängte, nach der Dividendensaison die Investmentfonds schnellstmöglich abzuwickeln, weil - so der Zeuge CD - „einem toten Mann“ nichts mehr weggenommen werden könne. Eindrucksvoll belegt ist die Einstellung des gesondert Verfolgten AE auch durch die Angabe des Zeugen CD, wonach dieser, wenn im Rahmen kanzleiinterner Gespräche von einzelnen Personen Zweifel an den CumEx-Geschäften geäußert wurden, mit Sätzen wie: „Wenn einer ein Problem damit hat, dass wegen unserer Arbeit weniger Kindergärten gebaut werden: Da ist die Tür!“ reagierte. Auch wenn der Zeuge derartige Gespräche zeitlich nicht eindeutig eingeordnet hat, belegt die geschilderte Reaktion des gesondert Verfolgten AE zur Überzeugung der Kammer dennoch seine während des gesamten Zeitraums bestehende Billigung der Leerverkaufsgeschäfte.

    g) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1130
    Die Kammer konnte nicht feststellen, dass auch der Angeklagte AO im Jahr 2007 mit eigenen Beiträgen die Geschäfte der YT-Bank gefördert hat und sei es auch nur dahin, dass er für die Verkäuferseite deren Eindeckung mit Ex-Aktien organisierte. Zwar hat der Angeklagte CA angegeben, den eigentlichen Handel hätten im Jahr 2007 der Angeklagten AO und der gesondert Verfolgten CH verantwortet, die insoweit ein eigenes Team am Handelstisch MMM gebildet hätten. Indes hat er - angesichts des langen Zeitablaufs ohne Weiteres nachvollziehbar - mangels konkreter Erinnerungen nicht mehr sagen können, wer von diesen beiden genau für die Geschäfte der YT-Bank zuständig war. Der Angeklagte AO hat insoweit ebenfalls zwar nicht auszuschließen vermocht, dass er an den Geschäften beteiligt war, verlässlich erinnern konnte er dies indes nicht. Da  sein Team im Jahr 2007 aber auch für den Handel im Rahmen der BV-Geschäfte zuständig war und der Angeklagte AO nach seiner Einlassung jedenfalls in diesem Zusammenhang vermehrt agierte, kann die Kammer aus den auch aufgrund des Zeitablaufs nachvollziehbar vagen Erinnerungen des Angeklagten AO keinen sicheren Schluss auf seine tatsächliche Tatbeteiligung ziehen.

    1131
    Die Urkundslage belegt seine Einbindung in die Geschäfte ebenfalls nicht. Zwar folgt aus mehreren Mails (zB vom 18.07.2005 und vom 02.11.2006), dass der Angeklagte AO - wie von ihm auch nicht in Abrede gestellt - über CumEx-Leerverkaufsgeschäfte an seinem Handelstisch im Bilde war. Auf die Geschäfte der YT-Bank beziehen sich diese Mails indes nicht. Anderes folgt insbesondere auch nicht aus der dem Angeklagten AO vorgehaltenen Mail des gesondert Verfolgten BM vom 16.04.2007, die dieser unter anderem auch an Mitarbeiter der YT-Bank versandt hatte. Zwar ging diese Mail auch an den Angeklagten AO. Wie es dazu gekommen war, dass er im Verteiler auftauchte, hat er indes nicht sagen können. Die Einlassung des Angeklagten AO, er gehe eher davon aus, dass sich der gesondert Verfolgte CH um die Geschäfte der YT-Bank gekümmert habe, wird insoweit durch die Mail auch eher gestützt denn widerlegt, da er - anders als der gesondert Verfolgte CH - nicht der unmittelbare Adressat der Mail war, sondern diese lediglich in Kopie („cc:“) erhielt.

    3. YT-Eigenhandel 2008 (Fall 2)

    1132
    Die Feststellungen zu den Geschäften, die die YT-Bank in der Dividendensaison des Jahres 2008 durchgeführt hat, beruhen auf dem Folgenden:

    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1133
    aa) Der Angeklagte CA hat die Rolle und Aufgaben der YJ, die Planung der Aktien- und Futuregeschäfte, die angewendete Handelsstrategie und deren konkrete Umsetzung am Handelstag unter Darlegung seiner ihm noch erinnerlichen Handlungsbeiträge wie festgestellt geschildert. Hinsichtlich der Glaubhaftigkeit seiner Angaben nimmt die Kammer Bezug auf die hierzu bereits allgemein gemachten Ausführungen. Ergänzend tritt hinzu, dass die Angaben auch den - wie oben belegt - glaubhaften und teilweise objektivierten Angaben für das Jahr 2007 entsprechen, wobei sich im Ablauf der Geschäfte keine wesentlichen Änderungen gegenüber dem Vorjahr ergeben hatten. Insoweit fügt sich die Einlassung zu diesen beiden Tatkomplexen stimmig zusammen.

    1134
    bb) Die Feststellungen zu den Änderungen in der äußeren Organisation der Geschäfte, namentlich dem Austausch der YJ gegen die ZD Capital Ltd., und der weitere Ablauf von der Planung bis zur Umsetzung der einzelnen Geschäfte beruhen ebenfalls auf den Angaben des Angeklagten CA, die zudem durch das von ihm und dem gesondert Verfolgten BM mit der YT-Bank am 29.02.2008 geschlossene Investment Partnership Agreement objektiviert sind. Auch hat der Angeklagte AO insoweit den Weggang seiner früheren Kollegen, inklusive des gesondert Verfolgten CH, bestätigt und übereinstimmend mit den Ausführungen des Angeklagten CA eingeräumt, von diesem im Anschluss darauf angesprochen worden zu sein, ob man im weiteren Verlauf der Dividendensaison - zur Belieferung von Geschäften mit Ex-Aktien - auf die ihm zur Verfügung stehenden Aktienbestände der YJ zurückgreifen könne. Das Zusammenwirken des Angeklagten CA mit dem gesondert Verfolgten AW im Frühjahr 2008 ist zudem durch Bloomberg-Chatprotokolle vom 17.04.2008 und vom 30.04.2008 belegt.

    1135
    cc) Die Feststellungen zu den konkreten Beiträgen des gesondert Verfolgten AE im Vorfeld der Transaktionen beruhen auf den Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD. Dass der gesondert Verfolgte AE auf Seiten der YT-Bank für eine Zusammenarbeit mit dem gesondert Verfolgten BM und dem Angeklagten CA außerhalb der YJ geworben hatte, ist zudem auch durch den Vermerk „Gespräch mit [AE] am 21. Mai 2007“ des gesondert Verfolgten AP belegt, ausweislich dessen der gesondert Verfolgte AE dies bereits im Mai 2007 angesprochen hatte. Aus der „Vorlage für die Partnersitzung am 15. Januar 2008“ folgt zudem, dass sich der gesondert Verfolgte BX für die Fortführung der Geschäfte ausgesprochen hatte.

    1136
    dd) Die Kammer ist auch überzeugt, dass der Angeklagte AO in einer Reihe von Fällen Ex-Aktien lieferte, mit denen die Leerverkäuferseite im weiteren Verlauf ihre Lieferpflichten gegenüber der YT-Bank erfüllte, auch wenn die Kammer insoweit nicht feststellen konnte, welche konkreten Geschäfte dies betroffen hat.

    1137
    Fest steht aber, dass der Angeklagte AO insoweit tätig gewesen sein muss. Ausweislich seiner Mail vom 30.06.2008, gerichtet an seinen damaligen Vorgesetzten CP, hatte sein Handelstisch im Jahr 2008 Aktien gehalten, die aufgrund der stattgefundenen Dividendenausschüttungen ein Steuererstattungsvolumen von 43 Mio. Euro generierten. Nach seiner weiteren Einlassung hatte er dem Angeklagten CA hiervon auf dessen Anfrage die große Mehrheit zur Verfügung gestellt. Selbst wenn dies indes nur rund die Hälfte der Aktien gewesen sein sollten, ergibt sich auch unter Berücksichtigung dessen, dass die ausgeschütteten Dividenden der einzelnen Aktienunternehmen in ihrer Höhe schwankten, dass diese Lieferung nicht nur auf den - in der Hauptverhandlung eingestellten - Komplex der XA GmbH entfallen sein konnten. Denn das dortige Anrechnungsvolumen betrug ausweislich Anlage WA zur Steuererklärung der XA GmbH lediglich 6.165.960,98 Euro.

    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1138
    Auf Grundlage der jeweiligen Belege zu den durchgeführten Aktien- und Futuregeschäften ergibt sich, dass die YT-Bank während ihrer Zusammenarbeit zunächst mit der YJ und später der ZD Capital Ltd. im Jahr 2008 die festgestellten Käufe und Verkäufe außerbörslich als Festpreisgeschäfte durchgeführt hat. Die entsprechenden Belege der Clearstream Banking AG weisen insoweit jeweils aus, dass die Aktien erst nach dem Tag der Hauptversammlung geliefert wurden. Aus den von der YT-Bank erstellten Future-Abrechnungen zu den Verkäufen der Single Stock Futures folgt zudem, dass diese zunächst außerbörslich verkauft und dann über die Börse Eurex abgewickelt wurden (jeweiliger Eintrag: „Börse FFM - Eurex (OTC)“)

    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1139
    Wie bereits dargelegt, folgt für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass in allen Fällen die Eindeckung des Aktienverkäufers mit Ex-Aktien durch den Angeklagten CA - sei es aufgrund der eigenen Organisation von Ex-Aktien, sei es aufgrund von der Verkäuferseite gehandelter „Pakte“ - geplant worden war, dass es sich bei den im Rahmen von Fall 2 festgestellten Aktiengeschäften um CumEx-Leerkäufe handelte. Bei diesen war die Leerverkäuferseite im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese war auch sonst nicht abgezogen worden. Insoweit gilt ergänzend zu den obigen Ausführungen:

    1140
    aa) Bereits ohne konkrete Berechnung der seitens der YT-Bank realisierten Dividendenlevel (bzw. Profite) anhand der Preise der beiden unter Mitwirkung der YJ durchgeführten Aktien- und Futuregeschäfte zu den Aktiengattungen Siemens AG und ThyssenKrupp AG ist die Kammer überzeugt, dass die auf der Verkäuferseite agierende Gegenpartei Dividendenlevel akzeptiert hatte, die unter 90 lagen. Die Preise wichen damit deutlich von den bei CumCum-Geschäften üblichen Bedingungen ab und waren für Aktieninhaber uninteressant.

    1141
    Grundlage dieser Feststellung ist zunächst die Einlassung des Angeklagten CA, wonach der Referenzlevel von 92 Prozent, oberhalb dessen die aus den Absicherungsgeschäften erzielten Profite allein der YT-Bank zugestanden hätten, in dem von ihm und dem gesondert Verfolgten BM mit der YT-Bank am 29.02.2008 abgeschlossenen Investment Partnership Agreement nicht willkürlich festgelegt worden sei. Vielmehr hätten beide Seiten insoweit die seitens der YT-Bank durch die Zusammenarbeit mit der YJ aus den Januar-Geschäften realisierten Profite zugrunde gelegt.

    1142
    Diesen Angaben des Angeklagten CA entspricht auch das an den gesondert Verfolgten BX gerichtete Schreiben der gesondert Verfolgten AP und AW vom 10.01.2008. Danach hatte der gesondert Verfolgte BM diesen „…einen Anteil von 8 % (ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruches) für die Januar-Transaktion angeboten“, wobei im weiteren Verlauf des Schreibens die anstehenden Transaktionen hinsichtlich der Aktiengattungen Siemens AG und ThyssenKrupp AG ausdrücklich erwähnt werden. Der von dem gesondert Verfolgten BM in Aussicht gestellte Profitanteil entsprach damit ebenfalls einem Dividendenlevel von 92.

    1143
    Unter zusätzlicher Berücksichtigung dessen, dass die YJ bei der Umsetzung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte - nach den ohne Weiteres plausiblen Angaben des Angeklagten CA - die tatsächlich mit der Gegenseite ausgehandelten Dividendenlevel nicht in voller Höhe an die YT-Bank weiter gereicht hat, sondern durch die Zwischenschaltung in die (Absicherungs)Future-Geschäfte einen eigenen Gewinn erzielt hatte, liegt schon insoweit nahe, dass der Absprache mit der Leerverkäuferseite eine Preisgestaltung von unter 90 zugrunde lag. Hinzu kommt, dass - wie sogleich zu zeigen ist - auch für die weiteren Aktiengeschäfte dieser Dividendensaison ab April 2008 Dividendenlevel von weit unter 90 realisiert wurden.

    1144
    bb) Zur Überzeugung der Kammer steht auch für die weiteren, unter Mitwirkung der ZD Capital Ltd. seitens der YT-Bank für die Absicherungsfutures realisierten Dividendenlevel fest, dass diese weit unter 90 lagen.

    1145
    (1) So hatten sich der Angeklagte CA und der gesondert Verfolgte AW etwa hinsichtlich der Aktiengattung Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG am 17.04.2008 über einen Dividendenlevel von 83 Prozent unterhalten. Dies folgt aus dem Bloomberg-Chatprotokoll vom selben Tage (etwa CA: „Yes indeed. I see 2.4M MUV2 today at 83 %. Does that sound right?“), zu dem der Angeklagte CA auf Nachfrage bestätigt hat, dass er mit dem gesondert Verfolgten AW an dieser Stelle den Preis diskutiert und sich die Angabe „83 %“ auf den Dividendenlevel bezogen habe. Der diskutierte Preis entspricht auch dem Inhalt des Bloomberg-Chatprotokolls vom 30.04.2008. In dessen Rahmen hatte sich der gesondert Verfolgte AW unter anderem nach dem richtigen Preis für die Aktiengattung E.ON AG erkundigt. Hierauf erklärte ihm der Angeklagte, der Dividendenlevel müsse bei 84,57 Prozent liegen („It should be 84.57 %.“).

    1146
    (2) Diese sich aus der damaligen Kommunikation zwischen dem Angeklagten CA und dem gesondert Verfolgten AW ergebenden Zahlen passen auch zu der von der ZD Capital Ltd. für ihre Mitwirkung an den Geschäften erhaltenen Vergütung. Ausweislich der jeweiligen Kontoauszüge wurden seitens der YT-Bank im Jahr 2008 folgende Beträge in der Gesamtsumme von 6.797.340 Euro an die ZD Capital Ltd. gezahlt:

    1147
    02.05.2008                            1.157.598 Euro

    1148
    15.05.2008                            1.499.962 Euro

    1149
    27.06.2008                            4.139.780 Euro

    1150
    Nach der Abmachung im Investment Partnership Agreement vom 29.08.2008 stellte der Betrag von 6.797.340 Euro die Hälfte des von der YT-Bank durch die Unterschreitung des Referenzlevels von 92 Prozent erzielten Profites dar. Der mit der ZD Capital Ltd. geteilte Gesamtgewinn betrug folglich 13.594.680 Euro (2 * 6.797.340 Euro). Dieser Betrag entspricht 9 Prozent der gesamten in dieser Dividendensaison von der YT-Bank über ZD - die Gattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG wurden noch von der YJ aufgesetzt - generierten Bruttodividende von (32.249.384,86 : 0,211 =) 152.840.686,54 Euro. Da diese Rechnung nur den Profit abdeckt, der unterhalb des Referenzlevels von 92 erzielt wurde, ist davon auszugehen, dass den Geschäften regelmäßig ein Dividendenlevel von (92 - 9 =) 83 zu Grunde lag.

    1151
    Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass diese Zahl nur eine Annäherung an den tatsächlichen erzielten Dividendenlevel darstellt, weil in die Futurebepreisung - wie oben dargestellt - auch eine Zinskomponente, jeweils ausgerichtet an der Laufzeit des Derivates, eingestellt war, die den Single Stock Future aus der Sicht des Leerverkäufers (=Futurekäufer) gemessen an dem reinen Aktienreferenzpreis zusätzlich „verteuerte“. Indes hat der Angeklagte CA, konfrontiert mit der vorstehenden Rückrechnung der Kammer auf den damaligen durchschnittlichen Dividendenlevel, ausgeführt, die Zinskomponente, sei seiner Auffassung nach zu vernachlässigen, da sie nur geringe Änderungen im Endergebnis bewirke. Selbst wenn insoweit aber im Rahmen eines Sicherheitsabschlags die Zinskomponente mit - überhöhten - drei oder vier Dividendenpunkten berücksichtigen würde, ergäbe sich immer noch ein Dividendenlevel von deutlich unter 90.

    1152
    Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die seitens der YT-Bank an die ZD Capital Ltd. gezahlte Gewinnbeteiligung seinerzeit falsch berechnet worden ist.

    1153
    cc) Mit den Ergebnissen zu der Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte stimmig ist auch, dass der Angeklagte AO - wie oben dargestellt - in einer nicht unerheblichen Anzahl an Fällen Ex-Aktien an die Verkäuferseite lieferte, die für die erfolgreiche Abwicklung der von dem Angeklagten CA organisierten Geschäfte erforderlich waren; auch wenn der Kammer insoweit keine Feststellung möglich waren, welche konkreten Aktien dies betroffen hat.

    1154
    dd) Bei einer Gesamtschau ist die Kammer (schon allein) angesichts der vorstehend dargestellten Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte zu den Aktienkassakäufen davon überzeugt, dass bei den gegenständlichen Leerverkäufen kein Steuerabzug stattgefunden hatte. Wäre die Aktienverkäuferseite mit der Steuer belastet und diese entsprechend von der Brutto-Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden, hätte dies für sie erhebliche wirtschaftliche Verluste bedeutet. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Aktienverkäufer unter diesen Umständen die Geschäfte hätte abschließen sollen. Angesichts der erheblichen Abweichungen zu den im Rahmen von CumCum-Geschäften üblichen Preisen, kann die Kammer auch ausschließen, dass sich ein steuerausländischer Aktieninhaber hierauf eingelassen hätte, um - entsprechend der CumCum-Geschäften zugrunde liegenden Motivation - jedenfalls einen kleinen Teil der sonst anfallenden Steuer zu sparen. Dass mit dem Angeklagte AO bzw. der YJ insoweit auch ein konkreter Lieferant von Ex-Aktien ermittelt werden konnte, rundet das Bild ab, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt. Insoweit spielt es für die Kammer auch keine tragende Rolle mehr, dass die gehandelten Aktienvolumina CumEx-typisch hoch waren. Ebenso ist nicht entscheidend, dass es die gekauften Aktien auch bei den festgestellten Geschäften aus dem Jahr 2008 in einer Reihe von Fällen - teilweise ganz, teilweise vermehrt - erst drei Tage oder später nach dem Tag der Hauptversammlung geliefert worden waren (Aktien der Münchener Rückvers. AG, Deutsche Lufthansa AG, E.ON AG, Hannover Rückvers. AG, BMW AG, Metro AG, Linde AG).

    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    1155
    Die Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, der Steuererklärung und der Entscheidungen des Finanzamtes YC vom 14.04.2010, vom 10.04.2014 und vom 12.12.2016 und deren teilweises Ergehen während einer laufenden Außenprüfung folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem auch die Zeugin BS vom Finanzamt YC vernommen hat. Aus der betreffenden Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten vom 24.02.2010 sind zudem die Unterschriften der gesondert Verfolgten BP und CJ deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschrift des gesondert Verfolgten BP gelten die zu Fall 1 dargestellten Gründe entsprechend. Der Unterschriftszug „[CJ]“ ist in der Steuererklärung deutlich lesbar. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die zu Fall 2 festgestellten Aktiengeschäfte entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand des in der Steuererklärung vom 24.02.2010 enthaltenen Anrechnungsbetrags war, beruht darauf, dass dem Finanzamt mit diesen Aktiengeschäften korrespondierende Steuerbescheinigungen vorgelegt worden waren.

    1156
    Die Feststellungen zu den von der Einziehungsbeteiligten durch Einsatz ihres Eigenkapitals - einschließlich der auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zurückzuführenden Erträge - erwirtschafteten Einkünften beruhen entsprechend der Würdigung zu Fall 1 auf deren eigenen Mitteilungen.

    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    1157
    Hinsichtlich der Vorstellungen der gesondert Verfolgten BP, BX und AE über das Vorliegen von Leerverkäufen, über die Bewertung der steuerrechtlichen Lage und über den Inhalt der späteren Steuererklärung gelten die zu Fall 1 dargelegten Erwägungen entsprechend. Ergänzend gilt Folgendes:

    1158
    aa) Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die vorstehend genannten Personen abweichend von ihren zuvor bestehenden Kenntnissen über die Wirkweise der Geschäfte nunmehr vom Vorliegen von Inhaberverkäufen oder zumindest davon ausgegangen sein sollten, dass die später gegenüber dem Finanzamt YC geltend gemachte Steuer tatsächlich erhoben, das heißt von der zuständigen Stelle zu Lasten des Aktienverkäufers oder der YT-Bank abgezogen worden war. Insbesondere hatte sich an der Ausgestaltung der Geschäfte nichts geändert, auch (weitere) gesetzliche Änderungen oder Äußerungen der Finanzbehörden, die Anlass zu einer anderen Beurteilung hätten geben können, hatte es in den Jahren 2007 und 2008 nicht gegeben. Angesichts dessen ist auch nicht ersichtlich, weshalb die vorgenannten Personen nunmehr sicher und ohne Zweifel davon ausgegangen sein sollten, dass der steuerrechtliche Anrechnungsanspruch auch ohne vorherige Erhebung der geltend gemachten Steuer bestand.

    1159
    bb) Die im Rahmen von Fall 1 dargestellten Erwägungen sind insoweit vielmehr durch folgende weitere Aspekte untermauert:

    1160
    (1) Gleichsam „über Nacht“ war eine deutliche Ertragsverbesserung der YT-Bank eingetreten, indem diese die Futuregeschäfte - wie oben belegt - im Januar noch mit einem Dividendenlevel von „nur“ 92 und in der Folgezeit mit Dividendenleveln von deutlich unter 90 hatte abschließen können. Die erzielten Konditionen waren - wie bereits dargestellt - mit CumCum-Geschäften offensichtlich nicht plausibel in Einklang zu bringen. Nach wie vor war keine „Marktineffizienz“ - so etwa das Gutachten des gesondert Verfolgten AE vom 20.02.2009 und der Vermerk des YT-Mitarbeiters BE vom 29.04.2009 betreffend die Geschäfte des BC German Equity Special Fund - erkennbar, die derartige Verluste für einen Aktieninhaber erklären konnte.

    1161
    Über die Erhöhung der Profite waren die gesondert Verfolgten BP und BX auch im Bilde. Denn mit Schreiben vom 10.03.2008 hatten die gesondert Verfolgten AP und AW in einem Schreiben über den zwischenzeitlichen Abschluss des Investment Partnership Agreements mit dem Angeklagten CA und dem gesondert Verfolgten BM berichtet. Dabei rechneten AP und AW damit, die Netto-Erträge aufgrund der Zusammenarbeit mit CA und BM um etwa 8 Mio. Euro zu steigern, wovon allerdings 4 Mio. Euro an die letztgenannten zu zahlen seien. Gerichtet war dieses Schreiben an den gesondert Verfolgten BP, in den Verteilerkreis war der gesondert Verfolgte BX aufgenommen. Angesichts dessen zweifelt die Kammer nicht, dass beide das Schreiben zu Kenntnis genommen hatten.

    1162
    (2) Das bereits angesprochene, an den gesondert Verfolgten BX gerichtete Schreiben der gesondert Verfolgten AP und AW vom 10.01.2008 stellt ein weiteres Indiz für deren Kenntnis über die wahre Quelle des Profits dar. Wie bereits dargestellt hatten die gesondert Verfolgten AP und AW das Angebot des gesondert Verfolgten BM zu der Verteilung der aus den Januar-Geschäften voraussichtlich zu erzielenden Gewinne dahin zusammengefasst, dass dieser „einen Anteil von 8 % (ca. 38 % des Kapitalertragsteueranspruches)“ angeboten habe. Gerade die Umrechnung des Anteils von 8 Prozent auf denjenigen des Kapitalertragsteueranspruches zeigt deutlich die Kenntnis davon, welches Geld zu verteilen war.

    1163
    cc) Da zwischen der Durchführung der Aktiengeschäfte und der Abgabe der Steuererklärung keine Umstände eingetreten sind, die nunmehr zu anderen Vorstellungsbildern bei den gesondert Verfolgten BP und BX geführt haben könnten, ist die Kammer auch überzeugt, dass sie auch im Jahr 2010, mithin im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung, das entsprechende Wissen um das Vorliegen von Leerverkäufen und um deren (mögliche) Bedeutung für den im Jahr 2010 gegenüber dem Finanzamt geltend gemachten Anrechnungsanspruch hatten.

    1164
    Insoweit tritt ergänzend hinzu, dass jedenfalls der gesondert Verfolgte BP im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung (24.02.2010) aufgrund seines diesbezüglichen eigenen Investments Kenntnis von dem Umstand hatte, dass der für die XA GmbH ausweislich des entsprechenden Eingangsstempels schon am 18.06.2009 bei dem Finanzamt YE eingegangene Anrechnungsantrag nicht zu einer Steueranrechnung geführt hatte. Hieraus konnte der gesondert Verfolgte BP einmal mehr die hohe Wahrscheinlichkeit dafür erkennen, dass die Voraussetzungen für die angestrebte Anrechnung der Steuer in der Person des Leerkäufers nicht vorliegen.

    1165
    Ergänzend nimmt die Kammer im Übrigen auch auf die entsprechenden Ausführungen zur Beweiswürdigung in den Fällen 3 und 8 Bezug.

    1166
    dd) Dass die gesondert Verfolgten BP und BX auch über die Zusammenarbeit mit der ZD Capital Ltd. im Bilde waren, folgt aus einer Reihe von Urkunden, unter anderem dem Schreiben der gesondert Verfolgten AP und AW vom 10.03.2008, mit dem diese die neue Vereinbarung unter anderem gegenüber dem gesondert Verfolgten BP dargestellt hatten und das ausweislich des aus dem Schreiben ersichtlichen Verteilerkreises auch der gesondert Verfolgte BX erhielt.

    1167
    ee) Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des gesondert Verfolgten AE, der im Übrigen ebenfalls um die Vorgänge um die gescheiterte Steueranrechnung hinsichtlich der XA GmbH im Bilde war. Insbesondere entsprach die umgesetzte Handelsstrategie nach wie vor dem von ihm bereits im Vorjahr vorgeschlagenen Geschäftsmodell. Da sich in rechtlicher Hinsicht keinerlei Änderungen ergeben hatten, ist auch nicht ersichtlich, weshalb er die Rechtslage nunmehr anders hätte eingeschätzt haben sollen.

    4. YT-Eigenhandel 2009 (Fall 3)

    1168
    Die Feststellungen zu den Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank in der Dividendensaison des Jahres 2009 beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Rolle des gesondert Verfolgten AE

    1169
    Die Feststellungen zu den von dem gesondert Verfolgten AE im Jahr 2009 entfalteten Tätigkeiten in Bezug auf den Eigenhandel der YT-Bank beruhen zunächst auf der Aussage des Zeugen CD. Dieser hat allgemein dessen beratende Rolle geschildert, insbesondere aber auch - wie festgestellt - dessen Aktivitäten zum BMF-Schreiben vom 05.05.2009 und der vorherigen Entwürfe. Die Angaben des Zeugen sind durch mehrere Urkunden objektiviert. So folgt aus den Mails des gesondert Verfolgten AE vom 01.04.2009 und vom 03.04.2009, dass er - insoweit in Bezug auf den BC German Equity Special Fund - mit den gesondert Verfolgten BX und BK den damals aktuellen Entwurf des BMF-Schreibens diskutiert hatte. Aus dem Vermerk „Gespräch am 20.04.2009 zwischen [ZB] und [YT]“ („Es soll über den Verband darauf hingearbeitet werden, dass die Textpassage im BMF-Schreiben entsprechend geändert wird“) ergibt sich, dass die YT-Bank - entsprechend den Angaben des Zeugen CD - im Rahmen ihrer Lobbyarbeit versucht hat, auf den Inhalt des BMF-Schreibens einzuwirken. Schließlich folgt auch aus dem von dem gesondert Verfolgten BX gefertigten Vermerk vom 30.04.2009, dass die YT-Bank mit dem gesondert Verfolgten AE im Gespräch stand. Angesichts dessen bezweifelt die Kammer auch nicht die Richtigkeit der übrigen, nicht unmittelbar urkundlich belegten Angaben des Zeugen CD. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des von ihm geschilderten, von dem gesondert Verfolgten AE redigierten Schreibens von BU, mit dem der Zusammenbruch des Aktienmarktes für den Fall propagiert wurde, dass das BMF-Schreiben ohne die vorgeschlagenen Änderungen herausgegeben würde. Wie der Zeuge anschaulich schilderte, war allen Beteiligten klar, dass diese Behauptung einer Tatsachengrundlage entbehrte. Es sei aber darum gegangen, die Auswirkungen des geplanten BMF-Schreibens als möglichst gravierend darzustellen.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1170
    Der Angeklagte CA hat die Handelsaktivitäten der YT-Bank, namentlich die - den Vorjahren entsprechende - Handelsstrategie, die Planung der Geschäfte durch die ZD Capital Ltd., die konkrete Umsetzung der Geschäfte am Handelstag und seine eigenen Beiträge wie festgestellt geschildert. An seine Mitwirkung an dem Abschluss des Investment Partnership Agreements vom 19.01.2009 hatte er zwar keine konkrete Erinnerung mehr, diese ergibt sich insoweit jedoch aus seiner Unterschrift unter den Vertrag. Dieser belegt zudem die mit der YT-Bank ausgehandelten Konditionen der Vergütung der ZD Capital Ltd.

    1171
    Dass der Angeklagte CA - wie von ihm grundsätzlich eingeräumt - im Vorfeld der Transaktionen für anstehende Rückfragen des gesondert Verfolgten AW zur Verfügung stand, ist objektiviert und konkretisiert durch das Bloomberg-Chatprotokoll vom 16.01.2009. Danach hatte der gesondert Verfolgte AW an diesem Tage um Besprechung der anstehenden Geschäfte gebeten, weil er ein besseres Gefühl für die zu handelnden Volumina und die Preisgestaltung entwickeln wollte.

    1172
    Ebenfalls aus der Einlassung des Angeklagten CA folgt, dass er sich in der Vorbereitung der Dividendensaison bei dem Angeklagten AO vergewissert hatte, auch im Jahr 2009 bei der Organisation von Ex-Aktien für die Leerverkäuferseite mit dem Aktienbestand der YJ planen zu können. Seine Angaben stehen im Einklang mit denjenigen des Angeklagten AO, der dies zunächst so im Rahmen seiner Eingangseinlassung ausgeführt hatte und später vor dem Hintergrund fehlender Erinnerung lediglich einschränkte, er sei entweder von dem Angeklagten CA oder dem gesondert Verfolgten BM kontaktiert worden.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1173
    Die Feststellungen zu den gehandelten Aktiengattungen und zu den auf die jeweiligen Dividendenzahlungen entfallenden Beträgen an Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag beruhen auf den von der YT-Bank erstellten Wertpapierabrechnungen und Dividendengutschriften. Aus den jeweils am Tag des Vertragsschlusses erstellten Wertpapierabrechnungen ist des Weiteren zu ersehen, dass es sich sämtlich um Festpreisgeschäfte, also außerbörsliche abgeschlossene Geschäfte handelte. Zudem ist aus den Abrechnungen jeweils der geplante Tag der Kaufpreiszahlung („Valuta“) zu ersehen; danach wurden sämtliche Geschäfte mit einer Frist von „t+2“ abgeschlossen. Anhand der jeweiligen Belege der Clearstream Banking AG hat die Kammer die jeweiligen Stückebuchungen nachvollziehen können.

    1174
    Aus den von der YT-Bank erstellten Future-Abrechnungen zu den Verkäufen der Single Stock Futures folgt zudem, dass diese zunächst außerbörslich verkauft und dann über die Börse Eurex abgewickelt wurden (jeweiliger Eintrag: „Börse FFM - Eurex (OTC)“)

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1175
    Wie bereits dargelegt, folgt für die Kammer bereits aus dem Umstand, dass in allen Fällen die Eindeckung des Aktienverkäufers mit Ex-Aktien durch den Angeklagten CA - sei es aufgrund der eigenen Organisation von Ex-Aktien, sei es aufgrund von der Verkäuferseite gehandelter „Pakte“ - geplant worden war, dass es sich bei den im Rahmen von Fall 3 festgestellten Aktiengeschäften um CumEx-Leerkäufe handelte. Bei diesen war die Leerverkäuferseite im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese war auch sonst nicht abgezogen worden. Insoweit gilt ergänzend zu den obigen Ausführungen:

    1176
    aa) Die Preise der mit den Aktienkäufen korrespondierenden Absicherungsgeschäfte in Form der Single Stock Futures waren mit Dividendenleveln berechnet, die etwas über 80 lagen und damit deutlich unter denen, die ein Aktieninhaber im Rahmen von CumCum-Verkäufen hätte aushandeln können.

    1177
    (1) Ausweislich der „Einzelauskunft DTA-Daten“ vom 06.02.2020 überwies die YT-Bank am 06.07.2009 - nach der Durchführung der Transaktionen des Jahres 2009 - an die ZD Capital Ltd. unter dem Betreff „Vermittlung Single Futures“ einen Betrag in Höhe von 10.611.367,04 Euro. Nach der im Rahmen von Fall 2 dargelegten Berechnungsmethode und auf Grundlage des Investment Partnership Agreements vom 19.01.2009 war dies die Hälfte des von der YT-Bank erzielten Gewinns, der aus der mithilfe der ZD Capital Ltd. bewirkten Unterschreitung des Schwellenwertes von 92 resultierte; der Betrag oberhalb dieser Schwelle stand der YT-Bank alleine zu. Der danach mit ZD geteilte Profit von 21.222.734,08 Euro (2*10.611.367,04 Euro) stellte einen Anteil von 11,96 Prozent an dem aus den gegenständlichen Geschäften generierten Bruttodividendenvolumen von (46.779.448,31 : 0,26375 =) 177.362.837,19 Euro dar. Dies abgezogen von dem Referenzlevel in Höhe von 92 ergibt einen Anhaltspunkt für durchschnittlich gehandelte Dividendenlevel in Höhe von 80,04 (92 - 11,96). Selbst unter Berücksichtigung eines großzügigen Sicherheitsabschlags von bis zu vier Dividendenpunkten aufgrund des den Futuregeschäften innewohnenden Zinsfaktors, den selbst der Angeklagte CA im Übrigen als nicht erheblich bezeichnet hat, ergibt sich damit immer noch ein Dividendenlevel von rund 84 oder darunter.

    1178
    Dieser Dividendenlevel ist - wie bereits dargelegt - dermaßen weit von den für CumCum-Geschäfte erzielbaren Bedingungen entfernt, dass die Kammer das Vorliegen von Inhaberverkäufen und eine Belastung der Leerverkäuferseite mit der Steuer sicher ausschließen kann. Vielmehr sind die jeweiligen Preise, zu denen die YT-Bank die Absicherungsgeschäfte in Form der Single Stock Futures hatte abschließen können, nur verständlich, wenn der Aktienverkäufer im Rahmen der Abwicklung des Aktienkassageschäfts zu keinem Zeitpunkt mit einem Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet worden war.

    1179
    (2) Der vorstehend schätzungsweise ermittelte Dividendenlevel steht auch im Einklang damit, dass der Angeklagte CA gegenüber dem für die YT-Bank tätigen gesondert Verfolgten AW zu Beginn der Dividendensaison mitteilte, man könne dieses Jahr versuchen, zunächst mit „82“ zu starten, wobei sich der Markt im weiteren Verlauf entwickeln könne (Bloomberg-Chatprotokoll vom 16.01.2009).

    1180
    (3) Dieses Ergebnis steht im Übrigen auch im Einklang mit der Aussage des Zeugen CG, der ausgeführt hat, aufgrund des hohen Angebots an Leerverkäufern hätten die CumEx-Dividendenlevel üblicherweise drei bis vier Dividendenpunkte über der Nettodividende gelegen. Auf Grundlage des im Jahr 2009 geltenden Steuersatzes von 26,375 Prozent (inkl. Solidaritätszuschlag) waren danach Dividendenlevel um etwa 80 Prozent erzielbar, was ebenfalls mit den obigen Ergebnissen in Einklang steht.

    1181
    bb) Eine nicht unerhebliche Anzahl der durchgängig außerbörslich erworbenen Aktien wurde zudem erst später als zwei Handelstage nach dem Dividendenstichtag in das bei der Clearstream Banking AG von der YT-Bank gehaltene Depot eingebucht. Jeweils drei Tage oder mehr lagen dabei zwischen dem Dividendenstichtag und der Einbuchung bei den Aktiengattungen ThyssenKrupp AG, Douglas Holding AG, Fresenius Medical Care KGaA, K+S AG und METRO AG. Jedenfalls teilweise erst nach drei Tagen wurden darüber hinaus geliefert die Aktiengattungen Siemens AG, Daimler AG, Henkel AG & Co. KGaA, RWE AG, Deutsche Lufthansa AG, E.ON AG, Bayer AG und Linde AG. Angesichts des Umstandes, dass - wie oben bereits belegt - den Aktiengeschäften jeweils eine zweitägige Lieferfrist (“t+2“) zugrunde lag, handelte es sich damit bei allen diesen Fällen um Spätlieferungen.

    1182
    cc) Auch unter Außerachtlassung der bereits dargestellten, schon für sich tragenden Erwägungen zu den Absprachen mit der Leerverkäuferseite über die Lieferung von Ex-Aktien zweifelt die Kammer bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehenden Umstände auch aufgrund der Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte nicht daran, dass es sich bei den im Rahmen von Fall 3 festgestellten Aktiengeschäften um Leerkäufe handelte, bei denen die Verkäuferseite sich mit den geschuldeten Aktien erst nach dem Dividendenstichtag eindeckte und im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der Steuer belastet und diese auch nicht sonst abgezogen wurde. Dass es in einer Vielzahl von Fällen dazu noch zu auf CumEx-Leerverkaufsgeschäfte hindeutenden Spätlieferungen kam, rundet das Bild nur noch ab.

    1183
    Gleiches gilt im Übrigen auch dafür, dass die ZV mit Schreiben vom 05.09.2016 gegenüber dem Finanzamt YC auf dessen Anfrage mitgeteilt hatte, als Bank der YK Europe Ltd. - welche im Rahmen der Geschäfte teilweise als Gegenpartei der YT-Bank aufgetreten war - keinen Steuerabzug vorgenommen zu haben.

    e) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    1184
    Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, der Steuererklärung und der Entscheidungen des Finanzamtes YC vom 05.04.2011, vom 10.04.2014 und vom 12.12.2016 und deren teilweises Ergehen während einer laufenden Außenprüfung folgen aus den betreffenden Urkunden selbst, zu deren Inhalten die Kammer zudem auch die BS vom Finanzamt YC vernommen hat. Aus der betreffenden Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten vom 01.03.2011 sind die Unterschriften der gesondert Verfolgten BP und CJ deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation dieser Unterschriften gelten die zu den Fällen 1 und 2 dargestellten Ausführungen entsprechend. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die im Rahmen von Fall 3 festgestellten Aktiengeschäfte entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand des in der Steuererklärung vom 01.03.2011 enthaltenen Anrechnungsbetrags war, beruht darauf, dass dem Finanzamt mit diesen Aktiengeschäften korrespondierende Dividendengutschriften vorgelegt worden waren.

    1185
    Die Feststellungen zu den von der Einziehungsbeteiligten durch Einsatz ihres Eigenkapitals - einschließlich der auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zurückzuführenden Erträge - erwirtschafteten Einkünften beruhen entsprechend der Würdigung zu Fall 1 auf deren eigenen Mitteilungen.

    f) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    1186
    Hinsichtlich der bestehenden Vorstellungsbilder bei den gesondert Verfolgten AE, BP und BX gelten zunächst die zu den Fällen 1 und 2 dargelegten Erwägungen entsprechend.

    aa) Die gesondert Verfolgten BP und BX

    1187
    Betreffend die gesondert Verfolgten BP und BX ist insoweit ergänzend zu bemerken:

    1188
    (1) Für die Dividendensaison 2009 hatten sich die Erträge - gemessen am gehandelten Dividendenlevel - gegenüber dem Vorjahr nochmals gesteigert, da die ZD Capital Ltd. mit der Gegenseite erneut niedrigere Dividendenlevel hatte aushandeln können. Dass dies von den gesondert Verfolgten BP und BX nicht bemerkt worden war, schließt die Kammer aus. Denn die wirtschaftliche Analyse der Geschäfte, sowohl im Vorfeld als auch nachträglich, ist die Grundlage erfolgreichen wirtschaftlichen Handelns, zu dem die YT-Bank die Handelsaktivitäten gerade entfaltet hatte. Dass die Verbesserung des Dividendenlevels zum Jahr 2008 darauf zurückzuführen war, dass sich der Kapitalertragsteuersatz von 20 Prozent auf 25 Prozent erhöht und sich damit zugleich die sich hieraus ergebende Gewinnmasse vergrößert hatte, lag auf der Hand.

    1189
    Es drängte sich weiterhin auf, dass den durchgeführten Aktiengeschäften Leerverkäufe zugrunde lagen. Wie bereits mehrfach dargelegt, war angesichts der ansonsten gegebenen wirtschaftlichen Sinnlosigkeit der Absicherungsgeschäfte für die Aktienverkäuferseite (=Futurekäuferseite) nicht zu erwarten, dass diese im Rahmen der Abwicklung der Aktiengeschäfte mit einem Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlags belastet würde. Angesichts dessen war auch sonst nicht ersichtlich, dass auf die von der Verkäuferseite zu leistende Dividendenkompensationszahlung die Steuer von dem zuständigen Finanzdienstleistungsinstitut einbehalten (und in der Folge auch an die Finanzbehörde abgeführt) würde. Auch aufgrund der im Folgenden noch darzustellenden Erwägungen, ist die Kammer überzeugt, dass die gesondert Verfolgten BP und BX diesen Schluss auch gezogen hatten.

    1190
    (2) Auch diverse Unterlagen, die vor dem Hintergrund der Vorgänge um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 zu sehen sind, stützen den Schluss, dass den gesondert Verfolgten BP und BX das Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug weiter bekannt war. Hierzu gilt:

    1191
    (a) Bereits im März 2009 versuchte das Bundesministerium für Finanzen, die trotz des Jahressteuergesetzes 2007 im Markt nach wie vor vorkommenden CumEx-Gestaltungen weiter zu unterbinden. Ausweislich des Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen vom 20.03.2009 hatte dieses einen Entwurf zu einem BMF-Schreiben verfasst und an diverse Verbände, so auch den Bundesverband deutscher Banken e.V., zur Stellungnahme verschickt. In dem Schreiben wurde unter anderem - unter inhaltlicher Bezugnahme auf den Entwurf - darauf verwiesen, dass es in den Fällen, in denen zwischen dem Leerverkäufer und dem Käufer Geschäftsbeziehungen bestehen, die zu einem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf führen, dem Käufer bekannt sei, dass ihm eine Steuerbescheinigung ausgestellt werde, obwohl die darin ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht erhoben bzw. nicht abgeführt worden sei. In diesen Fällen sei die in der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht anzurechnen, weil sie nicht erhoben worden sei. Weiterhin sei die Kapitalertragseuer nicht zu erstatten.

    1192
    Dieser Vorgang führte auf Seiten der YT-Bank zu Diskussionen über die Geschäfte und über die mit diesen verbundenen Risiken.

    1193
    (aa) Ausweislich des Vermerks „Gespräch mit [ZB] am 01.04.2009“ hatten sich an diesem Tage unter anderem die gesondert Verfolgten BX und AW mit Steuerberatern von [ZB] getroffen und die „Single Future Strukturen“ diskutiert. Festgehalten wurde dabei unter anderem,

    1194

    1195
    •dass die Geschäfte unter das BMF-Schreiben fallen würden;

    1196
    •dass für die steuerliche Unbedenklichkeit die gesamte Kette bis zum ursprünglichen Verkäufer nachgewiesen werden müsse;

    1197
    •dass davon ausgegangen würde, die Geschäfte würden dann nicht unter das BMF-Schreiben fallen, wenn man nach den Usancen davon ausgehen könne, dass die Aktienstücke vor dem Ex-Tag physisch im Bestand seien. Dies bedeute, dass die Aktien drei Tage vor dem Ex-Tag gekauft werden müssten;

    1198
    •dass der gesondert Verfolgte AW klären werde, ob für zukünftige Geschäfte der Kauf um zwei Tage vorgezogen werden könne.

    Diese Inhalte des Schreibens zeigen deutlich auf, dass die gesondert Verfolgten  BX und AW über die Problematik ihrer Geschäfte im Bilde waren. Ferner ist festzustellen, dass die weiteren Eigenhandelsgeschäfte nach dem 01.04.2009 gerade nicht - wie in dem Schreiben vorgeschlagen - entsprechend lange vor den Tag der Hauptversammlung vorverlegt wurden. Auch dies indiziert, weil bei einem solchen Vorgehen die gewünschten Renditen nicht hätten erzielt werden können, dass dies den gesondert Verfolgten BX und AW bewusst war.

    1200
    Dem entspricht auch der Inhalt des Vermerks „Gespräch am 20.04.2009 zwischen [ZB] und [YT]“. An diesem Gespräch hatte wiederum der gesondert Verfolgte BX teilgenommen. Gesprächsgegenstand war der zweite, neuere Entwurf zu dem geplanten BMF-Schreiben. In dem Vermerk wurde festgehalten, dass andere Ausgestaltungen der Geschäfte, wie etwa ein früherer Erwerb der Aktien, als nicht praktikabel angesehen würden. Ferner hatten die Steuerberater erklärt, die geforderte Berufsträgerbescheinigung ausstellen zu können, sofern die in dem BMF-Entwurf, der im Ergebnis inhaltlich dem späteren Schreiben vom 05.05.2009 entsprach, als schädlich angesehene Absprachen sich kumulativ auf den Erwerb der Aktien und auf Leerverkäufe beziehen müsse.

    1201
    Dem entspricht im Übrigen auch die Aussage des Zeugen CD. Dieser hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgeführt, der erste Entwurf des BMF-Schreibens habe wegen der weiten Formulierung, die nur auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Kauf und Verkauf abgestellt habe, für erhebliche Unruhe gesorgt, weil hierunter alles habe subsumiert werden können. Daraus folgt aber zugleich, dass damit das Vorliegen von Leerverkäufen, an die schon der erste Entwurf anknüpfte, für mindestens sehr wahrscheinlich erachtet wurde.

    1202
    (bb) Der vorstehenden Einschätzung entspricht auch eine an die gesondert Verfolgten BX und BK gerichtete Mail des gesondert Verfolgten AE vom 03.04.2009. Dort erklärte dieser unter anderem:

    1203
                  „…

    1204
    3. Es gibt in den beabsichtigten Transaktion keine cum-/ex-Leerverkäufe über den Dividendenstichtag. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Entwurfs des BMF Schreibens sollen nur Leerverkäufe erfasst werden, die unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG fallen und bei denen ausländische Depots zur Abwicklung des Leerverkaufs verwendet werden. Im vorliegenden Fall werden aber Futures gehandelt. Auf diese findet die Vorschrift § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG Anwendung. Folglich fallen die beabsichtigten Transaktionen aus dem Anwendungsbereich des Entwurfs des BMF Schreibens heraus.

    1205
    4. Damit kommt es auch nicht mehr auf das Nichtvorliegen von Absprachen zwischen Käufern und Leerverkäufern an. Auch hierzu ist festzuhalten, dass solche Absprachen nicht vorliegen.

    1206
    …“

    1207
    Auch wenn sich die Mail nach ihrem weiteren Inhalt nur auf die Geschäfte des BC German Equity Special Funds (Fall 5) bezog, zeigen die dargestellten Ausführungen, dass für die dort in Aussicht gestellte Handelsstruktur Leerverkäufe deshalb nicht existent seien, weil die gehandelten Futures unter § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG fallen würden. Damit bezog sich der gesondert Verfolgte AE offensichtlich auf die im Rahmen des BC German Equity Special Fund angedachte - und später auch überwiegend umgesetzte - Calendar-Spreads-Strategie. Die Argumentation zeigt indes, dass die Problematik des Vorliegens von Leerverkäufen selbst erkannt und - vermeintlich - rechtlich gelöst wurde. Sollte der gesondert Verfolgte BX die Ausführungen in der Mail auch mit den Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank in Verbindung gebracht haben, musste ihm klar sein, dass dort gerade mit dem Abschluss von Aktienkassageschäften eine andere Strategie umgesetzt wurde. Sollte er hingegen keine Verbindung zu den Eigenhandelsgeschäften der Bank gezogen habe, ist die Mail von vornherein nicht geeignet, das Vorstellungsbild des gesondert Verfolgten BX über das Vorliegen von CumEx-Leerverkäufen in Frage zu stellen.

    1208
    (cc) Dafür, dass der gesondert Verfolgte BX mit dem Vorliegen von Leerverkäufen im Rahmen von CumEx-Geschäften rechnete, spricht der Vermerk „Gespräch mit den Herren [CF] und [BK] zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“. Dieser enthält unter anderem folgende Ausführungen:

    1209
    „…Es wurde mitgeteilt, dass Herr [CJ] ´Bauchschmerzen´ mit den Geschäften habe. Dies sollte Herrn [BX] zur Kenntnis gebracht werden…

    1210
    WI hat im Moment die folgenden Anmerkungen:

    1211
                                …

    1212
                                Steuerliches Risiko

    1213


    1214
    Die Geschäfte bestehen derzeit aus Futures über die Liffe, die am Tag der HV fällig werden und dann die Aktien geliefert werden. Dies ist im Rahmen des Fondsreglements.

    1215
    Im Nachgang sagte Herr [BC] Herrn [CF], dass er dafür sorgen müsse, dass das „Steuerrisiko“ im Fonds bleibe, bis das Risiko ausgeschlossen ist.“

    1216
    Die Kammer ist überzeugt, dass dieser Vermerk entgegen seiner (versehentlich falschen) Überschrift nicht am 29.02.2009, sondern um den 29.04.2009 herum verfasst wurde. Zum einen war das Jahr 2009 kein Schaltjahr, sodass schon aus diesem Grunde am 29. Februar kein Gespräch stattgefunden haben kann. Zum anderen entnimmt die Kammer dem Schreiben („[ZJ Gmbh] nimmt im Moment 20 % des Fondsvolumens als Sicherheitsmarge“, „Die Geschäfte bestehen derzeit aus Futures über die Liffe, die am Tag der HV fällig werden und dann die Aktien geliefert werden. Dies ist im Rahmen des Fondsreglements.“), dass die Geschäfte für den BC German Equity Special Fund bei Abfassung des Schreibens bereits liefen.

    1217
    Auch wenn sich der Vermerk auf die Geschäfte des BC German Equity Special Fund bezieht, zeigt er, dass der gesondert Verfolgte BX mit CumEx-Geschäften steuerliche Risiken verband. Dies wiederum ist nur plausibel, wenn er insoweit auch den Bezug zu Leerverkäufen herstellte, denn die (tatsächliche wie steuerrechtliche) Abwicklung von Inhaberverkäufen war zu keinem Zeitpunkt seitens des Gesetzgebers oder der Finanzverwaltung problematisiert worden. Weshalb er insoweit in Bezug auf die Eigenhandelsgeschäfte der Bank einerseits und die Geschäfte für den BC German Equity Special Fund andererseits unterschiedliche Vorstellungen gehabt haben sollte, ist nicht ersichtlich, da beide CumEx-Handelsstrategien, und nicht etwa CumCum-Strategien verfolgten.

    1218
    (b) Für die Würdigung des eigentlichen BMF-Schreibens vom 05.05.2009 gilt:

    1219
    Zwar nahm das Bundesministerium für Finanzen in seinem Schreiben zunächst vordergründig nur Absprachen über Leerverkäufe in den Blick. Allerdings war die maßgebliche rechtliche Einschätzung des Ministeriums zu Beginn des Schreibens wie folgt dargelegt:

    1220
    „Bestehen zwischen dem Leerverkäufer und dem Käufer Absprachen, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründen, ist dem Käufer in den o.  g.  Fällen bekannt, dass ihm eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde, obwohl die darin ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht erhoben bzw. abgeführt worden ist.

    1221
    In diesen Fällen ist die in  der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht gemäß § 36 Abs.  2 Nr. 2 EStG, § 31  KStG  anzurechnen,  weil sie nicht erhoben worden ist.“  (Hervorhebung durch die Kammer)

    1222
    In materiellrechtlicher Hinsicht war folglich (allein) die Nichterhebung der Steuer der maßgebliche Grund, die Steueranrechnung zu versagen; die Kenntnis von Absprachen diente demgegenüber allein Beweiszwecken. Bei verständiger Würdigung war dies offensichtlich. Dass insbesondere der gesondert Verfolgte BX als versierter Prokurist der Bank zumindest die Möglichkeit dieser Lesart nicht gesehen haben könnte, schließt die Kammer aus. Angesichts dessen, dass er ausweislich mehrerer Urkunden (etwa Vermerk „Gespräch mit [ZB] am 01.04.2009“; Mail AE vom 03.04.2009; Vermerk „Gespräch am 20.04.2009 zwischen [ZB] und [YT]“; Vermerk vom 30.04.2009 über das am 29.04.2009, unter anderem auch mit dem gesondert Verfolgten BP, geführte Gespräch zum Entwurf des BMF-Schreibens) in diverse Gespräche, unter anderem auch mit Steuerberatern, eingebunden war, die sich auf den Erlass des BMF-Schreibens bezogen, ist die Kammer überzeugt, dass er nicht nur die Entwürfe, sondern auch das spätere BMF-Schreiben kannte und sich mit dessen Inhalt auseinandergesetzt hatte.

    1223
    (3) Allerdings hat die Kammer auch den Vermerk des gesondert Verfolgten BX vom 30.04.2009 in den Blick genommen, den dieser über ein Gespräch mit den gesondert Verfolgten BP, CJ und AQ verfasst hatte. Darin ist unter anderem festgehalten:

    1224
    „…

    1225
    Nach den uns bekannten Sachverhalten handelt es sich bei den Transaktionen BC German Equity Special Funds und unseren eigenen Single Future Strukturen in keinem Fall um Leerverkäufe. [ZB] (Herren [AC] und [BT]) haben bestätigt, dass sie die notwendigen gesonderten Bescheinigungen erstellen werden.

    1226
    BC German Equity Special Funds

    1227
    Wir werden die Transaktionen nur fortsetzen, wenn mit dem Einleger eine Vereinbarung getroffen werden kann, dass im Fonds immer so viel Mittel verbleiben, dass ein steuerliches Risiko des Fonds/der KAG abgegolten werden kann.

    1228


    1229
    Single Future Strukturen

    1230
    Festgehalten wurde, dass aktuell ein Verlustrisiko in Höhe von ca. 7. Mio. € gegeben sein kann.

    1231
    Es wurde beschlossen, ein max. Verlustrisiko von 15 Mio. € unterstellt, die Transaktionen fortzusetzen.

    1232


    1233
    Ergebnisabhängige Vergütungen nach den Vereinbarungen mit Vermittlern und Beratern werden nur geleistet, wenn ein steuerliches Risiko ausgeschlossen ist bzw. abgedeckt werden kann.

    1234
    Es soll mit den Herren von WI, [BM] und [AE] gesprochen werden.“

    1235
    Nach den Ausführungen in diesem Vermerk hatten die gesondert Verfolgten BP und BX - vermeintlich - keine konkrete Kenntnis von Leerverkäufen. Auch deutet der Umstand, dass es in der Folgezeit zu ergebnisabhängigen Zahlungen an die ZD Capital Ltd. und an die gesondert Verfolgten AE und CD über die Bank YY AG bzw. die YW Ltd. gekommen war, darauf hin, dass das steuerliche Risiko nicht in einem Maße bewertet wurde, das eine Zurückstellung der Zahlungen bis zur späteren Steueranrechnung gerechtfertigt hätte.

    1236
    Dem entspricht insoweit auch der Inhalt der von dem YT-Mitarbeiter AA verfassten, unter anderem an den gesondert Verfolgten BP gerichteten „Vorlage für die Partnersitzung am 18.01.2011“, in der das BMF-Schreiben vom 05.05.2011 als „festgeschriebene[…] Vorgaben für die steuerliche Unbedenklichkeit“ gewertet wurden.

    1237
    Ferner hat die Kammer gesehen, dass im Anschluss an die Transaktionen die erforderliche Berufsträgerbescheinigung erstellt wurde. Indes ist insoweit zu sehen, dass diese lediglich den - vermeintlichen - Kenntnisstand des Berufsträgers wiedergab.

    1238
    (4) Bei einer Gesamtschau aller für und gegen die fortbestehende Kenntnis von Leerverkäufen ohne Steuerabzug sprechenden Umstände ist die Kammer dennoch überzeugt, dass die gesondert Verfolgten BP und BX auch im Jahr 2009 das entsprechende Wissen hatten. Hierfür spricht nicht nur, dass andernfalls die aus den Geschäften resultierten Gewinne nicht zu erklären waren. Angesichts der hohen investierten Summen ist auch lebensfremd, dass von ihnen als Entscheidungsträger bzw. als zuständigem Mitarbeiter keine entsprechenden Überlegungen hierzu angestellt wurden. Zudem liegen eine Reihe von Dokumenten vor, die sich - wie dargestellt - inhaltlich bereits aus sich heraus nur dann verstehen lassen, wenn unterstellt wird, dass den Beteiligten die Möglichkeit von Leerverkäufen bewusst war. Dies alles steht im Einklang damit, dass - bei identischer Ausgestaltung der Geschäfte - im Jahr 2007 etwa in der mit Mail vom 10.10.2007 übermittelten Zusammenfassung über die Struktur „Short Sale ([BV]-Struktur)“ in anderen Staaten der Leerverkauf und die doppelte Anrechnung der Steuer offen angesprochen worden war. Auch das bereits im Rahmen der Beweiswürdigung zu Fall 2 angesprochene Schreiben vom 10.01.2008 zeigt, dass der von der YT-Bank erzielte Gewinn mit dem Kapitalertragsteueranspruch in Verbindung gebracht wurde. Es ist nicht einsichtig, aufgrund welcher geänderten tatsächlichen Umstände jedenfalls die gesondert Verfolgten BP und BX nunmehr ein anderes Verständnis von den Geschäften hätten haben sollen. Hinsichtlich des gesondert Verfolgten BP hat die Kammer insoweit gesehen, dass dieser nicht an allen der dargestellten Gespräche und Mail-Korrespondenzen beteiligt war. Gleichwohl belegt jedenfalls der von dem gesondert Verfolgten BX gefertigte Vermerk vom 30.04.2009, dass auch er über die Vorgänge im Bilde war.

    1239
    Dass in dem Vermerk vom 30.04.2009 Gegenteiliges festgehalten ist und auch sonst in keinen Urkunden des Jahres 2009 expressis verbis festgehalten wird, dass man um die Leerverkäufe wisse, steht dem nicht entgegen. Angesichts dessen, dass die dargestellten Dokumente aus dem Jahr 2009 insoweit konträr zu den Angaben in der seitens des gesondert Verfolgten AE bereits im Jahr 2007 verschickten Übersicht zu den Möglichkeiten des CumEx-Leerverkaufshandels in anderen Europäischen Ländern (vgl. Ausführunge zu Fall 1 - Mail vom 10.10.2007 mit der übermittelten Datei „Zwischenstand Overview Dividendenoptimierung 33851 v6.doc“) sind und sich auch sonst nicht mit dem früheren Wissensstand um das Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug vereinbaren lassen (s.o.), hat die Kammer keine Zweifel, dass insoweit lediglich eine bestimmte Papierlage geschaffen werden sollte. Insoweit ist auch an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die diesbezüglichen Angaben des Zeugen CD für die Kammer plausibel sind, wonach immer auch an spätere Betriebsprüfungen gedacht wurde. Angesichts des stets vorhandenen Risikos einer Betriebsprüfung habe man stets bereits im Vorfeld versucht, die hiermit einhergehenden Risiken zu minimieren, es sei immer von Vorteil, wenn man im Rahmen von Betriebsprüfungen bei Nachfragen seitens des Finanzamtes entsprechende Urkunden vorweisen könne.

    1240
    Aufgrund der erheblichen auf ein entsprechendes Wissens um Leerverkäufe hindeutenden Indizien, vermag schließlich auch der Umstand, dass die YT-Bank im Laufe des Jahres 2009 erhebliche Zahlungen an die ZD Capital Ltd. und die Bank YY AG (für die gesondert Verfolgten AE und CD) leistete, die Überzeugung der Kammer nicht durchgreifend zu erschüttern. Insoweit ist zum einen möglich, dass man die Geschäfte für erfolgreich umgesetzt hielt, etwa weil die erforderlichen Steuerbescheinigungen und Berufsträgerbescheinigungen hatten generiert werden können. Daneben ist möglich, dass die Zahlungen unter Inkaufnahme gewisser Risiken im Hinblick auf eine angestrebte weitere Zusammenarbeit geleistet wurden.

    1241
    Aus den vorstehend dargestellten Gründen geht die Kammer im Übrigen davon aus, dass die gesondert Verfolgten BP und BX auch weiterhin die nicht nur entfernt liegende Möglichkeit sahen, dass die spätere Steueranrechnung mangels vorheriger Steuererhebung zu Unrecht beantragt werden könnte. Hinzu tritt insoweit wiederum der Umstand, dass dem gesondert Verfolgten BP die Versagung der Steueranrechnung durch die Finanzbehörde im Hinblick auf die XA GmbH bekannt war.

    1242
    Schließlich bestehen für die Kammer auch keine Zweifel, dass die gesondert Verfolgten BP und BX auch von Beginn an wussten, dass der Umstand des Leerverkaufs in der späteren Steuererklärung nicht angegeben würde. Da - wie dargestellt - mit dem Vermerk vom 30.04.2009 bereits eine interne Papierlage geschaffen wurde, in der die Kenntnis von Leerverkäufen in Abrede gestellt wurde, ist nicht ersichtlich, weshalb in der späteren Steuererklärung Gegenteiliges hätte eingeräumt werden sollen.

    1243
    Dass sie die als möglich erkannten Umstände auch gebilligt hatten, folgt aus den bereits oben dargelegten Erwägungen.

    bb) Der gesondert Verfolgte AE

    1244
    Hinsichtlich des gesondert Verfolgten AE folgt dessen nach wie vor bestehende Kenntnis um die Leerverkäufe ebenfalls aus den bereits zu den Vorjahren gewonnenen Beweisergebnissen. Es ist auch für ihn nicht erkennbar, weshalb er, der an seiner Rechtsanwaltskanzlei vorbei erheblich von den Geschäften profitierte, nunmehr andere Vorstellungen über die Quelle seines Profits hätte haben sollen. Dass dem nicht so war, folgt im Übrigen auch aus der Aussage des Zeugen CD. Dass der gesondert Verfolgte AE die Möglichkeit sah, es könne aufgrund der Nichtbelastung des Leerverkäufers mit der Steuer kein Anrechnungsanspruch bestehen, folgt ebenfalls bereits aus den Erkenntnissen zum Vorjahr. Überdies wurde durch das BMF-Schreiben von 05.05.2009 und seiner Vorentwürfe noch einmal deutlich, dass das Finanzministerium die doppelte Anrechnung von Kapitalertragsteuer bei Leerverkaufsgeschäften für steuerrechtswidrig hielt. Angesichts des Berufes des gesondert Verfolgten AE geht die Kammer auch an dieser Stelle davon aus, dass dieser den Sinngehalt des BMF-Schreibens klar erkannt hatte, wonach materiellrechtlich - ungeachtet des Vorliegens von Absprachen - deshalb die Steuer nicht erstattet werden sollte, weil sie nicht erhoben worden war.

    g) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1245
    Zu der Feststellung, dass der Angeklagte AO möglicherweise auch im Rahmen von Fall 3 entsprechend der Abmachung mit dem Angeklagten CA Ex-Aktien an die Verkäuferseite geliefert hatte, wird auf die entsprechenden Ausführungen zu den Vorgängen um den JS Futures Fund verwiesen.

    1246
    An dieser Stelle bedarf nur Folgendes der Ergänzung:

    1247
    Der Angeklagte AO hatte mit Mail vom 23.01.2009 von der in der Steuerabteilung der YJ beschäftigten Zeugin AZ die Genehmigung erhalten, die von ihm geplanten Lieferungen mit Ex-Aktien durchzuführen. Zuvor hatte er noch darauf hingewiesen, dass der Montag (26.01.2009) ein Handelstag für die geplante Strategie sei. Da am 23.01.2009 die Hauptversammlung der ThyssenKrupp AG stattfand, ist davon auszugehen, dass der Angeklagte AO entsprechend Aktien dieser Gesellschaft handeln wollte. Dies lässt sich insoweit zwar mit den Geschäften der YT-Bank in Einklang bringen. Allerdings wurden auch für den HI Aktien 1 Fund Aktien der ThyssenKrupp AG gehandelt. Damit ist ebenso denkbar, dass der Angeklagte AO ausschließlich diese Geschäfte beliefert hatte. Da insoweit die Lieferung von Aktien der Siemens AG im Fall des HI Aktien 1 Fund sicher belegt ist (s.u.), geht die Kammer an dieser Stelle zugunsten des Angeklagten AO davon aus, dass die Lieferung der Aktien der ThyssenKrupp AG jedenfalls nicht für die CumEx-Aktivitäten der YT-Bank bestimmt war.

    5. HI Aktien 1 Fund (Fall 4)

    1248
    Die Feststellungen zu den Vorgängen um den HI Aktien 1 Fund beruhen auf folgenden tragenden Erwägungen:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1249
    Die Beteiligungen der YI GmbH (Kapitalanlagegesellschaft), der YL Ltd. (Anlegerin) und der ZJ GmbH (Depotbank) und deren jeweilige Rolle folgen bereits aus der im Rahmen der Aufsetzung des Investmentfonds abgeschlossenen Dreivereinbarung vom 22.01.2009. Ergänzend zu der Einlassung des Angeklagten CA zum Eigeninvestment der ZD-Gruppe in den HI Aktien 1 Fund ergibt sich aus der Bestätigung des „Registrar of Companies, Caymans Islands“, dass die ZD Financial Investment Ltd. mit Wirkung zum 09.01.2009 gegründet wurde. Deren Beteiligung an der Anlegerin des Investmentfonds neben der ZP Inc. folgt aus dem von deren wirtschaftlich Berechtigten BZ und AU am 15.01.2009 unterzeichneten Fragebogen („Company Establishment Questionaire“). Die Investments der ZP Inc. und der ZD Financial Investments Ltd. in Höhe von jeweils 17 Mio. Euro ergeben sich aus einer von BZ unterzeichneten Zahlungsanweisung („Payment Direction“) vom 20.01.2009. Dass das Eigenkapital durch ein Darlehen des Londoner Zweigs der ZV als Prime Broker 20-fach gehebelt wurde, ist durch ein Schreiben der ZV vom 20.02.2009 belegt.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1250
    Die Kammer ist überzeugt, dass das Portfolio-Management des HI Aktien 1 Fund von der YI GmbH als Kapitalgesellschaft im Ergebnis - entsprechend der Einschätzung des Angeklagten CA - auf die ZD Capital UK Ltd. ausgelagert war. Zwar hat der Angeklagte CA dies letztlich nur vermutet. Auch hat die Kammer die schriftliche Vertragskette zwischen der YI GmbH und der XB GmbH vom 22.01.2009 sowie der XB GmbH und der ZN GmbH nur bis zu der letztgenannten Gesellschaft nachvollziehen können. Im Rahmen der zunächst bestehenden - später mit Beschluss vom 16.03.2020 aufgehobenen - Einziehungsbeteiligung hatten die Vertreter der YI GmbH insoweit vorgetragen, am Ende der Beraterkette könne auch der gesondert Verfolgte BQ (als Einzelberater) gestanden haben. Dies vermag die Kammer indes auszuschließen.

    1251
    Insoweit ist zunächst zu sehen, dass sich die ZD-Gruppe über die ZD Financial Investments Ltd. mit erheblichen eigenen finanziellen Mitteln in Höhe von 17 Mio. Euro an dem HI Aktien 1 Fund beteiligt hatte. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Beratung „in fremde Hände“ hätte gelegt werden sollen. Dies gilt umso mehr, als dass die Fragen um das spätere BMF-Schreiben vom 05.05.2009 noch nicht in der Welt waren, als der HI Aktien 1 Fund die gegenständlichen Aktiengeschäfte tätigte. Hiermit im Einklang steht, dass die ZN GmbH ausweislich § 2 Ziff. 3 der Dreiervereinbarung „auf ausdrücklichen Wunsch und Initiative“ der YL Ltd., an der gerade die ZD Financial Investments Ltd. beteiligt war, beauftragt wurde. Schließlich war nach der insoweit sicheren Erinnerung des Angeklagten CA die ZD Principals Ltd. in der auch sonst im Rahmen der Investmentfonds-Fälle praktizierten Art und Weise tätig: Danach wurden die maßgeblichen Absprachen hinsichtlich der Absicherungsfutures, über deren Preisgestaltung die Gewinne dem Investmentfonds letztlich zuflossen, durch die ZD Principals Ltd. und dort entweder durch den Angeklagten CA oder durch den gesondert Verfolgten BR, ausgehandelt. Insgesamt ist daher nicht ersichtlich, weshalb die Beratung der Kapitalanlagegesellschaft nicht durch die ZD Capital UK Ltd. vorgenommen worden sein sollte.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1252
    Die getroffenen Feststellungen zu den jeweiligen Daten der Aktien- und Futuregeschäfte und zu den Aktienbuchungen beruhen auf den entsprechenden Wertpapierabrechnungen zu den Aktiengeschäften, den Buchungsbelegen der Clearstream Banking AG sowie auf den entsprechenden Mitteilungen („Kundenstatements“) über die durchgeführten Future-Geschäfte. Die Feststellungen zu den Gutschriften der Dividendenkompensationszahlungen durch die ZJ GmbH beruhen auf den von dieser erstellten Dividendengutschriften nebst der entsprechenden Kontoauszüge.

    1253
    Die Erkenntnis, dass der Angeklagte AO im Rahmen des HI Aktien 1 Fund zumindest 3.095.600 Ex-Aktien der Siemens AG auf vorherige Anfrage der ZD Principals Ltd. geliefert hatte, folgt zunächst aus den Ermittlungsergebnissen des Bundeszentralamtes für Steuern. Ausweislich des Vermerks der bei dem Bundeszentralamt für Steuern tätigen Sachbearbeiterin BI vom 13.09.2018 und der Aussage des Zeugen ORR AV haben im Rahmen der Aufarbeitung der Geschäfte des HI Aktien 1 Fund durch die Finanzbehörde hinsichtlich der Aktiengattung Siemens AG zwei am 29.01.2009, also nach dem Dividendenstichtag vom 27.01.2009, abgeschlossene Absicherungsgeschäfte der YJ über insgesamt 30.956 Future-Kontrakte ermittelt werden können. Zu diesen enthielten die von der Eurex Clearing AG übermittelten Daten im Textfeld „Customer“ die Eintragung „[AO] / 012“. Insoweit bestehen für die Kammer keine Zweifel, dass der Angeklagte AO tatsächlich im Rahmen der gehandelten Siemens-Aktie Ex-Aktien geliefert hatte. Dem entspricht im Übrigen auch seine eigene Einschätzung, die er - befragt zu dem Vermerk - in der Hauptverhandlung getätigt hat. Die Lieferung dieser Ex-Aktien passt auch zur weiteren Urkundslage, wonach die seinerzeit in der Steuerabteilung der YJ beschäftigte Zeugin AZ dem Angeklagten AO bereits mit Mail vom 23.01.2009 die Genehmigung erteilt hatte, die Ex-Eindeckungsgeschäfte durchzuführen. Unter Zugrundelegung des Umstandes, dass sich ein Future am Schlusstag regelmäßig auf 100 Aktien bezog, ergibt sich aus der Zahl der geschlossenen Futures damit die Zahl der gelieferten Aktienstücke in Höhe von 3.095.600 (100 * 30.956).

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1254
    Die Kammer ist aus den bereits dargestellten Erwägungen zur Organisation der Leerverkaufsgeschäfte überzeugt, dass es sich bei den festgestellten Aktiengeschäften für den HI Aktien 1 Fund um Leerverkäufe handelte. Bei diesen wurde der Aktienverkäufer im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der später gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern geltend gemachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet. Auch sonst wurde die Steuer nicht abgezogen und dem entsprechend auch nicht an die Finanzbehörde abgeführt. Hierzu gilt über die bereits dargestellten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen hinaus ergänzend:

    1255
    aa) Nach der Einlassung des Angeklagten CA waren die Preise für die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden Futuregeschäfte für den Investmentfonds nicht unter vollem Abzug der Dividende berechnet, sondern zu einem Dividendenlevel von 94 („Fondslevel“). Im Hinblick auf den mit der Verkäuferseite ausgehandelten Dividendenlevel habe sich die ZD Principals Ltd. bei den Absicherungsgeschäften - über YS - zwischengeschaltet und insoweit selbst einen Profit in Höhe von 13,5 Dividendenpunkten erzielt. Danach habe der im Rahmen des HI Aktien 1 Fund mit der Aktienverkäuferseite ausgehandelte Dividendenlevel erheblich unter dem „Fondslevel“ gelegen. Dem folgt die Kammer:

    1256
    (1) Im Hinblick auf den von dem Angeklagten CA eingeräumten Profit der ZD Principals Ltd. ist nicht ersichtlich, weshalb er insoweit die Unwahrheit gesagt haben sollte. Ausgehend davon wurden die Absicherungs-Futures damit in jedem Fall zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Aktieninhaber auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können.

    1257
    (2) Die Kammer ist überzeugt, dass der Fondslevel bei etwa 94 lag. Die diesbezügliche Einlassung des Angeklagten CA passt zu den von den Ermittlungsbehörden ermittelten Werten, die zwischen 94 Prozent und 94,15 Prozent lagen. Diese Berechnungen hat der Zeuge ORR AV erläutert. Die Kammer zweifelt an der Validität seiner Berechnungsmethode nicht, auch der Angeklagte CA hat diese als sehr genau bestätigt.

    1258
    (a) Beispielhaft dargestellt anhand der gehandelten Aktie der Siemens AG stellt sich die Rückrechnung des Zeugen wie folgt dar:

    1259
    Die Aktien der Siemens AG wurden in zwei Tranchen erworben und zwar

    1260
                  9.000.000 Stücke               zu je              45,25       Euro              und

    1261
                  1.000.000 Stücke               zu je              45,25653 Euro.

    1262
    Der durchschnittliche Aktienpreis betrug damit 45,250653. Der durchschnittliche Future-Preis betrug demgegenüber 43,8002 Euro, errechnet aus folgenden Daten

    1263
                  79.899 Futures              zu je              43,8     Euro              und

    1264
                  19.975 Futures               zu je   43,801 Euro,

    1265
    Zu diesen Zahlen ist zu bemerken, dass ein Future grundsätzlich 100 Aktien umfasst. Dies gilt indes nur für den Schlusstag. Wegen der dem Future innewohnenden Zinseffekte und dem Umstand, dass bei auf Barausgleich gerichteten Futures Sicherheitsleistungen an die Börse zu leisten sind, können sich insoweit Abweichungen ergeben. Bezogen auf das von dem Zeugen AV erläuterte Rechenbeispiel hat der Angeklagte CA insoweit bestätigt, dass sich die gehandelte Zahl an Futures als die exakte Absicherung für die Zahl der gehandelten Aktien darstelle.

    1266
    Hinsichtlich des in den Future-Preis eingestellten Zinsfaktors haben sich die Ermittlungsbehörden nach den Ausführungen des Zeugen AV an dem EURIBOR-Zinssatz orientiert. Der Angeklagte CA hat hierzu bestätigt, dass man sich damals entweder an diesem oder an dem LIBOR-Zinssatz orientiert habe, zumeist aber an dem auch von dem Zeugen AV verwendeten EURIBOR. Die Futures hinsichtlich der Siemens-Aktie liefen 26 Tage, zur Ermittlung des richtigen Zinssatzes sind daher zunächst die damaligen EURIBOR-Zinssätze für drei Wochen Laufzeit und für einen Monat Laufzeit angesetzt und sodann für den dazwischen liegenden Zeitraum von 26 Tagen interpoliert worden. Die auf diese Weise ermittelten Zinskosten betrugen danach pro Future 0,056592 Euro.

    1267
    Die im Jahr 2009 seitens der Siemens AG ausgeschüttete Dividende betrug 1,60 Euro.

    1268
    Zusätzlich haben die Ermittlungsbehörden auch einen Dividendenabschlag berücksichtigt. Es handelt sich insoweit um den Zinsfaktor bezogen auf die Dividende, dem zugrunde liegt, dass der Future-Verkäufer vor Auslaufen des Futures bereits die Dividende vereinnahmen kann. Der Angeklagte CA hat auch insoweit die Richtigkeit der Berechnung bestätigt und ausgeführt, dass die Einstellung des Dividendenabschlags zur Standardberechnung gehöre. Allerdings wirke sich dieser in der Summe nicht wesentlich aus, da er in der Berechnung des Dividendenlevels nur einen sehr geringen Unterschied ausmache.

    1269
    Der Dividendenabschlag wurde seitens der Ermittlungsbehörden ebenfalls anhand der interpolierten EURIBOR-Zinssätze berechnet und betrug im Fall der Siemens-Aktie 0,002094 Euro.

    1270
    Auf Grundlage dieser Zahlen hätte ein idealtypischer, marktgerechter Future-Preis - ausgehend von den Ausführungen des Sachverständigen CE - auf Grundlage der Berechnung

    1271
     

    45,250653 Euro

       (durchschnittlicher) Kassapreis

    zzgl.

    0,056592 Euro

       Zinsen

    abzgl.

    1,60 Euro

       Dividende

    abzgl.

    0,002094 Euro

       Zins Dividendenabschlag

     
    1272
    43,705151 Euro betragen. Tatsächlich betrug der durchschnittliche Futurepreis hingegen 43,8002 Euro. Die Differenz von 0,095049 Euro macht gemessen an der ausgeschütteten Bruttodividende einen Anteil von 5,94 Prozent aus. Der sich hieraus ergebende Dividendenlevel lag damit bei gerundet 94,06 (100 - 5,94).

    1273
    (b) Damit ergibt sich unter Berücksichtigung der Angaben des Angeklagten CA zur Höhe des Spreads der ZD Principals Ltd. (13,5) ein am Markt tatsächlich ausgehandelter Dividendenlevel in Höhe von rund 80,6.

    1274
    Dieses Ergebnis passt zu den Beweisergebnissen von Fall 3 zu den durch bzw. für die YT-Bank erzielten Preisen sowie zu der Aussage des damals ebenfalls als Aktienhändler tätigen Zeugen CG, wonach die erzielbaren CumEx-Dividendenlevel etwa drei bis vier Dividendenpunkte über der Nettodividende gelegen hätten.

    1275
    bb) Der sich durch die Preisgestaltung der Geschäfte ergebende Eindruck von Leerverkäufen ohne Steuerabzug wird dadurch gestützt, dass der Angeklagte AO - wie bereits dargelegt - ausweislich des Vermerks der bei dem Bundeszentralamt für Steuern tätigen Sachbearbeiterin BI vom 13.09.2018 und der Aussage des Zeugen ORR AV auf vorherige Anfrage der ZD Principals Ltd. insgesamt 3.095.600 Ex-Aktien der Siemens AG für die Leerverkäufe geliefert hatte.

    1276
    cc) Die vorstehenden Ergebnisse stehen auch damit im Einklang, dass es bei der Abwicklung der Käufe der Aktiengattungen Siemens AG, ThyssenKrupp AG, Porsche AG und Norddeutsche Affinerie AG zu Lieferungen der Aktien außerhalb der standardmäßigen Lieferfrist von zwei Tagen gekommen war. Den zu den Aktiengeschäften jeweils vor der Lieferung erstellten Wertpapierabrechnungen kann die Kammer insoweit entnehmen, dass es sich um (vertragswidrige) Überschreitungen der eigentlich vereinbarten Lieferfristen handelte, da die Sollstellung des Kaufpreises insoweit jeweils unter Berücksichtigung der Standard-Frist angegeben wurde.

    1277
    dd) Bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehenden Beweisergebnisse zweifelt die Kammer - neben den allgemein dargestellten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen - auch schon aufgrund der Preisgestaltung der (Absicherungs)Future-Geschäfte nicht daran, dass es sich bei den gegenständlichen Aktiengeschäften um CumEx-Leerverkäufe handelte, bei denen der Verkäufer im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der Steuern belastet und diese auch nicht sonst abgezogen und an die Finanzbehörde abgeführt wurde. Dies gilt umso mehr in Ansehung der teilweise bestehenden Lieferzeit von mehr als zwei Tagen und des Umstandes, dass in Bezug auf die Aktie der Siemens AG Ex-Eindeckungslieferungen belegt sind, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt.

    e) Sammelantragsverfahren

    1278
    aa) Die Feststellungen zum Inhalt der seinerzeit gestellten Sammelanträge der ZJ GmbH für den HI Aktien 1 Fund und zu den Entscheidungen des Bundeszentralamtes für Steuern beruhen zunächst auf den Vernehmungen der Zeugen AT, AL und BD sowie auf den entsprechenden Belegen des Bundeszentralamtes für Steuern.

    1279
    Dabei hat insbesondere der seit dem Jahr 2016 bei dem Bundeszentralamt für Steuern mit der Aufarbeitung von CumEx-Komplexen betraute Zeuge StAR AT erläutert, dass die Steuererstattungen für den HI Aktien 1 Fund - ebenso wie bei den Komplexen BC German Equity Special Fund, BACA Fonds und JS Futures Fund - ausschließlich im elektronischen Sammelantragsverfahren beantragt wurden. Diese Anträge standen der Kammer zwar nicht mehr in der ursprünglichen Form zur Verfügung. Der Inhalt bzw. der Aufbau der elektronischen Sammelanträge war aber nach den Angaben des Zeugen StAR AT mit demjenigen des Vordrucks für schriftliche Sammelanträge identisch. Aus dem hierzu eingeführten Vordruck folgt, dass - was im Übrigen auch der Aussage des Zeugen StAR AT entspricht - ein Feld für besondere Anmerkungen nicht vorgegeben war; vielmehr waren in hierfür vorgesehene Felder unter anderem lediglich der Betrag, dessen Erstattung beantragt wurde - aufgeteilt nach der jeweiligen Steuer (hier Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag) -, sowie der Gläubiger der Kapitalerträge anzugeben. Dem entspricht im Übrigen auch der seinerzeitige Prüfungsablauf bei dem Bundeszentralamt für Steuern. Wie die Zeugen BD, damaliger Leiter des für die Erstattung zuständigen Referats, und der Zeuge AL, seit dem 01.12.2009 Sachbearbeiter in dem Referat, übereinstimmend ausgeführt haben, gingen sämtliche Sammelanträge zunächst in den sog. Rechenlauf, bei dem die Anträge auf Plausibilität und Vollständigkeit überprüft wurden. Im Rahmen des Rechenlaufs wurden 5 Prozent der jeweils durchlaufenen Sammelanträge zur Stichprobenprüfung ausgeworfen. Wie der Zeuge BD weiter ausgeführt hat, war es nur mit diesem automatisierten Verfahren möglich, mit nur zehn Mitarbeitern im Referat die im Jahr 2009 insgesamt eingegangenen Sammelanträge (etwa 80.000) zu erledigen.

    1280
    Dass insoweit im elektronischen Sammelantragsverfahren nicht vorgesehen war, einzelne Erstattungsanmeldungen zu erläutern, entspricht dem Zweck, die Anträge zügig abzuwickeln. Insoweit wurde den Depotbanken von vornherein - so die Zeugen AT und BD - Vertrauen entgegengebracht, zumal Banken, die am Sammelantragsverfahren teilnehmen wollten, zunächst auch ein Zulassungsverfahren durchlaufen mussten. In diesem Zusammenhang mussten sie ausweislich des Zulassungsantrags der ZJ GmbH vom 18.12.2008 ausdrücklich versichern, nur solche Fälle in die Datenübermittlung aufzunehmen, bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Teilnahme am Sammelantragsverfahren vorlagen. Zudem wurde die Rechtmäßigkeit der Steuererstattungen garantiert.

    1281
    Danach steht für die Kammer fest, dass die konkreten elektronisch geltend gemachten Sammelanträge keine Hinweise darauf enthielten, dass die geltend gemachte Kapitalertragsteuer entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen zuvor nicht abgeführt worden war. Dieser Schluss entspricht im Übrigen auch der ohne Weiteres plausiblen Aussage des Zeugen BD, wonach man nicht sehenden Auges etwas Falsches gemacht und keine Gelder ausgezahlt hätte, wenn man gewusst hätte, dass die Steuern zuvor gar nicht abgeführt worden waren. Mit diesem Ergebnis steht schließlich auch im Einklang, dass die ZJ GmbH auch im Jahr 2010 im Rahmen der Erstattungsanmeldungen für den BC Pro Rendite Fonds keine erläuternden Angaben zu dem angemeldeten Erstattungsbetrag gemacht hatte (Fall 9). Die Kammer verkennt dabei nicht, dass bei den Vorgängen auf Seiten der ZJ GmbH möglicherweise unterschiedliche Mitarbeiter für die Erstellung der Sammelanträge zuständig waren. Dennoch geben auch die Vorgänge aus dem Jahr 2010 einen Hinweis, dass es bei dieser Depotbank jedenfalls keine allgemeinen Vorgaben gab, bei den gegenständlichen Geschäftsgestaltungen erläuternde Anmerkungen zu machen.

    1282
    bb) Die Feststellungen zu den konkret beantragten Erstattungsbeträgen für die einzelnen Aktiengeschäfte folgen aus den sog. KStR-Datenbankauskünften. Das Bundeszentralamt für Steuer speichert nach den Ausführungen des Zeugen StAR AT aus Kapazitätsgründen die Sammelanträge und die späteren Bescheide nicht in Originalform, sondern fasst deren wesentliche Inhalte in einer Datenbank zusammen, die jeweils für eine bestimmte Aktiengattung - erkennbar an der jeweiligen Wertpapierkennnummer - und für einen bestimmten Antragsteller erstellt werden. Den Aufbau dieser Auskünfte hat der Zeuge erläutert. Anhand dessen hat die Kammer anhand der einzelnen Belege nachvollziehen können, dass die jeweiligen Steuererstattungen zu den jeweils festgestellten Zeitpunkten für den HI Aktien 1 Fund und für die festgestellten Aktiengeschäfte beantragt wurden und die Erstattungen jeweils erfolgten. Zusätzlich ergibt sich die Steuererstattung auch aus den Ausdrucken der seitens des Bundeszentralamtes für Steuern archivierten Datensätze zu den jeweiligen Bescheiden, wobei diese anhand ihrer Registernummer den entsprechenden KStR-Datenbankauskünften zuzuordnen waren.

    f) Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1283
    Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den HI Aktien 1 Fund erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA durchgeführter Berechnungen nachvollzogen hat. Ausgehend von dem mit 13,5 Dividendenpunkten festgestellten Spread konnte zunächst ermittelt werden, auf welchen Betrag sich dieser rechnerisch belief. Hierfür war zunächst der Bruttodividendenbetrag zu ermitteln, der sich bei dem an den HI Aktien 1 Fund ausgekehrten Erstattungsbetrag von 11.837.849 Euro und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent auf 44.882.840 Euro beläuft. 13,5 Prozent hiervon betragen (gerundet) die festgestellten 6.059.183 Euro.

