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  • 16.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142682

    Verwaltungsgericht Münster: Urteil vom 27.05.2014 – 13 K 2614/13.O

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgericht Münster

    13 K 2614/13.O

    Tenor:

    Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    T a t b e s t a n d :

    Der am 00.00.0000 geborene Beklagte erlangte 0000 den Hauptschulabschluss. Anschließend besuchte er für 2 Jahre die Berufsschule und arbeitete dann ein Jahr als Metallhilfsarbeiter in N. . 0000 trat er in die Bundeswehr ein und verpflichtete sich dort für 12 Jahre. Bei der Bundeswehr absolvierte der Beklagte eine Ausbildung als Bürokaufmann. Zuletzt hatte er den Dienstgrad eines Oberfeldwebels und wurde als Stabsdienstfeldwebel im Luftwaffenamt eingesetzt.

    Am 00.00.0000 trat er – freigestellt vom militärischen Dienst für die Ausbildung zum Beamten – unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Steueranwärter für die Laufbahn des mittleren Dienstes in die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Er bestand die Laufbahnprüfung am 00.00.0000 und wurde tagesgleich als Beamter auf Probe zum Steuersekretär ernannt. Die Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit erfolgte mit Wirkung vom 00.00.0000. Im Oktober 0000 wurde der Beklagte zum Steuerobersekretär und im März 0000 zum Steuerhauptsekretär befördert.

    Der Beklagte war erst im Finanzamt E. -V. eingesetzt und wurde aus dienstlichen Gründen zum 00.00.0000 an das Finanzamt H. versetzt, wo er bis zu seiner am 00.00.0000 angeordneten Suspendierung tätig war. Beim Finanzamt H. war er zunächst in der Erhebungsstelle tätig, wobei er im Zeitraum vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 mit einem Anteil von 60 % im Vollstreckungsaußendienst arbeitete. Seit dem 00.00.0000 war der Beklagte in der Veranlagungsstelle tätig, wobei er seit 00.00.0000 auf Grund einer depressiven Störung bei beruflicher Konfliktsituation – der Beklagte beschrieb eine Mobbingsituation am Arbeitsplatz - dienstunfähig erkrankt war.

    Seine Leistungen wurden in seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom 00.00.0000 mit der Gesamtnote gut beurteilt. Wegen des anhängigen Disziplinarverfahrens hat der Beklagte an den regelmäßigen Beurteilungen zum 00.00.0000 und zum 00.00.0000 nicht teilgenommen.

    Der Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet. Er hat 3 volljährige Kinder. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind, soweit bekannt, geordnet.

    Mit Ausnahme der hier zu beurteilenden Sachverhalte ist der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung.

    Durch Urteil des Amtsgerichts C. vom 6. März 2007 (Az.: 39 Ls 56 Js 199/06-777/06), rechtskräftig seit 6. März 2007, wurde der Beklagte wegen Untreue in 2 Fällen, in einem Fall als besonders schweren Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung und Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung sowie Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In der Sache hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:

    „1.

    a) Am 00.00.0000 suchte der Angeklagte als Vollstreckungsbeamter des Finanzamts H. mit zwei Vollstreckungsaufträgen die Wohnung der Zeugin H1. B. auf, um Steuerrückstände von insgesamt 2.640,80 Euro einzutreiben. Dabei handelte es sich um 199,30 Euro rückständige Kraftfahrzeugsteuer und 2.441,50 Euro rückständige Umsatz-steuer-Voranmeldungen, jeweils einschließlich der Säumniszuschläge. Die Zeugin händigte den genannten Betrag dem Angeklagten nach telefonischer Kontaktaufnahme in ihrer Wohnung aus. Anstatt den gesamten Betrag auf das Konto des Finanzamts zu überweisen, behielt der Angeschuldigte 1.709,30 ein und überwies lediglich einen Betrag von 931,50, wobei 772,20 Euro für Umsatzsteuer (23 Euro Vollstreckungskosten/Säumniszuschläge) und 209,30 Euro für Kraftfahrzeugsteuer (10 Euro Vollstreckungskosten/ Säumniszuschläge) ausgewiesen wurden. Diese Beträge quittierte er, so dass auch kein Buchungsrückstand erkennbar war. Zudem vermerkte er im Rechenschaftsbericht „Anmeldung in richtiger Höhe beigefügt“.

