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  • 24.07.2008 | Steuererhebung

    Akteneinsicht im Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren

    von RA Diana Durst, FA StR, Köln

    Sowohl im Besteuerungsverfahren als auch im Steuerstrafverfahren verfügt zunächst allein die Behörde – Finanzverwaltung bzw. Strafverfolgungsbehörde – über die steuerrechtlich und strafrechtlich relevanten Kenntnisse oder Unterlagen. Dies ist insofern misslich, als die umfassende Kenntnis des Sachverhalts Voraussetzung für eine materiell-rechtlich zutreffende Besteuerung bzw. für die Abwehr einer rechtswidrigen Besteuerung ist. Im Steuerstrafverfahren ist die vollständige Kenntnis der Akten Grundlage einer effektiven und zielgerichteten Verteidigung. 

    1. Akteneinsicht im Besteuerungsverfahren

    Im Besteuerungsverfahren sind die Möglichkeiten, Akteneinsicht zu verlangen – im Vergleich zum Strafverfahren – eingeschränkt. 

     

    1.1 Kein genereller Rechtsanspruch auf Akteneinsicht

    Entgegen § 29 VwVfG, der den Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens einen Rechtsanspruch auf Einsicht in die Verwaltungsakte einräumt, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist, kennt die AO im Besteuerungsverfahren kein generelles Akteneinsichtsrecht. Trotz des insoweit fehlenden Rechtsanspruchs kann die Finanzverwaltung nach ihrem Ermessen in Einzelfällen Akteneinsicht gewähren, soweit Verhältnisse Dritter – insbesondere i.S. von § 30 AO – nicht beeinträchtigt werden (BFH 8.6.95, BFH/NV 96, 64, 65; Heißenberg, KÖSDI 00, 12310, 12313). Mithin dürfte es dem allgemeinen pflichtgemäßen Ermessen entsprechen, dem Steuerpflichtigen Einsicht in „seine“ eigenen Steuerakten zu gewähren. Die Finanzverwaltung bejaht ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht im Übrigen stets beim Beraterwechsel (AEAO, Nr. 4 zu § 91) und dann, wenn anderenfalls eine effektive Rechtsverfolgung durch den Steuerpflichtigen nicht möglich wäre. Zielt das Akteneinsichtsbegehren hingegen darauf ab herauszufinden, ob oder warum die Steufa eingeschaltet wurde, besteht kein berechtigtes Interesse (Hessisches FG 16.3.90, EFG 90, 503 [rkr.]) 

     

    1.2 Akteneinsicht im Einspruchsverfahren

    Auch im Einspruchsverfahren hat der Steuerpflichtige keinen Rechtsanspruch auf Akteneinsicht. Die Finanzbehörde ist aber wiederum verpflichtet, über seinen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Darüber hinaus besteht im Einspruchsverfahren ein Anspruch nach § 364 AO auf „Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung“, der weitgehend an die Stelle des Akteneinsichtsrechts tritt (Streck, StuW 96, 183). Die Unterlagen sind auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gibt, von Amts wegen mitzuteilen. Zu den Unterlagen der Besteuerung zählen alle Unterlagen, die geeignet sind, das Ergebnis des Verfahrens zu beeinflussen, z.B. Beweismittel und Beweisergebnisse, Bewertungs- und Schätzungsunterlagen sowie Berechnungsgrundlagen (Tipke in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364 Rn. 2). Der Anspruch nach § 364 AO umfasst m.E. auch die Einsichtnahme der Außenprüfer-Handakten, da diese die genannten Unterlagen typischerweise enthalten. Die Einsicht in den Rotbericht – rotes Papier mit Feststellungen des Prüfers, die er für strafrechtlich relevant hält – ist zu gewähren, wenn das Vorliegen einer Steuerhinterziehung Voraussetzung für die Steuerfestsetzung ist. Inhaltlich verlangt § 364 AO damit eine vollständige Offenbarung sämtlicher im Einzelfall besteuerungsrelevanter Sachverhalte und Tatsachen.  

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