    1284
    In Abzug zu bringen waren die Brokerkosten sowie die Kosten für den Prime Broker. Hinsichtlich der Brokerkosten hat sich der Angeklagte CA dahingehend eingelassen, diese hätten in den Fonds-Fällen jeweils insgesamt 0,5 Dividendenpunkte ausgemacht. Zusätzlich seien Broker-Kosten gegenüber YT in Höhe von 4,5 Cent pro Future-Einheit und damit vierfach für jeden einzelnen Trade angefallen. Hierdurch seien in den verfahrensgegenständlichen Fonds-Fällen (Fälle 4 bis 7, 9 und 10) insgesamt Kosten in Höhe von 1 Mio. Euro entstanden, die anteilig auf die Introducer und die ZD-Gesellschaften verteilt worden wären. Im Ergebnis habe ZD 600.000 Euro, mithin 100.000 Euro je Fonds-Fall getragen. Auch diese Angaben des Angeklagten CA sind vor dem Hintergrund seiner Marktexpertise und seiner mehrjährigen Einbindung in die Profitermittlung bei CumEx-Strategien uneingeschränkt nachzuvollziehen. Wiederum hat die Kammer zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gewonnen, der Angeklagte sei bemüht gewesen, die Einkünfte der ZD-Gesellschaften kleinzurechnen, um einen etwaigen Einziehungsbetrag zu reduzieren. Im Übrigen wurde die Einlassung des Angeklagten zu den Einnahmen der ZD-Gesellschaften in weiten Teilen durch die Aussage des Zeugen BN (LKA NRW) bestätigt, der die Angaben des Angeklagten anhand der vorhandenen Beleglage überprüft hat und in weiten Bereichen zu inhaltsgleichen Berechnungen gekommen ist. Geringfügige Abweichungen ergaben sich insoweit insbesondere daraus, dass der Zeuge BN Kosten für Broker und Prime Broker in geringerem Umfang angesetzt hat als der Angeklagte CA. Dass der Zeuge BN insoweit über im Vergleich zum Angeklagten CA nur eingeschränkte Marktkenntnisse verfügt, leuchtet indes unmittelbar ein, zumal der Angeklagte CA selbst in die Berechnung der Profite eingebunden war. Im Übrigen hat der Zeuge CG inhaltsgleiche Angaben zu der Höhe der wirtschaftlichen Beteiligung der Broker an der Bruttodividende getätigt wie der Angeklagte CA.

    1285
    Übertragen auf den HI Aktien 1 Fund betragen 0,5 Dividendenpunkte bei einer Bruttodividende in Höhe von 44.882.840 Euro 224.414 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 324.414 Euro an Brokerkosten.

    1286
    Die Kosten für den Prime Broker hat der Angeklagte CA mit 3 Dividendenpunkten beziffert. Auch dem folgt die Kammer, wobei die vorstehenden Ausführungen zur Plausibilität seiner Angaben entsprechend gelten. 3 Dividendenpunkte betragen bei einer Bruttodividende in Höhe von 44.882.840 Euro die festgestellten (gerundet) 1.346.485 Euro.

    1287
    Zuzüglich der Rendite aus dem eigenen Investment, deren Höhe seitens des Angeklagten CA in Einklang mit den Angaben des Zeugen BN mit 1.333.530 Euro beziffert worden ist, ergeben sich für die Einkünfte der ZD-Gesellschaften die von der Kammer festgestellten (6.059.183 - 324.414 - 1.346.485 + 1.333.530 =) 5.721.814 Euro.

    6. BC German Equity Special Fund (Fall 5)

    1288
    Die Feststellungen zu den Vorgängen um den BC German Equity Special Fund beruhen auf Folgendem:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1289
    Die Struktur des Investmentfonds sowie die Mitwirkung der gesondert Verfolgten AE und CD folgen aus den insoweit übereinstimmenden Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD, der auch den Hintergrund der sog. Malta-Struktur, bei der eine Gesellschaft nach maltesischem Recht als Anlegerin fungierte, schlüssig erläutert und das Anwerben der Investoren durch den gesondert Verfolgten AE bestätigt hat.

    1290
    Die Beteiligung der YP Ltd. (Anlegerin), der YT-Invest GmbH (Kapitalanlagegesellschaft) sowie der ZJ GmbH (Depotbank) und deren jeweilige Rolle folgen überdies aus der im Rahmen der Aufsetzung des Investmentfonds abgeschlossenen Dreivereinbarung vom 17.04.2009. Aus dem YT-internen Vermerk „Gespräch mit den Herren [CF] und [BK] zu BC German Equity Special Funds am 29.02.2009“ ergeben sich zudem die festgestellten Abläufe innerhalb der YT-Bank. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die damaligen Vorgänge in dem Vermerk unzutreffend wiedergegeben worden sein sollten. Ergänzend ist lediglich zu bemerken, dass der Vermerk offensichtlich nicht vom 29.02.2009 stammen kann, weil es sich bei dem Jahr 2009 nicht um ein Schaltjahr handelte und sich aus dem Gesamtzusammenhang des Schreibens ergibt, dass dieses zu einem Zeitpunkt verfasst wurde, als die Geschäfte bereits liefen. Aus dem Vermerk folgt zudem, dass das handelbare Fondsvolumen - stimmig mit den Angaben des Angeklagten CA hierzu - 782 Mio. Euro betrug.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1291
    Aus der Einlassung des Angeklagten CA folgt auch die Rollenverteilung zwischen der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. Auch im Hinblick auf den BC German Equity Special Fund sind seine Angaben im Übrigen teilweise durch andere Beweismittel belegt:

    1292
    Dass sich die ZD Capital UK Ltd. gegenüber der YT-Invest GmbH zur Beratung verpflichtet hatte, ist auch durch den zwischen den Gesellschaften geschlossenen Vertrag vom 22.04.2009 („Service Level Agreement“) belegt. Mehrere für die YT-Invest GmbH erstellte Buchungsbestätigungen des zur YK-Gruppe gehörenden Brokers YO Ltd. weisen zudem den gesondert Verfolgten CH als Adressaten aus. Dies spricht dafür, dass (zumindest auch) er die Transaktionen für die YT-Invest GmbH ausführte. Dies passt auch zu dem Umstand, dass der gesondert Verfolgte CH für die ZD Capital UK Ltd. auch in anderen Fällen in führender Rolle für Investmentfonds agierte und etwa im Rahmen von Fall 6 (BACA Fonds) den Beratervertrag mit der XC GmbH abgeschlossen hatte.

    1293
    Dass der Angeklagte CA entsprechend seiner Einlassung in die Vorgänge um den BC German Equity Special Fund eingebunden war und insbesondere im Vorfeld mit dem Zeugen CD über den bei der Bepreisung der Future-Geschäfte für den Investmentfonds einzustellenden Dividendenlevel diskutierte, passt zu den Angaben des Zeugen CD. Dieser hat zwar nicht das entsprechende Gespräch als solches bestätigt, aber allgemein eingeräumt, dass in entsprechender Weise agiert worden sei, um möglichst hohe eigene Profite zu erzielen. Den Investoren habe deshalb der tatsächlich ausgehandelte bzw. der am Markt erzielbare Dividendenlevel nicht zur Kenntnis gebracht werden sollen.

    1294
    Schließlich zeigt sich die Einbindung des Angeklagten CA in die Aufsetzung des BC German Equity Special Fund auch daran, dass der gesondert Verfolgte BM ihm - wie im Übrigen auch den gesondert Verfolgten AE und CD - seine Mail vom 06.04.2009, mit der er den bei YT beschäftigten Mitarbeitern BK, BX, AW und BE die Calendar-Spreads-Strategie erläuterte, in Kopie zukommen ließ.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1295
    Die getroffenen Feststellungen zu den konkret durchgeführten Aktien- und Futuregeschäften für den BC German Equity Special Fund und zu den Aktienbuchungen folgen aus den entsprechenden Belegen, namentlich den entsprechenden für den Investmentfonds erstellten Übersichten der YT-Invest GmbH, den von dieser erstellten Anlageempfehlungen, den Buchungsbestätigungen der YO Ltd., den Wertpapierabrechnungen und aus den Clearstream-Buchungsbelegen.

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1296
    Die Kammer ist überzeugt, dass es sich auch bei den festgestellten Aktiengeschäften für den BC German Special Equity Fund um Leerverkäufe handelte, bei denen der Aktienverkäufer im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der später gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern geltend gemachten Steuer belastet wurde. Dem entsprechend wurden insoweit auch keine Steuerbeträge an die Finanzbehörde abgeführt. Ergänzend zu den bereits dargestellten Erwägungen hinsichtlich der Organisation von Ex-Aktien für diese Geschäfte gilt:

    1297
    aa) Nach der Einlassung des Angeklagten CA waren die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden Futuregeschäfte nicht unter vollem Abzug der Bruttodividende bepreist, sondern mit einem Fondslevel in Höhe von 93 gerechnet. Im Hinblick auf den mit der Verkäuferseite im Vorfeld ausgehandelten, aus Leerkäufersicht günstigeren Dividendenlevel habe sich die ZD Principals Ltd. bei den Absicherungsgeschäften - über YS - zwischengeschaltet und daraus hier einen Spread in Höhe von mindestens 11 Dividendenpunkten erzielt. Dem folgt die Kammer. Der im Rahmen des BC German Equity Special Fund tatsächlich gehandelte Dividendenlevel hat danach erheblich unter dem Fondslevel gelegen. Den Umstand, dass der erzielte Spread von dem bei dem HI Aktien 1 Fund - und auch von den bei den anderen Fonds jeweils erzielten (siehe unten) - abwich, hat der Angeklagte auf Nachfrage der Kammer schlüssig damit erklärt, dass die am Markt jeweils erzielbaren Level von vielen Faktoren abhingen, so zum Beispiel von den Volumina, von den Laufzeiten der Geschäfte und von der gewählten Konstruktion (Kassakauf oder Erwerb über physisch gesettelte Futures). In diesen Punkten unterschieden sich die verschiedenen Fonds jeweils.

    1298
    Im Hinblick auf den von dem Angeklagten CA eingeräumten Profit der ZD Principals Ltd. ist nicht ersichtlich, weshalb er die Unwahrheit gesagt haben sollte. Im Übrigen stehen seine Angaben insoweit aber auch mit denen des Zeugen CD im Einklang, wonach den Investoren die wirklich erzielbaren Preise nicht hätten sichtbar gemacht werden sollen. Ausgehend davon wurden die Absicherungs-Futures damit auch zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Steuerausländer als Inhaber der Aktien auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können.

    1299
    Für die Stimmigkeit dieser Angabe des Angeklagten spricht zudem, dass sich aus dem Fondslevel und dem Spread tatsächlich erzielte Dividendenlevel errechnen, die zu der Aussage des Zeugen CG zu den seinerzeit am Markt erzielbaren Preisen (drei bis vier Dividendenpunkte über der Nettodividende) passen.

    1300
    Die Kammer hat zudem auch hier aus den jeweils gehandelten Kursen und unter Berücksichtigung der Höhe der Dividenden Kontrollberechnungen von Dividendenleveln vorgenommen. Dabei war sie sich auch an dieser Stelle bewusst, dass der Marktbepreisung ein Zinsfaktor zugrunde lag, der nachträglich nicht exakt rekonstruierbar ist. Auffälligkeiten, die die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten CA zu den damals gehandelten Dividendenleveln in Zweifel ziehen könnten, haben sich dabei nicht ergeben.

    1301
    Letztlich passen diese Angaben des Angeklagten auch zu den Beweisergebnissen, die sich im Rahmen der dargestellten Berechnungen zu den Fällen 3 (Eigenhandel YT-Bank) und 4 (HI Aktien 1 Fund) ergeben haben.

    1302
    bb) Die dargestellten Erkenntnisse zur Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte stehen im Einklang mit den bereits oben dargestellten Erwägungen, wonach sich das Vorliegen von Leerverkäufen bereits daraus ergibt, dass die ZD Principals Ltd. - durch den Angeklagten CA oder den gesondert Verfolgten BR - bei der Planung der Geschäfte stets auch die Eindeckung der Verkäuferseite mit Ex-Aktien abgeklärt hatte. Die Preise der gehandelten Absicherungsgeschäfte belegen zudem, dass es sich um Leerverkäufe handelte, bei denen die Leerverkäuferseite im Rahmen der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und bei denen die Steuer auch sonst nicht abgezogen worden war.

    e) Sammelantragsverfahren

    1303
    Dass die aus den gegenständlichen Aktiengeschäften (vermeintlich) abgeführte Steuer im Rahmen elektronischer Sammelanträge bei dem Bundeszentralamt für Steuern geltend gemacht wurde, folgt aus der Aussage des Zeugen StAR AT. Zu dem Umstand, dass in den verschiedenen Anträgen nicht auf die unterbliebene Abführung hingewiesen worden war, gelten die zu Fall 4 (HI Aktien 1 Fund) gemachten Ausführungen entsprechend. Dass die ZJ GmbH als Depotbank auch im Fall des BC German Equity Special Fund diesem die jeweiligen Bruttobeträge hinsichtlich der Dividendenkompensationszahlungen - teilweise aufgeteilt nach Nettobetrag und Steuerbetrag, teilweise als einheitliche Zahlung - gutgeschrieben hatte, ergibt sich aus den entsprechenden Kontobelegen.

    1304
    Die Feststellungen zu der jeweiligen Auszahlung der Steuerbeträge durch das Bundeszentralamt für Steuern folgen aus den entsprechenden KStR-Datenbankauskünften sowie aus den jeweiligen Bescheiden zu den Sammelanträgen.

    f) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1305
    Hinsichtlich der Feststellung, dass der Angeklagte AO möglicherweise auch im Rahmen von Fall 5 entsprechend seiner zu Beginn der Dividendensaison gegenüber dem Angeklagten CA getätigten Zusage Ex-Aktien an die Verkäuferseite geliefert hatte, wird auf die entsprechenden Ausführungen zu den Vorgängen um den JS Futures Fund verwiesen.

    g) Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1306
    aa) Die Feststellungen zur Auflösung des Investmentfonds beruhen auf dem zum 08.12.2009 erstellten Auflösungsbericht für das Sondervermögen BC German Equity Special Fund sowie auf den Angaben des Zeugen CD, der die Hintergründe der raschen Auflösung plausibel geschildert hat.

    1307
    Dass der Investor BY nachträglich eine höhere Rendite verlangte, haben der Angeklagte CA und der Zeuge CD ebenso übereinstimmend geschildert, wie die Einschaltung des gesondert Verfolgten BM und die von diesem ausgehandelte Lösung. Differenzen traten lediglich insoweit auf, als dass der Zeuge CD schilderte, die Vergleichslast sei ausschließlich von ZD getragen worden, während der Angeklagte CA das Arrangement zwischen ZD einerseits und den gesondert Verfolgten AE und CD andererseits wie festgestellt wiedergab.

    1308
    Die Kammer schenkt insoweit den Angaben des Angeklagten CA Glauben. Zum einen war er - anders als der Zeuge CD - auch in der Lage, Ausführungen zu der Abwicklung der Einigung zu machen. Diese war danach dergestalt umgesetzt worden, dass von ZD das von BY für das Investment in den BC German Equity Special Fund gegründete Unternehmen über Wert erworben wurde. Der insoweit von ZD zunächst vollständig aufgebrachte Kaufpreis sei dann später - so der Angeklagte CA - zur Hälfte bei den Zahlungen an die YW Ltd. berücksichtigt worden. Für die Richtigkeit dieser Angaben spricht neben ihrer größeren Detailliertheit auch eine Zusammenschau mit der weiteren Einlassung des Angeklagten CA, wonach die durch die CumEx-Geschäfte generierten Profite mit den gesondert Verfolgten AE und CD über das Vehikel der YW Ltd. zu 50 Prozent geteilt worden seien und nicht, entsprechend der schriftlichen Vertragslage, zu 30 Prozent. Mit dieser Gewinnverteilung ist ohne Weiteres plausibel, dass auch der in der „Nachleistung“ an BY liegende Aufwand gleichmäßig geteilt wurde und insoweit in Betrag in Höhe von maximal 1.900.000 Euro seitens der ZD-Gesellschaften aufgebracht wurde. Im Übrigen zweifelt die Kammer auch hinsichtlich der Angaben des Angeklagten CA zu der nachträglichen Erhöhung der Profitbeteiligung der YW Ltd. - bzw. wirtschaftlich gesehen der gesondert Verfolgten AE und CD - nicht an ihrer Richtigkeit. Der Angeklagte hat dies nicht schlicht bloß pauschal behauptet, sondern auch insoweit anschaulich geschildert, wie er zunächst gegen die Änderung war und erst durch den gesondert Verfolgten BM überzeugt werden musste.

    1309
    bb) Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den BC German Equity Special Fund erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA besprochener Berechnungen nachvollzogen hat. Insoweit entspricht das Vorgehen der Kammer in weiten Teilen dem bei dem HI Aktien 1 Fund (Fall 4) geschilderten, wobei die Ausführungen zur Plausibilität der Angaben des Angeklagten CA, insbesondere zur Höhe der Kosten für Broker und Prime Broker entsprechend gelten. Abweichungen ergeben sich allein im Hinblick auf die nachfolgend eigens hervorgehobenen Gesichtspunkte.

    1310
    Ausgehend von dem an den BC German Equity Special Fund ausgekehrten Erstattungsbetrag und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent ergibt sich ein Bruttodividendenbetrag in Höhe von 230.540.000 Euro. Bei dem mit 11 Dividendenpunkten festgestellten Spread ergeben sich insoweit rechnerisch die festgestellten 25.359.400 Euro. Hinsichtlich der Brokerkosten belaufen sich die insoweit anzusetzenden 0,5 Dividendenpunkte betragsmäßig auf 1.152.700 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 1.252.700 Euro Brokerkosten. Hinsichtlich der Kosten für den Prime Broker belaufen sich die insoweit anzusetzenden 3 Dividendenpunkte auf die festgestellten 6.916.200 Euro. Die mit 600.000 Euro festgestellte Beratungsgebühr von ZD Capital UK Ltd. ergibt sich aus der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten CA, die der Zeuge BN bestätigt hat. Hieraus ergeben sich insgesamt die Einkünfte in Höhe der festgestellten (25.359.500 - 1.252.700 - 6.916.200 + 600.000 =) 17.790.500 Euro. Dass hiervon 50 Prozent, mithin 8.595.250 Euro in Abzug zu bringen waren, ergibt sich aus der Einlassung des Angeklagten CA zu den Verhandlungen mit den gesondert Verfolgten AE und CD bezüglich der Verteilung der im Hinblick auf den BC German Equity Special Fund erzielten Einkünfte.

    7. BACA Fonds (Fall 6)

    1311
    Die Feststellungen zu den Vorgängen um den BACA Fonds beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1312
    Zu der Struktur des BACA Fonds hat sich der Angeklagte CA entsprechend den Feststellungen geäußert. Ohne inhaltliche Widersprüche hat auch der Zeuge CD die Struktur und seine Rolle geschildert. Beide Angaben stimmen mit den hierzu eingeführten Urkunden überein, so etwa mit der zwischen der Anlegerin, der Kapitalanlagegesellschaft und der Depotbank geschlossenen Dreiervereinbarung, mit dem Depotbankvertrag, den Investmentfonds-Richtlinien („Fund Guidelines“) und mit dem Beratungsvertrag (Investment Advisory Agreement) zwischen der ZD Capital UK Ltd. und der XC GmbH nebst der zugehörigen Nebenvereinbarung vom 20.04.2009. Dass für die Geschäfte des Investmentfonds im Ergebnis ein Betrag von 1 Mrd. Euro zur Verfügung stand, folgt im Übrigen aus dem Kontoauszug vom 01.05.2009, der einen entsprechenden Geldeingang ausweist.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1313
    aa) Auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten CA beruhen zunächst auch die Feststellungen zu den von der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. übernommenen Aufgaben und zur Aufgabenteilung zwischen ihm und dem gesondert Verfolgten BR innerhalb der ZD Principals Ltd. Dass der Angeklagte CA nach einem Zeitraum von mehr als elf Jahren insoweit nicht mehr genau erinnern konnte, ob er selbst an der konkreten Planung der Aktien- und Futuregeschäfte mitgewirkt hatte oder ob dies der gesondert Verfolgte BR tat, ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Allerdings waren auf dieser Grundlage keine konkreten Feststellungen möglich, in welchem Umfange der Angeklagte auch die Aktien- und Futuregeschäfte des BACA Fonds konkret organisiert oder umgesetzt hatte.

    1314
    bb) Wie bereits dargelegt, hatte der Angeklagte CA im Vorfeld der Dividendensaison mit dem Angeklagten AO abgesprochen, mit dem diesem zur Verfügung stehenden Bestand an Ex-Aktien im Rahmen der anstehenden CumEx-Leerverkaufsgeschäfte planen zu können. Mangels entsprechender Belege und Erinnerung der Angeklagten konnte die Kammer insoweit zwar nicht feststellen, ob in Umsetzung dieser Abrede es - stets oder teilweise - der Angeklagte CA oder der gesondert Verfolgte BR war, der dem Angeklagten AO vor den jeweiligen Geschäften die erforderlichen Informationen hinsichtlich Aktiengattung, Stückzahlen, Preis und Broker mitteilte. Fest steht aber jedenfalls, dass der Angeklagte AO die Geschäfte um den BACA Fonds in dem festgestellten Umfang belieferte.

    1315
    Dies folgt aus den Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung München und der von ihr hierzu erstellten Tabelle „Gesamtübersicht der Erstattungsanträge und Auszahlungen betreffend BACA; hier: Einspeiser [YJ]/[AO]“, in der die einzelnen Geschäfte mit den entsprechenden Details zu Aktiengattung, Stückzahl, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag aufgeführt sind. Ergänzend hierzu hat die Kammer die Zeugin StOI´in AY von der Steuerfahndung München vernommen, die mit den Ermittlungen zum BACA Fonds betraut ist. Nach Angaben der Zeugin sei in diesem Zusammenhang auf Anfrage der Staatsanwaltschaft Köln ermittelt worden, ob sich feststellen lasse, dass die Aktiengeschäfte des BACA-Fonds über den Angeklagten AO beliefert wurden. Insoweit seien die Lieferketten durch einen Kollegen nachvollzogen worden, der seine Ergebnisse in einer Tabelle zusammengefasst habe. Auch wenn sie, die Zeugin, die Tabelle nicht erstellt habe, so habe sie diese doch bereits kurz nach deren Fertigstellung übermittelt bekommen. Insgesamt sei festzustellen, dass durch den Angeklagten AO Lieferungen von Ex-Aktien in erheblichem Umfang vorgekommen seien. Aus der Tabelle sei dabei auch ersichtlich, dass Aktien für den BACA-Fonds teilweise CumCum gehandelt worden seien. Die Vernehmung der Zeugin hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass die Ermittlungsergebnisse unzutreffend sind. Angesichts dessen sieht die Kammer keinen Grund, diese in Frage zu stellen. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass sich die Zahlen in der Tabelle schlüssig mit der Einlassung des Angeklagten AO vereinbaren lassen, der - wenn ihm auch eine Zuordnung zu konkreten Tatkomplexen mangels damaliger Kenntnis über den Käufer des CumEx-Kassageschäfts nicht möglich war - seine Beiträge insoweit umfänglich eingeräumt hat und befragt zu der Tabelle erklärt hat, die dort niedergelegten Größenordnungen ließen den Schluss zu, dass er diese Aktien tatsächlich geliefert habe.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1316
    Die getroffenen Feststellungen zu den konkret durchgeführten Aktien- und Futuregeschäften für den BACA Fonds sowie zu den Buchungstagen folgen aus den hierzu eingeführten Urkunden, namentlich den jeweiligen Handelsbestätigungen („Trade summary“) zu den Aktiengeschäften und aus den Ausführungsbestätigungen („Trade Execution“) zu den Futuregeschäften der XC GmbH, aus den Buchungsbestätigungen der Broker YO Ltd. und YK sowie aus den jeweiligen Buchungsbelegen der Clearstream Banking AG.

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1317
    Die Kammer ist überzeugt, dass es sich bei den festgestellten Aktiengeschäften für den BACA Fonds um Leerverkäufe handelte, bei denen der Aktienverkäufer im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der später gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern geltend gemachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet wurde und bei denen die Steuer auch sonst nicht in Abzug gebracht wurde. Ergänzend zu den bereits dargelegten allgemeinen Erwägungen zum Vorliegen von CumEx-Leerverkaufsgeschäften gilt:

    1318
    aa) Nach den Angaben des Angeklagten CA waren auch beim BACA Fonds die mit den Aktiengeschäften korrespondierenden Futuregeschäfte gegenüber dem Investmentfonds mit einem Fondslevel von etwa 93 berechnet, der ausreichte, um den Investoren die versprochene Rendite auszahlen. Im Übrigen habe sich - wie auch in den übrigen Fällen - die ZD Principals Ltd. bei den Absicherungsgeschäften zwischengeschaltet und insoweit hier einen Gewinn in Höhe von 12,5 Dividendenpunkten erzielt. Dem folgt die Kammer.

    1319
    Ausgehend davon wurden die Absicherungs-Futures damit zu einem Dividendenlevel von etwa 80,5 gehandelt. Dieser lag weit unter demjenigen, den ein Aktieninhaber auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können. Für die Richtigkeit dieser Angabe des Angeklagten spricht auch hier, dass der aus dem Fondslevel und dem Spread errechnete Level zur Aussage des Zeugen CG zu den seinerzeit am Markt erzielbaren Preisen (drei bis vier Dividendenpunkte über der Nettodividende) passt.

    1320
    Die Kammer hat zudem auch hier aus den jeweiligen Aktien- und Futurekursen und unter Berücksichtigung der Höhe der Dividende Kontrollberechnungen von Dividendenleveln vorgenommen. Dabei war sie sich auch an dieser Stelle bewusst, dass der Marktbepreisung ein Zinsfaktor zugrunde lag, der nachträglich nicht exakt rekonstruierbar ist. Auffälligkeiten, die die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten CA zu den damals gehandelten Dividendenleveln in Zweifel ziehen könnten, haben sich dabei nicht ergeben.

    1321
    Dieses Ergebnis passt schließlich auch zu den Beweisergebnissen, die sich im Rahmen der konkreten Berechnungen zu den Fällen 3 (Eigenhandel YT-Bank) und 4 (HI Aktien 1 Fund) ergeben haben.

    1322
    bb) Die Preisgestaltung der Geschäfte korrespondiert damit, dass die über den Dividendenstichtag durchgeführten Leerverkäufe - wie bereits dargelegt - mit Ex-Aktien des Angeklagten AO beliefert wurden, dies in Höhe eines Steuererstattungsvolumens von insgesamt 47.675.977,50 Euro (Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag). Nach den bereits dargestellten Ermittlungsergebnissen der Steuerfahndung München hatte der Angeklagte AO Ex-Aktien für einen Großteil der für den BACA Fonds abgeschlossenen Leerkäufe geliefert. Lediglich für die Aktiengattungen K+S AG, Fraport AG und MTU AERO ENGINES AG hatte er keine Aktien geliefert. Diese Ex-Eindeckungsgeschäfte sind mit Inhaberverkäufen nicht zu vereinbaren, zumal die ZD Principals Ltd. die Organisation von Ex-Aktien nur vornahm, wenn dies nach den Verhandlungen mit der Verkäuferseite erforderlich war.

    1323
    cc) Neben diesen - aus Sicht der Kammer bereits für sich allein genommen den Schluss auf Leerverkäufe ohne Steuerabzug tragenden - Gesichtspunkten kommt hinzu, dass die Geschäfte der Aktiengattungen BMW AG, Linde AG, SAP AG, Fresenius Medical Care KGaA, Hochtief AG, Adidas AG, Bilfinger & Berger AG, Wacker Chemie AG, Lanxess AG, Fresenius SE, Celesio AG, Fraport AG, Salzgitter AG und Deutsche Bank AG - jeweils zumindest teilweise, in einigen Fällen auch vollständig - erst drei Tage nach dem Dividendenstichtag oder später beliefert wurden. Den von der XC GmbH jeweils am Handelstag ausgestellten Bescheinigungen („Trade summary - Equitites/Investment Trust Certificate“) lässt sich dabei entnehmen, dass auch in diesen Fällen indes an sich eine zweitägige Lieferfrist vereinbart war, da die jeweils vermerkten Lieferdaten („Settl.date“) entsprechend berechnet waren. Damit handelte es sich in allen diesen Fällen um vertragswidrige Spätlieferungen. In diesem Zusammenhang erscheinen die Spätlieferungen der Aktien der Celesio AG und der Salzgitter AG besonders erwähnenswert, die erst neun Tage (Celesio AG) bzw. sechs Tage (Salzgitter AG) nach dem Dividendenstichtag stattfanden.

    1324
    Aufgrund der Spätlieferungen war im Übrigen auch auf Seiten der XC GmbH während der Ausführung der Geschäfte bemerkt worden, dass die von der ZD Capital Ltd. vermittelten Aktiengeschäfte (zumindest teilweise) Leerverkäufe waren. So hatte der dort beschäftigte AI mit Mail vom 12.05.2009 mitgeteilt:

    1325
    „…Für den Baca Fonds konnten bisher 500 Mio nicht fristgerecht gesettelt werden, weil der an uns verkaufende Broker die Stücke nicht hat. Einige Beträge hätten gestern gesettelt werden müssen, der Großteil heute….“

    1326
    Daraufhin reagierte die Mitarbeiterin AN noch am selben Abend und bemerkte unter anderem:

    1327
    „…@[…]: bitte mach entsprechend Druck auf [ZD]…es kann nicht sein, dass mit einem Broker verhandelt wird, der hier scheinbar Leerverkäufe tätigt…“

    1328
    dd) Bei einer Gesamtbetrachtung der vorstehenden Beweisergebnisse hat die Kammer keine Zweifel, dass es sich bei den festgestellten Aktiengeschäften für den BACA Fonds, die erst nach dem Dividendenstichtag beliefert wurden, um CumEx-Leerverkäufe handelte, bei denen der Verkäufer nicht mit einem Betrag in Höhe der Steuer belastet und bei denen die später geltend gemachte Steuer infolge dessen auch nicht an die Finanzbehörde abgeführt wurde.

    e) Sammelantragsverfahren

    1329
    Die Feststellungen zu den Inhalten der elektronischen Sammelanträge, mit denen für die gegenständlichen Aktiengeschäfte die Erstattung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag beantragt wurde, und zu den Entscheidungen des Bundeszentralamtes für Steuern beruhen auf den entsprechenden KStR-Datenbankauskünften sowie auf den entsprechenden Bescheiden, die im Fall des BACA Fonds noch in ihrer ursprünglichen und nicht nur aus Archivierungszwecken reduzierten Form zur Verfügung standen. Die Überzeugung der Kammer, dass auch in den für den BACA Fonds gestellten Sammelanträgen kein Hinweis darauf enthalten war, dass die geltend gemachte Steuer zuvor weder einbehalten noch abgeführt worden war, beruht auf den bereits im Rahmen der Komplexe HI Aktien 1 Fund (Fall 4) und BC German Equity Special Fund (Fall 5) dargelegten Gründen. Ergänzend ist festzustellen, dass ausweislich der jeweiligen Kontoauszüge zu dem für den Investmentfonds geführten Konto auch im Rahmen des BACA Fonds dem für das Sondervermögen geführten Konto seitens der ZK S.A. die Bruttodividende gutgeschrieben worden war, bevor die Erstattungsanträge gestellt worden waren.

    f) Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1330
    aa) Die getroffenen Feststellungen zu der Abwicklung des Investmentfonds und zu den seitens der ZD Capital Ltd. an die YW Ltd. gezahlten Beträgen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD.

    1331
    bb) Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den BACA Fonds erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA besprochener Berechnungen nachvollzogen hat. Insoweit entspricht das Vorgehen der Kammer in weiten Teilen dem zum HI Aktien 1 Fund (Fall 4) geschilderten, wobei die Ausführungen zur Plausibilität der Angaben des Angeklagten CA, insbesondere zur Höhe der Kosten für Broker und Prime Broker entsprechend gelten. Abweichungen ergeben sich allein im Hinblick auf die nachfolgend eigens hervorgehobenen Gesichtspunkte.

    1332
    Ausgehend von dem an den BACA Fonds ausgekehrten Erstattungsbetrag und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent ergibt sich ein Bruttodividendenbetrag in Höhe von 224.396.997 Euro. Bei dem mit 12,5 Dividendenpunkten festgestellten Spread ergibt sich insoweit rechnerisch (gerundet) der festgestellte Betrag von 28.049.625 Euro. Hinsichtlich der Brokerkosten belaufen sich die insoweit anzusetzenden 0,5 Dividendenpunkte betragsmäßig auf (gerundet) 1.121.985 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 1.221.985 Euro Brokerkosten. Hinsichtlich der Kosten für den Prime Broker belaufen sich die insoweit anzusetzenden 3 Dividendenpunkte (gerundet) auf die festgestellten 6.731.910 Euro. Die mit 600.000 Euro festgestellte Beratungsgebühr von ZD Capital UK Ltd. ergibt sich aus der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten CA, die der Zeuge BN bestätigt hat. Hieraus ergeben sich insgesamt die Einkünfte in der festgestellten Höhe von (28.049.625 - 1.221.985 - 6.731.910 + 600.000 =) 20.695.730 Euro, wovon wiederum 50 Prozent als Zahlung an die YW Ltd. in Abzug zu bringen waren.

    8. JS Futures Fund (Fall 7)

    1333
    Die Feststellungen zu den Vorgängen um den JS Futures Fund beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1334
    Der Angeklagte CA hat sich glaubhaft zu der Struktur des JS Futures Fund, dem Anwerben der Investoren durch das Finanzberatungsunternehmen YG, zu den beteiligten Gesellschaften einschließlich der ZV (London) als Prime Broker und zudem zur Verfügung gestellten Hebel-Kapital eingelassen. Seine Angaben werden objektiviert und ergänzt durch die Dreiervereinbarung („Tri-Party-Agreement“) vom 06.05.2009, den Beratungsvertrag („Master Agreement for the Advisory of Portfolio Management Services for Investment“) zwischen der YF GmbH und der ZD Capital UK Ltd. vom 07.05.2009 und durch die seitens der YF GmbH für die ZK S.A. erteilte Vollmacht zur Einreichung der jeweiligen Anträge auf Erstattung der Steuer.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1335
    Auf den Angaben des Angeklagten CA beruhen insoweit auch die Feststellungen zur Rolle und zu den Aufgaben der beteiligten ZD-Gesellschaften. Auch diese Angaben passen zur Urkundslage, insbesondere zum bereits erwähnten Beratungsvertrag zwischen der YF GmbH und der ZD Capital UK Ltd. Die Ausführungen des Angeklagten CA zu den angewendeten Handelsstrategien (Calendar Spreads, Aktienkäufe im Rahmen von Kassageschäften) konnten zudem anhand der Belege zu den einzelnen durchgeführten Geschäften (Buchungsbelege der YO Ltd., Bestätigungsmails der ZZ AG, Buchungsbelege der Clearstream Banking AG, Belege der ZK S.A.) nachvollzogen werden. Hierauf beruhen auch die Feststellungen zu den konkret durchgeführten CumEx-Aktiengeschäften für den JS Futures Fund.

    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1336
    Die Kammer ist auch hier überzeugt, dass es sich bei den festgestellten Aktiengeschäften für den JS Futures Fund sämtlich um Leerverkäufe handelte, bei denen der Aktienverkäufer im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit einem Betrag in Höhe der später gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern geltend gemachten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und bei denen die Steuer auch sonst nicht abgezogen wurde. Hierzu gilt:

    1337
    aa) Die Kammer folgt auch an dieser Stelle den Angaben des Angeklagten CA, wonach die ZD Principals Ltd. in allen Fällen die mit den Aktienkäufen korrespondierenden Absicherungsfutures unter Berücksichtigung eines Fondslevels von etwa 93 vom Fonds erwarb. Damit wurden die Kosten des Fonds und die den Investoren versprochene Rendite abgedeckt. Gleichzeitig veräußerte die ZD Principals Ltd. nach den Angaben des Angeklagten CA entsprechende Futures zu den mit der Leerverkäufersseite im Vorfeld abgesprochenen niedrigeren Dividendenleveln. Dadurch erzielte die ZD Principals Ltd. hier im Schnitt einen Profit in Höhe von 11 Dividendenpunkten.

    1338
    Ausgehend davon wurden die Absicherungsfutures damit auch im Fall des JS Futures Fund zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Steuerausländer als Inhaber der Aktien auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können.

    1339
    Die Kammer hat auch für diesen Fonds die bereits erwähnten Kontrollberechnungen von Dividendenleveln vorgenommen. Auffälligkeiten, die die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten CA zu den damals gehandelten Dividendenlevel in Zweifel ziehen könnten, haben sich auch in diesem Fallkomplex nicht ergeben.

    1340
    Die Angaben des Angeklagten CA passen schließlich auch in diesem Fall zu den Beweisergebnissen, die sich im Rahmen der konkreten Berechnungen zu den Fällen 3 (Eigenhandel YT-Bank) und 4 (HI Aktien 1 Fund ) ergeben haben.

    1341
    bb)  Soweit die Aktien hier zum Teil über physisch gesettelte Futures erworben wurden, galten zudem cumex-verkäufergünstige verlängerte Lieferfristen.

    d) Sammelantragsverfahren

    1342
    Die Feststellungen zu den Inhalten der elektronischen Sammelanträge, mit denen für die gegenständlichen Aktiengeschäfte die Erstattung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag beantragt wurde, und zu den Entscheidungen des Bundeszentralamtes für Steuern beruhen auf den entsprechenden KStR-Datenbankauskünften sowie auf den Bescheiden vom 18.06.2009 und vom 02.07.2009, die auch im Fall des JS Futures Fund noch in ihrer ursprünglichen und nicht nur in reduziert abgespeicherter Form zur Verfügung standen. Die Überzeugung der Kammer, dass auch in den zum JS Futures Fund zugehörigen Sammelanträgen kein Hinweis darauf enthalten war, dass die geltend gemachte Steuer zuvor weder einbehalten noch abgeführt worden war, beruht auf den bereits im Rahmen der Komplexe HI Aktien 1 Fund (Fall 4) und BC German Equity Special Fund Fall 5) dargelegten Gründen. Ergänzend ist festzustellen, dass ausweislich der entsprechenden Kontoauszüge zu dem für den Investmentfonds geführten Konto dem Sondervermögen seitens der ZK S.A. die jeweilige Bruttodividende bzw. Bruttodividendenkompensationszahlung gutgeschrieben worden war, bevor die Erstattungsanträge gestellt wurden.

    e) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1343
    Auch wenn der Kammer keine Feststellungen möglich waren, welche CumEx-Leerverkäufe der Angeklagte AO - über die dargestellten Lieferungen in den Komplexen HI Aktien 1 Fund und BACA Fonds hinaus - konkret mit Ex-Aktien beliefert hat, ist sie überzeugt, dass er im Jahr 2009 insoweit jedenfalls noch in mindestens einem der Komplexe Eigenhandel YT-Bank (Fall 3), BC German Equity Special Fund (Fall 5) oder JS Futures Fund (Fall 7) tätig war, insoweit möglicherweise auch jeweils in Verbindung mit dem Komplex HI Aktien 1 Fund, soweit dort die dem Sammelantrag vom 03.04.2009 zugrunde liegenden Geschäfte betroffen waren. Dies folgt daraus, dass ihm im Jahr 2009 ein deutlich höherer Aktienbestand zur Verfügung stand, der nicht allein mit den Lieferungen im Rahmen der Komplexe HI Aktien 1 Fund und BACA Fonds aufgebraucht gewesen sein kann. Hierzu gilt:

    1344
    Mit Mail vom 30.06.2008 teilte der Angeklagte AO seinem damaligen Vorgesetzten CP mit, dass das Erstattungsvolumen des Handelsbuches im Jahr 2008 49 Mio. Euro betragen habe. Nach den Ausführungen des Angeklagten AO hierzu war Hintergrund dieser Mail eine Anfrage der Steuerabteilung zur Höhe der Steuerrückerstattung, die gegenüber dem Vorjahr gestiegen war. Wie er in diesem Rahmen und auch an anderer Stelle weiter glaubhaft ausführte, wurde zum Jahr 2009 daraufhin ein Erstattungslimit seitens der Bank eingeführt. Danach durften nicht mehr unbegrenzt Aktien im Eigenbestand der Bank gehalten werden, so dass diese Aktien gegebenenfalls im Vorfeld des Dividendenstichtages abgegeben werden mussten. Diese für das Jahr 2009 gesetzte Schwelle lag nach den weiteren glaubhaften Angaben des Angeklagten AO über dem Erstattungswert des Jahres 2008. Angesichts dessen ist sich die Kammer sicher, dass dem Angeklagten AO aus dem Eigenbestand der Bank auch im Jahr 2009 Aktien mit einem entsprechenden Erstattungsvolumen zur Verfügung standen, mit denen er nach dem Dividendenstichtag CumEx-Geschäfte beliefern konnte. Daneben hatte er nach eigenen Angaben - insbesondere aus den von der YJ durchgeführten und von ihm umfangreich erläuterten „Sparda-Geschäften“ - am Ex-Tag Zugriff auf weitere Aktien im (Steuererstattungs)Wert von - nach seiner Schätzung - weiteren 40 Mio. Euro, die er für die Ex-Aktienleihen und -verkäufe einsetzen konnte. Da dieser Wert plausibel mit demjenigen aus der Mail vom 30.06.2008 ist, in der er das auf diese Aktien entfallende Erstattungsvolumen mit 36 Mio. Euro beziffert hatte, hat die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit seiner Schätzung anzuzweifeln. Auf dieser Grundlage konnte der Angeklagte AO aber für die Ex-Geschäfte auf einen Aktienbestand zurückgreifen, der in der Summe ein Gesamtsteuererstattungsvolumen von mindestens 89 Mio. Euro (49 Mio. Euro + 40 Mio. Euro) ausmachte.

    1345
    Was die Verwendung dieses Gesamtaktienbestandes betrifft, hat der Angeklagte AO zu Beginn der Hauptverhandlung ausgeführt, der Angeklagte CA habe ihn vor der Dividendensaison 2009 darauf angesprochen, Bedarf für sämtliche ihm, dem Angeklagten AO, zur Verfügung stehenden deutschen Aktien zu haben. Diese habe er daher in der Folge ZD zur Verfügung gestellt. Später relativierte er dies leicht und gab an, jedenfalls den Großteil an ZD gegeben zu haben bzw. - genauer - insoweit die ihm von dem Angeklagten CA oder dem gesondert Verfolgten BR im Vorfeld mitgeteilten Geschäfte abgeschlossen zu haben, wobei er aber betonte, dass ZD „sein Hauptkunde“ gewesen sei. Selbst wenn er daher nur 80 bis 90 Prozent für von ZD-initiierte Geschäfte geliefert haben sollte, bleibt ein deutlicher Überhang an einem Aktienerstattungsvolumen bestehen, der nicht durch die konkret feststellbaren Geschäfte im Rahmen des BACA Fonds und des HI Aktien 1 Fund abgedeckt ist. Dies gilt selbst dann, wenn unterstellt wird, der Angeklagte AO habe alle Geschäfte im Komplex HI Aktien 1 Fund beliefert, die dem Sammelantrag vom 13.03.2009 zugrunde lagen. Denn das insoweit generierte Erstattungsvolumen betrüge dann aufgerundet 60 Mio. Euro. Es verbleibt damit in jedem Fall ein erheblicher Teil an unaufgeklärten Aktiengeschäften, bei denen sicher davon auszugehen ist, dass sie mit den von der ZD Principals Ltd. organisierten CumEx-Geschäften in Verbindung standen. Dies gilt auch, wenn im Rahmen des HI Aktien 1 Fund zusätzlich unterstellt wird, er habe die dem Sammelantrag vom 03.04.2009 zugrunde liegenden Geschäfte beliefert. Da die Steuererstattung insoweit unter 1 Mio. Euro lag, verbleibt immer noch ein ungeklärter Betrag. Da nach den übereinstimmenden Angaben beider Angeklagter und des Zeugen CG im Übrigen in den Tagen nach der Hauptversammlung - insbesondere in den Jahren 2008 und 2009 - eine hohe Nachfrage an Ex-Aktien durch die Leerverkäuferseite bestand, zweifelt die Kammer auch nicht daran, dass es dem Angeklagten AO möglich war, den gesamten oder jedenfalls den annähernd gesamten ihm zur Verfügung stehenden Aktienbestand für Ex-Aktienleihen bzw. -verkäufe einzusetzen.

    1346
    Auch unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden Unwägbarkeiten, ob der Angeklagte AO insoweit tatsächlich sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Ex-Aktien für von ZD initiierte Geschäfte zur Verfügung stellte - wie von ihm zunächst angegeben - oder nur den Großteil - wie später relativiert - ist die Kammer dennoch überzeugt, dass der Angeklagte AO neben den konkret belegten Lieferungen in den Komplexen HI Aktien 1 Funds (Aktien der Siemens AG) und BACA Fonds auch in Fall 3, Fall 4, soweit der Erstattungsantrag vom 03.04.2009 betroffen ist, Fall 5 oder Fall 7 Aktien lieferte, die zu einer (Gesamt)Steuererstattung in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro führten.

    f) Nachtatgeschehen und Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1347
    aa) Die Feststellungen zur Auflösung des Investmentfonds beruhen auf dem zum 03.08.2009 erstellten Auflösungsbericht für das Spezial-Sondervermögen JS Futures Fund und auf den Angaben des Angeklagten CA. Auf diesen beruhen auch die Feststellungen zu der späteren Zahlung an das Finanzberatungsunternehmen YG. Allerdings hatte der Angeklagte CA insoweit keine konkrete Erinnerung mehr an die exakte Höhe der vereinbarten Gewinnteilung und hat diese auf mindestens 30 Prozent, geschätzt, möglicherweise auch höher.

    1348
    Trotz dieser Unsicherheit in den Angaben des Angeklagten hat die Kammer keinen Anlass, von einer höheren Vergütung des Finanzberaters als 30 Prozent auszugehen. Dies beruht darauf, dass der Angeklagte CA hierzu im weiteren - plausibel - erklärt hat, YG habe mit Sicherheit nicht den gleichen Betrag wie die gesondert Verfolgten AE und CD erhalten, weil diese insoweit eine bedeutendere wirtschaftliche Position inne gehabt hätten. Dieser ohne Weiteres einsichtige Rückschluss des Angeklagten CA steht damit im Einklang, dass die gesondert Verfolgten AE und CD zusammen mit der ZD Capital Ltd. an insgesamt drei CumEx-Komplexen im Jahr 2009 beteiligt waren, mit diesen auch in den Vorjahren schon eine Zusammenarbeit stattgefunden hatte und beide darüber hinaus auch weitere Leistungen im Rahmen des Aufsetzens der Investmentfonds erbrachten. Mit den gesondert Verfolgten AE und CD war aber zunächst ausweislich des mit der YW Ltd. geschlossenen Vertrages vom 12.08.2008 eine „nur“ 30-prozentige Gewinnteilung vereinbart gewesen. Die Erhöhung auf 50 Prozent war nach den Angaben des Angeklagten CA erst nach der Dividendensaison mündlich vereinbart worden. Hiermit ist aber schlüssig, dass auch YG insoweit nur 30 Prozent vom Gewinn nach der Durchführung der Geschäfte zugeleitet wurden.

    1349
    bb) Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den JS Futures Fund erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA durchgeführter Berechnungen nachvollzogen hat. Insoweit entspricht das Vorgehen der Kammer in weiten Teilen dem zum HI Aktien 1 Fund (Fall 4) geschilderten, wobei die Ausführungen zur Plausibilität der Angaben des Angeklagten CA, insbesondere zur Höhe der Kosten für Broker und Prime Broker entsprechend gelten. Abweichungen ergeben sich allein im Hinblick auf die nachfolgend eigens hervorgehobenen Gesichtspunkte.

    1350
    Ausgehend von dem an den JS Future Funds ausgekehrten Erstattungsbetrag und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent ergibt sich ein Bruttodividendenbetrag in Höhe von 104.501.498 Euro. Bei dem hier mit 11 Dividendenpunkten festgestellten Spread ergibt sich insoweit rechnerisch (gerundet) der festgestellte Betrag von 11.495.165 Euro. Hinsichtlich der Brokerkosten belaufen sich die insoweit anzusetzenden 0,5 Dividendenpunkte betragsmäßig auf (gerundet) 522.507 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 622.507 Euro Brokerkosten. Hinsichtlich der Kosten für den Prime Broker belaufen sich die insoweit anzusetzenden 3 Dividendenpunkte (gerundet) auf die festgestellten 3.135.045 Euro. Die mit 500.000 Euro festgestellte Beratungsgebühr von ZD Capital UK Ltd. ergibt sich aus der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten CA, die der Zeuge BN bestätigt hat. Hieraus ergeben sich insgesamt die Einkünfte in Höhe der festgestellten (11.495.165 - 622.507 - 3.135.045 + 500.000 =) 8.237.613 Euro, wovon 30 Prozent, mithin die festgestellten 2.471.284 Euro, als Zahlung an YG in Abzug zu bringen waren.

    9. YT-Eigenhandel 2010 (Fall 8)

    1351
    Die getroffenen Feststellungen zum CumEx-Eigenhandel der YT-Bank im Jahr 2010 beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1352
    Der Angeklagte CA hat im Sinne der Feststellungen die zwischen den von der YT-Bank und der ZD Capital Ltd. auch im Jahr 2010 gemeinsam verfolgten Geschäfte, die Gespräche hierzu unter den Teilhabern der ZD-Gruppe, die verfolgte Handelsstrategie, die Planung der Geschäfte unter Einbeziehung der ZD-Gesellschaften sowie deren konkrete Umsetzung am Handelstag geschildert. Die Kammer hat keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen, zumal der Angeklagte auch sonst seine Rolle und die der ZD-Gruppe stets differenziert und erinnerungskritisch geschildert hat. Dies gilt auch für seine Angaben zum Zustandekommen des Investment Partnership Agreements mit der YT-Bank. Angesichts seiner Stellung als Mitteilhaber der ZD-Gruppe ist dabei auch seine bejahende Antwort auf die Frage plausibel, ob die Fortführung der Geschäfte im Vorfeld konkret unter den Partnern besprochen worden sei. Wie er überzeugend und lebensnah dargestellt hat, hätte die Veränderung in der Preisgestaltung nie ohne Gespräche unter den Partnern stattgefunden.

    1353
    aa) Seine Einlassung zu den vorgenannten Punkten ist durch eine Reihe von Urkunden objektiviert:

    1354
    Dass der Angeklagte CA bei der Vorbereitung der Geschäfte und während der Dividendensaison für Nachfragen des gesondert Verfolgten AW zur Verfügung stand, wird durch dessen Mail vom 23.03.2010 belegt, mit der dieser bei dem Angeklagten hinsichtlich der Größe des anstehenden Geschäftes der Aktiengattung Douglas Holding AG nachfragte und ankündigte, die Geschäfte mit den Aktien der MAN AG und der Merck KGaA diskutieren zu wollen. Ausweislich des Bloomberg-Chatprotokolls vom 19.04.2010 tauschten sich beide über die Geschäfte mit den Aktien der Henkel AG & Co. KGaA aus. Aus dem Bloomberg-Chatprotokoll vom 30.04.2010 ergibt sich weiter, dass beide an diesem Tage hinsichtlich der Aktien der Bayer AG und auch über das Settlement hinsichtlich der Aktien der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG kommunizierten.

    1355
    Schließlich belegt auch die Mail des für ZD Capital Ltd. tätigen gesondert Verfolgten AS vom 24.03.2010, dass der Angeklagte CA über die mit der YT-Bank geplanten Geschäfte im Bilde war. Mit der Mail hatte dieser an den gesondert Verfolgten AW eine Übersicht über die weiteren in der Dividendensaison geplanten Aktiengeschäfte versendet und diesen über die zu erwartenden Profite in Kenntnis gesetzt. Der Angeklagte CA hatte diese Mail - als einziger weiterer Mitarbeiter der ZD-Gruppe - in Kopie („Cc:“) erhalten.

    1356
    bb) Dass die ZD Principals Ltd. - bzw. dort konkret der Angeklagte AO - auch im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank insoweit eingebunden war, als sie im Bedarfsfall die Eindeckung des Verkäufers mit Ex-Aktien organsierte, hat der Angeklagte AO bestätigt. Auch wenn beide Angeklagten insoweit keine Erinnerungen mehr an die konkreten Aktiengattungen hatten, hinsichtlich derer dies erforderlich war, konnte dies für den Eigenhandel der YT-Bank anhand eines Bloomberg-Chatprotokolls vom 02.03.2010 nachvollzogen werden. Danach hatte der Angeklagte AO bei dem für die ZT tätigen CL hinsichtlich eines zuvor von ihm übermittelten Aktienkorbes nachgefragt, bei dem eine t+0-Lieferung erforderlich war („hi […] - did that t+0 german basket fit at all?“). In der Folge nahm CL zu einer Reihe von Aktiengattungen Stellung und teilte die ihm zur Verfügung stehenden Volumina und Preise mit; namentlich handelte es sich um die Aktiengattungen Henkel AG & Co. KG, MAN AG, K+S AG, Südzucker AG, Deutsche Börse AG, E.ON AG, Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG, RWE AG, SAP AG und Deutsche Bank AG. Später fragte der Angeklagte AO auch noch nach der Aktie der Douglas Holding AG nach. Aus diesen Erkenntnissen folgt:

    1357
    (1) Dass der Angeklagte AO nach einem t+0-Settlement angefragt hatte, die Aktien also am Tag des Kaufs geliefert werden sollten, passt zu seiner Einlassung, dass es um die Organisation der Ex-Eindeckung der Verkäuferseite ging. Für die auf die körperliche Lieferung gerichteten Aktiengeschäfte war im Rahmen von CumEx-Leerverkaufsgeschäften wesentlich, dass die geschuldeten Aktien kurzfristig nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden.

    1358
    (2) Da die von dem Angeklagten AO angefragten Aktiengattungen - neben weiteren - von der YT-Bank im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte gehandelt wurden und der Angeklagte AO hinsichtlich eines bestimmten von ihm zuvor übermittelten Aktienkorbes angefragt hatte, zweifelt die Kammer nicht daran, dass sich seine Tätigkeit insoweit auf diese Geschäfte bezog. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die von dem Angeklagten AO unter dem Aktiensymbol „SDF“ angefragten Aktien der K+S AG. Diese wurde letztlich zwar nicht gehandelt, allerdings folgt aus der von dem YT-Mitarbeiter AA erstellten „Vorlage für die Partnersitzung am 18.01.2011“, dass zunächst auch diese Aktie Gegenstand der Geschäfte sein sollte. Im Hinblick auf die Anfrage des Angeklagten AO ist ferner zu sehen, dass in Bezug auf die im Jahr 2010 stattgefundenen Geschäfte des BC Pro Rendite Fonds nur die für diesen gehandelten Aktien MAN AG, RWE AG, Münchener Rückversicherungsgesellschaft AG, E.ON AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Bank AG und SAP AG mit den von CL genannten Aktien übereinstimmen. In der Aufzählung fehlen indes die Aktien der Henkel AG & Co. KG, der Südzucker AG und der Douglas Holding AG. Hinsichtlich der für den BC German Hedge Fund gehandelten Wertpapiere stimmen lediglich die Aktien E.ON AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Bank AG und der SAP SE mit den von dem Angeklagten AO und CL diskutierten Gattungen überein. Da die ZD-Gruppe nach der glaubhaften Einlassung des Angeklagten CA im Jahr 2010 im Rahmen von CumEx-Leerverkaufsgeschäften nur an dem Eigenhandel der YT-Bank sowie den vorstehend genannten Investmentfonds beteiligt war, ist schließlich auch auszuschließen, dass sich die Nachfrage des Angeklagten AO auf einen weiteren CumEx-Komplex bezog.

    1359
    (3) Die Kammer ist überzeugt, dass die durch die von dem Angeklagten AO im Rahmen von Fall 8 organisierten Lieferungen von Ex-Aktien ein - vermeintliches -Steueranrechnungsvolumen in Höhe von mindestens 10 Mio. Euro generiert wurde. Auf die insoweit betroffenen Aktiengattungen Douglas Holding AG, Südzucker AG, Henkel KGaA, MAN SE, Deutsche Börse AG, E.ON AG, Münchener Rückversicherung AG, RWE AG, SAP SE und Deutsche Bank AG ging insgesamt ein Steuerschaden in Höhe von 20.681.578,30 Euro zurück. Auch wenn nahe liegt, dass der Angeklagte AO insoweit für jede Aktiengattung vollständig die Ex-Eindeckung sicherzustellen hatte, konnte dies letztlich nicht anhand entsprechender Belege nachvollzogen werden. Insoweit kann die Kammer nicht ausschließen, dass ein gewisser Teil der später gelieferten Ex-Aktien von der Verkäuferseite selbst organisiert worden war. Gleichwohl ist die Kammer aber überzeugt, dass auf die von dem Angeklagten AO im Rahmen von Fall 8 beschafften Ex-Aktien ein Steueranrechnungsvolumen von mindestens 10 Mio. Euro zurückging.

    1360
    cc) Dass auch im Jahr 2010 der gesondert Verfolgte AE aktiv an den Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank beteiligt war, folgt zum einen aus der Aussage des Zeugen CD, der dies ausgeführt hat. Dies steht zum anderen auch damit im Einklang, dass die YT-Bank ausweislich des Kontobelegs vom 20.07.2010 („Belastungsaufgabe“) unter dem Titel „Vermittlungsprovision f. Wertpapierumsätze“ an die Bank YY AG auf deren Rechnung vom 12.07.2010 den Betrag von 5.500.000 Euro zahlte. Die dazugehörige Rechnung der Bank war nach den glaubhaften Angaben des Zeugen CD nicht leistungsunterlegt; der Betrag wurde danach an die YW S. à r. l. weitergeleitet.

    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1361
    Die Feststellungen zu den konkret durchgeführten Geschäften folgen aus den von der YT-Bank erstellten Wertpapierabrechnungen und Dividendengutschriften. Anhand der Belege der Clearstream Banking AG hat die Kammer die jeweiligen Aktienbuchungen nachvollziehen können. Aus den von der YT-Bank erstellten Future-Abrechnungen zu den Verkäufen der Single Stock Futures folgt zudem, dass diese zunächst außerbörslich verkauft und dann über die Börse Eurex abgewickelt wurden.

    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1362
    Die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei den Aktiengeschäften, die die YT-Bank im Rahmen von Fall 8 getätigt hat, um Leerverkäufe handelte, bei denen die Verkäuferseite im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht in Abzug gebracht wurde, gründet sich - ergänzend zu den bereits oben dargestellten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen - auf folgende Umstände:

    1363
    aa) Die Kammer ist überzeugt, dass die Preise der gegenläufigen Single Stock Futures mit einem Dividendenlevel von 80,5 oder darunter  berechnet waren. Ausweislich der entsprechenden Kontobelege zahlte die YT-Bank im Jahr 2010 in insgesamt drei Tranchen unter dem Betreff „Vermittelte single Futures“ an die ZD Capital Ltd. einen Gesamtbetrag in Höhe von 8.737.491 Euro aus (04.05.2010: 747.315 Euro; 09.08.2010: 7.896.609 Euro; 28.12.2010: 93.567 Euro). Unter Zugrundelegung, dass die ZD Capital Ltd. im Jahr 2010 nur noch mit 45 Prozent an den durch die Unterschreitung des Referenzlevels realisierten Gewinnen partizipieren sollte, betrug der zwischen ihr und der YT-Bank geteilte Gewinn damit insgesamt 19.416.647 Euro (8.737.491 Euro : 0,45). Dieser Betrag entspricht 11,99 Prozent der gesamten in dieser Dividendensaison von der YT-Bank generierten Bruttodividende von (42.676.314,18 : 0,26375 =) 161.805.930,54 Euro. Es wurde damit am Markt regelmäßig ein Dividendenlevel von (91 - 11,99 =) 79,01 erzielt. Selbst wenn im Hinblick auf den in den Futurepreisen enthaltenen Zinsfaktor ein großzügig kalkulierter Zuschlag von 1,5 Dividendenpunkten berücksichtigt würde, ergibt sich immer noch ein Dividendenlevel von rund 80,5. Ungeachtet dessen hat der Angeklagte CA plausibel ausgeführt, der Zinsfaktor habe wegen der Auswirkungen der Finanzkrise und der in ihrer Folge stark gesunkenen Zinsen im Jahr 2010 keine relevante Rolle mehr gespielt.

    1364
    Wie bereits mehrfach dargestellt sind derartige Preise mit Aktieninhaberverkäufen nicht zu erklären.

    1365
    bb) Hinzu tritt, dass der Angeklagte AO - wie oben dargelegt - im Vorfeld für diverse gehandelten Aktiengattungen die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers organisiert hatte. Für Verkäufer, die die Aktien bereits hielten, hätte sich diese Notwendigkeit nicht ergeben.

    1366
    cc) Neben diesen auf Leerverkäufe hindeutenden - und nach Auffassung der Kammer bereits für sich tragenden - Indizien hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass die seitens der YT-Bank erworbenen Aktien in einer Reihe von Fällen später als zwei Tage nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden. Dabei wurden die Aktien der Allianz SE vollständig und diejenigen der Unternehmen Douglas Holding AG, MAN SE, Merck KGaA, Bilfinger Berger AG, RWE AG, Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG, BASF SE, Linde AG, Hannover Rückversicherung AG und Deutsche Börse AG teilweise erst nach diesem Zeitraum geliefert.

    1367
    dd) Bei ihrer Würdigung hat die Kammer allerdings auch die Bestätigung des gesondert Verfolgten BM vom 02.12.2010 zur Kenntnis genommen, mit der er gegenüber der YT-Bank ausführte, keine Kenntnis darüber zu haben, dass diese im Zeitraum vom 01.07. bis zum 30.11.2010 über den Dividendenstichtag Aktien im Sinne von vorangegangenen BMF-Schreiben erworben habe und dass die ZD Capital Ltd. auch nicht an einem illegalen doppelten Gebrauch von Steuerbescheinigungen mitgewirkt habe.

    1368
    ee) Bei einer Gesamtschau der vorstehend dargestellten Umstände hat die Kammer indes keine Zweifel, dass es sich auch bei den Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank im Jahr 2010 um CumEx-Leerverkäufe handelte, bei denen die Verkäuferseite im Rahmen der Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit der Steuer belastet und diese auch sonst nicht abgezogen wurde. Dies folgt für die Kammer auch in diesem Fall bereits aus der Preisgestaltung der Single Stock Future-Geschäfte, die sich anders nicht erklären lässt. Dass daneben der Angeklagte AO auch in einer Reihe von Fällen die Ex-Eindeckung der Verkäuferseite organisiert hatte und es zudem zu cumex-typischen Lieferungen außerhalb der Standard-Lieferfrist von t+2 kam, rundet dieses Bild nur noch ab.
    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    1369
    Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, zur Steuererklärung und zu den Entscheidungen des Finanzamtes YC vom 30.03.2012, vom 11.12.2017 und vom 24.02.2020 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst. Aus der Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten vom 27.02.2012 sind zudem die Unterschriften der gesondert Verfolgten BP und BX deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschriften gelten die zu Fall 1 gemachten Ausführungen entsprechend. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die im Fall 8 festgestellten Aktiengeschäfte entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand des in der Steuererklärung vom 27.02.2012 enthaltenen Anrechnungsbetrags war, beruht darauf, dass dem Finanzamt mit diesen Aktiengeschäften korrespondierende Steuerbescheinigungen vorgelegt wurden und auch die entsprechenden Berufsträgerbescheinigungen der ZI AG hierauf Bezug nahmen.

    1370
    Die Feststellungen zu den von der Einziehungsbeteiligten durch Einsatz ihres Eigenkapitals - einschließlich der auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zurückzuführenden Erträge - generierten Einkünften beruhen entsprechend der Würdigung zu Fall 1 auf deren eigenen Mitteilungen.

    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    1371
    Hinsichtlich der bestehenden Vorstellungsbilder bei den gesondert Verfolgten AE, BP und BX gelten zunächst die zu den Fällen 1 bis 3 dargelegten Erwägungen fort.

    1372
    aa) Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer sich das Vorstellungsbild der vorgenannten Personen jeweils dahin geändert haben könnte, dass diese nunmehr doch nicht mehr von dem Vorliegen von Leerverkäufen ausgingen, bei denen die Verkäuferseite nicht mit der Steuer belastet würde.

    1373
    Dabei verkennt die Kammer insbesondere hinsichtlich der gesondert Verfolgten BP und BX nicht, dass gemäß dem BMF-Schreiben vom 05.05.2009 für das Jahr 2009 die erforderliche Berufsträgerbescheinigung durch die Steuerberater [ZB] erstellt worden war. Auch wurden für die Geschäfte aus dem Jahr 2010 entsprechende Berufsträgerbescheinigungen der ZI AG erwirkt. Indes ist insoweit zu sehen, dass sich sämtliche Bescheinigungen jeweils nur auf die - vermeintlichen - Erkenntnisse des Berufsträgers bezogen und darüber hinaus auch nur Absprachen der YT-Bank zum Gegenstand hatten. Insoweit kann dahin stehen, ob die vorgenannten Personen davon überzeugt waren, dass die bescheinigten Umstände der Richtigkeit entsprachen, weil die YT-Bank tatsächlich im Vorfeld keine Abmachungen mit der Verkäuferseite getroffen hatte, die Geschäfte vielmehr durch die ZD Capital Ltd. organisiert worden waren. Ebenfalls mag seitens der ZD Capital Ltd. bescheinigt worden sein, dass man dort keine Kenntnisse von entsprechenden Leerverkäufen habe. Angesichts dessen, dass auch im Jahr 2010 jegliche plausible Erklärung für die realisierten Gewinne der YT-Bank fehlte, die nicht auf dem Vorliegen von Leerverkäufen und der Nichtbelastung der Verkäuferseite mit der Steuer beruhte, war das Gegenteil indes mehr als nahe liegend. Auch insoweit mögen die Beteiligten auf Seiten der YT-Bank nach außen vorgegeben haben, zu Vorgängen, die sich außerhalb der Bank ohne Beteiligung ihrer Mitarbeiter zugetragen hatten, nichts sagen zu können. Bei einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Umstände, wie sie bereits zu den Fällen 1 bis 3 dargelegt wurden, hat die Kammer keine vernünftigen Zweifel, dass die Beteiligten realisiert hatten, dass es sich bei den durchgeführten Geschäften gleichwohl um Leerverkäufe handelte, und dies im Ergebnis auch - wenngleich möglicherweise unausgesprochener - Gegenstand der Preisverhandlungen zwischen der jeweiligen Verkäuferseite und der ZD Capital Ltd. war.

    1374
    bb) Aus den bereits zu den Fällen 1 bis 3 dargestellten Gründen hat die Kammer auch keinen Anlass, die Vorstellungen der genannten Personen hinsichtlich der steuerrechtlichen Lage anders zu beurteilen. Insoweit ist insbesondere zu sehen, dass mit dem BMF-Schreiben vom 05.05.2009 offenbar geworden war, dass das Bundesministerium für Finanzen gewillt war, weiter gegen die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte vorzugehen.

    1375
    Hiergegen spricht auch nicht, dass das BMF-Schreiben zunächst nur Absprachen zwischen Leerverkäufer und -käufer aufgriff und zum Gegenstand der Berufsträgerbescheinigung machte. Wie bereits im Rahmen von Fall 3 dargelegt, war bei verständiger Würdigung des BMF-Schreibens ersichtlich, dass in materiellrechtlicher Hinsicht für das Ministerium die Nichterhebung der Steuer der maßgebliche Grund war, die Steueranrechnung zu versagen. Wie dort ebenfalls bereits dargelegt, kann die Kammer auch ausschließen, dass der gesondert Verfolgte BX als versierter Prokurist diese Lesart des BMF-Schreibens nicht gesehen hat, zumal er sich ausweislich der dargestellten Urkundslage mit den Entwürfen zu dem BMF-Schreiben intensiv auseinander gesetzt hatte. Für den gesondert Verfolgten AE gelten diese Erwägungen entsprechend.

    10. BC Pro Rendite Fonds (Fall 9)

    1376
    Die Feststellungen zu den Vorgängen um den BC Pro Rendite Fonds beruhen auf folgenden Erwägungen:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1377
    Der Angeklagte CA hat die Struktur des BC Pro Rendite Fonds und die beteiligten Gesellschaften wie festgestellt geschildert. Seine Angaben werden bestätigt und ergänzt durch die von der YF GmbH erstellte Übersicht über die Aufstellung des Fonds („Fonds Setup“), den Beratungsvertrag zwischen der YF GmbH und der ZD Capital UK Ltd. vom 23.03.2010, die Investitionsrichtlinien („Investment Guidelines“) sowie durch den Verkaufsprospekt zu dem Investmentfonds. Auch das Zustandekommen der Zusammenarbeit mit dem YH hat der Angeklagte ebenso wie seine dortigen Aufgaben wie festgestellt dargestellt. Danach steht für die Kammer insbesondere fest, dass er im Rahmen des BC Pro Rendite Fonds daran mitwirkte, Investoren für ein Engagement in den Fonds zu gewinnen, auch wenn er - entsprechend seiner Angaben - insoweit „nicht der Hauptantreiber“ war.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1378
    Auch die in den Feststellungen niedergelegten Erkenntnisse der Kammer zu der gewählten Handelsstrategie (Delayed-Settlement) beruhen zunächst auf den Angaben des Angeklagten CA, der diese umfangreich erklärt und auch seine Rolle bei der Einführung der Strategie in den Investmentfonds geschildert hat. Seine detaillierten und offenen Angaben waren nicht nur aus sich heraus glaubhaft. Sie stehen auch damit in Einklang, dass teilweise die Geschäfte nach der in den Investitions-Richtlinien („Investment Guidelines“) beschriebenen Anlagestrategie so ausgestaltet werden sollten, dass die Lieferung der Aktien vor dem Dividendenstichtag sichergestellt war. Aus den bereits mehrfach dargestellten Gründen zweifelt die Kammer schließlich auch nicht an der Richtigkeit seiner Angaben zu den Rollen und Tätigkeiten der ZD Capital UK Ltd. und der ZD Principals Ltd. bei Planung und Umsetzung der Geschäfte.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1379
    Die Erkenntnisse zu den konkret festgestellten Aktiengeschäften des BC Pro Rendite Fonds beruhen auf den hierzu eingeführten Urkunden, namentlich den Buchungsbelegen der Clearstream Banking AG, den Wertpapierscheckeingangs- und Wertpapierscheckausgangsnachweisen der ZJ GmbH, den von dieser Gesellschaft erstellten Dividendengutschriften und Unterlagen zur Börsenabstimmung sowie auf den von der ZE SA/NV als Rechtsnachfolgerin der YF GmbH zu den Geschäften des BC Pro Rendite Fonds erstellten Umsatzübersichten.

    1380
    Danach steht insbesondere fest, dass es sich bei den festgestellten Geschäften um CumEx-Leerverkaufsgeschäfte handelte, bei denen die Kaufverträge sich auf Aktien mit Dividendenanspruch bezogen, die Aktien aber erst nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden.

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1381
    Für die festgestellten Geschäfte des BC Pro Rendite Fonds, bei denen die Aktien erst nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden, ist die Kammer überzeugt, dass es sich um Leerverkäufe handelte, bei denen auf die geleistete Dividendenkompensationszahlung weder der Leerverkäufer noch ein anderer Beteiligter mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht abgeführt wurde. Neben den bereits dargestellten Erwägungen zur Organisation der Ex-Eindeckung, die mit Inhaberverkäufen nicht zu vereinbaren ist, gilt ergänzend:

    1382
    aa) Nach der Einlassung des Angeklagten CA waren auch beim BC Pro Rendite Fonds die Preise der mit den Aktienkäufen korrespondierenden, auf Barausgleich gerichteten Futureverkäufe nicht unter vollem Abzug der Dividende berechnet, sondern mit einem Dividendenlevel, der es ermöglichte, die Investoren später absprachegemäß zu bezahlen. Dieser Dividendenlevel entsprach allerdings nicht dem mit der Leerverkäuferseite ausgehandelten. Diesen realisierte vielmehr die ZD Principals Ltd. durch Zwischenschaltung bei den Absicherungsgeschäften. Der Profit der ZD Principals Ltd. betrug hier 13,5 Dividendenpunkte.

    1383
    Ausgehend von diesen glaubhaften Ausführungen des Angeklagten wurden die Absicherungsfutures damit aber in jedem Fall zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Steuerausländer als Inhaber der Aktien auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können.

    1384
    Die Kammer hat auch für diesen Fonds die bereits erwähnten Kontrollberechnungen von Dividendenleveln vorgenommen. Auffälligkeiten, die die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten CA zu den damals gehandelten Dividendenlevel in Zweifel ziehen könnten, haben sich auch in diesem Fallkomplex nicht ergeben.

    1385
    Dieses Ergebnis passt auch zu den Beweisergebnissen, die sich im Rahmen von Fall 8 zu den im Jahr 2010 durch bzw. für die YT-Bank erzielten Dividendenleveln ergeben haben. Insoweit kann die Kammer für den BC Pro Rendite Fonds zwar nicht ausschließen, dass die ausgehandelten Dividendenlevel möglicherweise etwas höher lagen als die für den Eigenhandel der YT-Bank realisierten Preise. Dies ist aber damit zu erklären, dass für den BC Pro Rendite Fonds eine andere Strategie verfolgt wurde, bei der der Leerverkäufer durchweg mit vertragswidrigen Spätlieferungen planen musste. Dies mag durchaus zu insoweit günstigeren Dividendenleveln für die Leerverkäuferseite geführt haben.

    1386
    bb) Die hier eingesetzte Handelsstrategie baute darauf auf, dass Aktien entgegen der eigentlichen Vertragslage erst zeitverzögert nach dem Dividendenstichtag geliefert werden sollten. Gründe, weshalb ein Aktieninhaber regelmäßig und in diesem Umfang gegen seine vertraglichen Pflichten hätte agieren sollen, sind nicht ersichtlich.

    e) Steuererstattungsverfahren

    1387
    Die Feststellungen zu dem Inhalt der jeweiligen elektronischen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen beruhen auf den diesbezüglichen Ausdrucken, aus denen sich der jeweils auf dem Server der Finanzbehörde eingegangene Antragsinhalt nebst weiteren Informationen wie etwa Datum und Uhrzeiten ergeben. Der Zeuge OAR AR hat zu diesen ergänzend ausgeführt, es handele sich insoweit um eine Art „Quittung“ für den jeweiligen Antragsteller, aus der dieser ersehen könne, welche Daten mit welchem Inhalt bei dem Finanzamt eingegangen seien. Danach bestehen für die Kammer keine Zweifel, dass den jeweiligen Anträgen der ZJ GmbH keine weiteren Anmerkungen zu den geltend gemachten Erstattungsbeträgen beigefügt waren.

    1388
    Dass den Erstattungen seitens des Finanzamtes YD sodann in der Folgezeit wie festgestellt zugestimmt und die hierauf entfallenden Beträge an die ZJ GmbH gezahlt wurden, folgt aus den Verfügungen des Finanzamtes YD vom 12.05.2010, 10.06.2010 und vom 14.07.2010 sowie aus der Zahlungsübersicht für das Jahr 2010 vom 08.03.2019 und den Erläuterungen des Zeugen AR hierzu. Die Gutschriften der Steuerbeträge auf das für den BC Pro Rendite Fonds geführte Konto durch die ZJ GmbH ergeben sich aus den jeweiligen Kontoauszügen zu dem für den Investmentfonds geführten Konto. Aus den dortigen Buchungstexten ergibt sich schließlich auch, dass sich die jeweiligen Vorgänge auf die gegenständlichen Geschäfte bezogen, da die Aktiengattungen dort genannt sind.

    f) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1389
    Hinsichtlich der Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte AO es möglicherweise auch in Fall 9 übernommen hatte, die Eindeckung der Leerverkäufe mit Ex-Aktien zu organisieren, wird auf die Ausführungen zu Fall 10 Bezug genommen.

    g) Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1390
    Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den BC Pro Rendite Fonds erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA erörterter Berechnungen nachvollzogen hat. Insoweit entspricht das Vorgehen der Kammer in weiten Teilen dem bei dem HI Aktien 1 Fund (Fall 4) geschilderten, wobei die Ausführungen zur Plausibilität der Angaben des Angeklagten CA, insbesondere zur Höhe der Kosten für Broker und Prime Broker, entsprechend gelten. Abweichungen ergeben sich allein im Hinblick auf die nachfolgend eigens hervorgehobenen Gesichtspunkte.

    1391
    Ausgehend von dem an den BC Pro Rendite Fonds ausgekehrten Erstattungsbetrag und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent ergibt sich ein Bruttodividendenbetrag in Höhe von 68.951.200 Euro. Bei dem mit 13,5 Dividendenpunkten festgestellten Spread ergibt sich insoweit rechnerisch der festgestellte Betrag von 9.308.412 Euro. Hinsichtlich der Brokerkosten belaufen sich die insoweit anzusetzenden 0,5 Dividendenpunkte betragsmäßig auf (gerundet) 344.756 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 444.756 Euro Brokerkosten. Hinsichtlich der Kosten für den Prime Broker belaufen sich die insoweit anzusetzenden 3 Dividendenpunkte (gerundet) auf die festgestellten 2.068.536 Euro. Die mit 283.500 Euro festgestellte Beratungsgebühr von ZD Capital UK Ltd. ergibt sich aus der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten CA, die der Zeuge BN bestätigt hat. Hieraus ergeben sich insgesamt die Einkünfte in Höhe der festgestellten (9.308.412 - 444.756 - 2.068.536 + 283.500=) 7.078.620 Euro, wovon 30 Prozent, mithin die festgestellten 2.123.586 Euro als Zahlung an YG in Abzug zu bringen waren.

    11. BC German Hedge Fund (Fall 10)

    1392
    Die festgestellten Vorgänge um den BC German Hedge Fund beruhen auf folgenden Beweisergebnissen:

    a) Struktur des Investmentfonds

    1393
    Die Feststellungen zur Struktur des Investmentfonds und zur Suche nach der Depotbank folgen aus den Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD. Der Zeuge CD hat insoweit insbesondere die Hintergründe umfangreich und anschaulich dargestellt, die zu der Entscheidung führten, den BC German Hedge Fund als Fonds im Sinne von § 112 InvG aufzusetzen. Die Kammer hat keinen Anlass, diese Ausführungen in Frage zu stellen, zumal sie in wesentlichen Teilen durch die Urkundslage bestätigt werden, namentlich durch den von der YT-Invest GmbH herausgegebenen „Ausführliche[n] Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen - Stand Oktober 2010“, durch die Verträge zwischen der YT-Invest GmbH und der ZD Capital UK Ltd. vom 30.04.2010 („Framework Contract Covering Consultancy Services in Respect of the Portfolio Management of separate investment funds (Sondervermögen)“; „Service Level Agreement“) sowie durch den Depotbankvertrag zwischen der YT-Invest GmbH und der ZU eG vom 29.04.2010.

    1394
    Keine Zweifel an deren Richtigkeit hat die Kammer auch hinsichtlich der Einlassung des Angeklagten CA zu seinem Tätigwerden im Rahmen des YH und der von ihm insoweit mitbewirkten Akquise der Investoren. Differenzierend zu seinen Beiträgen im Rahmen des BC Pro Rendite Fonds hat er dabei dargestellt, insoweit wesentlich mehr mitgewirkt zu haben. Die Kammer kann keine Motive erkennen, weshalb der Angeklagte eine derartige Differenzierung zu Unrecht hätte schildern sollen, und folgt daher auch insoweit uneingeschränkt seinen Angaben.

    b) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1395
    Die weiteren Feststellungen zur Planung und Umsetzung der Geschäfte folgen auch im Zusammenhang mit dem BC German Hedge Fund aus den glaubhaften Angaben des Angeklagten CA.

    c) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1396
    Die Feststellungen zu den konkret durchgeführten Aktiengeschäften für den BC German Hedge Fund beruhen auf den Wertpapierabrechnungen über Kauf und Verkauf der Aktien der ZU eG, den Handelsbestätigungen der Broker ZZ AG und YK, den Buchungsbelegen der Clearstream Banking AG sowie auf den Transaktionsbelegen zu den einzelnen Geschäften.

    1397
    Danach steht fest, dass es sich bei den festgestellten Geschäften um CumEx-Geschäfte handelte, bei denen die jeweiligen Aktien mit Dividendenanspruch erworben, diese aber sämtlich erst nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden. Dabei ergibt sich insbesondere aus den Wertpapierabrechnungen der ZU eG, dass die Aktien jeweils außerbörslich erworben wurden. Aus den Handelsbestätigungen des Brokers ZZ AG („Trade-Confirmation“) ergibt sich zudem, dass Lieferfristen von bis zu vier Tagen („t+4“) vereinbart wurden.

    d) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1398
    Für diese Geschäfte ist die Kammer überzeugt, dass auf die geleistete Dividendenkompensationszahlung weder der Aktienverkäufer noch ein anderer Beteiligter mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht abgeführt wurde. Ergänzend zu den bereits oben dargestellten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen gilt Folgendes:

    1399
    aa) Nach der glaubhaften Einlassung des Angeklagten CA entsprach die Berechnung der Preise für die Absicherungsgeschäfte auch im Fall des BC German Hedge Fund dem üblichen Vorgehen, wonach für den Investmentfonds selbst nur hohe Dividendenlevel eingestellt wurden, die ausreichten, um die Investoren zu bezahlen und die Kosten des Fonds zu decken. Im Übrigen vereinnahmte die ZD Principals Ltd. durch ihre Zwischenschaltung bei den Absicherungsgeschäften die Differenz zu dem mit der Verkäuferseite ausgehandelten Dividendenlevel. Der insoweit erzielte Profit betrug nach den Angaben des Angeklagten CA hier 13 Dividendenpunkte.

    1400
    Ausgehend von diesen glaubhaften Angaben wurden die Absicherungsfutures damit auch im Komplex des BC German Hedge Fund zu einem Kurs gehandelt, der weit unter demjenigen lag, den ein Aktieninhaber auf dem CumCum-Markt hätte erzielen können.

    1401
    Die Kammer hat auch in diesem Fall aus den jeweiligen Aktien- und Futurekursen und unter Berücksichtigung der Höhe der Dividende Kontrollberechnungen von Dividendenleveln vorgenommen. Dabei war sie sich auch an dieser Stelle bewusst, dass der Marktbepreisung ein Zinsfaktor zugrunde lag, der nachträglich nicht exakt rekonstruierbar ist. Auffälligkeiten, die die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten CA zu den damals gehandelten Dividendenleveln in Zweifel ziehen könnten, haben sich dabei nicht ergeben.

    1402
    Angesichts dessen geht die Kammer davon aus, dass seitens der ZD Principals Ltd. im Vorfeld der Geschäfte mit der Leerverkäuferseite Dividendenlevel ausgehandelt waren, die im Bereich um 80 lagen. Dieses Ergebnis passt zu den Beweisergebnissen, die sich bei Fall 8 zu den im Jahr 2010 durch bzw. für die YT-Bank erzielten Level ergeben haben.

    1403
    bb) Schon aufgrund der dargestellten Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte hat die Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass den Aktienkäufen für den BC German Hedge Fund CumEx-Leerverkäufe ohne Steuerabzug zugrunde lagen. Zudem hat auch die Analyse der jeweiligen Handels- und Lieferdaten der gehandelten Aktien ergeben, dass diese teilweise cumex-typisch frühestens drei Tage nach dem Dividendenstichtag geliefert wurden. Namentlich handelt es sich dabei um die Aktien der E.ON AG, der Adidas AG, der Tognum AG, der BMW AG (hinsichtlich beider gehandelter Aktiengattungen), der Deutsche Börse AG, der Fraport AG, der Rhön-Klinikum AG, der Hamburger Hafen AG und der Hugo Boss AG. Jedenfalls teilweise erst frühestens vier Werktage nach dem Dividendenstichtag wurden zudem die Aktien der Deutsche Bank AG (vier Tage) und der SAP AG (vier, fünf und sechs Tage) geliefert. Ungeachtet der Frage, ob diese Lieferungen grundsätzlich noch innerhalb der vereinbarten Lieferfrist lagen, ist jedenfalls nicht ersichtlich, welches Interesse ein Aktieninhaber an einer verzögerten Lieferung haben sollte, da dies gleichzeitig bedeutete, dass er den Kaufpreis auch erst entsprechend spät erhielt.

    e) Steuererstattungsverfahren

    1404
    Die Feststellungen zu dem Inhalt der durch die ZU eG erstellten elektronischen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen folgen aus den Ausdrucken der auf die Anmeldungen vom 09.06.2010 und vom 12.07.2010 durch die Eingangsstelle des Finanzamtes YA generierten PDF-Dokumente. Zu diesen hat die Kammer ergänzend den Zeugen RR CB gehört. Danach steht fest, dass die Anträge über die in den Feststellungen dargestellten Angaben hinaus keine Ergänzungen enthielten, insbesondere auch nicht dahin, dass die auf die gegenständlichen Geschäfte entfallenden Steuern zuvor weder einbehalten noch abgeführt worden waren.

