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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Besteuerung von Erträgen aus Aktienanleihen

    von Dipl.-Finw. Christian Frank und Dipl.-Finw. Johannes Leusder, Flick Gocke Schaumburg, Bonn

    | Bei der Erstellung von Selbstanzeigen für nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Erträgnisaufstellungen der jeweiligen Banken ungeprüft als Grundlage der Nacherklärung dienen können. Mit Blick auf die weitreichenden Anforderungen an eine strafbefreiende Selbstanzeige ist davon abzuraten, die ausgewiesenen Werte unkontrolliert zu übernehmen, da dort unter strafrechtlichen Gesichtspunkten Gefahren lauern, die zu einer Unwirksamkeit und somit zu drastischen Folgen für den Mandanten führen können. Im Folgenden wird beispielhaft auf die Besteuerung von Erträgen aus Aktienanleihen eingegangen. |

     

    Frage des Steuerberaters: Ich bin damit beauftragt, eine Selbstanzeige für einen Mandanten zu erstellen, der sein Vermögen bei einem ausländischen Kreditinstitut angelegt hat. Insbesondere weisen die Erträgnisaufstellungen der Bank Verluste aus dem Umtausch von Aktienanleihen aus, die auch in den Jahren vor Einführung der Abgeltungsteuer als negative Einnahmen nach § 20 Abs. 2 EStG a.F. zu berücksichtigen sein sollen. Ich möchte nun wissen, ob diese Verluste ungeprüft übernommen werden können oder sich hierbei ein Risiko hinsichtlich der Wirksamkeit der Selbstanzeige ergeben kann.

     

    Antwort des Strafverteidigers: Gemäß § 371 Abs. 1 AO ist es für die Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige zwingend notwendig, sämtliche bisher nicht erklärten Einkünfte in korrekter Höhe anzuzeigen bzw. die bisherigen Erklärungen zu korrigieren. Nach der Rechtsprechung des BGH muss davon ausgegangen werden, dass bereits eine Abweichung in Höhe von mehr als 5 % bezogen auf die hinterzogene Steuer eine Unwirksamkeit der Selbstanzeige zur Folge haben kann.

     

    Ein immer wiederkehrendes Thema bei der Auswertung der Bankunterlagen ist die Qualifizierung von Aktienanleihen. Bei der steuerlichen Behandlung ergibt sich die Problematik, dass bislang keine bindenden Regelungen ergangen sind, wie ein etwaig entstandener Verlust einzuordnen ist und ob dieser steuerlich berücksichtigt werden darf.

     

    Aktienanleihen - begrifflich auch unter „Anleihen mit Aktienandienungsrecht“ bekannt - waren in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren. Fraglich war, wie diese Art von Wertpapieren für Zwecke der Besteuerung überhaupt zu behandeln ist und ob Aktienanleihen die Voraussetzungen für die Qualifizierung als Finanzinnovation erfüllen. Aktienanleihen sind hochverzinsliche Wertpapiere, bei denen der Emittent (z.B. eine Bank) das Recht hat, die Anleihe bei Fälligkeit in bar oder durch Lieferung der in den Emissionsbedingungen festgelegten Aktien zurückzuzahlen. Sollte bei Fälligkeit der Kurswert der zu liefernden Aktien höher liegen als der Nennbetrag der Anleihe, wird der Emittent eine Rückzahlung dieses Nennbetrags wählen. Im umgekehrten Fall erhält der Anleger Aktien, die einen geringeren Wert haben, als der Nennbetrag. Durch das Wahlrecht des Emittenten, trägt allein der Anleger das wirtschaftliche Risiko. Dieses Risiko wird ihm mit einem Kupon, der zum Teil weit über dem marktüblichen Zins liegt, vergütet. Sollte der Anleger bei Fälligkeit der Anleihe die entsprechenden Aktien erhalten, führt dies zu einem Verlust, da er wertmäßig weniger erhält, als er in der Vergangenheit für den Erwerb der Aktienanleihe aufgewendet hat.

     

    Nun stellt sich die Frage, ob der „Verlust“ steuerlich Berücksichtigung finden kann. Die Prüfung eines steuerpflichtigen privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. des § 23 EStG a.F. ist erst nachrangig vorzunehmen, da aufgrund der Gesetzessystematik zunächst die Vorschrift des § 20 EStG a.F. Anwendung finden kann. Hierbei ist § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4c EStG a.F. zu beachten. Diese Regelung knüpft an die Besteuerung der Marktrendite, welche die Differenz zwischen dem Veräußerungs- oder Umtauscherlös und den historischen Anschaffungskosten darstellt, an. In den Erträgnisaufstellungen der Banken fließt dieser - zumeist negative - Wert in die steuerpflichtigen Einkünfte gemäß § 20 EStG ein und mindert die Besteuerungsgrundlagen entsprechend.

     

    Der BFH verneint eine mögliche Verlustberücksichtigung über die Marktrendite, da diese nur dann angesetzt werden darf, wenn das Entgelt für die Kapitalnutzung einerseits und für die Wertentwicklung des Papiers andererseits nicht eindeutig abgrenzbar ist (BFH 11.7.06, VIII R 67/04, BStBl II 07, 553). Bei Aktienanleihen ist eine solche Unterscheidung allerdings möglich: Die laufenden Zinserträge lassen sich eindeutig von den Erträgen auf der privaten Vermögensebene abgrenzen. Der Verlust kann somit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden. Hingegen ist zumindest gemäß dem immer noch gültigen BMF-Schreiben vom 2.3.01 (IV C 1-S 2252-56/01, BStBl I 01, 206) eine Besteuerung durch Ansatz der Marktrendite möglich.

     

    Folgt man vorliegend also der Rechtsprechung des BFH, scheidet der Verlustansatz bei den für den Mandanten nachzuerklärenden Einkünften unweigerlich aus. Demgegenüber kommt unter Berufung auf das BMF-Schreiben eine Berücksichtigung in Betracht.

     

    Falls die in den Bankunterlagen ausgewiesenen negativen Werte im Rahmen der Nacherklärung übernommen werden, kann dies - zumindest für die Jahre vor Einführung der Abgeltungsteuer - dazu führen, dass eine zu niedrige Steuer festgesetzt wird, sollte die zuständige Stelle in der Finanzverwaltung die Auffassung des BFH teilen, mit der Konsequenz, dass eine der Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht erfüllt ist. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollte gegenüber der Finanzverwaltung auf die zugrunde gelegte Rechtsauffassung detailliert eingegangen werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Berater sollte jegliches Risiko, das zur Unwirksamkeit der Selbstanzeige führen könnte, ausschließen. Dieses Gebot wird insbesondere vor dem Hintergrund der Besteuerung von Aktienanleihen deutlich. Es ist somit ratsam, sämtliche nicht zweifelsfrei entschiedenen Beurteilungen das nachzuerklärenden Sachverhalts offen darzulegen.

    Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 25 | ID 43109365

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