Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 07.04.2011 · IWW-Abrufnummer 111187

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 07.12.2010 – 4 K 135/10

    Für die Eigenschaft einer Steuer als i.S.v. § 169 Abs. 1 S. 2 AO leichtfertig verkürzt kommt es nur darauf an, dass sie leichtfertig verkürzt worden ist, nicht darauf, wer dies getan hat. Wenn das Mandat eines Steuerberaters nicht nachweislich auch die verbrauchsteuerliche Beratung umfasst und es während der etwas 40-jährigen Mandatsbeziehung nie zu verbrauchsteuerlichen Fragestellungen gekommen ist, kann es allenfalls als leicht fahrlässig und nicht als leichtfertig angesehen werden, wenn ein Steuerberater eine sich aus zur Verbuchung überlassenen Beträgen ersichtliche verbrauchsteuerliche Problematik übersieht.


    Finanzgericht Hamburg v. 07.12.2010

    4 K 135/10

    Tatbestand
    Die Kläger wenden sich gegen einen Energiesteuerbescheid.

    Der Kläger zu 1. war Inhaber des bis zum 25.04.2007 unter der Firma A e.K. betriebenen Einzelunternehmens. Er ist alleiniger persönlich haftender Gesellschafter der Klägerin zur 2., in die er sein Einzelunternehmen mit Wirkung ab dem 26.04.2007 eingebracht hat.

    Im Zeitraum vom 01.08.2006 bis zum 25.04.2007 verbrachte die Firma A insgesamt 1.311.632 l Biodiesel und Pflanzenöl aus dem freien Verkehr Dänemarks in die Bundesrepublik Deutschland. Die Ware wurde nicht zur Versteuerung im Bundesgebiet angemeldet.

    Mit an die Kläger gerichteten Steuerbescheiden vom 16.01.2008 erhob der Beklagte Mineralölsteuer in Höhe von insgesamt 616.991,70 €.

    Dagegen legten die Kläger am 07.02.2008 Einspruch ein und begründeten diesen im Wesentlichen damit, dass für den Zeitraum 1.8. bis 31.12.2006 die Festsetzungsfrist abgelaufen sei. Zugleich beantragten sie den Erlass der Mineralölsteuer.

    Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 07.04.2008 zurückgewiesen. Da die Klägerin das Mineralöl aus dem freien Verkehr Dänemarks zu gewerblichen Zwecken bezogen habe, sei die Mineralöl- bzw. Energiesteuer entstanden. Steuerschuldner sei der Bezieher der Erzeugnisse. Vor der Übernahme der Erzeugnisse hätte sie eine Anzeige mit einer Selbstberechnung des Steuerbetrages abgeben müssen. Die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO sei nicht abgelaufen, da ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet worden sei. Dann komme die zehnjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO zum Tragen. Sie sei an die Feststellungen der Strafsachenstelle gebunden, müsse also die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer möglichen Steuerstraftat nicht prüfen. Für den Erstattungs- bzw. Erlassanspruch aus § 50 EnergieStG gelte die verlängerte Frist nicht.

    Mit ihrer am 30.04.2008 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die angefochtenen Bescheide seien insoweit rechtswidrig, als die für den Zeitraum 1.8. bis 31.12.2006 geltend gemachten Energiesteueransprüche bei Erlass des angefochtenen Bescheides bereits verjährt gewesen seien. Eine Bindung an Feststellungen der Strafsachenstelle bestehe nicht. Abgesehen davon gebe es zur subjektiven Tatseite keine Feststellungen, der Kläger zu 1. sei nicht einmal vernommen worden. Der Vorwurf vorsätzlicher Steuerhinterziehung erscheine schon deshalb als abwegig, weil wegen der aus Dänemark in das deutsche Steuergebiet verbrachten Biokraftstoffe ein Entlastungsanspruch aus § 50 EnergieStG bestehe, der durch einfachen Antrag geltend gemacht werden könne. Es liege aber auch keine leichtfertige Steuerverkürzung vor, der Vorwurf grober Fahrlässigkeit könne ihm nicht gemacht werden. Etwaiges Verschulden seines Steuerberaters könne ihm nicht zugerechnet werden. Den Tatbestand des § 378 Abs. 1 AO hätte der Steuerberater nur erfüllt, wenn er selbst in Sachen seines Mandanten gegenüber der Finanzbehörde unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hätte. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Steuerberater habe auch nicht pflichtwidrig gehandelt. Er sei in die mit dem Verbringen des Kraftstoffs entstehende Erklärungspflicht des Klägers in keiner Weise eingebunden gewesen und habe von dem Verbringen jeweils erst im Nachhinein Kenntnis erlangt.