    1405
    Lediglich in Bezug auf die Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Juni vom 12.07.2010 bedarf Folgendes der Erörterung:

    1406
    Mit der Anmeldung wurde gemäß § 44b Abs. 6 EStG [VZ 2010] Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag in Höhe von 9.182.279,80 Euro geltend gemacht (8.703.583,66 + 478.696,14 Euro). Demgegenüber ergeben sich aus den zu dieser Anmeldung festgestellten Aktiengeschäften (vermeintliche) Erstattungsansprüche in Höhe von 9.572.870,18 Euro. Ausweislich der Mail des mit diesem Komplex befassten Ermittlungsbeamten Vorgang vom 09.03.2020 hat diese Differenz ihren Hintergrund darin, dass die ZU eG bei ihrer Anmeldung Ansprüche des Finanzamtes auf Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag gegengerechnet hatte. Dabei hat der Ermittlungsbeamte zugleich aber auch noch einmal nachvollzogen und bestätigen können, dass die aus den festgestellten Aktiengeschäften generierten Erstattungsbeträge in der Anmeldung vom 12.07.2010 rechnerisch in vollem Umfang enthalten waren. Damit hat die Kammer insgesamt keine Zweifel, dass das Finanzamt YA den aus den betreffenden Aktiengeschäften (vermeintlich) resultierenden Erstattungsanmeldungen vollumfänglich zugestimmt hatte, da an den angemeldeten Beträgen gemäß der Verfügung vom 03.08.2010 keine Einschränkungen vorgenommen worden waren.

    1407
    Dass auf Seiten des Finanzamtes YA den Erstattungsanmeldungen am 30.07.2010 zugestimmt wurde, ergibt sich aus der hierzu ergangenen Verfügung vom selben Tage, mit der die Sollstellung der jeweils angemeldeten Beträge angewiesen wurde. Hierin waren die (vermeintlichen) Steuern aus den gegenständlichen Geschäften enthalten; dies folgt aus den Duplikaten der jeweiligen Dividendengutschriften, die nach der glaubhaften Aussage des Zeugen RR CB auf eine vorangegangene Anfrage des Finanzamtes zu den gegenständlichen Steueranmeldungen seitens der Depotbank übermittelt worden waren.

    f) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1408
    Die Überzeugung der Kammer, dass der Angeklagte AO entweder im Rahmen des BC German Hedge Fund oder des BC Pro Rendite Fonds - möglicherweise auch in beiden Fällen - die Eindeckung des Leerverkaufes mit Ex-Aktien organisiert hatte, gründet sich auf folgende Erwägungen:

    1409
    aa) Bei der ZD Principals Ltd. wurde nach den übereinstimmenden Angaben der Angeklagten genau festgehalten, in welchen Fällen ein sog. Paket gehandelt wurde und wann die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers durch ZD organisiert werden musste. Nach den Angaben des Angeklagten AO sei letzteres in vielleicht 60 Prozent der betreuten Transaktionen vorgekommen. Eine Änderung im Umfang habe sich erst zum Jahr 2011 ergeben. Hintergrund sei gewesen, dass im Jahr 2010 vornehmlich mit YXauf der Verkäuferseite gehandelt worden sei. Da dies ein Kontakt des gesondert Verfolgten BR gewesen sei, sei nach der Trennung von den früheren Mitteilhabern und gesondert Verfolgten BQ und BR versucht worden, weniger mit dieser Bank zu handeln. Insoweit sei mehr mit YQ Ltd. und ZF zusammengearbeitet worden. Dabei habe YQ Ltd. allerdings zumeist nur Pakete gehandelt. Angesichts dieser durchaus plausiblen Details hat die Kammer keinen Anlass, die Richtigkeit dieser Einlassung in Frage zu stellen. Dabei ist sie sich bewusst, dass die Schätzung, in etwa „60 Prozent“ die Ex-Eindeckung der Verkäuferseite organisiert zu haben, nur eine mehr oder weniger präzise Erinnerung des Angeklagten wiedergibt. Angesichts seines damaligen Marktüberblicks hat die Kammer aber keinen Zweifel, dass die Einschätzung des Angeklagten AO insoweit den wahren Tatsachen entspricht, als dass die Anzahl an gehandelten Paketen zumindest geringer war, als die Zahl der von dem Angeklagten AO organisierten Lieferungen von Ex-Aktien.

    1410
    bb) Selbst wenn insoweit aber - zu Gunsten des Angeklagten AO unterstellt - das Verhältnis beider Fallgestaltungen ausgeglichen gewesen sein sollte, gilt für den Umfang seiner Tätigkeiten:

    1411
    Weitere CumEx-Leerverkaufstätigkeiten seitens der ZD-Gruppe gab es außerhalb der Fälle 8, 9 und 10 im Jahr 2010 nicht. Im Rahmen des Eigenhandels der YT-Bank waren insgesamt 26 verschiedene Aktiengattungen gehandelt worden, mit denen ein Steueranrechnungsvolumen in Höhe von 42.676.314,18 Euro generiert wurde. Demgegenüber betrafen die Geschäfte des BC German Hedge Funds 14 verschiedene Aktiengattungen bei einem Erstattungsvolumen in Höhe von 48.797.770,18 Euro und die des BC Pro Rendite Fonds 16 verschiedene Gattungen mit einem Erstattungsvolumen von 18.311.041,56 Euro. Zusammengerechnet hatten die Geschäfte in den Fällen 9 und 10 damit - sowohl gemessen an der Zahl der gehandelten Aktiengattungen als auch gemessen am Steuererstattungsbetrag - ein deutlich größeres Volumen als diejenigen des Eigenhandels der YT-Bank. Wenn der Angeklagte AO in mindestens der Hälfte der im Jahr 2010 betreuten Geschäfte die Ex-Belieferung selbst organisiert hat, dann muss er zusätzlich zu seinen konkret nachweisbaren Tatbeiträgen im Rahmen der Eigenhandelsgeschäfte der YT-Bank - die weniger als die Hälfte seiner in 2010 betreuten Belieferungsfälle ausmachen - auch noch Belieferungen für einen oder beide der in dem Jahr betreuten Fonds selbst organisiert haben. Dies gilt selbst dann, wenn in diesem Zusammenhang zu seinen Gunsten unterstellt wird, dass er über den konkret festgestellten Umfang hinaus in sämtlichen Eigenhandelsgeschäften der YT-Bank aktiv war.

    1412
    Auch wenn der Angeklagte AO selbst sogar geschätzt hat, im Jahr 2010 rund 60 Prozent der für die CumEx-Geschäfte benötigten Ex-Aktien zur Eindeckung der Verkäuferseite organisiert zu haben, geht die Kammer auf Grundlage der vorstehenden Erwägungen und unter Berücksichtigung eines entsprechenden Sicherheitsabschlages davon aus, dass der Angeklagte AO in den Fällen 9 oder 10 die Belieferung der Leerverkäuferseite mit Ex-Aktien organisierte, die zumindest zu einer (Gesamt)Steuererstattung in Höhe von 10 Mio. Euro führten.

    g) Einkünfte der ZD-Gesellschaften

    1413
    Die Feststellungen zu den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den BC German Hedge Fund erwirtschafteten Profiten beruhen im Wesentlichen auf der Einlassung des Angeklagten CA und auf den Angaben des Zeugen BN (LKA NRW), die die Kammer anhand eigener, im Rahmen der Hauptverhandlung mit dem Angeklagten CA durchgeführter Berechnungen nachvollzogen hat. Insoweit entspricht das Vorgehen der Kammer in weiten Teilen dem bei dem HI Aktien 1 Fund (Fall 4) geschilderten, wobei die Ausführungen zur Plausibilität der Angaben des Angeklagten CA, insbesondere zur Höhe der Kosten für Broker und Prime Broker, entsprechend gelten. Abweichungen ergeben sich allein im Hinblick auf die nachfolgend eigens hervorgehobenen Gesichtspunkte.

    1414
    Ausgehend von dem an den BC German Hedge Fund ausgekehrten Erstattungsbetrag und einem Kapitalertragsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag) von 26,375 Prozent ergibt sich ein Bruttodividendenbetrag in Höhe von 185.015.242 Euro. Bei dem mit 13 Dividendenpunkten festgestellten Spread ergibt sich insoweit rechnerisch (gerundet) der festgestellte Betrag von 24.051.981 Euro. Hinsichtlich der Brokerkosten belaufen sich die insoweit anzusetzenden 0,5 Dividendenpunkte betragsmäßig auf (gerundet) 925.076 Euro. Zuzüglich 100.000 Euro ergeben sich die festgestellten 1.025.076 Euro Brokerkosten. Hinsichtlich der Kosten für den Prime Broker belaufen sich die insoweit anzusetzenden 3 Dividendenpunkte (gerundet) auf die festgestellten 5.550.457 Euro. Die mit 369.200 Euro festgestellte Beratungsgebühr von ZD Capital UK Ltd. ergibt sich aus der diesbezüglichen Einlassung des Angeklagten CA, die der Zeuge BN bestätigt hat. Hieraus ergeben sich insgesamt die Einkünfte in Höhe der festgestellten (24.051.981 - 1.025.076 - 5.550.457 + 369.200=) 17.845.648 Euro, wovon 50 Prozent, mithin die festgestellten 8.922.824 Euro, als Zahlung an YW in Abzug zu bringen waren.

    12. YT-Eigenhandel 2011 (Fall 11)

    1415
    Die Feststellungen zum Eigenhandel der YT-Bank im Jahr 2011 beruhen schließlich auf Folgendem:

    a) Planung und Umsetzung der Geschäfte

    1416
    Der Angeklagte CA hat die Fortführung der Geschäfte zwischen der - später in ZC umbenannten - ZD Capital Ltd. und der YT-Bank in der den Vorjahren entsprechenden Art und Weise, insbesondere hinsichtlich der umgesetzten Handelsstrategie, der Planung der Geschäfte und deren konkreter Umsetzung am Handelstag im Sinne der Feststellungen glaubhaft eingeräumt.

    1417
    Soweit der Angeklagte CA angegeben hat, er habe in der Vorbereitung der Geschäfte für Nachfragen der YT-Bank zur Verfügung gestanden, wird dies durch das Bloomberg-Chatprotokoll vom 17.01.2011 bestätigt, in dessen Rahmen der Angeklagte CA und der für die YT-Bank tätige Händler BJ übereinkamen, zu einem späteren Zeitpunkt die Geschäfte in den Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG zu besprechen.

    b) Konkret durchgeführte Geschäfte

    1418
    Die Feststellungen zu den konkret durchgeführten Aktiengeschäften und zu den Aktienbuchungen folgen aus den von der YT-Bank seinerzeit selbst und im zeitlichen Zusammenhang erstellten Wertpapierabrechnungen über den jeweiligen Kauf der Aktien, aus den damit korrespondierenden Dividendenabrechnungen und aus den Belegen der Clearstream Banking AG. Aus den Wertpapierabrechnungen („Börsenplatz: ausserbörsl. Inland“) ist unter anderem auch ersichtlich, dass die Aktien außerbörslich erworben wurden. Die Feststellungen zu den im Zusammenhang mit den Aktienkäufen jeweils getätigten Future-Verkäufen beruhen auf den hierzu erstellten Future-Abrechnungen der YT-Bank. Aus dem dort jeweils enthaltenen Eintrag „Börse: EUREX-OTC“ ist erkennbar, dass die Future-Verkäufe zunächst außerbörslich stattfanden und sodann über die Börse EUREX abgewickelt wurden.

    c) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1419
    Die Überzeugung der Kammer, dass es sich bei den Aktiengeschäften, die die YT-Bank im Rahmen von Fall 11 tätigte, um Leerverkäufe handelte, bei denen die Verkäuferseite bei Abwicklung der Dividendenkompensationszahlung nicht mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet und diese auch sonst nicht abgezogen wurde, folgt neben den bereits oben dargelegten Erwägungen zum Vorliegen von Leerverkäufen aus den bei diesen Geschäften eingerechneten Dividendenleveln. Die Kammer ist überzeugt, dass die Preise der Single Stock Futures, mit denen die Aktiengeschäfte gegen Kursschwankungen abgesichert wurden, mit einem Dividendenlevel von maximal 80, sehr wahrscheinllich darunter, berechnet waren:

    1420
    Ausweislich des entsprechenden Kontobelegs zahlte die YT-Bank am 25.11.2011 an „[ZC] Capital“ unter dem Betreff „Single Futures Strukturen“ einen Betrag in Höhe von 818.910 Euro. Ausgehend davon, dass auch ZC Capital Ltd. im Jahr 2011 nur noch mit 45 Prozent an den durch die Unterschreitung des Referenzlevels realisierten Profiten partizipieren sollte, betrug der zwischen ihr und der YT-Bank geteilte Profit damit insgesamt 1.819.800 Euro (818.910 Euro : 0,45). Dieser Betrag entspricht 12 Prozent der gesamten in dieser Dividendensaison von der YT-Bank generierten Bruttodividende von (3.999.768,75 : 0,26375 =) 15.165.000 Euro. Es wurde damit am Markt regelmäßig ein Dividendenlevel von (91 - 12 =) 79 erzielt. Die bei dieser Rechnung ausgeblendete Zinskomponente spielte im Jahr 2011 nach den überzeugenden Angaben des Angeklagten CA keine Rolle.

    1421
    Dem entspricht, dass ausweislich der von dem YT-Mitarbeiter AA gefertigten „Vorlage für die Partnersitzung am 18.01.2011“ „mit einem ähnlichen Ertragsbeitrag“ wie im Jahr 2010 durch die „Single Future basierte[n] Transaktionen“ gerechnet worden war. Zudem haben Kontrollberechnungen der Kammer anhand der Aktien- und Futurekurse und der jeweiligen Dividendenhöhe keine Abweichungen ergeben.

    d) Steuerverfahren und Investitionen der Einziehungsbeteiligten

    1422
    Die getroffenen Feststellungen zu den Inhalten der ausgestellten Steuerbescheinigungen, zur Steuererklärung und zu den Entscheidungen des Finanzamtes YC vom 04.10.2013, vom 05.12.2018 und vom 24.02.2020 folgen aus den betreffenden Urkunden selbst. Aus der betreffenden Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten vom 27.06.2013 sind zudem die Unterschriften der gesondert Verfolgten BP und BX deutlich ersichtlich. Hinsichtlich der Identifikation der Unterschriften gelten die im Rahmen von Fall 1 gemachten Ausführungen entsprechend. Die Überzeugung der Kammer, dass die auf die im Rahmen von Fall 11 festgestellten Aktiengeschäfte entfallende Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag Gegenstand des in der Steuererklärung vom 27.06.2013 enthaltenen Anrechnungsbetrags war, beruht darauf, dass dem Finanzamt mit diesen Aktiengeschäften korrespondierende Steuerbescheinigungen vorgelegt wurden und auch die entsprechende Berufsträgerbescheinigung der ZI AG hierauf Bezug nahm.

    1423
    Die Feststellungen zu den von der Einziehungsbeteiligten durch Einsatz ihres Eigenkapitals - einschließlich der auf die verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zurückzuführenden Erträge - generierten Einkünften beruhen entsprechend der Würdigung zu Fall 1 auf deren eigenen Mitteilungen.

    e) Vorstellungsbilder der gesondert Verfolgten

    1424
    Hinsichtlich der Feststellungen zu den bestehenden Vorstellungsbildern bei den gesondert Verfolgten BP und BX nimmt die Kammer auf die im Rahmen von Fall 10 gemachten Ausführungen Bezug. Ergänzend ist zu bemerken:

    1425
    Zwar hatte der Bankmitarbeiter AA in seiner „Vorlage für die Partnersitzung vom 18.01.2011“, in der unter anderem im Beisein des gesondert Verfolgten BP der Fortführung der Geschäfte zugestimmt wurde, ausgeführt, das Bundesministerium für Finanzen habe mit Schreiben vom 21.09.2010 klar gestellt, „dass die im Rundschreiben vom 5. Mai 2009 festgeschriebenen Vorgaben für die steuerliche Unbedenklichkeit bis auf weiteres gelten.“ Aus den bereits dargelegten Gründen schließt die Kammer aber aus, dass die gesondert Verfolgten BP und BX das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 allein dahin gewertet hatten, dass die Geschäfte tatsächlich steuerlich unbedenklich waren. Weshalb der Vermerk des Mitarbeiters AA nunmehr zu einer anderen Bewertung geführt haben sollte, ist nicht ersichtlich.

    1426
    Was die steuerliche Einschätzung der Geschäfte bzw. des später geltend gemachten Anrechnungsanspruchs betrifft, ist insoweit im Übrigen auch der von dem gesondert Verfolgten BX für den gesondert Verfolgten BP gefertigte Vermerk vom 02.03.2011 in den Blick zu nehmen. In diesem ist unter Wiedergabe eines Gesprächs mit dem gesondert Verfolgten AE unter anderem ausgeführt, dass

    1427
    „seine [AE] im Gespräch bei uns im Haus vorgetragene Single Future Struktur von ihm bisher nicht weiter verfolgt wurde, weil die Finanzverwaltung eine andere Auffassung als seine auf Rechtsprechung beruhenden Annahmen vertritt. Dies schließe auch Wertpapierleihegeschäfte ein.

    1428
    •  Herr [AE] ausdrücklich erklärte, dass sofern der Kapitalertragsteuererstattung physische Ware in unserem Besitz zugrunde liegt, keine Bedenken bestehen müssen.“

    1429
    Auch wenn der gesondert Verfolgte AE insoweit an seiner nach außen vertretenen Rechtsansicht weiter festhielt, ist angesichts des Schreibens gleichwohl zu bemerken, dass die rechtliche Fragwürdigkeit der mehrfachen Steueranrechnung damit einmal mehr deutlich wurde. Dass dies auch die Vertreter der Bank sahen, passt zu dem Umstand, dass nach den im Januar durchgeführten Geschäften im Jahr 2011 keine weiteren CumEx-Handelsaktivitäten durchgeführt wurden, auch wenn die Bank gegenüber ZD Capital Ltd. - so der Angeklagte CA - insoweit „nur“ Reputationsrisiken als Begründung für das Einstellen der Geschäfte angegeben haben mag.

    f) Tatbeiträge des Angeklagten AO

    1430
    Im Hinblick auf den Angeklagten AO hat die Hauptverhandlung keine Belege dafür erbracht, dass dieser in die im Rahmen von Fall 11 durchgeführten Geschäfte aktiv eingebunden war. Zwar folgt aus dem Bloomberg-Chatprotokoll vom 17.01.2011, dass dieser zwischenzeitlich in den Chatraum eingetreten war, während der Angeklagte CA mit dem Mitarbeiter der YT-Bank BJ verabredete, zu einem späteren Zeitpunkt die Geschäfte in den Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG zu besprechen. Der Angeklagte AO beteiligte sich indes an dieser Kommunikation nicht, zudem verließ er auch den Chat zu einer Zeit, bevor der Angeklagte CA die Kommunikation mit BJ beendete.

    1431
    Soweit der Angeklagte CA es für möglich erachtet hat, dass auf Seiten der ZD Capital Ltd. der Angeklagte AO mit der Ausarbeitung der Aktienkörbe und der damit einhergehenden Aktien- und Futuregeschäfte für die YT-Bank betraut war, lässt auch dies keinen sicheren Schluss zu Lasten des Angeklagten AO zu. Seine Beteiligung an den Geschäften der YT-Bank scheint zwar zunächst zu dem dem Umstand zu passen, dass er auch zu dem vorgenannten Chatverkehr von dem Angeklagten CA eingeladen worden war. Es erklärt aber nicht, dass der Angeklagte AO schon vor der Beendigung des Chats aus diesem kommentarlos wieder ausgetreten war und auch ansonsten an der Kommunikation nicht teilgenommen hatte.

    1432
    Zwar ist nicht auszuschließen, dass es im Rahmen der im Jahr 2011 durchgeführten Geschäfte erforderlich war, seitens der ZC Capital Ltd. die Eindeckung des Leerverkäufers mit Ex-Aktien zu organisieren. Hierfür wäre der Angeklagte AO - wie er selbst bestätigt hat - zuständig gewesen. Allerdings hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass es sicher zu entsprechenden Aktivitäten gekommen war. Der Angeklagte AO hat dies zwar nicht ausschließen können, an die damaligen Vorgänge aber keine Erinnerung gehabt; auch der Angeklagte CA hat seine Einbindung nicht bestätigt. Da im Rahmen von Fall 11 lediglich zwei Aktiengattungen gehandelt wurden, war die insoweit entfaltete Tätigkeit der ZD Capital Ltd. auch nicht derart umfangreich, dass eine zumindest in Einzelfällen organsierte Ex-Eindeckung des Leerverkäufers auf der Hand liegt. Dies gilt selbst dann, wenn man auch für die Dividendensaison unterstellt, dass entsprechend der Einschätzung des Angeklagten AO für das Jahr 2010 in rund 60 Prozent der Geschäfte die Ex-Aktien durch die ZD-Gruppe beschafft wurde. Gegen die Ansetzung dieser (höheren) Zahl spricht im Übrigen aber auch die weitere Einlassung des Angeklagten AO, wonach man sich bei ZD/ZC im Jahr 2011 aufgrund der Trennung von den gesondert Verfolgten BQ und BR darum bemüht habe, weniger mit der YX Bank als früherem Hauptansprechpartner für Leerverkaufsgeschäfte zu handeln, da diese ein Kontakt des gesondert Verfolgten BR gewesen sei. Stattdessen sei mehr mit YQ Ltd. und ZF zusammengearbeitet worden, wobei YQ Ltd. allerdings zumeist nur Pakete gehandelt habe. Angesichts dieser durchaus plausiblen Angaben spricht einiges dafür, dass die von dem Angeklagten AO organisierten Eindeckungen der Verkäuferseite mit Ex-Aktien gegenüber dem Jahr 2010 deutlich abgenommen hatten.

    1433
    Soweit der Angeklagte AO schließlich ausgeführt hat, bei einem Gespräch in Köln anwesend gewesen zu sein, bei dem auch die Aktientrades der YT-Bank diskutiert worden seien, ergeben sich auch hieraus letztlich keine konkreten Förderungsbeiträge. Der Inhalt des Treffens ist ebenso unklar geblieben wie dessen Zeitpunkt (vor oder nach Durchführung der Geschäfte), die Rolle, die der Angeklagte AO seinerzeit eingenommen hatte, und die Frage, ob der Angeklagte AO insoweit überhaupt an Gesprächen aktiv beteiligt war. Insoweit ist auch zu sehen, dass die ZD Capital Ltd. bzw. die ZC Capital Ltd. nach der Einlassung des Angeklagten CA mit der YT-Bank im Jahr 2011 auch noch andere, nicht erfolgreiche Geschäfte außerhalb des CumEx-Handels umgesetzt hatten, was ebenso eine Beteiligung des Angeklagten AO an dem von ihm erwähnten Gespräch erklärt.

    1434
    Auch bei einer zusammenfassenden Gesamtschau aller Gesichtspunkte ist die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit überzeugt, dass der Angeklagte AO eigene Beiträge im Rahmen des CumEx-Eigenhandels der YT-Bank im Jahr 2011 erbracht hatte.

    VI. Vorstellungsbilder der Angeklagten

    1435
    Die Feststellungen zu den jeweils vorhandenen Vorstellungsbildern der Angeklagten beruhen auf den nachstehenden Erwägungen.

    1. Der Angeklagte CA

    a) Fall 1

    1436
    Der Angeklagte CA wusste zur Überzeugung der Kammer bereits im Jahr 2007 von dem Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug. Auch war er sich schon Anfang 2007 der Möglichkeit bewusst, dass die mehrfache Anrechnung einer nur einmal gezahlten Steuer gegen steuerrechtliche Vorschriften verstoßen könnte. Dies nahm er billigend in Kauf. Zudem sah und billigte er die Möglichkeit, dass die gesondert Verfolgten BP, BX und AE entsprechende Vorstellungen haben könnten.

    aa) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1437
    Der Angeklagte CA hat eingeräumt, dass ihm die Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften bereits seit dem Jahr 2005 bekannt war und es für ihn offenkundig gewesen sei, dass weder der Leerverkäufer noch ein anderer Beteiligter mit Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag belastet worden sei. Dabei hat er umfassend dargestellt, wie er die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte im Jahr 2005 erstmals entdeckt und dann im weiteren Verlauf die Strategie durchschaut habe. Insbesondere hätten ihn von Beginn an Erklärungen wie das Vorhandensein großer Aktienbestände oder „Last-Minute-Transaktionen“ nicht überzeugt, weil der von ihm analysierte Preisverfall bei den Derivaten stets zwei Tage vor dem Dividendenstichtag der betreffenden Aktiengattung stattgefunden habe. Der einzige plausible Grund habe in der Nichtbelastung des Aktienverkäufers mit der Steuer gelegen.

    1438
    Die Kammer zweifelt nicht an der Richtigkeit dieser Angaben. Nicht nur hat der Angeklagte CA plausibel, offen und umfangreich seine erstmalige Berührung mit den Geschäften geschildert, auch hat er in den Folgejahren - wie ebenfalls eingeräumt - umfangreich CumEx-Leerverkaufsstrategien selbst entworfen und umgesetzt. Auch der Umstand, dass er im Rahmen seiner zahlreichen außergerichtlichen Vernehmungen über die gegenständlich zur Anwendung gelangten Handelsstrategien hinaus zahlreiche weitere CumEx-Strukturen darstellen und den Ermittlungs- und Steuerbehörden erklären konnte, zeigt sein tiefes Verständnis der Geschäfte. Stimmig sind seine Ausführungen aber auch mit seinen weiteren, auch von dem Angeklagten AO und dem Zeugen CG bestätigten Angaben, dass sich bereits frühzeitig für das Dividendenstripping in Form der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte der Begriff Double-Dip (dt. sinngemäß: doppeltes Eintauchen/Tunken) gebildet hatte, der die doppelte Steueranrechnung bzw. -erstattung einer nur einmal entrichteten Steuer anschaulich auf den Punkt bringt.

    bb) Bewertung der steuerrechtlichen Lage

    1439
    Die Kammer ist darüber hinaus überzeugt, dass der Angeklagte CA es bereits im Jahr 2007 als nicht nur entfernt möglich erkannt hatte, dass aufgrund der Nichtbelastung des Leerverkäufers oder eines anderen Beteiligten mit der Steuer die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die spätere Anrechnung oder Erstattung der Steuer fehlen könnten. Auch dies beruht auf der Einlassung des Angeklagten CA selbst sowie auf eingeführter Mailkorrespondenz.

    1440
    (1) Folgende Indizien sprechen für ein entsprechendes Bewusstsein des Angeklagten:

    1441
    (a) Zwar hat der Angeklagte CA einerseits angegeben, er habe keine steuerlichen Risiken gesehen, als der gesondert Verfolgte AE die BV-Struktur bei der YJ eingeführt habe. Andererseits hat er widersprüchlich hierzu auf Nachfrage eingeräumt, die Risikopositionen des Geschäfts analysiert zu haben. Auf der Aktienverkäuferseite hätten diese darin bestanden, mit der Steuer doch belastet zu werden, auf der Aktienkäuferseite habe das spiegelbildliche Risiko bestanden, die Steuer später nicht erstattet zu bekommen.

    1442
    Insoweit verkennt die Kammer nicht, dass grundsätzlich jedem steuergetriebenen Geschäft das abstrakte Risiko innewohnt, im Nachgang von den Finanzbehörden und Finanzgerichten anders beurteilt zu werden, so dass die erhofften steuerlichen Effekte eventuell ausbleiben. Darum ging es hier jedoch nicht. Dass der Angeklagte bei den CumEx-Leerverkaufsgeschäften nicht nur ein nur abstraktes Risiko sah, welches sich im konkreten Einzelfall als eventuell tragbar darstellte, wird bereits durch seine Erklärung dafür indiziert, warum er und der gesondert Verfolgte BM an ihrem Handelstisch selbst keine CumEx-Eigenhandelsgeschäfte betrieben haben. Man habe sich nur als Vermittler gesehen, nicht aber als eine Partei, die selbst Steuerrisiken trage. Das Hauptrisiko - so der Angeklagte CA im Weiteren - das der Handelstisch analysiert habe, sei das Steuerrisiko gewesen. Dieses lag darin, dass der Leerverkäufer entweder (ggf. nachträglich) mit der Steuer belastet oder dem Leerkäufer die Anrechnung oder Erstattung versagt wird.

    1443
    Wer die steuerliche Situation dergestalt analysiert, der rechnet damit, dass die betreffende Konstruktion vom Recht nicht gedeckt ist. Diese Angaben des Angeklagten passen im Übrigen dazu, dass der gesondert Verfolgte AE - nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CD - im Rahmen der BV-Geschäfte zunächst versucht hatte, die YJ hier als Leerkäuferin zu gewinnen, was der gesondert Verfolgte BM indes ablehnte.

    1444
    (b) Auch die späteren Vorgänge um das Eigeninvestment in den HI Aktien 1 Fund belegen, dass es sich bei der Einschätzung des Angeklagten CA zum bestehenden Steuerrisiko in Gestalt des möglichen Fehlens der Anrechnungs- oder Erstattungsvoraussetzungen nicht nur um eine rein abstrakte Bewertung handelte. Zu dem Eigeninvestment im Rahmen des HI Aktien 1 Fund hat er angegeben, zunächst gegen dieses gewesen zu sein, weil er das Risiko eines Verlustes nicht habe eingehen wollen. Dies zeigt deutlich, dass er die reale Gefahr sah, dass die für das Gelingen dieser Konstruktion unverzichtbare mehrfache Steuererstattung nicht erreicht werden könnte. Diesen Punkt hat er auch im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung mit seiner Angabe bestätigt, er habe sich bei dem Investment unwohl gefühlt, er sei sich nicht sicher gewesen, das Investment zurückzuerhalten.

    1445
    Die Kammer sieht, dass die Entscheidung, sich selbst an dem Investmentfonds zu beteiligen, möglicherweise erst Ende des Jahres 2008 oder Anfang des Jahres 2009 getroffen wurde. Indes gab es von Beginn des Jahres 2007 an bis zu den Vorgängen um das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 keine Vorkommnisse, die eine Änderung in der Sicht des Angeklagten nachvollziehbar erklären würden. Weder hatte es gesetzliche Änderungen gegeben noch war dem Angeklagten CA bis zum Zeitpunkt des Investments Anfang 2009 bekannt, dass das Bundesministerium für Finanzen zur weiteren Eindämmung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte den Erlass einschränkender Verwaltungsvorgaben plante. Dass der Angeklagte erst mit dem Schritt in die Selbständigkeit im Jahr 2008 ein verschärftes Problembewusstsein entwickelt haben könnte, schließt die Kammer aus. Denn trotz des Umstandes, dass die bei der YJ jeweils eingesetzten Handelsstrategien im Vorfeld einer Genehmigung bedurften, wäre es nicht zum beruflichen Vorteil des Angeklagten gewesen, wenn er durch seine Geschäfte erhebliche wirtschaftliche Verluste für die Bank erwirtschaftet hätte. So wie die Geschäfte mit den Kunden BV und YT-Bank aber konkret ausgestaltet waren, war dieses Risiko augenscheinlich eliminiert, weil dort gerade nicht die Position des Aktienverkäufers oder -käufers eingenommen wurde.

    1446
    Dem entspricht, dass der Angeklagte nach seinen Angaben das „Worst-case-Szenario“ darin erblickt hatte, ausstehende Steuererstattungen würden durch die Finanzbehörde verweigert. Für sich habe er dieses Risiko aber nicht gesehen, da die ZD-Gesellschaften weder als Leerkäufer noch Leerverkäufer aufgetreten seien. Dieses Vorgehen entsprach aber von Beginn an dem Unternehmenskonzept und unterschied sich insoweit nicht von der Rolle, die der Angeklagte CA zuvor bei bzw. für die YJ eingenommen hatte.

    1447
    (c) Mit diesen Erwägungen im Einklang steht auch eine Antwort des Angeklagten CA auf eine Mail des AX. Dieser war einer von mehreren Operations-Managern bei ZQ, einem Zweig der Großbank YN, die der Angeklagte CA in der Folgezeit für die von ihm geplanten CumEx-Geschäfte als Leerverkäufer hatte gewinnen können. In diesem Zusammenhang, hatte AX unter dem 04.01.2007 mehrere Fragen zu den Geschäften an den Angeklagten CA gerichtet. Unter Ziffer 2 stellte AX die folgende Frage:

    1448
    Es wird angenommen, dass die Kursentwicklung von Cum- zu Ex-Dividende auf dem Markt 100 % der Dividende entspricht (die wiederum von uns vereinnahmt wird), ist das eine Tatsache oder dienen die von uns eingegangenen OTC-Geschäfte der Fixierung der Kurse? („lt is assumed that the price movement cum-div to ex-div in the market will equate to 100 %t of the dividend (collected by us as a turn), is this fact or are the OTC contracts that we enter into "fixing" the prices?“)

    1449
    Hierauf führte der Angeklagte CA - offensichtlich unter Bezugnahme auf eine von ihm zuvor an ZQ übermittelte Präsentation oder Zusammenfassung der Geschäfte - aus, die Kursentwicklung diene lediglich der Veranschaulichung. Die Handelsgeschäfte der YJ hätten keine Auswirkungen auf die zugrunde liegenden Handelsebenen der Aktien und es gehe sicherlich nicht um eine „Fixierung" der Kurse. Der Future diene ZQ als Absicherung der tatsächlichen Kursentwicklung des Papiers innerhalb des entsprechenden Zeitraums. Ungeachtet der Frage, ob AX in seiner Frage auf die außerbörslich abgeschlossenen Aktienkassageschäfte oder auf die Absicherungsfutures Bezug nahm, wäre die ehrliche Antwort eine andere gewesen, nämlich diejenige, dass Aktien- und Futuregeschäft eine Einheit bildeten, um zum Einen die Aktienposition abzusichern und um des Weiteren über die Preisgestaltung einen Teil des Profits des Leerverkäufers dem Leerkäufer zukommen zu lassen.

    1450
    Unter Ziffer 3 der vorbezeichneten Mail zeigte AX sein bisheriges Verständnis von den Geschäften auf und schrieb, dass der Aktienkäufer für das Recht auf die volle Bruttodividende bezahle, jedoch anschließend nur 79 Prozent hiervon erhalte. Weiter führte AX aus:

    1451
    Es scheint, als wäre ihr [der Kontrahenten] Verlust unser Gewinn, den wir dann mit Ihnen teilen? („It appears that their loss is our gain, wich we then share with you?“)

    1452
    Auch hierauf antwortete der Angeklagte CA nur bedingt offen und unvollständig, indem er angab, die YJ würde unabhängig von dem Geschäft mit ZQ eine Reihe unterschiedlicher Trades abschließen. Er, AX, könne davon ausgehen, dass die Motivation eines potenziellen Käufers deutlich von dem Effekt abweiche, den die YJ bewirken wolle. Auch an dieser Stelle ist deutlich zu erkennen, dass der Angeklagte CA die doppelte Erstattung bzw. Anrechnung der Steuer als eigentlichen Effekt der CumEx-Geschäfte nicht offenlegte. Soweit der Angeklagte zu dieser Mail ausgeführt hat, sie sei für ihn ein Beispiel, wie offen er mit jemanden gesprochen habe, der gewusst habe, worum es bei den Geschäften geht, überzeugt dies nicht. Der Fragesteller kannte offensichtlich die exakte Konstruktion gerade nicht. Diese legte ihm auch der Angeklagte CA in seiner Antwort nicht offen.

    1453
    Ein anderer Eindruck ergibt sich insoweit auch nicht daraus, dass der Angeklagte CA seine Antworten mit der Bemerkung übermittelt hatte, es sei besser, diese telefonisch zu besprechen („Happy to help with all these questions and l've jotted some notes below but fundamentally il's better to go through these on a call.“). Selbst wenn der Angeklagte bei einem persönlichen Gespräch gewillt war, alle Punkte offen zu legen, würde dies für die Kammer nur den Rückschluss zulassen, dass er sich in diesem Fall offenbar scheute, dies auch schriftlich zu fixieren und eine entsprechende Papierlage zu schaffen, was wiederum darauf hindeuten würde, dass er die Konstruktion der Leerverkaufsgeschäfte als problematisch ansah.

    1454
    (d) Dass der Angeklagte in seiner an AX gerichteten Mail nicht vollständig offen kommuniziert hatte, steht auch im Einklang mit seiner Reaktion auf eine spätere Mail des ebenfalls bei ZQ tätigen BL. Dieser sendete am 26.01.2007 eine Mail an den Angeklagten CA, mit der er in kurzer Zusammenfassung die sich durch das Jahressteuergesetz 2007 ergebenden Änderungen wiedergab und im Betreff an den Angeklagten CA die Frage stellte, ob die YJ aus diesem Grunde bei diesen Geschäften nicht selbst als Leerverkäuferin auftreten könne („Is this why you can´t do it…“). Hierauf antwortete der Angeklagte zustimmend mit der englischen umgangssprachlichen Wendung „Not just a pretty face“, im Deutschen etwa: „Ein kluger Kopf“. Dass sich die Frage von BL darauf bezog, dass die YJ wegen der Änderungen im Jahressteuergesetz nicht selbst als Leerverkäuferin auftrat, entspricht im Übrigen auch der eigenen Deutung des Angeklagten CA auf Vorhalt dieser Mail-Kommunikation.

    1455
    Abgerundet wird dieses Bild durch eine Bemerkung, die der Angeklagte CA bereits mit Mail vom 07.04.2006 getätigt hatte. Hintergrund war, dass ihm der gesondert Verfolgte BM eine Mail-Kommunikation weitergeleitet hatte, mit der dieser mehrere Fragen des Zeugen BB zu den seinerzeit erst noch zu genehmigenden BV-Geschäften ausweichend beantwortet hatte. Hierauf erwiderte der Angeklagte CA, der gesondert Verfolgte BM solle ihn daran erinnern, niemals mit ihm Poker zu spielen („By the way. Remind me never to play poker with you“).

    1456
    (e) Die vorstehend dargestellte Mail-Kommunikation mit BL belegt zugleich, dass der Angeklagte CA über die Bestrebungen des Gesetzgebers im Bilde war, den CumEx-Leerverkaufshandel zu unterbinden.

    1457
    (2) Die Kammer verkennt bei ihrer Bewertung des bei dem Angeklagten CA im Jahre 2007 bestehenden Vorstellungsbildes nicht, dass auch Gesichtspunkte bestehen, die für sich betrachtet dafür sprechen könnten, er sei von der steuerrechtlichen Unbedenklichkeit der Geschäfte ausgegangen.

    1458
    (a) Insoweit ist zunächst zu sehen, dass er bei der YJ schon im Jahr 2006 im Rahmen der BV-Geschäfte an CumEx-Leerverkaufsgeschäften beteiligt gewesen war, wobei die Handelsstrategie - wie auch deren Fortführung im Jahr 2007 - seitens des entsprechenden Gremiums innerhalb der YJ genehmigt worden war. Indes ist zu sehen, dass für die YJ zunächst das eigene Steuerrisiko im Vordergrund stand. Dieses bestand jedoch nicht, weil diese weder als Aktienverkäuferin noch als Aktienkäuferin agierte. Vielmehr erzielte sie ihren Gewinn ausschließlich  dadurch, dass sie sich - wie später auch die ZD Principals Ltd. - im Rahmen der Absicherungsgeschäfte einschaltete. Im Übrigen hatte der Kunde BV gegenüber der YJ versichert, das Steuerrisiko alleine zu tragen.

    1459
    (b) Dementsprechend ist auch der Umstand, dass der Angeklagte CA bereits im Jahr 2007 plante, sich mit der Gründung der ZD-Gruppe, die im weiteren Verlauf umfangreich in CumEx-Leerverkaufsgeschäfte involviert war, selbständig zu machen, ohne Aussagekraft für die Frage, ob der Angeklagte davon ausging, die von den Leerkäufern angestrebte Anrechnung bzw. Erstattung sei zulässig. Denn er beabsichtigte nach seiner Einlassung zu keinem Zeitpunkt, über ZD-Gesellschaften selbst als Leerkäufer oder Leerverkäufer aufzutreten, gerade weil er die Gefahr, dass die Steuer nicht angerechnet bzw. erstattet wird, nicht tragen wollte.

    1460
    (c) Die Kammer hat ferner in den Blick genommen, dass die Zahl der Leerverkäufer im Markt nach den übereinstimmenden Angaben des Angeklagten CA und des Zeugen CG ab dem Jahr 2007 bis zum Jahr 2009 stetig zunahm, wessen sich der Angeklagte als zu dieser Zeit bereits erfahrener Aktienhändler mit Sicherheit bewusst war. Dies könnte zwar darauf hindeuten, dass auf Seiten der Leerverkäufer ein Steuerrisiko in Form der Belastung mit der Steuer nicht gesehen oder dieses jedenfalls als so gering betrachtet wurde, dass es der Durchführung der Geschäfte nicht entgegenstand. Selbst wenn der Angeklagte CA diese Zunahme an Leerverkäufern schon im Rahmen der Planung der Geschäfte der YT-Bank in den ersten Monaten des Jahres 2007 bemerkt haben sollte, würde dies nicht zwingend bedeuten, dass er seine Bedenken aufgab. Im Übrigen lässt sich die Zunahme an Leerverkäufern auch damit erklären, dass die Anrechnungs- und Erstattungsverfahren auf der Käuferseite erfolgreich umgesetzt werden konnten und man bemerkt hatte, dass die Kontrolldichte nicht sehr hoch war.

    1461
    Dies gilt im Ergebnis auch, soweit der Zeuge CD ausgeführt hat, das Jahressteuergesetz 2007 habe wie „ein Brandbeschleuniger“ gewirkt, durch den CumEx-Leerverkaufsgeschäfte im Markt erheblich zugenommen hätten. Überdies lässt sich der Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 (BT-Drs. 16/2712) nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber die Mehrfacherstattung bzw. -anrechnung der Steuer gebilligt hätte (vgl. hierzu auch unten D.). Soweit der Angeklagte CA nach seiner Einlassung eine Legitimation der Geschäfte durch den Gesetzgeber darin gesehen haben will, dass dieser ohne Weiteres konsequenter gegen die Leerverkaufsgeschäfte hätte vorgehen können, steht dies im Widerspruch dazu, dass er gleichwohl - wie bereits mehrfach dargestellt - selbst kein Steuerrisiko tragen wollte, mithin Zweifel an den Voraussetzungen der mehrfachen Anrechnung oder Erstattung hatte.

    1462
    (d) Soweit sich der Angeklagte CA dahin eingelassen hat, er sei zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, sich durch seine Beteiligung an den CumEx-Leerverkaufsgeschäften strafbar zu machen, kommt es darauf für die Entscheidung nicht an.

    1463
    Der Angeklagte CA hat die Quelle des Profits der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte bereits vor 2007 zutreffend darin erkannt, dass die Steuerkasse eine nur einmal vereinnahmte Steuer mehrfach auskehrt. Weiter war ihm bewusst, dass den Steuerbehörden nicht alle zur vollständigen Prüfung der Geschäfte notwendigen Informationen mitgeteilt werden würden (dazu unten cc)). Auch er selbst hat, wie dargelegt, auf Anfragen von Marktteilnehmern nach der Wirkweise der Geschäfte ihm bekannte entscheidende Punkte gerade nicht offen gelegt. Er kannte zudem jedenfalls aufgrund der Mail des Kollegen BL von Januar 2007 die Bestrebungen des Gesetzgebers, den CumEx-Leerverkaufshandel zu unterbinden. Die Möglichkeit, dass die geplanten Anrechnungen bzw. Erstattungen steuerrechtlich nicht anerkannt werden, hat er nicht nur gesehen, vielmehr hat er seine Handelsposition genau so gewählt, dass ihn diese Konsequenz nicht treffen konnte. Damit hatte er alle Informationen und war zu allen Schlussfolgerungen zur Zulässigkeit der angestrebten Anrechnungen bzw. Erstattungen in der Lage. Denn seine Fähigkeit, diese Informationen zu erfassen, zu analysieren und schließlich zu bewerten, steht nicht in Frage. Vielmehr ist der Angeklagte CA nach dem Eindruck, den die Kammer in der Hauptverhandlung von ihm gewonnen hat, ein kompetenter Analytiker und ohne Weiteres auch zu komplexen Bewertungen und Schlussfolgerungen in der Lage.

    1464
    Welche Schlüsse er vor diesem Hintergrund für sich dazu zieht, ob sein Verhalten strafbar ist oder nicht, ist für seine Bewertung der steuerrechtlichen Lage nicht entscheidend. Denn diese Bewertung berührt den Umstand, dass er jedenfalls die Möglichkeit erkannte, die Geschäfte könnten steuerrechtlich unzulässig sein, nicht.

    1465
    Auch dem Umstand, dass der Angeklagte CA sich seinerzeit in einem beruflichen Umfeld bewegte, in dem steuergetriebene Geschäfte nicht als verwerflich angesehen waren, und dass weiter eine Vielzahl von Banken und institutionellen Anlegern solche Geschäfte betrieb, kommt für die Frage nach den Vorstellungen des Angeklagten zur steuerrechtlichen Zulässigkeit keine entscheidende Bedeutung zu. Es gibt keinen Grundsatz dahin, dass eine vielfach praktizierte Handlungsweise immer schon deshalb zulässig wäre, weil sie von vielen praktiziert wird. Anzumerken ist hierzu vielmehr, dass es deutlich lebensnäher erscheint, die mehrfache Erstattung einer nur einmal gezahlten Steuer („Double Dip“) für unzulässig zu halten. Überdies ging es bei den CumEx-Leerverkaufsgeschäften auch nicht darum, lediglich bestehende Steuerlasten zu mindern. Vielmehr ging es, bildlich gesprochen, um  einen Griff in die Staatskasse. Dadurch unterscheiden sich die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte deutlich von anderen Steuervermeidungsstrategien.

    1466
    (e) Dass der Angeklagte bestimmte CumEx-Handelsstrategien, wie etwa das sog. Looping, bei dem ein Aktienpaket mehrfach zwischen Aktienverkäufer und Aktienkäufer hin- und herwanderte, oder auch die von ihm so bezeichneten „Inhouse-Geschäfte“ ablehnte, ist für die Frage, wie er im Jahr 2007 die steuerrechtliche Lage einschätzte, ohne Relevanz. Es ist bereits nicht erkennbar, dass ihm diese Varianten bereits zu diesem Zeitpunkt bekannt waren. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sein sollte, zeigt dies zunächst nur auf, wo der Angeklagte die für ihn bestehende eindeutige Grenze sah, bestimmte Geschäftsstrategien nicht umzusetzen.

    1467
    Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch zu sehen, dass es jedenfalls ab dem Jahr 2009 auch bei der ZD Principals Ltd. eine gelegentlich angewendete Strategie zur Vermeidung von Lieferausfällen war, aus der Auflösung (sog. Unwind) eines CumEx-Geschäfts freigewordene Aktienpakete zur Belieferung eines zweiten CumEx-Geschäfts einzusetzen (sog. Recycling). Insoweit ist für die Kammer nicht erkennbar, wo für den Angeklagten CA der insoweit steuerrechtlich entscheidende Unterschied zu den sog. Looping-Fällen gelegen haben soll. Beide Konstellationen führten gerade dazu, dass aus ein und derselben Aktie nicht nur zwei identische Steuervorteile generiert wurden, sondern drei oder gar mehr. Auch der Angeklagte CA hat insoweit keine plausible Erklärung geben können, weshalb die eine Strategie zur (berechtigten) mehrfachen Steuererstattung führen soll, die andere hingegen nicht.

    1468
    (f) Die Kammer hat ferner bedacht, dass sich - so auch der Zeuge CD - alle Beteiligten von CumEx-Geschäften im Vorfeld immer durch ihre Rechtsabteilungen bzw. durch das Einholen von Rechtsgutachten abgesichert hatten. Indes sagt auch insoweit die Verbreitung einer bestimmten Ansicht weder zwingend etwas darüber aus, wie der Angeklagte CA die Lage eingeschätzt hatte, noch dazu, für wie gewichtig Gegenansichten bewertet wurden.

    1469
    Soweit der Angeklagte in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, er habe auf bestehende Rechtsgutachten vertraut und diese nicht als Feigenblätter angesehen, ist in die erforderliche Gesamtschau aller Indizien und Gegenindizien insbesondere auch einzustellen, dass er - wie er selbst eingeräumt hat - sich nicht erinnern konnte, ein Gutachten jemals vollständig durchgelesen zu haben.

    1470
    (3) Bei einer zusammenfassenden Betrachtung aller Umstände zweifelt die Kammer nicht daran, dass der Angeklagte CA schon im Jahr 2007 die Möglichkeit erkannt hatte, dass die Voraussetzungen einer mehrfachen Steueranrechnung bzw. ‑erstattung eventuell nicht vorliegen, und er diese auch nicht nur als entfernt liegend bewertet hatte. Wesentlich bei dieser Einschätzung ist für die Kammer, dass er es stets ablehnte, selbst das Risiko der ausbleibenden Steuererstattung auf der Leerkäuferseite bzw. der nachträglichen Belastung mit der Steuer auf der Leerverkäuferseite einzugehen. Zudem zeigt die zu Beginn des Jahres 2007 geführte Kommunikation mit ZQ, dass er hinsichtlich des wahren Hintergrundes der Geschäfte nicht vollständig offen sprach. Insoweit verlieren die dargestellten Gegenindizien ihre Aussagekraft.

    cc) Angaben gegenüber der Finanzbehörde

    1471
    Die Feststellung, dass der Angeklagte CA es schon im Jahr 2007 als sehr wahrscheinlich erkannt hatte, dass der wahre Sachverhalt gegenüber der Finanzbehörde falsch dargestellt würde bzw. dass der Umstand der Leerverkäufe ohne Steuerabzug der Finanzbehörde nicht mitgeteilt würde, beruht auf Folgendem:

    1472
    (1) Dass eine Finanzbehörde nicht von selbst Steueranrechnungen vornimmt oder Steuern erstattet, sondern nur auf Initiative des Steuerschuldners bzw. einer für diesen handelnden Person, liegt auf der Hand. Dass der Angeklagte CA, der auch im Übrigen die verschiedenen Risiken für Leerverkäufer und Leerkäufer lokalisiert hatte, dieses Allgemeinwissen nicht hatte, ist auszuschließen, auch wenn er selber als Privatperson dem britischen Steuerrecht unterfiel. Demzufolge war ihm aber bewusst, dass es aufgrund der im Rahmen von Fall 1 von ihm geplanten Aktiengeschäfte zu einer späteren Erklärung gegenüber der zuständigen Finanzbehörde kommen würde.

    1473
    (2) Wie oben bereits zu der Mail-Kommunikation mit AX vom 04./08.01.2007 dargestellt, war der Angeklagte CA bei der Suche nach Leerverkäufern selbst gegenüber den potenziellen Vertragspartnern (zunächst) nicht vollständig offen, was die wahren (steuerlichen) Hintergründe der Geschäfte betraf. Angesichts dessen ist nicht ersichtlich, weshalb er davon ausgegangen sein sollte, dass im Rahmen des steuerlichen Verfahrens gegenüber der Finanzbehörde die Tatsachen der Leerverkäufe und der - angesichts der Preisgestaltung offensichtlichen - Nichtbelastung des Leerverkäufers oder eines anderen Beteiligten mit der Steuer mitgeteilt würde. Dies gilt umso mehr, als er jedenfalls grob über das Jahressteuergesetz 2007 unterrichtet war und daher wusste, dass der Gesetzgeber CumEx-Leerverkaufsgestaltungen unterbinden wollte.

    1474
    (3) Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel, dass der Angeklagte CA erkannt hatte, dass dann, wenn Leerverkäufe ohne Steuerabzug keine Anrechnung bzw. Erstattung zu Gunsten des Leerkäufers zuließen, die Steuer nicht gegenüber der Finanzbehörde als „erhoben“ deklariert werden durfte bzw. dass gegenüber der Finanzbehörde der Leerverkauf und der unterbliebene Steuerabzug mitzuteilen waren. Dass Steuerbehörden ein rechtliches Interesse daran haben, alle steuererheblichen Tatsachen mitgeteilt zu bekommen, liegt auf der Hand. Nichts spricht dafür, dass der Angeklagte CA dies anders beurteilt haben könnte. Soweit er nach seinen Angaben erst im Nachhinein realisiert hat, dass Anknüpfungspunkt des Straftatbestandes der Steuerhinterziehung die Erklärung gegenüber der Finanzbehörde ist, streitet dies nicht dagegen.

    dd) Subjektive Tatseite der gesondert Verfolgten

    1475
    Die Kammer hat auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass der Angeklagte CA es für möglich erkannt hatte, dass der gesondert Verfolgte AE sowie weitere auf Seiten der YT-Bank beteiligte Personen dieselben Vorstellungen über das Vorliegen von Leerverkäufen ohne Steuerabzug und die hieraus folgende steuerrechtliche Lage haben könnten. Da er selbst bereits als nicht ausgebildeter Steuerrechter die nicht nur entfernt liegende Möglichkeit sah, dass die gegenständlich umgesetzten CumEx-Leerverkaufsstrukturen eventuell keine Anrechnung bzw. Erstattung zuließen, ist nicht ersichtlich, weshalb der gesondert Verfolgte AE sowie die für die YT-Bank agierenden Entscheidungsverantwortlichen nach seiner Auffassung eine andere Vorstellung gehabt haben sollten, auch wenn der gesondert Verfolgte AE nach außen etwas anderes vertrat.

    1476
    ee) Billigung aller Umstände

    1477
    Dass der Angeklagte CA die von ihm für möglich erkannten Umstände billigte, zeigt sich in seiner Teilnahme an den Geschäften, insbesondere auch im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit für die ZD-Gesellschaften.

    b) Fälle 2 bis 11

    1478
    Für die Feststellungen zu den Vorstellungen des Angeklagten CA in den Fällen 2 bis 11 gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Der Ergänzung bedarf insoweit lediglich Folgendes:

    aa) Fall 2

    1479
    Die Kammer ist überzeugt, dass sich das Vorstellungsbild des Angeklagten CA hinsichtlich der Struktur der Geschäfte und seine Beurteilung der steuerrechtlichen Lage im Jahr 2008 nicht geändert hatten. Zwischen den Jahren 2007 und 2008 sind keine Umstände eingetreten, die tragfähig begründen könnten, dass der Angeklagte CA die steuerliche Situation nunmehr anders beurteilte. Allein der Umstand, dass er sich mit der Gründung der ZD-Gruppe zusammen mit dem gesondert Verfolgten BM selbständig gemacht hatte, gibt hierfür keinen Anhalt. Insoweit ist aber auch an dieser Stelle zu sehen, dass es von vornherein dem Verständnis des Angeklagten CA entsprach, die entscheidende Steuerposition weder als Leerkäufer noch als Leerverkäufer einzugehen und er später im Rahmen des HI Aktien 1 Fund hierzu erst überredet werden musste.

    bb) Fälle 3 bis 7

    1480
    Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die Fälle 3 bis 7 (Dividendensaison 2009) entsprechend.

    1481
    (1) Insoweit ist zu ergänzen, dass mit den Vorgängen um den Erlass des späteren BMF-Schreibens vom 05.05.2009 einmal mehr offenbar wurde, dass die aus dem CumEx-Leerverkaufshandel resultierenden Konsequenzen dem Bundesministerium für Finanzen und damit im Ergebnis auch den ihm unterstehenden Finanzbehörden unerwünscht waren. Insoweit verkennt die Kammer zwar nicht, dass das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 gegenüber seinem ersten Entwurf aus Sicht der CumEx-Akteure weniger einschneidend gewesen sein mag und dem Angeklagten CA von den gesondert Verfolgten BM oder BQ mitgeteilt worden sein mag, die bestehende Struktur der ZD-Gruppe - insb. die praktizierte Trennung der Kundenberatung durch die ZD Capital Ltd. von dem Derivateigenhandel durch die ZD Principals Ltd. - sei geeignet, die in dem BMF-Schreiben aufgestellten Voraussetzungen für die Steueranrechnung/-erstattung zu erfüllen. Dass der Angeklagte CA gleichwohl steuerliche Bedenken hatte, zeigt sich unter anderem daran, dass auch in der Folge keine ZD-Gesellschaft mehr - unmittelbar oder über entsprechende Vehikel - als Leerverkäuferin oder Leerkäuferin auftrat, obwohl das Eigeninvestment in den HI Aktien 1 Fund mit Gewinn geendet hatte.

    1482
    Die formale Argumentation, die Leerkäuferseite werde von der ZD Capital Ltd. beraten, die eigentlichen Abreden würden aber durch die ZD Principals Ltd. ausgeführt und zwischen beiden Gesellschaften werde insoweit nicht über die Orchestrierung der Geschäfte gesprochen, hätte auch im Fall eines erneuten Eigeninvestments zum Tragen gebracht werden können. Angesichts des gezielten Zusammenwirkens beider Gesellschaften war im Übrigen die Kunstgriffigkeit dieser formalen Argumentation überdeutlich. Dies gilt umso mehr, als es den Teilhabern der ZD-Gruppe auch sonst immer darum ging, nach außen einheitlich als „ZD“ zu erscheinen und der Angeklagte, wie er selbst eingeräumt hat, immer nur dieselbe Mail-Adresse verwendete, ungeachtet der Frage, für welche Gesellschaft er gerade handelte; diese Adresse lautete aber (ausweislich der Mail des gesondert Verfolgten AS vom 24.03.2010): [CA]@[ZD]capital.com.

    1483
    Auch der Umstand, dass auf das BMF-Schreiben bei den Beteiligten frühzeitig abgeklärt und sichergestellt wurde, dass die erforderlichen Berufsträgerbescheinigungen erstellt werden würden, begründet keine andere Einschätzung der Kammer. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass sich der Angeklagte CA insoweit vertieft mit den hierzu Seitens des Bundesministeriums für Finanzen aufgestellten Bedingungen auseinandergesetzt hatte. Dies gilt umso mehr, als er nach seinen eigenen Angaben in den damaligen Tatzeiträumen weder eine Berufsträgerbescheinigung noch eine der im Vorfeld von der ZD Capital Ltd. erstellten Bestätigungen über das Nichtvorliegen von Leerverkäufen gesehen hatte. Sollte dies gleichwohl der Fall gewesen sein, wäre zudem offensichtlich gewesen, dass das Ministerium an Absprachen zwischen Leerkäufer und Leerverkäufer anknüpfte, um die in Rede stehenden Leerverkäufe feststellen zu können. Es ist auszuschließen, dass der Angeklagte CA insoweit ernsthaft darauf vertraut haben könnte, es mache einen Unterschied, ob Aktienkäufer und Aktienverkäufer selbst miteinander kommunizierten oder ob dies über eine vom Leerkäufer beauftragte Dritte Person geschehe, wenn klar war, dass diese die Geschäfte - und sei es wie im Fall der ZD Principals Ltd. auch aus eigenen wirtschaftlichen Erwägungen - plane und abstimme. Ungeachtet dessen, wie sich die damaligen Vorgänge insoweit konkret zugetragen haben mögen, ist die Kammer überzeugt, dass der Angeklagte zumindest die Möglichkeit sah, die Finanzbehörden würden die formale Argumentation nicht teilen.

    1484
    (2) Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass der Angeklagte CA - wie er selbst eingeräumt hat - in einer Vielzahl von Fällen die Ex-Eindeckung des Aktienverkäufers organisiert hatte. Dabei war auch das sog. Recycling, bei dem die Aktien aus der Auflösung (sog. Unwind) eines CumEx-Geschäfts dazu benutzt werden, auch ein zweites zu beliefern, eine von der ZD Principals Ltd. in diesem Zusammenhang angewendete Strategie. Es ist aber nicht ersichtlich und auch von dem Angeklagten selbst nicht behauptet worden, dass dieser Umstand jemals im Rahmen einer rechtlichen Beratung offengelegt und für steuerlich unerheblich bezeichnet worden war. Da in diesen Fällen aus einer Aktie gleich mindestens drei Steuererstattungen bewirkt wurden, obwohl die Steuer nur einmal erhoben bzw. abgeführt worden war, lag deren steuerrechtliche Fragwürdigkeit aber auf der Hand. Dass der Angeklagte dies nicht gesehen haben könnte, schließt die Kammer aus.

    1485
    (3) Die Kammer ist schließlich überzeugt, dass der Angeklagte entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht nur die Möglichkeit sah, auf eine (mehrfache) Steueranrechnung des Leerkäufers könne kein Anspruch bestehen, sondern auch sah, dass dies gleichermaßen für die Erstattung der Steuer in den Fondsfällen gilt. Es ist nicht erkennbar, weshalb der Angeklagte CA insoweit differenziert haben sollte, zumal er dies auch selber nicht behauptet hat.

    1486
    (4) Auch ist die Kammer überzeugt, dass der Angeklagte CA wusste, dass die für die angestrebte Anrechnung oder Erstattung erforderlichen weiteren Schritte von verschiedenen Personen vorbereitet und begleitet werden würden. In den Fondsfällen wusste er, dass es dort den Depotbanken oblag, die Erstattungen durch entsprechende Interaktion mit den Finanzbehörden zu realisieren. Ihm war, weil er die Abläufe bei Banken aus seiner eigenen beruflichen Vergangenheit kannte, auch klar, dass diese Prozesse arbeitsteilig und weitestmöglich automatisiert aufgesetzt sind. Die Kammer ist sicher, dass der Angeklagte keine Kenntnis davon hatte, wer bei den Depotbanken konkret für den Verkehr mit den Finanzbehörden zuständig war, und er auch nicht wusste, welchen Kenntnisstand und welches Vorstellungsbild die jeweils zuständigen Personen tatsächlich hatten. Da es für das Gelingen der von ihm betreuten Geschäfte aber unabdingbar war, dass die erforderlichen Steuererklärungen erstellt werden, besteht kein Zweifel, dass er in gleicher Weise billigte, dass diese Personen in Bezug auf das Vorliegen der Erstattungsvoraussetzungen entweder gut- oder bösgläubig sind.

    cc) Fälle 8-10

    1487
    Die vorstehenden Ausführungen zu den Fällen 1 bis 7 gelten schließlich auch für die Fälle 8 bis 10 (Dividendensaison 2010) entsprechend.

    1488
    Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich - worauf die Verteidigung des Angeklagten CA hingewiesen hat - im Jahr 2009 unter verschiedenen Finanzinstituten der „Ad hoc Arbeitskreis Leerverkäufe“ gebildet hatte und am 20.10.2009 unter Teilnahme von Vertretern des Bundesministeriums für Finanzen ein Treffen stattgefunden hatte, in dessen Rahmen die CumEx-Problematik diskutiert worden war. In der zu diesem Treffen erstellten Präsentation des Arbeitskreises heißt es unter anderem:

    1489
    „Problematisch wird diese Abwicklungspraxis, wenn der Verkäufer leer verkauft,  d.h. sich zur Erfüllung der Lieferverpflichtung mit den entsprechenden Stücken eindecken muss.
    1490

    • Auch in diesen Fällen ist der Käufer dividendenberechtigt, auch wenn zum Dividendenstichtag die Stücke nicht in einem Depot des Leerverkäufers lagen, sondern von Dritten gehalten wurden.
    1491

    • Dies bedeutet, dass sowohl der Eigentümer der Stücke (Dritter), der diese zum Dividendenstichtag im Depot gehalten hat, als auch der Käufer der leer verkauften Stücke eine Steuerbescheinigung erhalten.

    1492
    • Um seine Lieferverpflichtung einzuhalten, muss also der Veräußerer/ Leerverkäufer sich erst noch mit den erforderlichen Wertpapieren eindecken.“

    1493
    Selbst wenn dem Angeklagten CA diese Präsentation bekannt gewesen sein sollte - was er selbst nicht konkret behauptet hat - und er hieraus den Schluss gezogen haben sollte, die dargestellte Einschätzung der Rechtslage entspreche auch derjenigen des Bundesministeriums für Finanzen, ist die Kammer aus den nachstehend dargestellten Gründen überzeugt, dass der Angeklagte CA gleichwohl noch die Möglichkeit sah, dass die Anrechnung oder die Erstattung versagt werden könnte.

    1494
    (1) Zum einen war durch die Vorgänge um die Nachleistung an den Investor BY im Rahmen des BC German Equity Special Fund (Fall 5) das in einer Teilnahme an CumEx-Leerverkaufsgeschäften innewohnende Erpressungspotenzial zutage getreten. Dieses bestand auch offensichtlich nicht nur darin, dass in der Zukunft aufgrund des Bekanntwerdens dieser CumEx-Strategie und damit einhergehender gesetzlicher Änderungen der CumEx-Handel als Geschäftsmöglichkeit wegfallen könnte; denn die grundsätzliche Problematik war dem Gesetzgeber und dem Bundesministerium für Finanzen - was das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 zeigte - bereits bewusst.

    1495
    (2) Schließlich spricht auch die Ausarbeitung der Delayed-Settlement-Strategie, die im Rahmen des BC Pro Rendite Fonds angewendet wurde, dafür, dass der Angeklagte CA die Möglichkeit erkannte, dass die von den CumEx-Akteuren nach außen vertretene Rechtsauffassung zur Möglichkeit der Steueranrechnung/-erstattung falsch sein könnte und von den Finanzbehörden nicht geteilt würde. Diese Strategie war darauf angelegt, dass der Aktienverkäufer entgegen der formalen Vertragslage die Aktien verspätet liefern würde. Dass ein Beteiligter insoweit letztlich sehenden Auges Pflichten eingeht, die er sicher verletzen wird, ist nur erklärlich, wenn er dafür einen nachvollziehbaren Grund hat. Ein solcher ist im Rahmen der Delayed-Settlement-Strategie für die Kammer nur darin erkennbar, dass die Geschäfte formal als CumCum-Geschäfte präsentiert werden sollten. Naheliegend geschah dies, um die Geschäfte nicht als CumEx-Leerverkaufshandel offenlegen zu müssen.

    1496
    (3) Insoweit ergibt sich schließlich auch ein schlüssiges Bild mit den Vorgängen um die XA GmbH (Fall 3 der Anklageschrift; vorläufig eingestellt gemäß § 154 Abs. 2 StPO). Bei dieser fand eine Steueranrechnung zu keinem Zeitpunkt statt. Da die diesbezügliche Steuererklärung der XA GmbH indes ausweislich des entsprechenden Eingangsstempels schon am 18.06.2009 bei dem Finanzamt YE eingegangen war, spricht viel dafür, dass die Probleme um die Steueranrechnung zu Beginn des Jahres 2010 von den an diesem Komplex beteiligten Personen und damit auch von dem Angeklagten CA bereits erkannt worden waren. Er selbst hat dies in seiner Einlassung auch eingeräumt, wenngleich er diese Vorgänge mit dem Ausweichen auf Investmentfonds als CumEx-Leerkaufsvehikel in Verbindung gebracht hat. Insoweit geht die Kammer allerdings davon aus, dass er sich - in zeitlicher Hinsicht - geirrt hat, da auf die Investmentfonds bereits Anfang des Jahres 2009 ausgewichen wurde und die Steueranrechnung für die XA GmbH zu dieser Zeit noch nicht beantragt war.

    dd) Fall 11

    1497
    Auf den vorstehen dargestellten Erwägungen beruhen schließlich auch die Feststellungen zu den Vorstellungen des Angeklagten CA Ende des Jahres 2010, Anfang des Jahres 2011 (Eigenhandel der YT-Bank, Fall 11). Ergänzend ist insoweit lediglich festzuhalten, dass sich auch im Jahr 2010 keine Umstände ergeben hatten, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, der Angeklagte CA habe nunmehr nur noch theoretische Zweifel an der Berechtigung der angestrebten Steueranrechnungen bzw. ‑erstattungen gehabt, die auf CumEx-Leerverkaufsgeschäfte zurückgingen. Vielmehr war mit dem BMF-Schreiben vom 15.12.2010 einmal mehr deutlich zutage getreten, dass der Gesetzgeber und die Finanzbehörden gewillt waren, die Geschäfte endgültig zu unterbinden.

    2. Der Angeklagte AO

    1498
    Im Hinblick auf die Vorstellungen des Angeklagten AO ist die Kammer zwar davon überzeugt, dass er bereits ab dem Jahr 2007 die Wirkweise von CumEx-Leerverkaufsgeschäften durchschaut hatte. Indes konnte die Kammer nicht sicher feststellen, dass er zu diesem Zeitpunkt auch bereits die mehr als nur fernliegende Möglichkeit des Nichtvorliegens der Voraussetzungen der Steueranrechnung erkannt und mit den für die Steueranrechnung bzw. -erstattung erforderlichen Erklärungen gegenüber den Finanzbehörden gedanklich in Verbindung gebracht hatte. Auch blieb unklar, ob er es für eine wahrscheinliche Möglichkeit hielt, dass diese Erklärungen unrichtig oder unvollständig sein könnten. Dies änderte sich nach der Überzeugung der Kammer erst Anfang des Jahres 2009. Im Einzelnen:

    a) Leerverkäufe ohne Steuerabzug

    1499
    Der Angeklagte AO hat - unter genauer Darstellung seiner damaligen Erkenntnisprozesse - eingeräumt, schon im Jahr 2007 gewusst zu haben, woher die Gewinne in den CumEx-Geschäften wirtschaftlich stammten und dass diese einerseits auf der Nichtbelastung der Verkäuferseite mit der Steuer beruhten, andererseits die Käuferseite gerade diese Steuer im weiteren Verlauf gegenüber der Finanzbehörde geltend machte. Es besteht kein Grund, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen. Dies gilt umso mehr, als er an anderer Stelle bestätigt hat, ihm sei bereits frühzeitig der Begriff „Double Dip“ (auf dt. sinngemäß: doppeltes Eintauchen/Tunken) als Synonym für CumEx-Leerverkaufsgeschäfte bekannt gewesen, der die doppelte steuerliche Anrechnung bzw. Erstattung anschaulich beschreibt.

    b) Bewertung der steuerrechtliche Lage

    1500
    Nicht zur sicheren Überzeugung der Kammer steht jedoch fest, wie der Angeklagte AO die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Voraussetzungen für die angestrebte Steueranrechnung in CumEx-Leerverkaufskonstellationen in den Jahren 2007 und 2008 bewertete (aa). Dies ungeachtet des Umstandes, dass die Kammer bei Fall 1 ohnehin keine objektiven Tatbeiträge des Angeklagten AO hat feststellen können. Allerdings wurde er sich jedenfalls Anfang des Jahres 2009 der Möglichkeit bewusst, dass es fraglich sein könnte, ob in den CumEx-Leerverkaufskonstellationen die Voraussetzungen für eine Steueranrechnung bzw. ‑erstattung beim Leerkäufer bestanden (bb); diese Erkenntnis wirkte auch im Jahr 2010 fort (cc).

    aa) Zeitraum 2007 und 2008

    1501
    Zur subjektiven Tatseite des Angeklagten AO in den Jahren 2007 und 2008 beruhen die hierzu getroffenen Feststellungen auf folgenden Erwägungen:

    1502
    (1) Die Kammer verkennt nicht, dass einige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Angeklagte AO bereits im Jahr 2007 die Möglichkeit erfasst haben könnte, dass in den CumEx-Leerverkaufskonstellationen die Steueranrechnung eventuell zu Unrecht angestrebt wird.

    1503
    (a) So hat er selber erklärt, die als CumEx-Handel ausgestalteten BV-Geschäfte, an denen er ab dem Jahr 2007 mitgewirkt habe, seien von dem gesondert Verfolgten BM und dem Angeklagten CA als gutes Geschäft dargestellt worden, auch weil das steuerliche Risiko alleine bei dem Käufer läge und dieser die Haftung insoweit übernommen habe.

    1504
    Allerdings waren der Kammer insoweit keine konkreteren Feststellungen zu dieser Äußerung möglich. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass jedem steuergetriebenen Geschäft die theoretische Möglichkeit einer anderen Beurteilung durch die Finanzbehörden inne wohnt. Das Mitwirken an solchen Geschäften besagt daher für sich genommen noch nichts darüber, wie die Rechtslage konkret eingeschätzt wird. Vorliegend kann freilich der Umstand, dass der Angeklagte CA oder der gesondert Verfolgte BM im Rahmen des von dem Angeklagten AO berichteten Gesprächs mitgeteilt hatten, dass „der Kunde“ einen Haftungsausschluss hinsichtlich des Steuerrisikos für die YJ verfasst habe, durchaus dahin gedeutet werden, dass die Möglichkeit, die für die Wirtschaftlichkeit der Geschäfte wesentliche Steueranrechnung könne nicht erfolgen, als nicht unerheblich wahrscheinlich angesehen wurde. Allerdings ist insoweit wiederum zu sehen, dass die BV-Geschäfte bei der YJ bereits im Jahr 2006 begonnen hatten. Zu diesem Zeitpunkt waren die auf eine Unterbindung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte gerichteten gesetzlichen Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2007 indes noch nicht in Kraft. Es ist insoweit schon unklar, auf welche Gesetzeslage sich die Äußerung bezog.

    1505
    (b) Die Kammer verkennt des Weiteren nicht, dass der Angeklagte AO im Jahr 2007 den konkreten Handel im Rahmen der BV-Geschäfte übernommen hatte. Des Weiteren hatte er - so seine Erinnerung - im Jahr 2006 bereits zwei CumEx-Geschäfte in Vertretung für den Angeklagten CA ausgeführt, war also jedenfalls zu einem gewissen Grad mit diesen vertraut.

    1506
    Allerdings führte der Angeklagte AO insoweit lediglich die ihm von seinem Vorgesetzten BM zugewiesenen Aufgaben aus. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass er selbst in das Aufsetzen von CumEx-Leerverkaufsstrukturen involviert war. Seine Tätigkeit im Rahmen der BV-Geschäfte beschränkte sich im Jahr 2007 auf die reine Ausführung der zuvor von dem Angeklagten CA geplanten und mit der Leerverkäuferseite abgesprochenen Geschäfte. Insoweit ist die Behauptung des Angeklagten AO, er habe sich um das Bestehen des Anrechnungsanspruchs des Leerkäufers keine weiteren Gedanken gemacht, für die Kammer nachvollziehbar.

    1507
    (c) Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Inhalt der von dem gesondert Verfolgten BM an den Angeklagten AO sowie an den Angeklagten CA und an den bei der YJ beschäftigten BA versendeten Mail vom 18.07.2005, in der ein unbekannter Verfasser bezogen auf die Niederlande CumEx-Leerverkaufsgeschäfte wiedergibt und im Hinblick auf die doppelte Erstattung von Kapitalertragsteuer die Frage aufwirft, ob all dies erlaubt sei („IS ALL THAT ALLOWED“). Zwar werden in der Mail die fraglichen Punkte zur doppelten Erstattung offen angesprochen, indes ist schon zu sehen, dass insoweit die deutsche Rechtslage nicht ausdrücklich thematisiert wird. Überdies hat der Angeklagte AO hierzu angegeben, an die Mail keine Erinnerung mehr zu haben. Dies ist für die Kammer ohne Weiteres nachvollziehbar, da keine Anhaltspunkte bestehen, dass er in den Jahren 2005 und 2006 schon verstärkt mit CumEx-Leerverkaufsgeschäften befasst war. Ungeachtet dessen ist auch nicht ersichtlich, welche Schlüsse der Angeklagte aus einer zu den Niederlanden verfassten Mail aus dem Jahr 2005 in Bezug auf CumEx-Leerverkaufsgeschäfte gezogen haben sollte, die im Jahr 2007 nach einer Änderung des deutschen Steuerrechts umgesetzt wurden.

    1508
    (2) Zwar weitete sich die Rolle des Angeklagten AO in der Folgezeit aus, nachdem der Angeklagte CA und die gesondert Verfolgten BM und CH im Jahr 2008 die Bank verlassen hatten. Dies führt im Ergebnis aber zu keiner grundlegend anderen Einschätzung der Kammer.

    1509
    (a) Soweit der Angeklagte AO in diesem Zusammenhang die Aktiengeschäfte der BV GmbH nunmehr vollständig alleine plante, konnte er auf den bereits von dem Angeklagten CA geschaffenen Strukturen aufbauen. Insbesondere musste er diese nicht grundlegend neu durchdenken. Zudem war - nach seiner glaubhaften Einlassung - auf der Leerverkäuferseite wie im Vorjahr der Broker YK tätig, wobei die von ihm dort angesprochenen Personen sofort signalisierten, die Geschäfte weiter mit ihm bzw. der YJ durchzuführen. Die Kammer hat auch insoweit keinen Anlass, an der Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten zu zweifeln. Seine Angaben waren auch an dieser Stelle nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Auch schilderte er in diesem Zusammenhang von sich aus offen, wie er zunächst Angst vor dem Fall gehabt habe, dass YK zur Fortführung der Geschäfte nicht bereit sei. Diese Angst sei allerdings auch deshalb unbegründet gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt bereits eine Vielzahl von Leerverkäufern auf dem Markt aktiv gewesen sei, wie er rückblickend festgestellt habe. All dies hat der Angeklagte AO nach Auffassung der Kammer plausibel und lebensnah geschildert.

    1510
    (b) Zu den von ihm mit YK geführten Gesprächen und zu den Verhandlungen über die jeweiligen Preise ist in der Hauptverhandlung nichts Weiteres bekannt geworden. Angesichts dessen besteht auch kein tragfähiger Anhalt für die Annahme, dass in diesem Zusammenhang über die rechtlichen Grundlagen der angestrebten Steueranrechnung dirkutiert wurde oder dafür, dass der Angeklagte AO insoweit relevante Tatsachen verschwiegen oder falsch dargestellt hätte.

    1511
    (c) Die Kammer hat ferner in den Blick genommen, dass der Angeklagte AO im Rahmen der Gespräche um die Fortführung der BV-Geschäfte innerhalb der Bank für seinen Vorgesetzten CC die zuvor von dem Angeklagten CA erstellte Präsentation „German Basis Opportunity“ auf das Jahr 2008 angepasst hatte. Dies betraf indes im Wesentlichen nur die Aktualisierung des Formats und des Layouts, da die YJ zwischenzeitlich umfirmiert hatte. Des Weiteren waren Daten wie Jahreszahlen anzupassen. Die Kammer kann dem aber nicht entnehmen, dass dies auch eine vertiefte inhaltliche oder rechtliche Auseinandersetzung mit CumEx-Leerverkaufsgeschäften erforderte, zumal steuerrechtliche Aspekte in dieser Präsentation - auch schon in der Fassung des Jahres 2006 - gar nicht angesprochen wurden. Vielmehr wurde der Anrechnungsanspruch bereits in der Vorversion als bestehend unterstellt und die Preisbildung war nicht erläutert.

    1512
    (d) Der Umstand, dass es nach dem Weggang des Angeklagten CA und des gesondert Verfolgten BM zwischen dem Sohn des Investors BV und CC im Beisein des Angeklagten AO zu einem Gespräch über die Fortführung der BV-Geschäfte gekommen war, weist zwar darauf hin, dass der Angeklagte AO mit den Geschäften und ihrer Struktur vertraut war. Dies lässt aber offen, ob er insoweit auch die (steuer)rechtliche Seite analysiert hatte. In Bezug auf dieses Gespräch hat die Beweisaufnahme auch nicht ergeben, dass steuerliche Aspekte Gegenstand des Gesprächs waren. Angesichts dessen, dass BV steuerrechtlich durch den gesondert Verfolgten AE beraten wurde, liegt dies auch eher fern. Dies gilt im Übrigen auch vor dem Hintergrund, dass es in dem Gespräch nach den Angaben des Angeklagten AO nur um die Fortführung der Geschäfte mit der Bank ging. Es ist insoweit nicht ersichtlich, weshalb die zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren bestehende Struktur inhaltlich diskutiert worden sein sollte.

    1513
    (e) Die Kammer hat schließlich nicht feststellen können, dass sich der Angeklagte AO in den Jahren 2007 und 2008 in irgendeiner Art und Weise konspirativ verhielt und bestimmte Umstände, wie insbesondere die wirtschaftlichen bzw. steuerlichen Effekte des CumEx-Leerverkaufshandels, innerhalb der Bank verschwieg oder falsch darstellte.

    1514
    Vielmehr hat die Beweisaufnahme deutliche Belege dafür erbracht, dass neben dem Angeklagten AO eine Reihe von Personen die Eigenart der Geschäfte kannte und kein „Alleingang“ des Angeklagten AO stattfand. Hierfür spricht insbesondere die Mailkorrespondenz um die sog. LFG-Geschäfte, die im späteren Verlauf nicht zustande kamen. Zu diesen Geschäften erhielt der Vorgesetzte des Angeklagten AO CC von seinem Kollegen AF am 19.03.2008 eine Nachricht mit folgendem Inhalt:

    1515
                  „Hallo Herr [CC],

    1516
    habe mit Herrn [CO] die Struktur besprochen. Ihn aber nur aus Perspektive der GmbH informiert :-) (Kauf Aktie / Verkauf Future ueber Liffe und umgekehrt!)

    1517
    Im Hinblick auf das Pricing habe ich klar an Sie verwiesen. Hinweis von mir 100 Mio sind zu verteilen, er rechnet fuer die Investoren mit einem Erlös von 15 nach Kosten (Kreditlinie, Custody) so bleiben etwa 80 die zwischen den Parteien verteilt werden ... :-)

    1518
    Anbei noch eine alte Präsentation des [BV] Deals für Sie zur Info. [YJ] agiert im Hinblick auf den Future mW als Broker“

    1519
    Dieser Inhalt belegt, dass Geschäfte im Raum standen, aus denen ein Gewinn in Höhe von 100 Mio. Euro zu generieren war, der „lediglich“ in Höhe von 15 Mio. Euro an Investoren hätten fließen sollen. Schon diese Profitmargen deuten stark auf CumEx-Leerverkaufsgeschäfte hin. Bestätigt wird dies für die Kammer durch den abschließenden Hinweis auf die BV-Geschäfte. Dass aber Bankmitarbeiter ernsthaft die Durchführung derart ertragreicher Geschäfte ins Auge fassen, ohne die dahinter liegende Struktur durchschaut zu haben, ist lebensfremd. Die vorstehende Mail leitete CC an CP und an den Angeklagten AO weiter. Aufgrund dessen geht die Kammer davon aus, dass auch CP - ebenfalls der Vorgesetzte des Angeklagten AO - über die Geschäfte im Bilde war.

    1520
    (3) Bei einer Gesamtschau der vorstehenden Umstände vermag die Kammer nicht mit Sicherheit festzustellen, dass sich der Angeklagte AO in den Jahren 2007 und 2008 über die steuerrechtlichen Aspekte der Geschäfte vertiefte Gedanken gemacht hatte und es als nicht nur entfernt möglich ansah, dass die Voraussetzungen für die vom Leerkäufer angestrebte Steueransrechnung etwa nicht vorliegen könnten.

    1521
    Entscheidend für die verbleibenden Zweifel der Kammer sind letztlich seine nur untergeordnete Rolle, die sich zunächst auf das bloße Umsetzen der von dem Angeklagten CA geplanten und vorstrukturierten Geschäfte beschränkte. Soweit er im Jahr 2008 eine bedeutendere Position einnahm, ist nicht erkennbar, dass er die Geschäfte (erneut) in Frage gestellt oder in rechtlicher Hinsicht durchdacht hatte. Auch ist zu sehen, dass die Geschäfte insbesondere im Jahr 2007 nur einen kleinen Teil der Aktivitäten des Angeklagten bei der Bank (etwa im Rahmen der Strukturen „Opticash“ und „Swapex“) ausmachten.

    bb) Zeitraum 2009

    1522
    Anders beurteilt die Kammer dies indes für die Zeit ab dem Jahr 2009.

    1523
    (1) Diese Bewertung stützt sich insbesondere auf Vorgänge, die Ende 2008 und Anfang 2009 in Bezug auf die BV-Geschäfte stattfanden. Namentlich handelt es sich dabei um die Begutachtung der BV-Geschäfte durch die Rechtsanwaltskanzlei YU LLP.

    1524
    (a) Diese Vorgänge stellten sich wie folgt dar:

    1525
    Ende des Jahres 2008 begann bei der YJ die Prüfung, ob die BV-Geschäfte auch im Jahr 2009 fortgesetzt werden könnten bzw. sollten. In diesem Rahmen wurde Rechtsanwalt BF von der Kanzlei YU LLP beauftragt, ein Rechtsgutachten über die Geschäftsstrategie, insbesondere in steuerrechtlicher Hinsicht, zu erstellen. Hierzu fertigte er einen englischsprachigen Entwurf, der unter anderem folgenden Inhalt aufwies:

    1526

    1527
    •Unter Ziff. 1.3 war in dem Gutachtenentwurf zu dem Punkt Fakten und Annahmen („1 Facts an Assumptions“) unter anderem ausgeführt, dass die Bank im Rahmen des Erwerbs und Verkaufs von Aktien Dienstleistungen erbringe, wobei der Investor detaillierte Anweisungen zur Auswahl, zum Kurs, zum Kauf- und Verkaufstag, zum maximalen Betrag und zu den Absicherungsgeschäften erteile. Ferner war angenommen, dass die Bank die jeweilige Order über einen Broker ausführe, ohne den Kontrahenten aktiv auszuwählen oder zu kennen.

    1528
    •Im Abschnitt zu Ziff. 2 wurden die Ergebnisse der sodann folgenden eigentlichen Begutachtung dargestellt. Unter Ziff. 2.3 verneinte der Gutachtenentwurf mögliche Reputationsrisiken, weil die Bank übliche Leistungen erbringe und - mit Ausnahme bestimmter „know-your-client-Prozesse“ („know-your-client procedures“) - nicht verpflichtet sei, die Geschäftsabsichten des Kunden zu hinterfragen, soweit keine eindeutigen Hinweise auf Gesetzesverletzungen vorlägen.

    1529
    •Unter dem Punkt 3.3 diskutierte der Gutachtenentwurf Reputationsrisiken, wobei die Maßstäbe von § 42 AO angelegt wurden. Dabei wurden die von der Bank zu erbringenden Dienstleistungen unter Ziff. 3.3.1 als gewöhnliches Bankgeschäft bezeichnet. Zur Begründung wurde angeführt, aus den genannten Dienstleistungen werde ein marktüblicher Gewinn generiert. Aufgrund dessen gäbe es keinen Grund zu der Annahme eines Fehlverhaltens der Bank. Diese führe lediglich übliche Bankgeschäfte aus und generiere einen marktüblichen Gewinn. Soweit die Bank in die Ausführung der Geschäfte involviert sei, wähle sie nicht aktiv die Aktien oder die Kauf- und Verkaufsdaten, die von dem Investor vorgegeben würden, oder den Kontrahenten für den Kauf oder Verkauf aus, der vom Broker bestimmt werde. Die Bank sei daher nicht aktiv am Arrangement beteiligt, sondern führe lediglich Orders im Rahmen gewöhnlicher Bankgeschäfte aus. Unter Ziff. 3.3.2 wurde dargelegt, das keine Beweise für einen Missbrauch der Transaktion durch den Investor im Sinne von § 42 AO bestünden. Angesichts der Fakten und Annahmen sei es wahrscheinlich, dass der Investor einen Steuervorteil in Form der Optimierung von Kapitalertragsteuer suche. Die Fakten und Annahmen erlaubten jedoch keine Prognose, was der Investor genau machen werde. So könnte beispielsweise der Investor die Erstattung der Steuer bei von ausländischen oder steuerbefreiten Aktionären erworbenen Aktien anstreben. Ein derartiges Steuer-Stripping sei nach Auffassung der Gutachtenerstatter mit dem Dividendenstripping unter dem früheren Steueranrechnungsverfahren vergleichbar. Ein solches Dividendenstripping sehe der Bundesfinanzhof nach seinem Urteil vom 15.12.1999 nicht als Missbrauch, wobei auf einen Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung zu der vorgenannten Entscheidung und zwei weitere Beschlüsse des Bundesfinanzhofs hingewiesen wurde.

