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  • 22.06.2011 | Steuerfahndung

    Kein Verwertungsverbot bei formal rechtswidriger Beschlagnahme

    Steufaergebnisse dürfen auch dann verwertet werden, wenn sie auf der Auswertung rechtswidrig beschlagnahmter Unterlagen beruhen, sofern der Beschlagnahmebeschluss nur aus formalen Gründen aufgehoben wurde und die Erkenntnisse auf gleichzeitig oder im Nachhinein durchgeführten rechtmäßigen Ermittlungsmaßnahmen beruhen (FG München 17.2.11, 7 V 3363/10, Abruf-Nr. 111300).

     

    Sachverhalt

    Gegen den Ehemann der GmbH-GFin wurde wegen des Verdachts von Betäubungsmittelstraftaten ermittelt. Vom LKA beschlagnahmte Unterlagen wurden 2004 wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung der Steufa übergeben. Erst 2007 wurde gegen die GFin ein Verfahren eingeleitet. Die Unterlagen aus dem Jahr 2004 wurden aber erst 2008 im Hinterziehungsverfahren auf Antrag des FA förmlich beschlagnahmt. Das LG hob diesen Beschluss später auf, weil er angesichts des Zeitablaufs nicht mehr verhältnismäßig sei. Das FA erließ dennoch geänderte Bescheide. Ein Antrag auf AdV blieb trotz des Einwands der rechtswidrigen Beschlagnahme erfolglos.  

     

    Entscheidung

    Das FG konzediert zwar, dass die Unterlagen rechtswidrig nicht zeitnah nach §§ 108, 94 StPO beschlagnahmt, aber dennoch als Grundlage weiterer Ermittlungsmaßnahmen herangezogen wurden. Der Senat sieht aber keinen Grund, die Erkenntnisse im Besteuerungsverfahren nicht zu verwerten. Der verfassungsrechtlich besonders geschützte Bereich des Steuerpflichtigen wurde durch diesen Fehler nicht berührt, sodass kein qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot anzunehmen ist (BVerfG 9.11.10, 2 BvR 2101/09, PStR 11, 3). Die Beschlagnahme hatte insbesondere keine Auswirkungen auf den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung. Ihr kommt lediglich Formalcharakter zu: Hätte das FA richtigerweise einen Beschlagnahmebeschluss zeitnah beantragt, wäre der Ermittlungsrichter dem ohne Weiteres gefolgt. Nicht jede fehlerhafte Beweiserhebung führt zu einem umfassenden Verwertungsverbot. In Betracht kommt ein „einfaches“ Verwertungsverbot, das aber nur greift, wenn die Prüfungsmaßnahmen als solche erfolgreich angefochten oder aber ihre Rechtswidrigkeit nach § 100 Abs. 1 S. 4 FGO festgestellt worden wäre. Beides war nicht der Fall.  

     

    Praxishinweis

    Letztlich ist nach Meinung des FG bei bloßen Formverstößen auf die hypothetischen Ergebnisse eines „rechtmäßigen Alternativverhaltens“ abzustellen. Solange also bei korrekten Ermittlungsmaßnahmen identische Fahndungsergebnisse vorliegen würden und die Steufa nicht erheblich in den unmittelbaren privaten Bereich des Beschuldigten eingreift - etwa durch die Auswertung intimer Tagebuchaufzeichnungen -, bleiben ihre Erkenntnisse trotz prozessual fehlerhafter Ermittlungen verwertbar.(RW)  

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