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  • 01.10.2005 | Steuerstraftat

    § 116 AO: Eine zu Unrecht vergessene Vorschrift

    von RD Dr. Oliver Löwe-Krahl, Oldenburg

    Nach § 116 AO haben „Gerichte ... Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, der Finanzbehörde mitzuteilen.“ Dieser Grundsatz ist für das Steuerrecht ungewöhnlich prägnant und einfach. Leider ebenso prägnant stellt Tipke (Tipke/Kruse, AO/FGO, § 116, Rn. 2) fest: „§ 116 wird kaum praktiziert.“ 

     

    Im Zusammenhang mit der Überprüfung der Einnahmen aus dem Rotlichtmilieu in 2003 hatten Prüfer des Bundesrechnungshofes (BT-Drucksache 15/2020, 185) festgestellt, dass das Meldepflicht von Gerichten und StA nach § 116 AO nicht hinreichend beachtet wird (Mitteilung an das BMF vom 23.9.04). Erhebliche Steuerausfälle sind zu befürchten. Die Rechnungshöfe der Länder und die Justizverwaltungen werden zunehmend für das Thema sensibilisiert, so dass mit einer wachsenden Bedeutung gerechnet werden muss (vgl. auch „Süddeutsche Zeitung“ vom 9.2.05). 

     

    Gründe für die Nichtbeachtung des § 116 AO

    Bei der Suche nach Ursachen für das Unterbleiben von Verdachtsmeldungen trifft man stets auf die gleichen Begründungen. Einige dieser Erklärungen werden naturgemäß eher hinter vorgehaltener Hand geäußert: 

    1.Die Vorschrift des § 116 AO sei nicht bekannt.
    2.Man wisse nicht, an welche Behörde man die Meldung zu richten habe und Ansprechpartner seien nicht benannt.
    3.Als steuerlich nicht ausgebildeter Jurist vermöge man nicht zu erkennen, wann ein Verdacht auf Steuerhinterziehung bestehe. Jedenfalls könne dies nicht ohne Prüfung der Steuerakten beurteilt werden, die dem Gericht nicht vorliegen.
    4.Die Meldepflicht führe zu einer erheblichen Mehrarbeit, ohne dass man als Richter oder StA Vorteile davon habe.
    5.Häufig würden gemeldete Fälle nicht weiterverfolgt.
    6.Im Verhältnis zu Parteien und Anwälten erscheine ein Richter häufig als Vertrauensperson. Diese Stellung werde gefährdet, wenn Richter als „Denunzianten“ wahrgenommen werden.
    7.Bei ungerechtfertigten Meldungen bestehe die Gefahr der Strafbarkeit nach § 164 Abs. 1 StGB (Falsche Verdächtigung) oder nach Datenschutzvorschriften.
    8.In Gerichtsverhandlungen seien Hinweise auf steuerliche Unregelmäßigkeiten mitunter geeignet, die Vergleichsbereitschaft der Parteien zu erhöhen. Sollte sich herumsprechen, dass das Gericht solche Fälle dem FA meldet, entfalle dieses Druckmittel.
     

    Diese Bedenken lassen sich widerlegen oder durch geeignete Maßnahmen ausräumen. 

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