    b) Weiterhin füllte der Angeklagte handschriftlich unter dem 00.00.0000 zwei (berichtigte) Umsatzsteuer-Voranmeldungen für das 4. Quartal 2003 und das 1. Quartal 2004 aus und unterschrieb mit dem Namenszug „B. “. Die Steuererklärungen legte er persönlich der zuständigen Dienststelle vor.

    2.

    Am 00.00.0000 suchte der Angeklagte die Wohnung des Zeugen B1. auf. Zu vollstrecken war die rückständige Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 197,87. Der Angeklagte ließ sich in der Wohnung des Zeugen B1. 160 Euro in bar auszahlen, um das Geld für sich zu behalten und nicht auf das Konto des Finanzamts H. einzuzahlen.

    3.

    Um seine Abwesenheit vom Dienst am 02.05, 09.05. und am 00.00.0000 wegen angeblicher Untersuchungstermine an der V1. N1. zu rechtfertigen, manipulierte er die ärztliche Bescheinigung, die dem Angeklagten nachträglich für eine Untersuchung am 00.00.0000 von der Klinik ausgestellt wurde, durch Veränderung des ursprünglichen Textes. Nach dieser Bescheinigung, die er auf Drängen seiner Dienststelle vorlegte, war der Angeklagte „vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 mehrmals in der Sprechstunde im Institut für Humangenetik in N1. “.

    4.

    In Kenntnis dessen, dass dieser dem Finanzamt C. gestohlen war, erwarb er nach dem 10.07.2002 in H. von einem Kollegen den Laptop Fujitsu Siemens, Typ Lifebook, S/N YBUK029034 zum Preis von 400,00 Euro, wobei er davon ausging, dass der Kollege den Laptop entwendet hatte.“

    Durch Urteil des Amtsgerichts C. vom 27. Februar 2012 (Az.: 762 Ls – 170 Js 125/10-47/11), rechtskräftig seit dem 11. April 2012, wurde der Beklagte wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. Das Gericht hat in dem Urteil folgende Feststellungen zur Sache getroffen:

    „Der Angeklagte war Eigentümer der Immobilie W. -U. -Straße 6 in 00000 G. . Diese Immobilie veräußerte er am 27.11.2006 Gewinn bringend für einen Verkaufspreis von 205.000 €, wobei der Kaufpreis am 05.12.2006 seinem Konto gutgeschrieben wurde. Den Veräußerungsgewinn aus diesem Verkauf für das Jahr 2006 gab der Angeklagte in seiner am 31.07.2007 bei dem Finanzamt abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 nicht an, sondern erklärte vielmehr, im Jahr 2006 keinerlei Veräußerungsgeschäfte getätigt zu haben.

    Durch Nichtangabe des Veräußerungsgewinns für das Steuerjahr 2006 verkürzte der Angeklagte Einkommensteuer in Höhe von mindestens 23.251 €.

    Die hierdurch bedingten Rechtsverletzungen nahm der Angeklagte zumindest billigend in Kauf.

    Der eingetretene Steuerschaden ist vom Angeklagten mittlerweile vollständig ausgeglichen.“

    Durch Verfügung vom 00.00.0000 leitete der Vorsteher des Finanzamtes H. gegen den Beklagten das Disziplinarverfahren ein. Dem Beklagten wurde in der einleitenden Verfügung zur Last gelegt, unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben zu sein und den Aufenthalt im Institut für Humangenetik im Universitätsklinikum N1. an drei Tagen vorgetäuscht zu haben. Darüber hinaus wurde ihm vorgeworfen, eine Bescheinigung des genannten Instituts vorsätzlich abgeändert zu haben, um den Vorsteher des Finanzamtes H. über die Tatsache angeblicher – an diesen Tagen nicht erfolgter – Behandlungen zu täuschen. In der Folgezeit wurde das Disziplinarverfahren wiederholt ausgeweitet und zum Teil auch beschränkt.