    Die Kläger beantragen,

    den Steuerbescheid vom 16.01.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2008 und des Änderungsbescheides vom 16.11.2010 - soweit darin Energiesteueransprüche für den Zeitraum 1.8. bis 31.12. 2006 erhoben werden - aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Entstehung des Steuerschadens sei unstreitig. Nach dem Ermittlungsergebnis seien die Energieerzeugnisse als Treibstoff für die firmeneigenen Fahrzeuge der Klägerin genutzt worden. Angesichts des anhängigen Strafverfahrens greife die zehnjährige Festsetzungsfrist. Jedenfalls greife die fünfjährige Festsetzungsfrist bei leichtfertiger Steuerverkürzung. Die Klägerin habe zumindest grob fahrlässig gehandelt, indem sie es über einen längeren Zeitraum unterlassen habe, aus dem EU-Ausland in das Steuergebiet verbrachten Biodiesel und Pflanzenöl einer Versteuerung zuzuführen. Damit habe sie die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer leichtfertigen Steuerverkürzung erfüllt. Das Steuerstrafverfahren sei bereits am 14.11.2007 eingeleitet worden. Jedenfalls müssten die Kläger sich das Verhalten ihres Steuerberaters zurechnen lassen. Der Steuerberater - bzw. dessen Mitarbeiter - hätte gewusst, dass Kraftstoff aus Dänemark nach Deutschland verbracht werde. Dann hätte er sich über die verbrauchsteuerrechtlichen Bestimmungen informieren und die Kläger entsprechend beraten müssen. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke, dass ein Steuerpflichtiger seine Stellung im Rechtsverkehr nicht dadurch verbessern dürfe, dass er Dritten die Wahrnehmung seiner Interessen oder die Erfüllung seiner Pflichten überlasse und damit seinen Risikobereich ausweite.

    Im Steuerstrafverfahren hatte der Kläger zu 1. vorgetragen, mit der Firma B A/S seien lediglich mündliche Verträge geschlossen worden. Die Einzellieferungen habe er selbst mit Tankwagen abgeholt. Alle auf diese Weise bezogenen Biokraftstoffe seien als Kraftstoffe in den Kraftfahrzeugen der Klägerin verwendet worden. Alle Rechnungen seien in der Finanzbuchhaltung ordnungsgemäß erfasst worden. Die Finanzbuchhaltung werde von einer Steuerkanzlei in C gefertigt, die die Klägerin seit etwa 40 Jahren umfassend betreue. Im Jahre 2003 sei er auf Biokraftstoffe aufmerksam geworden. Er sei davon überzeugt gewesen, dass er Biokraftstoffe aus dem freien Verkehr von Mitgliedstaaten der EU steuerfrei beziehen und einsetzen könne. Auch von der B A/S und seinem Steuerberater sei er nicht darauf aufmerksam gemacht worden, dass Steuerfreiheit für Biokraftstoffe nur auf Antrag gewährt werde. Andernfalls hätte er entsprechende Anträge gestellt. Steuern habe er nicht im Sinne von § 370 Abs. 1 AO verkürzt. Ihm habe der Steuerentlastungsanspruch nach § 50 Abs. 1 S. 3 EnergieStG zugestanden. Jedenfalls sei der subjektive Tatbestand nicht erfüllt, er sei der richtigen Überzeugung gewesen, Biokraftstoffe steuerfrei beziehen zu können.

    In seiner Vernehmung durch das Zollfahndungsamt Hamburg sagte der Vertreter der Firma B A/S, Herr D, u. a. aus, mit dem Kläger zu 1. nicht direkt über die Energiesteuer gesprochen zu haben, nach seiner Meinung hätten jedoch alle Bescheid gewusst.

    In seiner Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kiel vom 30.11.2009 sagte der Steuerberater des Klägers, E, zum Umfang des Mandatsverhältnisses sowie zur Bearbeitung der streitgegenständlichen verbrauchsteuerrechtlichen Fragen in seiner Kanzlei aus. Auf das Vernehmungsprotokoll (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 16.06.2010) wird Bezug genommen.