    1530
    Dieser Gutachtenentwurf wurde sodann von Mitarbeitern der Bank mit Rechtsanwalt BF besprochen. An diesem Gespräch waren neben dem Angeklagten AO jedenfalls beteiligt die Zeugin Bollman, die Zeugin AZ, CP sowie Rechtsanwalt BF. In diesem Gespräch erklärte der Angeklagte AO unter anderem, dass die von der Bank durch die Future-Geschäfte zu erzielende Marge innerhalb des Üblichen läge. Ferner bezeichnete der Angeklagte AO die Geschäfte als „normal business“. Beide Anmerkungen sowie Anmerkungen anderer Beteiligter notierte die Zeugin AJ auf dem ihr vorliegenden Gutachtentwurf. Ein endgültiges Gutachten wurde in der Folge durch Rechtsanwalt BF nicht erstellt. Die Zeugin AJ entwarf zwar noch unter Mitwirkung des Angeklagten AO einen Antrag für die Sitzung des Kreditkomitees vom 13.01.2009, letztlich wurde indes entschieden, die Geschäfte nicht durchzuführen. Die Kammer hat nicht klären können, auf wen genau diese Entscheidung zurückging. Der Angeklagte AO jedenfalls war hieran nicht beteiligt.

    1531
    (b) Diese Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf dem mit den Anmerkungen der Zeugin AJ versehenen Gutachtenentwurf von Rechtsanwalt BF, zu dem auch die Zeugin AJ entsprechend bekundet hat. Der Angeklagte AO hat hierzu eingeräumt, an dem Gespräch beteiligt gewesen zu sein und ferner erklärt, dass der dem Gutachten zugrunde liegende Sachverhalt („Facts and Assumptions“) zwar von der Zeugin AJ erstellt worden sei, diese sich aber zuvor bei ihm und CP sowie bei dem Private-Wealth-Team in München informiert habe. Weitere Feststellungen zu dem Verlauf der Besprechung des Gutachtenentwurfs hat die Kammer nicht treffen können. Der Angeklagte AO und auch die Zeuginnen AJ und AZ haben insoweit jeweils angegeben, keine Erinnerungen mehr zu haben.

    1532
    Zum Inhalt des englischsprachigen Entwurfs hat der Sprachsachverständige BW ein Gutachten erstattet. Seine Ausführungen haben keine Hinweise darauf erbracht, dass er den Gutachteninhalt unzutreffend übersetzt haben könnte, zumal die Kammer aufgrund eigener Sprachkenntnisse den Großteil auch selbst nachvollziehen konnte, seine Übersetzung mit der von der Zeugin AJ im Rahmen ihrer Vernehmung vorgenommenen übereinstimmt und auch seitens der übrigen Verfahrensbeteiligten, die sämtlich mit der englischen Sprache vertraut sind, keine Einwendungen hierzu vorgebracht wurden.

    1533
    (c) Vor dem dargestellten Hintergrund ist es der Kammer zwar nicht möglich zu sagen, ob der Angeklagte AO bei dem vorstehenden Gespräch falsche Angaben gemacht hatte. Fest steht jedoch, dass er - wie er selber eingeräumt hat - über den Inhalt des Gutachtenentwurfs, insbesondere über die dortige Sachverhaltsdarstellung, an der er selbst mitgewirkt hat, im Bilde war. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass er die nachfolgenden Auslassungen und Unklarheiten im Gutachten erkannte, weil er diese Geschäfte zuvor im Jahr 2008 betreut hatte:

    1534
    Die Annahmen unter Ziff. 1.3 blendeten vollständig aus, dass die Geschäfte in den Vorjahren - zunächst von dem Angeklagten CA, später von dem Angeklagten AO - geplant und im Vorfeld mit dem auf Aktienverkäuferseite tätigen Broker abgesprochen worden waren. Dementsprechend traf auch die Begründung unter Ziff. 3.3.1, wonach der Investor die zu handelnden Aktien sowie die Kauf- und Verkaufsdaten vorgeben würde, offensichtlich nicht zu. Soweit der Gutachtenentwurf unter Ziff. 3.3.2 nur diskutierte, dass der Investor möglicherweise die Erstattung der Steuer anstrebe, entsprach dies nur bedingt der von dem Angeklagten AO zu diesem Zeitpunkt bereits durchschauten Wirkweise der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte, wonach ersichtlich war, dass der Aktienkäufer diesen Steuereffekt anstrebte, um nicht ein wirtschaftlich verlustreiches Geschäft zu tätigen. Darüber hinaus vermittelte die im Gutachtenentwurf gewählte Formulierung aber auch den Eindruck, es könne sich um CumCum-Geschäfte handeln, obwohl dem Angeklagten AO bekannt war, dass es bei CumEx-Leerverkaufsgeschäften nicht nur um die Vermeidung einer Steuerbelastung des Steuerausländers ging, sondern um die doppelte Geltendmachung einer nur einmal abgeführten Steuer. Im Hinblick auf diese Punkte und die dem Angeklagten AO bekannte Motivation des Investors BV bzw. der BV GmbH warf schließlich auch die Formulierung unter Ziff. 2.3 des Gutachtenentwurfs Fragen auf.

    1535
    Die vorstehenden Aspekte drängten sich auf. Die Kammer kann in Ermangelung entsprechender Vermerke der Zeugin AJ auf dem Gutachtenentwurf ausschließen, dass der Angeklagte AO diese Punkte angesprochen und ergänzt bzw. richtig gestellt hatte.

    1536
    Zu diesem Zeitpunkt kannte der Angeklagte AO nicht nur die Wirkweise der Geschäfte (Leerverkaufsstruktur, Absprachen, Preisgestaltung der Absicherungsgeschäfte unter Berücksichtigung von Dividendenleveln), sondern er wusste auch, dass die Begutachtung durch die Kanzlei YU LLP die Entscheidung vorbereiten sollte, ob die Geschäfte in 2009 bei der YJ fortgeführt werden sollen. Wenn er vor diesem Hintergrund zunächst Unvollständigkeiten und unklare Annahmen in dem Gutachtenentwurf bemerkt und diese sodann in einer Besprechung des Gutachtens unerwähnt lässt, obwohl er weiß, dass seine Gesprächspartner dort die Informationen erörtern, die für die Entscheidung über eine Fortführung auf dem Tisch liegen, so lässt sein Schweigen nur den Schluss zu, dass er den erkannten Lücken entweder keinerlei Relevanz für die anstehende Entscheidung zumisst, oder aber den, dass er erkennt, dass eine Aufdeckung der unvollständigen oder unklaren Punkte die Fortführung der Geschäfte gefährden würde.

    1537
    Die Kammer  zieht den zuletzt genannten Schluss, weil es sich bei den vorgenannten Punkten um für die Wirkweise der Geschäfte zentrale Aspekte handelt und deshalb auszuschließen ist, dass der Angeklagte AO, der die Geschäfte zu diesem Zeitpunkt vollständig verstanden hatte, diese Punkte für irrelevant hielt.

    1538
    Diesem Verhalten des Angeklagten AO entnimmt die Kammer des Weiteren, dass er nun für sich zu dem Schluss gekommen war, dass die Geschäfte möglicherweise mit steuerrechtlichen Bestimmungen nicht in Einklang stehen. Denn schon vorher war ihm bekannt, dass der angestrebte Profit bei dieser Konstruktion aus der doppelten Anrechnung einer nur einmal gezahlten Steuer resultierte („Double Dip“). Mag er sich zuvor noch keine vertieften Gedanken zur rechtlichen Zulässigkeit gemacht haben, so stand ihm nun, Anfang Januar 2009, vor Augen, dass hierzu eine erneute Untersuchung unter Einschaltung einer Anwaltskanzlei durchgeführt wird, die Frage der Zulässigkeit der Geschäfte also einer genaueren Prüfung unterzogen wurde. Davon, dass bei dieser Prüfung insbesondere auch steuerrechtliche Aspekte eine Rolle spielen, muss er - unabhängig davon, ob ihm der genaue Gutachtenauftrag bekannt war - ausgegangen sein, weil er wusste, dass der zentrale Wirkungsmechanismus gerade auf einer mehrfachen Steuererstattung aufbaute. Alles andere wäre angesichts der durch seinen Beruf und auch durch sein Studium erworben Kenntnisse lebensfremd.

    1539
    (d) Dem Schluss der Kammer stehen auch nicht die Ausführungen im Vermerk des Rechtsanwalts CM vom 30.06.2016 entgegen. Dieser war von der YJ im Zuge der staatsanwaltlichen Ermittlungen zu den BV-Geschäften mandatiert worden. In diesem Zusammenhang hatte er - mehr als drei Jahre zuvor - am 01.03.2013 mit der Zeugin AJ und deren damaligem Vorgesetzten BO ein Gespräch über die Vorgänge um die versagte Genehmigung für die BV-Geschäfte im Jahr 2009 geführt, das er in dem Vermerk vom 30.06.2016 inhaltlich zusammenfasste. Dort heißt es auszugsweise wie folgt:

    1540
    „ …

    1541
    [AJ] und [BO] bestätigten, dass es gemeinsames Verständnis aller Teilnehmer gewesen sei:

    1542
    •dass die Transaktion (trade pattern) höhere Erträge erzielen würde als was durch typisches Dividenden-Stripping erzielt werden könnte;
    •dass diese Erträge durch Steuereffekte erzielt würden;
    •dass es aufgrund dessen möglich war, dass eine doppelte Erstattung der Kapitalertragsteuer vorliegen könnte; und
    •dass all dies von allen beteiligten Personen erkannt wurde oder hätte erkannt werden können.

    1543
    Laut [AJ] und [BO] betrachtete keiner der Teilnehmer die Transaktion (trade pattern) als rechtswidrig, wenn sie diesen Steuereffekt nutzt, weil

    1544
    •die Transaktion am Markt üblich war;
    •[YU LLP] eine Opinion abgegeben hatte, die bestätigte, dass die Nutzung des Steuereffektes rechtmäßig sein sollte; und
    •die Steuerbehörden von diesem Steuereffekt wussten, aber darauf nicht  reagiert  hatten (der  deutsche  Bankenverband hatte in einem Brief an die Steuerbehörden das Geschäft dargelegt). … „

    1545
    Insbesondere der Punkt, keiner der Teilnehmer habe die Transaktion als rechtswidrig betrachtet, weil YU LLP „eine Opinion abgegeben hatte, die bestätigte, dass die Nutzung des Steuereffektes rechtmäßig sein sollte“, könnte zwar dafür sprechen, dass der Angeklagte AO Anfang 2009 doch nicht mit einer nicht nur entfernten Möglichkeit der Steuerrechtswidrigkeit rechnete. Allerdings konnte die Kammer sich bereits nicht davon überzeugen, dass dieser Vermerk den damaligen Gesprächsinhalt korrekt wiedergibt.

    1546
    (aa) Der Verfasser des Vermerks konnte, da er nicht von der anwaltlichen Schweigepflicht entbunden worden war, in der Hauptverhandlung nicht gehört werden.

    1547
    (bb) Die Zeugin AJ hat auf Vorhalt angegeben, sie wundere sich über das Ergebnis im Protokoll. Sie erinnere sich zwar an das Gespräch, könne dessen Inhalt aber nicht mehr wiedergeben. Sie sei sich jedoch sicher, dass der Vermerk das Gespräch nicht  „eins zu eins“ wiedergebe. Wenn sie allerdings gesagt haben sollte, keiner im Team habe die Transaktion für rechtswidrig erachtet, so bedeute dies für sie „alles was mit Strafverfolgung zu tun“ habe. Mit diesem Satz könnte  aber keine direkte Aussage über die Einschätzung der steuerrechtlichen Lage verbunden gewesen sein.

    1548
    Die Kammer hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Zeugin AJ bei ihrer Vernehmung bewusst die Unwahrheit gesagt hat. Soweit sie im Hinblick auf gegen sie gerichtete Ermittlungen wegen anderer CumEx-Komplexe die Aussage auf Fragen zu diesen verweigert hat, ist dies nachvollziehbar und lässt für die Kammer keinen verbindlichen Rückschluss darauf zu, dass sie - soweit sie Angaben gemacht hat - falsch bekundet haben könnte.

    1549
    (cc) Hinzu kommt, dass der Inhalt des Vermerks sich auch nicht in allen Punkten zu anderen, feststehenden Umständen fügt. Eine „verbindliche Opinion“ hatte YU LLP seinerzeit gerade nicht abgegeben. Es war vielmehr beim dem Entwurf verbleiben.

    1550
    (dd) Bei dieser Sachlage brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, inwieweit ein erst mehr als drei Jahre nach einem Gespräch erstellter Vermerk überhaupt verlässliche Rückschlüsse auf einzelne, der Zeugin AJ zugeschriebene, Äußerungen und auf einen bestimmten Wortlaut zulässt.

    1551
    (2) Auch der Umstand, dass die von dem Angeklagten AO im Jahr 2009 durchgeführten Ex-Aktien-Geschäfte von der Steuerabteilung der YJ genehmigt worden waren, spricht nicht dagegen, dass der Angeklagte AO die Möglichkeit erkannt hatte, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die angestrebte Steueranrechnung bzw. ‑erstattung eventuell nicht vorlagen. Vielmehr gilt insoweit:

    1552
    Die Genehmigung der von ihm in 2009 geplanten Geschäfte, die weitgehend im Zusammenhang mit der geplanten Ex-Belieferung standen, war dem Angeklagten AO mit Mail der Zeugin AZ vom 23.01.2009 erteilt worden. Dieser Mail war vorausgegangen, dass er mehrere Geschäftsstrukturen tabellarisch zusammengefasst hatte, die durch die Steuerabteilung genehmigt werden sollten, darunter auch die BV-Geschäfte. Unter den Ziffern 6a bis 6c seiner Tabelle hatte er dabei drei der von ihm in der Vergangenheit praktizierten Ausprägungen der Ex-Aktienlieferungen aufgeführt. Zu diesen Geschäften schrieb die Zeugin AZ dem Angeklagten AO am 23.01.2009, dass sie mit ihrem Vorgesetzten Anthonj die Ex-Dividende-Geschäfte besprochen habe. Beide verstünden, dass die Geschäfte getrennt mit verschiedenen Kontrahenten („street counterparts“) stattfänden und dass keine Cum-Aktien-Geschäfte („cum dividend stock trades“) mit denselben Parteien geschlossen würden. Unter diesen Bedingungen könne den Strategien zugestimmt werden.

    1553
    Diese Ausführungen sind zunächst zwar ein deutlicher Beleg dafür, dass der Zeugin AZ die Bedeutung des Dividendenstichtages und damit einhergehend auch diejenige der Bruttodividende bewusst war. Ebenso sah sie als Mitarbeiterin der Steuerabteilung aber offensichtlich Bedenken an der Verknüpfung von Cum-Geschäften mit Ex-Geschäften, weshalb sie insoweit Einschränkungen für den Handel machte. Dass insoweit steuerliche Gründe maßgeblich waren, lag auf der Hand. Dass die Zeugin AZ an den von dem Angeklagten AO durchgeführten Ex-Geschäften für sich betrachtet keine Bedenken sah, besagte zunächst nur, dass sie für die Bank bei diesen konkreten Geschäften keine steuerlichen Risiken sah.

    1554
    Der Angeklagte AO hatte die unter den Ziff. 6a bis 6c dargestellten Strategien in seiner Beschreibung zwar - ebenso wie die unter Ziff. 5 beschriebene BV-Struktur - „German Basis Opportunity“ genannt. Allerdings fehlten dort Hinweise auf die konkreten Eigenarten der CumEx-Geschäfte, insbesondere auf den dem Angeklagten zu diesem Zeitpunkt bereits bekannten Umstand, dass aufgrund der im Vorfeld getroffenen Absprachen ein bewusstes Zusammenwirken der Aktienverkäufer- und Aktienkäuferseite stattfand. Entsprechend war auch nicht erwähnt, dass der Angeklagte AO im Vorfeld der konkreten Geschäfte von dem Angeklagten CA oder von dem gesondert Verfolgen BR angesprochen werden würde und dass diese ihm die konkreten Volumina und Preise der von ihnen abgesprochenen Cum-Ex-Leerverkaufsgeschäfte mitteilen würden. Die Zustimmung zu diesen Geschäften, die die Zeugin Hölzl dem Angeklagten AO in der Mail vom 23.01.2009 übermittelte, konnte dieser - eben weil er die ihm bekannten prägenden Eigenschaften der Geschäfte zuvor nicht mitgeteilt hatte - deshalb nicht dahin deuten, die YJ halte die Geschäfte nach entsprechender Prüfung für unbedenklich.

    1555
    (3) Bei der Bewertung des im Januar 2009 bei dem Angeklagten AO bestehenden Vorstellungsbildes über die steuerrechtliche Einordnung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass der damalige Vorgesetzte des Angeklagten AO CP später mit Mail vom 07.06.2010 den Entwurf eines weiteren BMF-Schreibens mehreren Mitarbeitern der Bank gegenüber mit den Worten kommentiert hatte, dies sei ein Versuch, die Gesetzeslücken komplett zu schließen. Dies mag zwar darauf hindeuten, dass CP das Vorliegen von Gesetzeslücken dahin deutete, die mehrfache Steueranrechnung bzw. -erstattung sei rechtmäßig. Dies sagt indes unmittelbar nichts darüber, wie der Angeklagte AO im Vorjahr die Rechtslage eingeschätzt hatte, selbst wenn er sich insoweit mit seinem Vorgesetzten CP hierüber ausgetauscht haben sollte, was er im Übrigen so selbst nicht behauptet hat.

    1556
    (4) Nach einer Gesamtschau aller Umstände hat die Kammer keine vernünftigen Zweifel, dass der Angeklagte AO zu Beginn des Jahres 2009 es nun - bei vollständiger Würdigung der diese Geschäfte ausmachenden Umstände - als nicht nur entfernt liegende Möglichkeit erkannt hatte, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die von einem CumEx-Leerkäufer angestrebte Steueranrechnung bzw. ‑erstattung eventuell nicht vorliegen.

    cc) Zeitraum 2010

    1557
    Im Hinblick auf die im Jahr 2010 bei dem Angeklagten AO bestehenden Vorstellungen zur steuerrechtlichen Bewertung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte nimmt die Kammer Bezug auf die vorstehenden Ausführungen. Die Beweisaufnahme hat keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die dafür sprechen, dass sich seine Einschätzung gegenüber dem Vorjahr verändert hatte.

    1558
    Vielmehr ist insoweit zu sehen, dass er - wie er selber angegeben hat - mit seinem Wechsel zu ZD ein noch weiter gehendes Verständnis von der Mechanik und der Organisation des CumEx-Leerverkaufshandels gewann. Dies umfasste etwa auch den Einblick in die - jedenfalls in Einzelfällen angewendete - Methode der mehrfachen Verwendung von Ex-Aktien für eine Belieferung (Recycling). Bei verständiger Würdigung mussten sich Zweifel daran, ob eine derartige Konstellation tatsächlich dazu führen konnte, dass alle Aktienkäufer aus demselben Aktienpaket steuerliche Ansprüche herleiten konnten, geradezu aufdrängen. Dass dies auch der Angeklagte AO erkannte, wird indiziell dadurch gestützt, dass die Organisation „originärer“ Ex-Aktien immer im Vordergrund stand und die Mehrfachverwendung nur dann zum Tragen kam, wenn ansonsten Lieferausfälle drohten, wie der Angeklagte AO im Rahmen der staatsanwaltlichen Ermittlungen erklärte. Dass er diese Angabe so gemacht hatte, hat er auf Nachfrage in der Hauptverhandlung bestätigt.

    1559
    Hiermit im Einklang steht, dass die Organisation der Ex-Aktien nach den Angaben des Angeklagten AO nicht nur darin bestand, lieferbereite Stückegeber zu finden. Vielmehr gaben die Stückegeber oftmals eine Mindestdauer vor, für die der Aktiennehmer die Stücke halten musste, bevor sie an den Stückegeber zurückgehen durften. Insoweit war es auch Aufgabe des Angeklagten AO, Lösungen für die Zwischenlagerung der Aktien zu schaffen („to warehouse“), wenn die Aktien bei den eigentlichen Parteien des CumEx-Leerkaufs so kurz wie möglich im Bestand bleiben sollten. Dass die Vorgaben, die bei allen Stückegebern unterschiedlich ausgestaltet waren, steuerlich motiviert waren, lag nahe. Auch deshalb schließt die Kammer aus, dass der Angeklagte AO die von ihm unterstützten Leerverkaufsgeschäfte über den Dividendenstichtag für unbedenklich hielt.

    1560
    Dahinstehen kann, zu welchem genauen Zeitpunkt der Angeklagte AO - was er als solches ebenfalls eingeräumt hat - erstmals konkret bemerkte, dass die Marktteilnehmer, weil sie ihre Geschäfte nicht in einen Kontext zu den Regelungen in den BMF-Schreiben stellen wollten, den Begriff „CumEx“ zunehmend vermieden. Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zweifelt die Kammer nicht daran, dass sich das bei dem Angeklagten AO spätestens zu Beginn des Jahres 2009 entwickelte Bewusstsein dazu, dass CumEx-Leerverkäufe möglicherweise keinen Anspruch auf eine mehrfache Steueranrechnung oder -erstattung begründen könnten, auch noch im Jahr 2010 vorhanden war.

    c) Angaben gegenüber der Finanzbehörde

    1561
    Die Kammer hat sich keine Überzeugung davon verschaffen können, dass der Angeklagte AO bereits in den Jahren 2007 und 2008 eine Vorstellung davon hatte, die von dem CumEx-Leerkäufer im Rahmen des Steuerverfahrens abgegebene Erklärung zur Anrechnung oder Erstattung der Steuer könne unrichtig oder unvollständig sein. Hingegen hatte er dies zur Überzeugung der Kammer ab dem Jahr 2009 als sehr wahrscheinlich erkannt.

    aa) Zeitraum 2007 und 2008

    1562
    Für die Jahre 2007 und 2008 kann die Kammer insoweit weitgehend auf die vorstehenden Erwägungen zur steuerrechtlichen Einschätzung des Angeklagten AO Bezug nehmen. Selbst wenn er aber bereits in diesen Jahren die Möglichkeit des Nichtvorliegens der Anrechnungsvoraussetztungen in Erwägung gezogen haben sollte - etwa weil in Gesprächen mit dem Angeklagten CA und dem gesondert Verfolgten BM auch Steuerrisiken erwähnt worden waren, der Investor BV die YJ aber insoweit von jeglicher Haftung entbunden hatte - ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte AO auch das weitere Steuerverfahren bereits gedanklich vertieft reflektiert hatte. Dies liegt aus Sicht der Kammer auch nicht nahe, da er in das Aufsetzen von CumEx-Leerverkaufsstrukturen nicht eingebunden war, sondern - im Jahr 2007 - lediglich beim Handel der Aktien und der Futures auf Grundlage der Planungen des Angeklagten CA beteiligt war. Seine Rolle hatte sich insoweit zwar zum Jahr 2008 geändert, gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass er insoweit mit rechtlichen Fragen zu der Struktur befasst war und innerhalb der Bank falsche Angaben im Rahmen des Genehmigungsprozesses für das Jahr 2008 gemacht hatte.

    bb) Zeitraum 2009 und 2010

    1563
    Anders ist dies indes für die Jahre 2009 und 2010 zu beurteilen.

    1564
    (1) Dass eine Finanzbehörde nicht von selbst Steueranrechnungen vornimmt oder Steuern erstattet, sondern nur auf Initiative des Steuerschuldners bzw. einer für diesen handelnden Person tätig wird, liegt auf der Hand. Dass der Angeklagte AO, der parallel ein buchhalterisch ausgerichtetes Studium absolvierte, dieses Allgemeinwissen nicht hatte, ist auszuschließen.

    1565
    (2) Wie oben zu den Vorgängen um den Gutachtenentwurf von Rechtsanwalt BF dargestellt, wusste der Angeklagte AO, dass in dem Entwurf nicht der vollständige Sachverhalt begutachtet worden war. Soweit dort ausgeführt war, es könne nicht sicher prognostiziert werden, was der Aktienkäufer später mache, drängte sich die Erwägung auf, dass dieser sich in gleichem Maße darauf zurückziehen würde, er könne nicht wissen, ob er Aktien von einem Leerverkäufer erwerbe. Der Angeklagte AO wusste aber um die Leerverkäufe und die Nichtbelastung des Aktienverkäufers mit der Steuer; denn gerade daraus erklärte sich das Geschäftsmodell der Ex-Eindeckungsgeschäfte.

    1566
    Angesichts dessen sprach - auch angesichts der Bedeutung der Steuererstattung für die Wirtschaftlichkeit der Geschäfte - nichts oder allenfalls nur sehr wenig dafür, dass ein Leerkäufer der Finanzbehörde gegenüber den Sachverhalt offenlegen und mitteilen würde, dass der geltend gemachten Steueranrechnung oder ‑erstattung kein korrespondierender Steuerabzug bzw. -einbehalt zugrunde lag und die Steuer auch nicht an die Finanzbehörde abgeführt worden war. Eine solche Motivation ergibt sich zwar grundsätzlich aus dem Umstand, dass andernfalls das Risiko einer Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO besteht. Dass der Angeklagte AO aber dies erwog, ist nicht ersichtlich, weil er, wie er ausführte, niemals daran gedacht habe, er oder andere würden sich strafbar machen.

    1567
    Bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände bezweifelt die Kammer nicht, dass der Angeklagte AO es als sehr wahrscheindlich erkannt hatte, dass der wahre Sachverhalt - in Form der unterbliebenen vorherigen Steuererhebung und -abführung - den Finanzbehörden nicht mitgeteilt würde.

    1568
    Insoweit hatte der Angeklagte AO zur Überzeugung der Kammer auch erkannt, dass den Finanzbehörden keine falschen Tatsachen mitgeteilt werden dürfen bzw. dass jedenfalls die Tatsache der Leerverkäufe bzw. der unterbliebenen Belastung des Aktienverkäufers mit der Steuer den Finanzbehörden mitzuteilen war, sofern dieser Umstand dazu führte, dass - wie von ihm als möglich erkannt - die Steueranrechnung oder -erstattung zu versagen war. Dass die Steuerbehörden ein Interesse daran haben, alle steuereheblichen Tatsachen mitgeteilt zu bekommen, liegt auf der Hand. Nichts spricht dafür, dass der Angeklagte AO dies anders beurteilt haben könnte.

    d) Subjektive Tatseite des Angeklagten CA

    1569
    Dass der Angeklagte AO schließlich die Möglichkeit sah, der Angeklagte CA könne die steuerrechtliche Lage und die hierfür maßgeblichen Tatsachen - wie insbesondere den Leerverkauf ohne Steuerabzug und die unrichtige Erklärung gegenüber den Finanzbehörden - in gleicher Weise erkennen und werten, ergibt sich daraus, dass dieser, wie der Angeklagte AO wusste, deutlich umfangreicher in CumEx-Leerverkaufsgeschäfte und deren Organisation eingebunden war und auch schon an Einführung der BV-Geschäfte - wenn auch nicht federführend - mitgewirkt hatte. Es ist deshalb nicht ersichtlich, weshalb der Angeklagte AO davon hätte ausgehen sollen, dass der Angeklagte CA die steuerrechtlichen Vorgänge anders beurteilt als er selbst.

    e) Billigung aller Umstände

    1570
    Dass der Angeklagte AO die für möglich erkannten Umstände auch billigte, zeigt sich in seiner Teilnahme an den Geschäften und der Unterstützung der ZD-initiierten Geschäfte durch die Belieferung der Leerverkäufer mit Ex-Aktien. Es ist nicht ersichtlich, was den Angeklagten AO gehindert hätte, sich insoweit nicht am CumEx-Handel zu beteiligen. Auch sein späterer Wechsel gerade zu der ZD-Gruppe zeigt, dass er keine inneren Probleme damit hatte, Geschäfte zu unterstützen, denen es (möglicherweise) an einer steuerrechtlichen Grundlage fehlte.

    VII. Aufklärungsbeiträge der Angeklagten

    1571
    Die Feststellungen zu den im Rahmen der Ermittlungen von den Angeklagten geleisteten Aufklärungsbeiträgen beruhen zunächst auf den umfangreichen Aussagen der Zeugen EKHK BN (LKA NRW) und ORR AV (Bundeszentralamt für Steuern), die beide teilweise an den zahlreichen Vernehmungen der Angeklagten als Vernehmungsbeamte teilgenommen hatten und darüber hinaus aufgrund ihrer Befassung mit den strafrechtlichen und steuerrechtlichen Ermittlungen über den Inhalt der Vernehmungen im Bilde waren, an denen sie nicht selbst hatten teilnehmen können. Des Weiteren sind die zahlreichen, bei der Staatsanwaltschaft Köln geführten Ermittlungskomplexe, auf die sich die bisherigen Angaben der Angeklagten konkret ausgewirkt haben, in dem Vermerk der Staatsanwältin CN vom 31.01.2020 aufgeführt. Zu weiteren während des Laufs der Hauptverhandlung vom Angeklagten CA im Rahmen weiter Vernehmungen und Besprechungen gemachten Angaben und Aufklärungshilfen verhalten sich die Vermerke des Finanzbediensteten AR (Finanzamt YB) vom 12.03.2020 und der Finanzbeamten CI und AV vom 09.03.2020.

    VIII. Zahlung des Angeklagten CA

    1572
    Die Feststellungen zu der seitens des Angeklagten CA erbrachten Zahlung an die Staatskasse in Höhe von 3 Mio. Euro beruhen auf seiner im Rahmen der Hauptverhandlung unter Vorlage eines Überweisungsbeleges getätigten Erklärung.

    D. Rechtliche Würdigung

    Der Angeklagte CA

    1573
    Auf Grundlage der getroffenen Feststellungen ist der Angeklagte CA der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in zehn Fällen schuldig sowie der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, 27 StGB in einem weiteren Fall.

    1574
    Die Ahndung der Taten ist nicht infolge einer Verfolgungsverjährung nach § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen. Die nach § 376 Abs. 1, § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO in sämtlichen Fällen zehn Jahre betragende Verjährungsfrist begann jeweils frühestens im Jahr 2009 zu laufen, da keine Tat zu einem früheren Zeitpunkt im Sinne des § 78a Satz 1 StGB beendet wurde. Durch die mit Schreiben der Staatsanwaltschaft Köln vom 17.08.2017 gegenüber dem Angeklagten CA erfolgte Bekanntgabe des Ermittlungsverfahrens (Hauptakte Band 7 Bl. 1761 d.A.) sowie die am 14.12.2017 begonnenen Vernehmungen, die sich auf sämtliche abgeurteilte Taten bezogen, wurde die Verjährung jeweils nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB rechtzeitig unterbrochen. Da es für die Anwendbarkeit des § 376 Abs. 1 AO in Fällen der Teilnahme auf die für den Haupttäter geltende Verjährungsfrist ankommt (Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 376 Rn. 14c), reicht es hinsichtlich Fall 1 aus, dass im Rahmen der Haupttat die Voraussetzungen des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO erfüllt wurden (vgl. auch Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 376 Rn. 14b). Auch war Verjährung hinsichtlich der Haupttäter - die gesondert Verfolgten BP, BX und AE - nicht eingetreten (zur diesbezüglichen Relevanz BGH, Beschluss vom 15.04.2020 - 5 StR 435/19, juris Rn. 16). Diesen gegenüber erfolgten bereits im Jahr 2015 bzw. 2016 verjährungsunterbrechende Maßnahmen nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4 StGB.

    I. Fall 1

    1575
    Der Angeklagte CA hat sich wegen seiner im Rahmen von Fall 1 erbrachten Beiträge der Beihilfe zur Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 StGB schuldig gemacht. Der Angeklagte hat zumindest den gesondert Verfolgten BP, BX und AE zu deren vorsätzlich und rechtswidrig begangener Steuerhinterziehung Hilfe geleistet.

    1. Vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat

    1576
    Die gesondert Verfolgten BP, BX und AE haben gemeinsam den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vorsätzlich und rechtswidrig verwirklicht, indem die von den gesondert Verfolgten BP und BX unterzeichnete Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2007 nebst Anlagen bei dem Finanzamt YC eingereicht wurde, woraufhin zu Unrecht Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge zugunsten der Einziehungsbeteiligten im Umfang von insgesamt 37.356.589,95 Euro angerechnet wurden.

    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    1577
    Die am 06.01.2009 von den gesondert Verfolgten BP und BX unterzeichnete und anschließend beim Finanzamt YC eingereichte Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2007 enthält unrichtige, jedenfalls aber unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen. Den Angaben in der Anlage WA zur Steuererklärung sowie den beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ist unter anderem die Erklärung zu entnehmen, dass hinsichtlich Kapitalertragsteuern in Höhe von 35.409.090,00 Euro und Solidaritätszuschlägen in Höhe von 1.947.499,95 Euro ein der YT-Bank als Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten zurechenbarer Steuereinbehalt stattgefunden hat. Diese Angabe ist unrichtig, da auf die von der YT-Bank im Veranlagungszeitraum 2007 erzielten Kapitaleinkünfte in Gestalt von Dividendenkompensationszahlungen ein entsprechender Steuereinbehalt nicht stattgefunden hat.

    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärung

    1578
    Die gesondert Verfolgten BP und BX haben im Rahmen der Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2007 gegenüber dem Finanzamt YC und damit gegenüber einer Finanzbehörde im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO unter anderem die steuerlich erhebliche Tatsache erklärt, dass ein der YT-Bank zurechenbarer Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen im Umfang von 35.409.090,00 Euro bzw. im Umfang von 1.947.499,95 Euro auf Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen erfolgt ist.

    1579
    (1) Steuerlich erheblich sind Tatsachen, wenn sie zur Ausfüllung eines Besteuerungstatbestandes herangezogen werden müssen und damit Grund und Höhe des Steueranspruchs oder des Steuervorteils beeinflussen oder wenn sie die Finanzbehörde zur Einwirkung auf den Steueranspruch sonst veranlassen können (BGH, Urteil vom 27.09.2002 - 5 StR 97/02, juris Rn. 20; Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 186). Dabei können steuerlich erhebliche Tatsachen sowohl ausdrücklich als auch konkludent erklärt werden (Rolletschke, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 370 Rn. 41). Konkludente Erklärungen erfolgen insbesondere in amtlichen Steuervordrucken, da die erforderlichen Angaben in den amtlichen Vordrucken sich in der Regel in der Wiedergabe von Summen- oder Mengenangaben erschöpfen (vgl. BeckOK-AO/Ibold, 12. Edition 15.04.2020, § 370 Rn. 116 f., 132 f.; MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, 3. Aufl., § 370 AO Rn. 228). Diesen verkürzten Angaben geht eine rechtliche Subsumtion des Erklärenden unter den zugrunde gelegten Sachverhalt voraus; entsprechend wird neben der angewandten Rechtsansicht auch ein bestimmter Sachverhalt miterklärt (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 25). Der Erklärungswert einer konkludenten Aussage bezüglich der miterklärten Tatsache bemisst sich hierbei nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, den Richtlinien der Finanzverwaltung und der regelmäßigen Veranlagungspraxis (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 25 f.). Bei Einreichung einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck im Sinne des § 150 Abs. 1 AO wird durch die Nutzung des ausgefüllten Formulars im Übrigen regelmäßig zum Ausdruck gebracht, der Erklärende habe sämtliche erheblichen Umstände vollständig erklärt (Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 184).

    1580
    Bereits bei der Ermittlung des durch die Angabe eines bestimmten Betrages in einem amtlichen Steuervordruck miterklärten Sachverhaltes ist zu berücksichtigen, dass es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei steht, jeweils die ihm günstige steuerrechtliche Gestaltung zu wählen. Er macht jedenfalls dann keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben, wenn er offen oder verdeckt eine ihm günstige unzutreffende Rechtsansicht vertritt, aber die steuerlich erheblichen Tatsachen richtig und vollständig vorträgt und es dem Finanzamt dadurch ermöglicht, die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung zutreffend festzusetzen (BGH, Urteil vom 10.11.1999 - 5 StR 221/99, juris Rn. 23). Daher sind bei der Auslegung der gegenüber den zuständigen Stellen getätigten Äußerungen nicht nur die Angaben in den amtlichen Vordrucken, sondern auch etwaige weitere Erklärungen zu berücksichtigen, die etwa im Rahmen von Begleitschreiben oder an anderer Stelle getätigt werden.

    1581
    Nach diesen Maßgaben sind Erklärungen zu steuerlich erheblichen Tatsachen insbesondere in der Anlage WA 2007 zur Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2007 sowie in den der Steuererklärung beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen enthalten. Den dortigen Angaben ist die Erklärung zu entnehmen, dass die YT-Bank im Jahr 2007 Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, auf die Kapitalertragsteuern im Umfang von 35.409.090,00 Euro und Solidaritätszuschläge in Höhe von 1.947.499,95 Euro einbehalten worden sind.

    1582
    Die in den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Steuerbeträge in Höhe von insgesamt 35.409.090,00 Euro bzw. 1.947.499,95 Euro sind in vollem Umfang von den in den Zeilen 3a (44.712.400,34 Euro) und 6 (2.460.600,99 Euro) der Anlage WA zur Körperschaftssteuererklärung 2007 eingetragenen Beträgen umfasst, hinsichtlich derer es sich ausweislich der im amtlichen Steuervordruck in Anlage WA 2007 enthaltenen Bezeichnung um „Anzurechnende Beträge“ handeln soll. Anzurechnen waren im Zusammenhang mit Dividenden und Dividendenkompensationszahlungen stehende Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] jedoch nur, wenn sie auf Kapitalerträge tatsächlich „erhoben“ worden sind. Erhoben ist die Kapitalertragsteuer, wenn sie von dem Entrichtungspflichtigen der Kapitalertragsteuer für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde. Auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt kommt es zwar nicht an (vgl. BFH, Urteil vom 23.04.1996 - VIII R 30/93, juris Rn. 14; FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 99 f.). Voraussetzung einer Anrechnung ist jedoch stets, dass die betroffene Steuer tatsächlich ordnungsgemäß einbehalten worden ist. Dies ergibt sich aus dem Zweck einer Abzugssteuer, zunächst den Steuerbetrag zu sichern und die spätere Anrechnung von einer näheren Prüfung der Anrechnungsvoraussetzungen abhängig zu machen (Bruns, DStZ 2012, 333, 336; zum Sicherungszweck der Erhebung von Kapitalertragsteuern auch BFH, Urteil vom 08.09.2010 - I R 90/09, juris Rn. 13, 18).

    1583
    Vor diesem Hintergrund bringen die Angaben in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 zur Körperschaftssteuererklärung zum Ausdruck, dass sich die zur Anrechnung gebrachten Beträge auf tatsächlich einbehaltene Steuern beziehen. Dass der Steuereinbehalt jedenfalls im Umfang von 35.409.090,00 Euro und 1.947.499,95 Euro auf Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen erfolgt sein soll, ergibt sich aus den der Steuererklärung beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen. Denn eine solche Bescheinigung war im Falle eines tatsächlichen Steuereinbehaltes demjenigen auszustellen, der eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung bezogen hat. Dabei folgte aus § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007], dass der Inhalt der Bescheinigung im Falle des Bezugs einer Dividendenkompensationszahlung demjenigen im Fall des Bezugs einer Dividende entsprach. Durch die Beifügung der Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen wurde im Rahmen der Steuererklärung zum Ausdruck gebracht, dass die in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 eingetragenen Beträge im Umfang der in den Bescheinigungen ausgewiesenen Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf Steuern entfallen, die im Zusammenhang mit einem der YT-Bank zuzurechnenden Bezug von Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen erhoben, mithin einbehalten worden sind.

    1584
    (2) Soweit teilweise vertreten wird, dass sich die Erklärungspflicht des Steuerpflichtigen im Rahmen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] und dementsprechend auch der Erklärungsgehalt der Körperschaftssteuererklärung auf die Vorlage der Steuerbescheinigung nach § 45a Abs. 2 oder 3 EStG [VZ 2007] beschränke, da hierdurch der Nachweis der Erhebung der Kapitalertragsteuer geführt werde (Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103; Desens, DStZ 2014, 154, 158; Loritz, WM 2017, 353, 357 f.; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1248; Podewils, FR 2014, 1064, 1067; vgl. ferner Spilker, FR 2017, 469, 472 ff.), geht dies fehl. Die Steuerbescheinigung stellt nach der eindeutigen Formulierung in § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 und Satz 2 EStG [VZ 2007] lediglich eine zusätzliche Anrechnungsvoraussetzung dar, die neben die in § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] darüber hinaus normierten Voraussetzungen tritt (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 104 ff.; OLG Köln, Urteil vom 11.12.2014 - 7 U 23/14, juris Rn. 51; Anzinger, RdF 2012, 394, 398; Bruns, DStZ 2012, 333, 337; Knauer/Schomburg, NStZ 2019, 305, 307; Schön, RdF 2015, 115, 118, 127 ff.; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794 f.). Weder Wortlaut noch Gesetzesbegründung lassen Anhaltspunkte dafür erkennen, dass eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer immer schon dann vorzunehmen sei, wenn der Betroffene eine Steuerbescheinigung vorlegen kann, nicht aber die weiteren Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] erfüllt sind. Vielmehr hat das Finanzamt im Veranlagungsverfahren die wirkliche Rechtslage zu prüfen, damit die bescheinigte Steuer beim wirklich Berechtigten angerechnet wird (BFH, Urteil vom 29.04.2008 - VIII R 28/07, juris Rn. 41).

    1585
    Werden konkrete Beträge im Rahmen der Körperschaftssteuererklärung zur Anrechnung gebracht, kann dies nach alldem allein dahin verstanden werden, dass sämtliche Anrechnungsvoraussetzungen vorliegen. Dies beinhaltet neben der Ausstellung der Steuerbescheinigung, dass eine Erhebung von Steuern tatsächlich stattgefunden hat, und dass diese demjenigen zuzurechnen ist, der die Steueranrechnung begehrt.

    bb) Unrichtigkeit der Angaben

    1586
    Die Angaben gegenüber dem Finanzamt YC waren unrichtig im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Hinsichtlich der in den Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Kapitalertragsteuern (35.409.090,00 Euro) nebst Solidaritätszuschlägen (1.947.499,95 Euro) hat kein der YT-Bank zurechenbarer Steuereinbehalt stattgefunden. Infolgedessen lagen die Tatsachenvoraussetzungen für eine Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] entgegen des Erklärungsgehaltes, der der Eintragung der Beträge in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 sowie der Beifügung der Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen zukommt, nicht vor.

    1587
    Die in Anlage WA 2007 zur Steuererklärung getätigten Angaben wären zum einen dann richtig gewesen, wenn die YT-Bank im Veranlagungszeitraum 2007 Dividenden bezogen hätte, auf die ein Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen in dem zur Anrechnung gebrachten Umfang stattgefunden hat (1). Zum anderen wären die Erklärungen zutreffend gewesen, wenn die YT-Bank im Veranlagungszeitraum 2007 Dividendenkompensationszahlungen bezogen hätte, auf die ein Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen in dem zur Anrechnung gebrachten Umfang stattgefunden hat (2). Beides ist nicht der Fall. Der YT-Bank sind im Hinblick auf die in den Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften bezeichneten Aktien die im Veranlagungszeitraum 2007 ausgeschütteten Dividenden nicht zuzurechnen, sondern lediglich die von ihr vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen. Ein Einbehalt von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen ist jedoch allenfalls auf die Dividenden, nicht jedoch auf die Dividendenkompensationszahlungen erfolgt.

    1588
    Gegenüber dem Finanzamt YC ist auch weder der Umstand, dass die YT-Bank keine Dividenden, sondern Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat noch die Tatsache, dass ein Steuereinbehalt auf diese nicht erfolgt ist, offenbart worden. Entsprechende Hinweise finden sich nicht in der Körperschaftssteuererklärung 2007 und wurden auch - jedenfalls vor Tatvollendung - nicht im Rahmen eines Begleitschreibens oder auf sonstige Weise gegenüber dem Finanzamt geäußert. Es liegt demnach kein Fall vor, in dem lediglich eine für die Einziehungsbeteiligte günstige Rechtsansicht unter Offenlegung sämtlicher Tatsachen gegenüber den zuständigen Finanzbehörden vertreten worden wäre. Denn das Finanzamt YC war auf Grundlage der ihm mitgeteilten Tatsachen schon nicht in der Lage zu prüfen, welche Art von Kapitalerträgen die YT-Bank tatsächlich bezogen hat und ob auf diese Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge tatsächlich einbehalten worden sind. Die Angaben sind vor diesem Hintergrund jedenfalls auch unvollständig im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, da die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen nicht wie von § 90 Abs. 1 Satz 2 AO gefordert vollständig und wahrheitsgemäß offengelegt wurden. Jedenfalls der nicht erfolgte Steuerabzug auf die von der YT-Bank allein bezogene Dividendenkompensationszahlung wäre mitteilungspflichtig gewesen, da hieraus das Fehlen der Voraussetzungen einer Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007] folgt. Eine hiervon abweichende - höchstrichterliche - finanzgerichtliche Rechtsprechung, auf die sich die Einziehungsbeteiligte hätte berufen können, existiere weder im Erklärungs- noch zu einem anderen Zeitpunkt (hierzu sogleich).

    1589
    (1) Der YT-Bank sind im Hinblick auf die in den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Aktien keine Dividenden zuzurechnen. Dementsprechend ergibt sich ein ihr zuzurechnender Steuereinbehalt nicht daraus, dass hinsichtlich der von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividendenzahlungen Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen bei den Emittenten einbehalten worden sind.

    1590
    Zur Anrechnung der auf Dividenden erhobenen Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nach § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] berechtigt war der Steuerschuldner und damit nach § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] der Gläubiger der Kapitalerträge, also derjenige, der die Einkünfte aus Kapitalvermögen - hier in Gestalt der Dividende - erzielt hat. Dies ist nach § 20 Abs. 2a Satz 1 EStG [VZ 2007] der Anteilseigner. Als Anteilseigner benennt § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2007] wiederum denjenigen, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind. Dies ist nach § 39 Abs. 1 AO der (zivilrechtliche) Eigentümer der Aktien, unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der sogenannte „wirtschaftliche“ Eigentümer. Die YT-Bank war im Zeitpunkt der jeweiligen Gewinnverteilungsbeschlüsse indes weder zivilrechtliche Eigentümerin der Aktien im Sinne des § 39 Abs. 1 AO noch „wirtschaftliche“ Eigentümerin im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO.

    1591
    (a) Die YT-Bank war im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse nicht Anteilseignerin der Aktien nach § 39 Abs. 1 AO, da ihr das zivilrechtliche Eigentum erst in den Folgetagen übertragen wurde.

    1592
    Bei girosammelverwahrten Aktien ist der Depotinhaber nach Maßgabe der §§ 741, 1008 BGB; § 6 Abs. 1 DepotG Miteigentümer nach Bruchteilen an den zum Sammelbestand des Verwahrers gehörenden Wertpapieren derselben Art (vgl. auch FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 73; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 240; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 5. Aufl., Band 1, § 72 Rn. 79 f.). Für jede Aktiengattung wird seitens der Verwahrstelle regelmäßig nur eine einzige Globalurkunde verwahrt, an der die Aktionäre - vermittelt über ihre Depotbanken - mehrstufigen mittelbaren Mitbesitz innehaben. Die Größe der Bruchteile am Miteigentum bestimmt sich gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 DepotG nach der Höhe des Nennbetrags der im Depotkonto gebuchten Aktien im Verhältnis zum Gesamtnennbetrag pro Aktiengattung oder bei Stückaktien nach den Stückzahlen der gehaltenen Aktien (vgl. FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 73; Anzinger, RdF 2012, 394, 398). Die Übertragung des Eigentums erfolgt entsprechend den sachenrechtlichen Grundsätzen bei girosammelverwahrten Aktien mit der Übertragung des Mitbesitzes an der Globalurkunde nach § 930 BGB durch Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses (FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 64 f.; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 242; ferner BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 40). Dazu weist die Depotbank des Veräußerers die Wertpapiersammelbank an, nicht mehr für sie, sondern für die Depotbank des Erwerbers zu besitzen, die dann einen entsprechenden Besitzmittlungswillen zugunsten des Erwerbers begründet (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 74; Anzinger, RdF 2012, 394, 398). Die Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses ist vollendet, wenn der betreffende Aktienbestand dem Depotkonto des Erwerbers gutgeschrieben worden ist.

    1593
    Hiervon ausgehend war die YT-Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse nicht zivilrechtliche Eigentümerin der in den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen Aktienbestände im Sinne des § 39 Abs. 1 AO. Denn die Umbuchung des Aktienbestandes und damit der Abschluss des zivilrechtlichen Eigentumserwerbes geschah in sämtlichen Fällen erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen der Emittenten der Aktien.

    1594
    (b) Die YT-Bank war im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse weiterhin auch nicht „wirtschaftliche“ Eigentümerin im Sinne des § 39 Abs. 2 AO. Dies ergibt sich eindeutig aus den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und steht - entgegen einer in der Literatur anzutreffenden Auffassung (vgl. etwa Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099 ff.; Desens, DStZ 2012, 142, 149 f.; Englisch, FR 2010, 1023, 1026 ff.; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 354; ders., Stbg 2020, 165, 166 f.) - auch nicht im Widerspruch zur früheren oder gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

    1595
    Die YT-Bank hat wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO nicht bereits dadurch erlangt, dass sie Kaufverträge über die verfahrensgegenständlichen Aktien abgeschlossen hat. Wirtschaftliches Eigentum im Sinne der Vorschrift hat derjenige, der nicht zivilrechtlicher Eigentümer eines Wirtschaftsgutes ist, die tatsächliche Herrschaft über dieses Wirtschaftsgut aber in einer Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Diese Voraussetzung hat die YT-Bank im Zeitpunkt der jeweiligen Gewinnverteilungsbeschlüsse nicht erfüllt, so dass die Aktien nach dem in § 39 Abs. 1 AO aufgestellten Grundsatz allein den zivilrechtlichen Aktieninhabern zuzurechnen waren. Eine gleichzeitige Zurechnung der Aktien über § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zugunsten der YT-Bank kommt von vornherein nicht in Betracht.

    1596
    (aa) Aufbau und Wortlaut des § 39 AO lassen allein die Auslegung zu, dass ein Wirtschaftsgut (hier in Gestalt der Aktie) immer nur entweder dem zivilrechtlichen Eigentümer oder dem wirtschaftlichen Eigentümer zugerechnet werden kann (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 70; FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 77; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 266 ff.; Anzinger, RdF 2012, 394, 400 ff.; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 44 f.; Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; ders., DStZ 2011, 676, 680; Florstedt, FR 2016, 641 ff., 651; ders., NZG 2017, 601, 603 ff.; ders. StuW 2018, 216, 221 f.; Haarmann, BB 2018, 1623, 1635; Pflaum, StBp 2015, 185, 189; Rau, DStR 2010, 1267, 1271; ders., FR 2014, 1012, 1018 f.; ders., DStR 2017, 1852, 1854 f.; Schön, RdF 2015, 115, 121; Spengel, FR 2017, 545, 547; ders./Eisgruber, DStR 2015, 785, 787 f.; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 67 f., 76; ders., DStR 2018, 1976, 1977).

    1597
    § 39 AO stellt in Abs. 1 den Grundsatz auf, dass Wirtschaftsgüter dem (zivilrechtlichen) Eigentümer zuzurechnen sind. Abs. 2 der Regelung, der auf den wirtschaftlichen Eigentümer und die Zurechnung von Wirtschaftsgütern beim Vorhandensein einer Gesamthand eingeht, wird hieran anschließend durch den Passus „Abweichend von Absatz 1“ eingeleitet. Diese Formulierung weist erkennbar darauf hin, dass ein Wirtschaftsgut nur entweder allein dem zivilrechtlichen Eigentümer (§ 39 Abs. 1 AO) oder Personen i.S.v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zugerechnet werden kann oder ein Fall der - vorliegend nicht betroffenen - Gesamthand vorliegt, die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO indes zur Folge hat, dass das jeweilige Wirtschaftsgut den Beteiligten auch jeweils nur anteilig zugerechnet wird. Hinzu kommt, dass kennzeichnend für den sogenannten wirtschaftlichen Eigentümer nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO gerade ist, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut „wirtschaftlich ausschließen“ kann. Die unmittelbare Verankerung des Ausschließlichkeitskriteriums in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO lässt es von vornherein ausgeschlossen erscheinen, dass eine Aktie in einem bestimmten Zeitpunkt mehreren Personen jeweils in vollem Umfang steuerrechtlich zugerechnet werden kann.

    1598
    Das am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis zu § 39 Abs. 2 AO deckt sich auch mit der Entstehungsgeschichte der Norm. § 39 Abs. 2 AO verkörpert die Leasingrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (hierzu BFH, Urteil vom 26.01.1970 - IV R 144/66, juris Rn. 69), nach der einer Person erst dann das wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist, wenn sie den (zivilrechtlichen) Eigentümer auf Dauer von den Vorzügen des Eigentums ausschließen kann (vgl. FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 77; Anzinger, RdF 2012, 394, 400; Florstedt, FR 2016, 641, 642). Auch historisch soll die Vorschrift daher Konstellationen erfassen, in denen ein bestimmtes Wirtschaftsgut nur einem einzigen Rechtsträger zugeordnet wird.

    1599
    Ferner stehen auch Sinn und Zweck des § 39 AO der Annahme entgegen, ein Wirtschaftsgut könne in einem bestimmten Zeitpunkt mehreren Personen (in vollem Umfang) zuzurechnen sein (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 77, 82; Anzinger, RdF 2012, 394, 400 f.; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 45). Die Vorschrift ist Ausdruck der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht, wonach Finanzierungslasten nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit getragen werden sollen (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 16.12.1970 - 1 BvR 210/68, juris Rn. 19 f.). Dabei folgt die Vorschrift grundsätzlich der sachenrechtlichen Eigentumsordnung, da diese die Vermögensordnung prägt und das Eigentum eine eindeutige Zurechnung ermöglicht. Nur dort, wo das Eigentum auch im bürgerlichen Vermögensrecht nicht mehr Ausdruck einer absolut geschützten Vermögensposition ist, weil es von gewohnheitsrechtlich besonders geschützten schuldrechtlichen Ansprüchen oder Anwartschaftsrechten überlagert wird, rückt das Steuerrecht von der eigentumsrechtlichen Vermögenszuordnung ab. Dies kann beispielsweise in der Zwangsvollstreckung und im Insolvenzverfahren der Fall sein oder in denjenigen Konstellationen, in denen bereits vor Erfüllung sämtlicher Erwerbsvoraussetzungen einer Person ein Anwartschaftsrecht an einer Sache eingeräumt wird (Anzinger, RdF 2012, 394, 400 f.). All diesen Konstellationen ist indes immanent, dass ein bestimmtes Wirtschaftsgut immer nur einer Person (oder Personenmehrheit) zugeordnet wird. Kann ein bestimmter Vermögensgegenstand in einem bestimmten Zeitpunkt nur einem einzigen Rechtsträger vollumfänglich zuzuordnen sein und versucht das Steuerrecht lediglich, diese Vermögenszuordnung abzubilden, kann auch nach dem Zweck des § 39 AO jedes Wirtschaftsgut nur einem einzigen Steuerpflichtigen zugerechnet werden.

    1600
    (bb) Nach dem Vorstehenden scheidet eine Zurechnung der Aktien zugunsten der YT-Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse bereits vor dem Hintergrund aus, dass sie die zivilrechtlichen Eigentümer nicht in der von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO geforderten Art und Weise von der Einwirkung auf die Aktien ausschließen konnte.

    1601
    Die YT-Bank stand zu den ursprünglichen Aktieninhabern in keiner rechtlichen Beziehung, sondern erwarb lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen ihren unmittelbaren Vertragspartner auf Übereignung der Aktien. Die jeweiligen Vertragspartner der YT-Bank hatten die veräußerten Aktien weder im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch am Tag der Gewinnverteilungsbeschlüsse selbst in ihrem Bestand. Vielmehr beschafften sie sich die zur Erfüllung der mit der YT-Bank erforderlichen Aktien erst nach den Dividendenstichtagen im Rahmen der Ex-Eindeckung. Im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse war zugunsten der YT-Bank allein ein Lieferanspruch gegen ihre Vertragspartner auf Übereignung eines bestimmten Anteils an einer bestimmten Aktiengattung begründet. Dieser Anspruch war vor dem Hintergrund, dass der Kaufvertrag vor dem Dividendenstichtag abgeschlossen wurde, zwar auf die Übereignung von Aktien bzw. eines Aktienanteils mit Dividendenbezugsrecht gerichtet, er war aber gleichwohl nicht rechtlich geschützt wie das Eigentum an der Aktie. Insbesondere konnte das absolute Eigentumsrecht derjenigen, die im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse tatsächlich zivilrechtliche Eigentümer der betroffenen Aktien bzw. Aktienanteile waren, durch den nur relativ wirkenden Anspruch der YT-Bank gegen ihre Vertragspartner in keiner Weise beeinträchtigt werden.

    1602
    Die sich aus § 903 BGB ergebenden Befugnisse derjenigen, die im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse zivilrechtliche Eigentümer der betroffenen Aktien waren, konnte die YT-Bank nicht, insbesondere nicht in der von § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO umschriebenen Art und Weise beeinflussen. Bis zur Eigentumsübertragung verblieben die Stimm- und Bezugsrechte, insbesondere nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AktG sowie nach § 58 Abs. 4 AktG a.F., bei den ursprünglichen Aktieninhabern. Die YT-Bank war nicht in der Lage, die zivilrechtlichen Eigentümer von der Sachherrschaft über die Aktien auszuschließen. Diese konnten mit den Aktien bzw. ihren Aktienanteilen nach freiem Belieben verfügen, also auch darüber entscheiden, ob, wann und an wen sie die in ihrem Eigentum stehenden Aktienbestände übertragen. Insbesondere konnten die tatsächlichen Aktieninhaber am Tag der Hauptversammlung ihr Stimmrecht uneingeschränkt ausüben und hatten Anspruch auf Bezug der Dividende. Diese Dividendenbezugsberechtigung der tatsächlichen Aktieninhaber wurde von dem in der Person des Leerkäufers gegen den Leerverkäufer allein begründeten und nur relativ wirkenden Lieferanspruch in keinerlei Weise beeinträchtigt.

    1603
    Die fortbestehende uneingeschränkte Einwirkungs- und Nutzungsmöglichkeit der ursprünglichen Aktieninhaber hat zur Folge, dass diesen entsprechend des von § 39 Abs. 1 AO aufgestellten Grundsatzes die Aktien im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen waren. Eine gleichzeitige Zurechnung der Aktien zugunsten der YT-Bank kommt aufgrund des dargelegten wechselseitigen Ausschließlichkeitsverhältnisses der § 39 Abs. 1 und § 39 Abs. 2 AO nicht in Betracht. Insbesondere haben die Kaufvertragsabschlüsse zwischen der YT-Bank und den Leerverkäufern nicht zu einer „Verdoppelung“ der Anteilszurechnung nach § 39 AO dergestalt geführt, dass die Aktien bzw. Aktienanteile neben den zivilrechtlichen Eigentümern gleichermaßen der YT-Bank zuzurechnen waren.

    1604
    Die YT-Bank hat auch unter sonstigen Gesichtspunkten die Voraussetzungen des § 39 AO nicht vor den jeweiligen Gewinnverteilungsbeschlüssen erfüllt.

    1605
    (cc) Die Verneinung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO auf Seiten der YT-Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse steht - entgegen einer in der Literatur anzutreffenden Auffassung (vgl. Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099 ff.; Desens, DStZ 2012, 142, 149 f.; Englisch, FR 2010, 1023, 1026 ff.; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 354; ders., Stbg 2020, 165, 166 f.) - nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs.

    1606
    Nach Maßgabe der grundlegenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 15.12.1999 (Az. I R 29/97) soll der Erwerber bei Aktien wirtschaftliches Eigentum in der Regel ab dem Zeitpunkt erlangen, von dem an er nach dem Willen der Vertragspartner über die Wertpapiere verfügen kann. Dies ist in der Regel der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten, insbesondere die mit Wertpapieren gemeinhin verbundenen Kursrisiken und -chancen, auf den Erwerber übergegangen sind. Hierfür kann es ausreichen, dass nach den einschlägigen Börsenusancen - insbesondere den Börsenbedingungen - und den üblichen Abläufen dem Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Gewinnansprüche nicht mehr entzogen werden können (BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 40). Da es für die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes stets auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt, kann der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auch dann anzunehmen sein, wenn die vorstehend skizzierten Voraussetzungen nicht in vollem Umfang gegeben sind. Erforderlich ist allerdings zumindest, dass der Besitz oder eine dem vergleichbare, letztlich unentziehbare Position in Erwartung des Eigentumserwerbs eingeräumt wird. Hiervon kann auszugehen sein, wenn die Vertragsbeteiligten entsprechende schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen sind (BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 41).

    1607
    Weder in seiner Entscheidung vom 15.12.1999 noch zu einem späteren Zeitpunkt hat der Bundesfinanzhof den allgemeinverbindlichen Grundsatz aufgestellt, der Käufer einer Aktie erwerbe wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO stets bereits in dem Zeitpunkt, in dem er den Kaufvertrag abschließt. Der Entscheidung lag erkennbar ein Fall zugrunde, in dem die Aktien im Depot des Veräußerers vorhanden waren und dieser auch zivilrechtlicher Eigentümer der Aktien war, also ein sogenannter Inhaberverkauf vorlag (hierzu FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 78; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 255, 311; Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; Florstedt, FR 2016, 641, 644; Spengel, BB, 2016, 2988, 2990; ders./Eisgruber, DStR 2015, 785, 789; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 26 f.; vgl. ferner FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 - 6 K 1544/11, juris Rn. 75). Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Bundesfinanzhof den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums maßgeblich mit dem Umstand begründet, der Veräußerer habe der Klägerin des dortigen Verfahrens einen Besitzmittlungsanspruch (§ 929 Satz 2 BGB) zu der girosammelverwahrenden Stelle eingeräumt oder mit der Klägerin ein Besitzkonstitut (§ 930 BGB) vereinbart (BFH, Urteil vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 40). Beide Übereignungstatbestände konnte die Veräußerin nur als tatsächliche Eigentümerin der Aktien verwirklichen. Hiervon ausgehend hatte der Bundesfinanzhof sich in seiner Entscheidung mit einer Fallkonstellation zu beschäftigen, in der aufgrund des Kaufvertragabschlusses eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem tatsächlichen zivilrechtlichen Aktieninhaber und dem Käufer begründet worden war.

    1608
    Es kann dahinstehen, ob der für die Konstellation eines Inhaberverkaufs vom Bundesfinanzhof aufgestellte Grundsatz, wonach die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bereits durch Abschluss des Kaufvertrages begründet werden sollen, für sich genommen zwingend ist (kritisch etwa Anzinger, RdF 2012, 394, 399; Rau/Sahl, BB 2000, 1112, 1114 f.; Rau, DStR 2007, 1192, 1193 f.). Jedenfalls enthält die Entscheidung aber keine Aussage dazu, ob auch derjenige den Tatbestand des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bezüglich einer Aktie bereits durch Abschluss eines Kaufvertrages zu begründen vermag, dessen Vertragspartner die Aktien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht selbst im Bestand hat. Andernfalls hätte sich der Bundesfinanzhof mit der Systematik der § 39 Abs. 1 und 2 AO detaillierter auseinandersetzen müssen. Für die hier beleuchtete Fragestellung ist der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs allein die Aussage zu entnehmen, dass maßgeblich eine an dem Gesamtbild der Verhältnisse orientierte Betrachtung sei (BFH, Urteile vom 15.12.1999 - I R 29/97, juris Rn. 41; vom 20.11.2007 - I R 85/05, juris Rn. 15).

    1609
    Auch wenn der Bundesfinanzhof sich in seiner früheren Rechtsprechung nicht explizit mit der Begründung wirtschaftlichen Eigentums in Leerverkaufskonstellationen befasst hat, können bereits der Entscheidung aus dem Jahr 1999 Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die von ihm selbst benannten Kriterien für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Falle eines Leerverkaufs in der Regel nicht erfüllt werden. Durch die Anknüpfung an § 929 Satz 2 BGB und § 930 BGB ist zum Ausdruck gebracht, dass dem Käufer wirtschaftliches Eigentum an einer Aktie immer nur durch eine Person vermittelt werden kann, die in einer irgendwie gearteten Rechtsposition zu der Aktie steht (vgl. Bruns, DStR 2010, 2061, 2062 f.; Haarmann, BB 2018, 1623, 1630). Bei einem Leerverkäufer ist für den Fall, dass die Aktientransaktionen entsprechend der verfahrensgegenständlichen Geschäfte konstruiert werden, eine entsprechende Rechtsposition bezüglich der vom Verkauf betroffenen Aktien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht auszumachen. Vielmehr muss er sich die Aktie durch Eingehen einer diesbezüglichen Kaufverpflichtung selbst noch beschaffen.

    1610
    Soweit der Bundesfinanzhof es in seiner Grundsatzentscheidung für erforderlich erachtet hat, dass dem Käufer die Nutzungen und Gewinnansprüche aus der Aktie nicht mehr entzogen werden können, bezieht sich dies im Übrigen erkennbar auf die originäre Dividendenzahlung. Auf diese hat der Leerkäufer in der Konstellation eines CumEx-Geschäftes über den Dividendenstichtag aber gerade keinen Anspruch. Dem Leerkäufer steht ein Gewinnanspruch gegen die Aktiengesellschaft im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses und im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung nicht zu, sondern dem tatsächlichen zivilrechtlichen Aktieninhaber. Schon vor diesem Hintergrund existiert in der Person des Leerkäufers kein Gewinnanspruch, der ihm entzogen werden könnte. Der in seiner Person begründete Anspruch auf die Dividendenkompensationszahlung kann nicht mit dem Gewinnanspruch (d.h. dem Anspruch auf Auszahlung der Dividende) gleichgesetzt werden und ist vom Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1999 auch nicht mit der Dividende gleichgesetzt worden (Rau/Stahl, BB 2000, 1112, 1114). Der Gewinnanspruch verbleibt bei dem zivilrechtlichen Eigentümer der Aktien, der auch tatsächlich die Dividende erhält. Insbesondere existiert kein Mechanismus, der zur Folge hätte, dass dem zivilrechtlichen Eigentümer die Dividende nachträglich entzogen und diese sodann zu Gunsten des Leerkäufers gebucht wird (zu möglichen Abwicklungsmechanismen, die im Falle eine börslichen Inhaberverkaufs gewährleisten, dass die Originaldividende bei Geschäften über den Dividendenstichtag dem Erwerber der Aktien gutgeschrieben wird, etwa FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 79; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 257; Bruns, DStR 2010, 2061; Podewils, jurisPR-SteuerR 49/2014 Anm. 1).

    1611
    Der Bundesfinanzhof hat ferner weder in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1999 noch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden, dass es entgegen der eindeutigen Struktur des § 39 AO zu einer „Vervielfachung“ wirtschaftlichen Eigentums an einem Wirtschaftsgut kommen könne. Vielmehr hat er sich hierin allein mit der Frage befasst, ab welchem Zeitpunkt ein Wirtschaftsgut steuerrechtlich einer anderen Person als dem zivilrechtlichen Eigentümer zugerechnet werden kann.

    1612
    Dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 15.12.1999 (I R 29/97) die Konstellation eines Leerverkaufs nicht vor Augen hatte, belegt auch seine zuletzt zu der Problematik ergangene Entscheidung vom 16.04.2014 (I R 2/12). Danach sind maßgeblich für die Beurteilung der Zurechnungsverhältnisse nach § 39 AO jeweils die Gesamtumstände des betroffenen Einzelfalls bzw. das „Gesamtbild der Verhältnisse“ (BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 39 ff.). Ein allgemeingültiger Grundsatz, wonach das wirtschaftliche Eigentum auch bei Leerverkäufen stets im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses übergeht, besteht nicht. Jedenfalls ist dies nicht der Fall, wenn das Gesamtvertragskonzept zwischen Leerverkäufer und Leerkäufer dergestalt aufgesetzt war, dass auf Seiten des Leerkäufers lediglich ein Durchgangserwerb ohne nennenswerte Inanspruchnahme der mit dem Innehaben der Wertpapiere verbundenen Rechte erfolgen sollte (BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 32; auch für CumCum-Konstellationen das Gesamtvertragskonzept in den Vordergrund rückend: BFH, Urteil vom 18.08.2015 - I R 88/13, juris Rn. 21).

    1613
    Da der Bundesfinanzhof im konkreten Fall von einem derartigen Gesamtvertragskonzept ausging und den Erwerb wirtschaftlichen Eigentums auf Seiten des Klägers aus diesem Grund ablehnte, hat er im Rahmen seiner Entscheidung vom 16.04.2014 im Ergebnis offen gelassen, ob bereits das Vorliegen eines Leerverkaufs die Entstehung wirtschaftlichen Eigentums in der Person des Leerkäufers im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses ausschließt (BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 31 f.; gegen die Begründung wirtschaftlichen Eigentums durch Abschluss des Kaufvertrages in Leerverkaufskonstellationen allerdings Richter am BFH Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 42 ff.). Dass er selbst seine frühere Rechtsprechung und insbesondere die Entscheidung aus dem Jahr 1999 dahingehend verstanden wissen wollte, dass auch in Leerverkaufsfällen der Abschluss eines Kaufvertrages stets zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums auf Seiten des Leerkäufers geeignet sei, kann seiner Entscheidung aus dem Jahr 2014 aber eindeutig nicht entnommen werden (ebenso auch die Richter am BFH Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 44 und Schwenke, jM 2015, 83, 86).

    1614
    Selbst wenn der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16.04.2014 die Aussage zu entnehmen sein sollte, dass im Falle des Vorliegens eines Leerverkaufs der Leerkäufer wirtschaftliches Eigentum im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses erwirbt, wenn nicht nach dem Gesamtvertragskonzept davon auszugehen ist, dass in seiner Person lediglich ein Durchgangserwerb erfolgen sollte, hätte die YT-Bank nach diesen Grundsätzen die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse im Übrigen nicht erfüllt. Denn die Aktienerwerbe der YT-Bank erfolgten allein zu dem Zweck, Steuerbescheinigungen zu generieren. Weder sollte die YT-Bank Stimmrechte an den Aktien ausüben noch sollte sie Kurschancen und -risiken tragen. Vielmehr wurden die Ankaufs- und Veräußerungsgeschäfte gerade marktneutral abgeschlossen, um zu gewährleisten, dass sich Kurssteigerungen und -senkungen im Vermögen der YT-Bank nicht auswirken. Auf Seiten der YT-Bank sollte ein bloßer Durchgangserwerb stattfinden, bei dem auch auf Grundlage der jüngeren BFH-Rechtsprechung durch den bloßen Kaufvertragsabschluss kein wirtschaftliches Eigentum im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO begründet worden wäre.

    1615
    Ob ein Erwerb wirtschaftlichen Eigentums per se bereits dann ausgeschlossen ist, wenn die zugrundeliegenden Kaufverträge außerbörslich abgeschlossen wurden (so etwa FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 79; FG Köln, Urteil vom 19.07.2019 - 2 K 2672/17, juris Rn. 254 ff.; Rau, DStR 2007, 1192, 1195; ders., DStR 2010, 1267, 1270; ders., DStR 2011, 510, 511; dagegen eher BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 31), bedarf keiner Entscheidung.

    1616
    (dd) Von Teilen der Literatur ist nachdrücklich die Auffassung vertreten worden, auch im Falle von Leerverkaufsgestaltungen werde eine Anteilseignerschaft des Leerkäufers nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO stets bereits durch Abschluss des Kaufvertrages begründet. Keiner der insoweit bemühten Begründungsansätze ist indes mit Wortlaut und Systematik des § 39 AO in Einklang zu bringen. Abgesehen hiervon hat der Gesetzgeber durch Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] auch ausdrücklich klargestellt, dass der Käufer in der hier betroffenen Konstellationen eines Leerverkaufs über den Dividendenstichtag keine Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] erlangt, ihm die Dividende also nicht zuzurechnen ist.

    1617
    (aaa) Die vom Bundesfinanzhof benannten Anforderungen an die Begründung wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO werden bei Leerverkaufskonstellationen auch unter Berücksichtigung der Abwicklungspraxis im Aktienhandel sowie der Erwartungshaltung der Marktteilnehmer nicht bereits durch Abschluss des Kaufvertrages erfüllt. Entgegenstehende Begründungsansätze in der Literatur (insbesondere Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099, 3101 f.; Klein, BB 2016, 2200, 2201; Loritz, WM 2017, 309, 312 ff.; ferner Desens, DStZ 2012, 142, 149; Englisch, FR 2010, 1023, 1028; Podewils, AG 2010, 391, 393) sind nicht mit dem Umstand in Einklang zu bringen, dass ein Wirtschaftsgut nur entweder dem zivilrechtlichen Eigentümer nach § 39 Abs. 1 AO oder dem wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sein kann.

    1618
    Das zivilrechtliche Eigentum der tatsächlichen Aktieninhaber unterliegt im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Marktabläufe keinerlei Einschränkungen durch den Leerkäufer. Der Umstand, dass der Leerkäufer bereits bei Abschluss des Kaufvertrages weitgehend sicher davon ausgehen kann, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein entsprechender Aktienbestand in sein Depot gebucht werden wird (dies betonend etwa Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099, 3101 f.; Loritz, WM 2017, 309, 312 ff.; ders., WM 2017, 353, 354 f.), vermag nichts daran zu ändern, dass er in dem von § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2007] für maßgeblich benannten Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses nicht die Möglichkeit hat, die zivilrechtlichen Eigentümer von der Einwirkung auf die Aktien auszuschließen. Tatsächlich gibt es keine einzige Rechtsposition und kein einziges Nutzungsrecht der zivilrechtlichen Aktieninhaber, auf das der Leerkäufer allein aufgrund des mit dem Leerverkäufer abgeschlossenen Kaufvertrages Einfluss ausüben könnte. Damit fehlt es eindeutig an einer Grundvoraussetzung für eine Anteilszurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO.

    1619
    Zu kurz greift vor diesem Hintergrund die in der Literatur anzutreffende Erwägung, es sei auch bei einem Leerverkauf „im Regelfall“ gewährleistet, dass der Kaufvertrag erfolgreich vollzogen werden kann, was nach dem Wortlaut § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO für die Begründung wirtschaftlichen Eigentums ausreiche (so aber Klein, BB 2016, 2200, 2203). Denn entscheidend ist nicht, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Leerkäufer irgendwann Eigentümer der Aktien wird. Vielmehr muss er nach der Systematik der § 20 Abs. 2a Satz 1 und 2 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 39 AO im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses in der Lage sein, den zivilrechtlichen Eigentümer „im Regelfall“ von der Einwirkung auf die Aktien wirtschaftlich auszuschließen. Dies ist nicht der Fall, wenn im Zeitpunkt der Dividendenausschüttung lediglich mit (sehr) hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Käufer zu einem späteren Zeitpunkt Eigentümer der Aktien wird, er aber die Aktieninhaber in keiner Weise an der Einwirkung auf die Aktie hindern kann. Dies gilt auch bei Einschaltung eines sogenannten zentralen Kontrahenten, der in die Kauf- und Verkaufsaufträge aller Käufer als Verkäufer und aller Verkäufer als Käufer eintritt (hierzu Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 791), jedenfalls für den Fall, dass die Aktientransaktionen in der verfahrensgegenständlichen Art und Weise durchgeführt werden. Denn durch das Agieren der in die konkreten Transaktionen eingebundenen Händler am Handelstag und insbesondere durch die wechselseitige und praktisch zeitgleiche Platzierung der Kauf- und Verkaufsorders mit abgestimmten Inhalten wurde gewährleistet, dass die YT-Bank und die jeweiligen Leerverkäufer entsprechend der zuvor getroffenen Absprachen in die identischen Erwerbsgeschäfte eingebunden werden. Selbst bei Einschaltung eines zentralen Kontrahenten hätten sich im Ergebnis die Vertragsparteien gegenübergestanden, die entsprechend der zuvor getroffenen Absprache als Leerkäufer und Leerverkäufer agieren sollten. Denn der zentrale Kontrahent hätte das für die Erfüllung der Order der YT-Bank erforderliche Gegengeschäft mit dem zuvor anvisierten Leerverkäufer abgeschlossen.

    1620
    Abgesehen hiervon vermag aber die Einschaltung eines zentralen Kontrahenten ohnehin nichts daran zu ändern, dass die vom Bundesfinanzhof für die Begründung wirtschaftlichen Eigentums geforderte „rechtlich geschützte Position“ in der Person des Leerkäufers im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages noch nicht begründet ist (Anzinger, RdF 2012, 394, 401 f.; Florstedt, FR 2016, 641, 647). Der ihm zustehende Lieferanspruch erschöpft sich auch in dieser Konstellation in einer bloßen Erwartung und genießt keinen rechtlichen Schutz wie das absolut wirkende Eigentum (Anzinger, RdF 2012, 394, 402). Im Übrigen verfügt der zentrale Kontrahent nicht selbst über einen Aktienbestand und ist daher stets Leerverkäufer (vertiefend FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 93; Rau, DStR 2017, 1852, 1854; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 791; a.A. Loritz, WM 2017, 309, 312 ff.). Weitergehende Feststellungen dazu, in welchem Umfang ein zentraler Kontrahent in die verfahrensgegenständlichen Transaktionen eingebunden war, waren nach alldem nicht erforderlich.

    1621
    Erkennbar zirkelschlüssig ist auch der Versuch, die Zurechnung der Dividende zum Leerkäufer mit Hinweis darauf zu begründen, durch den Bezug der Dividendenkompensationszahlung sei gewährleistet, dass das vom Leerkäufer wirtschaftlich intendierte Ziel des Vertragsschlusses erreicht werde (so aber Englisch, FR 2010, 1023, 1027; Podewils, AG 2010, 391, 393; ferner auch Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3099, 3102). Bezieht der Leerkäufer eine Dividendenkompensationszahlung liegt dies darin begründet, dass der Leerverkäufer nicht in der Lage war, ihm die Aktie mit Dividendenbezugsberechtigung zu übertragen. Die Zahlung einer Dividendenkompensationszahlung erfolgt mit anderen Worten gerade vor dem Hintergrund, dass der tatsächliche Aktieninhaber und nicht der Leerkäufer die Dividende vereinnahmt. Warum dem Leerkäufer die Dividende gleichwohl über § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuzurechnen sein soll, erschließt sich nicht.

    1622
    Unbeachtlich ist zuletzt der Hinweis auf ein sich aus § 30h Abs. 1 WpHG a.F. ergebendes Verbot bestimmter Leerverkaufsgestaltungen (hierauf abstellend Klein, BB 2016, 2200, 2203), das ohnehin allenfalls für Fälle ab 27.07.2010 Bedeutung erlangen könnte. Für die Bewertung der steuerrechtlichen Zuordnung eines Wirtschaftsgutes spielt es keine Rolle, ob ein im wertpapierhandels- und damit aufsichtsrechtlichen Sinn (zulässiger) „gedeckter“ oder (unzulässiger) „ungedeckter“ Leerverkauf vorliegt. Entscheidend sind allein die im konkreten Fall getroffenen Vertragsabsprachen und der dingliche Vollzug der betroffenen Aktientransaktionen. Sind diese nicht geeignet, die Voraussetzungen des § 39 AO in der Person des Erwerbers im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zu begründen, ist diesem die Dividende unabhängig von den Wertungen des § 30h Abs. 1 WpHG a.F. nicht zuzurechnen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass § 30h Abs. 1 WpHG a.F. allein Aktienkäufe erfasst, nicht jedoch den Erwerb von Derivaten mit physischer Lieferung. Eine Umgehung des durch die Vorschrift begründeten Leerverkaufsverbotes konnte somit ohne Weiteres dadurch erfolgen, dass bereits der Erwerb der Aktie nicht am Kassamarkt erfolgt, sondern ein Future mit physischer Lieferung erworben wird. Hieraus folgt unmittelbar, dass es auf eine an den Vorgaben des § 30h Abs. 1 WpHG a.F. orientierte pauschale Differenzierung zwischen „ungedeckten“ und „gedeckten“ Leerverkäufen bei der Bewertung der verfahrensgegenständlichen CumEx-Geschäften nicht ankommen kann (zutreffend LG Frankfurt, Urteil vom 25.04.2018 - 2-12 O 262/16, juris Rn. 168 ff.).

    1623
    (bbb) Weder mit der Systematik der § 20 Abs. 2a EStG [VZ 2007], § 39 AO noch mit grundlegenden Prinzipien des Zivil- und Verfassungsrechts in Einklang zu bringen sind auch die in der jüngeren Literatur anzutreffenden Bestrebungen, die Zurechnung der Dividende zum Leerkäufer mit den technischen Buchungsdetails von Aktien und vermeintlichen Vorgaben des Europarechts zu begründen (so aber insbesondere Loritz, Stbg 2020, 130, 165; ders., WM 2017, 309, 353).

    1624
    Die Frage, ob der Käufer einer Aktie in den verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 AO oder § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses (§ 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2007]) erfüllt, ist auch unter Berücksichtigung der Verfahrensweise bei der Buchung sammelverwahrter Aktien und der EDV-basierten praktischen Handelsabläufe eindeutig zu verneinen. Es steht fest, dass die Umbuchungen der Miteigentumsanteile und damit die für die Begründung zivilrechtlichen Eigentums im Sinne von § 39 Abs. 1 AO erforderlichen Voraussetzungen erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen stattgefunden haben. Auch steht fest, dass die YT-Bank im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse keinerlei Möglichkeit hatte, diejenigen Personen, die einen Miteigentumsanteil an der Globalurkunde halten, in der Ausübung der ihr zustehenden Eigentumsrechte in irgendeiner Art und Weise zu beeinflussen. Dann liegen aber die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erkennbar nicht vor.

    1625
    Diese Grundsätze können nicht durch den Verweis auf EDV-basierte Übertragungsvorgänge und Realitäten der Verbuchung sammelverwahrter Aktien ausgehebelt werden (so aber Loritz, WM 2017, 309, 313 f.; ders., Stbg 2020, 130, 135 f.). Auch hilft die pauschale Behauptung nicht weiter, es sei „selbstverständlich“, dass ein Käufer von Aktien unabhängig vom Vorliegen eines Leerverkaufs und unabhängig vom Zeitpunkt der Aktieneinbuchung in sein Depot die Dividende vereinnahmen müsse (so Loritz, Stbg 2020, 130, 136). Die Übertragung von Aktien und die Zurechnung der Dividende vollziehen sich nicht im rechtsfreien Raum, sondern haben sich an den § 741, § 929 Satz 2, § 930, § 1008 BGB; § 6 Abs. 1 DepotG und § 39 AO zu orientieren. Deren Subsumtion ist eindeutig und führt in CumEx-Gestaltungen mit Leerverkauf zur Verneinung der Voraussetzungen des § 39 AO in der Person des Käufers. Es kommt insoweit insbesondere nicht darauf an, ob ein bestimmter Anteil der Dividende sowie die hierauf von dem Emittenten der Aktien einbehaltene Kapitalertragsteuer einer bestimmten Aktie zugeordnet werden kann oder nicht (a.A. Loritz, Stbg 2020, 130, 131). Denn jedenfalls dem Leerkäufer, der im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse keinen Aktieninhaber in der von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO umschriebenen Weise von der Einwirkung auf die Aktie ausschließen kann, sind die Dividende und die Kapitalertragsteuererhebung durch den Emittenten der Aktien nicht zuzurechnen. Die Dividende wird ausschließlich auf den Konten der Aktieninhaber gebucht und im Folgenden auch nicht zu dem Zwecke ausgebucht, dem Leerkäufer einen Dividendenanteil zu vermitteln.

    1626
    Schon im Ansatz nicht mit dem Verfassungsrecht in Einklang zu bringen und daher abzulehnen ist der Versuch, die Anteilszurechnung zugunsten des Leerkäufers bewusst nicht anhand der zivilrechtlichen Grundsätze zum Eigentumsübergang sowie der am Wortlaut des § 39 AO orientieren Gesetzesanwendung zu vollziehen, sondern stattdessen vermeintliche Realitäten des Börsenhandels im 21. Jahrhundert für maßgeblich zu erklären (so etwa Loritz, Stbg 2020, 165, 173 in einer gegenüber dem FG Hessen geäußerten Kritik, dieses habe in seiner Entscheidung vom 10.03.2017 - 4 K977/14 - „nicht auf die Art und Weise der Abwicklung der außerbörslichen Aufträge abgestellt, sondern allein auf den Wortlaut des § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO“). Es kann insoweit dahinstehen, ob die zivilrechtlichen Bestimmungen zum Eigentumsübergang sowie die Regelung in § 39 AO im Vergleich zu anderen Rechtsordnungen „konservativ“ erscheinen (so ausdrücklich Loritz, Stbg 2020, 130, 135 f.). Denn es handelt sich um dasjenige Recht, das nach Art. 20 Abs. 3 GG seitens der Finanzverwaltung und der Justiz zur Anwendung zu bringen ist.

    1627
    Abweichendes ergibt sich auch nicht aus europarechtlichen Bestimmungen (a.A. Loritz, Stbg 2020, 165, 171, 176 f.). Art. 5 der Finalitätsrichtlinie (Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- und Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen) betrifft bereits nach seinem eindeutigen Wortlaut allein die Frage, ab welchem Zeitpunkt Vertragspartner an ihre jeweiligen Orders gebunden, diese also nicht mehr rückgängig zu machen sein sollen. Hiervon zu trennen ist die steuerrechtliche Behandlung von Vorgängen, die nach Unwiderruflichkeit der Orders, aber vor der tatsächlichen Aktienumbuchung eintreten. Eine europarechtliche Vorgabe dergestalt, dass auch die steuerrechtlichen Wirkungen ab dem durch Art. 5 der Finalitätsrichtlinie markierten Zeitpunkt zwingend (auch) auf Seiten des Käufers eintreten müssen, existiert nicht. Sie ergibt sich auch nicht aus der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union über Zentralverwahrer. Vielmehr stellt Erwägung 43 der Verordnung ausdrücklich klar, dass von ihr die Unwiderruflichkeit von Zahlungs- und Übertragungsaufträgen, also die Bindung der Vertragsparteien an ihre schuldrechtlichen Verpflichtungen betroffen ist. Hiervon zu trennen ist die Frage, wem steuerrechtliche Vorgänge und Wertsteigerungen bzw. -minderungen zuzurechnen sind, die zwischen Vertragsabschluss und tatsächlicher Lieferung der Aktien eintreten. Im Übrigen weist Erwägung 43 der Verordnung gerade darauf hin, dass maßgeblich für die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Übertragung von Wertpapieren verbindlich ist, das nationale Recht ist. Insoweit kommt es von vornherein nicht darauf an, dass die Verordnung angesichts ihres Inkrafttretens im Jahr 2014 für die verfahrensgegenständlichen Transaktionen ohnehin keine Bedeutung erlangt.