    Mit Schreiben vom 00.00.0000 ordnete die Oberfinanzdirektion (OFD) N1. gemäß § 38 Abs. 1 LDG NRW die vorläufige Dienstenthebung des Beklagten an. Durch Schreiben vom 2. Januar 2007 verfügte die OFD N1. gemäß § 38 Abs. 2 LDG NRW die Einbehaltung von 200 Euro und am 30. April 2008 die Einbehaltung der Hälfte der monatlichen Dienstbezüge des Beklagten an.

    Mit der 00.00.0000 bei Gericht eingegangenen Klage wirft der Kläger dem Beklagten den Sachverhalt aus den beiden strafrechtlichen Verurteilungen vor.

    Der Kläger beantragt,

    den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

    Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

    Er behauptet, dass er von Frau B. nur den Betrag erhalten habe, den er auch eingezahlt habe. Sie hätten gemeinsam die ungeöffnete Post geöffnet und so berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen erstellt. Frau B. habe lediglich vergessen, diese zu unterschreiben, mit ihrem Einverständnis habe er dies am nächsten Tag dann selbst gemacht. Zu dem Geständnis im Strafverfahren sei es nur gekommen, weil der Richter ihm bei einem vollumfänglichen Geständnis ein Strafmaß von unter 12 Monaten zugesagt und gleichzeitig jedoch betont habe, dass ein Teilgeständnis nicht ausreiche.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Personalakten, der Einkommensteuerakte des Beklagten für die Jahre 2006 bis 2008, der Rechtsbehelfsverfahrensakte des Beklagten für die Einkommensteuer 2005 und 2006, der Strafakte der Staatsanwaltschaft E. zu 170 Js 125/10, der Strafakten der Staatsanwaltschaft C. zu 22 Js 832/05 und 56 Js 199/06 sowie der Disziplinarakten Bezug genommen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte ist aus dem Dienst zu entfernen.

    I.

    In tatsächlicher Hinsicht geht das Gericht von den Sachverhalten aus, welche die Amtsgerichte C. und E. in ihren Urteilen vom 6. März 2007 bzw. 27. Februar 2012 festgestellt haben. Lediglich klarstellend bzw. ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass bei der ersten Untreuestraftat ein Betrag von 722,20 € (und nicht 772,20 €, insoweit liegt ein Rechen- bzw. Schreibfehler im Urteil vor) auf die Umsatzsteuer verbucht wurde und die vom Beklagten erstellten Umsatzsteuervoranmeldungen mit einer (reduzierten) Zahllast – das Finanzamt hatte die Steuerschuld wegen Nichtabgabe zunächst geschätzt - endeten, die genau dem von ihm eingezahlten Betrag entsprach.

    Die Feststellungen aus den Urteilen des Amtsgerichts C. bzw. E. sind für das Gericht bindend gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 LDG NRW. Der Umfang der Bindungswirkung erstreckt sich auf alle den inneren und äußeren Tatbestand der Straftaten betreffenden Feststellungen des Strafurteils. Das Gesetz geht in § 23 Abs. 1 S. 1 LDG NRW und § 56 Abs. 1 S. 1 LDG NRW im Grundsatz davon aus, dass jedem rechtskräftigen Strafurteil die vorgesehene Bindungswirkung zukommt. Dies dient der Rechtssicherheit. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, die Aufklärung eines sowohl strafrechtlich als auch disziplinarrechtlich bedeutsamen Sachverhaltes sowie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung den Strafrichtern zu übertragen.

    Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. August 2010 – 2 B 43.10 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 20. Juni 2012 – 3d A 2670/10.O -.

    Diese Bindungswirkung entfällt nur, wenn das Gericht sich von den Feststellungen des Strafurteils durch Lösungsbeschluss löst. Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 LDG NRW kann das Disziplinargericht die erneute Prüfung solcher Feststellungen beschließen, die „offenkundig unrichtig“ sind. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen der Fall. Eine Lösung kann nur erfolgen, wenn das Disziplinargericht ansonsten gezwungen wäre, quasi „sehenden Auges“ auf der Grundlage eines aus rechtsstaatlichen Gründen unverwertbaren Sachverhalts oder offenkundig bzw. inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden.

    Vgl. BVerwG, a.a.O.; OVG NRW, a.a.O., m. w. N.

    Diese Voraussetzungen für eine Lösung von den bindenden Feststellungen sind nicht vorgetragen und liegen auch ersichtlich nicht vor. Allein die Behauptung des Beklagten, dass er das Geständnis in Bezug auf die Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei Frau B. – im Übrigen hat er die Richtigkeit der Feststellungen ohnehin eingeräumt – nur deswegen abgegeben habe, um eine Verurteilung von weniger als 12 Monaten zu erreichen, rechtfertigt nicht ansatzweise die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen, zumal das Geständnis bis heute nicht widerrufen und das Strafurteil ohne Einlegung von Rechtsmitteln akzeptiert wurde. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass das Strafurteil auf einer unzulässigen Urteilsabsprache beruht. Der gerichtliche Vorschlag einer Urteilsabsprache ergibt sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung. Dem Protokoll ist ferner zu entnehmen, dass zuvor die Hauptbelastungszeugin gehört worden war und diese ihre Vorwürfe wiederholt hatte. Das Geständnis hat der Beklagte auch erst nach einer Unterbrechung und Rücksprache mit seinem Verteidiger abgelegt. Unmittelbar nach Urteilsverkündung hat er Rechtsmittelverzicht erklärt. Angesichts dieses durch das Hauptverhandlungsprotokoll nachgewiesenen Verhandlungsverlaufs kann nicht von einer unzulässigen Urteilsabsprache ausgegangen werden, zumal die heute einschlägigen Vorschriften über die Verständigung zum damaligen Zeitpunkt noch nicht galten.

    Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, dass auch unabhängig von den Strafurteilen bei Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts die Beweislage gegen den Beklagten eindeutig ist, so dass seitens des Gerichts auch keine ernsthaften Zweifel an der Täterschaft des Beklagten bestehen.

    II.

    Die disziplinarrechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts ergibt, dass sich der Beklagte eines – einheitlichen – sehr schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat.

    Nach § 83 Abs. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 47 Abs. 1 S. 1 BeamtStG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Diese Pflichten sind in Bezug auf den hier in Rede stehenden Zeitraum dem LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung zu entnehmen. Sie finden ihre Entsprechung in den Bestimmungen des zum 1. April 2009 in Kraft getretenen Beamtenstatusgesetzes. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist gemäß § 83 Abs. 1 S. 2 LBG NRW a.F. bzw. § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles im besonderen Maße geeignet ist, das Vertrauen in eine für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

    Durch die im Dienst und unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung begangenen Untreuehandlungen hat der Beklagte gegen die ihm obliegende Pflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig zu verwalten (§ 57 S. 2 LBG NRW a.F. bzw. § 34 S. 2 BeamtStG) und durch sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 57 S. 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 S. 3 BeamtStG).

    Gegen die letztgenannte Pflicht hat er auch verstoßen, indem er die von ihm erstellte Urkunde gebrauchte, um seinen Dienstherrn über vermeintlich stattgefundene Arztbesuche zu täuschen. Das Fernbleiben vom Dienst am 2., 9. und 17. Mai ist zudem ein Verstoß gegen seine sich aus § 57 S. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 34 S. 1 BeamtStG ergebende Pflicht, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen.

    Durch die außerdienstlich begangenen Straftaten der Hehlerei und der Steuerhinterziehung hat der Beklagte ebenfalls gegen seine Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 57 Abs. 3 LBG NRW a.F. bzw. § 47 Abs. 1 BeamtStG) verstoßen. Auch die besondere Voraussetzung des § 83 Abs. 1 S. 2 LBG NRW a.F. bzw. § 47 Abs. 1 S. 2 BeamtStG für außerdienstliche Dienstvergehen ist erfüllt, da die Vertrauensbeeinträchtigung durch das strafgerichtlich bewertete außerdienstliche Fehlverhalten des Beklagten bedeutsam i.S. der oben genannten Vorschriften ist.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat dies dahingehend konkretisiert, dass ein außerdienstliches Fehlverhalten, selbst wenn es keinen Bezug zur Dienstausübung aufweist, regelmäßig ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis auflöst, wenn es sich dabei um eine Straftat handelt, deren gesetzlicher Rahmen bis zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren reicht und der darin gemessene Unrechtsgehalt der konkreten Tat nicht gering ist.

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 -, BVerwGE 140, 185 = juris, Rn. 24.

    Dies ist bei beiden Straftaten der Fall. Hehlerei (§ 259 StGB) und Steuerhinterziehung (§ 370 AO) werden mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bestraft. Aus den Einzelstrafen von zwei Monaten für die Hehlerei bzw. 150 Tagessätzen für die Steuerhinterziehung wird auch deutlich, dass der Unrechtsgehalt der konkreten Taten nicht unerheblich ist.

    Bei beiden Straftaten kommt hinzu, dass diese einen deutlichen Bezug zu der dienstlichen Tätigkeit des Beklagten als Steuerbeamter aufweisen, dies allein begründet schon die besondere disziplinarrechtliche Relevanz seines außerdienstlichen Fehlverhaltens. Bei der Hehlerei schädigte der Beklagte zusammen mit einem unbekannt gebliebenen Mitarbeiter der Finanzverwaltung bewusst seinen Dienstherrn. Bei der Steuerhinterziehung ergibt sich der Bezug aus der dienstlichen Funktion des Beklagten, dessen Aufgabe es als Steuerbeamter ist, den Anspruch des Staates auf den vollen und rechtzeitigen Steuerertrag zu sichern.

    IV.

    Für das festgestellte Dienstvergehen hält die Kammer die Verhängung der Höchstmaßnahme für geboten und unvermeidlich.

    Ausgangspunkt für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des nachgewiesenen Dienstvergehens. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit in den Beamten beeinträchtigt worden ist (§ 13 Abs. 2 Satz 1 – 3 LDG NRW). Ein Beamter, der durch ein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW). Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Prognose ergibt, dass der Beamte auch künftig seiner Dienstpflicht nicht nachkommen wird oder die Ansehensschädigung nicht wieder gut zu machen ist.

    Vgl. OVG NRW, Urteil vom 31. August 2011 – 3d A 711/10 ‑, m. w. N.

    Auf Grund der Einheitlichkeit des Dienstvergehens müssen die dem Beklagten vorgeworfenen disziplinarrechtlichen Verstöße unter Beachtung seiner Gesamtpersönlichkeit insgesamt bewertet werden. Setzt sich ein Dienstvergehen – wie vorliegend – aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach den schwersten Verfehlungen.

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 2004 – 1 D 18.03 ‑, juris.

    1.

    Die Untreuestraftaten stellen die schwersten vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzungen dar. Diese Verfehlungen wiegen bereits so schwer, dass die Verhängung der schwersten Disziplinarmaßnahme, die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst, unausweichlich ist.

    Bei sogenannten Zugriffsdelikten, d. h. für den Fall des Zugriffs auf dienstlich anvertraute Gelder oder Güter, ist auf Grund der Schwere des begangenen Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Richtschnur für die Maßnahmebestimmung, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte insgesamt die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen. Der Zugriff des Beamten auf mehr als geringwertige Gelder oder Güter wiegt grundsätzlich so schwer, dass die Verwirklichung des Zugriffsdelikts seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert.

    Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Dezember 2012 – 3d A 1614/11.O – und vom 13. April 2011 – 3d A 980/10.O ‑, jeweils m. w. N.