    Im Schlussbericht des Zollfahndungsamts Hamburg vom 16.04.2008 heißt es u. a., die Firma B A/S habe diverse Firmen in Deutschland beliefert und für diese ab August 2006 Steueranmeldungen abgegeben. Für die Klägerin seien keine Steueranmeldungen abgegeben worden, da diese den Biokraftstoff eigenverantwortlich abgeholt habe. Da mit der Einführung des EnergieStG zum 01.08.2006 auch eine teilweise Entlastung für Biokraftstoffe möglich sei und die Besteuerung von Biodiesel ausgiebig in der Presse thematisiert worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass auch der Kläger zu 1., der über langjährige Erfahrung in der internationalen Speditionsbranche verfüge, sich dieser Tatsache bewusst gewesen sei und sich so finanzielle Vorteile habe verschaffen wollen.

    Ergänzend wird auf die Sachakte des Beklagten, den Beweismittelordner sowie die Gerichtsakte einschließlich der Verhandlungsprotokolle Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2010 wurde der Steuerberater E als Zeuge vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll verwiesen.



    Gründe
    Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet.

    I.

    Der Steuerbescheid vom 16.01.2008 ist in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2008 und des Änderungsbescheides vom 16.11.2010 rechtswidrig, soweit darin Energiesteuer für den Zeitraum vom 1.8. bis zum 31.12.2006 erhoben wird.

    Zwar ist der geltend gemachte Energiesteueranspruch grundsätzlich gegeben (1.), allerdings ist im Hinblick auf den oben genannten Zeitraum - und nur dieser ist vorliegend im Streit - Festsetzungsverjährung eingetreten (2.).

    Zutreffend hat der Beklagte ausgeführt, dass für die aus dem freien Verkehr Dänemarks ins Bundesgebiet verbrachten Biodiesel- und Rapsölmengen Energiesteuer gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG entstanden ist. Der Bezug erfolgte auch zu gewerblichen Zwecken. § 15 Abs. 5 EnergieStG bestimmt, dass der Steuerschuldner für Energieerzeugnisse, für die die Steuer entstanden ist, unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen hat. Die Entstehung der Energiesteuer stellen auch die Kläger nicht in Abrede. Weiterer Ausführungen des Gerichts bedarf es insoweit nicht.

    Der Geltendmachung des Energiesteueranspruchs steht jedoch die eingetretene Festsetzungsverjährung entgegen. Gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern ein Jahr, beginnend gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Dann lief die Festsetzungsfrist im Hinblick auf den streitigen Zeitraum bis zum 31.12.2007. Der Energiesteuerbescheid datiert jedoch vom 06.02.2008. Eine Verlängerung der Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 S. 2 AO auf 10 Jahre für Fälle der Steuerhinterziehung oder 5 Jahre, soweit die Steuer leichtfertig verkürzt worden ist, ist nicht eingetreten.

    Selbst wenn man davon ausgeht, dass der objektive Tatbestand einer Steuerstraftat erfüllt ist, ist das Gericht nicht vom Vorliegen des subjektiven Tatbestandes überzeugt. Die Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO setzt ebenso wie die leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes voraus. § 370 AO setzt Vorsatz, also das Wissen und Wollen um die Tatbestandsverwirklichung zumindest in Form des dolus eventualis voraus, während die leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO mit der Leichtfertigkeit einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, der etwa der groben Fahrlässigkeit des Bürgerlichen Rechts entspricht, aber im Gegensatz dazu auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt (Kruse in Tipke/Kruse § 169 AO Rn. 15), verlangt.

    Der Beklagte hat alle Tatbestandsmerkmale der strafbaren Handlung nachzuweisen, also auch die für den subjektiven Tatbestand erforderlichen Merkmale. Dabei kann er im Streitfall nicht auf ein Strafurteil zurückgreifen, weil das Verfahren gegen den Kläger zu 1. eingestellt worden ist. Ansonsten hat der Beklagte, wie auch bereits das Zollfahndungsamt Hamburg in seinem Schlussbericht vom 16.04.2008, zur subjektiven Seite nur Mutmaßungen angestellt, die einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

