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  • 22.06.2011 | Durchsuchung

    Keine medienbegleitete Vollstreckung von Steuerschulden

    Darin, dass die Finanzbehörden Medienvertretern gestatten, sie bei einem Vollstreckungsversuch in der Wohnung des Steuerschuldners zu begleiten, kann eine Amtspflichtverletzung liegen. Führt die hierdurch ermöglichte Produktion und Ausstrahlung des bei der Wohnungsdurchsuchung entstandenen Filmmaterials zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts, kommt ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht (KG Berlin 21.1.11, 9 W 76/10, Abruf-Nr. 111876).

     

    Sachverhalt

    Die Antragsgegnerin (HZA) erwirkte zur Vollstreckung einer Steuerforderung einen Durchsuchungsbeschluss beim AG. Die OFD genehmigte einer TV-Gesellschaft die beantragte Drehgenehmigung für Filmaufnahmen. Die Beamten betraten die Wohnung des Antragstellers, in der sich zugleich die Ehefrau und der dreijährige Sohn aufhielten. Zwei TV-Mitarbeiter begleiteten sie, die ihr Filmmaterial später veröffentlichten. Zu sehen waren hierbei der Antragsteller, seine Familienangehörigen, die Wohnung, Einrichtungsgegenstände und der Inhalt geöffneter Schränke. Vor laufender Kamera wurde der Antragsteller von den Vollziehungsbeamten zu seiner Steuerschuld und seinen Einkommensverhältnissen gefragt. Aus dem Kamerateam wurden weitere Fragen gestellt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Das KG gewährt Prozesskostenhilfe. Es bestehen begründete Erfolgsaussichten für eine Klage, die auf einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, § 253 Abs. 2 BGB i.V. mit Art. 34 S. 1 GG auf Zahlung eines Schmerzensgeldes bis zu einer Höhe von 10.000 EUR gerichtet ist. Die Antragsgegnerin habe schuldhaft die ihr gegenüber einem Steuer- und Vollstreckungsschuldner obliegenden Amtspflichten verletzt.  

     

    Praxishinweis

    Gemäß § 30 Abs. 1 AO haben Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren. Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO, wenn er Verhältnisse eines anderen, die ihm in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, unbefugt offenbart. Das Steuergeheimnis dient nicht nur dem verfassungsrechtlich anerkannten und geschützten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen, sondern zugleich einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, nämlich sicherzustellen, dass die Besteuerungsgrundlagen richtig und vollständig erfasst werden und die Steuerpflichtigen nicht etwa aus Furcht vor den Folgen einer Weitergabe ihrer gegenüber den Finanzbehörden gemachten Angaben ihre steuerlichen Verhältnisse nicht oder nicht vollständig offenbaren. Abzuwarten bleibt, ob der Vorgang auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht (§ 355 StGB). (CW)  

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