    1628
    (ccc) Auch aus der Begründung zum JStG 2007 kann entgegen abweichender Stimmen aus der Literatur (insbesondere Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1946 ff.; Hahne, DStR 2007, 605, 609 f.; Müller, StB 2015, 352, 353 f.; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1240 f.) nicht hergeleitet werden, dass die Voraussetzungen des § 39 AO in CumEx-Fällen mit Leerverkauf auch durch den Leerkäufer bereits mit Abschluss des Kaufvertrages begründet werden.

    1629
    Dass die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz 2007 keine Argumente für eine Anteilszurechnung zugunsten des Leerkäufers liefert, folgt bereits daraus, dass der Gesetzgeber die für die steuerrechtliche Anteilszurechnung sowie die Voraussetzungen der Anrechnung und Erstattung der Kapitalertragsteuer maßgeblichen Vorschriften in § 39 AO und § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] in diesem Zusammenhang nicht geändert hat (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 87; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 43 mit Fn. 45). Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, die Gesetzesbegründung zum Jahressteuergesetz sei maßgeblich auch für die Auslegung dieser Vorschriften. Die in der Literatur aufgegriffenen Passagen der Gesetzesbegründung, wonach der Leerkäufer in CumEx-Konstellationen als „wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 AO“ anzusehen sei und eine „Nettodividende und den Kapitalertragsteuer-Anrechnungsanspruch“ erhalte (BR-Drs. 622/06, S. 77 f. und BT-Drs. 16/2712, S. 48), stellen zwar eine verkürzte rechtliche Würdigung dar. Jedoch handelt es sich letztlich lediglich um ein „obiter dictum“, dem keine Auslegungshinweise für § 39 AO entnommen werden können (FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 87; Anzinger, RdF 2012, 394, 402; Florstedt, NZG 2017, 601, 605; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 74 f.). Für die Gerichte bindend sind nach Art. 20 Abs. 3 GG allein vom Parlament verabschiedete Gesetze, nicht jedoch Rechtsansichten, die in einer Gesetzesbegründung enthalten sind, die sich auf die Änderung anderer Vorschriften bezieht als die im konkreten Fall anzuwendenden (Florstedt, FR 2016, 641, 650; vgl. auch schon BVerfG, Beschluss vom 11.06.1980 - 1 PBvU 1/79, juris Rn. 60). Mit dem durch das JStG 2007 neu eingefügten § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] ging es dem Gesetzgeber im Übrigen allein darum, einen eigenständigen Einkünftetatbestand zu schaffen, der die Dividendenkompensationszahlung den Einkünften aus Kapitalvermögen zuordnet. Ein Auslegungshinweis für § 20 Abs. 2a EStG [VZ 2007] und § 39 AO kann der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden.

    1630
    Abgesehen von dem Vorstehenden lässt die Gegenauffassung die in BR-Drs. 622/06, S. 79 enthaltene Klarstellung unberücksichtigt, wonach es sich bei den Dividendenkompensationszahlungen um „eigenständige Einnahmen an Stelle der Dividende“ handelt, die durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG mit den Dividenden „gleichgestellt werden“ sollen (Schön, RdF 2015, 115, 122 f.; Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 790 f.). Dieser Formulierung liegt die eindeutige rechtliche Würdigung zugrunde, dass der Leerkäufer gerade keine Dividenden als wirtschaftlicher Eigentümer bezieht, sondern lediglich eine Dividendenkompensationszahlung, die in ihrer steuerrechtlichen Behandlung der Dividende grundsätzlich gleichgestellt werden soll. Im Ergebnis wird durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG klargestellt, dass der Leerkäufer nicht die Dividende bezieht, sondern eine andere „Einnahme“. Damit erübrigt sich an sich auch eine Auseinandersetzung darüber, ob die Dividende dem Leerkäufer zugerechnet werden kann, da dies nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] explizit nicht der Fall ist (hierzu noch sogleich).

    1631
    Dass es dem Gesetzgeber bei Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2007 darum ging, das wirtschaftliche Eigentum zugunsten des Leerkäufers zu regeln, ist nach alldem nicht ersichtlich. Nicht nachvollzogen werden kann daher auch die im Schrifttum geäußerte Einschätzung, die in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/2712, S. 46, 47) enthaltene Formulierung, durch die Neuregelungen des JStG 2007 sollten Steuerausfälle nur „verringert“ werden, belege, dass zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum nebeneinander bestehen könnten, da andernfalls mehrfache Steueranrechnungen und infolgedessen Steuerausfälle gar nicht möglich seien (so Podewils/Zink, DStZ 2013, 177, 181 f.; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1240). Steuerausfälle und nicht gerechtfertigte Steuervorteile treten auch und gerade dann ein, wenn gegenüber den Finanzbehörden unzutreffend der Eindruck vermittelt wird, die Voraussetzungen einer Steueranrechnung seien in der Person des Antragstellers erfüllt. Schon vor diesem Hintergrund kann aus der gesetzgeberischen Zielformulierung, Steuerausfälle sollten verringert werden, nicht geschlussfolgert werden, der Gesetzgeber wolle die trotz einer Gesetzesänderung auftretenden Steuerausfälle legitimieren oder habe sich mit dem Fortbestehen eines „fiskalischen Nachteils“ abgefunden (so aber Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246).

    1632
    (ddd) Zuletzt ist Teilen der Literatur auch in der Aussage zu widersprechen, der Wortlaut von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] belege, dass der Leerkäufer die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses erfülle (Klein, BB 2016, 2006, 2008; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1241 f.; ergänzend auf ein vermeintliches Gebot der Gleichbehandlung von Dividende und Dividendenkompensationszahlungen abstellend Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1243 f.; ferner Desens, DStZ 2012, 142, 144 f.). Das Gegenteil ist der Fall.

    1633
    Die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] gewählte Formulierung, wonach die Aktien vom Leerkäufer mit Dividendenberechtigung „erworben“ werden, bringt nicht zum Ausdruck, dass der Leerkäufer vom Gesetzgeber als wirtschaftlicher Eigentümer definiert werden sollte (hierauf aber abstellend Klein, BB 2016, 2006, 2008; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1241 f.). Der Terminus „Erwerb“ kann sich schon deswegen nicht auf die Begründung „wirtschaftlichen Eigentums“ beziehen, weil es sich hierbei nicht um ein Recht oder Rechtsgut handelt, das vergleichbar wie das Eigentum begründet oder übertragen wird. Der Terminus des „wirtschaftlichen Eigentums“ wird lediglich zur Umschreibung derjenigen Personen gebraucht, die die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfüllen. Die Vorschrift erfüllt als reine Zurechnungsnorm allein den Zweck, Wirtschaftsgüter einer anderen Person als dem zivilrechtlichen Eigentümer steuerrechtlich zuzuordnen, weil sie in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer von der tatsächlichen Herrschaft über das Wirtschaftsgut im Regelfall auszuschließen. Die Begrifflichkeit vom „wirtschaftlichen Eigentum“ mag unterschiedslos in Literatur und Rechtsprechung verwendet werden, es handelt sich aber gleichwohl nicht um eine Position, deren „Erwerb“ in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] einer Regelung hätte zugeführt werden können. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO erfüllt und das betroffene Wirtschaftsgut steuerrechtlich daher einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen ist.

    1634
    § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] kann daher nur so verstanden werden, dass sich der Passus „Erwerb“ auf den Kaufvertrag, mithin den schuldrechtlichen Vertrag zwischen dem Leerverkäufer und dem Leerkäufer cum Dividende bezieht, nicht aber auf die Erlangung wirtschaftlichen Eigentums (vgl. Rau, DStR 2017, 1852, 1857; Schön, RdF 2015, 115, 124). Hierfür spricht auch die Gesetzesbegründung, ausweislich derer durch den Terminus „erworben“ klargestellt werden sollte, dass nur „tatsächliche Leerverkäufe“ unter die Regelung fallen, nicht jedoch Leerverkäufe, bei denen Aktien „cum Dividende“ veräußert und aus einer Wertpapierleihe „cum Dividende“ geliefert werden (BT-Drs. 16/2712, S. 48). Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber durch die Neuregelung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] die Entstehung wirtschaftlichen Eigentums in der Person des Leerverkäufers im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses rechtsverbindlich kodifizieren wollte, können dem nicht entnommen werden.

    1635
    Entscheidend gegen die in der Literatur teilweise vorgenommene Gleichsetzung der Formulierung „Erwerb“ in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] mit der Erlangung wirtschaftlichen Eigentums spricht aber insbesondere, dass für die Regelung kein Anwendungsbereich verbliebe, wenn auch der Leerkäufer die von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] erfasste Dividende bezöge (kritisch daher bereits Schön, RdF 2015, 115, 123; ähnlich Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 78). Die Auffassung, § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] belege, dass der Leerkäufer Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] erzielt, erweist sich insoweit als systemwidrig und zirkelschlüssig, da sie § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] keinen eigenen Anwendungsbereich überlässt und rein deklaratorische Wirkung beimisst (so etwa Desens, DStZ 2012, 246, 248 f.). Dies steht erkennbar im Widerspruch zum Willen des historischen Gesetzgebers, der durch die Schaffung des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] einen zusätzlichen Besteuerungstatbestand schaffen wollte.

    1636
    Im Übrigen deutet auch die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] gebrauchte Formulierung, wonach die Dividendenkompensationszahlung „von einem anderen als dem Anteilseigner nach Absatz 2a bezogen“ wird, darauf hin, dass der Leerkäufer gerade nicht als Anteilseigner anzusehen ist (Hahne, DStR 2007, 605, 696; ferner FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 71, 89; Anzinger, RdF 2012, 394, 402; Brandis, FS Gosch, 2016, S. 37, 43; Bruns, DStZ 2012, 333, 335; Habammer, DStR 2017, 1958, 1960; Rau, DStR 2017, 1852, 1857; a.A. Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1242; ferner Desens, DStZ 2012, 142, 145)

    1637
    Der Gesetzgeber hat in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] Kompensationszahlungen und Dividenden auch nicht in ihren Voraussetzungen und Wirkungen gleichgesetzt (so aber Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1243 f.; vgl. auch Desens, DStZ 2012, 142, 144 f.). Vielmehr gelten hiernach Dividendenkompensationszahlungen lediglich als „sonstige Bezüge“, nicht jedoch als Dividenden. Insoweit sollte durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] lediglich klargestellt werden, dass Dividendenkompensationszahlungen und Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] bei der Frage gleichbehandelt werden, welche Einnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen anzusehen sind. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass auch im Falle einer Dividendenkompensationszahlung ein Steuereinbehalt vollzogen wird. Die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] angeordnete Fiktion, wonach Dividendenkompensationszahlungen als „sonstige Bezüge gelten“, ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer uneingeschränkten Gleichsetzung mit der Dividende, was bereits darin zum Ausdruck kommt, dass der Gesetzgeber das Steuererhebungsverfahren in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] für Einkünfte im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG [VZ 2007] einer anderen Regelung zugeführt hat als den Einkünften nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007].

    1638
    (2) Nach dem Vorstehenden hat die YT-Bank nach § 20 Abs. 2a Satz 2 EStG [VZ 2008] i.V.m. § 39 AO keine Dividenden erzielt, sondern ausschließlich Dividendenkompensationszahlungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] vereinnahmt. Auf diese wurden entgegen § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] zuvor Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht erhoben.

    1639
    Durch das Jahressteuergesetz 2007 wurden auch Dividendenkompensationszahlungen in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] der Kapitalertragsteuer unterworfen. Unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007] konnte eine auf Dividendenkompensationszahlungen erhobene Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag im Rahmen der jährlichen Veranlagung zur Anrechnung gebracht werden. Auch insoweit war die Steueranrechnung an die Voraussetzung geknüpft, dass eine Erhebung und damit ein Einbehalt der Kapitalertragsteuer auf die Dividendenkompensationszahlung tatsächlich stattgefunden hat. Nach § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] gelangte insoweit das Schuldnerprinzip zur Anwendung, wobei die Regelung dahingehend formuliert war, dass der Steuerabzug durch das inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut zu erfolgen hatte, das den Verkaufsauftrag für den Leerverkäufer ausführte. Die Steuererhebung hatte hiernach dergestalt zu erfolgen, dass die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ bei Auszahlung der Dividendenkompensationszahlung einen Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag einbehielt. Die Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] galt jedoch nur für den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitute, war mithin nicht einschlägig, wenn sich der Leerverkäufer eines ausländischen Kreditinstitutes bediente.

    1640
    (a) Ein Steuereinbehalt in dem vorstehend umschriebenen Sinn hat hinsichtlich der von der YT-Bank bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht stattgefunden. Hierfür wäre erforderlich, dass die von den Leerverkäufern mit der Abwicklung des Verkaufsauftrags betrauten Depotbanken einen Betrag in Höhe der Bruttodividende von den Leerverkäufern erhalten, aber nur einen Betrag in Höhe der Nettodividende an die YT-Bank weitergeleitet hätten (vgl. FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100 ff.). Die mit der Zahlung in Höhe der Nettodividende belasteten Depotbanken hätten also ihrerseits bei den Schuldnern der Kapitalerträge, mithin den Leerverkäufern in Höhe der Bruttodividende Rückgriff nehmen müssen. Nur wenn die von den Leerverkäufern eingeschalteten Depotbanken tatsächlich einen Betrag, der wertmäßig der Differenz zwischen der Brutto- und Nettodividende entspricht, zum Zwecke der Abführung der Kapitalertragsteuer erhalten hätten, wäre von einem Einbehalt und infolgedessen von einer Erhebung der Steuer auszugehen (vgl. FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100). Dies war indes nicht der Fall. Vielmehr haben die von den Leerverkäufern eingeschalteten Depotbanken lediglich einen Betrag in Höhe der Nettodividende an die YT-Bank ausbezahlt, ohne ihrerseits Zugriff auf einen darüber hinausgehenden Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag zu nehmen. Auch im Übrigen wurde die Kapitalertragsteuer bei niemandem im Hinblick auf die Dividendnekompensationszahlungen in Abzug gebracht.

    1641
    (b) Ein zu Gunsten der YT-Bank wirkender Steuereinbehalt ergibt sich auch nicht daraus, dass die von ihr an die Kreditinstitute der Leerverkäufer gezahlten Bruttokaufpreise die Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlägen betragsmäßig mitumfassten, sie im Gegenzug aber neben den Aktien wertmäßig lediglich Beträge in Höhe der Nettodividende gutgeschrieben erhielt (a.A. wiederum Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1247).

    1642
    Von einem „Erheben“ im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] ist erst und nur dann auszugehen, wenn die Differenz zwischen Brutto- und Nettobetrag gerade mit dem Zweck der späteren Abführung der Kapitalertragsteuer durch die hierfür zuständige Stelle einbehalten (bzw. dem vorgeschaltet erlangt) wurde. Dies ist im hier beleuchteten Kontext gerade nicht der Fall, vielmehr vereinnahmten die Finanzinstitute der Leerverkäufer von der YT-Bank lediglich den Kaufpreis für die Aktien. Dieser fiel schon nicht unter § 20 Abs. 1 EStG [VZ 2007], so dass für die von den Leerverkäufern beauftragten Finanzinstitute auch keine § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] vergleichbare gesetzliche Grundlage bestand, die sie zur Abführung von Kapitalertragsteuer aus diesen Beträgen berechtigt und verpflichtet hätte. Vielmehr waren die Finanzinstitute im Verhältnis zu den Leerverkäufern gerade verpflichtet, die Kaufpreise wertmäßig uneingeschränkt zu deren Gunsten zu buchen. Sie haben den Kaufpreis gerade nicht zu dem Zweck erhalten, hiervon einen Betrag in Höhe der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an den Fiskus weiterzuleiten. Bei der Kaufpreiszahlung handelt es sich im Verhältnis zur Dividendenkompensationszahlung und dem hiervon vorzunehmenden Steuerabzug um zwei vollständig getrennte Zahlungsströme. Dementsprechend vermag die bloße Kaufpreiszahlung auch keinerlei steuerliche Wirkung zu entfalten.

    1643
    (c) Ein Steuereinbehalt auf die Dividendenkompensationszahlungen, die von der YT-Bank erzielt worden sind, ergibt sich auch nicht daraus, dass Steuern auf die von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividenden tatsächlich einbehalten worden sind. Nach Wortlaut und Systematik des EStG [VZ 2007] kommt es für den Anrechnungsanspruch des Leerkäufers allein darauf an, dass ein Steuereinbehalt gerade auf die von ihm bezogene Dividendenkompensationszahlung stattgefunden hat. Auf den Einbehalt von Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag durch den Emittenten der Aktien kann er sich nicht berufen. Entgegenstehende Auffassungen (Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103; Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1948; Desens, DStZ 2014, 154, 160 f.; ders., DStR 2014, 2317, 2322; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 356; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246) gründen auf einer verkürzten Wiedergabe der vom Bundesfinanzhof für den Steuereinbehalt entwickelten Grundsätze und einer Missachtung des Wortlauts der §§ 44 Abs. 1 Satz 3, 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007].

    1644
    Für die Erhebung der Steuer kann nicht allein auf die Auszahlung des (bloßen) Nettobetrages an den Leerkäufer abgestellt werden (vgl. bereits FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100, 102; Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 87). Zwar hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass von einer Erhebung der Kapitalertragsteuer auszugehen ist, sobald sie vom Entrichtungspflichtigen der Kapitalertragsteuer für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge einbehalten wurde, so dass es auf die Abführung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer an das Finanzamt nicht ankommt (BFH, Urteil vom 23.04.1996 - VIII R 30/93, juris Rn. 14). Dies ist Ausdruck des Umstandes, dass der Fiskus beim Vorgang des Kapitalertragsteuerabzugs auf die in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] bezeichneten Personen als Verwaltungshelfer zurückgreift (vgl. BFH, Urteil vom 23.04.1996 - VIII R 30/93, juris Rn. 14; FG Hessen, Urteil vom 10.03.2017 - 4 K 977/14, juris Rn. 100, 102). Wird die Steuer dann nicht abgeführt, geht dies nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen, sondern zu Lasten des Fiskus, der sich des Verwaltungshelfers bedient hat. Voraussetzung ist jedoch stets, dass die betroffene Steuer tatsächlich ordnungsgemäß einbehalten worden ist, was in CumEx-Leerverkaufsgeschäften, wie den von der YT-Bank durchgeführten, gerade nicht der Fall ist. Denn die Depotbank hat keinen Betrag in Höhe der Differenz zwischen Brutto- und Nettodividende zu dem Zweck der Weiterleitung dieses Betrages an den Fiskus erhalten und die durch § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] zum Steuereinbehalt verpflichtete Stelle hat einen solchen gerade nicht vorgenommen.

    1645
    Unbehilflich ist ferner der in der Literatur anzutreffende Begründungsansatz, wonach § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] belegen soll, dass es auch im Hinblick auf den Leerkäufer allein auf den Steuereinbehalt durch den Emittenten der Aktien ankomme, da dieser hierin ausdrücklich als Schuldner der Kapitalerträge definiert werde (so etwa Berger/Matuszewski, BB 2011, 3097, 3103 f.; Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1948; Desens, DStZ 2014, 154, 160 f.; ders., DStR 2014, 2317, 2322; Klein, BB 2013, 1054, 1056; Loritz, WM 2017, 353, 356; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246). Er lässt sich schon mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht in Einklang bringen. Denn wenn darin normiert wird, dass der Emittent der Aktien „insoweit“ als Schuldner der Kapitalerträge gilt, folgt bereits aus dem Terminus „insoweit“, dass sich die Reichweite der in § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007] normierten Fiktion allein auf den Regelungsinhalt der Vorschrift und damit auf den Vorgang der Bescheinigung des Kapitalertragsteuerabzugs erstreckt. Weitere Sachverhalte werden gerade von der Fiktionswirkung ausgenommen. Hinzu kommt, dass der Emittent der Aktien lediglich als Schuldner der Kapitalerträge „gilt“. Auch hiermit bringt die Vorschrift zum Ausdruck, dass der Emittent der Aktien gerade nicht Schuldner der Kapitalerträge im Verhältnis zum Leerkäufer ist, sondern im Rahmen der Erstellung der Steuerbescheinigung aus Gründen der Verfahrenserleichterung lediglich als dieser fingiert werden soll (zum gesetzgeberischen Hintergrund der Regelung Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794). Aus der systematischen Stellung des § 45a EStG [VZ 2007] folgt im Übrigen, dass der Vorgang der Steuerbescheinigung dem Vorgang der Steuererhebung nachgeschaltet ist, dass also eine Bescheinigung nur und erst dann erfolgen soll, wenn die Voraussetzungen einer Steuererhebung tatsächlich vorliegen (Spengel/Eisgruber, DStR 2015, 785, 794).

    1646
    Unbegründet ist ferner die - nicht nachvollziehbare - Befürchtung, dem Leerverkäufer bzw. dem von ihm eingeschalteten Finanzinstitut drohe eine doppelte Pflicht zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer, wenn nicht der Emittent der Aktien im Verhältnis zum Leerkäufer als Schuldner der Kapitalerträge im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] angesehen werde (so aber Klein, BB 2016, 2006, 2009; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246). Denn selbst wenn man den Leerverkäufer bzw. das von ihm eingeschalteten Finanzinstitut in Bezug auf die Dividendenkompensationszahlung sowohl als „Schuldner der Kapitalerträge“ als auch als das „den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut“ im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] ansieht, folgt hieraus nicht, dass Kapitalertragsteuer von dem Finanzinstitut zweifach abgeführt werden müsste. Die Vorschrift war eindeutig dahingehend formuliert, dass in den Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle anstelle des Schuldners der Kapitalerträge den Steuerabzug vorzunehmen hat, eine zweifache Abzugspflicht also gerade nicht besteht. So wurde durch den darin gebrauchten Passus „jedoch“ unmissverständlich klargestellt, dass die Pflicht zum Steuerabzug in der hier betroffenen Konstellation des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] abweichend von den zuvor genannten Fällen geregelt werden soll. Nach keiner gängigen Auslegungsmethode ist der Gesetzeswortlaut einer Interpretation zugänglich, wonach bei den von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2007] erfassten Dividendenkompensationszahlungen das den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut zu einem mehrfachen Steuerabzug verpflichtet sei. Vielmehr hat in dieser Konstellation anstelle des Schuldners der Kapitalerträge nach § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2007] allein das den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut den Steuerabzug auszuführen. Ein gleichzeitiges Aufleben der Tatbestände „Schuldner der Kapitalerträge“ und „Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ und damit ein mehrfacher Steuerabzug ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ausgeschlossen.

    1647
    Ergänzend ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch die zum Veranlagungszeitraum 2009 erfolgten Änderungen des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht geeignet sind, das in der Literatur teilweise propagierte Auslegungsergebnis (dazu etwa Klein, BB 2016, 2009, 2009; Müller/Schade, BB 2017, 1239, 1246) zu stützten. Denn auch in den Folgejahren war die Regelung eindeutig dahingehend formuliert, dass in Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2009-2011] verantwortlich für den Steuerabzug nur die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“, nicht jedoch der „Schuldner der Kapitalerträge“ ist. Für das vom Leerverkäufer eingeschaltete Finanzinstitut würde daher allenfalls der Tatbestand „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ zur Anwendung gelangen, so dass es auch nur einmal Kapitalertragsteuer abzuführen hätte, unabhängig davon, ob das Finanzinstitut bzw. der Leerverkäufer zusätzlich das Tatbestandsmerkmal „Schuldner der Kapitalerträge“ erfüllen. Dies folgt aus den in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG ab dem JStG 2009 [VZ 2009-2011] enthaltenen Wörtern „jedoch“ und „und“. Der Passus „jedoch“ bezieht sich erkennbar auch auf den an späterer Stelle folgenden Halbsatz „und in den Fällen des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 das für den Verkäufer der Aktien den Verkaufsauftrag ausführende inländische Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des § 43 Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe b (den Verkaufsauftrag ausführende Stelle).“ Er ist nach seinem Wortsinn eindeutig dahingehend zu verstehen, dass entgegen dem in § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG zunächst aufgestellten Grundsatz in Fällen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG nicht der „Schuldner der Kapitalerträge“, sondern die „den Verkaufsauftrag ausführende Stelle“ für den Kapitalertragsteuerabzug zuständig ist.

    1648
    (d) Entgegen einzelner Stimmen im Schrifttum (Desens, DStZ 2014, 154, 156; Spilker, FR 2017, 469, 473 ff.; ferner Derlien/Kern, BB 2013, 1943, 1945; Loritz, WM 2017, 353, 360; ders., Stbg 2020, 130, 131 f.) spielt es im Kontext der Steuererhebung zuletzt auch keinerlei Rolle, ob der Käufer einer Aktie Kenntnis davon hat, ob sein Vertragspartner die veräußerten Aktien tatsächlich im Bestand hat oder nicht.

    1649
    Ein derartiger Begründungsansatz kann für die verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen schon deswegen keine Bedeutung erlangen, weil auf Seiten der YT-Bank und der Einziehungsbeteiligten das Vorliegen von Leerverkäufen und das Unterbleiben des Steuerabzugs beim Leerverkäufer tatsächlich bekannt waren. Er ist im Übrigen aber auch mit den einschlägigen normativen Vorgaben und insbesondere mit § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] nicht in Einklang zu bringen. Dieser fordert eindeutig, dass auf die Bezüge des die Anrechnung Begehrenden (hier mithin des Leerkäufers) Kapitalertragsteuer durch Steuerabzug erhoben wurde. Dem wird durch die Einbehaltung der Kapitalertragsteuer beim Emittenten der Aktien nicht genügt. Hierdurch wird der Leerkäufer im Übrigen auch nicht unverhältnismäßig benachteiligt. Allein der Umstand, dass es für ihn bei wirtschaftlicher Betrachtung keinen Unterschied macht, ob er eine Dividende oder eine Dividendenkompensationszahlung erlangt hat, entbindet nicht von der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen in § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007]. Entsprechendes gilt für den Umstand, ob der Aktienerwerber Kenntnis vom Vorliegen eines Leerverkaufs hat oder nicht. Der Besteuerungsvorgang knüpft an objektive Sachverhalte an, eine nur subjektive Steuerpflicht existiert ebenso wenig wie eine Anrechnungsbefugnis „kraft guten Glaubens“ (Florstedt, FR 2016, 641, 651).

    1650
    Zu berücksichtigen ist im Übrigen, dass ein steuerrechtlicher Vertrauenstatbestand in den hier betroffenen CumEx-Leerverkaufsgestaltungen mangels tatsächlich einschlägiger Judikatur zu keinem Zeitpunkt bestanden hat. Allein der Umstand, dass eine begehrte Steuerveranlagung über einen längeren Zeitpunkt tatsächlich durchgeführt wird, ist zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes nicht ausreichend (BFH, Urteil vom 07.10.2010 - V R 17/09, juris Rn. 23). Es besteht auch gar keine Schutzbedürftigkeit des Leerkäufers im Verhältnis zum Fiskus, sondern allenfalls im Verhältnis zum Leerverkäufer oder dessen (inländischer) Depotbank, wenn diese ihren vertraglichen Verpflichtungen oder ihrer Pflicht zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer nicht nachgekommen sind (vgl. Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 76).

    1651
    (3) Zusammenfassend können für CumEx-Leerverkaufsgestaltungen, wie sie den Transaktionen der YT-Bank zugrunde lagen, weder die von Teilen der Literatur bemühten Ansätze, hinsichtlich der leer gekauften Aktie die Voraussetzungen des § 39 AO in der Person des Leerkäufers im Zeitpunkt der Gewinnverteilungsbeschlüsse zu begründen, noch die Versuche, von einem zu seinen Gunsten wirkenden Steuereinbehalt auszugehen, überzeugen. Ihnen liegt eine unzureichende Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Vorgaben, teilweise sogar eine grobe Missachtung tragender Prinzipien des Zivil- und Verfassungsrechts zugrunde. Wie bereits von anderer Seite zutreffend aufgezeigt worden ist, sind die Autoren, die einen Anrechnungsanspruch des Leerkäufers nach § 31 Abs. 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] bejahen wollen, eine überzeugende Begründung hierfür letztlich stets schuldig geblieben, zumal der Gesetzestext angesichts der lange Zeit kontrovers geführten Fachdiskussion fast schon „unerwartet einfach“ und eindeutig ist (Florstedt, FR 2016, 641, 650; NZG 2017, 601, 605; vgl. ferner Westermann, Zivilrechtliche Folgen steuerlicher Rechtsirrtümer bei Cum-/Ex-Geschäften, 2018, S. 74 ff. mwN ab S. 65 ff.).

    b) Nicht gerechtfertigter Steuervorteil

    1652
    Die Einziehungsbeteiligte hat infolge der unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen auch einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 37.356.589,95 Euro im Rahmen der mit dem Bescheid für 2007 über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag des Finanzamtes YC vom 20.04.2009 zusammengefassten Anrechnungsverfügung erlangt.

    1653
    Ausweislich des Körperschaftssteuerbescheides der Einziehungsbeteiligten für 2007 wurden zu ihren Gunsten die in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA 2007 zur Körperschaftssteuererklärung ausgewiesenen Beträge zur Kapitalertragsteuer und zum Solidaritätszuschlag in vollem Umfang angerechnet. Dementsprechend wurden zugunsten der Einziehungsbeteiligten auch sämtliche Steuern angerechnet, die auf die verfahrensgegenständlichen Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen entfallen, die aus CumEx-Leerverkaufstransaktionen herrühren und ein Gesamtvolumen von 37.356.589,95 Euro Kapitalertragsteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag) betreffen.

    1654
    Bereits in der zu Unrecht ergangenen Anrechnungsverfügung hinsichtlich der Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen liegt ein Steuervorteil im Sinne des § 370 Abs. 1 AO begründet, da die Anrechnung von Kapitalertragsteuern zum Steuererhebungsverfahren gehört und die Anrechnungsverfügung lediglich aus Zweckmäßigkeitsverwägungen mit der Steuerfestsetzung in einem Bescheid zusammengefasst wird (BFH, Urteil vom 06.06.2007 - 5 StR 127/07, juris Rn. 19). Im Übrigen sind die sich aus den Körperschaftssteuerbescheiden nach erfolgter Anrechnung ergebenden Erstattungsbeträge auch in vollem Umfang an die Einziehungsbeteiligte ausgezahlt worden.

    1655
    Der Steuervorteil war auch nicht gerechtfertigt, da nach § 31 Abs. 1 KStG [VZ 2007] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2007] nur tatsächlich erhobene, mithin einbehaltene Steuern anzurechnen waren. Ein Steuereinbehalt hat auf Kapitalerträge, die der Einziehungsbeteiligten bzw. der YT-Bank als deren Organgesellschaft zuzurechnen sind, jedoch nicht stattgefunden.

    1656
    Die nicht gerechtfertigten Steuervorteile sind auch gerade aufgrund der unrichtigen Erklärungen zu steuerlich erheblichen Tatsachen der gesondert Verfolgten BP und BX gewährt worden. Wären die 37.356.589,95 Euro nicht als tatsächlich einbehaltene Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in der Steuererklärung ausgewiesen worden, wäre es nicht zu deren Anrechnung gekommen.

    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    1657
    aa) Die gesondert Verfolgten BP und BX haben § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO täterschaftlich verwirklicht. Durch die eigenhändige Unterzeichnung der Steuererklärung sind ihnen die darin enthaltenen Angaben zuzurechnen (vgl. auch BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 198/17, juris Rn. 21; Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 25b). Hierdurch haben sie die tatbestandsmäßige Handlung in Gestalt des Machens unrichtiger Angaben unmittelbar verwirklicht. Dabei kam ihnen als Vertreter der Einziehungsbeteiligten auch die Entscheidungsherrschaft über den Inhalt der Erklärung zu, insbesondere fungierten sie nicht als bloße „Absender“ der Steuererklärung (zur Abgrenzung, insbesondere bei Versand elektronischer Erklärungen Beyer, NZWiSt 2016, 478; Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 25c, 40).

    1658
    bb) Die Tathandlungen der gesondert Verfolgten BP und BX sind gemäß § 25 Abs. 2 StGB auch dem gesondert Verfolgten AE zuzurechnen, da dieser als Mittäter an der Tat beteiligt war.

    1659
    Ob die Tatbeteiligung einer Person als täterschaftlich zu bewerten ist oder allenfalls eine Beihilfestrafbarkeit begründet, ist vom Tatgericht grundsätzlich aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (BGH, Beschlüsse vom 08.06.2017 - 1 StR 188/17, juris Rn. 3; vom 26.11.2019 - 3 StR 323/19, juris Rn. 7). Im Fall des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO tritt die Herrschaft über die Abgabe und den Inhalt einer Steuererklärung als gewichtiges, wenn auch nicht allein ausschlaggebendes Indiz hinzu (Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 212).

    1660
    Nach diesen Maßstäben ist der gesondert Verfolgte AE nicht lediglich als Gehilfe oder Anstifter zu den Handlungen der gesondert Verfolgten BP und BX anzusehen. Zwar lagen die von dem gesondert Verfolgten AE erbrachten Beiträge - soweit feststellbar - nur im Vorfeld der Tat, allerdings waren sie für diese von zentraler Bedeutung. So war er es, der maßgeblich an der Einführung der Geschäfte innerhalb der Bank - unter anderem durch persönliche Gespräche im Rahmen der Rechtsberatung, aber auch durch die Zur-Verfügung-Stellung einer Präsentation und der Herstellung der Kontakte zu dem gesondert Verfolgten BM - mitwirkte. Zudem hatte er ein erhebliches finanzielles Interesse an dem Gelingen der Steueranrechnung, weil er - gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten CD über die YW Ltd. - an den durch die CumEx-Geschäfte erzielten Profiten der YT-Bank mit 35 Prozent beteiligt wurde bzw. - im Hinblick auf die Sondersituation der Altana-Aktie - mit 12 Prozent.

    1661
    Angesichts des bewusst gemeinsamen Zusammenwirkens zwischen dem gesondert Verfolgten AE und den auf Seiten der YT-Bank handelnden gesondert Verfolgten BP und BX lag auch ein gemeinsamer Tatplan vor.

    1662
    cc) Aufgrund des Vorstehenden kann dahinstehen, ob sich darüber hinaus etwa - entsprechend dem Vorwurf der Anklage - auch die gesondert Verfolgten CD, BM, AP und AW (insb. mittäterschaftlich) durch ihre Handlungen im Rahmen von Fall 1 strafbar gemacht haben. Gleiches würde im Übrigen - ungeachtet der getroffenen gegenteiligen Feststellungen - auch hinsichtlich der gesondert Verfolgten BP und BX gelten, soweit hinsichtlich dieser von einem vorsatzlosen Handeln ausgegangen würde, da in diesem Fall für den gesondert Verfolgten AE die Voraussetzungen einer mittelbaren Täterschaft gegeben wären.

    d) Vorsatz der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    1663
    Die gesondert Verfolgten AE, BP und BX handelten auch vorsätzlich. Ihnen waren sämtliche Umstände bekannt, aus denen sich ergab, dass die in den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ausgewiesenen und zum Gegenstand der Erklärungen in den Zeilen 3a und 6 der Anlage WA zur Körperschaftssteuererklärung 2007 gemachten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge von den die Verkaufsaufträge ausführenden Stellen nicht einbehalten, mithin nicht von der Dividendenkompensationszahlung in Abzug gebracht worden waren. Auch war ihnen bekannt, dass die YT-Bank die Aktien über den Dividendenstichtag nicht von den tatsächlichen Aktieninhabern erwarb, sondern sich die Vertragspartner der YT-Bank die für die Vertragserfüllung erforderlichen Aktien erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen im Wege der Ex-Eindeckung beschafften. Damit wussten und wollten die gesondert Verfolgten BP, BX und AE, dass den zum Gegenstand der Körperschaftssteuererklärung 2007 gemachten Anrechnungsbeträgen, die auf die verfahrensgegenständlichen Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften entfallen und deren Anrechnung sie erreichen wollten, kein entsprechender Steuerabzug auf Seiten des Leerverkäufers bzw. dessen Depotbank gegenüberstand. Ferner wussten und wollten die gesondert Verfolgten BP und BX, dass gegenüber dem Finanzamt YC nicht im Rahmen der Körperschaftssteuererklärung oder auf sonstige Weise Mitteilung davon gemacht wird, dass den von der YT-Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen kein Steuerabzug auf Seiten der Leerverkäufer gegenüberstand. Auch der gesondert Verfolgte AE handelte insoweit vorsätzlich.

    1664
    Soweit sich der Vorsatz im Rahmen des § 370 Abs. 1 AO auch darauf beziehen muss, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. er erkennt oder zumindest für möglich hält, dass ein von ihm angestrebter Steuervorteil nach dem einschlägigen Steuerrecht nicht begründet ist (BGH, Urteile vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21; vom 24.01.2018 - 1 StR 331/17, juris Rn. 14), ist auch dies hinsichtlich der gesondert Verfolgten BP, BX und AE der Fall.

    1665
    Für eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung bedarf es keiner Absicht und keines direkten Vorsatzes. Es genügt, dass der Täter die Verwirklichung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Der Hinterziehungsvorsatz setzt weder dem Grunde noch der Höhe nach eine sichere Kenntnis des Steueranspruchs bzw. der steuerrechtlichen Lage voraus (BGH, Urteile vom 16.12.2009 - 1 StR 491/09, Rn. 37; vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21). Notwendig, aber auch genügend ist vielmehr, dass der Täter die eine Steuerhinterziehung ausfüllenden objektiven Tatbestandsmerkmale im Rahmen einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ zutreffend erfasst (FG Köln, Urteil vom 16.01.2019 - 11 K 2194/16, juris Rn 71; Joecks, in: Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 370 AO Rn. 503). Die Kenntnis aller Einzelheiten, insbesondere eine konkrete Vorstellung über die korrekte Einordnung des von ihm nicht, nicht richtig oder unvollständig erklärten Sachverhalts oder der genauen gesetzlichen Grundlagen des Steueranspruchs, ist nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 21; FG Köln, Urteil vom 16.01.2019 - 11 K 2194/16, juris Rn 71).

    1666
    Ob ein Tatbeteiligter nach diesen Maßgaben vorsätzlich handelte oder nicht, bemisst sich nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände, die für sein Vorstellungsbild von Bedeutung waren (BGH, Urteil vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 25). Es ist in diesem Zusammenhang weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten eines Tatbeteiligten Umstände oder Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen keine Anhaltspunkte bestehen (BGH, Urteil vom 08.09.2011 - 1 StR 38/11, juris Rn. 25).

    1667
    Nach diesen Grundsätzen haben die gesondert Verfolgten BP, BX und AE auch die Anforderungen an die zutreffende Erfassung der steuerrechtlichen Lage erfüllt. Denn ihnen war bereits im Zeitpunkt der Initiierung und Durchführung der verfahrensgegenständlichen Transaktionen im Mai 2007 jedenfalls im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ bewusst bzw. wurde von ihnen jedenfalls für möglich gehalten, dass die Voraussetzungen für die von der Einziehungsbeteiligten angestrebte Anrechnung der Steuern eventuell fehlen, weil ein Steuerabzug bzw. ein Steuereinbehalt nur durch die Emittenten der Aktien, nicht aber durch die den Verkaufsauftrag ausführenden Stellen erfolgte. Diese Vorstellung hat sich bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Steuererklärung am 06.01.2009 nicht verändert.

    1668
    Die gesondert Verfolgten BP, BX und AE handelten vorsätzlich auch hinsichtlich der ihre Täterschaft begründenden Umstände. Den gesondert Verfolgten BP und BX war bewusst, dass die von ihnen vollzogene Einreichung der Steuererklärung zwingende Voraussetzung für die Veranlassung der Steueranrechnungen war. Der gesondert Verfolgte AE wusste seinerseits um die zentrale Rolle, die ihm hinsichtlich des Zustandekommens der erforderlichen Kontakte sowie der Beratung der YT-Bank zukam, und um die erheblichen Profite, die im Zusammenhang mit den Geschäften von ihm selbst und anderen generiert wurden.

    e) Rechtswidrigkeit der Haupttat

    1669
    Die gesondert Verfolgten BP, BX und AE handelten auch rechtswidrig. Ob sie auch schuldhaft agierten, bedarf keiner Entscheidung.

    2. Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 StGB

    1670
    Der Angeklagte CA hat den gesondert Verfolgten zu der vorstehend beschriebenen Tat vorsätzlich Hilfe im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB geleistet, indem er für sämtliche verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte der Dividendensaison 2007 die Aktienkörbe zusammenstellte und die für deren Umsetzung erforderlichen Transaktionen im Vorfeld der Dividendensaison mit den Leerverkäufern, den Stückegebern und den Brokern absprach sowie dem gesondert Verfolgten AW bei Rückfragen im Rahmen des Handels zur Verfügung stand.

    a) Objektiver Gehilfenbeitrag

    1671
    Der Angeklagte CA hat einen objektiven Gehilfenbeitrag im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB erbracht. Als taugliche Hilfeleistung ist grundsätzlich jede Handlung anzusehen, die die Herbeiführung des Taterfolges durch den Haupttäter objektiv fördert oder erleichtert, ohne dass sie für den Erfolgseintritt in seinem konkreten Gepräge kausal werden müsste (BGH, Urteile vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 8; vom 14.11.2019 - 3 StR 561/17, juris Rn. 20). Die Beihilfe muss nicht zur unmittelbaren Ausführung der Tat geleistet worden sein; vielmehr reicht eine im Rahmen des Vorbereitungsstadiums entfaltete Tätigkeit aus, solange die Teilnahmehandlung mit dem Willen und dem Bewusstsein geleistet wird, die Haupttat zu fördern (BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 22; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 27 Rn. 5; Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 217). Liegen diese Voraussetzungen vor, steht auch der Umstand, dass zwischen dem Tatbeitrag des Gehilfen und der jeweiligen Haupttat ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist, einer Verwirklichung des § 27 Abs, 1 StGB nicht entgegen (BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 22).

    aa) Hilfeleistung im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB

    1672
    Nach den vorstehend dargelegten Maßgaben hat der Angeklagte CA die in der Steuerhinterziehung liegende Haupttat in strafrechtlich relevanter Weise kausal unterstützt. Die von ihm vorgenommene Planung der Aktienkörbe sowie die Organisation der für deren Umsetzung erforderlichen Aktien- und Derivattransaktionen war Grundvoraussetzung dafür, dass die Aktien im Rahmen der Dividendensaison dergestalt gehandelt werden konnten, dass die Gutschriften der (Netto)Dividendenkompensationszahlungen bei der YT-Bank veranlasst und infolgedessen Steuerbescheinigungen ausgestellt wurden. Die Steuerbescheinigungen waren wiederum nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG [VZ 2007] zwingende Voraussetzung dafür, dass das Finanzamt YC durch die unrichtige Angabe steuerlich erheblicher Tatsachen zur Gewährung der nicht gerechtfertigten Steuervorteile veranlasst werden konnte. Insbesondere zielte bereits die Planung der Aktientransaktionen durch den Angeklagten CA darauf ab, die Grundlage dafür zu schaffen, dass zugunsten der Einziehungsbeteiligten Steuern angerechnet werden, die zuvor nicht in einer ihr zurechenbaren Weise erhoben, mithin in Abzug gebracht wurden.

    bb) Abgrenzung zur (Mit-)Täterschaft

    1673
    Der Tatbeitrag des Angeklagten CA im Fall 1 ist nicht geeignet, eine (mit)täterschaftliche Stellung zu begründen.

    1674
    Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede - wie hier der Angeklagte CA - sämtliche Tatbestandsmerkmale eigenhändig verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (BGH, Beschluss vom 26.11.2019 - 3 StR 323/19, juris Rn. 7). Ob sich das Handeln eines Angeklagten in diesem Sinne als täterschaftliche Beteiligung darstellt oder allenfalls eine Beihilfestrafbarkeit begründet, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (BGH, Beschlüsse vom 08.06.2017 - 1 StR 188/17, juris Rn. 3; vom 26.11.2019 - 3 StR 323/19, juris Rn. 7).

    1675
    Nach diesen Maßstäben liegen hinsichtlich des Angeklagten CA in Fall 1 die Voraussetzungen einer (mit)täterschaftlichen Stellung nicht vor. Die Kammer verkennt nicht, dass die im Vorfeld der Geschäfte durchgeführte Planung und Absprache der Aktientransaktionen von maßgeblicher Bedeutung für das Gelingen der verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen und für die hierdurch bewirkten Steueranrechnungen waren. Den Tatbeiträgen des Angeklagten CA kam daher ein erhebliches Gewicht zu. Gleichwohl ist ihm hierdurch nicht dergestalt die Tatherrschaft zugefallen, dass (auch) er als Zentralgestalt des Geschehens erscheinen würde und der Tatablauf maßgeblich von seinem Willen abgehangen hätte.

    1676
    Er agierte als Angehöriger des Teams am Handelstisch MMM der YJ. Als solcher hatte er selbst keinen Einfluss auf das Zustandekommen und den Inhalt der zwischen der YJ und der YT-Bank bestehenden Vertragsbeziehung und die Entscheidung über die von der YJ vorgenommenen Dienstleistungen. Vielmehr führte der Angeklagte CA lediglich diejenigen Tätigkeiten aus, die für die Umsetzung der von anderer Seite beschlossenen Handelsaktivitäten erforderlich waren. Es hätte insoweit nicht ihm oblegen, durch seine Entscheidung, nicht an der Planung der Aktientransaktionen mitzuwirken, die Durchführung der Geschäfte insgesamt zu beenden oder nachhaltig zu erschweren. Vielmehr hätte die Planung durch sonstige Angehörige von MMM an seiner Stelle durchgeführt werden können.

    1677
    Entscheidend gegen eine täterschaftliche Stellung des Angeklagten CA in Fall 1 spricht ferner, dass er kein Interesse am Taterfolg hatte, das über sein allgemeines Bestreben hinausging, berufliche Anerkennung im Rahmen seiner Tätigkeit für die YJ zu erlangen. Es ist nicht ersichtlich, dass das Gelingen der verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen in Fall 1 für den Angeklagten CA von größerer Bedeutung war als seine im Übrigen für die YJ entfalteten Aktivitäten. Auch ist nicht erkennbar, dass er davon ausging, gerade im Hinblick auf die CumEx-Leerverkaufstransaktionen eine Verbesserung seiner Chancen auf berufliches Fortkommen erreichen oder auf sonstige Weise besonders von diesen profitieren zu können. Vielmehr stellte sich die Planung der CumEx-Leerverkaufstransaktionen für den Angeklagten CA lediglich als ein Teil seiner Tätigkeit für die YJ dar, für die er keine besondere Honorierung erwartete, die über eine etwaige Bonizahlung am Ende des Geschäftsjähres hinausgehen würde. Eine unmittelbare Gewinnbeteiligung des Angeklagten CA an den später von der YT-Bank erlangten Steuervorteilen war nicht vorgesehen und wurde von ihm auch nicht erwartet.

    b) Gehilfenvorsatz

    1678
    Der Angeklagte CA handelte auch vorsätzlich hinsichtlich der Haupttat und hinsichtlich seines Gehilfenbeitrags. Gehilfenvorsatz liegt im Allgemeinen vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen (BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 8). Es reicht, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (BGH, Urteil vom 01.08.2000 - 5 StR 624/99, juris Rn. 8). Dies ist im Hinblick auf den Angeklagten CA der Fall.

    aa) Vorsatz hinsichtlich der Haupttat und deren Förderung

    1679
    Der Angeklagte CA handelte vorsätzlich hinsichtlich des Umstandes, dass die von ihm geplanten Aktientransaktionen Handelsergebnisse bewirken sollten, auf deren Grundlage die deutschen Finanzbehörden zu einer Anrechnung bzw. Auszahlung von Steuern gegenüber dem Leerkäufer veranlasst würden, obgleich zuvor auf Seiten des Leerverkäufers ein Steuerabzug nicht stattgefunden hatte. Ihm war auch bewusst, dass als Leerkäuferin die YT-Bank agierte und dass die Anrechnung bzw. Erstattung der Steuer einen irgendwie gearteten kommunikativen Akt erfordern würde, mittels dessen gegenüber der zuständigen Finanzbehörde der Eindruck vermittelt wird, die Voraussetzungen für eine Steueranrechnung bzw. Erstattung lägen vor. Damit war dem Angeklagten CA insgesamt bekannt, dass sein Tatbeitrag geeignet war, eine durch eine Erklärung gegenüber der Finanzbehörde veranlasste Steueranrechnung trotz nicht erfolgten vorherigen Steuerabzugs zu fördern. Dies wollte er auch.

    1680
    Dem Vorsatz des Angeklagten CA steht nicht entgegen, dass ihm die Details des amtlichen Steuervordrucks nicht bekannt waren und dass er auch keine Kenntnis darüber hatte, welche Person die Steuererklärung abgeben würde. Auch wirkt es sich nicht aus, dass er keine Kenntnis davon hatte, dass die Steueranrechnung auf Seiten der Einziehungsbeteiligten als Organträgerin der YT-Bank wirksam werden würde. Denn für § 27 Abs. 1 StGB genügt es, dass der Gehilfe die wesentlichen Merkmale der Haupttat erkennt, von deren Einzelheiten braucht er keine bestimmte Vorstellung zu haben (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 27 Rn. 22). Hiernach reicht es aus, dass der Angeklagte CA die Unrechts- und Angriffsrichtung der Haupttat im Sinne bedingten Vorsatzes zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 28.02.2012 - 3 StR 435/11, juris Rn. 4). Dies folgt hier daraus, dass ihm die grundsätzliche Zielrichtung der verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen in Gestalt der Gewährung eines Steuervorteils, dem keine entsprechende Einnahme des Fiskus gegenübersteht, bewusst war.

    1681
    Soweit im Rahmen des § 370 Abs. 1 AO vom zumindest bedingten Vorsatz auch die zutreffende Erfassung der steuerrechtlichen Lage umfasst sein muss, liegt auch diese Voraussetzung auf Seiten des Angeklagten CA vor. Auch er erkannte und billigte die Möglichkeit, dass die Voraussetzungen für die von der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten angestrebte Anrechnung der Steuern mangels entsprechenden vorherigen Steuerabzuges aus diesen Fällen eventuell fehlen. Eine genauere Kenntnis von den Einzelheiten der Anrechnungsvoraussetzungen und der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften ist nicht erforderlich.

    1682
    Vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war zuletzt auch der Umstand, dass auf Seiten der YT-Bank nicht nur die grundlegende Struktur der CumEx-Geschäfte und insbesondere der unterbliebene Steuerabzug beim Leerverkäufer bekannt war, sondern dass auch die steuerrechtliche Lage dort wie von ihm selbst beurteilt wurde.

    bb) Grundsätze der berufsneutralen Handlung

    1683
    Der Bejahung der subjektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen stehen auch nicht die Grundsätze der sog. berufsneutralen Handlung entgegen. Hiernach sind für die Beihilfestrafbarkeit bei berufstypischen bzw. neutralen Handlungen besondere Anforderungen an die Prüfung des Gehilfenvorsatzes zu beachten: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß der Hilfeleistende dies, ist sein Tatbeitrag als Beihilfehandlung zu werten (BGH, Urteil vom 22.01.2014 - 5 StR 468/12, juris Rn. 26). In diesem Fall verliert sein Tun den Alltagscharakter bzw. ist nicht mehr als sozialadäquat anzusehen, da sich der Gehilfe mit dem Täter solidarisiert (BGH, Urteil vom 22.01.2014 - 5 StR 468/12, juris Rn. 26). Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (BGH, Urteil vom 22.01.2014 - 5 StR 468/12, juris Rn. 26; Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 224).

    1684
    Der Bewertung einer Handlung als berufsneutral steht es noch nicht per se entgegen, dass diese im Rahmen von steuermotivierten Geschäften erbracht wird. Vorliegend könnte allerdings dagegen sprechen, dass der Angeklagte CA Aktien- und Derivatkonstruktionen als Teil eines marktneutralen Gesamtvertragskonzeptes aufgesetzt und abgesprochen hat, die einen Aktienkreislauf in Gang gesetzt haben, bei denen nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ein bloßer Durchgangserwerb stattfindet und die Anteile dem Erwerber nie nach § 39 AO zuzurechnen sind (vgl. BFH, Urteile vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 32; vom 18.08.2015 - I R 88/13, juris Rn. 21). Das durch den Erwerb einer Aktie üblicherweise anvisierte Ziel einer Übertragung der Nutzungsmöglichkeiten sowie der Gewinnbezugs- und Stimmrechte konnte durch die von dem Angeklagten geplanten Transaktionen nicht erreicht werden. Insbesondere stellten sich die von ihm geplanten Geschäfte aber für die Beteiligten bestenfalls wirtschaftlich neutral dar. Sie konnten überhaupt erst dadurch rentabel werden, dass eine nicht in Abzug gebrachte Steuer durch den Fiskus angerechnet und der sich hieraus speisende Gewinn zwischen den in die Transaktionen Eingebundenen aufgeteilt wird. Besteht die einzige Zielrichtung einer Tätigkeit darin, Geschäftsmodelle zu konstruieren und abzusprechen, die nur dadurch rentabel werden können, dass zu Lasten des Fiskus nicht gerechtfertigte Steuervorteile gewährt werden, bestehen erhebliche Bedenken, hierin noch eine berufstypische Handlung des betroffenen Aktienhändlers zu erblicken.

    1685
    Im Ergebnis kann offenbleiben, ob in objektiver Hinsicht vom Vorliegen einer berufsneutralen Handlung auszugehen ist. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Angeklagte CA hatte es zumindest als sehr wahrscheinlich erkannt, dass der Umstand der Leerkäufe und der Nichtbelastung der Aktienverkäuferseite mit der geltend gemachten Steuer gegenüber den Finanzbehörden pflichtwidrig nicht erwähnt würde. Ungeachtet der Frage, welche strafrechtlichen Schlüsse er hieraus gezogen hat, sah er damit das mindestens hohe Risiko einer späteren (steuer)rechtswidrigen Handlung und solidarisierte sich diesbezüglich mit den Tätern. Die bewusste oder jedenfalls als sehr wahrscheinlich erkannte Förderung rechtswidriger Handlungen - gleich aus welchen Regelungen sich die Rechtswidrigkeit ergibt - kann aber nicht mehr als sozialadäquat angesehen werden.

    3. Rechtswidrigkeit und Schuld

    1686
    Der Angeklagte CA handelte auch rechtswidrig und schuldhaft, insbesondere unterlag er keinem Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB. Das hiernach erforderliche Bewusstsein, Unrecht zu tun, hat bereits derjenige, der in dem Bewusstsein eines Verstoßes gegen die rechtliche Ordnung handelt, ohne dass es darauf ankommt, dass er die konkret verletzte Norm kennt (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 17 Rn. 3). Ein Verbotsirrtum nach § 17 Satz 1 StGB liegt nicht schon dann vor, wenn der Täter keine Kenntnis von der Strafbarkeit seines Verhaltens und der Anwendbarkeit eines Strafgesetzes hat. Vielmehr reicht für die Unrechtseinsicht das Bewusstsein eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung aus. In einem Verbotsirrtum handelt ein Tatbeteiligter nur dann, wenn ihm die Einsicht fehlt, dass sein Tun gegen die durch verbindliches Recht erkennbare Wertordnung verstößt. Ob er glaubt, straf-, öffentlich- oder zivilrechtliche Normen zu verletzen, hat hingegen grundsätzlich keine Bedeutung (BGH, Urteil vom 30.05.2008 - 1 StR 166/07, Rn. 58). Im Übrigen reicht ein Handeln mit bedingter Unrechtseinsicht aus. Eine solche liegt bereits dann vor, wenn der Tatbeteiligte mit der Möglichkeit rechnet, Unrecht zu tun, und dies billigend in Kauf nimmt (BGH, Urteile vom 24.02.2011 - 5 StR 514/09, juris Rn. 34; vom 07.04.2016 - 5 StR 332/15, juris Rn. 24; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 17 Rn. 5).

    1687
    Hiervon ausgehend folgt die Unrechtseinsicht des Angeklagten CA bereits daraus, dass er die Möglichkeit erkannte und billigend in Kauf nahm, dass die anvisierten und durch seine Tatbeiträge geförderten Steuervorteile mit den einschlägigen Bestimmungen des deutschen Steuerrechts nicht in Einklang stehen. Darauf, ob er damit rechnete bzw. es für möglich hielt, durch sein Verhalten einen Straftatbestand zu verwirklichen, kommt es nicht an.

    II. Fall 2

    1688
    Im Fall 2 hat sich der Angeklagte CA wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

    1. Objektiver Tatbestand

    1689
    Die unter Beifügung von Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen bei dem Finanzamt YC vorgelegte Steuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2008 enthält unrichtige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen, aufgrund derer das Finanzamt YC zu Unrecht Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge zugunsten der Einziehungsbeteiligten im Umfang von insgesamt 35.762.484,86 Euro angerechnet hat.

    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    1690
    Die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2008 sowie die der Erklärung beigefügten Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen enthielten die unrichtige Angabe der steuerlich erheblichen Tatsache, dass hinsichtlich Kapitalertragsteuern in Höhe von 33.898.137,31 Euro und Solidaritätszuschlägen in Höhe von 1.864.397,55 Euro ein der Einziehungsbeteiligten bzw. der YT-Bank zurechenbarer Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs stattgefunden hat.

    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärung

    1691
    Den Zeilen 3 und 6 der Anlage WA 2008 zur Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten sowie den Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen ist im Wege der Auslegung die Erklärung zu entnehmen, dass die YT-Bank im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen 17 Aktiengattungen Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, auf die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 33.898.137,31 Euro bzw. im Umfang von 1.864.397,55 Euro tatsächlich einbehalten worden sind. Die hinsichtlich Fall 1 dargelegten Auslegungsgrundsätze gelten entsprechend. Die dort für den Veranlagungszeitraum 2007 in Bezug genommen Vorschriften sind in § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2008], § 36 Abs. 2, § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2008] für 2008 inhaltsgleich enthalten.

    bb) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    1692
    Die Angaben sind unrichtig, jedenfalls aber unvollständig, da die YT-Bank im Veranlagungszeitraum 2008 im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen 17 Aktiengattungen ausschließlich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, auf die ein Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs nicht erfolgt ist.

    1693
    Da die YT-Bank die verfahrensgegenständlichen Aktien auch im Veranlagungszeitraum 2008 von einem Leerverkäufer erworben hat und die Aktienbuchungen in ihrem Depot erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen vollzogen wurden, erzielte die YT-Bank keine Dividenden im Sinne von § 20 Abs. 2a EStG [2008] i.V.m. § 39 AO. Vielmehr vereinnahmte sie hinsichtlich sämtlicher Aktien lediglich Dividendenkompensationszahlungen. Die Ausführungen zu Fall 1 gelten insoweit entsprechend; insbesondere sind die dort für den Veranlagungszeitraum 2007 erörterten Bestimmungen in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 4, Abs. 2a, § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2008] und § 39 AO für den Veranlagungszeitraum 2008 inhaltsgleich enthalten.

    1694
    Soweit die YT-Bank hinsichtlich der 17 verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen im Veranlagungszeitraum 2008 Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, hat hierauf ein Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs nicht stattgefunden. Die auf die Dividenden erfolgten Steuereinbehalte sind ihr nicht zuzurechnen. Auch insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend. Die dort für den Veranlagungszeitraum 2007 neben den bereits genannten Vorschriften noch für maßgeblich erklärten Regelungen sind in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2008] für den Veranlagungszeitraum 2008 inhaltsgleich enthalten.

    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    1695
    Auch für den Veranlagungszeitraum 2008 ist gegenüber dem Finanzamt YC weder der Umstand, dass die YT-Bank keine Dividenden, sondern Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, noch die Tatsache, dass ein Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs auf diese nicht erfolgt ist, offenbart worden. Entsprechende Hinweise finden sich nicht in der Körperschaftssteuererklärung und wurden - vor Tatvollendung - auch nicht im Rahmen eines Begleitschreibens oder auf sonstige Weise gegenüber dem Finanzamt getätigt.

    b) Nicht gerechtfertigter Steuervorteil

    1696
    Die Einziehungsbeteiligte hat infolge der unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen im Hinblick auf die 17 verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil in Höhe von 35.762.484,86 Euro im Rahmen der mit dem Bescheid für 2007 über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag vom 14.04.2010 zusammengefassten Anrechnungsverfügung erlangt. Auch für den Veranlagungszeitraum 2008 wurden ausweislich des Körperschaftssteuerbescheides der Einziehungsbeteiligten zu ihren Gunsten die in den Zeilen 3 (38.315.884,28 Euro) und 6 (2.131.961,85 Euro) der Anlage WA 2008 zur Steuererklärung ausgewiesenen Beträge zur Kapitalertragsteuer und zum Solidaritätszuschlag in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht. Dementsprechend wurden zugunsten der Einziehungsbeteiligten auch sämtliche Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge angerechnet, die auf die Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften der für den Veranlagungszeitraum 2008 verfahrensgegenständlichen 17 Aktiengattungen entfallen. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Steuervorteile sowie deren Bewirkung durch die unrichtigen Angaben die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend.

    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP und AE

    1697
    Der gesondert Verfolgte BP hat durch die eigenhändige Unterzeichnung der Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für das Jahr 2008 auch in Fall 2 einen seine Täterschaft begründenden Tatbeitrag erbracht.

    1698
    Die Handlungen des gesondert Verfolgten BP sind - wie auch im Rahmen von Fall 1 - dem gesondert Verfolgten AE gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Er war auch im Jahr 2008 zentral in die Durchführung der Geschäfte involviert, indem er etwa als Rechtsberater zur Verfügung stand. Zudem wirkte er daran mit, dass die YT-Bank den wesentlichen Teil der Geschäfte nicht mehr mit der YJ tätigte, sondern nunmehr mit der ZD Capital Ltd. Dass er eine entscheidende Rolle für die YT-Bank spielte, zeigt sich insbesondere auch daran, dass er weiterhin an den Gewinnen der YT-Bank beteiligt wurde; im Jahr 2008 immerhin - gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten CD - mit einem Betrag in Höhe von 5.188.000 Euro, der ihnen neben den über seine Rechtsanwaltskanzlei abgerechneten Beträgen zufloss.

    1699
    Die gesondert Verfolgten BP und AE handelten ferner auch in Fall 2 vorsätzlich. Ihre Kenntnis von der Struktur der verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte und von dem Umstand, dass durch Einreichung der Steuererklärung zu Gunsten der Einziehungsbeteiligten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge zur Anrechnung gebracht werden sollen, denen kein vorheriger Steuerabzug auf Seiten der Leerverkäufer gegenüberstand, entsprach ihrer Vorstellung in Fall 1. Auch war ihnen wiederum bewusst, dass das Finanzamt YC nicht darüber in Kenntnis gesetzt wird, dass die YT-Bank lediglich Dividendenkompensationszahlungen bezogen hat, auf die ein eigenständiger Einbehalt der Steuern nicht erfolgt ist.

    1700
    Zuletzt haben die gesondert Verfolgten BP und AE es auch in Fall 2 zumindest für möglich gehalten, dass die Voraussetzungen der von ihnen angestrebten Anrechnung der Steuern, mithin des angestrebten Steuervorteils, nach dem einschlägigen Steuerrecht eventuell nicht vorlliegen. Die Ausführungen zu Fall 1 gelten insoweit entsprechend.

    1701
    Die gesondert Verfolgten BP und AE handelten auch in Fall 2 rechtswidrig, auf das Vorliegen eines lediglich die Schuld betreffenden Verbotsirrtums im Sinne von § 17 StGB kommt es für die Strafbarkeit des Angeklagten CA nicht an, §§ 28, 29 StGB.

    2. Mittäterschaft des Angeklagten CA

    1702
    Die unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen gegenüber dem Finanzamt YC durch den gesondert Verfolgten BP sind dem Angeklagten CA nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Die Voraussetzungen der Mittäterschaft in Gestalt eines gemeinsamen Tatplans und einer gemeinsamen Tatausführung liegen vor.

    a) Gemeinsamer Tatplan

    1703
    Die gesondert Verfolgten BP und AE sowie der Angeklagte CA handelten auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans, also im bewussten und gewollten Zusammenwirken. Hierfür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der einzelne Mittäter bei der Ausführung in Übereinstimmung mit dem oder den anderen im Sinne des Planes handelt und ihn dadurch zu einem gemeinsamen macht (LK-Schünemann, StGB 12. Aufl, § 25 Rn. 173). Eine Mitwirkung bei der Entstehung des Planes ist ebenso wenig erforderlich, wie eine (stillschweigende) Einigung, solange ein (ggf. erst während der Tat gebildetes) gemeinsames Einverständnis besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 17.02.2016 - 5 StR 554/15, juris Rn. 6; Hoffmann-Holland/Singelnstein, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 25 Rn. 108; LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 173; ferner Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 212). Nicht nötig ist insoweit, dass der eine Mittäter die von dem anderen ausgesandten und von ihm als solche erkannten und akzeptierten Signale wieder zurückmeldet, sofern der jeweilige Tatbeitrag in Erwartung der Akzeptanz durch den anderen geleistet wird (LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 173). Mittäterschaft ist deshalb selbst dann möglich, wenn die einzelnen Mitwirkenden sich nicht kennen, sofern sich nur jeder bewusst ist, dass neben ihm noch ein anderer oder andere mitwirken und diese von dem gleichen Bewusstsein erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.2005 - 3 StR 492/04, juris Rn. 22 a.E.; Hoffmann-Holland/Singelnstein, in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 25 Rn. 108; LK-Schünemann, StGB, 12. Aufl., § 25 Rn. 173). Hiervon ausgehend liegen die Voraussetzungen eines gemeinsamen Tatplans vor.

    1704
    Der Angeklagte CA handelte in dem Wissen, dass die Ergebnisse der CumEx-Transaktionen, die seitens der ZD-Gesellschaften zur Umsetzung des unter seiner Mitwirkung abgeschlossenen Investment Partnership Agreements strukturiert und begleitet wurden, zum Anlass eines Antrags auf Anrechnung bzw. Erstattung der Steuer gemacht werden würden. Ihm war ferner bekannt, dass die infolge des Investment Partnership Agreements unter seiner Mitwirkung durchgeführten Planungen der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte die entscheidende Grundlage für die anschließend umgesetzten Aktientransaktionen bildeten, die darauf abzielten, Profite aus der mehrfachen Anrechnung oder Erstattung nur einmalig erhobener Kapitalertragsteuer zu generieren, und die ein arbeitsteiliges Agieren zahlreicher Personen erforderlich machten. Insoweit war der Angeklagte CA sich auch darüber bewusst, dass zum Zwecke der Erlangung mehrfacher Steuererstattungen bzw. -anrechnungen ein Kommunikationsakt zwischen einer der beteiligten Personen und den deutschen Steuerbehörden erforderlich sein würde. Dass er Kenntnis von einer diesbezüglichen Mitwirkung der Verantwortlichen der YT-Bank bzw. von Mitgliedern der Einziehungsbeteiligten hatte, ergibt sich bereits aus seiner Mitwirkung am Zustandekommen des Investment Partnership Agreements. Ob ihm bewusst war, in welchem Umfang gerade der gesondert Verfolgte BP in die Geschäfte bzw. die Erklärung gegenüber dem Finanzamt involviert sein würde, ist für die Annahme eines gemeinsamen Tatplans unbeachtlich.

    1705
    Dass auch der gesondert Verfolgte BP auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans agierte, ergibt sich aus seinem Bewusstsein, dass die von ihm mit der Steuererklärung eingereichten Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften sowie die damit verbundenen Erklärungen in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorhergehenden Aktientransaktionen standen, die ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderten. Dabei war ihm auch bekannt, dass Angehörige der ZD-Gruppe in die Vorbereitung und Begleitung der im Einzelnen erforderlichen Transaktionen eingebunden waren. Damit handelte der gesondert Verfolgte BP insgesamt in dem Bewusstsein, dass sein durch die Einreichung der Steuererklärung begründeter Tatbeitrag an die vorherigen - für die Tatbestandsverwirklichung zwingend erforderlichen - Tatbeiträge der Strukturierer und Aktienhändler anknüpfte. Darauf, in welchem Umfang der gesondert Verfolgte BP Kenntnis von der exakten Mitwirkung gerade des Angeklagten CA hatte, kommt es nach Maßgabe der eingangs geschilderten Grundsätze nicht an.

    1706
    Entsprechendes gilt hinsichtlich der Tatbeteiligung des gesondert Verfolgten AE. Im Übrigen kann auch insoweit dahinstehen, ob darüber hinaus etwa auch die gesondert Verfolgten BX, CD, BM, AP, CJ und AW aufgrund eines gemeinsamen Tatplans in strafrechtlich relevanter Weise an den CumEx-Geschäften mitgewirkt haben. Gleiches gilt im Übrigen - ungeachtet der getroffenen gegenteiligen Feststellungen - auch hinsichtlich des die Steuererklärung unterzeichnenden gesondert Verfolgten BP, da insoweit für den Angeklagten CA (und auch für den gesondert Verfolgten AE) die Voraussetzungen einer mittelbaren Täterschaft gegeben wären.

    b) Bewertung der Tatbeiträge als täterschaftlich

    1707
    Die von dem Angeklagten CA in Fall 2 erbrachten objektiven Tatbeiträge sind nach Maßgabe der bereits dargelegten Abgrenzungskriterien als (mit-)täterschaftlich und nicht lediglich als Beihilfe zu bewerten.

    1708
    aa) Der Tatbeitrag des Angeklagten CA war in Fall 2 nicht auf die Planung und Abstimmung der einzelnen Aktien- und Derivattransaktionen mit dem gesondert Verfolgten AW beschränkt. Vielmehr war er in Fall 2 gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten BM gleichermaßen mitverantwortlich für den Abschluss des Investment Partnership Agreements. Dieses stellte die Grundlage für die anschließende Planung und Durchführung sämtlicher CumEx-Transaktionen dar, die während der Hauptdividendensaison seitens der YT-Bank unter Beratung und Begleitung der ZD-Gesellschaften durchgeführt wurden. In Abgrenzung zu den Tatbeiträgen des Angeklagten in Fall 1, in denen er lediglich die seitens der YJ mit der YT-Bank getroffene Kooperationsvereinbarung umsetzte, war der Angeklagte CA hierdurch in Fall 2 unmittelbar in die Entscheidung darüber eingebunden, ob und mit welchem Inhalt eine Kooperation mit der YT-Bank zum Zwecke insbesondere der Durchführung von CumEx-Leerverkaufsgeschäften mit anschließender Steueranrechnung überhaupt eingegangen wird. Obgleich der Inhalt des Investment Partnership Agreements vorrangig durch den gesondert Verfolgten BM mit der YT-Bank ausgehandelt wurde, trug der Angeklagte CA für deren Zustandekommen gleichermaßen die Verantwortung, war zudem aber auch an den Verhandlungen beteiligt. Spätestens nach Gründung der ZD-Gesellschaften agierte der Angeklagte CA im Jahr 2008 als gleichberechtigter Teilhaber neben dem gesondert Verfolgten BM. Die vorgenommene Arbeitsteilung, wonach der Kundenkontakt und das Aushandeln von Kooperationsvereinbarungen vorrangig in den Aufgabenbereich von der ZD Capital Ltd. und des gesondert Verfolgten BM fiel, wirkte sich nicht dahingehend aus, dass der Angeklagte CA an diesbezüglichen Entscheidungen nicht mitwirkte. Vielmehr war auch er - wenn auch in begrenzterem Umfang - in die Pflege der Kundenkontakte eingebunden und stimmte insbesondere mit dem gesondert Verfolgten BM in jedem Einzelfall ab, ob eine Kooperation mit einem bestimmten Kunden eingegangen werden soll oder nicht. Auch die Investment Partnership Agreements mit der YT-Bank wären ohne vorherige Zustimmung des Angeklagten CA nicht abgeschlossen worden.

    1709
    Dem Angeklagten CA kommt bereits aufgrund seiner Mitwirkung am Zustandekommen des Investment Partnership Agreements eine gewichtige Rolle zu. Seitens der ZD Capital Ltd. wurden die für die erfolgreiche Umsetzung der verfahrensgegenständlichen CumEx-Transaktionen zwingend erforderlichen Zusammenstellungen der Aktienkörbe sowie die Absprachen der einzelnen Aktien- und Derivattransaktionen allein aufgrund dieser Vereinbarung durchgeführt. Dass die ZD-Gesellschaften in diesem Zusammenhang über die erforderlichen Kontakte zu Leerverkäufern und Stückegebern verfügten, hing wesentlich auch mit der Person des Angeklagten CA und seiner noch am Handelstisch der YJ gewonnenen Marktexpertise zusammen. Damit wirkte der Angeklagte unmittelbar an der Entscheidung mit, ob CumEx-Leerverkaufstransaktionen mit anschließender Beantragung nicht gerechtfertigter Steuervorteile durchgeführt werden oder nicht. Ferner trug er Mitverantwortung für die in den Investment Partnership Agreements getroffenen Gewinnverteilungen und hatte hierdurch unmittelbaren Einfluss auf die Verteilung der erwarteten Profite aus den Steuerhinterziehungstaten.

    1710
    Zusätzlich verstärkt wird die Bedeutung der objektiven Tatbeiträge des Angeklagten CA dadurch, dass er auch in Fall 2 selbst an der Planung sämtlicher Aktienkörbe beteiligt war. Hierdurch hatte er unmittelbaren Einfluss auf die Höhe der Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge, die in den Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften ausgewiesen und Grundlage der Anrechnungsanträge der Einziehungsbeteiligten wurden.

    1711
    Zuletzt spricht für eine täterschaftliche Stellung des Angeklagten insbesondere auch sein hohes Eigeninteresse an der Tat. Er profitierte unmittelbar an den durch die einzelnen CumEx-Geschäfte generierten Erträgen, da das Investment Partnership Agreement gerade dergestalt aufgesetzt war, dass der Profit von ZD umso höher ausfiel, je mehr Aktien- und Derivatgeschäfte strukturiert und umgesetzt werden konnten und je profitabler die hierbei ausgehandelten Dividendenlevel aus Sicht der YT-Bank waren. Darüber hinaus gilt: Zwar fielen diese Profite vordergründig noch im Vorbereitungsstadium an und hingen nicht unmittelbar davon ab, dass die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge später tatsächlich zugunsten der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten angerechnet werden. Dem Angeklagten war aber bewusst, dass die tatsächliche Steueranrechnung Grundlage für den Fortbestand der Kooperation zwischen der YT-Bank und den ZD-Gesellschaften war. Schon um die für ZD und damit auch für ihn besonders profitable Zusammenarbeit mit der YT-Bank nicht zu gefährden, sondern auch in den folgenden Jahren fortsetzen zu können, hatte der Angeklagte ein besonders hohes Eigeninteresse daran, dass die Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge tatsächlich zugunsten der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten angerechnet werden.

    1712
    bb) Der Annahme einer (mit-)täterschaftlichen Stellung des Angeklagten CA steht nicht entgegen, dass er allein im Vorbereitungsstadium tätig geworden ist. Auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungshandlung beschränkt, kann die Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB erfüllen, wenn sich diese Mitwirkung nach der Willensrichtung des Tatbeteiligten als Teil der Tätigkeit aller darstellt und nach den bereits dargelegten Kriterien als täterschaftlich zu bewerten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22.10.2019 - 4 StR 227/19, juris Rn. 7). Dies ist im Hinblick auf den Angeklagten CA der Fall. Im Gesamtgefüge der einzelnen Tatbeiträge kommt der Mitwirkung an dem Zustandekommen des Investment Partnership Agreements und damit der Schaffung einer Grundlage für die in der Hauptdividendensaison des Jahres 2008 durchgeführten CumEx-Leerverkaufstransaktionen maßgebliche Bedeutung zu. Ohne diese Vereinbarung wäre keine der verfahrensgegenständlichen Transaktionen der Hauptdividendensaison im Zusammenwirken der YT-Bank mit der ZD Capital Ltd. umgesetzt worden. Ferner war der Angeklagte in die Planung und Absprache sämtlicher Transaktionen maßgeblich eingebunden, die in Fall 2 durchgeführt wurden. Damit legte er die Grundlage für sämtliche Einzelgeschäfte, die für die Generierung der Steuerbescheinigungen und Dividendengutschriften erforderlich waren, die ihrerseits zum Gegenstand der Kapitalertragsteuererklärung der Einziehungsbeteiligten gemacht wurden.

    1713
    Dass der Angeklagte die eigentliche Tathandlung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht mehr mitbeherrschte, wirkt sich nach dem Vorstehenden nicht entscheidend aus. Zwar kann eine fehlende Nähe des Tatbeitrages eines Tatbeteiligten zur unmittelbar tatbestandsmäßigen Handlung gegen eine täterschaftliche Beteiligung sprechen (vgl. insbesondere für den Tatbestand der unerlaubten Einführung von Betäubungsmitteln BGH, Beschluss vom 16.02.2012 - 3 StR 470/11, juris Rn. 5 sowie zur Steuerhinterziehung Krumm, in: Tipke/Kruse, 156. Lieferung 04.2019, § 370 Rn. 31). Jedoch ist maßgeblich für die Abgrenzung stets eine Bewertung sämtlicher Umstände des Einzelfalles. Abzustellen ist insoweit darauf, ob die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich von dem Willen des Betreffenden abhängen (BGH, Beschluss vom 26.03.2019 - 1 StR 52/19, juris Rn. 7). Auch bei § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO steht der Umstand, dass der Angeklagte seine Tatbeiträge lediglich im Vorfeld der Steuererklärung erbracht hat, der Annahme von Mittäterschaft nicht entgegen, wenn ihm aufgrund seiner Tätigkeit eine Schlüsselstellung bei den gemeinschaftlich geplanten Taten zukam (BGH, Beschluss vom 25.09.2012 - 1 StR 407/12, juris Rn. 37; Urteil vom 09.04.2013 - 1 StR 586/12, juris Rn. 43 ff.). Hierbei kommt es insbesondere auch darauf an, ob das Verhalten eines Tatbeteiligten als entscheidender Tatbeitrag für die Abgabe der unrichtigen Steuererklärung bzw. Steueranmeldung zu bewerten ist (BGH, Urteil vom 07.11.2006 - 5 StR 164/06, juris Rn. 23). Vor diesem Hintergrund ist die fehlende Herrschaft über die Abgabe einer Steuererklärung auch nicht das allein ausschlaggebende Kriterium für die Frage, ob ein Tatbeitrag als täterschaftlich zu bewerten ist oder nicht (Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 212).

    1714
    Hiernach steht der Annahme einer Mittäterschaft hinsichtlich des Angeklagten CA nicht entgegen, dass seine Tatbeiträge über ein Jahr vor Einreichung der Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten für 2008 erbracht worden sind. Die unter seiner Mitwirkung zustande gekommene Kooperationsvereinbarung mit der YT-Bank bildete die Grundlage für sämtliche CumEx-Leerverkaufstransaktionen, die seitens der YT-Bank in der Hauptdividendensaison des Jahres 2008 durchgeführt wurden und deren Ergebnisse Eingang in die Körperschaftssteuererklärung der Einziehungsbeteiligten genommen haben. Schon aufgrund seiner gleichberechtigten Teilhaberstellung neben dem gesondert Verfolgten BM kam dem Angeklagten CA in diesem Zusammenhang eine Schlüsselstellung zu, da eine Beratung der YT-Bank durch die ZD Capital Ltd. ohne seine Zustimmung ausgeschlossen gewesen wäre. Darüber hinaus war er in die Planung sämtlicher Transaktionen für die Hauptdividendensaison 2008 eingebunden und begleitete deren Umsetzung. Hierdurch wirkte er unmittelbar an der Generierung der Steuerbescheinigungen mit, die Eingang in die Steuererklärung fanden und Voraussetzungen dafür waren, dass das Finanzamt YC veranlasst werden konnte, die ausgewiesenen Steuern zu Unrecht anzurechnen. Insoweit hat der Angeklagte CA durch seine Tatbeiträge einen gleichsam regelhaften Ablauf in Gang gesetzt, da sicher davon auszugehen war, dass die unter seiner Mitwirkung geplanten und durchgeführten CumEx-Leerverkaufstransaktionen in die eigentlichen Tathandlungen in Gestalt des Tätigens unrichtiger bzw. unvollständiger Angaben im Rahmen der Kapitalertragsteuererklärung münden würden. Denn schon unter bilanziellen Gesichtspunkten war angesichts der für die Aktiengeschäfte aufgewendeten finanziellen Mittel nahezu ausgeschlossen, dass die Einziehungsbeteiligte entgegen der ursprünglichen Planung und entgegen dem Vorgehen in Fall 1 davon absieht, eine Anrechnung von Steuern im Umfang eines zweistelligen Millionenbetrages gegenüber dem Fiskus geltend zu machen.

    1715
    cc) Keiner Entscheidung bedarf, ob sich auch die von dem Angeklagten CA geplanten Aktiengeschäfte aus Januar 2008, bei denen er noch als Angestellter der YJ handelte, als täterschaftliche Mitwirkungsakte darstellen. Selbst wenn er insoweit für sich betrachtet nur als Gehilfe zu qualifizieren sein sollte, bliebe dies angesichts seiner späteren Rolle für das Gelingen der Tat ohne Auswirkung auf den Schuldspruch. Da in Fall 2 nur ein einheitliches Delikt der Steuerhinterziehung vorliegt, das durch Einreichung der Körperschaftssteuererklärung begründet wird, träte die Strafbarkeit des Angeklagten aus § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 StGB hinter diejenige aus § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 25 Abs. 2 StGB zurück.

    c) Vorsatz

    1716
    Der Angeklagte CA handelte auch in Fall 2 vorsätzlich. Seine Vorstellung hinsichtlich der Struktur der CumEx-Transaktionen, der gegenüber den Finanzbehörden abzugebenden Erklärungen und der involierten Personen entsprach derjenigen in Fall 1, wobei er durch seine Beteiligung am Abschluss des Investment Partnership Agreements wiederum Kenntnis von der Einbindung der YT-Bank erlangte. Der Angeklagte handelte darüber hinaus auch vorsätzlich hinsichtlich der Umstände, aus denen sich seine täterschaftliche Stellung ergab. So war ihm nicht nur die Bedeutung des Investment Partnership Agreements für das Zusammenwirken mit der YT-Bank in den CumEx-Leerverkaufstransaktionen der Hauptdividendensaison des Jahres 2008 bewusst. Vielmehr entsprach es gerade seinem Willen, die CumEx-Leerverkaufstransaktionen mit anschließender Steueranrechnung erfolgreich aufzusetzen, um langfristig wirtschaftlich von der Kooperation mit der YT-Bank profitieren zu können.

    1717
    Auch die Vorstellung des Angeklagten von der steuerrechtlichen Lage entsprach seinem Vorstellungsbild in Fall 1. Die in seiner Person bereits im Jahr 2007 vorhandene Einschätzung, dass die Voraussetzung der angestrebten Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer in der Person der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten bei den verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen eventuell nicht vorliegen, ist im Folgenden nicht der sicheren Überzeugung gewichen, dass ein entsprechender Anspruch begründet sei.

    3. Rechtswidrigkeit und Schuld             

    1718
    Der Angeklagte CA handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Für einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB ist wiederum bereits aufgrund des von dem Angeklagten für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht kein Raum.

    III. Fälle 3, 8 und 11

    1719
    Auch in den Fällen 3, 8 und 11, d.h. in insgesamt drei Fällen, hat sich der Angeklagte CA wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.

    1. Objektiver Tatbestand

    1720
    Die unter Beifügung von Steuerbescheinigungen bei dem Finanzamt YC vorgelegten Steuererklärungen der Einziehungsbeteiligten für die Jahre 2009, 2010, 2011 enthalten unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen, aufgrund derer das Finanzamt YC zu Unrecht Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge zugunsten der Einziehungsbeteiligten im Umfang von 46.779.448,31 Euro (Veranlagungszeitraum 2009; Fall 3), im Umfang von 42.676.314,18 Euro (Veranlagungszeitraum 2010; Fall 8) und im Umfang von  3.999.768,75 Euro (Veranlagungszeitraum 2011; Fall 11) angerechnet hat.

    a) Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    1721
    Die Körperschaftssteuererklärungen der Einziehungsbeteiligten für die Jahre 2009, 2010 und 2011 sowie die beigefügten Steuerbescheinigungen enthalten unrichtige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen. Ihnen ist die Erklärung zu entnehmen, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 46.779.448,31 Euro (2009), im Umfang von 42.676.314,18 Euro (2010) und im Umfang von 3.999.768,75 Euro (2011) auf Kapitalerträge einbehalten worden sind, die der YT-Bank als Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten zuzurechnen sind. Diese Erklärung ist unzutreffend, da ein Steuereinbehalt in Gestalt eines Steuerabzugs auf die von der YT-Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht stattgefunden hat.

    aa) Auslegung der Körperschaftssteuererklärungen

    1722
    Den Körperschaftssteuererklärungen der Einziehungsbeteiligten für die Jahre 2009, 2010 und 2011 ist entsprechend der bereits dargelegten Auslegungsgrundsätze die Angabe zu entnehmen, dass die in den Zeilen 4 und 6 (2009) bzw. in den Zeilen 5 und 6 (2010 und 2011) der Anlage WA zu den Körperschaftssteuererklärungen eingetragenen Beträge sich auf tatsächlich einbehaltene, mithin in Abzug gebrachte Steuern beziehen. Die für die Ermittlung dieses Erklärungsinhaltes maßgeblichen § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] sind inhaltsgleich mit den Bestimmungen des EStG [VZ 2007], so dass die diesbezüglichen Ausführungen entsprechend gelten. Dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern im Umfang von 46.779.448,31 Euro (2009), im Umfang von 42.676.314,18 Euro (2010) und im Umfang von 3.999.768,75 Euro (2011) auf Kapitalerträge im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2009-2011] entfallen sollen, ergibt sich aus den Steuerbescheinigungen, die den Körperschaftssteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 beigefügt waren. Aus diesen geht unmittelbar hervor, dass die zur Anrechnung gebrachten Steuern Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG [VZ 2009-2011] betreffen sollen, die auf Aktien entfallen sind, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden.