    Das Vorbringen des Klägers zu 1., er sei davon ausgegangen, die Kraftstoffe steuerfrei aus dem freien Verkehr Dänemarks ins Bundesgebiet überführen zu dürfen, ist nicht widerlegt worden und ist auch glaubhaft. Dabei mag es sich um eine irrige Rechtsauffassung handeln, ging der Kläger zu 1. jedoch davon aus, das Verbringen des Biodiesels lasse keine Steuer entstehen und begründe auch nicht die Verpflichtung, eine Steuererklärung nebst Steueranmeldung abzugeben, lässt sich der Vorwurf der bewussten und gewollten Hinterziehung von Steuern nicht begründen. Es ist auch nicht festgestellt worden, dass der Kläger im Sinne grober Fahrlässigkeit (Leichtfertigkeit) die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße verletzt hätte. Unwiderlegt hat der Kläger vorgetragen, weder von der Firma B A/S noch von seinem Steuerberater auf die Regelung des § 15 EnergieStG hingewiesen worden zu sein. Das ist auch vor dem Hintergrund glaubhaft, dass der Vertreter der Firma B A/S, Herr D, in seiner Vernehmung durch das Zollfahndungsamt Hamburg vom 08.07.2008 u. a. ausgesagt hat, mit dem Kläger zu 1. nicht direkt über die Energiesteuer gesprochen zu haben. Auch der Zeuge E, der Steuerberater des Klägers, hat ausgesagt, mit diesem nicht über die energiesteuerrechtliche Problematik gesprochen zu haben. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass die Annahme, Biokraftstoffe dürften steuerfrei eingeführt werden, nicht abwegig ist. Immerhin gibt es die Entlassungsvorschrift des § 50 EnergieStG, vor Inkrafttreten des EnergieStG galt die Steuerbegünstigung gemäß § 2a MinöStG. Auch die Erfahrungen des Klägers zu 1. in der Speditionsbranche oder die Berichterstattung in den Medien, auf die das Zollfahndungsamt im Schlussbericht bei den Überlegungen zum subjektiven Tatbestand maßgeblich abstellt, belegen nicht dessen Vorsatz oder dessen Leichtfertigkeit. Die Überlegungen bleiben spekulativ. Sofern man - wofür in der Tat einiges spricht - der Auffassung ist, der Kläger zu 1. hätte sich besser informieren müssen, begründet dies vor dem Hintergrund des auf Antrag sowohl nach früherer als auch nach heutiger Rechtslage bestehenden Steuerentlastungsanspruchs nach Auffassung des Gerichts allenfalls den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit, der nicht ausreicht, um eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Steuerverkürzung oder gar wegen Steuerhinterziehung anzunehmen.

    Zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung kommt man auch nicht unter Berücksichtigung des Verhaltens des klägerischen Steuerberaters, des Zeugen E. Dabei gilt grundsätzlich, dass der Steuerschuldner - also die Kläger - die leichtfertige Steuerverkürzung nicht selbst begangen haben muss. Für die Eigenschaft einer Steuer als i.S.v. § 169 Abs. 1 S. 2 AO leichtfertig verkürzt kommt es nur darauf an, dass sie leichtfertig verkürzt worden ist, nicht darauf, wer dies getan hat (Kruse in Tipke/Kruse § 169 AO, 18).

    Bei Würdigung des gesamten Sachverhalts ist das Gericht nicht zu der Überzeugung gelangt, dass dem Steuerberater der Kläger Leichtfertigkeit vorzuwerfen ist. Im Rahmen seiner Vernehmung im der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2010 hat der Zeuge E nachvollziehbar und glaubhaft erklärt, das Mandatsverhältnis habe das gesamte Steuerprogramm, also Buchführung, Fertigung der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen, Teilnahme an Prüfungen, Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Einkommensteuer, Finanzbuchhaltung, und Gewerbesteuer umfasst. In den etwa 40 Jahren der Zusammenarbeit sei es jedoch nie zu verbrauchsteuerlichen Fragestellungen gekommen. Das Gericht versteht den Zeugen so, dass das nicht schriftlich fixierte Mandat nach seiner Wahrnehmung eine Beratung in verbrauchsteuerlichen Fragen nicht umfasste, so dass für ihn bzw. für den für die Kläger zuständigen Mitarbeiter auch keine Veranlassung bestand, die umfangreichen steuerlich erheblichen Belege der Kläger daraufhin durchzusehen, ob in irgendeiner Weise eine verbrauchsteuerliche Problematik erkennbar ist. Dass sich der Zeuge E tatsächlich nicht um die Verbrauchsteuern gekümmert hat und auch nicht kümmern sollte, wird für das Gericht auch durch den Umstand deutlich, dass die Mitarbeiterin des Klägers, Frau F, als Assistentin der Geschäftsleitung - nach ihren Angaben - jährlich fällige Stromsteuer selbst an das zuständige Hauptzollamt überwiesen hat. Mit dieser Verbrauchsteuer wurde also der Zeuge E nicht befasst. Das Gericht hält die Aussage des Zeugen für glaubhaft. Der Zeuge hat zwar durchaus ein eigenes Interesse am Ausgang dieses Verfahrens, er hat jedoch nachvollziehbar und widerspruchsfrei vorgetragen, so dass kein begründbarer Anlass besteht an der Glaubhaftigkeit seiner Einlassung zu zweifeln. Zudem hat der Zeuge einen glaubwürdigen Eindruck gemacht.

    Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass dem Steuerberater die Buchhaltung sowie die Fertigung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen oblag, nicht jedoch das Stellen von Anträgen, um Verbrauchsteuervergünstigungen in Anspruch zu nehmen. Dann muss die besondere Aufmerksamkeit des Steuerberaters und seiner Mitarbeiter den gegenüber dem zuständigen Finanzamt abzugebenden Erklärungen gelten. Versäumnisse im Zusammenhang mit diesen Erklärungspflichten, etwa weil eine Erklärung unvollständig ist, können, weil den Steuerberater eine Verpflichtung trifft, sich über die Rechtslage sowie den Sachverhalt zu informieren und seinen Mandanten, den Steuerschuldner, ggf. zu beraten und aufzuklären, je nach Sachlage im Einzelfall als grob fahrlässig bzw. leichtfertig qualifiziert werden (vgl. BFH, Urteil vom 03.12.2009, VI R 58/07). Um ein derartiges Versäumnis geht es im Streitfall jedoch nicht. Die Beratung in verbrauchsteuerlichen Fragen gehörte gerade nicht zum üblichen Beratungsumfang. Der Steuerberater hat erklärt, in den etwa 40 Jahren der Zusammenarbeit sei es - vom Streitfall abgesehen - noch nie um eine verbrauchsteuertliche Problematik gegangen. Es mag zwar sein, dass ein Steuerberater bei - wie im Streitfall - umfassender Beauftragung auch ein Augenmerk auf sich entwickelnde verbrauchsteuerliche Probleme haben und sich bei fehlender Sachkunde über die Rechtslage informieren muss. Im Streitfall war es zur Überzeugung des Gerichts aber so, dass die verbrauchsteuerliche Problematik schlicht übersehen worden ist, weil sie einerseits nicht zum üblichen Tätigkeitsbereich der Steuerberatungskanzlei gehört und weil andererseits - wie gesagt - bislang in rund 40 Jahren noch keine verbrauchsteuerliche Beratung bzw. Betreuung der Kläger erforderlich geworden ist, so dass keinerlei Bewusstsein für eine verbrauchsteuerliche Problematik bestand.

    Der Beklagte hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass aus den dem Steuerberater vorgelegten Rechnungen ersichtlich war, dass Mineralöl aus Dänemark bezogen worden war, und dass Rechnungen in Einzelfällen einen Hinweis auf angefallene Energiesteuer (teilweise bezeichnet als „Dieselsteuer”) enthielten, hierzu hat der Zeuge jedoch glaubhaft bekundet, dass das Augenmerk lediglich auf die ordnungsgemäße Verbuchung gerichtet worden und ein Bewusstsein für sich daraus ergebende verbrauchsteuerrechtliche Probleme nicht vorhanden gewesen sei. Sofern der Beklagte - ebenfalls zutreffend - darauf hingewiesen hat, dass sich in der Beweismittelakte ein Beleg über eine Energiesteuerrückzahlung durch die Firma B A/S findet, ist dies unerheblich, da nicht ermittelt werden kann, wie es zu dieser Rückzahlung gekommen ist. Möglicherweise hat die Firma B A/S die Rückzahlung selbst veranlasst. Der Steuerberater hat jedenfalls glaubhaft bekundet, dass ihm diese Rückzahlung nicht bekannt ist.

    Vom Hintergrund mag dem Steuerberater der Vorwurf (einfacher) Fahrlässigkeit gemacht werden können, leichtfertig war sein Verhalten - bzw. das ihm zuzurechnende Verhalten seines Mitarbeiters - indes nicht.

    II.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

    RechtsgebietAOVorschriftenAO § 169 Abs. 2 S. 2 AO § 370 AO § 378

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents