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  • · Fachbeitrag · Strafprozessrecht

    Informelle Verständigung kann zur Nichtigkeit eines Strafurteils führen

    von Rechtsassessor Dr. Matthias H. Gehm, Limburgerhof und Speyer

    | Durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.09 (BGBl I 09, S. 2353) wurde die strafprozessuale Verständigung in der StPO geregelt. Zentrale Vorschrift ist hierbei § 257c StPO . Es werden aber auch außerhalb der Regelungen in der StPO noch Absprachen als informeller Deal durchgeführt. Dies mag daran liegen, dass sich vor der gesetzlichen Regelung eine gewisse Praxis herausgebildet hatte, von der die Justiz nicht lassen will. Das OLG München hat mit Beschluss vom 17.5.13 (2 Ws 1149, 1150/12, NJW 13, 2371) entschieden, dass eine grobe Missachtung der gesetzlichen Vorgaben bei der Verständigung zur Nichtigkeit des Strafurteils führen kann. |

    1. Der Fall des OLG München vom 17.5.13

    Der Angeklagte, ein niedergelassener Arzt, war wegen Abrechnungsbetrugs vom AG Weilheim (Schöffengericht, im Folgenden AG) zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und gemäß § 56b Abs. 2 Nr. 2 StGB als Bewährungsauflage die Zahlung von 30.000 EUR an karikative Organisationen angeordnet worden. Vorausgegangen war eine Absprache vor der Eröffnung des Hauptverfahrens, an der der Vorsitzende des Schöffengerichts, der Strafverteidiger und der Vertreter der StA beteiligt waren. Der Vorsitzende des Schöffengerichts machte darauf aufmerksam, dass der Angeklagte mit einer Freiheitsstrafe von über 3 Jahren rechnen müsse, wenn er kein Geständnis ablege. Bei einem Geständnis käme eine Bewährungsstrafe in Betracht. Als eine Verständigung gemäß § 257c StPO wollte der Vorsitzende die Absprache ausdrücklich nicht verstanden wissen. Zeugen waren zur Hauptverhandlung nicht geladen und der Angeklagte gab eine Erklärung ab, die die Frage, ob er mit Vorsatz gehandelt hatte, offen ließ. Es erfolgte sodann Rechtmittelverzicht durch den Angeklagten und die StA. Die Absprache wurde nicht protokolliert und es wurde auch nicht festgehalten, dass eine Absprache stattgefunden hatte (Negativtest).

     

    Über ein Jahr später legte der Angeklagte Berufung gegen das Urteil des AG Weilheim ein. Das LG München II verwarf die Berufung wegen erfolgten Rechtmittelverzichts als unzulässig. Dabei vertrat es die Meinung, dass auf andere Fälle der Absprachen als solchen nach § 257c StPO, § 302 Abs. 1 S. 2 StPO keine Anwendung finde. Das OLG München (im Folgenden OLG) hob bei Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß §§ 44 ff. StPO den Beschluss des LG München II auf und stellte fest, dass das Urteil des AG unwirksam und nichtig sei.

     

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