    Die von der Schwere ausgehende Indizwirkung entfällt jedoch, wenn zu Gunsten des Beamten gewichtige Entlastungsgründe zu berücksichtigen sind, die den Schluss rechtfertigen, der Beamte habe das Vertrauen noch nicht endgültig verloren. Solche Gründe stellen auch, aber nicht nur die von der Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten entwickelten sogenannten anerkannten Milderungsgründe dar, die besondere Konfliktsituationen (Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage, in einer psychischen Ausnahmesituation oder einer besonderen Versuchungssituation) und Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen (freiwillige Wiedergutmachung des Schadens, Offenbarung des Fehlverhaltens vor Tatentdeckung, Zugriff auf geringfügige Gelder oder Güter) umschreiben. Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von Begleitdelikten und anderen belastenden Umständen im Einzelfall liegt. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf der Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände.

    Vgl. OVG NRW, Urteile vom 19. Dezember 2012 – 3d A 1614/11.O – und vom 13. April 2011 – 3d A 980/10.O ‑, jeweils m. w. N.

    Anerkannte Milderungsgründe liegen hier ersichtlich nicht vor. Die Wertgrenze für die Geringwertigkeit, die derzeit orientiert an den Grundsätzen zu § 248 a StGB bestimmt wird und mit circa 50 € anzusetzen ist, ist sehr deutlich überschritten. Dem Beklagten kommt auch nicht der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens bzw. der Wiedergutmachung des Schadens vor Tatentdeckung zu Gute. Dieser Milderungsgrund ist nur dann anzunehmen, wenn der Beamte nach dem Zugriff auf amtlich anvertrautes Geld vor Entdeckung der Tat sein Fehlverhalten freiwillig offenbart bzw. den angerichteten Schaden aufgrund eigenen Antriebs ohne Furcht vor Entdeckung wiedergutmacht. Beides ist hier nicht der Fall.

    Auch außerhalb der eindeutig nicht vorliegenden klassischen Milderungsgründe sind keine durchgreifenden Entlastungsmomente ersichtlich, die das Verhalten des Beklagten in einem milderen Licht erscheinen lassen. Der Umstand, dass sich der Beklagte an seiner Dienststelle einer Mobbingsituation ausgesetzt fühlte, ist in diesem Zusammenhang ohne Relevanz.

    Bei der Tat im Zusammenhang mit der Schuldnerin B. ist erheblich zu Lasten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er neben der Untreue auch eine Urkundenfälschung sowie eine Steuerhinterziehung beging, mithin drei Straftatbestände verwirklichte, so dass strafrechtlich, auch weil er bei allen drei Straftatbeständen seine Stellung als Amtsträger missbrauchte, ein besonders schwerer Fall der Untreue (§ 266 Abs.1, Abs. 2 StGB) vorliegt. Insbesondere die zeitgleich mit der Untreue begangene Steuerhinterziehung – dort sowie bei der Urkundenfälschung ist wegen des Missbrauchs seiner Stellung als Amtsträger der Regeltatbestand der Steuerhinterziehung bzw. Urkundenfälschung in einem besonders schweren Fall gem. § 370 Abs. 3 Nr. 2 AO bzw. § 267 Abs. 3 Nr. 4 StGB erfüllt - belastet den Beklagten massiv, da die Steuerhinterziehung im Sinne von § 370 AO, mit welcher der Anspruch des Staates auf den vollen und rechtzeitigen Ertrag aus jeder einzelnen Steuer verkürzt wird, im Hinblick auf den dem Staat verursachten Schaden ein schweres Wirtschaftsdelikt darstellt. Dies zeigt sich auch an dem vorgeschriebenen Strafrahmen, der für besonders schwere Fälle Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vorsieht. Bei Steuerbeamten haben Steuerhinterziehungen zudem eine besondere disziplinarrechtliche Relevanz, da es gerade deren Aufgabe ist, die an den Staat abzuführenden Steuern korrekt festzusetzen und sie auch die Steuerpflichtigen zur Steuerehrlichkeit und zu einem ordentlichen Erklärungsverhalten anzuhalten haben.

    2.