    1723
    Der im Wege der Auslegung zu ermittelnde Erklärungsinhalt der Körperschaftssteuererklärungen der Einziehungsbeteiligten für die Veranlagungszeiträume 2009, 2010 und 2011 wird nicht durch das BMF-Schreiben vom 05.05.2009 (IV C 1 - S 2252/09/10003) beeinflusst. Zwar ist teilweise die Auffassung vertreten worden, das Schreiben bringe die auch für den die Steuererklärung Abgebenden maßgebliche Vorstellung der Finanzverwaltung zum Ausdruck, eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] habe immer schon dann zu erfolgen, wenn keine Absprachen zwischen Leerverkäufer und Käufer bestanden (vgl. Müller StB 2015, 352, 354; Podewils, FR 2014, 1064, 1068), mit der Folge, dass es auf den tatsächlichen Steuereinbehalt nicht mehr ankommen würde. Dem ist indes nicht zu folgen. Das BMF-Schreiben ist von vornherein nicht geeignet, sich auf die materiellen Voraussetzungen einer Steueranrechnung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2009-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG [VZ 2009-2011] auszuwirken. Es kann dementsprechend auch den im Wege der Auslegung zu ermittelnden Erklärungsgehalt der Angaben in Anlage WA nicht beeinflussen. Abgesehen hiervon trifft die vorstehend skizzierte Auslegung des BMF-Schreibens aber ohnehin nicht zu. Der maßgebliche Passus in dem Schreiben lautet wie folgt:

    1724
    „Bestehen zwischen dem Leerverkäufer und dem Käufer Absprachen, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründen, ist dem Käufer […] bekannt, dass ihm eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde, obwohl die darin ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht erhoben bzw. abgeführt worden ist.

    1725
    In diesen Fällen ist die in der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 31 KStG anzurechnen, weil sie nicht erhoben worden ist.“

    1726
    Zwar wird im Rahmen der vorstehenden Formulierung das Vorliegen von Absprachen in ein Verhältnis zum Vorgang der Erhebung von Kapitalertragsteuer gesetzt. Gleichwohl enthält der Passus die eindeutige Aussage, dass - unabhängig vom Vorhandensein einer Absprache - die Anrechnung der Kapitalertragsteuer zu unterbleiben hat, wenn diese nicht erhoben worden ist. Insbesondere stellt der zweite Absatz eindeutig darauf ab, dass die Steueranrechnung nicht vorzunehmen ist, „weil“ keine Erhebung erfolgt ist und nicht, weil eine Absprache vorliegt.

    bb) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    1727
    Die Angaben sind unrichtig, jedenfalls aber unvollständig, da die YT-Bank auch in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2011 lediglich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt hat, auf die Steuern nicht einbehalten, mithin nicht in Abzug gebracht worden sind.

    1728
    Der YT-Bank sind in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2011 im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Aktiengattungen die von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividenden nicht zuzurechnen. Die Aktien wurden von einem Leerverkäufer erworben, wobei die Aktienbuchungen im Depot der YT-Bank erst nach den Gewinnverteilungsbeschlüssen vollzogen wurden. Ihr sind daher nicht die Dividenden, sondern lediglich die von ihr vereinnahmten Dividendenkompensationszahlungen zuzurechnen, wobei die Ausführungen zu Fall 1 und zur Auslegung der Bestimmungen des EStG sowie der AO entsprechend gelten. Diese haben im Hinblick auf die hier betroffenen Fragestellungen keine Änderungen erfahren, insbesondere gingen die abweichende Verortung des § 20 Abs. 2a EStG [VZ 2007-2008] in § 20 Abs. 5 [VZ 2009-2011] und die insoweit angepasste Verweisung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG [VZ 2009-2011] nicht mit einer inhaltlichen Anpassung der Vorschriften einher. Auch die im Übrigen in diesem Zusammenhang maßgeblichen Vorschriften der § 39 AO sowie § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG [VZ 2009-2011] entsprechen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 in den hier betroffenen Regelungsbereichen den Bestimmungen des EStG [VZ 2007].

    1729
    Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge sind auch auf die von der YT-Bank in den Fällen 3, 8 und 11 bezogenen Dividendenkompensationszahlungen nicht einbehalten, mithin nicht in Abzug gebracht worden. Auch in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2011 sind ihr ferner die Erhebungen von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen, die auf die ausgeschütteten Dividenden erfolgt sind, nicht zuzurechnen. Die Ausführungen zu Fall 1 gelten insoweit entsprechend, insbesondere wirken sich die zum EStG [VZ 2009] eingetretenen Gesetzesänderungen im Ergebnis nicht aus. Dass dies hinsichtlich der Änderungen des § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG [VZ 2009-2011] nicht der Fall ist, ist bereits dargelegt worden. Aber auch der Umstand, dass die Regelung des § 45a Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2007-2008] nach Streichung des früheren Satz 2 in § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG [VZ 2009-2011] verortet wurde, führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Vorschrift ist inhaltlich nicht geändert worden, sondern sah weiterhin lediglich vor, dass der Emittent der Aktien „insoweit“ als Schuldner der Kapitalerträge „gilt“. Aus der Gesetzesfassung ging weiterhin eindeutig hervor, dass der Regelungsbereich des § 45a Abs. 3 Satz 2 EStG [VZ 2009-2011] auf den Inhalt der Steuerbescheinigung begrenzt ist. Demgegenüber kann der Vorschrift nicht die Wertung entnommen werden, dass der durch den Emittenten der Aktien vollzogene Steuereinbehalt Wirkung auch für denjenigen entfaltet, der nicht die Dividende, sondern eine Dividendenkompensationszahlung bezogen hat.

    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    1730
    Auch für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 ist gegenüber dem Finanzamt YC vor Tatvollendung nicht auf sonstige Weise angezeigt worden, dass die Steuern nicht auf die von der YT-Bank allein bezogenen Dividendenkompensationszahlungen einbehalten bzw. erhoben, mithin nicht in Abzug gebracht wurden.

    b) Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    1731
    Die Einziehungsbeteiligte hat infolge der unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen in den Fällen 3, 8 und 11 nicht gerechtfertigte Steuervorteile in Höhe von 46.779.448,31 Euro (Fall 3), in Höhe von 42.676.314,18 Euro (Fall 8) und in Höhe von 3.999.768,75 Euro (Fall 11) im Rahmen der mit den Bescheiden für 2009, 2010 und 2011 über Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag vom 05.04.2011, 30.03.2012 und 04.10.2013 zusammengefassten Anrechnungsverfügungen erlangt. Auch für die Veranlagungszeiträume 2009, 2010 und 2011 wurden ausweislich der Körperschaftssteuerbescheide der Einziehungsbeteiligten zu ihren Gunsten die in Anlage WA 2009, WA 2010 und WA 2011 zur Steuererklärung ausgewiesenen Beträge zur Kapitalertragsteuer und zum Solidaritätszuschlag jeweils in vollem Umfang zur Anrechnung gebracht. Dementsprechend wurden zugunsten der Einziehungsbeteiligten auch sämtliche Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge angerechnet, die auf die den Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2009, 2010 und 2011 beigefügten Steuerbescheinigungen entfallen. Dass die Anrechnungen für die Jahre 2010 und 2011 durch Bescheide des Finanzamtes YC vom 11.12.2017 und 05.12.2018 zurückgenommen wurden, wirkt sich nicht aus, da die Taten bereits durch die im Jahr 2012 und 2013 ergangenen Anrechnungsverfügungen vollendet wurden. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Steuervorteile sowie deren Bewirkung durch die unrichtigen Angaben die Ausführungen zu Fall 1 entsprechend.

    c) Täterschaft der gesondert Verfolgten BP, BX und AE

    1732
    Hinsichtlich der gesondert Verfolgten BP (Fälle 3, 8 und 11), BX (Fälle 8 und 11) und AE (Fälle 3 und 8) liegen die Voraussetzungen einer täterschaftlichen Verwirklichung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO vor. Die Ausführungen zur Bewertung der eigenhändigen Unterzeichnung der Steuererklärung als täterschaftliche Begehung in Fall 1 gelten ebenso entsprechend wie diejenigen zum Tatbestandsvorsatz in den Fällen 1 und 2. Der Vorsatz der gesondert Verfolgten BP (Fälle 3, 8 und 11) und BX (Fälle 8 und 11) bezog sich insbesondere auch weiterhin auf die Möglichkeit, dass die Voraussetzungen der von der Einziehungsbeteiligten angestrebten Steueranrechnung eventuell nicht vorliegen.

    1733
    Ebenfalls in gleicher Weise gelten die Ausführungen zur Bewertung der Rolle des gesondert Verfolgten AE als Mittäter (Fälle 3 und 8), § 25 Abs. 2 StGB. Er nahm weiterhin eine zentrale Position ein, indem er die Bank beriet, insbesondere auch im Rahmen des BMF-Schreibens vom 05.05.2009 und dessen vorangegangen Entwürfen, auch im Rahmen einer Zusammenarbeit mit Lobbyverbänden. Sein Eigeninteresse am Gelingen der Tat war weiterhin erheblich, weil er an den erzielten Profiten beteiligt wurde, in den Jahren 2009 und 2010 über Zahlungen an die YW-Gesellschaften in Höhe von jeweils 5.500.000 Euro

    2. Mittäterschaft des Angeklagten CA

    1734
    Die unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen gegenüber dem Finanzamt YC durch die gesondert Verfolgten BP (Fälle 3, 8 und 11) und BX (Fälle 8 und 11) sind auch dem Angeklagten CA nach § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen.

    a) Gemeinsamer Tatplan

    1735
    Der Angeklagte CA sowie die gesondert Verfolgten BP (Fälle 3, 8 und 11), BX (Fälle 8 und 11) und AE (Fälle 3 und 8) handelten auf Grundlage eines gemeinsamen Tatplans. Sämtlichen Beteiligten war entsprechend der Ausführungen zu Fall 2 weiterhin bewusst, dass die von den ZD-Gesellschaften begleiteten Aktientransaktionen der YT-Bank Grundlage der unrichtigen Angaben steuerlich erheblicher Tatsachen waren, die seitens der gesondert Verfolgten BP und BX gegenüber den Finanzbehörden getätigt wurden. Insbesondere entsprach der diesbezügliche Kenntnisstand des gesondert Verfolgten BX demjenigen des gesondert Verfolgten BP. Dem Angeklagten CA war weiterhin bewusst, dass die Aktientransaktionen, die aufgrund der unter seiner Beteiligung bzw. mit seiner Zustimmung fortgeschriebenen bzw. fortgeführten Investment Partnership Agreements geplant und durchgeführt wurden, Voraussetzung für die anvisierten Steueranrechnungen waren und daher in Tatbeiträge weiterer Tatbeteiligter mündeten. Die gesondert Verfolgten BP und BX waren sich ihrerseits bewusst, dass sie im Rahmen der Steuererklärungen Rückgriff auf die Dividendengutschriften und Steuerbescheinigungen nahmen, die mittels der verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen unter Mitwirkung der ZD-Gesellschaften generiert wurden.

    1736
    Im Übrigen kann auch für die Fälle 3, 8 und 11 dahinstehen, ob darüber hinaus etwa auch weitere gesondert Verfolgte wie BX (hinsichtlich Fall 3), CD, BM, CJ, AP und AW aufgrund eines gemeinsamen Tatplans in strafrechtlich relevanter Weise an den Geschäften mitwirkten. Gleiches gilt im Übrigen - ungeachtet der getroffenen gegenteiligen Feststellungen - auch hinsichtlich der die Steuererklärung unterzeichnenden gesondert Verfolgten BP und BX, da insoweit für den Angeklagten CA auch die Voraussetzungen einer mittelbaren Täterschaft gegeben wären.

    b) Bewertung der Tatbeiträge als täterschaftlich

    1737
    Die Beiträge des Angeklagten CA sind entsprechend der Ausführungen zu Fall 2 auch in den Fällen 3, 8 und 11 als (mit)täterschaftlich zu bewerten. In sämtlichen Fällen wurden die CumEx-Leerverkaufstransaktionen der YT-Bank aufgrund einer Fortführung des Investment Partnership Agreements durch die ZD-Gesellschaften mitgeplant und begleitet. Dabei war der Angeklagte CA in allen Fällen aufgrund seiner Stellung als gleichberechtigter Teilhaber in die Entscheidung eingebunden, die Zusammenarbeit mit der YT-Bank fortzusetzen. Hierdurch hat er die Grundlage für sämtliche verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufsgeschäfte gelegt, die von den ZD-Gesellschaften gemeinsam mit der YT-Bank geplant und umgesetzt wurden. Hinzu tritt das in den Fällen 3, 8 und 11 unverändert hohe Interesse des Angeklagten an der Tatbestandsverwirklichung, da die ZD-Gesellschaften bzw. die ZC Capital Ltd. und er selbst durch möglichst profitable CumEx-Geschäfte ihre eigenen Profite steigern konnten, wofür sie auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung mit der YT-Bank angewiesen waren. Voraussetzung hierfür war indes, dass die Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen tatsächlich zugunsten der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten angerechnet werden.

    1738
    Bereits aus dem Vorstehenden folgt entsprechend der für Fall 2 vorgenommenen Abgrenzung zur bloßen Teilnahmestrafbarkeit die täterschaftliche Stellung des Angeklagten CA auch in den Fällen 3, 8 und 11. Unbeachtlich ist insoweit insbesondere, dass der Angeklagte die Aktien- und Kurssicherungsgeschäfte nicht mehr selbst plante und begleitete. Schon seine Mitwirkung an der Entscheidung, die Kooperation mit der YT-Bank fortzusetzen, begründet angesichts der erheblichen Bedeutung der hierdurch in Gang gesetzten Tätigkeiten der ZD-Gesellschaften für das Gelingen der CumEx-Leerverkaufstransaktionen in Kombination mit seinem hohen Tatinteresse eine täterschaftliche Stellung. Zudem hatte er die maßgeblichen Strukturen für die erfolgreiche Organisation der Geschäfte durch die ZD Capital Ltd. (mit)geschaffen. Abgesehen hiervon war er aber auch in den Fällen 3, 8 und 11 dergestalt weiterhin in die Einzelfallberatung der YT-Bank eingebunden, dass er deren Händlern als Ansprechpartner zur Verfügung stand, wenn konkrete Nachfragen zum Tagesgeschäft auftraten.

    c) Vorsatz

    1739
    Der Angeklagte CA handelte auch in den Fällen 3, 8 und 11 vorsätzlich. Die diesbezüglichen Ausführungen zur Tatsachenkenntnis des Angeklagten, zum Wollen hinsichtlich der Gewährung der Steuervorteile sowie zur Bewertung der steuerrechtlichen Lage bei Fall 2 gelten entsprechend. Eine Änderung des Vorstellungsbildes des Angeklagten, das geeignet wäre, Einfluss auf die rechtliche Würdigung zu nehmen, liegt nicht vor.

    3. Rechtswidrigkeit und Schuld

    1740
    Der Angeklagte CA handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Für einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB ist wiederum bereits aufgrund des von dem Angeklagten für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht kein Raum.

    IV. Fälle 4 bis 7

    1741
    Auch in den Fällen 4 bis 7 hat sich der Angeklagte CA jeweils der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.

    1. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    1742
    Die in den Fällen 4 bis 7 im Wege des elektronischen Sammelantragsverfahrens beim Bundeszentralamt für Steuern eingereichten Erstattungsanträge enthielten die unrichtige Angabe der steuerlich erheblichen Tatsachen, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im jeweiligen Gesamtumfang von 11.837.849,56 Euro (Fall 4), von 60.804.925,00 Euro (Fall 5), von 59.184.708,75 Euro (Fall 6) und von 27.562.270,63 Euro (Fall 7) auf Kapitalerträge einbehalten und abgeführt worden waren, die dem HI Aktien 1 Fund (Fall 4), dem BC German Equity Special Fund (Fall 5), dem BACA Fonds (Fall 6) bzw. dem JS Futures Fund (Fall 7) zuzurechnen sind.

    a) Auslegung der Erstattungsanträge

    1743
    Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge waren einem inländischen Investmentvermögen im Jahr 2009 nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2009] zu erstatten, wenn die Steuer zuvor von „Kapitalerträgen des inländischen Investmentvermögens einbehalten und abgeführt“ worden war. In Abgrenzung zu den Steueranrechnungsfällen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007-2011], bei denen allein auf die Steuererhebung abzustellen war, trat hier die tatsächliche Abführung der Steuer an den Fiskus als weitere Voraussetzung für die Steuererstattung hinzu. Zuständig für die Erstattung war bei Dividenden und Dividendenkompensationszahlungen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG [VZ 2009] das Bundeszentralamt für Steuern. Inländische Investmentvermögen konnten sich nach § 45b Abs. 1 EStG [VZ 2009] bei der Antragstellung durch ihre Depotbank vertreten lassen. Diese konnte mehrere Anträge, auch für unterschiedliche Steuersubjekte, in einem Sammelantrag zusammenfassen, der schriftlich oder elektronisch eingereicht werden konnte. Im Rahmen des Sammelantrags war neben dem Gläubiger der Kapitalerträge und der Art des Kapitalertrages unter anderem anzugeben, in welcher Höhe die Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlägen beantragt wird.

    1744
    Der Erklärungsgehalt der Eintragung von bestimmten Beträgen in die hierfür im Sammelantragsformular vorgesehenen Felder „Kapitalertragsteuer“ und „Solidaritätszuschlag“ bezog sich nach Maßgabe der bereits bei Fall 1 dargelegten Auslegungsgrundsätze auf das Vorliegen sämtlicher Erstattungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2009]. Durch die Beantragung der Erstattung eines genau bezifferten Kapitalertragsteuer- und Solidaritätszuschlagbetrages für ein bestimmt bezeichnetes inländisches Investmentvermögen, das in dem Sammelantrag als „Gläubiger der Kapitalerträge“ zu bezeichnen war, ist hiernach nicht lediglich erklärt worden, dass ein Steuereinbehalt auf Kapitalerträge stattgefunden hat, die dem in dem Sammelantrag bezeichneten inländischen Investmentvermögen zuzurechnen sind. Vielmehr ist dem Antrag darüber hinaus die Angabe zu entnehmen, dass die Steuern tatsächlich an den Fiskus abgeführt worden sind.

    1745
    Den in den Fällen 4 bis 7 seitens der Depotbanken unter Bezeichnung des jeweils betroffenen Sondervermögens beim Bundeszentralamt für Steuern und damit einer Finanzbehörde im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO eingereichten Sammelanträgen ist im Hinblick auf die abgeurteilten CumEx-Leerverauftransaktionen hiernach unter anderem die Angabe zu entnehmen, dass auf Kapitalerträge des HI Aktien 1 Fund Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in Höhe von 11.837.849,56 Euro (Fall 4), auf Kapitalerträge des BC German Equity Special Fund in Höhe von 60.804.925,00 Euro (Fall 5), auf Kapitalerträge des BACA Fonds in Höhe von 59.184.708,75 Euro (Fall 6) und auf Kapitalerträge des JS Future Fund in Höhe von 27.562.270,63 Euro (Fall 7) einbehalten und an den Fiskus abgeführt worden sind. Dass es sich bei den Kapitalerträgen um Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen gehandelt haben soll, ergibt sich aus den entsprechenden Angaben im Sammelantrag zur „Art des Kapitalertrages“.

    1746
    Dass die Sammelanträge elektronisch eingereicht wurden und anschließend eine EDV-basierte Bearbeitung stattfand, eine inhaltliche Überprüfung der Anträge durch einen Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern demgegenüber nur in Einzelfällen erfolgte, wirkt sich auf den Erklärungsgehalt der im Sammelantragsverfahren gestellten Anträge nicht aus. Steuerlich erhebliche Tatsachen können nach Maßgabe des § 87a AO auch mittels elektronischer Äußerungen erfolgen (vgl. MüKo-StGB/Schmitz/Wulf, 3. Aufl., § 370 AO Rn. 226). Auch kommt es für die Tatbestandsmäßigkeit eines bestimmten Verhaltens nicht darauf an, ob die gegenüber der Finanzbehörde getätigten Angaben rein automatisiert oder durch einen Mitarbeiter manuell überprüft und bearbeitet werden. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO unterscheidet sich zum Tatbestand des § 263 StGB dadurch, dass eine Täuschungshandlung und ein äquivalenter Irrtum eines Mitarbeiters der Finanzbehörde bei der Steuerhinterziehung nicht vorausgesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 06.06.2007 - 5 StR 127/07, juris Rn. 23; Beschlüsse vom 14.12.2010 - 1 StR 275/10, juris Rn. 26; vom 21.11.2012 - 1 StR 391/12, juris). Auch auf den Kenntnisstand des Finanzamtes hinsichtlich der Richtigkeit der getroffenen Angaben kommt es nicht an, vielmehr genügt es, dass die Angaben für eine Steuerverkürzung oder den nicht gerechtfertigten Steuervorteil ursächlich werden (BGH, Urteil vom 06.06.2007 - 5 StR 127/07, juris Rn. 23; Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 42). Dementsprechend spielt es auch keine Rolle, ob die Angaben rein EDV-basiert oder manuell bearbeitet und zur Kenntnis genommen werden.

    b) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    1747
    Die jeweiligen Erklärungen waren unrichtig. Im Umfang von 11.837.849,56 Euro (Fall 4), im Umfang von 60.804.925,00 Euro (Fall 5), im Umfang von 59.184.708,75 Euro (Fall 6) und im Umfang von 27.562.270,63 Euro (Fall 7) sind Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf Kapitalerträge des HI Aktien 1 Fund (Fall 4), des BC German Equity Special Fund (Fall 5), des BACA Fonds (Fall 6) bzw. des JS Future Fund (Fall 7) nicht einbehalten und abgeführt worden. Die Sondervermögen erzielten aufgrund der Einschaltung eines Leerverkäufers nicht die (Original-)Nettodividende, sondern lediglich Dividendenkompensationszahlungen. Auf diese wurden Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht einbehalten und abgeführt.

    aa) Keine Zurechnung der Dividenden

    1748
    Die von den Emittenten der Aktien ausgeschütteten Dividenden sind den Sondervermögen hinsichtlich der Aktien, die in den abgeurteilten CumEx-Leerverkaufstransaktionen der Fälle 4 bis 7 gehandelt wurden, nicht zuzurechnen. Da die schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte jeweils vor den Gewinnverteilungsbeschlüssen unter Einschaltung eines Leerverkäufers abgeschlossen und die Aktienbuchungen erst nach diesem Zeitpunkt vollzogen wurden, gelten die Ausführungen zu Fall 1 insoweit entsprechend. Auch die Sondervermögen haben im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses weder die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 AO noch diejenigen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO verwirklicht.

    bb) Fehlende Steuerabführung auf die Dividendenkompensationszahlungen

    1749
    Soweit die Sondervermögen in den Fällen 4 bis 7 Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt haben, hat auf diese ein Steuereinbehalt und insbesondere auch eine Abführung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an den Fiskus nicht stattgefunden. Da sich der Erklärungsgehalt der gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern getätigten Angaben neben dem Vorgang des Steuereinbehaltes auch darauf erstreckt, dass die Steuern, deren Erstattung beantragt wird, tatsächlich zuvor an den Fiskus abgeführt worden sind, folgt die Unrichtigkeit der Angaben bereits aus der unterbliebenen Steuerabführung. Tatsächlich sind Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge aber auf die Dividendenkompensationszahlungen auch schon nicht einbehalten worden, wobei insoweit die Ausführungen zu Fall 1 zu den Voraussetzungen des Steuereinbehaltes entsprechend gelten.

    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes             

    1750
    Dem Bundeszentralamt für Steuern ist vor Tatvollendung auch nicht auf sonstige Weise mitgeteilt worden, dass die Sondervermögen in den Fällen 4 bis 7 lediglich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt haben, auf die die Steuern jeweils weder einbehalten noch abgeführt waren.

    2. Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    1751
    Die unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen sind dem Angeklagten CA in den Fällen 4 bis 7 nach § 25 Abs. 2 StGB oder nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zuzurechnen.
    1752

    Dabei kann offen bleiben, wer in den Fällen 4 bis 7 im Rahmen der Sammelantragsverfahren den Inhalt der Erstattungsanträge sowie die elektronischen Übermittlungsverfahren bei den Depotbanken dergestalt beherrscht bzw. mitbestimmt hat, dass er als Erklärender im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO anzusehen ist (zur Abgrenzung insoweit Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 25c). Gleiches gilt für die Frage, ob diejenigen, die in den Fällen 4 bis 7 objektiv unrichtige Angaben gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern getätigt haben, hinsichtlich der Unrichtigkeit der Angaben und insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit des Nichtbestehens eines Erstattungsanspruchs vorsätzlich handelten. Wäre dies der Fall, wäre dem Angeklagten CA die Erklärung unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen. Sollten die Erklärenden selbst unvorsätzlich gehandelt haben, wäre eine täterschaftliche Stellung des Angeklagten CA unter den Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB begründet. Im Ergebnis wirkt sich dies nicht aus. Denn der Angeklagte CA ist entweder als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) oder als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) für die unrichtigen Angaben verantwortlich. Ein Geschehensablauf, der sein Verhalten als straflos oder als bloße Teilnahme erscheinen ließe, kommt nicht in Betracht (vgl. auch BGH, Urteil vom 04.03.1996 - 5 StR 494/95, juris Rn. 15). Auch auf die Strafzumessung wirkt es sich nicht aus, ob der Angeklagte CA jeweils als mittelbarer Täter oder als Mittäter agierte. Denn aus seiner Perspektive war der Umstand, ob der den Erstattungsantrag Abgebende selbst gut- oder bösgläubig agierte, rein zufällig und wirkte sich weder auf den Umfang seiner eigenen Tatbeteiligung noch in sonstiger Weise für ihn aus.

    a) Täterschaftliche Tatbeiträge

    1753
    Der Angeklagte CA hat in den Fällen 4 bis 7 als täterschaftlich zu bewertende Tatbeiträge erbracht. Er hat für die in den Fällen 4 bis 7 aufgelegten Sondervermögen organisatorische und planerische Tätigkeiten entfaltet, die von grundlegender Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung der CumEx-Strategien waren. Dabei wurde sein Tätigwerden von einem hohen unmittelbaren Eigeninteresse am Gelingen der Steuerhinterziehungstaten getragen. Bereits hieraus folgt eine täterschaftliche Stellung des Angeklagten CA. Dass er keinen entscheidenden Einfluss auf die unmittelbare Einreichung der Erstattungsanträge hatte und nicht im Einzelnen feststeht, in welchem Umfang er hinsichtlich der einzelnen Transaktionen in konkrete Preisabsprachen eingebunden war, wirkt sich nicht entscheidend aus.

    1754
    Der Angeklagte CA ist in den Fällen 4 bis 7 bereits aufgrund seiner hervorgehobenen Position innerhalb der ZD-Gesellschaften und der von ihm hierbei entfalteten Planungs- und Organisationstätigkeit als Zentralgestalt des Geschehens anzusehen. Die ZD-Gesellschaften strukturierten in sämtlichen Fällen die umzusetzenden Handelsstrategien und stellten in Absprache mit den Brokern und den jeweiligen Gegenparteien die Aktienkörbe zusammen. Damit schafften sie die Grundlagen dafür, dass die CumEx-Leerverkaufstransaktionen überhaupt durchgeführt werden konnten. Kennzeichnend für die ZD-Gesellschaften war ein arbeitsteiliges Vorgehen mit klar umrissenen Aufgaben- und Verantwortungsbereichen, so dass der Angeklagte CA nicht in sämtliche Geschäfte gleichermaßen eingebunden war. Gleichwohl agierte er im Jahr 2009 gemeinsam mit den gesonderten Verfolgten BM, BQ und BR als gleichberechtigter Teilhaber. Insbesondere stimmte der Angeklagte CA der Umstrukturierung der ZD-Gruppe zu Beginn des Jahres 2009 und der damit einhergehenden Gründung von ZD-OML und ZD-OHL zu und wirkte hieran auch mit. Durch die von dem Angeklagten CA mitgeschaffenen Strukturen konnte die ZD-Gruppe umfangreiche Beratungsleistungen auch für Fondstrukturen erbringen, einschließlich der Organisation der notwendigen Ex-Eindeckungen. Der Angeklagte CA war ferner in die Entscheidung eingebunden, den gesondert Verfolgten BR als weiteren gleichberechtigten Mitteilhaber in die ZD Gruppe aufzunehmen, mit dem er im Folgenden arbeitsteilig die der ZD Principals Ltd. obliegenden Aufgaben im Zusammenhang mit den Absprachen der CumEx-Transaktionen ausführte. Auch im Hinblick auf die in den Fällen 4 bis 7 umgesetzten Fondsstrukturen wurde auf Seiten von der ZD Principals Ltd. jeweils entweder stets der Angeklagte CA oder der gesondert verfolgte BR tätig. Weil beide die erforderlichen Arbeiten in der Summe gleichmäßig verteilt hatten, spielt insoweit keine Rolle, wer jeweils bezogen auf das einzelne Aktien- und Derivategeschäft tätig wurde. Denn die Arbeitsleistungen beider ergänzten sich insoweit, als dass in der Summe hierdurch alle erforderlichen Geschäfte organisiert werden konnten.

    1755
    Die wichtige Rolle des Angeklagten CA in der ZD-Gruppe zeigt sich zudem auch daran, dass er auch im Rahmen der Vorgänge um den BC German Equity Special Fund in die Entscheidung eingebunden war, ob ZD die Hälfte des von dem Investor BY geforderten „Nachschlages“ übernehmen sollte. Wenngleich dieser Vorgang nach der Vollendung der Tat geschah, ist er doch Ausdruck der Stellung, die der Angeklagte CA innerhalb der ZD-Gruppe einnahm.

    1756
    In seiner Eigenschaft als gleichberechtigter Teilhaber stimmte der Angeklagte CA ferner ab, an welchen Fondstrukturen die ZD-Gesellschaften mitwirken und welche Handelsstrategien insoweit umgesetzt werden sollen. Auch hinsichtlich sämtlicher in den Fällen 4 bis 7 umgesetzter Fonds-Strukturen war der Angeklagte gleichberechtigt in die Entscheidung eingebunden, dass diese unter Beteiligung der ZD-Gesellschaften geplant und umgesetzt werden.

    1757
    Der Angeklagte CA war ferner hinsichtlich sämtlicher unter Beteiligung der ZD-Gesellschaften im Jahr 2009 durchgeführter CumEx-Leerverkaufsgeschäfte jedenfalls dergestalt in die Ex-Eindeckung eingebunden, als er vor der Dividendensaison mit dem Angeklagten AO die Übereinkunft getroffen hatte, dass ZD auf den gesamten Ex-Aktienbestand zurückgreifen konnte, der dem Angeklagten AO bei der YJ zur Verfügung stand. Auch wenn lediglich hinsichtlich der Fälle 4 und 6 festgestellt werden konnte, in welchem Umfang der Angeklagte AO in der Folgezeit Ex-Aktien lieferte, hat der Angeklagte CA durch das Eingehen dieser Vereinbarung doch dazu beigetragen, dass bei der Planung der in der Dividendensaison 2009 insgesamt durch die ZD-Gesellschaften begleiteten CumEx-Leerverkaufstransaktionen dieser Aktienbestand einkalkuliert werden konnte.

    1758
    Der Angeklagte CA erbrachte seine Tatbeiträge in den Fällen 4 bis 7 aufgrund eines hohen unmittelbaren Eigeninteresses am Gelingen der Taten. Insbesondere hatte er nicht nur aufgrund der durch die ZD Principals Ltd. erzielten Handelsgewinne ein Interesse daran, dass im Vorbereitungsstadium möglichst viele CumEx-Leerverkaufstransaktionen mit möglichst hohen Aktienvolumina durchgeführt werden. Vielmehr waren auch die tatsächlichen Steuererstattungen durch das Bundeszentralamt für Steuern für ihn von erheblicher Bedeutung, unbeschadet des Umstandes, dass die ZD-Gesellschaften und er selbst durch die Erstattungen nur in Fall 4 aufgrund des dortigen Eigeninvestments unmittelbar wirtschaftlich profitierten. Denn dem Angeklagten war bewusst, dass die Kapitalanlagegesellschaften nur dann Zugriff auf genügend Kapital haben würden, um die weiteren abgesprochenen CumEx-Leerverkaufstransaktionen durchzuführen, wenn den Sondervermögen bzw. den Depotbanken die Steuern tatsächlich erstattet würden. Es entsprach gerade Sinn und Zweck der Aufsetzung der Fondsstrukturen von dem kurzfristigen Erstattungssystem nach § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009] zu profitieren, da die Steuererstattung hier - anders als in den Fällen des § 36 Abs. 2 EStG - regelmäßig bereits wenige Wochen nach der jeweiligen CumEx-Transaktion erfolgte und der Erstattungsbetrag frühzeitig wieder in weitere CumEx-Leerverkaufsgeschäfte investiert werden konnte.

    1759
    Dem Angeklagten war auch bewusst, dass sich die Steuererstattungen unmittelbar auf die Höhe der Gewinne der ZD-Gesellschaften auswirkten. Denn zwingende Voraussetzung für die Vereinnahmung des Spreads war der Umstand, dass die anvisierten Aktien- und Derivattransaktionen überhaupt durchgeführt werden, was - jedenfalls in dem geplanten Umfang - nicht der Fall gewesen wäre, wenn die Steuererstattungen teilweise unterblieben wären. Darüber hinaus waren die erfolgreichen Steuererstattungen aber auch Voraussetzung dafür, dass die ZD-Gesellschaften ihre Stellung am Markt behaupten und weitere Kunden akquirieren konnten. Demgegenüber wäre ein Scheitern einer Steuererstattung in zweistelliger Millionenhöhe geeignet gewesen, nicht nur die Beziehung zu den hiervon betroffenen Kunden, sondern auch das Vertrauen in die ZD-Gesellschaften insgesamt nachhaltig zu schädigen.

    1760
    Zu den vorstehend benannten Umständen treten in den Fällen 4 bis 7 jeweils noch weitere Gesichtspunkte, die in die Gesamtbetrachtung zur Abgrenzung der Täterschaft von einem bloßen Gehilfenbeitrag einzustellen sind. Auch diese sind indes nicht geeignet, Zweifel an der täterschaftlichen Stellung des Angeklagten CA zu begründen. Vielmehr belegen auch sie mehrheitlich seine hervorgehobene, die Täterschaft begründende Position. Insoweit gilt Folgendes:

    aa) Fall 4

    1761
    In Fall 4 war das allein aufgrund der Mitwirkung des Angeklagten CA mögliche Investment in den HI Aktien 1 Fund in Höhe von 17 Mio. Euro durch die ZD Financial Investments Ltd. notwendige Bedingung für die Hebelung des insgesamt eingeworbenen Investitionsbetrages in Höhe von 34 Mio. Euro auf 680 Mio. Euro. Ohne seine Zustimmung in die Investition hätte dem HI Aktien 1 Fund schon nicht das erforderliche Eigenkapital zur Verfügung gestanden, um die verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen durchführen zu können. Auch vor diesem Hintergrund hatte es der Angeklagte selbst unmittelbar - mit den übrigen Teilhabern der ZD-Gruppe - in der Hand, ob und mit welchem Umfang CumEx-Leerverkaufstransaktionen in der Dividendensaison 2009 auch durch den HI Aktien 1 Fund getätigt werden. Dass er selbst keinen Einfluss auf die tatsächlichen Erstattungsanträge hatte, steht der Annahme, der Angeklagte CA habe eine seine Tatherrschaft begründende Stellung innegehabt, nicht entgegen. Denn auch die nur unter seiner Mitwirkung mögliche Investition in den HI Aktien 1 Fund war geeignet, einen gleichsam regelhaften Verfahrensablauf in Gang zu setzen, an dessen Ende von der Ausführung der nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO tatbestandlichen Handlung auszugehen war. Es war nach erfolgreicher Einwerbung des Eigenkapitals nicht davon auszugehen, dass die geplanten Transaktionen nicht umgesetzt und die Steuererstattungen im Umfang eines zweistelligen Millionenbetrages nicht beantragt werden würden.

    1762
    Das Investment der ZD Financial Investments Ltd. begründete zudem ein zusätzlich gesteigertes finanzielles Interesse an dem Taterfolg. Denn der Angeklagte CA profitierte über die Investition der ZD Financial Investments Ltd. in den HI Aktien 1 Fund unmittelbar von den tatsächlichen Steuererstattungen durch das Bundeszentralamt für Steuern.

    bb) Fall 5

    1763
    In Fall 5 war der Angeklagte CA neben seiner allgemeinen Zustimmung in die Mitwirkung der ZD-Gesellschaften an den CumEx-Leerverkaufstransaktionen des BC German Equity Special Fund dergestalt beteiligt, dass er die von dem Investmentfonds hauptsächlich umgesetzt Calendar-Spreads-Strategie entwickelt hatte. Zudem wirkte er auch an der Berechnung der Renditen für die Investoren mit. Hiernach wirkt es sich nicht mehr entscheidend aus, dass nicht festgestellt werden konnte, ob die einzelnen Aktien- und Derivatgeschäfte durch den Angeklagten CA oder den gesondert Verfolgten BR abgesprochen wurden. Denn die nicht ausschließbare - wenngleich eher fernliegende - Möglichkeit, dass allein der gesondert Verfolgte BR tätig wurde, hätte auf der gleichmäßigen Aufgabenteilung mit dem Angeklagten CA beruht. Der gesondert Verfolgte BR wäre nur deswegen in der Lage gewesen, die Transaktionen für den Fonds abzusprechen, weil der Angeklagte CA im Gegenzug die weiteren bei der ZD Principals Ltd. anfallenden Strukturierungs- und Planungsarbeiten ausführte.

    cc) Fall 6

    1764
    In Fall 6 wirkte sich die im Vorfeld der Dividendensaison entfaltete Tätigkeit des Angeklagten CA dahingehend aus, dass rund 80 Prozent der für die Geschäfte des BACA Fonds benötigten Ex-Aktien durch den Angeklagten AO geliefert wurden. Damit beschränkte sich der Tatbeitrag des Angeklagten CA nicht auf die bloße Zustimmung in die Beteiligung der ZD-Gesellschaften in die Geschäfte des BACA Fonds, vielmehr wurde die konkrete Planung der Eindeckungsgeschäfte durch seine bereits im Vorfeld der Dividendensaison entfaltete Tätigkeit maßgeblich erleichtert. Entsprechend der Ausführungen zu Fall 5 wirkt es sich hiernach nicht mehr entscheidend aus, dass nicht festgestellt werden konnte, ob die einzelnen Aktien- und Derivatgeschäfte durch den Angeklagten CA oder den gesondert Verfolgten BR abgesprochen wurden.

    dd) Fall 7

    1765
    In Fall 7 folgt ein weiterer zentraler Tatbeitrag des Angeklagten CA neben seiner Zustimmung in die Beteiligung der ZD-Gesellschaften in die Geschäfte des JS Future Fund wiederum aus seiner Entwicklung der Calender-Spreads-Stretegie. Diese kam im Rahmen des JS Future Fund maßgeblich zum Tragen und brachte durch die implementierte t+4 Lieferfristvereinbarung wesentliche Vorteile, die insbesondere in der Reduzierung (ungeplanter) Spätlieferungen begründet lagen. Damit erbrachte der Angeklagte CA auch hinsichtlich der Geschäfte des JS Future Fund einen über seine bloße Zustimmung in die Beteiligung der ZD-Gesellschaften hinausgehenden Tatbeitrag, der bis zu den konkreten Steuererstattungsanträgen fortwirkte. Schließlich hatte der Angeklagte im Rahmen der Aufsetzung des JS Futures Fund auch Kontakt mit dem gesondert Verfolgten AD von dem Finanzberatungsunternehmen YG, welches die Investoren beibrachte. Auch dies ist für die Kammer ein ausreichender Beleg dafür, dass er auch in diesem Zusammenhang Beiträge erbrachte, um die späteren Geschäfte des Investmentfonds - und damit zugleich auch die späteren Steuererstattungen - zu fördern. Dass nicht festgestellt werden konnte, ob und in welchem Umfang der Angeklagte CA in die Absprache der einzelnen Aktien- und Derivatgeschäfte eingebunden war, wirkt sich entsprechend der vorstehenden Erwägungen zu Fall 5 ebenso wenig aus, wie der Umstand, dass er selbst auf den Inhalt und die Einreichung der Erstattungsanträge keinen Einfluss nehmen konnte.

    b) Weitere Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    1766
    Auch die weiteren Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB liegen vor. Sollten diejenigen, die im Rahmen der Erstattungsanträge unrichtige Erklärungen gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern abgegeben haben, selbst vorsätzlich hinsichtlich der Unrichtigkeit der von ihnen getätigten Angaben und der steuerrechtlichen Lage gehandelt haben, wären die Anforderungen an den bei § 25 Abs. 2 StGB erforderlichen gemeinsamen Tatplan erfüllt. Denn der Angeklagte CA war sich darüber bewusst, dass die Umsetzung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte und insbesondere die Durchsetzung der Steuererstattung gegenüber den zuständigen Finanzbehörden ein Zusammenwirken zahlreicher Akteure erforderlich machte. Dementsprechend war ihm bewusst, dass die von ihm erbrachten Tatbeiträge im Folgenden von anderen Personen aufgegriffen und in tatbestandsmäßige Handlungen in Gestalt der unrichtigen Angabe steuerlich erheblicher Tatsachen münden würden. Im Gegenzug war denjenigen, die vorsätzlich hinsichtlich der zugrunde liegenden CumEx-Strukturen sowie der steuerrechtlichen Lage handelten, bewusst, dass die Erstattungsanträge auf den Ergebnissen von Aktientransaktionen beruhten, in deren Planung und Umsetzung zahlreiche Akteure eingebunden waren. Ihnen war daher auch bekannt, dass ihr Tatbeitrag an vorherige Tatbeiträge anderer Akteure anknüpft, durch deren Zusammenwirken die Erstattung nicht abgeführter Steuern bewirkt werden sollte. Insoweit gelten die Ausführungen zu Fall 2 hinsichtlich der Begründung des gemeinsamen Tatplans entsprechend.

    1767
    Sollten die Erklärenden ihrerseits nicht vorsätzlich gehandelt haben, lägen demgegenüber die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB vor. Denn der Angeklagte CA handelte seinerseits vorsätzlich - hierzu sogleich - und hätte den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in dieser Konstellation dadurch verwirklicht, dass er sich der im Tatbestandsirrtum Handelnden als vorsatzlose Werkzeuge bedient hätte.

    3. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    1768
    Infolge der unrichtigen Angaben ist es auch zur Gewährung nicht gerechtfertigter Steuervorteile gekommen, da die beantragten 11.837.849,56 Euro (Fall 4), 60.804.925,00 Euro (Fall 5), 59.184.708,75 Euro (Fall 6) und 27.562.270,63 Euro (Fall 7) und somit die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkaufstransaktionen entfallende Beträge tatsächlich durch das Bundeszentralamt für Steuern in vollem Umfang erstattet wurden. Die Erstattungen waren nicht gerechtfertigt, da hierfür nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2009] ein vorheriger Einbehalt und eine vorherige Abführung der Steuern erforderlich gewesen wären, die indes nicht vorlagen.

    1769
    Die nicht gerechtfertigten Steuervorteile in Gestalt der Steuererstattungen sind auch gerade auf die unrichtigen Angaben zurückzuführen. Wäre im Rahmen der Sammelanträge nicht die unzutreffende Erklärung abgegeben worden, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 11.837.849,56 Euro (Fall 4), von 60.804.925,00 Euro (Fall 5), von 59.184.708,75 Euro (Fall 6) und von 27.562.270,63 Euro (Fall 7) auf Dividenden oder Dividendenkompensationszahlungen einbehalten und abgeführt wurden, die den jeweiligen Sondervermögen zuzurechnen waren, wäre es nicht zu den Steuererstattungen gekommen. Darauf, ob ein Mitarbeiter des Bundeszentralamtes für Steuern in den Erstattungsvorgang persönlich eingebunden war oder einem Irrtum über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2009] unterlag, kommt es - wie bereits dargelegt - nicht an.

    4. Vorsatz

    1770
    Der Angeklagte CA handelte in den Fällen 4 bis 7 auch vorsätzlich. Ihm war in sämtlichen Fällen bewusst, dass mittels der Sondervermögen CumEx-Strategien mit Leerverkauf umgesetzt und die Erstattung einer Steuer bewirkt werden sollte, die auf Seiten des Leerverkäufers und auch sonst nicht abgezogen worden war. Von seinem Vorsatz umfasst war dabei auch der Umstand, dass zugunsten der Sondervermögen als Leerkäufer ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht begründet ist. Die Ausführungen zu den Anrechnungsfällen gelten diesbezüglich entsprechend. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte die steuerrechtliche Lage bei den Fondstrukturen und insbesondere die Erstattungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2009] anders beurteilt hat als den Umstand, dass die Voraussetzungen der von der YT-Bank bzw. der Einziehungsbeteiligten angestrebten Anrechnung der Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen in den Anrechnungsfällen eventuell nicht vorliegen, bestehen nicht.

    1771
    Der Angeklagte CA kannte ferner die Umstände, aus denen sich seine täterschaftliche Stellung ergab. Namentlich wusste der Angeklagte und nahm in Kauf, dass in die CumEx-Leerverkaufstransaktionen und in die Einreichung der Anträge auf Steuererstattung bei den zuständigen Finanzbehörden zahlreiche Akteure mit unterschiedlichem Kenntnisstand zum Hintergrund der durchgeführten Transaktionen eingebunden waren. Vom Vorsatz des Angeklagten war damit erfasst, dass die Steuererstattung von einer Person beantragt wird, die sich in vollem Umfang im Klaren über den Hintergrund des Erstattungsantrags ist. Ebenso hielt es der Angeklagte aber auch für möglich, dass dies nicht der Fall ist, auf Seiten der die Steuererstattung Begehrenden mithin keine Kenntnis über das Vorliegen von CumEx-Geschäften mit Leerverkäufen besteht.

    5. Rechtswidrigkeit und Schuld

    1772
    Der Angeklagte CA handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB kommt schon vor dem Hintergrund des von ihm für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht nicht in Betracht.

    6. Konkurrenzen

    1773
    Für den Angeklagten CA stellt sich seine Mitwirkung an den CumEx-Leerverkaufsgeschäften der einzelnen Sondervermögen im Jahr 2009 jeweils nur als eine Tat dar, obgleich für die Sondervermögen jeweils mehrere Erstattungsanträge eingereicht wurden.

    1774
    Nach den Grundsätzen zum uneigentlichen Organisationsdelikt ist die von einem Tatbeteiligten geschaffene organisatorische und planerische Grundlage für eine Vielzahl von Taten für diesen Tatbeteiligten nur als eine Tat zu bewerten, wenn er an den Einzeltaten nicht mehr unmittelbar beteiligt ist (BGH, Urteile vom 24.10.2018 - 5 StR 477/17, juris Rn. 24; vom 17.12.2019 - 1 StR 364/18, juris Rn. 12; Fischer, StGB, 66. Aufl., Vor § 52 Rn. 25). So liegt es hier im Hinblick auf die im Rahmen der einzelnen Fonds-Strukturen durch die Einreichung mehrerer Sammelanträge verwirklichten Einzeltaten.

    1775
    Die Kammer hat jeweils nur solche Tatbeiträge des Angeklagten CA feststellen können, die sich einheitlich auf die jeweiligen Fondskomplexe ausgewirkt haben. Auch wenn die Kammer überzeugt ist, dass der Angeklagte CA insbesondere bei der Planung der einzelnen Derivategeschäfte tätig war und daher auch solche Beiträge erbracht haben wird, die sich auf einzelne Sammelanträge ausgewirkt haben, war eine Konkretisierung doch nicht möglich. Konkret belegen ließen sich vielmehr jeweils nur übergeordnete, die einzelnen Komplexe als solche fördernde Tatbeiträge, die sich auf die Kapitalausstattung des Sondervermögens (Fall 4), auf die Planung der umzusetzenden Handelsstrategie (Fälle 5 und 7), auf die Berechnung der Fondslevel (Fall 5), auf die Akquise der Investoren (Fall 7) und auf die Entscheidung darüber bezogen haben, dass die CumEx-Geschäfte der Investmentfonds durch die von ihm mitgegründeten ZD-Gesellschaften begleitet werden (Fälle 4 bis 7). Für den Komplex des BACA Fonds (Fall 6) als allgemeines Organisationsdelikt tritt jedenfalls hinzu, dass der Angeklagte CA dieses durch allgemeine Organisationsbeiträge, insbesondere die in Vorbereitung der Dividendensaison mit dem Angeklagten AO getroffene (allgemeine) Absprache über die Lieferung von Ex-Aktien, gefördert hat.

    V. Fälle 9 und 10

    1776
    Schließlich hat sich der Angeklagte CA in den Fällen 9 und 10 ebenfalls jeweils einer Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht.

    1. Unrichtige bzw. unvollständige Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen

    1777
    Die Kapitalertragsteueranmeldungen der ZJ GmbH für April, Mai und Juni 2010 (Fall 9) und der ZU eG für Mai und Juni 2010 (Fall 10) enthalten die unrichtige Angabe der steuerlich erheblichen Tatsache, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge im Umfang von 18.311.041,56 Euro (Fall 9) bzw. im Umfang von 48.797.770,18 Euro (Fall 10) auf Kapitalerträge einbehalten und abgeführt worden seien.

    a) Auslegung der Kapitalertragsteueranmeldungen             

    1778
    Durch Inkrafttreten von § 11 Abs. 2 InvStG [VZ 2010] wurde das Erstattungsverfahren für auf Kapitalerträge eines inländischen Investmentvermögens einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuern dahingehend geändert, dass bei Kapitalerträgen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG [VZ 2010], mithin auch bei Dividenden und Dividendenkompensationszahlungen, die Erstattung gegenüber dem inländischen Sondervermögen durch deren Depotbank erfolgen konnte. Die Depotbank hatte in diesem Fall nach § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG [VZ 2010] i.V.m. § 44b Abs. 6 Satz 3 EStG [VZ 2010] die Summe der Erstattungsbeträge ihrerseits in der gegenüber dem eigenen Betriebsstättenfinanzamt einzureichenden Steueranmeldung gesondert anzugeben und von der von ihr abzuführenden Kapitalertragsteuer abzusetzen. Unverändert erforderlich für die Steuererstattung gegenüber dem Sondervermögen durch die Depotbank war nach § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2010], dass die Steuern zuvor auf Kapitalerträge des inländischen Investmentvermögens einbehalten und abgeführt worden waren. Dass auch im Verhältnis der Depotbank zum Fiskus eine Erstattung nur in Betracht kam, wenn die Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschläge zuvor einbehalten und abgeführt worden waren, folgte aus § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG [VZ 2010] i.V.m. § 44b Abs. 6 Satz 2 EStG [VZ 2010], wonach die Depotbank gegenüber dem Fiskus für zu Unrecht gewährte Steuererstattungen einzustehen hatte.

    1779
    Wurden Erstattungsbeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG [VZ 2010] i.V.m. § 44b Abs. 6 Satz 3 EStG [VZ 2010] in die hierfür vorgesehene Zeile 10 des Steuervordrucks für die monatlichen Kapitalertragsteuer-Anmeldungen der Depotbanken eingetragen, ist dem nach den bereits zu Fall 1 aufgezeigten Auslegungsgrundsätzen die Angabe zu entnehmen, dass sämtliche Voraussetzungen für die Steuererstattung tatsächlich vorliegen. Erklärt wurde insoweit, dass die eingetragenen Beträge als Steuern auf Kapitalerträge des inländischen Sondervermögens tatsächlich einbehalten und abgeführt worden sind. In den Beträgen, die in Zeile 10 der jeweiligen Kapitalertragsteuer-Anmeldung der ZJ GmbH für April, Mai und Juni 2010 eingetragen waren, waren die 18.311.041,56 Euro (Fall 9) enthalten, die auf die abgeurteilten CumEx-Leerverkaufstransaktionen des BC Pro Rendite Fonds entfallen. In den Beträgen, die in Zeile 10 der jeweiligen Kapitalertragsteuer-Anmeldung der ZU eG für Mai und Juni 2010 eingetragen waren, waren die von dieser zuvor an den BC German Hedge Fund insgesamt ausgekehrten 48.797.770,18 Euro (Fall 10) rechnerisch enthalten. Dementsprechend haben die ZJ GmbH (Fall 9) und die ZU eG (Fall 10) im Rahmen der Kapitalertragsteuer-Anmeldungen die steuerlich erhebliche Tatsache erklärt, dass im Umfang von 18.311.041,56 Euro (Fall 9) bzw. im Umfang von 48.797.770,18 Euro (Fall 10) Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge auf Kapitalerträge tatsächlich einbehalten und abgeführt worden sind.

    1780
    Die Kapitalertragsteueranmeldungen wurden auch bei dem Finanzamt YD (Fall 9) bzw. dem Finanzamt YA (Fall 10) und damit bei Finanzbehörden im Sinne von § 370 Abs. 1 AO eingereicht. Darauf, dass die Anträge elektronisch eingereicht wurden, kommt es entsprechend der Ausführungen zu den Fällen 4 bis 7 nicht an.

    b) Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Angaben

    1781
    Die Erklärungen waren unrichtig, jedenfalls aber unvollständig. Im Umfang von 18.311.041,56 Euro (Fall 9) bzw. von 48.797.770,18 Euro (Fall 10), waren Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht auf Kapitalerträge des BC Pro Rendite Fonds (Fall 9) bzw. des BC German Hedge Fund (Fall 10) einbehalten und abgeführt worden. Die Sondervermögen erzielten in den verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen aufgrund der Einschaltung eines Leerverkäufers nicht die (Original-)Nettodividende, sondern lediglich Dividendenkompensationszahlungen. Auf diese wurden Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge nicht einbehalten und abgeführt.

    aa) Keine Zurechnung der Dividenden

    1782
    Die von den Emittenten der Aktien im Hinblick auf die Aktien ausgeschütteten Dividenden sind den Sondervermögen in den Fällen 9 bis 10 nicht zuzurechnen, soweit die Aktienerwerbe im Rahmen einer der verfahrensgegenständlichen CumEx-Leerverkaufstransaktionen erfolgten. Da die schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfte jeweils vor den Gewinnverteilungsbeschlüssen unter Einschaltung eines Leerverkäufers abgeschlossen und die Aktienbuchungen erst nach diesem Zeitpunkt vollzogen wurden, gelten die Ausführungen zu Fall 1 insoweit entsprechend. Auch die Sondervermögen haben im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses weder die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 AO noch diejenigen des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO verwirklicht.

    bb) Fehlende Steuerabführung auf die Dividendenkompensationszahlungen

    1783
    Soweit die Sondervermögen in den Fällen 9 und 10 Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt haben, fand auf diese ein Steuereinbehalt und insbesondere eine Abführung der Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag an den Fiskus nicht statt. Da sich der Erklärungsgehalt der gegenüber dem Finanzamt YD (Fall 9) und dem Finanzamt YA (Fall 10) getätigten Angaben neben dem Vorgang des Steuereinbehaltes auch darauf erstreckt, dass die Steuern, deren Erstattung beantragt wird, tatsächlich zuvor an den Fiskus abgeführt worden sind, folgt die Unrichtigkeit der Angaben bereits hieraus. Tatsächlich sind Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge aber auf die Dividendenkompensationszahlungen auch schon nicht einbehalten worden, wobei die Ausführungen zu Fall 1 zu den Voraussetzungen des Steuereinbehaltes entsprechend gelten.

    cc) Keine Mitteilung des tatsächlichen Sachverhaltes

    1784
    Den Finanzämtern YD und YA ist vor Tatvollendung auch nicht auf sonstige Weise Mitteilung davon gemacht worden, dass die Sondervermögen in den Fällen 9 und 10 lediglich Dividendenkompensationszahlungen vereinnahmt haben, auf die ein Einbehalt sowie eine Abführung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen jeweils nicht erfolgt ist.

    2. Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    1785
    Die unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen sind dem Angeklagten CA auch in den Fällen 9 und 10 nach § 25 Abs. 2 StGB oder nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zuzurechnen. Dabei hat wiederum offen bleiben können, ob diejenigen, die die monatlichen Kapitalertragsteranmeldungen für die ZJ GmbH bzw. die ZU eG eingereicht haben, ihreseits vorsätzlich gehandelt haben. Hierauf kommt es nicht an, da der Angeklagte CA auch insoweit entweder als Mittäter (§ 25 Abs. 2 StGB) oder als mittelbarer Täter (§ 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB) für die unrichtigen Angaben verantwortlich ist.

    a) Täterschaftliche Tatbeiträge

    1786
    Der Angeklagte CA hat in den Fällen 9 und 10 als täterschaftlich zu bewertende Tatbeiträge erbracht. Die Ausführungen zu den Fällen 4 bis 7 zu seinem hohen Tatinteresse und der Bedeutung seiner Zustimmung in die Begleitung der Fonds gelten in den Fällen 9 und 10 entsprechend. Dem Angeklagten war insbesondere die Bedeutung der Steuererstattungen für die Fortführung der Geschäfte sowie für die Höhe der Gewinne von ZD weiterhin bewusst. Darüber hinaus stimmte der Angeklagte auch in den Fällen 9 und 10 in seiner Eigenschaft als gleichberechtigter Teilhaber neben den gesondert Verfolgten BM, BQ und BR der Begleitung der CumEx-Geschäfte der Investmentvermögen durch die ZD-Gesellschaften zu und führte die durch die ZD Principals Ltd. auszuführenden Tätigkeiten - in geringerem Umfang - unter anderem mit dem gesondert Verfolgten BR durch.

    1787
    Dass der Angeklagte hinsichtlich der Fälle 9 und 10 nicht entsprechend seines Vorgehens für die Dividendensaison 2009 bei der YJ anfragte, ob auf den dort vorhandenen Ex-Bestand Rückgriff genommen werden kann, wirkt sich nicht mehr entscheidend aus. Denn die vorstehend benannten Umstände führen mit den hinsichtlich der Fälle 9 und 10 im Übrigen in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkten bereits für sich genommen dazu, dass die Tatbeiträge des Angeklagten CA als täterschaftlich zu bewerten sind. Insoweit gilt Folgendes:

    aa) Fall 9

    1788
    In Fall 9 liegt ein weiterer wesentlicher Tatbeitrag des Angeklagten CA darin, dass er an der Einwerbung von Investoren in seiner Eigenschaft als Direktor des YH mitwirkte. Hierdurch trug der Angeklagte CA dazu bei, dass auf Seiten des BC Pro Rendite Fonds überhaupt das erforderliche Eigenkapital vorhanden war, um die für die Dividendensaison 2010 geplanten CumEx-Geschäfte in Gang setzen zu können. Darüber hinaus leistete der Angeklagte einen weiteren zentralen Tatbeitrag dadurch, dass er die Delayed-Settlement-Strategie entwickelte, die der BC Pro Rendite Fonds in der Folge als (einzige) CumEx-Handelsstrategie umsetzte. Damit erbrachte der Angeklagte grundlegende und für die konkrete Umsetzung der CumEx-Geschäfte zwingend erforderliche Strukturierungs- und Planungsarbeiten. Darauf, dass der Angeklagte nicht selbst an den konkreten Erstattungsanträgen mitwirkte, kommt es nicht mehr entscheidend an. Denn die von ihm entwickelte und anschließend umgesetzte Handelsstrategie war geeignet, einen regelhaften Ablauf dahingehend auszulösen, dass die Steuererstattungsanträge tatsächlich bei den zuständigen Finanzbehörden eingereicht werden. Dass nach einmaliger Ingangsetzung der CumEx-Geschäfte von der Beantragung der Steuererstattung abgesehen wird, konnte von vornherein mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, da dies zu erheblichen Verlusten auf Seiten der Anleger geführt hätte.

    bb) Fall 10

    1789
    In Fall 10 war der Angeklagte CA in seiner Eigenschaft als Direktor für den YH maßgeblich dafür verantwortlich, dass über die Beteiligung von Investoren Eigenkapital des BC German Hedge Fund in Höhe von 30 Mio. Euro eingeworben wurde. Dieses war in Verbindung mit den von den gesondert Verfolgten AE und CD eingeworbenen 70 Mio. Euro Grundvoraussetzung für die Hebelung des Eigenkapitals durch die Bank YR und wirkte sich dementsprechend unmittelbar dahingehend aus, dass auf Seiten des BC German Hedge Fund überhaupt ein hinreichendes Investitionskapital für die Durchführung der CumEx-Geschäfte vorhanden war. Damit hat der Angeklagte auch in Fall 10 einen weiteren für die Durchführung sämtlicher CumEx-Leerverkaufsgeschäfte und die infolgedessen eingereichten Erstattungsanträge grundlegenden Tatbeitrag erbracht. Demgegenüber wirkt sich der Umstand, dass der Angeklagte selbst keinen unmittelbaren Einfluss auf die tatsächlichen Erstattungsanträge hatte, nicht mehr entscheidend aus.

    b) Weitere Voraussetzungen nach § 25 Abs. 2 StGB oder § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB

    1790
    Auch die weiteren Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 25 Abs. 2 StGB oder nach § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB liegen vor. Denn der Angeklagte CA handelte entweder auf Grundlage des im Falle des § 25 Abs. 2 StGB erforderlichen gemeinsamen Tatplans oder glich aufgrund seines vorsätzlichen Handelns das auf Seiten des unvorsätzlich agierenden „Vordermanns“ bestehende Strafbarkeitsdefizit aus. Die Ausführungen zu den Fällen 4 bis 7 gelten insoweit entsprechend.

    3. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile

    1791
    Infolge der unrichtigen Angaben ist es auch zu Erstattungen von insgesamt 18.311.041,56 Euro (Fall 9) bzw. 48.797.770,18 Euro (Fall 10) und dadurch zur Gewährung nicht gerechtfertigter Steuervorteile gekommen. Die Erstattungen waren nicht gerechtfertigt, da hierfür nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 1 InvStG [VZ 2010] ein vorheriger Einbehalt und eine vorherige Abführung der Steuern erforderlich gewesen wären, was indes unterblieben war.

    1792
    Die nicht gerechtfertigten Steuervorteile in Gestalt der Steuererstattungen sind auch gerade auf die unrichtigen Angaben zu steuerlich erheblichen Tatsachen zurückzuführen. Wäre im Rahmen der monatlichen Kapitalertragsteueranmeldungen nicht die unzutreffende Erklärung abgegeben worden, dass Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge in entsprechender Höhe einbehalten und abgeführt worden waren, wäre es nicht zu den Steuererstattungen gekommen.

    4. Vorsatz

    1793
    Der Angeklagte CA handelte in den Fällen 9 und 10 auch vorsätzlich. Ihm war in sämtlichen Fällen bewusst, dass mittels der Sondervermögen CumEx-Strategien mit Leerverkauf umgesetzt und die Erstattung einer Steuer bewirkt werden sollte, die auf Seiten des Leerverkäufers und auch sonst nicht abgezogen worden war. Von seinem Vorsatz umfasst war dabei auch der Umstand, dass zugunsten der Sondervermögen als Leerkäufer ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht begründet ist. Die Ausführungen zu den Fällen 4 bis 7 gelten insoweit entsprechend.

    1794
    Der Angeklagte kannte ferner die Umstände, aus denen sich seine täterschaftliche Stellung ergab. Auch insoweit gelten die Ausführungen zu den Fällen 4 bis 7 entsprechend.

    5. Rechtswidrigkeit und Schuld

    1795
    Der Angeklagte CA handelte auch rechtswidrig und schuldhaft. Ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB kommt schon vor dem Hintergrund des von ihm für möglich gehaltenen Verstoßes gegen das Steuerrecht nicht in Betracht.

    6. Konkurrenzen

    1796
    Für den Angeklagten CA stellen sich seine Beiträge an den CumEx-Geschäften der einzelnen Sondervermögen im Jahr 2010 ebenfalls im Ergebnis nur als zwei Taten dar, weil die Kammer - über die Konkretisierung auf die übergeordneten Planungs- und Organisationsbeiträge hinsichtlich der Fäll 9 und 10 hinaus - keine Handlungen hat individualisieren können, die sich ausschließlich auf einzelne Sammelanträge ausgewirkt haben.

    Der Angeklagte AO

    1797
    Der Angeklagte AO hat sich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 Abs. 1 StGB in insgesamt fünf Fällen schuldig gemacht, indem er mehrere Taten des Angeklagten CA mit eigenen Beiträgen förderte.

    1798
    Die Ahndung der Taten ist auch im Hinblick auf den Angeklagten AO nicht infolge einer Verfolgungsverjährung nach § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgeschlossen. Die sich nach § 376 Abs. 1 AO in sämtlichen Fällen auf zehn Jahre belaufende Verjährungsfrist begann jeweils frühestens im Jahr 2009 zu laufen, da keine der von ihm geförderten Haupttaten zu einem früheren Zeitpunkt im Sinne des § 78a Satz 1 StGB beendet wurde. Durch die mit Verfügungen der Staatsanwaltschaft Köln vom 24.05.2018 (Hauptakte Band 13 Bl. 3103 d.A. und SH 12.1_Hauptakte_213_JSs_398_17_Bd1 Bl. 203 d.A.) veranlassten Bekanntgaben der Ermittlungsverfahren, die ausweislich einer seitens seines Verteidigers BC im Rahmen der Hauptverhandlung abgegebenen Erklärung dem Angeklagten AO in nicht verjährter Zeit zugegangen sind, sowie durch die am 09.08.2018 begonnenen Vernehmungen zur Sache, wurde die Verjährung nach § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB hinsichtlich sämtlicher Taten rechtzeitig unterbrochen. Für die Fälle des HI Aktien 1 Fund ist insoweit ergänzend auszuführen, dass dem Akteneinsichtsgesuch des Verteidigers BC vom 22.05.2018 (SH 12.1_Hauptakte_213_JSs_398_17_Bd1 Bl. 201) eine vorherige Mitteilung der Staatsanwaltschaft vorausgegangen war, dass neben den Übrigen von der Anklage umfassten Komplexe auch in diesem Fall gegen den Angeklagten AO ermittelt werde. Dies hat die ermittelnde Oberstaatsanwältin AM in der Hauptverhandlung erläutert. Verteidiger BC hat dies bestätigt.

    I. Fall 4 (Sammelantrag vom 13.03.2009)

    1799
    Der Angeklagte AO hat sich zunächst der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gemacht, indem er im Komplex des HI Aktien 1 Fund (Fall 4) Ex-Aktien für die Leerverkäufe lieferte, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 Abs. 1 StGB.

    1. Vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat

    1800
    Die von dem Angeklagten AO geförderte vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat ist diejenige des Angeklagten CA, insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

    2. Unterstützungshandlung

    1801
    Die Unterstützungshandlung des Angeklagten AO lag im Rahmen der Geschäfte des HI Aktien 1 Fund in der Lieferung von rund 3 Mio. Ex-Aktien der Aktiengattung Siemens AG, welche zu der entsprechenden Steuererstattung im Rahmen des Sammelantrags vom 13.03.2009 führte.

    1802
    Er handelte hierbei - entgegen dem Vorwurf in der Anklageschrift - lediglich als Gehilfe und nicht als Mittäter. Wegen der für die Abgrenzung beider Beteiligungsformen anzusetzenden Maßstäbe nimmt die Kammer zunächst auf die zum Angeklagten CA dargelegten Grundsätze Bezug. Danach gilt:

    1803
    Der Beitrag des Angeklagten AO lag im Vorfeld der Tat. Mit der die Aufgaben der Depotbank wahrnehmenden ZJ GmbH, die mit dem Stellen des Sammelantrags die eigentliche Tathandlung ausführte, stand er in keiner Beziehung. Dies gilt auch für den HI Aktien 1 Fund bzw. die den Investmentfonds verwaltende YI GmbH. Auch war er weder in das Aufsetzen des Investementfonds als CumEx-Leerkaufsvehikel eingebunden noch an der eigentlichen Planung der CumEx-Leerverkaufsgeschäfte beteiligt. Insbesondere war er auch nicht in die Zusammenstellung des Aktienkorbes involviert und hatte daher keine Entscheidungsmöglichkeit darüber, ob überhaupt Aktien gehandelt wurden, die er zur Eindeckung des Leerverkaufes liefern konnte. Insoweit mag sich seine im Vorfeld gegenüber dem Angeklagten CA signalisierte Bereitschaft, die von ZD geplanten Leerverkaufsgeschäfte mit Ex-Aktien zu beliefern, dort mittelbar auf die Entscheidung ausgewirkt haben, welche Aktien gehandelt wurden. Gleichwohl fehlte dem Angeklagten AO jegliche Einflussmöglichkeit, die Aktienkörbe in seinem Sinne zu gestalten. Vielmehr leistete er seinen Beitrag erst „auf Anfrage“ durch den Angeklagten CA oder den gesondert Verfolgten BR. Im Gegensatz zu dem Angeklagten CA war auch sein Eigeninteresse an der Tat beschränkt: Zwar konnte es sich für seine Stellung innerhalb der Bank positiv auswirken, wenn er für seinen Handelstisch hohe Erträge erwirtschaftete. Ungeachtet der Frage, ob und in welchem Umfang sich dies positiv auf die Höhe von Bonizahlungen auswirkte, war er an den durch die CumEx-Geschäfte erzielten Steuererstattungen selbst aber nicht unmittelbar wirtschaftlich beteiligt. Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände hatte der Angeklagte AO damit kein derart enges Verhältnis zur Tat, dass sein Tatbeitrag als mittäterschaftlich erbracht zu werten ist.

    3. Vorsatz

    1804
    Der Angeklagte AO handelte auch vorsätzlich.

    1805
    a) Im Hinblick auf sein Wissen um die von ihm geförderte Haupttat des Angeklagten CA bedarf nur das Folgende der Erörterung:
    1806

    aa) Dass der Angeklagte AO nicht wusste, für welchen Leerverkäufer die Aktien bestimmt waren, lässt seinen Vorsatz unberührt, weil sich der Vorsatz des Teilnehmers - wie bereits zum Angeklagten CA dargelegt - auf derartige Einzelheiten nicht erstrecken muss. Entscheidend ist, dass er um die Belieferung von CumEx-Leerverkäufen wusste und auch in steuerrechtlicher Hinsicht die entsprechenden Schlussfolgerungen gezogen hatte.

    1807
    bb) Auch für den Angeklagten AO stehen die Grundsätze zu den sog. berufsneutralen Handlungen seiner Strafbarkeit nicht entgegen. Wegen der insoweit anzulegenden rechtlichen Maßstäbe nimmt die Kammer auch insoweit auf die Ausführungen zur Strafbarkeit des Angeklagten CA im Rahmen von Fall 1 Bezug. Dabei kann dahinstehen, ob diese Grundsätze für den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach Maßgabe der insoweit geltenden „Steueranspruchstheorie“ (dazu bereits oben sowie Jäger, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 370 Rn. 171 f.) dahin anzuwenden sind, dass der berufsmäßig handelnde Gehilfe nur dann strafbar sein kann, wenn er um die Unrichtigkeit der von dem Haupttäter gegenüber der Finanzbehörde vertretenen Rechtsauffassung - vorliegend die Frage, ob Leerverkäufe ohne Steuerabzug einen Erstattungsanspruch begründen können - sicher gewusst oder diese jedenfalls als überwiegend wahrscheinlich erkannt hat. Ferner bedarf es auch an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob die wissentliche Lieferung von Ex-Aktien an einen CumEx-Leerverkäufer überhaupt als berufstypisch gewertet werden kann. Jedenfalls hatte der Angeklagte AO es als sehr wahrscheinlich erkannt, dass die maßgeblichen Umstände (Leerverkauf ohne Steuerabzug) gegenüber der Finanzbehörde pflichtwidrig nicht mitgeteilt würden. Damit hatte er zugleich das hohe Risiko des späteren (steuer)rechtswidrigen Verhaltens erkannt. Die bewusste bzw. für sehr wahrscheinlich erkannte Förderung rechtswidriger Handlungen ist aber in keinem Fall sozialadäquat.

    1808
    b) Daneben wusste der Angeklagte AO auch um die Bedeutung seiner Aktienlieferung für die Durchführung der Steuererstattung und handelte auch insoweit vorsätzlich.

    4. Rechtswidrigkeit und Schuld

    1809
    Schließlich handelte der Angeklagte AO auch rechtswidrig und schuldhaft. Dass er die Strafbarkeit seines Handelns nicht sah, vermag - wie bereits bei dem Angeklagten CA ausgeführt - einen schuldausschließenden Verbotsirrtum nicht zu begründen, weil er jedenfalls die Steuerrechtswidrigkeit der Haupttat (als möglich) erkannt hatte. Wie bereits zum Angeklagten CA ausgeführt, genügt insoweit auch ein nur bedingtes Unrechtsbewusstsein.

    II. Fall 6

    1810
    Zudem ist der Angeklagte AO den vorstehenden Ausführungen entsprechend auch wegen seiner Lieferungen von Ex-Aktien im Rahmen der Geschäfte für den BACA Fonds (Fall 6) der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 Abs. 1 StGB.

    1811
    Die vorstehenden Ausführungen zu Fall 4 gelten insoweit entsprechend. Insbesondere begründen die von dem Angeklagten AO in diesem Komplex erbrachten Unterstützungshandlungen in Gestalt der Lieferung von Ex-Aktien auch in diesem Zusammenhang keinen (mit)täterschaftlich Tatbeitrag. Hinsichtlich seiner Stellung innerhalb des „CumEx-Systems“ bestehen insoweit keine Unterschiede zu Fall 4. Dass er im Komplex des BACA Fonds ungleich mehr Ex-Aktien lieferte und hierdurch einen deutlich höheren Steuerschaden mitbewirkte, wirkt sich zwar auf den Schuldgehalt seiner Tathandlungen aus. Für sich betrachtet ist der Unrechtsgehalt der Förderungshandlungen aber nicht geeignet, eine mittäterschaftliche Stellung zu begründen.

    1812
    Auch im Rahmen von Fall 6 handelte der Angeklagte AO auf Grundlage der vorstehend dargestellten Maßstäbe vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.

    III. Fälle 3, 4 (Sammelantrag vom 03.04.2009), 5 und 7

    1813
    Die zu Fall 4 gemachten Ausführungen gelten auch entsprechend für die Unterstützungsleistungen in Form der Lieferung von Ex-Aktien, die der Angeklagte zur Überzeugung der Kammer zumindest in einem der weiteren Komplexe YT Eigenhandel 2009 (Fall 3), HI Aktien 1 Fund, soweit der Sammelantrag vom 03.04.2009 betroffen ist, BC German Equitiy Special Fund (Fall 5) oder JS Futures Fund (Fall 7) vornahm.

    1814
    Diese zur Überzeugung der Kammer feststehenden, lediglich nicht einem bestimmten Komplex zuzuordnenden Handlungen, stellen sich auf Grundlage der vorstehenden Ausführungen, die insoweit gleichermaßen gelten, als Förderung der Haupttaten des Angeklagten CA dar. Dabei handelte der Angeklagte AO auch in diesen Fällen vorsätzlich in Bezug auf die Haupttaten und seine eigenen Unterstützungsleistungen, daneben rechtswidrig und schuldhaft.

    1815
    Auch wenn naheliegt, dass durch die Lieferungen insoweit mehre Taten gefördert wurden, hat die Kammer doch keine konkreten Feststellungen treffen können. Aufgrund dessen geht sie zu Gunsten des Angeklagten AO davon aus, dass sich seine Lieferungen insgesamt nur auf eine weitere Haupttat des Angeklagten CA bezogen haben und nimmt nach den Grundsätzen zur gleichartigen Wahlfeststellung insoweit auch nur eine weitere Tat des Angeklagten AO an.

    IV. Fall 8

    1816
    Den vorstehenden Ausführungen entsprechend hat sich der Angeklagte des Weiteren aufgrund seiner konkretisierbaren Handlungen im Komplex YT Eigenhandel 2010 (Fall 8) einer weiteren Beihilfe zur Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

    1817
    1. Die durch die Organisation von Ex-Aktien für die Leerverkäufe geförderte Haupttat liegt in der Steuerhinterziehung des Angeklagten CA.

    1818
    Auch in diesem Fall handelte der Angeklagte AO lediglich als Gehilfe. Die Kammer hat insoweit in den Blick genommen, dass er im Rahmen von Fall 8 nunmehr für die ZD Principals Ltd. arbeitete und damit im Wirkungskreis derjenigen, welche die CumEx-Leerverkaufsgeschäfte organisierten. Auch wenn er damit insgesamt einen näheren Bezug zu der eigentlichen Tathandlung hatte, war seine Einbindung in die Tat- bzw. Organisationsabläufe doch nicht so stark, dass er als Mittäter zu qualifizieren wäre. Zwar oblag ihm die Planung der Ex-Eindeckungsgeschäfte und damit zugleich ein Teil der Planung der CumEx-Leerverkaufsstruktur. Allerdings hatte er weiterhin keinen Einfluss darauf, welche konkreten Aktien betroffen waren und in welchem Umfang der CumEx-Handel zu organisieren war. Auch war er an den Verhandlungen mit den Leerverkäufern nicht beteiligt. Vielmehr handelte er als Angestellter, der die ihm übergebenen Aufgaben auf einer - wenngleich wichtigen - unteren Planungsstufe durchführen musste. Wie auch in den Fällen des Vorjahres war zudem sein Interesse an dem Taterfolg weiterhin beschränkt, da er lediglich ein Festgehalt bezog. An den Gewinnen aus den Geschäften war er nicht beteiligt. Insbesondere war sein Festgehalt auch nicht davon abhängig, in welchem Umfang er Ex-Aktien für die Leerverkäufe beschaffen konnte.

    1819
    2. Im Übrigen handelte der Angeklagte AO auch im Rahmen von Fall 8 vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Die vorstehenden Ausführungen gelten insoweit entsprechend.

    V. Fälle 9 und 10

    1820
    Schließlich liegt die fünfte Tat der Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den Angeklagten AO in der Organisation von Ex-Aktien begründet, die den Geschäften in den Komplexen BC Pro Rendite Fonds (Fall 9) oder BC German Hedge Fund (Fall 10) dienten.

    1821
    1. Da die Kammer auch insoweit nicht hat feststellen können, für welche Aktiengeschäfte der Angeklagte AO genau tätig war, war zu seinen Gunsten nach den Grundsätzen zur gleichartigen Wahlfeststellung lediglich von einer weiteren Tat auszugehen.

    1822
    2. Auch in diesen Fällen agierte der Angeklagte AO lediglich als Gehilfe (§ 27 StGB) und nicht als Mittäter. Die Kammer nimmt insoweit zunächst auf die im Rahmen von Fall 8 gemachten Ausführungen Bezug. Allein der Umstand, dass sich die den Fällen 9 und 10 zugrundeliegenden Aktiengeschäfte auf Investmentfonds bezogen, in deren Aufsetzen bereits die ZD-Gruppe als sein Arbeitgeber im weiteren Sinne beteiligt war, führt zu keiner anderen Bewertung der Beiträge des Angeklagten AO. Insbesondere war er auch insoweit nicht in die Entscheidung eingebunden, dass mit diesen Investmentfonds CumEx-Leerverkaufsgeschäfte durchgeführt würden. Auch hatte er keine Beiträge im Rahmen des Aufsetzens der Struktur erbracht. Vielmehr wurde er weiterhin ausschließlich dann tätig, wenn auf der Leerverkäuferseite kein Paket gehandelt wurde, sondern die ZD Principals Ltd. die Ex-Eindeckung des Leerverkäufers organisieren musste. Seine Rolle im Gesamtsystem und sein Interesse am Gelingen der Tat unterschieden sich insoweit nicht von seiner Einbindung im Rahmen von Fall 8.

    1823
    3. Der Angeklagte AO handelte wiederum vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft, wobei die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen hinsichtlich der jeweils anzulegenden rechtlichen Maßstäbe auf die vorstehenden Ausführungen Bezug nimmt.

    VI. Freispruch in den Fällen 1, 2 und 11

    1824
    Soweit die Anklage dem Angeklagten AO auch eine strafbare Beteiligung an den Fällen 1, 2 und 11 vorgeworfen hat, war er aus tatsächlichen Gründen freizusprechen.
    1825

    1. Hinsichtlich Fall 1 ist bereits kein tatfördernder Beitrag des Angeklagten AO festgestellt, im Hinblick auf Fall 2 fehlt es jedenfalls am erforderlichen Vorsatz.

    1826
    2. Auch hinsichtlich Fall 11 ist ein tatfördernder Beitrag des Angeklagten AO nicht festzustellen. Hierzu gilt:

    1827
    a) Eine „physische“ Beihilfe des Angeklagten zu den im Rahmen von Fall 11 durchgeführten Aktiengeschäften liegt nicht vor. Insbesondere ist nicht mit Sicherheit zu erkennen, dass er auch in diesem Rahmen Ex-Aktien für die Leerverkäuferseite organisierte.

    1828
    b) Eine Förderung der Haupttat des Angeklagten CA liegt auch nicht nach den Grundsätzen zur psychischen Beihilfe vor:

    1829
    Als Beihelfer wird gemäß § 27 Abs. 1 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Diese Hilfeleistung muss sich auf die Begehung der Haupttat zwar nicht kausal auswirken; erforderlich ist aber, dass sie die Haupttat zwischen Versuchsbeginn und Beendigung in irgendeiner Weise erleichtert oder fördert. Dabei kann eine solche strafbare Unterstützung auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht wird, dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und der Gehilfe sich dessen bewusst ist. Die Beihilfe durch positives Tun setzt aber einen durch eine bestimmte Handlung erbrachten Tatbeitrag des Gehilfen voraus. Auch ein bloßes „Dabeisein“ kann die Tatbegehung im Sinne aktiven Tuns fördern oder erleichtern, wenn der Täter dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt und ihm ein erhöhtes Gefühl der Sicherheit gegeben wird. Zum Beleg einer solchen psychischen Beihilfe bedarf es jedoch stets genauer Feststellungen, insbesondere zur objektiv fördernden Funktion der Handlung sowie zu der entsprechenden Willensrichtung des Gehilfen (vgl. zu alledem BGH, Urteil vom 07.11.2018 - 2 StR 361/18, juris Rn. 14 mwN). Auch die Zusage der Unterstützung im Vorfeld der Tat kann danach ausreichen.

    1830
    Gemessen an diesen Maßstäben ist eine die Haupttat fördernde Handlung des Angeklagten AO nicht festzustellen. Allein der Umstand, dass er nach der Trennung des Angeklagten CA von den gesondert Verfolgten BQ und BR zur späteren ZC-Gruppe wechselte, zeigt eine solche Unterstützung des Angeklagten CA noch nicht auf. Einzelheiten zu dem Wechsel und zu den in diesem Zusammenhang geführten Gesprächen sind nicht bekannt. Insbesondere ist aber auch nicht ersichtlich, dass sich der Angeklagte CA durch die Entscheidung des Angeklagten AO, weiter mit ihm und dem gesondert Verfolgten BM zusammenzuarbeiten, bestärkt fühlte, die Geschäfte mit der YT-Bank im Jahr 2011 fortzusetzen. Dies war eine Entscheidung zwischen dem Angeklagten CA und dem gesondert Verfolgten BM, die überdies schon im Jahr 2010 getroffen worden sein muss, da bereits zu diesem Zeitpunkt mit den gesondert Verfolgten BQ und BR ausgehandelt worden war, dass diese an den durch die Geschäfte erzielten Profiten trotz der Trennung noch zu jeweils einem Viertel beteiligt würden. Im Übrigen war der Angeklagte AO nicht der einzige Mitarbeiter bei ZD/ZC. Die eigentliche Planung der zu Fall 11 festgestellten CumEx-Leerverkaufsgeschäfte wurde nicht von ihm durchgeführt.

    1831
    c) Auch ein Unterlassen dahingehend, den Angeklagten CA nicht von der Tatbegehung abgehalten zu haben, kann dem Angeklagten AO schließlich nicht vorgeworfen werden, da er insoweit nicht garantenpflichtig war.

    E. Strafzumessung

    1832
    Im Rahmen der Strafzumessung hat sich die Kammer von folgenden Erwägungen leiten lassen:

    I. Der Angeklagte CA

    1. Strafrahmenwahl

    1833
    Der für die Strafzumessung relevante Strafrahmen war im Fall 1 dem nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 46b Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB doppelt gemilderten und in den übrigen Fällen dem nach § 46b Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB (einfach) gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO zu entnehmen. Sämtliche Taten des Angeklagten CA erweisen sich bei einer Gesamtschau aller Umstände als besonders schwer, wobei die Kammer insoweit auch das Vorliegen der vorbezeichneten Milderungsgründe in den Blick genommen hat. Im Einzelnen:

    a) Fall 1

    1834
    Aufgrund einer zweifachen Milderung des sich aus § 370 Abs. 3 Satz 1 AO ergebenden Strafrahmens stand für die Strafzumessung zu Fall 1 nach § 49 Abs. 1, § 38 Abs. 2, § 39 StGB ein solcher von Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu fünf Jahren und sieben Monaten zur Verfügung.

    1835
    aa) Die Kammer wertet die Handlungen des Angeklagten CA im Rahmen von Fall 1 als (unbenannten) besonders schweren Fall im Sinne von § 370 Abs. 3 Satz 1 AO.

    1836
    Ein Fall ist dann besonders schwer, wenn er sich bei einer im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorgenommenen Abwägung aller Zumessungstatsachen nach dem Gewicht von Unrecht und Schuld vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle so weit abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten ist. Ob danach die Voraussetzungen für die Annahme eines besonders schweren Falles - innerhalb oder außerhalb der Regelbeispiele - erfüllt sind, ist bei mehreren Tatbeteiligten für jeden von ihnen gesondert zu prüfen. Das Ergebnis richtet sich - wenn auch unter Berücksichtigung der Tat des oder der anderen Beteiligten - jeweils nach dem Tatbeitrag und der Person des Teilnehmers, dessen Strafe zugemessen werden soll. Für die Bewertung der Tat des Gehilfen und den zugrunde zu legenden Strafrahmen ist somit entscheidend, ob sich die Beihilfe selbst - bei Berücksichtigung des Gewichts der Haupttat - als besonders schwerer Fall darstellt (BGH, Urteil vom 06.09.2016 - 1 StR 575/15, juris Rn. 26).

    1837
    Im Rahmen der hiernach erforderlichen Gesamtschau aller strafzumessungsrelevanten Umstände hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten CA berücksichtigt,

    1838
    •dass er die Tat gestanden und er sich einsichtig und reuig gezeigt hat. Dabei hat die Kammer gesehen, dass seine Angaben auch den Grundstein dafür gelegt haben, dass der Angeklagte CA nach § 71 AO für einen erheblichen Steuerschaden in Anspruch genommen werden kann;

    1839
    •dass er in Bezug auf die im Raum stehende Einziehung von Taterträgen bereits während der Hauptverhandlung einen Betrag von 3 Mio. Euro an die Staatskasse überwiesen hat;

    1840
    •dass er nur als Gehilfe tätig war, § 27 Abs. 1 StGB;

    1841
    •dass er in ganz erheblichem Umfang - auch unter hohem Zeit- und Kostenaufwand und auf das Risiko, dass gegen ihn wegen der ihm vorgeworfenen Beteiligung an den BV-Geschäften Untersuchungshaft vollstreckt wird - Aufklärungshilfe geleistet hat, wobei seine Aufklärungsbeiträge (teilweise) auch die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen und die Kammer die Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall für ermessensgerecht hält (hierzu unten);

    1842
    •dass das Verfahren als erstes Strafverfahren mit Hauptverhandlung, dem CumEx-Geschäfte zugrunde lagen, eine hohe mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, was besondere Belastungen für ihn und seine Familie mit sich bringt;

    1843
    •dass er strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist;

    1844
    •dass die Tat bereits längere Zeit zurückliegt und ihm auch die Ermittlungen wegen der gegenständlichen Taten schon seit längerem bekannt sind;

    1845
    •dass er selbst nicht unmittelbar von der Tat profitiert hat.