    Daher hat auch die außerdienstlich begangene Steuerhinterziehung des Beklagten erhebliches disziplinarisches Gewicht, welches bereits bei isolierter Betrachtung eine sehr nachhaltige Disziplinarmaßnahme erfordern würde. Der Beklagte hat sich durch ein grundsätzlich strafbares Verhalten unberechtigte Steuervorteile verschafft, obwohl er öffentliche Aufgaben wahrzunehmen hat und durch öffentliche Mittel alimentiert wird. Bereits unabhängig vom konkreten Amt beeinträchtigt ein solches Verhalten in erheblichem Maße sein eigenes Ansehen und das Ansehen der Beamtenschaft insgesamt, auf das der freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben sachgerecht erfüllen will. In gesteigertem Maße gilt dies für den Beklagten als Finanzbeamten, dessen Aufgabe es gerade ist, die Steuerehrlichkeit zu überprüfen. Das außerdienstliche Fehlverhalten weist insoweit einen engen dienstlichen Bezug zu den Kernpflichten eines Finanzbeamten auf. Dies verleiht dem Dienstvergehen bedeutsames Gewicht, zumal die Schadenshöhe erheblich ist. Nicht wesentlich ins Gewicht fällt hingegen, dass der steuerliche Schaden wiedergutgemacht ist, da dies lediglich einer gesetzlichen Pflicht entspricht.

    3.

    Auch die Hehlerei und die im Zusammenhang mit dem Fernbleiben vom Dienst begangene Urkundenfälschung sind Straftaten, die ein erhebliches disziplinarisches Gewicht haben. Die Straftaten richten sich jeweils gegen den Dienstherrn und sind daher in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn in die Person des Beklagten zu beeinträchtigen, zumal sie auch eine erhebliche kriminelle Energie offenbaren. Durch das unentschuldigte Fernbleiben an drei Tagen hat der Beklagte zudem massiv gegen eine beamtenrechtliche Kernpflicht verstoßen, wobei die von ihm subjektiv empfundene Mobbingsituation die Schwere dieser Dienstpflichtverletzung reduziert.

    4.

    Gerade in der Gesamtbetrachtung hat das einheitlich zu würdigende Dienstvergehen ein solches Gewicht, dass nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht kommt, selbst wenn das unentschuldigte Fernbleiben vom Dienst völlig außer Betracht bliebe. Da die Vertrauensgrundlage des Dienstverhältnisses auf Grund der Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens, welches größtenteils den Kernbereich der dienstlichen Pflichten betrifft, als endgültig und unwiderruflich zerstört angesehen werden muss, können nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sonstige allgemeine Milderungsgründe, die für die Person des Beklagten sprechen mögen, nicht durchgreifen.

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2003 – 1 D 2.03 ‑, ZBR 2004, 256 = juris, Rn. 70.

    Dies gilt für die bisherige Unbescholtenheit des Beklagten sowie in Hinblick auf seine überdurchschnittlichen dienstlichen Leistungen.

    Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst ist aus Gründen der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes unvermeidbar. Die darin liegende Härte für den Beklagten ist auch nicht unverhältnismäßig; sie beruht vielmehr auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen Verhalten, wobei das damit verbundene Risiko für ihn vorhersehbar war. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist überdies geklärt, dass eine etwaige unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens es nicht rechtfertigt, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme ‑ wie hier ‑ disziplinarrechtlich geboten ist.

    Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 2012 ‑ 2 B 21/12 ‑, juris Rn. 13.

    Aufgrund des endgültigen und vollständigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Person des Beklagten ist gemäß § 13 Abs. 3 S. 1 LDG NRW seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zwingend erforderlich und angemessen.

    V.

    Soweit es den Unterhaltsbeitrag betrifft, hat es mit der gesetzlichen Regelung in § 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW sein Bewenden. Das Gericht hat keinen Anlass gesehen, die Gewährung des Unterhaltsbeitrages auszuschließen oder zur Vermeidung einer unbilligen Härte den gesetzlichen Bewilligungszeitraum zu verlängern.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW i. V. m § 154 Abs. 1 VwGO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 Abs. 1 LDG NRW i. V. m. § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    Rechtsmittelbelehrung

    Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) einzulegen und zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.

    Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte - außer im Prozesskostenhilfeverfahren - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

    RechtsgebietLDG NRWVorschriften§ 23 Abs. 1 S. 1 LDG NRW; § 56 Abs. 1 S. 1 LDG NRW

    Karrierechancen

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