    1846
    Zu seinen Lasten war dagegen das sehr hohe Ausmaß des von ihm (mit-) versursachten Steuerschadens in Höhe von über 37 Mio. Euro zu berücksichtigen. Dieses überschreitet, - ungeachtet der Frage, ob dem Angeklagten insoweit grober Eigennutz vorzuwerfen ist - die Schwelle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO a.F. um ein Vielfaches, wobei die Kammer bedacht hat, dass das Gewicht der Haupttat für die Bewertung der Tatbeiträge des Gehilfen von nur eingeschränkter Bedeutung ist. Die Kammer hat ferner das Gewicht seiner Beihilfehandlung in den Blick genommen. Seine Beiträge zeichneten sich dadurch aus, dass die Organisation der eigentlichen Aktien- und Futuregeschäfte insbesondere im Hinblick auf die Zusammenführung von Aktienverkäufer und -käufer sowie die den Kurssicherungsgeschäften zugrunde liegenden Preisabsprachen von wesentlicher Bedeutung für die Tat waren.

    1847
    Bei einer zusammenfassenden Betrachtung aller Umstände hält die Kammer die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO trotz des Vorliegens zweier vertypter Milderungsgründe für geboten. Sie hat insoweit auch die Möglichkeit in den Blick genommen, unter teilweisem „Verbrauch“ eines oder beider Milderungsgründe den Regelstrafrahmen anzuwenden.

    1848
    bb) Da der Angeklagte im Rahmen von Fall 1 nur als Gehilfe agierte, hat die Kammer den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO allerdings gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemildert.

    1849
    cc) Zudem hat die Kammer von der Milderungsmöglichkeit nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB Gebrauch gemacht.

    1850
    Diese seit dem 01.09.2009 geltende Norm ist nach Art. 316d EStGB, § 2 Abs. 3 StGB auf die vorliegenden Fälle anwendbar. Zu berücksichtigen hatte die Kammer jedoch, dass die am 01.08.2013 in Kraft getretene Neufassung dieser Vorschrift ihren Anwendungsbereich einengt, indem nun ein Zusammenhang zwischen der zur Aburteilung anstehenden Tat und der Tat gefordert ist, zu deren Aufklärung beigetragen wird. Nach § 2 Abs. 3 StGB ist deshalb § 46b StGB in der bis zum 01.08.2013 geltenden Fassung anzuwenden. Zu den Voraussetzungen dieses Milderungsgrundes gilt:

    1851
    (1) Der Angeklagte CA hat eine Straftat verwirklicht, die im Mindestmaß mit einer erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist; hierbei sind auch Schärfungen für besonders schwere Fälle zu berücksichtigen, § 46b Abs.1 Satz 2 StGB. Er war auch Täter im Sinne der Vorschrift, da unter den Täterbegriff insoweit auch der Teilnehmer zu fassen ist (BT-Drs. 16/6268, S. 12).

    1852
    (2) Der Angeklagte hat bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens Angaben zu Taten im Sinne des § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 StPO gemacht.

    1853
    (a) Dies gilt allerdings nicht, soweit sich der Angeklagte CA umfangreich zu den gegenständlichen und auch zu weiteren CumEx-Gestaltungen geäußert hat. Zwar erfasst der Katalog des § 100a Abs. 2 StPO auch Steuerstraftaten. In Bezug auf das Delikt der Steuerhinterziehung gilt dies gemäß Nr. 2 Buchst. a) der Vorschrift indes nur für die Fälle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor, da sich CumEx-Geschäfte nicht auf Umsatz- oder Verbrauchssteuern beziehen.

    1854
    Eine analoge (tätergünstige) Anwendung von § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB kommt nicht in Betracht. Ungeachtet der Frage, ob - was die Kammer bejahen würde - für die Aufdeckung von CumEx-Straftaten ein gleiches Bedürfnis besteht wie in den von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO erfassten Fällen und ob sich deren Aufklärung ohne Kronzeugen ähnlich schwierig gestaltet, liegt keine planwidrige Regelungslücke vor. Bei Einführung des § 46b Abs. 1 StGB war sich der Gesetzgeber des Ausnahmecharakters der Vorschrift bewusst und hatte sich deshalb bewusst auf den Katalog der von § 100a Abs. 2 StPO umfassten Delikte beschränkt, hinsichtlich derer er die Anwendung der Kronzeugenregelung im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und das daraus abgeleitete Gebot der materiellen Gerechtigkeit für vertretbar ansah (vgl. BT-Drs. 16/6268, S. 11 f.).

    1855
    (b) Allerdings hat der Angeklagte schon während des Ermittlungsverfahrens Angaben gemacht, die sich auf eine Katalogtat nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n) StPO i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB bezogen, da einigen Investoren im Rahmen der Akquise für die Investitionsentscheidung durch die gesondert Verfolgten AE und CD wichtige Tatsachen verschwiegen wurden (hierzu sogleich).

    1856
    (c) Des Weiteren hat der Zeuge EKHK BN ausgeführt, dass im Hinblick auf die verschiedenen YW-Gesellschaften - zu denen der Angeklagte CA ebenfalls Angaben gemacht hat - derzeit auch wegen des Vorwurfs der Geldwäsche (§ 261 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. m) StPO) ermittelt werde.

    1857
    (3) Einen durch die Angaben des Angeklagten CA bewirkten Aufklärungserfolg sieht die Kammer dagegen lediglich bezüglich der Betrugsdelikte, nicht hingegen auch hinsichtlich des Deliktes der Geldwäsche.

    1858
    (a) Zu den von dem Angeklagten CA (mit)aufgeklärten Delikten des Betruges (§ 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. n) StPO i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB) hatte der gesondert Verfolgte CD bereits im Ermittlungsverfahren ausgesagt. Er hat diese Angaben bei seiner Befragung in der Hauptverhandlung wiederholt und dargelegt, welche Investoren insbesondere in den Komplexen BC German Equity (Fall 5) und BACA (Fall 6) im Einzelnen darüber informiert waren, dass er und der gesondert Verfolgte AE eine erhebliche und risikofreie - weil nicht von der Steuererstattung abhängige - eigene Profitbeteiligung anstreben, und welche nicht.

    1859
    Diese Ausführungen des Zeugen haben durch die schon im Ermittlungsverfahren getätigten Angaben des Angeklagten CA eine entscheidende Stütze erfahren. Er hat beschrieben, in diesen Fällen im Rahmen der Planung mit dem gesondert Verfolgten CD über erzielbare Dividendenlevel gesprochen zu haben. Dieser habe darauf gedrängt, den Fonds - und mithin den Investoren - lediglich die Preise zu stellen, die zur Erreichung der zugesagten Renditen erforderlich seien. So sollte ein möglichst hoher Profitanteil bei ZD verbleiben und dort zur Gewinnbeteiligung der YW zur Verfügung stehen.

    1860
    Bei zusammenfassender Betrachtung der verschiedenen Angaben ist die Kammer überzeugt, dass dieser Sachverhalt zutrifft und insbesondere auf Grundlage der Angaben des Angeklagten CA ein entsprechendes Strafverfahren gegen die gesondert Verfolgten AE und CD erfolgreich geführt werden kann. Die Kammer ist überzeugt, dass die von dem gesondert Verfolgten CD benannten Anleger ihre Investitionen nicht in der konkreten Art und Weise getätigt hätten, wenn sie über die erhebliche und risikofreie Profitbeteiligung ihres Rechtsberaters aufgeklärt worden wären. Der Annahme eines durch die Zahlung des Investmentbetrages eingetretenen Vermögensschadens steht nicht entgegen, dass den Investoren in den Fällen 5 und 6 später die versprochene Rendite ausgezahlt wurde. Bereits im für die strafrechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Vermögensverfügung stand den Zahlungen der Investoren kein gleichwertiges Äquivalent gegenüber, da die in Aussicht gestellte Rendite von vornherein auf Steuererstattungen baute, für die die rechtlichen Voraussetzungen fehlten.

    1861
    (b) Keinen Aufklärungserfolg konnte die Kammer allerdings hinsichtlich des Deliktes der Geldwäsche feststellen. Allein der Umstand, dass auch dieser strafrechtliche Vorwurf Gegenstand von polizeilichen Ermittlungen ist, begründet einen solchen noch nicht. Konkreteres hat der Zeuge EKHK BN aber nicht bekunden können. Allein der Umstand, dass Zahlungen an die Gesellschaften YW Ltd. und YW S. à r. l. geflossen sind, füllt den Tatbestand der Geldwäsche noch nicht aus. Die weiteren Tatbestandsmerkmale ergeben sich insoweit auch weder aus den Angaben des Angeklagten CA noch aus denen des gesondert Verfolgten CD oder anderen Erkenntnissen aus der Beweisaufnahme.

    1862
    (4) Eines Zusammenhanges zwischen den Taten, zu denen Aufklärungshilfe geleistet wurde, und den zur Aburteilung anstehenden Taten bedarf es nach der hier anwendbaren, bis zum 01.08.2013 geltenden Fassung des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nicht. Die Kammer konnte daher in allen zur Aburteilung anstehenden Fällen die Vornahme der Strafrahmenverschiebung prüfen.

    1863
    (5) Die in § 46b Abs. 1 Satz 1 StGB eröffnete Milderung ist nach Bewertung der Kammer hier in allen abgeurteilten Fällen, auch im Fall 1, angezeigt.

    1864
    Die den Fällen 1 bis 11 zu Grunde liegenden Tatbeiträge des Angeklagten CA stehen sämtlich in einem zeitlichen und chronologischen Zusammenhang. Entscheidend ist für die Kammer dabei, dass die Delikte als Teil eines kriminellen Gesamtgeschehens zu werten sind. Sie sind aufeinander aufbauend Ausdruck des schon im Jahr 2007 bestehenden Willens des Angeklagten, für eine unbestimmte Zeit CumEx-Geschäfte durchzuführen, wobei sich die Planung und Umsetzung der Geschäfte zu keinem Zeitpunkt wesentlich änderte, sondern lediglich ausdifferenzierte.

    1865
    Die in § 46b Abs. 2 StGB genannten Kriterien tragen die Strafrahmenverschiebung in allen zur Aburteilung anstehenden Fällen. Dabei hat die Kammer das Gewicht der Taten des Angeklagten gesehen und dieses mit der Bedeutung seiner frühzeitigen und umfangreichen Angaben gegenüber den Ermittlungsbehörden abgeglichen. Der Angeklagte CA hat den Ermittlungsbehörden sein Wissen über die Planung und Strukturierung von CumEx-Geschäften weit über die angeklagten Fallkomplexe hinaus und unabhängig von eigenen Beiträgen offenbart. Er hat damit Ermittlungen zu Sachverhaltskomplexen gefördert, die zu immens hohen Steuerschäden, aber auch zu erheblichen Vermögensgefährdungen gutgläubiger Investoren geführt haben.

    1866
    (6) Auch wenn der Angeklagte CA letztlich in keinem Fall eine höhere Freiheitsstrafe als 3 Jahre verwirkt hat (dazu unten), war bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände für ein Absehen von Strafe (§ 46b Abs. 1 Satz 4 StGB) kein Raum.

    1867
    dd) Eine weitere Strafrahmenmilderung über § 46a Nr. 2 StGB (zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf Steuerstraftaten BGH, Urteil vom 13.03.2019 - 1 StR 367/18, juris Rn. 29 ff.; Beschluss vom 20.01.2010 - 1 StR 634/09, juris Rn. 5) kam nicht in Betracht, da die seitens des Angeklagten CA erbrachte Zahlung in Höhe von 3 Mio. Euro schon nicht zu einer Beseitigung jedenfalls eines „überwiegenden Teils“ des Steuerschadens geführt hat. Seitens des Fiskus ist dem Angeklagten CA gegenüber auch nicht auf die weitergehende Schadensbeseitigung verzichtet worden. Darauf, ob die Zahlung für den Angeklagten überhaupt eine erhebliche Anstrengung oder Belastung darstellte (hierzu BGH, Urteil vom 13.03.2019 - 1 StR 367/18, juris Rn. 31), kommt es nicht mehr an.

    b) Fälle 2 bis 11

    1868
    In den Fällen 2 bis 11 betrug der anzuwendende Strafrahmen jeweils Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu sieben Jahren und sechs Monaten.

    1869
    aa) Auch in den Fällen 2 bis 11 ist die Kammer von dem Vorliegen eines besonders schweren Falles im Sinne von § 370 Abs. 1 Satz 1 AO ausgegangen. Der Angeklagte hat insoweit jeweils das Regelbeispiel nach § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO erfüllt, da in allen Fällen nicht gerechtfertigte Steuervorteile in großem Ausmaß erlangt wurden. Der insoweit anzulegende Schwellenwert von 50.000 Euro wurde in allen Fällen deutlich überschritten. Dies gilt im Hinblick darauf, dass in den Fällen 4 bis 7, 9 und 10 mehrere Einzeldelikte konkurrenzrechtlich zusammengefasst sind, auch hinsichtlich der jeweiligen Einzeltaten.

    1870
    Eine Gesamtbetrachtung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände gibt in keinem der Fälle Anlass, von der Indizwirkung des Regelbeispiels abzusehen. Die Kammer hat insoweit zugunsten des Angeklagten berücksichtigt,

    1871
    •dass er die Taten gestanden und er sich einsichtig und reuig gezeigt hat. Dabei hat die Kammer gesehen, dass seine Angaben auch den Grundstein dafür gelegt haben, dass der Angeklagte CA nach § 71 AO für einen Steuerschaden in Anspruch genommen werden kann, der den bei ihm für diese Fälle strafrechtlich einziehbaren Betrag um ein Vielfaches übersteigt;

    1872
    •dass er in Bezug auf die im Raum stehende Einziehung von Taterträgen bereits während der Hauptverhandlung einen Betrag von 3 Mio. Euro an die Staatskasse überwiesen hat;

    1873
    •dass er in ganz erheblichem Umfang - auch unter hohem Zeit- und Kostenaufwand und auf das Risiko, dass gegen ihn wegen der ihm vorgeworfenen Beteiligung an den BV-Geschäften
    Untersuchungshaft vollstreckt wird - Aufklärungshilfe geleistet hat, wobei seine Aufklärungsbeiträge (teilweise) auch die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen und die Kammer die Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall für ermessensgerecht hält;

    1874
    •dass das Verfahren als erstes Strafverfahren mit Hauptverhandlung, dem CumEx-Geschäfte zugrunde lagen, eine hohe mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, was besondere Belastungen für ihn und seine Familie mit sich bringt;

    1875
    •dass er strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist;

    1876
    •dass die Taten bereits längere Zeit zurückliegen und ihm auch die Ermittlungen wegen der gegenständlichen Taten schon seit längerem bekannt sind.

    1877
    Zu seinen Lasten war indes zu berücksichtigen, dass die Schwelle des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO bei allen Taten um ein Vielfaches überschritten wurde.

    1878
    bb) Den Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO hat die Kammer allerdings gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in allen Fällen gemildert. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zu Fall 1 Bezug genommen, die insoweit in gleicher Weise gelten.

    1879
    cc) Eine weitere Strafrahmenmilderung über § 46a Nr. 2 StGB kam aus den zu Fall 1 aufgeführten Gründen auch hinsichtlich der Fälle 2 bis 11 nicht in Betracht.

    2. Konkrete Strafzumessung

    1880
    Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer nochmals sämtliche, bereits im Rahmen der Strafrahmenwahl aufgeführten Umstände in den Blick genommen. Dabei hat sie bedacht, dass die Milderungsgründe der Beihilfe (Fall 1) und der Aufklärungshilfe (Fälle 1 bis 11) nicht mehr mit ihrem vollen Gewicht in die Strafzumessung einzustellen waren, nachdem sie bereits zur Strafrahmenverschiebung geführt haben. Ebenso kam auch dem erheblichen Ausmaß der mitverursachten Steuerschäden ein geringeres Gewicht zu, nachdem dieser Umstand in allen Fällen bereits zur Anwendung des höheren Strafrahmens geführt hat. Angesichts der für jeden Fall weitgehend identischen Strafzumessungsgründe hat die Kammer sich bei der Differenzierung der Einzelstrafen insbesondere an der Höhe der jeweils mit verursachten Steuerschäden orientiert; dabei hat sie auch die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Strafbemessung bei Steuerverkürzungsbeträgen in Millionenhöhe (vgl. etwa BGH, Urteile vom 02.12.2008 - 1 StR 416/08, juris Rn. 41 ff.; vom 25.04.2017 - 1 StR 606/16, juris Rn. 17 mwN) berücksichtigt. Insgesamt erachtet die Kammer danach folgende Einzelstrafen für tat- und schuldangemessen:

    1881
    Fälle 3, 5, 6, 8 und 10               1 Jahr 4 Monate

    1882
    Fälle 2 und 7                                          1 Jahr 2 Monte

    1883
    Fälle 4 und 9                                          1 Jahr

    1884
    Fälle 1 und 11                                          10 Monate.

    3. Gesamtfreiheitsstrafe

    1885
    Die festgesetzten Einzelstrafen waren gemäß § 53 Abs. 1, § 54 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen.

    1886
    Zur Bemessung der Gesamtfreiheitsstrafe hat die Kammer nochmals die bereits im Rahmen der Strafrahmenwahl aufgeführten Gesichtspunkte in den Blick genommen, gegeneinander abgewogen und zusammenfassend gewürdigt. Insoweit war insbesondere der wirtschaftliche und situative Gesamtzusammenhang der Taten zu sehen. Zwischen den verschiedenen Jahren, in denen der Angeklagte an dem CumEx-Handel mitwirkte, lag insbesondere keine wesentliche Zäsur, da sich an das Ende der jeweiligen Dividendensaison die (strukturellen) Planungen für die Folgesaison anschlossen. Zudem hat die Kammer das außerordentlich hohe Gewicht der Aufklärungsbeiträge des Angeklagten CA gewürdigt, die sich nicht nur auf die gegenständlichen Taten, sondern auf eine Vielzahl weiterer CumEx-Komplexe ausgewirkt haben. Angesichts dessen erachtet die Kammer es für angemessen, die Einsatzstrafe nur maßvoll zu erhöhen und insgesamt auf die schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von

    1887
    1 Jahr 10 Monate

    1888
    zu erkennen.

    4. § 56 StGB

    1889
    Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe konnte gemäß § 56 Abs. 2, Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei einer Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit des Angeklagten CA sind besondere Umstände festzustellen, die diese Entscheidung bedingen.

    1890
    Dem bislang nicht vorbestraften Angeklagten CA ist ohne jegliche Einschränkung eine günstige Sozialprognose zu stellen. Insbesondere durch seine freiwillige Kooperation mit den Ermittlungsbehörden hat er ein deutliches Gegengewicht zu seinen Taten gesetzt und gezeigt, dass er hieraus seine Lehren gezogen hat. Die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft und die umfangreiche geständige Einlassung in der Hauptverhandlung belegen zudem die Abkehr von seinem langjährigen Geschäftspartner, dem gesondert Verfolgten BM.

    1891
    Schließlich hat der Angeklagte im Hinblick auf eine mögliche Einziehung bereits während der Hauptverhandlung und aus eigenem Antrieb einen Betrag in Höhe von 3 Mio. Euro zur Wiedergutmachung an die Staatskasse gezahlt.

    1892
    Angesichts der vorstehenden Gesichtspunkte und aufgrund der Tatsache, dass der Angeklagte CA - entsprechend seinen mehrfachen glaubhaften Äußerungen - auch in Zukunft mit Ermittlungs- und Steuerbehörden kooperieren wird, gebietet auch die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht, § 56 Abs. 3 StGB. Dies gilt auch in Ansehung der seitens des Bundesgerichtshofs im Rahmen der sog. Milionen-Rechtsprechung aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 07.02.2012 - 1 StR 525/11, juris Rn. 46 mwN).

    II. Der Anklagte AO

    1893
    Hinsichtlich des Angeklagten AO waren folgende Erwägungen für die Strafzumessung maßgebend:

    1. Strafrahmenwahl

    1894
    Die Kammer hat in allen Fällen den nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO angewendet, so dass ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu sieben Jahren und sechs Monaten zur Verfügung stand.

    1895
    a) Wie bereits im Rahmen der Strafzumessung des Angeklagten CA dargelegt, war sich die Kammer dessen bewusst, dass für den Gehilfen die Bewertung der Tat als besonders schwer unabhängig von der Frage zu beurteilen ist, ob der Haupttäter ein Regelbeispiel verwirklicht hat, wie etwa in den Fällen 2 bis 11 der Angeklagte CA gemäß § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO, oder sich aus anderen Gründen für diesen als besonders schwer darstellt.

    1896
    Die Kammer hat insoweit sämtliche strafzumessungsrelevanten Umstände, die für und die gegen den Angeklagten AO sprechen, in den Blick genommen und gegeneinander abgewogen. Dabei hat sie insbesondere zu seinen Gunsten berücksichtigt,

    1897
    •dass er die Taten gestanden und er sich einsichtig und reuig gezeigt hat. Dabei hat die Kammer gesehen, dass seine Angaben auch den Grundstein dafür gelegt haben, dass der Angeklagte AO nach § 71 AO für einen erheblichen Steuerschaden persönlich in Anspruch genommen werden kann;

    1898
    •dass er nur als Gehilfe tätig war, § 27 Abs. 1 StGB;

    1899
    •dass er in erheblichem Umfang - auch unter hohem Zeit- und Kostenaufwand und auf das Risiko, dass gegen ihn wegen der ihm vorgeworfenen Beteiligung an den BV-Geschäften Untersuchungshaft vollstreckt wird - Aufklärungshilfe geleistet hat. Auch wenn seine Aufklärungsbeiträge insoweit nicht unter § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB fallen, da er keine Katalogtat im Sinne von § 100a Abs. 2 StPO aufgedeckt hat (hierzu unten), erachtet die Kammer das Gewicht seiner Aufklärungshilfe solchen Fällen ebenbürtig, in denen eine Strafrahmenmilderung in Betracht kommt und ermessensgerecht ist;

    1900
    •dass das Verfahren als erstes Strafverfahren mit Hauptverhandlung, dem CumEx-Geschäfte zugrunde lagen, eine hohe mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, was besondere Belastungen für ihn und seine Familie mit sich bringt;

    1901
    •dass das Bekanntwerden seiner früheren CumEx-Tätigkeiten sich auch negativ auf seine Selbständigkeit auswirkt und ihn auch im Übrigen die Folgen dieses Verfahrens finanziell hart treffen;

    1902
    •dass er strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten ist;

    1903
    •dass die Taten bereits längere Zeit zurückliegen und ihm auch die Ermittlungen wegen der gegenständlichen Taten schon seit längerem bekannt sind;

    1904
    •dass er selbst nicht unmittelbar von den Geschäften profitiert hat, sondern allenfalls mittelbar über das von ihm jeweils bezogene Gehalt.

    1905
    Zu seinen Lasten hat die Kammer demgegenüber zunächst die immense Höhe des von ihm (mit-) versursachten Steuerschadens berücksichtigt, der die Schwelle zum großen Ausmaß (§ 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO) in allen dem Angeklagten AO vorzuwerfenden Fällen um ein Vielfaches überschreitet. Die Kammer hat dabei bedacht, dass das Gewicht der Haupttat für die Bewertung der Tatbeiträge des Gehilfen von nur eingeschränkter Bedeutung ist. Allerdings ist der insoweit anzusetzende Grenzwert von 50.000 Euro auch im konkreten Fall des HI Aktien 1 Fund deutlich überschritten, bei dem der Angeklagte AO durch seine Lieferung von rund 3 Mio. Ex-Siemens Aktien allein einen Steuerschaden in Höhe von rund 1,3 Mio. Euro (mit-) verursacht hat. Die Kammer hat insoweit auch das Gewicht seiner Beihilfehandlung in den Blick genommen. Diese zeichnet sich in allen Fällen dadurch aus, dass die Belieferung der Verkäuferseite mit Ex-Aktien eine unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Durchführung der CumEx-Leerverkaufsgeschäften war. Dabei war die Rolle des Angeklagten AO auch bei den im Jahr 2009 durchgeführten Taten nicht ohne Weiteres austauschbar. Denn auch wenn die YJ im Markt nicht der einzige (institutionelle) Stückegeber war, so war doch die Verfügbarkeit von Ex-Aktien beschränkt, so dass im Endeffekt jedem Stückegeber, auf den man sich bei der Organisation der Ex-Aktien verlassen konnte, eine wesentliche Bedeutung zukam.

    1906
    Trotz des Vorliegens zahlreicher Strafmilderungsgründe sieht die Kammer im Ergebnis alle dem Angeklagten AO vorzuwerfenden Taten als deutlich vom Durchschnitt der in Betracht kommenden Fälle entfernt und hält die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens für geboten. Dass mit § 27 StGB ein obligatorischer Milderungsgrund vorliegt und die während des Ermittlungsverfahrens geleistete Aufklärungshilfe ihrem Gewicht nach Aufklärungsbeiträgen im Sinne von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB entspricht, ändert insoweit nichts an der Beurteilung der Kammer.

    1907
    b) Allerdings war der Strafrahmen des § 370 Abs. 3 Satz 1 AO gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 StGB zu mildern.

    1908
    c) Der vertypte Milderungsgrund der Aufklärungshilfe (§ 46b Abs. 1 StGB) liegt indes nicht vor. Zwar hat auch der Angeklagte AO vor der Eröffnung des Hauptverfahrens umfangreich gegenüber den Ermittlungsbehörden ausgesagt. Die Hauptverhandlung hat indes nicht aufgezeigt, dass durch seine Angaben eine Katalogtat des § 100a Abs. 2 StPO aufgedeckt werden konnte.

    1909
    Wie bereits zu dem Angeklagten CA ausgeführt, fallen die auf CumEx-Geschäfte zurückgehenden Steuerschäden nicht unter § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 AO i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) StPO; auch eine analoge Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht.

    1910
    Die Beweisaufnahme hat auch nicht ergeben, dass der Angeklagte AO gegenüber den Ermittlungsbehörden Angaben gemacht hat, durch die Betrugstaten im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StGB oder Geldwäschedelikte aufgedeckt wurden oder die deren Aufdeckung zumindest erleichtert haben.

    2. Konkrete Strafzumessung

    1911
    Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Kammer sodann nochmals die im Rahmen der Strafrahmenwahl bereits aufgeführten für und gegen den Angeklagten AO sprechenden Gesichtspunkte in den Blick genommen und gegeneinander abgewogen. Den Punkten, die bereits maßgeblich zu einer Strafrahmenverschiebung geführt haben, insbesondere dem erheblichen Ausmaß der mitverursachten Steuerschäden einerseits und dem Umstand, dass der Angeklagte AO nur als Beihelfer beteiligt war, andererseits, kam dabei jeweils nur ein geringeres Gewicht zu. Ausgehend davon, dass sich die verschiedenen Fälle im Wesentlichen nur hinsichtlich des Steuerschadens unterscheiden - wobei insoweit nur von den Steuerbeträgen auszugehen ist, die konkret in Zusammenhang mit den Handlungen des Angeklagten AO stehen -, hat die Kammer für den Fall des HI Aktien 1 Funds (Lieferung von Aktien der Siemens AG) eine Freiheitsstrafe von

    1912
    8 Monaten

    1913
    für tat- und schuldangemessen erachtet. Für die übrigen vier Fälle erachtet die Kammer eine Freiheitsstrafe von jeweils

    1914
    10 Monaten

    1915
    für ausreichend, um der Schuld des Angeklagten AO gerecht zu werden. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass insbesondere die - konkret nachweisbaren - Handlungen des Angeklagten AO in dem Komplex BACA Steuererstattungen förderten, deren Höhe deutlich über dem im Fall des HI Aktien 1 Fund von ihm mitverursachten Steuerschaden liegt. Im Hinblick auf die auch von dem Angeklagten AO geleisteten Aufklärungsbeiträge und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er als Angestellter durchgängig allenfalls mittelbar von den Taten profitiert hat, sieht die Kammer aber auch insoweit die Verhängung einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten als noch schuldangemessen an.

    1916
    Ungeachtet des Umstandes, dass sich die strafzumessungsrelevanten Umstände für die Angeklagten nicht vollständig decken, hatte die Kammer bei einem Vergleich der gegen die Angeklagten jeweils verhängten Einzelstrafen auch zu berücksichtigen, dass sich insbesondere das Maß der Aufklärungsbeiträge der beiden Angeklagten deutlich voneinander unterscheidet. Wenngleich dies dem Angeklagten AO nicht zum Nachteil gereicht, war bei der Bemessung der gegen den Angeklagten CA zu verhängenden Strafen doch zu beachten, dass dessen Aufklärungshilfe aufgrund seiner umfassenderen Marktkenntnisse und insbesondere seines speziellen Wissens um die eingesetzten Handelsstrategien um Einiges wertvoller war.

    3. Gesamtfreiheitsstrafe

    1917
    Die gegen den Angeklagten AO festgesetzten Einzelstrafen waren sodann gemäß § 53 Abs. 1, § 54 StGB unter Erhöhung der Einsatzstrafe von zehn Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückzuführen.

    1918
    Zur Bemessung der Gesamtstrafe hat die Kammer nochmals die bereits im Rahmen der Strafrahmenwahl aufgeführten Gesichtspunkte in den Blick genommen, gegeneinander abgewogen und zusammenfassend gewürdigt. Insoweit war insbesondere der wirtschaftliche und situative Gesamtzusammenhang der Taten zu sehen. Dabei hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten bedacht, dass zwischen den Jahren 2009 und 2010, in denen er (strafbar) am CumEx-Handel mitwirkte, keine wesentliche Zäsur lag. An das Ende der Dividendensaison 2009 schlossen sich seine Kündigung bei der YJ und sodann die Aufnahme seiner Tätigkeit bei ZD an. Zudem hat die Kammer das Gewicht seiner Aufklärungsbeiträge gewürdigt. Angesichts dessen erachtet die Kammer es für angemessen, die Einsatzstrafe nur geringfügig zu erhöhen und die Einzelstrafen auf die schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe von

    1919
    1 Jahr

    1920
    zurückzuführen.

    4. § 56 StGB

    1921
    Die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe war für den Angeklagten AO gemäß § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung auszusetzen. Die Kammer hat keine Zweifel, dass er sich schon die Verurteilung zu Warnung dienen lässt und künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Insbesondere durch seine freiwillige Kooperation mit den Ermittlungsbehörden hat er seinen Willen gezeigt, an Steuerkonstruktionen wie den gegenständlichen nicht mehr mitzuwirken. Zudem ist die Kammer aufgrund des in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindrucks von dem bislang nicht vorbestraften Angeklagten AO überzeugt, dass ihn bereits die seit dem Jahr 2012 gegen ihn laufenden Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung in den BV-Geschäften nachhaltig belasten und auch beeindruckt haben.

    1922
    Angesichts der vorstehenden Gesichtspunkte und auch aufgrund der Tatsache, dass der Angeklagte AO entsprechend seiner mehrfachen Äußerungen auch in Zukunft mit Ermittlungs- und Steuerbehörden kooperieren wird, gebietet die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht, § 56 Abs. 3 StGB.

    F. Einziehung

    1923
    Gegenüber dem Angeklagten CA war nach § 73 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB in Höhe eines Betrages von 14.000.000 Euro die Einziehung anzuordnen, gegenüber der Einziehungsbeteiligten nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c Satz 1, § 73 Abs. 2 StGB in Höhe eines Betrages von 176.574.603 Euro. Im Hinblick auf den Angeklagten AO liegen die Voraussetzungen einer Einziehung demgegenüber nicht vor.

    1924
    Anzuwenden waren gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB in sämtlichen Fällen die Regelungen des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.04.2017.

    I. Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten CA

    1925
    Hinsichtlich des Angeklagten CA unterliegt ein Betrag in Höhe von 14.000.000 Euro der Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB.

    1926
    Die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB liegen vor. Die von der Vorschrift zunächst geforderten Anknüpfungstaten liegen in den Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten CA begründet. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB sind gegeben.

    1. Erlangtes Etwas

    1927
    Der Angeklagte CA hat im Zusammenhang mit den von ihm verwirklichten Taten „Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erhalten, dies in Gestalt von vermögenswerten Zuwendungen aus dem Vermögen der ZD-Gesellschaften bzw. aus dem Vermögen der ZC Capital Ltd. Diese Zuwendungen erfolgten zum Zweck der Honorierung seiner Beteiligung an den abgeurteilten Steuerhinterziehungen und wurden damit in entsprechendem Umfang von ihm „für“ die Taten erlangt.

    a) Erlangte Vermögenswerte             

    1928
    Der Angeklagte CA hat in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 2007 bis 2011 dem Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 StGB unterfallende Vermögenswerte erlangt. Als erlangtes „Etwas“ im Sinne der Vorschrift ist grundsätzlich jeder wirtschaftlich messbare Vorteil anzusehen (BGH, Urteil vom 21.03.2002 - 5 StR 138/01, juris Rn. 39; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 12; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 22). Erfasst werden insbesondere Entgelte und vergleichbare finanzielle Zuwendungen sowie unmittelbar vermögensmehrende Gewinne (Sch/Sch-Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 6). Entsprechende Vermögensmehrungen sind bei dem Angeklagten CA sowohl während seiner Tätigkeit bei der YJ im Jahr 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 als auch nach Gründung der ZD-Gesellschaften bzw. der ZC Capital Ltd. im Zeitraum vom Frühjahr 2008 bis zum Jahr 2011 eingetreten. Der Einziehung unterliegen indes nur Einkünfte, die der Angeklagte nach Gründung der ZD-Gesellschaften bezogen hat.

    aa) Tätigkeit bei der YJ

    1929
    Während seiner Tätigkeit bei der YJ bezog der Angeklagte CA im Jahr 2007 und im Jahr 2008 bis zu seinem Ausscheiden ein Grundgehalt. Derartige Gehaltszahlungen unterliegen aus den im Folgenden noch darzulegenden Gründen allerdings nicht der Einziehung. Eine über das Grundgehalt hinausgehende Beteiligung des Angeklagten CA an den Profiten, die die YJ aus der Abwicklung der YT-Eigenhandelsgeschäfte im Jahr 2007 und zu Beginn des Jahres 2008 generiert hat, bzw. eine besondere vermögenswerte Honorierung seiner diesbezüglichen Tatbeteiligung  konnte nicht festgestellt werden.

    bb) Tätigkeit nach Gründung der ZD-Gesellschaften

    1930
    Nach Gründung der ZD-Gesellschaften im Jahr 2008 und später nach Gründung der ZC Capital Ltd. wurde der Angeklagte CA bis einschließlich Dezember 2011 über sein Grundgehalt in Höhe von insgesamt 587.816 Euro, insbesondere aber über Entnahmen und Bonizahlungen sowie durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen bei Aufspaltung der ZD-Gruppe zu Beginn des Jahres 2011 zu einem Viertel an sämtlichen Profiten der Gesellschaften beteiligt. Sowohl durch die im Wege von Kontogutschriften vollzogenen Gehalts- bzw. Bonizahlungen und Entnahmen als auch durch die Mehrung seiner Gesellschaftsanteile hat sich die eigene Vermögensbilanz des Angeklagten unmittelbar zu seinen Gunsten verbessert. Die hierin begründeten vermögenswerten Vorteile stellen ein taugliches „Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB dar. Sie wurden von dem Angeklagten CA auch erlangt, da sowohl die auf seinen Konten gebuchten Beträge als auch seine Gesellschaftsanteile seiner uneingeschränkten Verfügungsgewalt unterlagen.

    1931
    Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass mit Ausnahme der konkret bezifferbaren Gehaltszahlungen nicht im Einzelnen aufgeklärt werden konnte, in welchem Umfang die Profitbeteiligung des Angeklagten CA über Bonizahlungen oder Entnahmen erfolgte und welcher Anteil auf die Übertragung der Gesellschaftsanteile Anfang 2011 entfällt. Denn es steht fest, dass dem Angeklagten CA aus den Fällen 2 bis 11 im Ergebnis Vermögenswerte im Umfang eines Viertels sämtlicher seitens der ZD-Gesellschaften und von der ZC Capital Ltd. vereinnahmter Profite zugeflossen sind. Hierbei handelt es sich um einen der Höhe nach rechnerisch exakt bezifferbaren Vermögenswert. Darauf, zu welchen Anteilen sich dieser aus Bonizahlungen, aus Entnahmen oder aus der
    Übertragung entsprechend werthaltiger Gesellschaftsanteile zusammensetzt, kommt es nicht an.

    1932
    Die Beteiligung des Angeklagten CA an den Profiten der ZD-Gesellschaften sowie der ZC Capital Ltd. belief sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom Jahr 2008 bis zum Jahr 2011 auf 13.319.880 Euro. Der von den Gesellschaften in diesem Zeitraum insgesamt generierte Profit speiste sich aus den an diese gezahlten Beratungsgebühren, aus Profitbeteiligungen aus den Vereinbarungen mit der YT-Bank, aus der Vereinnahmung der Spreads in den Fonds-Fällen, aus der gezogenen Rendite aus dem eigenen Investment in den HI Aktien 1 Funds und aus den von ZD-OHL/ZD-OML generierten Profiten. Abziehbare Aufwendungen entstanden den Gesellschaften durch die Brokertransaktionskosten, durch die Beteiligungen der Prime Broker, durch die Beteiligungen von YW und YG und durch den über Wert erfolgten Kauf einer Gesellschaft des Investors BY. Letzteres belastete ZD im Ergebnis mit maximal 1.900.000 Euro. Die so ermittelten Einkünfte vor Kosten beliefen sich im Zeitraum 2008 bis 2011 auf insgesamt 71.907.975 Euro und setzen sich wie folgt zusammen:

    1933

    Einnahmequelle

    Einkünfte ZD/ZC in Euro nach Abzug der Kosten

    für Gebühren und Beteiligungen von YW und YG

    XA GmbH

    233.751

    YT 2008

    6.797.340

    YT 2009

    10.611.367

    HI Aktien 1

    5.721.814

    BC German Equity

    (8.895.250 abzgl. 1.900.000 Aufwand BY=) 6.995.250

    BACA

    10.347.865

    JSF

    5.766.329

    YT 2010

    8.737.491

    BC Pro Rendite

    4.955.034

    BC German Hedge

    8.922.824

    YT 2011

    818.910

    ZD-OHL/ZD-OML 2009

    1.000.000

    ZD-OHL/ZD-OML 2010

    1.000.000


    71.907.975

    1934

    Aus dem so ermittelten „Profit vor Kosten“ wurden ferner die laufenden Kosten für Mitarbeitergehälter und Infrastruktur sowie die Gebühren für die juristische und weitere Beratung aufgebracht. Aus der Gegenüberstellung der im Zeitraum 2008 bis 2011 von den ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. insgesamt erwirtschafteten Profite vor Kosten in Höhe von 71.907.975 Euro einerseits und den in diesem Zeitraum angefallenen Kosten in Höhe von 20.000.000 Euro andererseits ergibt sich eine Kostenquote von 27,81332669 Prozent. Dementsprechend wurde der Angeklagte CA zu einem Viertel an sämtlichen Beträgen beteiligt, die 72,18667331 Prozent der Einnahmen der ZD-Gesellschaften bzw. der ZC Capital Ltd. ausmachen.

    1935
    Übertragen auf die seitens der ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. im Zeitraum 2008 bis 2011 insgesamt erwirtschafteten Profite hat der Angeklagte CA hiernach finanzielle Zuwendungen im Umfang von 13.319.880 Euro erhalten. Dieser Betrag setzt sich wie in der nachfolgenden Tabelle dargestellt aus den einzelnen Einnahmen der Gesellschaften zusammen. Dabei war hinsichtlich der Beteiligung des Angeklagten CA an den von den ZD-Gesellschaften im Hinblick auf den BC German Equity Special Fund erwirtschafteten Profiten der Aufwand für den Kauf der Gesellschaft des Investors BY nicht in Abzug zu bringen. Dieser Kauf über Wert wirkte sich auf die Höhe der an ihn geleisteten Zuwendungen nicht aus.

    1936

    Einnahmequelle

    Profit in Euro

    ZD / ZC

    Profitanteil CA

    i.H.v. 1/4 (in Euro, gerundet)

    XA GmbH

    72,18667331 % von 233.751 = 168.737

    42.184

    YT 2008

    72,18667331 % von 6.797.340 = 4.906.774

    1.226.693

    YT 2009

    72,18667331 % von 10.611.367 = 7.659.993

    1.914.998

    HI Aktien 1

    72,18667331 % von 5.721.814 = 4.130.387

    1.032.597

    BC German Equity

    72,18667331 % von 8.895.250 = 6.421.185

    1.605.296

    BACA

    72,18667331 % von 10.347.865 = 7.469.780

    1.867.445

    JSF

    72,18667331 % von 5.766.329 = 4.162.521

    1.040.630

    YT 2010

    72,18667331 % von 8.737.491 = 6.307.304

    1.576.826

    BC Pro Rendite

    72,18667331 % von 4.955.034 = 3.576.874

    894.219

    BC German Hedge

    72,18667331 % von 8.922.824 = 6.441.090

    1.610.272

    YT 2011

    72,18667331 % von 818.910 = 591.144

    147.786

    ZD-OHL/ZD-OML 2009

    72,18667331 % von 1.000.000 = 721.867

    180.467

    ZD-OHL/ZD-OML 2010

    72,18667331 % von 1.000.000 = 721.867

    180.467



    13.319.880

     

    b) Erlangen der Vermögenswerte „für“ die abgeurteilten Taten

    1937
    Vermögenswerte im Sinne des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB hat der Angeklagten nicht „durch“, sondern „für“ die abgeurteilten Taten erlangt und dies auch nicht in Höhe von 13.319.880 Euro, sondern lediglich im Umfang von 12.689.880 Euro.

    aa) Kein Erlangen „durch“ die abgeurteilten Taten

    1938
    Der Angeklagte CA hat selbst nichts „durch“ die abgeurteilten Taten erlangt. Durch die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Alt. 1 StGB ist nur das, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in die Verfügungsgewalt des Täters oder Teilnehmers übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BGH, Urteile vom 08.02.2018 - 3 StR 560/17, juris Rn. 10; vom 07.03.2019 - 5 StR 569/18, juris Rn. 6). Dabei kann in Fällen, in denen der Täter als Beauftragter, Vertreter oder Organ einer juristischen Person oder Gesellschaft handelt, nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden, dass er bereits durch die Mehrung des Vermögens der juristischen Person bzw. der Gesellschaft die für § 73 Abs. 1 Alt. 1 StGB erforderliche Verfügungsgewalt erlangt hat (BGH, Beschluss vom 14.11.2018 - 3 StR 447/18, juris Rn. 9 ff.). Vielmehr ist in der Regel davon auszugehen, dass die Gesellschaft über eine eigene Vermögensmasse verfügt, die von dem Privatvermögen des Beauftragten, Vertreters oder Organs zu trennen ist. Der während des Tatablaufs erfolgende Zufluss in ein Gesellschaftsvermögen stellt daher trotz Zugriffsmöglichkeit nicht ohne Weiteres zugleich einen einziehbaren Vermögensvorteil auch der zur Geschäftsführung berufenen Personen dar, vielmehr ist die Einziehung bei der Gesellschaft grundsätzlich vorrangig.

    1939
    Zur Begründung einer Einziehungsanordnung gegen den als Organ handelnden Täter unter dem Gesichtspunkt eines „durch“ die Tat erlangten Etwas bedarf es in diesen Fällen einer über die faktische Verfügungsgewalt hinausgehenden Feststellung, ob dieser selbst etwas erlangte, was zu einer Änderung seiner Vermögensbilanz führte. Zulässig ist die Anordnung der Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 1 StGB in dieser Konstellation vorrangig dann, wenn der Täter die Gesellschaft nur als einen formalen Mantel seiner Tat nutzte, eine Trennung zwischen dem eigenen Vermögen und demjenigen der Gesellschaft aber nicht vornahm, oder dann, wenn jeder aus der Tat folgende Vermögenszufluss an die Gesellschaft sogleich an den Täter weitergeleitet wurde (BGH, Beschluss vom 14.11.2018 - 3 StR 447/18, juris Rn. 11).

    1940
    Hiervon ausgehend hat der Angeklagte CA nichts „durch“ die Taten erlangt. Profite fielen nicht originär in seinem eigenen Vermögen an, sondern auf Konten der Gesellschaften der ZD-Gruppe oder der ZC Capital Ltd. Dies gilt sowohl für die an die Gesellschaften gezahlten Beratergebühren und Profitbeteiligungen aus den Vereinbarungen mit der YT-Bank als auch für diejenigen Beträge, die auf die Vereinnahmung des Spreads zurückzuführen sind. Auch die im Fall des HI Aktien 1 Funds erzielte Rendite und sämtliche weiteren Einnahmen wurden zunächst auf von dem Vermögen des Angeklagten CA getrennten Konten gebucht.

    1941
    Es liegt hinsichtlich der Gesellschaften der ZD-Gruppe sowie der ZC Capital Ltd. auch keiner der vorstehend skizzierten Ausnahmetatbestände vor, in denen der Anwendungsbereich des § 73 Abs. 1 Alt. 1 StGB hinsichtlich des Angeklagten CA eröffnet wäre. Die Gesellschaften existierten nicht lediglich als formaler Mantel, bei denen zwischen den Gesellschaften und dem Vermögen der Geschäftsführer keine Trennung bestand. Auch wurde nicht jeder Vermögenszufluss auf den Konten der Gesellschaften „sogleich“ an den Angeklagten CA weitergeleitet. Zahlungen an den Angeklagten CA erfolgten nicht im Wege einer zeitnahen Weiterleitung von Taterträgen, sondern speisten sich aus den thesaurierten Gesamteinnahmen der ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. Auch durch die im Jahr 2011 erfolgte Übertragung von Gesellschaftsanteilen wurde allein die anteilige Teilhabe des Angeklagten an den Gesamtprofiten der Gesellschaft umgesetzt, ohne dass individualisierbare Taterträge an ihn weitergeleitet worden wären. Solche Vorteile sind regelmäßig nicht „durch“ die Tat erlangt, sondern können allein als „für“ die Tat erlangtes Etwas unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB der Einziehung unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 38 f.; zum alten Einziehungsrecht BGH, Urteil vom 19.10.2011 - 1 StR 336/11, juris Rn. 12 ff.).

    bb) Erlangen „für“ die abgeurteilten Taten

    1942
    Der Angeklagte CA hat Vermögensmehrungen im Umfang von 12.689.880 Euro jedoch „für“ die abgeurteilten Steuerhinterziehungstaten erlangt.

    1943
    (1) Für die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB sind Vermögenswerte, die als Gegenleistung für ein rechtswidriges Tun gewährt werden, jedoch nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen (BGH, Beschluss vom 27.03.2019 - 2 StR 561/18, juris Rn. 8). Erfasst werden insbesondere Entgelte für die erfolgte oder künftige Begehung rechtswidriger Taten (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 41). Derartige Zuwendungen können auch dann „für“ die Tat erlangt sein, wenn sie unabhängig vom Eintritt eines Taterfolges und im Wege einer Vorauszahlung gewährt werden (Wiedner in: Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 Rn. 32a f.). Auch kommt es nicht darauf an, durch wen die Zuwendungen erfolgen, soweit feststeht, dass durch diese die Beteiligung des Zuwendungsempfängers an der Tat abgegolten bzw. honoriert werden soll.

    1944
    Steht fest, dass ein Tatbeteiligter Vermögenswerte im vorstehend umschriebenen Sinne „für“ seine Tatbeteiligung erlangt hat, wird eine Einziehung bei ihm nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Zuwendungen aus dem Vermögen einer Gesellschaft erfolgten, bei der die entsprechenden Beträge der Einziehung nach § 73b Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB unterliegen könnten. Entsprechendes ergibt sich insbesondere nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verhältnis der Einziehung bei einer Gesellschaft einerseits und bei den für die Gesellschaft handelnden Beauftragten, Vertretern oder Organen andererseits. Diese betrifft allein die Frage, wer „durch“ bzw. (nach altem Recht) „aus“ der Tat etwas erlangt hat. Tragend für die Annahme, der Tatbeteiligte erlange in der Regel durch eine Mehrung des Gesellschaftsvermögens nichts „durch“ die Tat, ist in diesem Kontext der Umstand, dass die Gesellschaft als Drittbegünstigte in der Regel über eine eigene getrennte Vermögensmasse verfügt und der Tatbeteiligte daher keinen eigenen unmittelbaren Tatvorteil erlangt, wenn Vermögenswerte in diese Vermögensmasse fließen (BGH, Urteil vom 29.11.2017 - 2 StR 271/17, juris Rn. 12 ff.; Beschluss vom 31.07.2017 - 3 StR 620/17, juris Rn. 26).

    1945
    Der Grundsatz, dass eine Vermögensmehrung bei einer drittbegünstigten Gesellschaft in der Regel eine Einziehungsanordnung gegen den Tatbeteiligten ausschließt, ist in seiner Reichweite auf den konkreten Vermögenszufluss beschränkt, der bei dem Drittbegünstigten eintritt. Hiervon zu trennen ist die Frage, ob eine Einziehung gegen einen Tatbeteiligten nach § 73 Abs. 1 Alt.  2 StGB trotz Vermögenszuflusses bei einem Drittbegünstigten in Betracht kommt, wenn der Tatbeteiligte selbst zu einem späteren Zeitpunkt wirtschaftlich von der Vermögensmehrung bei dem Dritten profitiert. Derartige Vermögensmehrungen können als Honorierung „für“ die Tatbegehung geleistet sein und daher der Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB unterliegen (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 39; zum alten Einziehungsrecht bereits BGH, Urteile vom 30.05.2008 - 1 StR 166/07, juris Rn. 65 ff.; vom 19.10.2011 - 1 StR 336/11, juris Rn. 12 ff.). Dabei besteht in der Regel eine gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschaft und des Tatbeteiligten.

    1946
    (2) Hiervon ausgehend hat der Angeklagte CA von den von ihm im Zeitraum von 2007 bis 2011 insgesamt erzielten Einkünften Vermögenswerte im Umfang von 12.689.880 Euro „für“ die hier abgeurteilten Steuerhinterziehungstaten erlangt.

    1947
    (a) Nicht für die Taten erlangt ist der Anteil an den Gesamteinkünften des Angeklagten CA, der auf das von ihm während seiner Tätigkeit für die ZD-Gesellschaften und für die ZC Capital Ltd. bezogene Grundgehalt entfällt. Bei der Zahlung eines Grundgehaltes steht auch für den Fall, dass im Rahmen der Berufsausübung (überwiegend) Straftaten begangen werden, in der Regel nicht die Honorierung der jeweiligen Tatbeiträge im Vordergrund. Vielmehr erfolgt die Gehaltszahlung als Gegenleistung für die allgemeine Zurverfügungstellung der Arbeitskraft und ist Ausdruck der Bindung des Gehaltsempfängers an das betreffende Unternehmen. Auch das seitens des Angeklagten CA für seine Tätigkeit als Direktor der ZD-Gesellschaften und bei der ZC Capital Ltd. vereinnahmte Gehalt orientierte sich der Höhe nach an den für vergleichbare Tätigkeiten üblichen Gehaltszahlungen. Eine besondere Honorierung der verfahrensgegenständlichen Tatbeiträge des Angeklagten wurde in den Gehaltszahlungen nicht abgebildet.

    1948
    Ebenfalls nicht „für“ eine abgeurteilte Tat erlangt hat der Angeklagte CA die 42.184 Euro, die seinem Anteil an den Erträgen der ZD Capital Ltd. für die Beratung der XA-Struktur entsprechen. Insoweit ist das Verfahren durch Beschluss vom 17.03.2020 gemäß § 154 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO vorläufig eingestellt worden, so dass eine Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nicht festgestellt ist.

    1949
    (b) Der Einziehung unterliegt hiernach allein ein Teil des Wertes der von dem Angeklagten CA während seiner Tätigkeit für die ZD-Gesellschaften und für die ZC Capital Ltd. erzielten Profitbeteiligung. Durch Abzug des von ihm in diesem Zeitraum bezogenen Grundgehaltes (587.816 Euro) und der von ihm im Hinblick auf die Beratung der XA-Struktur vereinnahmten Beteiligung (42.184 Euro) reduziert sich der Betrag der Beteiligung des Angeklagten CA an den Profiten  der ZD-Gesellschaften bzw. von der ZC Capital Ltd. von 13.319.880 Euro auf 12.689.880 Euro.

    1950
    Die Vermögenswerte im Umfang von 12.689.880 Euro hat der Angeklagte „für“ die Taten erlangt. Seine Teilhabe an den seitens der Gesellschaften aus den abgeurteilten Taten erzielten Profiten diente dem Zweck, seine diesbezüglichen Tatbeiträge zu honorieren. Die Zuwendung von Vermögenswerten, die einem Viertel der von den ZD-Gesellschaften bzw. von der ZC Capital Ltd. vereinnahmten Gebühren und Profitbeteiligungen aus den Vereinbarungen mit der YT-Bank, der im Fall des HI Aktien 1 Funds erzielten Rendite, der von ZD-OHL/ZD-OML erzielten Profite sowie des in den Fonds-Fällen generierten Spreads entsprechen, erweist sich bei wirtschaftlicher Betrachtung als teilweise Umverteilung der seitens der Gesellschaften im Umfeld der Steuerhinterziehungstaten generierten Profite. An diesen sollte der Angeklagte CA gerade aufgrund seiner eigenen Tatbeteiligung partizipieren.

    1951
    Die im Einzelnen von den Gesellschaften generierten Beträge wurden auch nicht unmittelbar und zeitnah nach deren Vereinnahmung durch die ZD-Gesellschaften bzw. durch die ZC Capital Ltd. an den Angeklagten weitergeleitet, vielmehr wurde durch Einsatz des den Gesellschaften insgesamt zur Verfügung stehenden Kapitals und durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gewährleistet, dass er an sämtlichen Profiten jeweils im Umfang von einem Viertel profitiert. Derartige Vermögenszuwendungen, die sich aus mehreren Einnahmequellen des Zuwendenden speisen, werden „für“ die Tat gewährt, wenn sie als Gegenleistung für die Tatbeteiligung erfolgen (BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 39). So liegt der Fall hier. Denn die Bonizahlungen und Entnahmen sowie die Übertragung der Gesellschaftsanteile im Jahr 2011 erfolgten gerade vor dem Hintergrund der vorherigen Tatbeiträge des Angeklagten und sollten diese dergestalt honorieren, dass er an den Taterträgen der Gesellschaften im gleichen Umfang wirtschaftlich profitiert wie die weiteren Teilhaber.

    2. Höhe des Einziehungsbetrages

    1952
    Einzuziehen war insgesamt ein Betrag in Höhe von 14.000.000 Euro. Dieser setzt sich aus den nach § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB einziehbaren Profitbeteiligungen des Angeklagten CA in Höhe von 12.689.880 Euro und den hieraus gezogenen Nutzungen in Höhe von - geschätzt - 1.310.120 Euro zusammen. Nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abziehbare Aufwendungen liegen nicht vor.

    a) Wertersatzeinziehung

    1953
    Die vom Angeklagten CA über Entnahmen, Bonizahlungen sowie durch die Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Jahr 2011 erlangten Profitbeteiligungen können als solche nicht mehr eingezogen werden. Folglich ist nach § 73c Satz 1 StGB die Einziehung eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Dies ist im Ausgangspunkt ein Betrag in Höhe der in den abgeurteilten Taten an den Angeklagten CA insgesamt geleisteten Profitbeteiligungen, soweit diese nach § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB der Einziehung unterliegen. Dieser Betrag beläuft sich nach dem Vorstehenden auf 12.689.880 Euro.

    1954
    Bei der Zuweisung des Einziehungsbetrages in Höhe von 12.689.880 Euro auf die einzelnen abgeurteilten Taten hat die Kammer von der nach § 73d Abs. 2 StGB eröffneten Möglichkeit der Schätzung Gebrauch gemacht. Eine Schätzung nach dieser Vorschrift ist zulässig, wenn die genauen Werte nicht ermittelt werden können oder dies einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27.06.2001 - 5 StR 181/01, juris Rn. 6; vom 23.01.2019 - 3 StR 501/18, juris Rn. 6; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73d Rn. 9). So liegt es hier im Hinblick auf die Frage, in welchem Umfang die dem Angeklagten CA für die einzelnen Taten zugeflossenen Profitbeteiliungen in die 12.689.880 Euro Eingang gefunden haben.

    1955
    Während der Gesamtbetrag der Profitbeteiligung des Angeklagten CA sowie die hiervon in Abzug zu bringende Beteiligung an den durch die Beratung der XA-Struktur vereinnahmten Gebühren sowie die Höhe seines Grundgehaltes feststehen, kann im Nachhinein nicht aufgeklärt werden, aus welchen seitens der Gesellschaften generierten Einnahmen die Gehaltszahlungen an den Angeklagten vorgenommen wurden. Denn die Zahlung des Grundgehaltes erfolgte zu feststehenden Zeitpunkten und unabhängig von sonstigen Zahlungen und Gesellschaftsentnahmen, mittels derer der dem Angeklagten CA zugewiesene Profitanteil ausgekehrt wurde. Auch die Anteilsübertragung im Jahr 2011 geschah, um die zu diesem Zeitpunkt im Verhältnis zu den weiteren Gesellschaftern hinsichtlich der Gesamteinnahmen der ZD-Gesellschaften insgesamt noch ausstehende Profitverteilung zu vollziehen, ohne dass diese konkreten Profiten aus einzelnen Taten zugewiesen werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht möglich, bestimmte Gehalts- und sonstige Zahlungen den Vermögenswerten zuzuordnen, die dem Angeklagten CA zum Zwecke der Honorierung seiner Beteiligung an einer konkreten Tat zugewiesen wurden.

    1956
    Im Rahmen der Schätzung ist die Kammer dergestalt vorgegangen, dass sie zunächst die dem Angeklagten für seine Tatbeteiligungen zugeflossenen Profitbeteiligungen ins Verhältnis zu den ihm insgesamt zugewiesenen Beträgen in Höhe von 13.319.880 Euro gesetzt hat. Mittels des hierdurch für jede Einnahmequelle ermittelten Prozentsatzes hat sie anschließend ermittelt, wie sich der unter § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB fallende Einziehungsbetrag in Höhe von 12.689.880 Euro auf die einzelnen Einnahmequellen verteilt. Das Ergebnis dieser Berechnung ist in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst.

    1957

    Einnahmequelle

    Profitanteil

    CA in Euro

    Anteil an 13.319.880 Euro

    Ermittlung des Anteils an 12.689.880 Euro

    YT 2008

    1.226.693

    ca. 9%

    9% von 12.689.880 = 1.142.089

    YT 2009

    1.914.998

    ca. 15%

    15% von 12.689.880 = 1.903.482

    HI Aktien 1

    1.032.597

    ca. 8%

    8% von 12.689.880 = 1.015.190

    BC German Equity

    1.605.296

    ca. 12%

    12% von 12.689.880 = 1.522.786

    BACA

    1.867.445

    ca. 14 %

    14% von 12.689.880 = 1.776.583

    JSF

    1.040.630

    ca. 8%

    8% von 12.689.880 = 1.015.190

    YT 2010

    1.576.826

    ca. 12%

    12% von 12.689.880 = 1.522.786

    BC Pro Rendite

    894.219

    ca. 7%

    7% von 12.689.880 =    888.291

    BC German Hedge

    1.610.272

    ca. 12%

    12% von 12.689.880 = 1.522.786

    YT 2011

    147.786

    ca. 1%

    1% von 12.689.880 =    126.899

    ZD-OHL/ZD-OML 2009

    180.467

    ca. 1%

    1% von 12.689.880 =    126.899

    ZD-OHL/ZD-OML 2010

    180.467

    ca. 1%

    1% von 12.689.880 =    126.899




    12.689.880

     
    1958
    In einem zweiten Schritt waren die durch ZD-OHL/ZD-OML erwirtschafteten Einnahmen anteilig den Fällen der Jahre 2009 (3 bis 7) und 2010 (8 bis 10) zuzuweisen, da nicht festgestellt werden konnte, in welchem Umfang die von ZD-OHL/ZD-OML erzielten Profite auf die einzelnen Fälle entfallen. In den Fällen 3 (YT Eigenhandel 2009), 4 (HI Aktien 1 Fund), 5 (BC German Equity Special Fund), 6 (BACA Fonds) und 7 (JS Futures Fund) war der Anteil an dem Einziehungsbetrag daher jeweils um ein Fünftel von 126.899 Euro, mithin im Bereich von 25.380 Euro zu erhöhen. In den Fällen 8 (YT Eigenhandel 2010), 9 (BC Pro Rendite Fonds) und 10 (BC German Hedge Fund) war der Anteil an dem Einziehungsbetrag jeweils um ein Drittel von 126.899 Euro, mithin im Bereich von 42.300 Euro zu erhöhen. Hieraus ergibt sich insgesamt für die einzelnen Taten folgender Einziehungsbetrag:

    1959

    Fall

    Einziehungsbetrag in Euro

    Fall 1: YT 2007

    0

    Fall 2: YT 2008

    1.142.089

    Fall 3: YT 2009

    1.928.862

    Fall 4: HI Aktien 1 Fund

    1.040.570

    Fall 5: BC German Equity Special Fund

    1.548.166

    Fall 6: BACA Fonds

    1.801.963

    Fall 7: JSF Fund

    1.040.570

    Fall 8: YT 2010

    1.565.085

    Fall 9: BC Pro Rendite

    930.591

    Fall 10: BC German Hedge

    1.565.085

    Fall 11: YT 2011

    126.899


    12.689.880

    b) Gezogene Nutzungen


    1960
    Einzuziehen waren darüber hinaus nach § 73 Abs. 2 StGB die durch den Angeklagten CA mittels der von ihm erlangten Vermögenswerte erwirtschafteten Nutzungen in Höhe von - geschätzt - 1.310.120 Euro. Die Kammer hat auch insoweit von der durch § 73d Abs. 2 StGB eingeräumten Möglichkeit der Schätzung Gebrauch gemacht, da die exakte Ermittlung der seitens des Angeklagten gezogenen Nutzungen nicht möglich ist, jedenfalls aber einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert hätte.

    1961
    […]

    c) Keine abziehbaren Aufwendungen durch den Angeklagten CA              

    1962
    Der so ermittelte Einziehungsbetrag in Höhe von insgesamt 14.000.000 Euro war nicht nach § 73d Abs. 1 StGB (anteilig) zu kürzen, da der Angeklagte CA selbst keine Aufwendungen im Sinne der Vorschrift getätigt hat.

    3. Kein Ausschluss der Einziehung              

    1963
    Die Einziehung ist nicht - teilweise - nach § 73e Abs. 1 StGB ausgeschlossen. Der dem durch die Tat verletzten Steuerfiskus gegen den Angeklagten CA zustehende Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten bzw. auf Ersatz des Wertes des Erlangten ist nicht erloschen.

    1964
    Nach § 73e Abs. 1 StGB ist die Einziehung ausgeschlossen, wenn der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Verletzter ist, wer durch die Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat; auch der Staat kommt als Verletzter in Betracht (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 2). Durch die abgeurteilten Taten verletzt ist der Steuerfiskus, auf dessen Rechnung zu Unrecht Steuern angerechnet und erstattet wurden. Dem Fiskus stehen insoweit gegen den Angeklagten CA Ansprüche aus § 71 AO auf Rückzahlung sämtlicher Steuervorteile zu, die in den abgeurteilten Taten zu Unrecht gewährt worden sind.

    a) Kein Erlöschen durch Erfüllung oder Erlass

    1965
    Die Ansprüche des Fiskus aus § 71 AO sind nicht (teilweise) erloschen. Von einem - ggf. teilweisen - Erlöschen ist grundsätzlich nur auszugehen, wenn Erfüllung eingetreten ist oder der Verletzte im Rahmen eines Vergleichs oder Erlasses oder auf sonstige Weise rechtswirksam auf seine Ansprüche verzichtet hat (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 4; zum Erlöschen durch Vergleich BGH, Beschluss vom 19.09.2018 - 1 StR 183/18, juris Rn. 5, 7). Nicht ausreichend ist demgegenüber der bloße Erlass eines Steuer- oder sonstigen Zahlungsbescheides, solange auf diesen keine Zahlungen erfolgt sind (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 5; Madauß, NZWiSt 2018, 49, 50).

    1966
    Erfüllung in dem vorstehend umschriebenen Sinne ist hinsichtlich der Ansprüche des Fiskus aus § 71 AO nicht eingetreten. Zahlungen auf die zu Unrecht angerechneten und erstatteten Steuern sind im Urteilszeitpunkt weder durch den Angeklagten CA noch durch einen Dritten erfolgt. Insbesondere die von dem Angeklagten CA vor Urteilsverkündung veranlasste Überweisung von 3 Mio. Euro hat noch nicht zu einer Erfüllung der Ansprüche des Fiskus aus § 71 AO geführt. Vielmehr hat insoweit eine Verrechnung frühestens nach Eintritt der Rechtskraft zu erfolgen. Auch eine Einigung im Wege des Vergleichs oder Erlasses hat nicht stattgefunden.

    b) Kein Erlöschen infolge steuerrechtlicher Verjährung

    1967
    Der Anspruch des Steuerfiskus gegen den Angeklagten CA ist auch nicht durch eine steuerrechtliche Verjährung nach §§ 47, 232 AO erloschen, die nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 24.10.2019 (1 StR 173/19, juris Rn. 6) auch im Rahmen des § 73e Abs. 1 StGB zu berücksichtigen ist. Denn eine steuerrechtliche Verjährung ist hinsichtlich der Ansprüche des Fiskus nicht eingetreten. Der Anspruch aus § 71 AO ist durch Haftungsbescheid nach § 191 AO durchzusetzen und unterliegt grundsätzlich einer zehnjährigen Festsetzungsfrist nach § 191 Abs. 3 Satz 2 AO. Unabhängig von dem sich insoweit für die dem Fiskus im Hinblick auf die einzelnen Taten zustehenden Ansprüche ergebenden Lauf der Verjährungsfristen endet die Festsetzungsfrist nach § 191 Abs. 3 Satz 1 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO generell nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat verjährt ist. Strafrechtliche Verjährung ist hinsichtlich der abgeurteilten Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten CA indes noch nicht eingetreten.

    1968
    Darauf, ob die dem Fiskus im Hinblick auf die einzelnen Fälle gegen die jeweiligen Steuerschuldner zustehenden Ansprüche steuerrechtlich verjährt sind, kommt es nicht an. Denn der Angeklagte CA könnte sich hierauf aufgrund der von § 191 Abs. 5 Satz 2 AO angeordneten Durchbrechung der Akzessorietät seiner Haftung von vornherein nicht berufen. Hiernach stehen der Ablauf der Festsetzungsfrist sowie der Eintritt der Zahlungsverjährung hinsichtlich des Anspruchs gegen den originären Steuerschuldner dem Erlass eines Haftungsbescheides nach § 191 AO nicht entgegen, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat. So liegt es hier. Denn die Haftung des Angeklagten CA aus § 71 AO beruht gerade darauf, dass er selbst in sämtlichen abgeurteilten Taten Steuerhinterziehungen begangen hat, die mitursächlich für die zu Unrecht erfolgten Steueranrechnungen bzw. Steuererstattungen geworden sind.

    4. Gesamtschuldnerische Haftung

    1969
    Hinsichtlich eines Einziehungsbetrages in Höhe von 12.689.880 Euro war eine gesamtschuldnerische Haftung anzuordnen. Eine solche besteht insbesondere dann, wenn mehrere Tatbeteiligte und/oder Einziehungsadressaten Mitverfügungsgewalt über den Tatertrag erlangen oder wenn zunächst nur ein Tatbeteiligter oder Einziehungsadressat Verfügungsgewalt hat, dieser dann jedoch auch anderen Tatbeteiligten und/oder Einziehungsadressaten Verfügungsgewalt über Teile des Tatertrages verschafft (vgl. BGH, Urteil vom 28.10.2010 - 4 StR 215/10, juris Rn. 8, 18; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 669). Auch für den Fall, dass Erträge aus einer Tat zunächst bei einer Gesellschaft anfallen und anschließend anteilig an tatbeteiligte Gesellschafter weitergeleitet werden, kommt die Anordnung einer Gesamtschuld in Betracht (im Ergebnis BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 5 ff., 45).

    1970
    Durch die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung soll in all diesen Fällen gewährleistet werden, dass den Tat- bzw. Dritteinziehungsbeteiligten das aus der Tat Erlangte entzogen wird, ohne dass dies mehrfach erfolgt (BGH, Urteil vom 07.06.2018 - 4 StR 63/18, juris Rn. 16).

    a) Umfang der Gesamtschuld

    1971
    Hinsichtlich des Angeklagten CA war die gesamtschuldnerische Haftung in Höhe von 12.689.880 Euro anzuordnen. Die Profite, die von den ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. im Hinblick auf die abgeurteilten Taten erwirtschaftet wurden, verkörpern den Anteil der Gesellschaften an den zu Unrecht angerechneten bzw. erstatteten Steuern. Sowohl durch die an die ZD-Gesellschaften sowie die ZC Capital Ltd. gezahlten Gebühren und Gewinnbeteiligungen als auch durch die von ZD-OHL/ZD-OML generierten Profite und durch die im Hinblick auf das Investment in den HI Aktien 1 Fund ausgezahlte Rendite sollten die - erwarteten - Profite aus den zu Unrecht gewährten Steuervorteilen auf diese Gesellschaften übertragen werden. In dem Umfang, in dem den ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. Vermögenswerte zuflossen, schmälerte sich bei wirtschaftlicher Betrachtung der Profit der weiteren Akteure, die in die CumEx-Transaktionen eingebunden waren. Dies gilt entsprechend für den von der ZD Principals Ltd. vereinnahmten Spread, der zwar nicht auf Grundlage einer Absprache mit sämtlichen weiteren in die Transaktionen eingebundenen Akteuren generiert wurde, gleichwohl aber zur Folge hatte, dass im Umfang des Spreads der Profit aus den Steuerhinterziehungen bei wirtschaftlicher Betrachtung allein bei der ZD Principals Ltd. anfiel.

    1972
    Auch soweit der Angeklagte CA anteilig an den Profiten der ZD-Gesellschaften und der ZC Capital Ltd. beteiligt wurde, erfolgte dies, um ihn von den zu Unrecht gewährten Steuervorteilen wirtschaftlich profitieren zu lassen. Diese Steuervorteile wurden durch Dritte in vollem Umfang vereinnahmt und können bei diesen der Einziehung nach § 73b StGB unterliegen. So haftet die Einziehungsbeteiligte über § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB für sämtliche in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 zu Unrecht angerechneten Steuern. In den weiteren Fällen fielen die zu Unrecht erfolgten Steuererstattungen in vollem Umfang bei den Kapitalanlagegesellschaften bzw. den von diesen verwalteten Sondervermögen, mithin ebenfalls nicht originär beim Angeklagten CA an. Vor diesem Hintergrund kommt bei sämtlichen Taten die Einziehung bei Dritten, bei denen die tatbestandlichen Erfolge in Gestalt der zu Unrecht gewährten Steuervorteile angefallen sind, über § 73b StGB in Betracht. Dem Umstand, dass die § 73 Abs. 1 Alt. 2 StGB unterfallenden Einziehungsbeträge beim Angeklagten CA seine Beteiligung an diesen zu Unrecht gewährten Steuervorteilen abbilden, ist durch Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung Rechnung zu tragen. Im Übrigen folgt diese bereits daraus, dass sämtliche vermögenswerten Leistungen an den Angeklagten aus Vermögenswerten der ZD-Gesellschaften bzw. der ZC Capital Ltd. stammten, die ihrerseits zuvor in entsprechendem Umfang wirtschaftlich an den - prognostizierten - Profiten aus den Steuerhinterziehungstaten profitiert hatten.

    1973
    Der Anordnung der Gesamtschuld steht nicht entgegen, dass die ZD-Gesellschaften bzw. die ZC Capital Ltd. und auch der Angeklagte CA Zahlungen im Hinblick auf die erwarteten Steueranrechnungen bzw. Steuererstattungen teilweise noch vor Antragstellung und damit im Vorbereitungsstadium erlangt haben. Denn eine Profitbeteiligung, die eine gesamtschuldnerische Haftung nach sich zieht, kann bereits im Vorfeld der Tatbegehung stattfinden, wenn die Beteiligung im Hinblick auf antizipierte Erträge aus der künftigen Straftatbegehung erfolgt und die Erträge zu einem späteren Zeitpunkt bei einem anderen potenziellen Einziehungsadressaten in vollem Umfang anfallen und daher bei diesem uneingeschränkt der Einziehung unterliegen können. So liegt der Fall hier. Sämtliche von ZD sowie der ZC Capital Ltd. vereinnahmten Beträge, an denen der Angeklagte CA seinerseits partizipiert hat, schmälerten den wirtschaftlichen Profit der weiteren an den CumEx-Geschäften beteiligten Gesellschaften und natürlichen Personen. Gleichwohl fielen die im Wege der Steueranrechnung oder Steuererstattung zu Unrecht gewährten Steuervorteile vollumfänglich bei der Einziehungsbeteiligten und sonstigen Dritten an, so dass diesen gegenüber unter den Voraussetzungen des § 73b StGB eine uneingeschränkte Einziehungsanordnung in Betracht kommt.

    1974
    Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang ferner, dass dem Angeklagten CA die Einziehungsgegenstände „für“ die Tat zugewandt wurden, wohingegen sie andere potenzielle Einziehungsadressaten „durch“ die Tat erlangt haben. Gerade in Fällen, in denen eine Gesellschaft im Sinne des § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB „durch“ die Tat Vermögenswerte erlangt und einen Täter oder Teilnehmer an diesen profitieren lässt, so dass gegenüber diesem die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB eröffnet sein kann, ist eine gesamtschuldnerische Haftung anzuordnen, um zu gewährleisten, dass das aus der Tat Erlangte nicht mehrfach eingezogen wird (im Ergebnis BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 5 ff., 45). Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die ZD Principals Ltd. auch dann einen Spread vereinnahmt und die ZD Capital Ltd. bzw. die ZC Capital Ltd. auch dann eine Beratungsgebühr erhalten hätten, wenn es im Folgenden nicht zu Steueranrechnungen bzw. Steuererstattungen gekommen, die Taten mithin im Versuchsstadium stecken geblieben wären. Denn in dieser Konstellation hat kein anderer etwas in Gestalt eines zu Unrecht gewährten Steuervorteils erlangt, so dass sich bezüglich dieses Dritten die Frage nach einer gesamtschuldnerischen Haftung von vornherein nicht stellen kann.

    1975
    Tragend für die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung sind im Übrigen die Wertungen des § 73e Abs. 1 StGB sowie des § 459g Abs. 4 StPO. Diese bringen zum Ausdruck, dass in Fällen, in denen dem durch die Tat Verletzten ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, die Einziehung ausgeschlossen sein soll, wenn dieser Anspruch erloschen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Einziehungsadressat etwas „durch“ oder „für“ die Tat erlangt hat. Insoweit ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass dem durch die abgeurteilten Taten verletzten Steuerfiskus nicht nur gegen den Angeklagten CA Ansprüche aus § 71 AO auf Erstattung sämtlicher zu Unrecht gewährter Steuervorteile zustehen. Vielmehr kommt in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 auch eine Haftung der Einziehungsbeteiligten über § 70 AO oder im Wege der Rücknahme bzw. Änderung der Anrechnungsverfügung über § 130 AO und eine solche von inländischen Depotbanken der Leerverkäufer über § 44 Abs. 5 EStG [VZ 2007-2011] in Betracht. In den weiteren Fällen kann eine Haftung der kontoführenden Depotbanken über § 45b Abs. 3 Satz 3 EStG [VZ 2009] bzw. über § 11 Abs. 2 Satz 2 InvStG [VZ 2010] i.V.m. § 44b Abs. 6 Satz 2, § 44 Abs. 5 EStG [VZ 2010] und eine solche der mit der Verwaltung der Sondervermögen betrauten Kapitalanlagegesellschaften nach § 69 AO oder § 70 AO jeweils im Umfang sämtlicher zu Unrecht gewährter Steuervorteile begründet sein.

    1976
    Der Rechtsgedanke des § 73e Abs. 1 StGB sowie des § 459g Abs. 4 StPO gebietet die wechselseitige Berücksichtigung etwaiger Zahlungen und dementsprechend die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung, unabhängig davon, ob die Beteiligung an den zu Unrecht gewährten Steuervorteilen bei den potenziellen Einziehungsadressaten „durch“ oder „für“ die Tat erfolgte. Denn für den Fall, dass eine gesamtschuldnerische Haftung des Angeklagten CA nicht angeordnet würde, drohte eine doppelte Inanspruchnahme seinerseits, die durch die § 73e Abs. 1 StGB und § 459g Abs. 4 StPO gerade vermieden werden soll (vgl. BGH, Beschluss vom 22.01.2020 - 2 StR 582/18, juris Rn. 5). Dies für den Fall, dass der Angeklagte auf die hiesige Einziehungsentscheidung in vollem Umfang Zahlungen erbringt und zugleich einer der vorstehend genannten potenziellen weiteren Haftungsschuldner die zu Unrecht gewährten Steuervorteile gegenüber dem Fiskus ausgleicht. Denn dieser Haftungsschuldner könnte den Angeklagten CA ggf. im Innenverhältnis - anteilig - in Regress nehmen. Dem ist durch die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung zu begegnen. Durch diese wird gewährleistet, dass etwaige Zahlungen des Angeklagten CA sowie der weiteren potenziell Haftenden auf den dem Fiskus entstandenen Steuerschaden wechselseitig Berücksichtigung finden und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile insgesamt nur einmal der Einziehung unterliegen.

    1977
    Eine Angabe des Namens der jeweiligen Gesamtschuldner brauchte nicht zu erfolgen (BGH, Urteil vom 07.06.2018 - 4 StR 63/18, juris Rn. 16).

    b) Keine Gesamtschuld hinsichtlich gezogener Nutzungen

    1978
    Hinsichtlich der durch den Angeklagten CA erwirtschafteten Nutzungen, die nach § 73 Abs. 2 StGB einzuziehen waren, kam die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht in Betracht. Denn die Nutzungen sind originär und ausschließlich im Vermögen des Angeklagten angefallen.

    II. Keine Einziehungsanordnung gegenüber dem Angeklagten AO

    1979
    Gegenüber dem Angeklagten AO liegen die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 Alt. 1 oder 2 StGB nicht vor. Von diesem wurde im Hinblick auf die abgeurteilten Taten allenfalls ein an ihn gezahltes Grundgehalt vereinnahmt. Dieses unterliegt nicht der Einziehung, wobei die diesbezüglichen Ausführungen zur Begründung der Einziehungsentscheidung gegenüber dem Angeklagten CA entsprechend gelten.

    III. Einziehungsanordnung gegenüber der Einziehungsbeteiligten

    1980
    Gegenüber der Einziehungsbeteiligten war nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c Satz 1, § 73 Abs. 2 StGB hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 176.574.603 Euro die Einziehung anzuordnen.

    1. Keine Verfahrensrechtlichen Hindernisse

    1981
    Der Einziehungsentscheidung stehen - ebenso wie schon der mit Beschluss der Kammer vom 19.08.2019 angeordneten Einziehungsbeteiligung - keine verfahrensrechtlichen Gesichtspunkte entgegen. Insbesondere ergeben sich keinerlei Sperrwirkungen aus § 424 Abs. 1 StPO oder § 30 OWiG i.V.m. § 444 StPO.

    1982
    § 424 Abs. 1 StPO sperrt eine Einziehungsbeteiligung und infolgedessen auch die Anordnung einer Einziehung nur, wenn eine Staatsanwaltschaft in Deutschland gegen die betreffende Person im Zusammenhang mit den angeklagten Taten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren führt. Unbeachtlich ist dagegen der Umstand, dass gegen eine juristische Person oder eine Personenvereinigung ein Verfahren nach § 30 OWiG i.V.m. § 444 StPO geführt wird, solange eine Geldbuße nicht festgesetzt ist, § 30 Abs. 5 OWiG.

    a) Anwendungsbereich § 424 Abs. 1 StPO

    1983
    § 424 Abs. 1 StPO stellt seinem Wortlaut nach auf die Eigenschaft als Beschuldigter ab, wodurch nur diejenige natürliche Person erfasst wird, die Beschuldigter in einem Strafverfahren ist. Eine Erstreckung der Regelung auf Betroffene eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist weder im Gesetzeswortlaut angelegt noch enthält die Gesetzesbegründung Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers in einem entsprechend weiten Sinne verstanden werden sollte. Im Übrigen sprechen auch die unterschiedlichen Zielrichtungen und Beteiligungsmöglichkeiten im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen eine Gleichsetzung im Anwendungsbereich des § 424 Abs. 1 StPO. Daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts juristische Personen in bestimmten Konstellationen einen beschuldigtenähnlichen Status haben können, folgt nichts Abweichendes.

    b) Anwendungsbereich § 30 Abs. 5 OWiG

    1984
    Der Einziehung steht ferner keine sich aus § 30 Abs. 5 OWiG ergebende Sperrwirkung entgegen, da gegen die Einziehungsbeteiligte im Urteilszeitpunkt keine Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG festgesetzt worden ist. § 30 Abs. 5 OWiG vermag frühestens dann Geltung für das strafprozessuale Einziehungsverfahren zu entfalten, wenn eine Geldbuße tatsächlich rechtskräftig festgesetzt worden ist. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 30 Abs. 5 OWiG zielt die Regelung ausschließlich auf die Vermeidung einer „doppelten Sanktionierung“ ab (BT-Drs. 7/550, S. 344). Allein der Umstand, dass Ordnungswidrigkeitenverfahren geführt werden, hindert die Anordnung der Einziehungsbeteiligung hiernach schon vor dem Hintergrund nicht, dass nicht feststeht, ob oder wann in diesen Verfahren Geldbußen tatsächlich verhängt werden. Die Gewährleistungen des Art. 103 Abs. 2 GG stehen dem nicht entgegen, da die Einziehung von Taterträgen bzw. die Wertersatzeinziehung auch nach Maßgabe der seit dem 01.07.2017 geltenden Fassung der §§ 73 ff. StGB keine Strafe darstellen und auch keinen strafähnlichen Charakter aufweisen (BGH, Urteil vom 15.05.2018 - 1 StR 651/17, juris Rn. 48).

    1985
    Bis zur Verkündung des Urteils ist gegen die YT-Bank keine Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG festgesetzt worden. Ein vorsorgliches Absehen von der Einziehungsbeteiligung bzw. der Einziehungsanordnung im Hinblick auf eine in Zukunft möglicherweise eintretende Sperrwirkung nach § 30 Abs. 5 OWiG widerspräche zudem Sinn und Zweck des Einziehungsrechts, durch das gewährleistet werden soll, dass aus Straftaten erlangte Vermögenswerte effektiv und vollständig abgeschöpft werden.

    2. Materielle Einziehungsvoraussetzungen

    1986
    Hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten unterliegt ein Betrag von 176.574.603 Euro der Einziehung nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 73c Satz 1, § 73 Abs. 2 StGB.

    1987
    Die Einziehungsvoraussetzungen nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB liegen vor. Die von der Vorschrift zunächst geforderten Anknüpfungstaten liegen in den Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten CA in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 begründet. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB sind erfüllt.

    a) Erlangte Vermögenswerte

    1988
    Die Einziehungsbeteiligte hat durch die in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 verwirklichten Steuerhinterziehungen „Etwas“ im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB in Gestalt der Anrechnung von Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlägen im Rahmen der jeweiligen jährlichen Veranlagung zur Körperschaftssteuer erlangt.

    aa) Erlangtes Etwas

    1989
    Bei den zugunsten der Einziehungsbeteiligten in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 im Rahmen der jährlichen Veranlagung vorgenommenen Steueranrechnungen handelt es sich um ein dem Anwendungsbereich des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB unterfallendes „Etwas“. Im Fall der Steuerhinterziehung nach § 370 AO kommen als erlangtes Etwas insbesondere die verkürzten Steuern in Gestalt der Ersparnis von Aufwendungen sowie etwaig zu Unrecht gewährte Steuervorteile in Betracht. Erforderlich ist insoweit, dass sich die ersparten Aufwendungen oder die Steuervorteile unmittelbar im Vermögen des Einziehungsadressaten niedergeschlagen haben (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2019 - 1 StR 620/18, juris Rn. 19; Beschlüsse vom 05.06.2019 - 1 StR 208/19, juris Rn. 10; vom 21.08.2019 - 1 StR 225/19, juris Rn. 23).

    1990
    Die Anrechnung von Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag stellt einen wirtschaftlich messbaren Vorteil und damit ein taugliches „Etwas“ im Sinne des Einziehungsrechts dar. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG [VZ 2007-2011] i.V.m. § 36 Abs. 2 und 4 EStG [VZ 2007-2011] hat die Anrechnung zur Folge, dass sich eine vom Steuerschuldner für einen bestimmten Veranlagungszeitraum zu leistende Abschlusszahlung um den zu seinen Gunsten angerechneten Betrag reduziert. Ergibt sich nach der Abrechnung ein Überschuss zugunsten des Steuerpflichtigen, wird dieser dem Steuerpflichtigen nach Bekanntgabe des Steuerbescheides ausgezahlt. Eine Anrechnung nach § 36 Abs. 2 EStG [VZ 2007-2011] bewirkt insoweit jedenfalls eine Reduzierung der eigenen Steuerlast um den angerechneten Betrag und kann im Einzelfall in eine Erstattung zu viel gezahlter Steuern münden, soweit die zur Anrechnung gebrachten Beträge die für den jeweiligen Veranlagungszeitraum bestehende Steuerlast übersteigen. In beiden Konstellationen werden wirtschaftlich messbare Vorteile desjenigen begründet, zu dessen Gunsten die Anrechnung erfolgt.

    1991
    Nach dem Vorstehenden haben die in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 zu Unrecht angerechneten Steuern einen wirtschaftlich messbaren Vorteil der Einziehungsbeteiligten im Umfang der Anrechnungen begründet. Die Anrechnungen erfolgten unmittelbar zu Gunsten der Einziehungsbeteiligten als Organträgerin der YT-Bank. Konsequenz der Organschaft im Sinne der §§ 14, 17 KStG [VZ 2007-2011] ist die Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft beim Organträger und die einheitliche steuerliche Veranlagung bei diesem (Blümich/Krumm, 150. EL., § 14 KStG Rn. 200 f., 213). Trotz der verbleibenden steuerlichen Selbständigkeit der Organgesellschaft erfolgt die Anrechnung von Steuern bei von der Organgesellschaft - vermeintlich - verwirklichten Anrechnungstatbeständen gemäß § 19 Abs. 5 KStG [VZ 2007-2011] demnach bei dem Organträger. Im Übrigen wurden die sich aus den ursprünglichen Steuerbescheiden für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011 rechnerisch ergebenden Überschüsse im Sinne des § 36 Abs. 4 EStG [VZ 2007-2011] auf Veranlassung des Finanzamtes YC auch tatsächlich in vollem Umfang auf Konten der Einziehungsbeteiligten gebucht.

    1992
    Die zugunsten der Einziehungsbeteiligten angerechneten Steuern haben sich auch in vollem Umfang in deren Vermögen niedergeschlagen. Die Anrechnungen haben unmittelbar zu einer Reduzierung der Steuerlast der Einziehungsbeteiligten im Umfang der erfolgten Anrechnungen und - hinsichtlich des die Steuerlast übersteigenden Anrechnungsbetrages - zu tatsächlichen Steuererstattungen geführt. Die Vermögensbilanz der Einziehungsbeteiligten hat sich insoweit spiegelbildlich um die zu Unrecht angerechneten Steuerbeträge verbessert, mithin um 37.356.589 Euro (Veranlagungszeitraum 2007; Fall 1), 35.762.484 Euro (Veranlagungszeitraum 2008; Fall 2), 46.779.448 Euro (Veranlagungszeitraum 2009; Fall 3), 42.676.314 Euro (Veranlagungszeitraum 2010; Fall 8), 3.999.768 Euro (Veranlagungszeitraum 2011; Fall 11) bzw. um insgesamt 166.574.603 Euro bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011.

    1993
    Es wirkt sich bei der Ermittlung des erlangten Etwas nicht aus, dass die YT-Bank als Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten im Rahmen der vorherigen Aktientransaktionen Kaufpreise in Höhe der seinerzeit aktuellen Börsenkurse für die vertragsgegenständlichen Aktien entrichtet hatte. Namentlich hat der Umstand, dass die von der YT-Bank geleisteten Kaufpreise „cum dividende“ entrichtet wurden und insoweit bei wirtschaftlicher Betrachtung einen Betrag im Umfang der Bruttodividende inklusive der später angerechneten Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag umfassten, nicht zur Folge, dass die Anrechnungsbeträge bei der Einziehungsbeteiligten nicht bzw. lediglich anteilig ergebniswirksam geworden wären. Dies folgt unmittelbar daraus, dass die Vermögensbilanz der Einziehungsbeteiligten für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011 um 166.574.603 Euro gemindert wäre, wenn die Steueranrechnungen unterblieben wären. Nach der Systematik der §§ 73 ff. StGB und dem ihr zugrundeliegenden Bruttoprinzip unterliegt nicht nur der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was durch die Tat erlangt wurde, ohne gewinnmindernde Abzüge der Einziehung (BGH, Urteile vom 11.07.2019 - 1 StR 620/18, juris Rn. 18; vom 18.12.2018 - 1 StR 36/17, juris Rn. 25; Beschluss vom 21.08.2019 - 1 StR 225/19, juris Rn. 21). Bei der Berechnung des Erlangten ist daher zunächst von dem gesamten Erlös des Einziehungsadressaten ohne Abzug für die eigene Leistungserbringung und für eigene Aufwendungen auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 21.08.2019 - 1 StR 225/19, juris Rn. 21; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 12 f.; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 19). Auch die von der Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten im Vorfeld geleisteten Kaufpreiszahlungen wären allenfalls als etwaige Aufwendungen unter den Voraussetzungen des § 73d Abs. 1 StGB berücksichtigungsfähig, nicht jedoch auf der Ebene des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB und der sich hier vollziehenden Ermittlung des durch die Tat erlangten Etwas.

    1994
    Der Einziehungsanordnung steht weiterhin nicht entgegen, dass die Anrechnungsverfügungen steuerrechtlich zu Unrecht erfolgten. Maßgeblich für das Erlangen eines Vermögensvorteils ist nicht, ob die erlangte Verfügungsmacht rechtlicher Billigung unterliegt, sondern allein, ob sie sich als wirtschaftlich wertvoll erweist (Sch/Sch-Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 17 f.; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 28). Auf die Rechtswirksamkeit der Geschäfte bzw. Verfügungen, die den Vermögenszuwachs beim Täter bzw. Dritten im Anwendungsbereich des § 73b StGB bewirken, kommt es vor diesem Hintergrund generell nicht an (vgl. BGH, Urteile vom 04.02.2009 - 2 StR 504/08, juris Rn. 3; vom 28.10.2010 - 4 StR 215/10, juris Rn. 19; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 28; NK-Saliger, StGB, 5. Aufl., § 73 Rn. 7).

    1995
    Unbeachtlich ist ferner, dass die Steueranrechnungen für die Jahre 2010 und 2011 durch das Finanzamt YC mit Bescheiden vom 11.12.2017 und 05.12.2018 zurückgenommen und durch Bescheide vom 24.02.2020 auch die der Einziehungsbeteiligten insoweit ursprünglich gewährten Aussetzungen der Vollziehung aufgehoben wurden. Tatsächliche Rückzahlungen sind im Urteilszeitpunkt weder auf die Bescheide vom 11.12.2017 und 05.12.2018 noch auf diejenigen vom 24.02.2020 erfolgt. Auch sind diese aufgrund der laufenden Einspruchsverfahren bislang nicht in Bestandskraft erwachsen. Es besteht in diesem Zusammenhang nach Maßgabe des § 393 Abs. 1 AO kein Vorrang des Steuerverfahrens vor dem Einziehungsverfahren. Vielmehr entfalten Vorgänge und Zahlungen im Steuerverfahren nach § 73e Abs. 1 StGB für das Einziehungsverfahren erst mit tatsächlicher Erfüllung der Ansprüche des Steuerfiskus Bedeutung (vgl. LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 5; Madauß, NZWiSt 2018, 49, 50). Die Einziehungsbeteiligte wird hierdurch nicht dergestalt unzumutbar belastet, dass ihr eine doppelte Inanspruchnahme drohen würde. Vielmehr wären nach § 459g Abs. 4 StPO etwaige Zahlungen auf bestandskräftige Steuerbescheide im Rahmen eines etwaigen Vollstreckungsverfahrens zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung der sich aus § 459g Abs. 4 und 5 StPO ergebenden Vollstreckungshindernisse bereits im Rahmen der materiellen Einziehungsentscheidung ist nicht zulässig (BGH, Urteil vom 04.10.2018 - 3 StR 283/18, juris Rn. 35; Beschluss vom 06.02.2020 - 5 ARs 20/19, juris Rn. 26).

    bb) Erlangen „durch“ die Taten des Angeklagten CA

    1996
    Die Einziehungsbeteiligte hat die im Rahmen der Anrechnungsverfügungen zu Unrecht angerechneten Beträge auch durch die Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten CA erlangt.

    1997
    Durch die Tat erlangt sind jedenfalls diejenigen Vermögensvorteile, die der Dritte als unmittelbare Folge der Tat erzielen sollte und die ihm in irgendeiner Phase des Tatablaufs aus der Verwirklichung des Tatbestandes tatsächlich zufließen (BGH, Beschluss vom 27.03.2019 - 2 StR 561/18, juris Rn. 8; Urteil vom 05.06.2019 - 5 StR 670/18, juris Rn. 7; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73b Rn. 7). Anknüpfungspunkt der Einziehung ist dabei die konkrete Tat (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB), also der Tatbestand desjenigen Strafgesetzes, das der Täter oder Teilnehmer verwirklicht hat, hier konkret die in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 verwirklichten Steuerhinterziehungstaten.

    1998
    Nach diesen Maßgaben sind die zugunsten der Einziehungsbeteiligten in den Veranlagungszeiträumen 2007 bis 2011 zu Unrecht angerechneten Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag „durch“ die Taten des Angeklagten CA erlangt. Denn die Anrechnungsverfügungen begründen die nicht gerechtfertigten Steuervorteile und damit die tatbestandlichen Erfolge im Sinne des § 370 Abs. 1 AO, die durch die Taten des Angeklagten erzielt werden sollten und auch tatsächlich erzielt worden sind.
    1999

    Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, dass die Anrechnungsverfügungen nicht unmittelbar durch die Tatbeiträge des Angeklagten CA erlangt wurden, sondern vorrangig durch die unrichtigen Angaben in den Steuererklärungen der Einziehungsbeteiligten. In Abgrenzung zu den von § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erfassten Fällen (nur hierzu aber OLG Celle, Beschluss vom 02.03.2018 - 1 Ws 19/18, juris Rn. 23 ff.) ist bei § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB schon nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zu § 73 Abs. 3 StGB a.F. und der darin gebrauchten Formulierung („dadurch“) nicht erforderlich, dass der Drittbegünstigte die Taterträge in einer ununterbrochenen Bereicherungskette ausgehend vom Tatbeteiligten erlangt hat (BGH, Urteile vom 19.10.1999 - 5 StR 336/99, juris Rn. 38 ff.; vom 23.10.2013 - 5 StR 505/12, juris Rn. 54 f.). Vielmehr sollte erforderlich und ausreichend insoweit allein das Bestehen eines Bereicherungszusammenhangs zwischen der Tat im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB und dem Erlangten sein (LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 54). Dies hat erst recht nach der in § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nunmehr inhaltsgleich zu § 73 Abs. 1 StGB gebrauchten Formulierung zu gelten, wonach es darauf ankommt, dass der Täter oder Teilnehmer bzw. der andere „durch die Tat“ etwas erlangt hat.

    2000
    Hiernach reicht es aus, dass die zugunsten der Einziehungsbeteiligten erfolgten Anrechnungsverfügungen den tatbestandlichen Erfolg des § 370 Abs. 1 AO in Gestalt des nicht gerechtfertigten Steuervorteils darstellen und damit unmittelbar aus der Tatbestandsverwirklichung resultieren.

    b) Handeln des Angeklagten CA „für“ die Einziehungsbeteiligte

    2001
    Der Angeklagte CA handelte ferner in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 und somit in sämtlichen Fällen, auf die sich die Anordnung der Einziehung gegenüber der Einziehungsbeteiligten erstreckt, „für“ die Einziehungsbeteiligte im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB.

    aa) Grundsätze des Handelns „für“ einen anderen

    2002
    Von einem Handeln „für“ einen anderen ist auszugehen, wenn der Handelnde bei oder jedenfalls im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Tat auch, und sei es nur faktisch, im Interesse des Dritten gehandelt hat (BGH, Urteile vom 19.10.1999 - 5 StR 336/99, juris Rn. 39; vom 23.10.2013 - 5 StR 505/12, juris Rn. 54). Es genügt grundsätzlich jedes tatsächliche Handeln eines Angeklagten, das zur Folge hat, dass eine Vermögensmehrung bei einem anderen eintritt, wenn der Handelnde dies im Interesse des Empfängers will (BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 677/16, juris Rn. 26; SSW-StGB/Heine, 4. Aufl., § 73b Rn. 4; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 11 a.E., 16). Nicht erforderlich ist indes, dass der Angeklagte allein oder vorrangig im Interesse des Dritten handelt, vielmehr reicht es aus, dass die anvisierte Vermögensmehrung bei einem Dritten Zwischen- oder Nebenziel seines eigentlichen Tatantriebs ist. Auch kommt es nicht auf den Bestand einer Organschaft, einer rechtsgeschäftlichen Vertretung oder einer sonstigen rechtlichen Beziehung bzw. eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Tatbeteiligten und dem Drittbegünstigen an (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 11 a.E., 16). Selbst ein rein faktisches Handeln, das auch im Interesse eines Dritten erfolgt, kann die Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB erfüllen, selbst wenn dies nicht nach außen erkennbar geworden ist (BGH, Beschluss vom 07.12.2000 - 4 StR 485/00, juris Rn. 5; Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 677/16, juris Rn. 26; Fischer, 66. Aufl., § 73b Rn. 6; Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 1110 f.; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 666; Korte, NZWiSt 2018, 231, 233; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 16).

    2003
    Soweit der Bundesgerichtshof in seiner zu § 73 Abs. 3 StGB a.F. ergangenen Rechtsprechung die einschlägigen Drittbeteiligungsfälle mittels Bildung von Fallgruppen - auf die auch die Gesetzesbegründung zu § 73b StGB n.F. ausdrücklich Bezug nimmt (BT-Drs. 18/9525, S. 66) - weiter konkretisiert hat, folgt hieraus nicht, dass das Tatbestandsmerkmal „für“ an den Bestand einer besonderen rechtsgeschäftlichen Beziehung zwischen dem Handelnden und dem Einziehungsbeteiligten oder an ein diesbezügliches Abhängigkeitsverhältnis geknüpft ist. Insbesondere ist nicht mit einer in der Literatur vertretenen Auffassung davon auszugehen, der Anwendungsbereich des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB sei nur eröffnet, wenn die Tat von einer im Einflussbereich des Einziehungsbeteiligten stehenden Person begangen worden ist (hierzu Sch/Sch-Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73b Rn. 4; ablehnend auch Lackner/Kühl-Heger, StGB, 29. Aufl., § 73b Rn. 2; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 16).

    2004
    Den vom Bundesgerichtshof im Anwendungsbereich des § 73 Abs. 3 StGB a.F. ursprünglich benannten Fallgruppen in Gestalt der Vertretungsfälle, der Verschiebungsfälle sowie der Erfüllungsfälle sollte kein abschließender Charakter zukommen (BGH, Urteil vom 19.10.1999 - 5 StR 336/99, juris Rn. 41 spricht von den „wichtigsten Fallgruppen“). Insbesondere ist aber nicht erkennbar, dass unter Geltung des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB n.F. die „Vertretungsfälle im weiteren Sinn“ auf Konstellationen beschränkt werden sollten, in denen das Tätigwerden des Täters bzw. Teilnehmers im Organisationsinteresse des Dritten auf eine unmittelbare Eingliederung in dessen Organisationseinheit zurückzuführen ist. Schon im Wortlaut des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB n.F. ist eine derartige Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Arbeits- und vergleichbare Verhältnisse nicht angelegt. Sie ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Regelung, vielmehr sollte durch die Reform der §§ 73 ff. StGB gerade die wirksame und effektive Abschöpfung sämtlicher aus einer Straftat herrührender Vermögenswerte gewährleistet werden (BT-Drs. 18/9525, S. 45).

    2005
    Auch der zu § 73 Abs. 3 StGB a.F. ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den „Vertretungsfällen im weiteren Sinn“ kann nicht entnommen werden, dass das von ihm insoweit geforderte Zurechnungsverhältnis auf die - in Literatur und Rechtsprechung vorrangig behandelten - Fälle einer betrieblichen Eingliederung des Täters oder Teilnehmers beschränkt sein sollte. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 19.10.1999 (5 StR 336/99, juris Rn. 42 ff.) insoweit erkennbar lediglich beispielhaft die Fälle unmittelbarer betrieblicher Eingliederung beleuchtet. Eine generelle Differenzierung zwischen Personen, bei denen sich der (betriebliche) Zusammenhang zum Dritten aus einem Arbeits- oder Angestelltenverhältnis ergibt, auf der einen und Personen, die aufgrund eines Auftrags- oder auftragsähnlichen Vertragsverhältnisses oder sonstiger Absprachen zugunsten des Dritten tätig werden, auf der anderen Seite ist hiernach nicht angezeigt. Vielmehr kommen grundsätzlich auch außenstehende Personen als Täter oder Teilnehmer der Bezugstat in Betracht (Hellmann, Wirtschaftsstrafrecht, 5. Aufl., Rn. 1110 f.; Lackner/Kühl-Heger, StGB, 29. Aufl., § 73b Rn. 2). So handelt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beispielsweise auch derjenige „für“ den Profiteur einer Steuerhinterziehung, der im Wege einer „Beihilfe zur Beihilfe“ dem Gehilfen des Haupttäters entgeltlich Software zur Verfügung stellt, mittels derer die Steuerhinterziehung abgewickelt wird (BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 677/16, juris Rn. 7, 26).

    2006
    Die Annahme, bereits ein rein „faktisches“ Handeln des Tatbeteiligten, das jedenfalls auch im Interesse des Einziehungsbeteiligten erfolgt, erfülle die Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz Nr. 1 StGB, begründet keine über den Gesetzeswortlaut oder den Willen des Gesetzgebers hinausgehende Auslegung des Tatbestandes. Sie hat insbesondere nicht zur Folge, dass die bloße adäquate Kausalität einer Vermögensmehrung bei dem Einziehungsbeteiligten die Einziehungsanordnung nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB begründen würde, ohne dass dem Tatbestandsmerkmal „für“ neben dem Merkmal „durch die Tat erlangt“ noch eigenständige Bedeutung zukommen würde.

    2007
    Der Passus „für ihn gehandelt“ ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ohne Weiteres einer Auslegung zugänglich, wonach es ausreicht, dass sich das Verhalten des Tatbeteiligten (nur) objektiv zugunsten des Dritten ausgewirkt hat und nach seinem Inhalt auch gerade darauf angelegt war, das Vermögen eines Dritten zu mehren, die Vermögensmehrung beim Dritten also nicht nur zufällig oder mittelbar erfolgte. Ferner kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch derjenige „für“ einen anderen handeln, der eine Besserstellung des anderen lediglich als Neben- oder Zwischenziel seines eigentlichen Anliegens verfolgt. Auch Sinn und Zweck der Regelung in § 73b StGB sowie die Gesetzeshistorie sprechen für eine entsprechende Interpretation. Es entsprach bereits hinsichtlich der früheren Vorschriften zur Verfallsanordnung in § 73 Abs. 3 StGB a.F. dem Willen des historischen Gesetzgebers, dass der Passus „für einen anderen“ weit zu verstehen sei, dieser mithin auch Fälle der Geschäftsführung ohne Auftrag sowie gutgläubige Bereicherte erfassen könne (ausführlich zur Genese des § 73 Abs. 3 StGB a.F. bereits BGH, Urteil vom 19.10.1999 - 5 StR 336/99, juris Rn. 11 ff., 20). Hieran knüpfte der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung vom 19.10.1999 an, in der er ein Verständnis des Tatbestandsmerkmals „für einen anderen“ skizzierte, das auch rein faktische Verhaltensweisen im Interesse des Dritten ausreichen lässt (5 StR 336/99, juris Rn. 39). Hierhinter wollte der Gesetzgeber bei Novellierung des Einziehungsrechts im Jahr 2017 erkennbar nicht zurückbleiben. Dies folgt nicht nur aus der ausdrücklichen Zitierung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.10.1999 in der Gesetzesbegründung, sondern auch aus dem in der Gesetzesbegründung explizit zum Ausdruck gebrachten Willen, durch die Novellierung des Einziehungsrechts eine effektive Abschöpfung der durch Straftaten erlangten Vermögenswerte zu gewährleisten (BT-Drs. 18/9525, S. 1 ff., 66).

    2008
    Tatsächlich wäre der Wortlaut des § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB n.F. sogar einer Auslegung zugänglich, die zu einer Erweiterung des Anwendungsbereichs der vom Bundesgerichtshof zuvor zu § 73 Abs. 3 StGB a.F. entwickelten Dritteinziehungsfälle führen würde. Denn während es nach § 73 Abs. 3 StGB a.F. darauf ankam, dass der Dritte gerade „dadurch“ etwas erlangt hat, dass der Tatbeteiligte „für“ ihn gehandelt hat, kann § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB n.F. das Erfordernis eines entsprechenden Ursachenzusammenhangs jedenfalls nicht unmittelbar entnommen werden, wenn es nunmehr nur noch darauf ankommt, dass der Dritte „durch die Tat“ etwas erlangt „und“ der Angeklagte „für“ ihn gehandelt hat (vgl. auch LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 14 f.).

    2009
    Das Tatbestandsmerkmal „für“ wird durch die weite Auslegung auch nicht deswegen konturlos, weil eine durch den Tatbeteiligten veranlasste Vermögensmehrung des Dritten immer in dessen Interesse liegen würde und infolgedessen bereits das Erlangen eines vermögenswerten Vorteils durch die Tat auf Seiten des Dritten stets zur Folge hätte, dass die Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB zu bejahen wären. Vielmehr fungiert die Voraussetzung, dass der Tatbeteiligte „für“ den Dritten gehandelt haben muss, auch weiterhin in Fällen, in denen die Vermögensmehrung des Dritten sich als rein zufällige oder mittelbare Folge des Verhaltens des Tatbeteiligten darstellt, als Korrektiv. Handelt der Täter oder Teilnehmer vorrangig aus eigenem Interesse, kommt eine Einziehung bei einem Dritten nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB hiernach nur in Betracht, wenn sich die von ihm entfaltete Tätigkeit typischerweise auch für den Dritten positiv auswirken kann und daher auch in seinem Interesse erfolgt (vgl. LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 16). Demgegenüber wäre von einem Handeln „für“ den Einziehungsbeteiligten etwa dann nicht auszugehen, wenn der Tatbeteiligte ursprünglich allein im eigenen Interesse gehandelt hat und der Vermögensvorteil unbeabsichtigt ausschließlich bei einem Dritten angefallen ist, bevor der Täter - nach Eintritt in das strafbare Versuchsstadium - die Tat vollenden und hierdurch selbst einen Vermögensvorteil erlangen konnte (vgl. LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 16).

    bb) Handeln „für“ die Einziehungsbeteiligte

    2010
    Hiervon ausgehend hat der Angeklagte CA in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 „für“ die Einziehungsbeteiligte gehandelt.

    2011
    (1) In den Fällen 1 und 2 war der Angeklagte CA hinsichtlich sämtlicher gehandelter Aktiengattungen an der Planung der Handelsaktivitäten, an ihrer Erfassung in der von ihm entworfenen Excel-Tabelle „German Analysis“ und an der Überwachung der einzelnen Aktientransaktionen maßgeblich beteiligt. Diese Transaktionen zielten gerade darauf ab, bei der YT-Bank diejenigen Handelsergebnisse herbeizuführen, die zur Grundlage der unrichtigen Steuererklärungen der Einziehungsbeteiligten gemacht und durch die Steueranrechnungen zu deren Gunsten bewirkt werden sollten. Die Tatbeiträge des Angeklagten CA verfolgten hiernach gerade (auch) den Zweck, Steuervorteile zugunsten der Einziehungsbeteiligten bzw. der YT-Bank zu erreichen. Insbesondere war der Angeklagte CA sich darüber bewusst, dass die YT-Bank als Leerkäuferin auftrat und an den Profiten beteiligt wurde, die sich daraus ergaben, dass bei dem Leerverkäufer ein Steuerabzug nicht erfolgte. Damit erfolgte sein Tätigwerden im Interesse der Einziehungsbeteiligten als Nutznießerin der im Rahmen der Steuerhinterziehungen zu Unrecht gewährten Steuervorteile. Dass dies nicht Hauptzweck des Tätigwerdens des Angeklagten CA war, ist unbeachtlich. Vielmehr reichen sein Bewusstsein und sein Wille, dass die Aktientransaktionen gerade mit dem Ziel erfolgten, Steuer- bzw. wirtschaftliche Vorteile bei der Einziehungsbeteiligten bzw. bei einem Angehörigen der YT-Gruppe zu generieren.

    2012
    Das Vorstehende beansprucht Geltung sowohl für die Transaktionen, die der Angeklagte CA in den Fällen 1 und 2 im Rahmen seiner Tätigkeit bei der YJ begleitet hat, als auch für diejenigen Geschäfte, die im Fall 2 nach Beendigung seines Angestelltenverhältnisses bei der YJ und der Gründung der ZD-Gesellschaften von ihm organisiert wurden. Denn die unterschiedliche formelle Eingliederung des Angeklagten in die YJ bzw. die ZD-Gesellschaften wirkte sich in den Jahren 2007 und 2008 noch nicht entscheidend auf Art und Umfang seiner Einbindung in die Planung und Durchführung der Handelsaktivitäten aus. Vielmehr führte er hinsichtlich sämtlicher von Fall 2 erfasster Aktientransaktionen, die in die Haupt-Dividendensaison des Jahres 2008 fielen, die identischen Aufgaben aus, die er zuvor während seiner Anstellung bei der YJ erfüllt hatte.

    2013
    Für die seit dem 29.02.2008 im Fall 2 durchgeführten Transaktionen ergibt sich ein Handeln des Angeklagten CA „für“ die Einziehungsbeteiligte ferner aus den unter seiner Beteiligung im Jahr 2008 vereinbarten Investment Partnership Agreements mit der YT-Bank. Diese bildeten die Grundlage dafür, dass der Angeklagte CA in der Haupt-Dividendensaison des Jahres 2008 Aktientransaktionen der YT-Bank strukturierte und begleitete und hierdurch unmittelbar deren Interesse an der Durchführung der Transaktionen erfüllte. Unbeachtlich ist insoweit, dass die Vereinbarung vom 29.02.2008 nicht mit der Einziehungsbeteiligten selbst, sondern der YT-Bank als deren Organgesellschaft abgeschlossen wurde. Denn wie bereits im Zusammenhang mit dem erlangten Etwas dargelegt, sind Handelsergebnisse der Organgesellschaft und hierdurch bewirkte Einnahmen dem Organträger zuzurechnen und bei diesem zum Gegenstand der steuerlichen Veranlagung zu machen. Die vertragsgemäß von dem Angeklagten CA vorbereiteten und durchgeführten Aktientransaktionen zielten somit von vornherein darauf ab, Handelsergebnisse zu bewirken, die sich in den Steuererklärungen der Einziehungsbeteiligten widerspiegeln und infolgedessen bei dieser zur Gewährung nicht gerechtfertigter Steuervorteile führen würden.

    2014
    Dass die Tätigkeit des Angeklagten CA im Jahr 2007 und für die ersten beiden Transaktionen der Dividendensaison 2008 nicht auf Grundlage einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung zwischen ihm bzw. einer ZD-Gesellschaft und der YT-Bank erfolgte, steht der Annahme eines Handelns „für“ die Einziehungsbeteiligte nicht entgegen. Denn das Tatbestandsmerkmal „für“ ist nicht an den Bestand einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung geknüpft, sondern kann selbst im Falle einer „Geschäftsführung ohne Auftrag“ und vergleichbaren Fallkonstellationen verwirklicht sein (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 17). Insbesondere kann auch derjenige „für“ den Profiteur einer Steuerhinterziehung handeln, dessen Tatbeiträge dem Profiteur nicht unmittelbar, sondern vermittelt durch einen anderen Tatbeteiligten oder Akteur zugutekommen (vgl. BGH, Urteil vom 05.09.2017 - 1 StR 677/16, juris Rn. 7, 26).

    2015
    Auch die Tathandlungen, die der Angeklagte CA noch während seiner Zeit als Mitarbeiter der YJ erbrachte, zielten darauf ab, CumEx-Geschäfte der YT-Bank zu strukturieren und ihre Durchführung zu überwachen. Die Eingliederung des Angeklagten CA in die Unternehmensstruktur der YJ steht der Annahme, er habe (auch) für die Einziehungsbeteiligte gehandelt, nicht entgegen. Zwar mag insoweit für den Angeklagten CA die Erfüllung seiner arbeitsrechtlichen Verpflichtungen als Mitarbeiter für die YJ im Vordergrund gestanden haben. Jedoch handelte er innerhalb der YJ als Angehöriger eines in weiten Teilen selbständig agierenden Handelstisches und bereitete in dieser Eigenschaft die CumEx-Geschäfte der YT-Bank vor. Bei einer rein wirtschaftlich-faktischen Betrachtung zielte das tatbestandsmäßige Verhalten des Angeklagten CA jedenfalls maßgeblich auch darauf ab, als Folge der einzelnen Aktientransaktionen Vermögensvorteile auf Seiten eines Angehörigen der YT-Gruppe zu generieren. Dies war ihm auch bewusst und jedenfalls Nebenziel seines Handelns. Dass an den Ergebnissen der Geschäfte wirtschaftlich auch die YJ und möglicherweise der Angeklagte selbst über erhöhte Bonizahlungen oder auf anderem Wege profitieren konnten, vermag nichts daran zu ändern, dass die Handlungen des Angeklagten auch im Jahr 2007 und zu Beginn der Dividendensaison 2008 darauf gerichtet waren, CumEx-Geschäfte der YT-Bank vorzubereiten und zu begleiten, deren Ergebnisse in Gestalt von nicht gerechtfertigten Steuervorteilen unmittelbar allein zu Gunsten der Einziehungsbeteiligten realisiert werden sollten.

    2016
    Keiner Feststellung bedurfte in diesem Zusammenhang zuletzt, inwieweit dem Angeklagten CA die Strukturierung der Einziehungsbeteiligten und insbesondere die organschaftliche Stellung der YT-Bank bekannt waren. Ein Handeln „für“ einen anderen setzt nicht voraus, dass der Täter bzw. Teilnehmer über Detailkenntnisse hinsichtlich des Profiteurs seiner Taten verfügt, solange er nur in dem Bewusstsein agiert, dass sein Verhalten geeignet ist, wirtschaftliche Vorteile zugunsten eines Dritten zu bewirken. Insoweit reicht es aus, dass nach dem Willen des Tatbeteiligten wirtschaftliche Vorteile auch bei einem Dritten eintreten sollen, ohne dass dies Hauptzweck seines Tätigwerdens sein müsste. So liegt der Fall hier, zumal dem Angeklagten CA jedenfalls die Einbeziehung der YT-Bank bekannt war.

    2017
    (2) Der Angeklagte CA handelte auch in den Fällen 3 und 8 im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB „für“ die Einziehungsbeteiligte. Dem steht nicht entgegen, dass er nach den getroffenen Feststellungen in der insoweit jeweils betroffenen Dividendensaison der Jahre 2009 und 2010 nicht mehr originär in die unmittelbare Strukturierung der Transaktionen eingebunden war und auch deren Durchführung nicht mehr in jedem Einzelfall begleitete. Denn der Angeklagte CA traf zunächst gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten BM die Entscheidung, die Geschäftsbeziehung mit der YT-Bank durch Fortführung des Investment Partnership Agreements fortzusetzen. Hierdurch schaffte er willentlich die Grundlage dafür, dass die Einziehungsbeteiligte bzw. deren Organgesellschaft im Rahmen der Aktientransaktionen in den Dividendensaisonen 2009 und 2010 mit dem Ziel durch die ZD Capital Ltd. beraten wurde, von den erwarteten Steuervorteilen wirtschaftlich zu profitieren.

    2018
    Der Angeklagte CA handelte in den Fällen 3 und 8 ferner dadurch „für“ die Einziehungsbeteiligte, dass er dem für die YT-Bank agierenden gesondert Verfolgten AW durchgehend als Ansprechpartner für etwaige Rückfragen zu den durchzuführenden Geschäften zur Verfügung stand.

    2019
    (3) Ein Handeln des Angeklagten CA „für“ die Einziehungsbeteiligte im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB liegt zuletzt auch im Fall 11 vor. So war er wiederum zunächst in die Entscheidung eingebunden, die Geschäfte mit der YT-Bank auch im Jahr 2011 fortzuführen. Insbesondere stand der Angeklagte CA aber wie in den Jahren zuvor wiederum als Ansprechpartner der Händler der YT-Bank zur Verfügung und begleitete in diesem Zusammenhang die Vorbereitung der Transaktionen hinsichtlich der in diesem Jahr allein gehandelten Aktiengattungen ThyssenKrupp AG und Siemens AG.

    c) Höhe des Einziehungsbetrages              

    2020
    Einzuziehen war auf Seiten der Einziehungsbeteiligten insgesamt ein Betrag in Höhe von 176.574.603 Euro. Dieser setzt sich aus den zu Unrecht angerechneten Steuerbeträgen in Höhe von insgesamt 166.574.603 Euro und den hieraus gezogenen Nutzungen in Höhe von - geschätzt - 10.000.000 Euro zusammen. Nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abziehbare Aufwendungen liegen nicht vor.

    aa) Wertersatzeinziehung

    2021
    Die nicht gerechtfertigten Steuervorteile in Gestalt der Anrechnungsverfügungen und der in deren Folge bewirkten Gutschriften auf Konten der Einziehungsbeteiligten können als solche nicht eingezogen werden. Folglich ist nach § 73c Satz 1 StGB die Einziehung eines Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. Dies ist im Ausgangspunkt ein Betrag in Höhe der in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 zu Unrecht angerechneten Steuern. Dieser beläuft sich auf insgesamt 166.574.603 Euro und setzt sich im Hinblick auf die einzelnen Taten wie folgt zusammen:

    2022 2023
    •Fall   1 (Steuererklärung 2007): 37.356.589 Euro;

    2024
    •Fall   2 (Steuererklärung 2008): 35.762.484 Euro;

    2025
    •Fall   3 (Steuererklärung 2009): 46.779.448 Euro;

    2026
    •Fall   8 (Steuererklärung 2010): 42.676.314 Euro;

    2027
    •Fall 11 (Steuererklärung 2011):   3.999.768 Euro.

    bb) Gezogene Nutzungen

    2028
    Einzuziehen waren darüber hinaus nach § 73 Abs. 2 StGB die durch die Einziehungsbeteiligte aus den zu Unrecht angerechneten Steuern erwirtschafteten Nutzungen in Höhe von 10.000.000 Euro. Die Regelung findet auf die Fälle des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB aufgrund der dort enthaltenen unbeschränkten Verweisung auf § 73 StGB unmittelbar Anwendung (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 40).

    2029
    (1) Die Kammer hat von der durch § 73d Abs. 2 StGB eingeräumten Möglichkeit der Schätzung der gezogenen Nutzungen Gebrauch gemacht, da die exakte Ermittlung der seitens der Einziehungsbeteiligten gezogenen Nutzungen nicht möglich ist, jedenfalls aber einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert hätte. Auch ein Abstellen auf gesetzliche Vermutungsregeln oder Zinssätze kam nicht in Betracht.

    2030
    Über § 73 Abs. 2 StGB einziehbar sind die vom Einziehungsadressaten tatsächlich gezogenen Nutzungen im Sinne der §§ 99, 100 BGB (Sch/Sch-Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 73 Rn. 26; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73 Rn. 45). Es reicht insoweit nicht aus, dass Nutzungen hätten gezogen werden können oder sollen. Auch eine abstrakte Berechnung oder die Heranziehung gesetzlicher Zinssätze - hier etwa nach §§ 235, 238 AO - kommt vor dem Hintergrund, dass § 73 Abs. 2 StGB nur tatsächlich gezogene Nutzungen erfasst, nicht in Betracht (vgl. auch LG Hildesheim, Beschluss vom 03.12.2018 - 22 Qs 8/18, juris Rn. 21).

    2031
    […]

    d) Keine abziehbaren Aufwendungen durch die Einziehungsbeteiligte

    2032
    Von dem so ermittelten Einziehungsbetrag in Höhe von 176.574.603 Euro sind keine Aufwendungen nach § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB abzuziehen. Die Einziehungsbeteiligte selbst hat unmittelbar keine Aufwendungen getätigt, vielmehr kommen von vornherein allenfalls Leistungen der YT-Bank als Organgesellschaft der Einziehungsbeteiligten in Betracht. Soweit diese Aufwendungen getätigt hat, unterfallen diese dem Abzugsverbot aus § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB, da sie der Vorbereitung der Tat dienten.

    2033
    Aufwendungen im Sinne des § 73d Abs. 1 StGB sind grundsätzlich alle geldwerten Leistungen, die zur Ermöglichung oder Durchführung der Tat aufgewendet wurden (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73d Rn. 4). Derartige Leistungen könnten in den von der YT-Bank gezahlten Kaufpreisen für die gehandelten Aktien und in den an YW bzw. an die ZD Capital Ltd. und an die ZC Capital Ltd. geleisteten Gebühren bzw. Gewinnbeteiligungen zu erblicken sein. Ob es sich hierbei jeweils um Aufwendungen im Sinne des § 73d Abs. 1 StGB handelt, kann indes offenbleiben, da jedenfalls sämtliche dieser Zahlungen für die Vorbereitung der Taten erbracht wurden und daher dem Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB unterfallen.

    aa) Handelsverluste

    2034
    Die YT-Bank hat im Rahmen der den Steuererklärungen und Steueranrechnungen vorgehenden Aktien- und Derivattransaktionen Handelsverluste erlitten. Denn die von ihr investierten Kaufpreise wurden durch die gegenläufigen Future-Verkaufstransaktionen auch unter Berücksichtigung der von ihr bezogenen Netto-Dividendenkompensationszahlungen nicht vollständig ausgeglichen. Der durch die investierten Kaufpreise begründete Vermögensabfluss wurde indes für die Vorbereitung der Tat aufgewendet und fällt daher jedenfalls unter § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB.

    2035
    Nach § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB besteht ein grundsätzliches Abzugsverbot für solche Aufwendungen, die für die Vorbereitung oder Begehung einer Straftat getätigt werden (BT-Drs. 18/9525, S. 68; Rönnau/Begemeier, NStZ 2020, 1, 8). Nach dem durch die Regelung aufgegriffenen Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 BGB entfällt die Abzugsmöglichkeit jedenfalls für Leistungen, die in ein verbotenes Geschäft im Sinne des § 134 BGB investiert werden (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73d Rn. 12). Hieraus folgt jedoch nicht, dass § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB nur dann zur Anwendung gelangt, wenn gerade die Aufwendung selbst unmittelbar strafbewehrt oder Teil eines Rechtsgeschäfts ist, das einem gesetzlichen Verbot unterfällt. Vielmehr ist erforderlich und ausreichend, dass die Aufwendungen gerade zu dem Zweck erfolgten, die tatbestandsmäßige Handlung vorzubereiten oder zu ermöglichen (vgl. BGH, Beschluss vom 31.07.2018 - 3 StR 620/17, juris Rn. 30). Von dem Abzugsverbot betroffen sind etwa Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Waren, die für den späteren Verkauf unter Umgehung außenwirtschaftlicher Bestimmungen erworben werden (BT-Drs. 18/9525, S. 68). Auch der für Aktien aufgewendete Kaufpreis soll nicht abzugsfähig sein, wenn die Aktien für ein Insidergeschäft angeschafft (BT-Drs. 18/9525, S. 68), mithin zu einem späteren Zeitpunkt für ein solches eingesetzt werden sollen. Weder der Erwerb der Waren noch der Kauf der Aktien ist in diesen Konstellationen strafbewehrt oder unterfällt einem Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Gleichwohl gelangt das Abzugsverbot des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB zur Anwendung, wenn der Erwerb der Waren bzw. der Kauf der Aktien gerade mit dem Ziel getätigt werden, zu einem späteren Zeitpunkt strafbewehrte bzw. einem Verbotsgesetz unterfallende Handlungen zu ermöglichen. Dementsprechend können auch die im Zusammenhang mit Aktientransaktionen investierten Beträge, die eine spätere Steuerhinterziehung vorbereiten sollen, im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB für die Begehung der Tat bzw. deren Vorbereitung aufgewendet sein (vgl. LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73d Rn. 21).

    2036
    Auch die von der YT-Bank im Rahmen der Aktientransaktionen investierten Kaufpreise wurden hiernach für die Vorbereitung der Steuerhinterziehungstaten nach § 370 Abs. 1 AO investiert. Denn die Transaktionen verfolgten das alleinige Ziel, (inhaltlich unzutreffende) Steuerbescheinigungen zu produzieren, die zum Gegenstand der (unrichtigen) Steuererklärungen gemacht werden und die eine doppelte Anrechnung von nur einmal einbehaltener Kapitalertragsteuer bewirken sollten. Hiervon losgelöste Zwecke waren mit den Geschäften nicht verbunden. Insbesondere die mit einer Übertragung von Aktien üblicherweise einhergehenden Gewinn- und Verlustmöglichkeiten wurden durch die Beteiligten im Rahmen der wechselseitigen Transaktionen ausgeschlossen. Auch die Möglichkeit der Stimmrechtsausübung spielte für die Kaufentscheidung keine Rolle. Die Transaktionen konnten für die YT-Bank bzw. die Einziehungsbeteiligte überhaupt nur dadurch profitabel werden, dass zu ihren Gunsten Kapitalertragsteuer zu Unrecht angerechnet wird. Dementsprechend sind die Transaktionen als einheitliches Erwerbsgeschehen zur Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteilen im Sinne von § 370 Abs. 1 AO anzusehen. Die insoweit investierten Kaufpreise sind jedenfalls wegen § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB nicht als abzugsfähige Aufwendungen zu berücksichtigen (vgl. Knauer/Schomburg, NStZ 2019, 305, 316; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73d Rn. 21 Fn. 56).

    2037
    Soweit die Gesetzesbegründung zum Ausdruck bringt, § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB erfasse nur solche Aufwendungen, die jedenfalls bedingt vorsätzlich für die Begehung der Tat oder ihre Vorbereitung investiert worden sind (BT-Drs. 18/9525, 69; BGH, Urteil vom 23.07.2019 - 1 StR 107/18, juris Rn. 35; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73d Rn. 6; Schäuble/Pananis, NStZ 2019, 65, 69 f.; kritisch demgegenüber LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73d Rn. 14), liegt auch diese Voraussetzung vor. Die gesondert Verfolgten BP und BX als Vertreter der Einziehungsbeteiligten handelten bereits im Zeitpunkt der ersten verfahrensgegenständlichen Aktientransaktionen im Mai 2007 vorsätzlich dahin, dass der Erwerb der Aktien von einem Leerverkäufer und die hiermit einhergehenden „Investitionen“ erfolgten, um Dividendenkompensationszahlungen zu erlangen und um die Erstellung von unrichtigen Steuerbescheinigungen auszulösen. Von ihrem anfänglichen Vorstellungsbild umfasst war es weiterhin, hierauf aufbauend im Rahmen der jährlichen Veranlagung die Anrechnung von zuvor auf die erlangten Kompensationszahlungen von keinem Beteiligten entrichteten Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag ohne zu Grunde liegenden Anspruch zu beantragen. Dieser insoweit in ihrer Person begründete Vorsatz bestand während sämtlicher im Folgenden getätigter Aktientransaktionen fort.

    bb) Weitere Zahlungen

    2038
    Auch die weiteren seitens der YT-Bank geleisteten Zahlungen an Dritte begründen keine nach § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB abzugsfähigen Aufwendungen. Zahlungen an YW über die Bank YY AG, an die ZD Capital Ltd. bzw. die ZC Capital Ltd. und an zwischengeschaltete Broker erfolgten ausschließlich zu dem Zweck, die rechtliche Beratung im Umfeld der CumEx-Transaktionen sowie die Strukturierung, Planung und Durchführung der Aktientransaktionen zu gewährleisten bzw. zu honorieren. Auch derartige Aufwendungen wurden somit jedenfalls für die Vorbereitung der Steuerhinterziehungen getätigt, wobei im Hinblick auf das vorsätzliche Handeln der gesondert Verfolgten BP und BX als Vertreter der Einziehungsbeteiligten die vorstehenden Ausführungen entsprechend gelten. Hiervon zu differenzierende - abziehbare - Aufwendungen im Sinne des § 73d Abs. 1 Satz 1 StGB liegen nicht vor. Sonstige Minderungen der erlangten Steueranrechnungen, die erst nach der erfolgten Anrechnung und Auszahlung der Steuerbeträge erfolgten, wären von vornherein allenfalls über § 73e Abs. 2 StGB zu berücksichtigen (hierzu sogleich).

    e) Kein Ausschluss der Einziehung               

    2039
    Die Einziehung ist nicht - teilweise - nach § 73e StGB ausgeschlossen. Weder ist der dem verletzten Steuerfiskus aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten bzw. auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsene Anspruch erloschen im Sinne des Abs. 1 der Vorschrift noch kann sich die Einziehungsbeteiligte auf einen etwaigen Wegfall der Bereicherung im Sinne des § 73e Abs. 2 StGB berufen.

    aa) Kein Erlöschen nach § 73e Abs. 1 StGB

    2040
    Der Anordnung der Einziehung steht § 73e Abs. 1 StGB nicht entgegen. Hiernach ist die Einziehung auch in den Fällen des § 73b StGB ausgeschlossen, wenn der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist.

    2041
    Durch die verfahrensgegenständlichen Taten verletzt ist der Steuerfiskus, auf dessen Rechnung zu Unrecht Steuervorteile angerechnet und ausgekehrt wurden. Dem Fiskus erwächst in dieser Konstellation ein Anspruch auf Rückzahlung der zu Unrecht ausgewiesenen Beträge gegen den Steuerschuldner, der rechtstechnisch grundsätzlich durch die Rücknahme bzw. Änderung der zu seinen Gunsten erfolgten Anrechnungsverfügung nach § 130 AO umgesetzt wird (Jehke/Blank, DStR 2017, 905, 910). Dabei stellt die Anrechnungsverfügung bzw. deren Änderung einen rein deklaratorischen Verwaltungsakt dar, der selbst keine Ansprüche begründet, die nicht bereits unabhängig von der Anrechnungsverfügung bestehen (BFH, Urteil vom 25.10.2011 - VII R 55/10, juris Rn. 13). Der Rückzahlungsanspruch als solcher ergibt sich insoweit dem Grunde und der Höhe nach unmittelbar aus der Rechtswidrigkeit der Anrechnung der Beträge und ist weder hinsichtlich seines Entstehens noch hinsichtlich seiner Fälligkeit von einer tatsächlichen Änderung der Anrechnungsverfügung abhängig (BFH, Urteil vom 25.10.2011 - VII R 55/10, juris Rn. 12 ff.).

    2042
    (1) Zugunsten des Steuerfiskus sind gegen die Einziehungsbeteiligte infolge der in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 zu Unrecht erfolgten Steueranrechnungen Rückzahlungsansprüche in Höhe von 166.574.603 Euro entstanden. Diese Ansprüche sind nicht (teilweise) erloschen. Von einem - ggf. teilweisen - Erlöschen ist grundsätzlich nur auszugehen, wenn Erfüllung eingetreten ist oder der Verletzte im Rahmen eines Vergleichs oder Erlasses oder auf sonstige Weise rechtswirksam auf seine Ansprüche verzichtet hat (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73b Rn. 4; zum Erlöschen durch Vergleich BGH, Beschluss vom 19.09.2018 - 1 StR 183/18, juris Rn. 5, 7). Nicht ausreichend ist demgegenüber der bloße Erlass eines Steuer- oder sonstigen Zahlungsbescheides, solange auf diesen keine Zahlungen erfolgt sind (LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 5; Madauß, NZWiSt 2018, 49, 50). Dies folgt bereits daraus, dass der bloße Erlass eines Steuerbescheides ohne hierauf erfolgte Zahlung keinen Erlöschenstatbestand begründet (Madauß, NZWiSt 2018, 49, 50).

    2043
    Erfüllung in dem vorstehend umschriebenen Sinn ist hinsichtlich der Ansprüche des Fiskus nicht eingetreten. Zahlungen auf die zu Unrecht angerechneten Steuern sind weder durch die Einziehungsbeteiligte noch durch einen Dritten erfolgt. Auch eine Einigung im Wege des Vergleichs oder Erlasses hat nicht stattgefunden. Soweit das Finanzamt YC die Steueranrechnungen für die Veranlagungszeiträume 2010 und 2011 mit Bescheiden vom 11.12.2017 und 05.12.2018 und die zuvor gewährten Aussetzungen der Vollziehungen durch Bescheide vom 24.02.2020 zurückgenommen hat, sind auch auf diese Bescheide im Urteilszeitpunkt noch keine Zahlungen auf die zu Unrecht gewährten Steuervorteile geleistet worden. Auch sind die Bescheide aufgrund der seitens der Einziehungsbeteiligten betriebenen Einspruchsverfahren nicht in Bestandskraft erwachsen.

    2044
    (2) Der Anspruch des Steuerfiskus gegen die Einziehungsbeteiligte ist auch nicht durch eine steuerrechtliche Verjährung nach §§ 47, 232 AO erloschen, die nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesgerichtshofs vom 24.10.2019 (1 StR 173/19, juris Rn. 6) auch im Rahmen des § 73e Abs. 1 StGB zu berücksichtigen ist. Denn die Ansprüche des durch die Taten verletzten Steuerfiskus gegen die Einziehungsbeteiligte sind nicht verjährt.

    2045
    (a) Eine Festsetzungsverjährung im Sinne des § 169 AO kommt hinsichtlich der Anrechnungsverfügung bzw. eines insoweit zu erlassenden Änderungsbescheides von vornherein nicht in Betracht, da es sich hierbei um Verwaltungsakte im Steuererhebungsverfahren handelt, in dem grundsätzlich nur die Regelungen zur Zahlungsverjährung zur Anwendung gelangen (BFH, Urteile vom 29.10.2013 - VII R 68/11, juris Rn. 13; vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 9). Abgesehen hiervon wäre eine Festsetzungsverjährung in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 aber auch nicht eingetreten. Diese beträgt im Hinblick auf die verwirklichten Steuerhinterziehungen nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zehn Jahre und begann nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die betreffenden Steuererklärungen eingereicht wurden. Unabhängig von dem sich insoweit ergebenden Lauf der Verjährungsfristen für die einzelnen Fälle endet die Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 AO nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat verjährt ist. Strafrechtliche Verjährung ist hinsichtlich der in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 verwirklichten Steuerhinterziehungen indes noch nicht eingetreten. Der Anwendungsbereich der § 169 Abs. 2 Satz 2, § 171 Abs. 7 AO ist auch eröffnet. Hierfür reicht es aus, dass es sich bei den zugunsten der Einziehungsbeteiligten angerechneten Beträgen objektiv um hinterzogene Steuern handelt, unabhängig davon, wer die Steuerhinterziehung begangen hat (BFH, Urteil vom 29.08.2017 - VIII R 32/15, juris Rn. 33). Denn die Eigenschaft einer Steuer, hinterzogen zu sein, haftet dieser unabhängig davon an, durch wen die Hinterziehung verwirklicht wurde (BFH, Urteil vom 29.08.2017 - VIII R 32/15, juris Rn. 33).

    2046
    (b) Den Ansprüchen des Fiskus steht ferner keine Zahlungsverjährung im Sinne von § 228 AO entgegen, die nach §§ 47, 232 AO zum Erlöschen des Anspruchs des Fiskus auf Rückzahlung der zu Unrecht angerechneten Kapitalertragsteuern nebst Solidaritätszuschlag nach § 73e Abs. 1 StGB führen könnte.

    2047
    (aa) Hinsichtlich der Fälle 8 und 11 folgt der Nichteintritt der Zahlungsverjährung unmittelbar aus § 228 Satz 2 AO, wonach die Verjährungsfrist in Fällen des § 370 AO zehn Jahre beträgt. Die Regelung gilt nach Art. 97 § 14 Abs. 5 EGAO für alle am 24.06.2017 noch nicht abgelaufene Verjährungsfristen. War die - nach § 228 Satz 2 AO a.F. fünfjährige - Verjährungsfrist am 24.06.2017 bereits abgelaufen, beansprucht die dann eingetretene Verjährung hingegen Geltung. Die Steuerbescheide in den Fällen 8 und 11 datieren auf den 30.03.2012 und auf den 04.10.2013, so dass die ursprünglich fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist nach § 229 Abs. 1 Satz 1 AO frühestens mit Ablauf des 31.12.2017 bzw. des 31.12.2018 und damit nach dem 24.06.2017 abgelaufen wäre. Damit findet § 228 Satz 2 AO n.F. Anwendung, die Verjährungsfrist hat sich jedenfalls bis zum 31.12.2022 bzw. bis zum 31.12.2023 verlängert. Da diese Zeitpunkte bei Urteilsverkündung noch nicht erreicht waren, kommt es hinsichtlich der Fälle 8 und 11 auf die nachfolgenden Ausführungen zur Zahlungsverjährung nach erfolgter bzw. noch möglicher Berichtigung der Steuerfestsetzung nicht mehr an.

    2048
    (bb) Auch im Hinblick auf die Fälle 1, 2 und 3 steht eine Zahlungsverjährung den Rückzahlungsansprüchen des Fiskus nicht entgegen. Allerdings datieren die Steuerbescheide, in denen die maßgeblichen Anrechnungsverfügungen enthalten sind, auf den 20.04.2009 (Fall 1), den 14.04.2010 (Fall 2) sowie den 05.04.2011 (Fall 3), so dass die fünfjährige Verjährungsfrist des § 228 Satz 2 AO a.F. grundsätzlich mit Ablauf des 31.12. der Jahre 2014, 2015 und 2016 und damit vor dem 24.06.2017 abgelaufen wäre. Insoweit ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass die Verjährungsfrist im Regelfall mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO) zu laufen beginnt, in dem die ursprüngliche Steuerfestsetzung bekannt gegeben worden ist (BFH, Urteil vom 27.10.2009 - VII R 51/08, juris Rn. 32 ff.). Nach Ablauf der durch diese Bekanntgabe in Lauf gesetzten Frist des § 228 AO kommt die Änderung einer Anrechnungsverfügung grundsätzlich nicht mehr in Betracht. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um die nachträgliche Anrechnung von durch Steuerabzug entrichteten Beträgen und somit um eine Verringerung der Abschlusszahlung oder um die Korrektur einer solchen Anrechnungsverfügung zu Lasten des Steuerpflichtigen geht (BFH, Urteile vom 12.02.2008 - V II R 33/06, juris Rn. 11 f.; vom 27.10.2009 - VII R 51/08, juris Rn. 34; vom 25.10.2011 - VII R 55/10, juris Rn. 16).

    2049
    Abweichendes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch dann, wenn durch einen innerhalb der Festsetzungsfrist ergehenden Steueränderungsbescheid die Steuerfestsetzung geändert wird (BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 9). Ein solcher Änderungsbescheid setzt mit seiner Bekanntgabe eine neue Zahlungsverjährung nach § 228 AO in Lauf (BFH, Urteil von 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 9, 11). Dies gilt für die in Folge des Änderungsbescheides erforderliche angepasste Anrechnungsverfügung in vollem Umfang. Ergeht die angepasste Anrechnungsverfügung nicht bereits zusammen mit dem Änderungsbescheid, ist sie innerhalb dieser neu in Lauf gesetzten fünfjährigen Zahlungsverjährungsfrist im Rahmen einer isolierten Änderung der Anrechnungsverfügung vorzunehmen. Hintergrund ist die durch § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG bewirkte Verknüpfung zwischen Steuerfestsetzungs- und Steuererhebungsverfahren, die dem Steuerbescheid eine einem Grundlagenbescheid ähnliche bindende Wirkung für ihm folgende Anrechnungsverfügungen bzw. Abrechnungsbescheide verleiht. Eine Änderung der Anrechnungsverfügung ist daher stets möglich, wenn in einem Steueränderungsbescheid eine Änderung der Steuerfestsetzung erfolgt. Erst dieser Änderungsbescheid setzt dann die maßgebliche Zahlungsverjährung in Gang, die im Falle ihres Ablaufs den Tatbestand des § 232 AO verwirklichen kann (vgl. FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 30 mit weiteren Nennungen; bestätigt durch BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 7 ff.).

    2050
    Die durch eine veränderte Steuerfestsetzung in einem Änderungsbescheid bewirkte erneute Ingangsetzung der Zahlungsverjährungsfrist nach §§ 228, 229 AO ermöglicht eine Anpassung der Steuerabrechnung in vollem Umfang. Eine Beschränkung auf den Umfang der Änderung der Steuerfestsetzung existiert nicht, insbesondere tritt keine Teilverjährung hinsichtlich derjenigen Beträge ein, auf die sich die Anpassungen im Steueränderungsbescheid nicht beziehen (BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 11; Schmitt, DStRE 2014, 500, 502 f.; a.A. Kleutgens FR 2018, 774, 778; Rüsken, in: Klein, AO, 14. Aufl., § 229 Rn. 5a). Dies folgt bereits daraus, dass für einen bestimmten Veranlagungszeitraum ein einheitlicher Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis existiert, der bei mehrfach geänderter Steuerfestsetzung nicht in unterschiedliche Steuerzahlungsansprüche oder Erstattungsansprüche aufgespalten werden kann, die in Abhängigkeit vom Erlass der jeweiligen Steuer(änderungs)bescheide unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen (BFH, Urteile vom 16.02.1996 - VII R 50/95, juris Rn. 30; vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 11; FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 33). Mit der der geänderten Steuerfestsetzung angepassten Anrechnungsverfügung wird der Betrag einer zu leistenden Abschlusszahlung bzw. Erstattung im Steuerbescheid im Ganzen neu ausgewiesen, nicht lediglich im Hinblick auf den über die geänderte Anrechnungsverfügung hinausgehenden Betrag (BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 11). Insoweit verliert der geänderte Bescheid durch den Änderungsbescheid in vollem Umfang und somit insbesondere auch hinsichtlich des Laufs der Zahlungsverjährungsfrist seine Wirkung.

    2051
    Soweit in § 231 Abs. 4 AO der Fall einer teilweisen Zahlungsverjährung ausdrücklich normiert ist, begründet dies keinen Widerspruch zu der Annahme, dass keine Teilverjährung hinsichtlich derjenigen Beträge eintritt, auf die sich Anpassungen im Steueränderungsbescheid nicht beziehen. Denn eine Teilzahlungsverjährung bleibt in Fällen eines auf einen Teilbetrag der Abschlusszahlung anzuwendenden Unterbrechungstatbestandes möglich, sofern auf den den ursprünglichen Zahlungsanspruch auslösenden Bescheid innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist keinerlei Zahlungen erfolgen und ein Änderungsbescheid nicht ergeht (FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 34). Vor diesem Hintergrund besteht auch keine Notwendigkeit, im Falle einer nach Eintritt der Zahlungsverjährung geänderten Steuerfestsetzung den Beginn einer durch den Änderungsbescheid ausgelösten (neuen) Zahlungsverjährung nur insoweit in Betracht zu ziehen, als sich durch den Änderungsbescheid ein höheres Leistungsgebot ergibt (FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 34; bestätigt durch BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 7 ff.).

    2052
    Die vorstehend dargelegten Grundsätze stehen nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 29.10.2013 (VII R 68/11). Hierin führte der Bundesfinanzhof aus, dass im Falle einer Änderung der Einkommenssteuerfestsetzung in einem Änderungsbescheid hinsichtlich der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommenssteuer anzurechnenden Beträge „im Umfang“ dieser Änderung auch die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen sei. Eine zwischenzeitlich eingetretene Zahlungsverjährung stehe dem nicht entgegen, da die Zahlungsverjährungsfrist des § 228 AO mit der Bekanntgabe des Steueränderungsbescheides „insoweit“ erneut in Lauf gesetzt werde (BFH, Urteil vom 29.10.2013 - VII R 68/11, juris Rn. 15). Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung hat der Bundesfinanzhof hierdurch nicht zum Ausdruck gebracht, dass im Falle einer Änderung der Einkommenssteuerfestsetzung auch die Anrechnungsverfügung generell nur insoweit geändert werden könne, wie sich die Festsetzung der Einkommenssteuer geändert hat, so dass auch die erneute Ingangsetzung der Zahlungsverjährungsfrist auf diesen Betrag beschränkt sei (so aber Kleutgens, FR 2018, 774, 779). Vielmehr folgt jedenfalls aus der vom selben Senat am 18.09.2018 (VII R 18/18) getroffenen Entscheidung, dass die Steueranrechnung in Folge eines Steueränderungsbescheides in vollem Umfang geändert werden kann, die Änderbarkeit also nicht auf den Umfang der im Rahmen der Neufestsetzung der Einkünfte geänderten Steuer beschränkt ist (so bereits Schmitt, DStRE 2014, 500, 502 f. zur Entscheidung vom 29.10.2013).

    2053
    Der Bundesfinanzhof hat auch in seiner im Jahr 2018 ergangenen Entscheidung die im Urteil vom 29.10.2013 gewählte Formulierung aufgegriffen, wonach im Falle einer Änderung der Festsetzung der Einkommenssteuer „im Umfang dieser“ Änderung die mit dem Änderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung anzupassen sei. Gleichwohl bestätigte er im Ergebnis die erstinstanzliche Entscheidung des FG München, wonach nach Ergehen eines Änderungsbescheides zur Einkommenssteuer die Zahlungsverjährung insgesamt neu in Gang gesetzt wird und nicht nur in dem Umfang, in dem der Änderungsbescheid betragsmäßig von bisher festgesetzten Steuern abweicht und nicht auf Anrechnungsbeträgen beruht (BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 9 ff.; FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 30, dort mit der weiterreichenden Schlussfolgerung, wonach die Zahlungsverjährung im Regelfall nicht vor der Festsetzungsverjährung eintreten könne, sowie Rn. 33). Denn für einen bestimmten Veranlagungszeitraum der Einkommensteuer bestehe ein einheitlicher Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der bei mehrfach geänderter Steuerfestsetzung nicht in unterschiedliche Steuerzahlungsansprüche oder Erstattungsansprüche aufgespalten werden könne, die bezogen auf die jeweils ergangenen Steuerbescheide unterschiedlichen Verjährungsfristen unterliegen (BFH, Urteil vom vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 11). Mit der der geänderten Steuerfestsetzung angepassten Anrechnungsverfügung werde der Betrag der Abschlusszahlung bzw. der Erstattung im Ganzen neu ausgewiesen und nicht etwa nur ein über die geänderte Anrechnungsverfügung hinausgehender Betrag. Durch den Änderungsbescheid verliere der geänderte Bescheid in vollem Umfang seine Wirkung (BFH, Urteil vom vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 11). Hiermit steht im Ergebnis fest, dass der Bundesfinanzhof die Passagen „in diesem Umfang“ und „insoweit“ nicht quantitativ, also nicht bezogen auf die Höhe der geänderten Einkünfte, Einkommen oder Steuern gebrauchen, sondern zum Ausdruck bringen wollte, dass die Änderung der Steuerfestsetzung auch eine Neuvornahme der Steueranrechnung ermöglicht (vgl. bereits Schmitt, DStRE 2014, 500, 502 zur Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2013).

    2054
    Die Einheitlichkeit des für einen bestimmten Veranlagungszeitraum bestehenden Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis bedingt nach alledem, dass bei jeder - auch geringfügigen - Änderung der Bemessungsgrundlage, die Steueranrechnung insgesamt zurückgenommen bzw. neu vorgenommen werden kann (vgl. Marfels, AO-StB 2019, 38, 39; Schmitt, DStRE 2014, 500, 502). Geänderte Steuerbescheide umfassen den gesamten Steueranspruch, so dass keine (partielle) Zahlungsverjährung eintritt (Marfels, AO-StB 2019, 38, 39; Steinhauff, jurisPR-SteuerR 4/2019 Anm. 2 a.E.).

    2055
    Nach Maßgabe der vorstehend dargelegten Grundsätze ist der Anspruch des Steuerfiskus auch in den Fällen 1, 2 und 3 nicht wegen Zahlungsverjährung im Sinne des § 232 AO erloschen. Für Fall 1, mithin für den Veranlagungszeitraum 2007, folgt dies bereits aus dem am 01.07.2013 ergangenen Steueränderungsbescheid. Dieser erging - schon wegen der laufenden Betriebsprüfung nach § 171 Abs. 4 AO - innerhalb der Festsetzungsfrist und auch vor der ursprünglich am 31.12.2014 ablaufenden Zahlungsverjährungsfrist und setzte die Steuer in Höhe von 706.252,00 Euro neu fest. Infolgedessen ist für den Lauf der Zahlungsverjährung ausschließlich auf diesen Bescheid abzustellen, mit der Folge, dass die ursprünglich fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist des § 228 Satz 2 AO a.F. nach § 229 Abs. 1 Satz 1 AO mit Ablauf des 31.12.2018 und damit nach dem 24.06.2017 abgelaufen wäre. Damit findet nach Art. 97 § 14 Abs. 5 EGAO die Regelung in § 228 Satz 2 AO n.F. Anwendung und die Verjährungsfrist verlängert sich jedenfalls bis zum 31.12.2023. Eine Teilverjährung hinsichtlich der nicht von den Änderungen in dem Bescheid vom 01.07.2013 betroffenen Anrechnungstatbestände ist nach dem Vorstehenden nicht eingetreten. Auch kommt es nicht mehr darauf an, dass die Zahlungsverjährungsfrist durch weitere nach dem 01.07.2013 erlassene Änderungsbescheide erneut in vollem Umfang in Gang gesetzt worden ist.

    2056
    Für die Fälle 2 und 3, mithin für die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009, gilt Entsprechendes aufgrund der am 12.12.2016 insoweit ergangenen Steueränderungsbescheide, durch die für beide Veranlagungszeiträume am 10.04.2014 ergangene Bescheide geändert wurden. In den Bescheiden vom 12.12.2016, die während laufender Betriebsprüfungen und daher nach § 171 Abs. 4 AO innerhalb der Festsetzungsfrist ergingen, wurde für beide Veranlagungszeiträume die Steuer insgesamt neu festgesetzt. Infolgedessen begann die ursprünglich fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist des § 228 Satz 2 AO a.F. für beide Veranlagungsjahre nach Maßgabe des § 229 Abs. 1 Satz 1 AO mit Ende des Jahres 2016 in vollem Umfang erneut zu laufen. Damit ist Zahlungsverjährung im Urteilszeitpunkt nicht eingetreten, ohne dass es noch auf die auch in diesem Zusammenhang durch Art. 97 § 14 Abs. 5 EGAO bewirkte Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre bzw. darauf ankäme, inwieweit die Zahlungsverjährungsfrist durch nach dem 12.12.2016 ergangene Bescheide erneut in Gang gesetzt worden ist. Die Bescheide vom 12.12.2016 ergingen im Übrigen auch innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist. Für den Veranlagungszeitraum 2009 folgt dies bereits daraus, dass die durch den Erstbescheid vom 05.04.2011 in Gang gesetzte Frist erst am 31.12.2016 abgelaufen wäre, für das Jahr 2008 aus dem am 10.04.2014 ergangenen Änderungsbescheid, durch den die fünfjährige Zahlungsverjährungsfrist insgesamt neu in Gang gesetzt worden ist.

    2057
    Nicht mehr geklärt zu werden braucht, ob in CumEx-Leerverkaufstransaktionen wie den von der YT-Bank durchgeführten die Voraussetzungen des § 39 AO in der Person des Leerkäufers zu keinem Zeitpunkt - mithin auch nicht im Zeitpunkt der tatsächlichen Aktienbuchungen - erfüllt werden (angedeutet in BFH, Urteil vom 16.04.2014 - I R 2/12, juris Rn. 32), mit der Folge, dass die erzielten Einkünfte von vornherein nicht dem Anwendungsbereich von § 43 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG [VZ 2007-2011] unterfielen. Für den durch eine geänderte Steuerfestsetzung (erneut) in Gang gesetzten Lauf der Zahlungsverjährungsfrist kommt es nicht darauf an, ob eine abweichende Qualifizierung gerade hinsichtlich derjenigen Einkünfte erfolgt ist, die Grundlage der in der Anrechnungsverfügung angerechneten Steuern sind (so aber noch angedeutet bei Asmus/Werneburg, DStR 2018, 1527, 1531). Vielmehr ist entscheidend allein der Umstand, dass für Lauf und Eintritt der Zahlungsverjährung im Ganzen nicht auf den Ursprungsbescheid, sondern auf den innerhalb der Festsetzungsfrist ergehenden Änderungsbescheid abzustellen ist, unabhängig davon, welchen Hintergrund und Inhalt die Änderungen im Zweitbescheid haben (FG München, Urteil vom 16.02.2018 - 8 K 2196/15, juris Rn. 35; bestätigt durch BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 7 ff.).

    2058
    Unbeachtlich ist zuletzt, ob die sich aus den Bescheiden vom 01.07.2013 und 12.12.2016 bzw. aus den für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2009 hieran anschließend ergangenen Folgebescheiden ergebenden Erstattungsbeträge bzw. Abschlusszahlungen gezahlt worden sind. Die in diesen Bescheiden ausgewiesenen Erstattungsbeträge bzw. Abschlusszahlungen sind nicht Folge einer Änderung der verfahrensgegenständlichen Anrechnungsbeträge, auf die sich ein etwaiger Rückzahlungsanspruch des Steuerfiskus gegen die Einziehungsbeteiligte bezieht. Durch Begleichung dieser Beträge erlöschen nach § 47 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur im Umfang des jeweiligen Erstattungsbetrages bzw. der jeweiligen Abschlusszahlung, wohingegen Bestand und Höhe etwaiger Rückzahlungsansprüche des Fiskus, die aus den verfahrensgegenständlichen Anrechnungen resultieren, hiervon unberührt bleiben. Hinsichtlich dieser Ansprüche hat die Zahlungsverjährungsfrist durch die Bescheide vom 01.07.2013 bzw. 12.12.2016 neu zu laufen begonnen und ist Zahlungsverjährung noch nicht eingetreten. Da im Urteilszeitpunkt keinerlei Zahlungen auf die im Umfang von 166.574.603 Euro begründeten Ansprüche des Fiskus erfolgt sind, können diese durch eine isolierte Änderung der Anrechnungsverfügung nach § 130 AO auch weiterhin durchgesetzt werden. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Anrechnungsverfügungen in den Bescheiden vom 01.07.2013 und 12.12.2016 teilweise geändert wurden, die unzutreffenden Anrechnungen der auf die CumEx-Transaktionen entfallenden Beträge aber noch nicht zurückgenommen wurden. Diese Beträge können durch eine weitere innerhalb der Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmende - isolierte - Änderung der Anrechnungsverfügung zurückgenommen werden, ohne dass dem entgegenstehen würde, dass sie im Rahmen bisheriger Änderungen der Anrechnungsverfügung keine Berücksichtigung befunden haben.

    2059
    (cc) Die isolierte Änderung der Anrechnungsverfügung wäre nach Maßgabe der § 130 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AO im Hinblick auf die der Einziehungsbeteiligten zuzurechnenden unrichtigen Erklärungen für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011 auch verfahrensrechtlich möglich. Abgesehen hiervon würde der Umstand, dass eine isolierte Änderung der Anrechnungsverfügung aus verfahrensrechtlichen Gründen nach § 130 Abs. 2 und 3 AO oder nach einer sonstigen Bestimmung nicht mehr erfolgen kann, aber ohnehin keinen Erlöschenstatbestand im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB begründen. Könnte der Anspruch des Fiskus lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht mehr durchgesetzt werden, wäre er als solcher gerade nicht erloschen, so dass § 73e Abs. 1 StGB schon seinem Wortlaut nach keine Anwendung findet (vgl. zur zivilrechtlichen Verjährung BGH, Beschluss vom 08.05.2018 - 5 StR 139/18, juris; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 8). Auch Sinn und Zweck der Regelung fordern keine Gleichsetzung von erloschenen mit nicht mehr durchsetzbaren Ansprüchen. Denn eine doppelte Inanspruchnahme des Tatbeteiligten bzw. Dritten im Anwendungsbereich des § 73b StGB droht gerade nicht, wenn der geschädigte Steuerfiskus an der Durchsetzbarkeit seines Anspruchs aus verfahrensrechtlichen Gründen gehindert ist (vgl. OLG München, Urteil vom 20.07.2018 - 5 OLG 15 Ss 96/18, juris Rn. 28). Auch der vom Gesetzgeber intendierte Anreiz für eine vergleichsweise Lösung (vgl. BT-Drs. 18/11640, S. 79) wird durch die Ausklammerung bloßer Durchsetzungshindernisse aus dem Anwendungsbereich des § 73e Abs. 1 StGB nicht unterlaufen. Denn zu einer vermögensrechtlichen Verständigung ist es bei Ansprüchen, die von Gesetzes wegen nicht mehr durchsetzbar sind, gerade nicht gekommen. Vielmehr ist der Rechtsfrieden durch den fortbestehenden unrechtmäßigen Vermögensvorteil des Täters bzw. Einziehungsbeteiligten weiter gestört (OLG München, Urteil vom 20.07.2018 - 5 OLG 15 Ss 96/18, juris Rn. 26).

    2060
    (c) Angesichts des vorstehenden Ergebnisses kann im Ergebnis offenbleiben, ob eine steuerrechtliche Verjährung tatsächlich geeignet ist, einen Erlöschenstatbestand im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB zu begründen (dafür BGH, Beschluss vom 24.10.2019 - 1 StR 173/19, juris Rn. 6 mit im Ergebnis zustimmender Anm. von Bittmann/Tschakert, NZWiSt 2020, 40 ff.; Feindt/Rettke, DStR 2018, 2357, 2359; Knauer/Schomburg, NStZ 2019, 305, 316 f.; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 7; Mückenberger/Hinz, BB 2018, 1435, 1438, 1439; Peters, AO-StB 2018, 144, 147 f.).

    2061
    Die Kammer sieht, dass entsprechend der Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Beschluss vom 24.10.2019 (1 StR 173/19, juris Rn. 6) die steuerrechtliche Verjährung in §§ 47, 232 AO ausdrücklich und eindeutig als Erlöschenstatbestand definiert wird. Allerdings scheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, den in §§ 47, 232 AO und in § 73e Abs. 1 StGB in verschiedenen Regelungsgefügen gebrauchten Terminus des „Erlöschens“ einer unterschiedlichen Auslegung zuzuführen. Dies gilt für die Regelungen der Vermögensabschöpfung unbeschadet der Gewährleistungen in Art. 103 Abs. 2 und 3 GG, da es sich bei der Vermögensabschöpfung auch nach neuem Recht nicht um eine Strafe handelt (vgl. BGH, Urteil vom 15.05.2018 - 1 StR 651/17, juris Rn. 48). Der Einziehung würde auch bei Ausklammerung der steuerrechtlichen Verjährung aus dem Anwendungsbereich des § 73e Abs. 1 StGB kein strafähnlicher Charakter zukommen, vielmehr würde sie weiterhin allein die Funktion erfüllen, die durch die Straftat entstandene unrechtmäßige Vermögensverschiebung rückgängig zu machen (für die zivilrechtliche Verjährung LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 6).

    2062
    Sinn und Zweck des § 73e Abs. 1 StGB könnten gegen einen Ausschluss der Einziehung im Falle einer steuerrechtlichen Verjährung sprechen (so etwa Madauß, NZWiSt 2018, 28, 33 und - im konkreten Fall nicht entscheidungstragend - OLG München, Urteil vom 20.07.2018 - 5 OLG 15 Ss 96/18, juris Rn. 23 ff.). Die §§ 73 ff. StGB sollen eine möglichst umfassende und lückenlose Abschöpfung inkriminierten Vermögens gewährleisten. Soweit der Gesetzgeber diesen Grundsatz durch § 73e Abs. 1 StGB dahingehend eingeschränkt hat, dass eine Einziehung im Falle des Erlöschens des Anspruchs des durch die Tat Verletzten ausgeschlossen sein soll, wollte er gewährleisten, dass der Einziehungsadressat vor einer doppelten Inanspruchnahme - durch den Verletzten einerseits und die hoheitliche Einziehungsanordnung andererseits - geschützt wird (BT-Drs. 18/9525, S. 69; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 1). Dabei hatte der Gesetzgeber vorrangig Fälle vor Augen, in denen die geschuldete Leistung im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB bewirkt wird. Dass er sich gleichwohl dafür entschieden hat, in § 73e Abs. 1 StGB nicht auf die „Erfüllung“, sondern auf das „Erlöschen“ des Anspruchs des Verletzten abzustellen, ist ausweislich der Gesetzesbegründung dem Umstand geschuldet, dass die Regelung mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie „vergleichsfreundlich“ ausgestaltet sein, mithin auch den (Teil-)Erlass nach § 397 Abs. 1 BGB erfassen sollte (BT-Drs. 18/9525, S. 69). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Wahl des Terminus „erloschen“ in § 73e Abs. 1 StGB auch die steuerrechtliche Verjährung in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbeziehen wollte, können der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden.

    2063
    Die nach dem Willen des Gesetzgebers von § 73e Abs. 1 StGB erfassten Fallkonstellationen sind von dem Eintritt einer steuerrechtlichen Verjährung nicht betroffen. Eine doppelte Inanspruchnahme des Einziehungsadressaten droht in dieser Konstellation gerade nicht, da er im Falle der steuerrechtlichen Verjährung durch den durch die Tat verletzten Fiskus nicht mehr in Anspruch genommen werden kann. Dies entspricht der Konstellation im Falle der zivilrechtlichen Verjährung, die keinen Erlöschschenstatbestand im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB begründet (BGH, Beschluss vom 08.05.2018 - 5 StR 139/18, juris; LK-Lohse, StGB, 13. Aufl., § 73e Rn. 6). Auch zu einer Verständigung zwischen dem Einziehungsadressaten und dem durch die Tat Verletzten, die der Gesetzgeber von § 73e Abs. 1 StGB erfasst wissen wollte, ist es bei einer steuerrechtlich verjährten Forderung nicht gekommen. Vielmehr ist der Rechtsfrieden durch den fortbestehenden unrechtmäßigen Vermögensvorteil des Täters weiter gefährdet (vgl. OLG München, Urteil vom 20.07.2018 - 5 OLG 15 Ss 96/18, juris Rn. 25).

    2064
    Die Berücksichtigung der steuerrechtlichen Verjährung im Rahmen des § 73e Abs. 1 StGB könnte ferner in der Rechtsanwendungspraxis zu schwerlich nachvollziehbaren Ergebnissen führen. Wie soeben dargelegt, kann eine bereits abgelaufene Zahlungsverjährungsfrist erneut in Gang gesetzt werden, wenn innerhalb der Festsetzungsfrist ein Änderungsbescheid ergeht, in dem die Steuerfestsetzung geändert wird (BFH, Urteil vom 18.09.2018 - VII R 18/18, juris Rn. 9, 15). Ergeht in dieser Konstellation eine strafgerichtliche Einziehungsentscheidung zu einem Zeitpunkt, in dem Zahlungsverjährung eingetreten ist, und sähe man das Strafgericht wegen § 232 AO i.V.m. § 73e Abs. 1 StGB als gehindert an, die Einziehung anzuordnen, bliebe unberücksichtigt, dass die Zahlungsverjährung nur vorübergehender Natur war, wenn sie durch einen - ggf. kurz nach Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Entscheidung ergehenden - Änderungsbescheid erneut in Gang gesetzt wird. Insoweit könnte im Rahmen des § 73e Abs. 1 StGB jedenfalls eine Differenzierung zwischen der Zahlungsverjährung nach §§ 228 ff. AO und der Festsetzungsfrist nach §§ 169 ff. AO angezeigt sein. Hierfür könnte auch sprechen, dass der Lauf der Zahlungsverjährung durch strafprozessuale Maßnahmen nicht gehemmt wird. Hierdurch könnte ein Strafgericht genötigt sein, die vor Eintritt der Zahlungsverjährung nach § 424 Abs. 1 StPO erfolgte Anordnung der Einziehungsbeteiligung gegen einen Dritten im laufenden Verfahren aufzuheben, wenn vor Urteilsverkündung Zahlungsverjährung eintritt. Soweit demgegenüber in der Literatur vereinzelt der Standpunkt eingenommen wird, die steuerrechtliche Verjährung sei grundsätzlich als Erlöschenstatbestand im Sinne des § 73e Abs. 1 StGB anzusehen, es seien aber Ausnahmen für den Fall zuzulassen, dass dies zu „unbilligen Ergebnissen“ führt (Wilke, wistra 2019, 81, 85 f.), dürfte dies nicht geeignet sein, die erforderliche Rechtssicherheit herbeizuführen.

    2065
    Auch Sinn und Zweck der Regelungen der AO zur steuerrechtlichen Verjährung würden einer Nichtberücksichtigung derselbigen im Rahmen des § 73e Abs. 1 StGB im Übrigen nicht entgegenstehen. Die Vorschriften zur steuerrechtlichen Verjährung sollen Sorge dafür tragen, dass nach Ablauf einer angemessenen Frist endgültig Rechtsicherheit darüber einkehrt, was der Steuerpflichtige zu zahlen hat bzw. was ihm zu erstatten ist (BFH, Urteil vom 27.10.2009 - VII R 51/08, juris Rn. 34). Indes verliert der Grundsatz des Vertrauensschutzes an Bedeutung, wenn die Rückabwicklung von durch Steuerhinterziehungstaten erlangten Steuervorteilen im Raum steht, was nicht zuletzt in der durch § 171 Abs. 7 AO angeordneten Koppelung der steuerrechtlichen Festsetzungsfrist an die strafrechtliche Verjährung zum Ausdruck kommt. Kommt die Einziehung nach § 73b StGB gegenüber Dritten in Betracht, bleiben diese für den Fall, dass sie die deliktische Herkunft des Erlangten nicht kannten und die Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhte, durch § 73e Abs. 2 StGB hinreichend vor unbilligen Einziehungsanordnungen geschützt.

    2066
    Die Berücksichtigung der steuerrechtlichen Verjährung in § 73e Abs. 1 StGB könnte zuletzt in Widerspruch zu der Regelung in § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB geraten, die gerade eine Abschöpfung von Vorteilen aus strafrechtlich verjährten Taten ermöglichen soll. Sinn und Zweck der Regelung in § 76a Abs. 2 Satz 1 StGB drohten häufig ins Leere zu laufen, wenn die steuerrechtliche Verjährung die Einziehung ausschließen würde (vgl. insoweit auch Knauer/Schaumburg, NStZ 2019, 305, 317, die im Ergebnis gleichwohl das Wortlautargument für durchschlagend erachten).

    bb) Kein Ausschluss der Einziehung nach § 73e Abs. 2 StGB

    2067
    Zuletzt ist die Einziehung gegenüber der Einziehungsbeteiligten auch nicht nach § 73e Abs. 2 StGB ausgeschlossen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass es für eine Entreicherung im Sinne der Vorschrift grundsätzlich nicht entscheidend ist, ob das ursprünglich vom Dritten Erlangte nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist. Vielmehr ist von einem Nichtvorhandensein des „Wertes des Erlangten“ grundsätzlich nur auszugehen, wenn auch ein Gegenwert des Erlangten nicht mehr vorhanden ist (BGH, Urteil vom 16.05.2006 - 1 StR 46/06, juris Rn. 22 f.; Fischer, 66. Aufl., § 73e Rn. 6), oder im konkreten Einzelfall ausnahmsweise feststeht, dass das vorhandene Vermögen in keinem denkbaren Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Straftaten steht (BGH, Urteile vom 10.10.2002 - 4 StR 233/02, juris Rn. 10; vom 27.10.2011 - 5 StR 14/11, juris Rn. 8).

    2068
    Ob auf Seiten der Einziehungsbeteiligten von einem Wegfall des Wertes des Erlangten im vorstehend dargelegten Sinne auszugehen ist, kann dahinstehen. Denn selbst für den Fall, dass der Wert des Erlangten zur Zeit der Einziehungsanordnung im Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist, liegen die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes nach § 73e Abs. 2 StGB nicht vor, wenn dem Dritten die deliktische Herkunft des Erlangten zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder aufgrund Leichtfertigkeit unbekannt geblieben war. Angesichts des vorsätzlichen Handels der gesondert Verfolgten BP und BX war den Vertretern der Einziehungsbeteiligten die deliktische Herkunft der zu Unrecht erlangten Steuervorteile bekannt. Anhaltspunkte für ein späteres Entfallen der Bösgläubigkeit bestehen nicht, zumal der gesondert Verfolgte BP auch zu dem Zeitpunkt noch Geschäftsführer der Einziehungsbeteiligten war, in dem deren Beteiligung am hiesigen Verfahren nach § 424 StPO angeordnet wurde. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist auch für sämtliche weiteren und gegenwärtigen Vertreter der Einziehungsbeteiligten die deliktische Herkunft jedenfalls derart eindeutig erkennbar, dass zum Zeitpunkt eines etwaigen Wegfalls der Bereicherung die Voraussetzungen der Leichtfertigkeit begründet gewesen wäre.

    3. Gesamtschuldnerische Haftung 
               
    2069
    Hinsichtlich eines Einziehungsbetrages in Höhe von 166.574.603 Euro war entsprechend der im Hinblick auf den Angeklagten CA dargelegten Grundsätze eine gesamtschuldnerische Haftung anzuordnen.

    2070
    Den wirtschaftlichen Wert der nicht gerechtfertigten Steuervorteile, die zugunsten der Einziehungsbeteiligten im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Steueranrechnungen angefallen sind und die jedenfalls vorübergehend in vollem Umfang ihrer tatsächlichen Verfügungsgewalt unterfielen, hat diese nicht allein vereinnahmt. Vielmehr sind die in den Fällen 1, 2, 3, 8 und 11 angefallenen Profite auf zahlreiche Akteure verteilt worden. So wurden beispielsweise Leerverkäufer und Stückegeber im Rahmen der Absicherungsgeschäfte über die vereinbarten Dividendenlevel an den erwarteten Steueranrechnungen beteiligt. Ferner profitierten YW sowie die ZD-Gesellschaften und deren Gesellschafter durch die an sie geleisteten und teilweise an die Gesellschafter weitergeleiteten Zahlungen. Zuletzt ist eine gesamtschuldnerische Haftung auch im Hinblick auf Entnahmen der Gesellschafter der Einziehungsbeteiligten anzuordnen, die sich im Ergebnis als Weiterleitung der Taterträge darstellen (zu dieser Konstellation BGH, Urteil vom 28.11.2019 - 3 StR 294/19, juris Rn. 41 f., 45). Im Übrigen kommt jedenfalls hinsichtlich des Angeklagten CA sowie der gesondert Verfolgten AE, BP und BX eine Haftung nach §§ 69, 71 AO hinsichtlich der nicht gerechtfertigten Steuervorteile in vollem Umfang in Betracht.

    2071
    Von der Anordnung der Gesamtschuld ausgenommen ist der Einziehungsbetrag in Höhe von 10.000.000 Euro, der auf die von der Einziehungsbeteiligten gezogenen Nutzungen entfällt.

    2072
    Eine Angabe des Namens der jeweiligen Gesamtschuldner brauchte nicht zu erfolgen (BGH, Urteil vom 07.06.2018 - 4 StR 63/18, juris Rn. 16).

    G. Kosten

    2073
    Die Kostenentscheidung folgt für den Angeklagten CA aus § 465 Abs. 1 StPO. Für den Angeklagten AO beruht die Kosten- und Auslageentscheidung auf § 465 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO.

    2074
    Hinsichtlich der Einziehungsbeteiligten war eine Kosten- und Auslagenentscheidung nicht veranlasst, da durch ihre Beteiligung am Verfahren besondere Kosten nicht erwachsen sind (§ 472b Abs. 1 StPO).

    RechtsgebieteStGB, AOVorschriften§ 73 StGB; § 73 c StGB; § 370 AO

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents