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14.06.2011 · IWW-Abrufnummer 111876

Kammergericht Berlin: Beschluss vom 21.01.2011 – 9 W 76/10

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


9 W 76/10
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 31. März 2010 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16. März 2010 - 27 O 959/09 - geändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung des Rechtsanwalts J#### E##### bewilligt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin macht eine Steuerforderung in Höhe von ca. 125.000 Euro gegen den Antragsteller geltend. Zur Vollstreckung dieser Forderung erwirkte das Hauptzollamt B### am 21. Juni 2007 einen Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht T####-K####.
Unter dem 4. Juli 2007 erteilte die Oberfinanzdirektion C### der G###### TV die beantragte Drehgenehmigung für Filmaufnahmen bei den Mobilen Kontrollgruppen des Hauptzollamtes F#### sowie der Vollstreckungsstelle des Hauptzollamtes B###. Die Firma wurde in diesem Schreiben gebeten, sich mit den jeweiligen Pressesprechern der beiden Behörden abzustimmen. Zugleich wurde das Unternehmen in dem Schreiben der Oberfinanzdirektion auf folgende Drehbedingungen hingewiesen, namentlich dass die Vorschriften zum Steuergeheimnis, zum Sozialdatengeheimnis, zum Datenschutz, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen sowie die Anweisungen der Zollbeamten und Zollbeamtinnen hierzu unbedingt zu beachten seien. Soweit Bild-/Tonaufnahmen von Zollbeamten und Zollbeamtinnen gemacht würden, sei deren Zustimmung vorab einzuholen. Schriftstücke, Planenaufschriften, Namensschilder oder sonstige Hinweise, die eine Identifizierung von Zollbeteiligten/Privatpersonen ermöglichen könnten, seien auf geeignete Weise (z. B. Pixeln) zu anonymisieren. Die G###### TV erkannte diese Drehbedingungen durch Übersendung einer unterschriebenen Mehrausfertigung des Genehmigungsschreibens an.
Am 29. August 2007 betraten zwei Vollziehungsbeamte des Hauptzollamtes B### in Ausführung des ihnen erteilten Vollstreckungsauftrages und unter Hinweis auf den Durchsuchungsbeschluss die Wohnung des Antragstellers, in der sich die Ehefrau und der dreijährige Sohn des Antragstellers aufhielten. Sie wurden von zwei Mitarbeitern der Fa. G###### TV begleitet, die Filmaufnahmen von diesem Einsatz fertigte, hierbei auch von dem später erschienenen Antragsteller, seinen Familienangehörigen, seiner Wohnung, seinen Einrichtungsgegenständen und dem Inhalt geöffneter Schränke. Vor laufender Kamera wurde der Antragsteller von den Vollziehungsbeamten zu seiner Steuerschuld und seinen Einkommensverhältnissen gefragt. Aus dem Kamerateam wurden weitere Fragen gestellt, die der Antragsteller ebenfalls beantwortete. Wegen des Inhalts des entstandenen Filmmaterials wird auf die beiden im Verfahren Landgericht Berlin - 27 O 230/08 - eingereichten DVD (Beiakte, Inhalt Hülle Bl. 45) verwiesen.
Der Fernsehsender V# strahlte am 6. Oktober 2007 um 13:25 Uhr in der Sendung "S##-T#-R####" den von der I ######################### GmbH & Co. KG (im Folgenden: I & #) produzierten Beitrag zum Thema "Jagd auf Schmuggler und Schuldner! - Zollfahnder im Einsatz" aus, in dem u. a. über den Antragsteller unter Verwendung des am 29. August 2007 entstandenen Filmmaterials berichtet wurde. In dem Beitrag wird das Gesicht des Antragstellers ungepixelt gezeigt und es wird angesprochen, dass er seine Steuerschulden als Empfänger von Arbeitslosenhilfe nicht zurückzahlen könne. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mitschnitt der Sendung, der sich als Anlage 1 in den beigezogenen Akten des Landgerichts Berlin - 27 O 230/08 - befindet, Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 14. Oktober 2008 - 27 O 230/08 - die V# F##- und F###-GmbH & Co. KG und die I & # als Gesamtschuldner verurteilt, an den hiesigen Antragsteller für die durch die Aussendung des Beitrages erlittenen Persönlichkeitsverletzungen eine Geldentschädigung in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen. Auf die Berufung der dortigen Beklagten haben sich die Parteien vor dem 10. Zivilsenat des Kammergerichts am 27. August 2009 auf die Zahlung von 5.000 Euro Geldentschädigung geeinigt. Diesen Anspruch hat die Antragsgegnerin gepfändet.
Der Antragsteller macht geltend, die Antragsgegnerin habe seine Persönlichkeitsrechte schwer verletzt, indem sie den Kameraleuten seine Steuerschuld sowie die bevorstehende Vollstreckung offenbart und ihnen ein Eindringen in seine Wohnung sowie die Fertigung von später ausgestrahlten Filmaufnahmen überhaupt erst ermöglicht habe.
Das Landgericht hat durch Beschluss vom 16. März 2010 den Prozesskostenhilfeantrag des Antragstellers mit der Begründung zurückgewiesen, eine schwerwiegende Persönlichkeitsverletzung durch die Antragsgegnerin liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe bei - wenn auch leichtfertiger - Erteilung der Drehgenehmigung bzw. bei Mitnahme des Fernsehteams nicht damit rechnen müssen, dass der Sender ohne entsprechende Einwilligung des Betroffenen identifizierend über den Antragsteller berichten würde.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden.
2. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil das Landgericht zu Unrecht die Erfolgsaussichten der Klage verneint hat. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung besteht bereits dann, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält. Aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage muss es möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen kann (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 28. Aufl. 2010, § 114 Rn. 19 m. w. N.). Diese Voraussetzung liegt hier vor.
Die beabsichtigte Klage ist jedenfalls nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Dem Antragsteller kann aufgrund seines Vorbringens ein Amtshaftungsanspruch gemäß §§ 839 Abs. 1 Satz 1, 253 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 34 Satz 1 GG auf Zahlung eines Schmerzensgeldes bis zu einer Höhe von 10.000 Euro zur Seite stehen.
a) Die Antragsgegnerin hat durch ihr Verhalten gegenüber der G###### TV schuldhaft die ihr gegenüber dem Antragsteller als Steuer- und Vollstreckungsschuldner obliegenden Amtspflichten verletzt. Die Amtspflicht zu rechtmäßigem Handeln ergibt sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG). Der Amtsträger hat sich bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben an die Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften zu halten. Hierzu gehört auch die Pflicht, keine unerlaubten Handlungen zu begehen, d. h. die hoheitlichen Aufgaben so wahrzunehmen, dass Rechtsgüter Dritter nicht verletzt werden (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - III ZR 74/78 juris Tz. 24 ff. = BGHZ 78, 274 = NJW 1981, 675; Urteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93 - juris Tz. 20 ff. = NJW 1994, 1950; Urteil vom 20. Mai 2009 - I ZR 239/06 - juris Tz. 14 ff. = NJW 2009, 3509).
aa) Zu den unter § 823 Abs. 1 BGB fallenden sonstigen Rechten gehört auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Bediensteten der Finanzbehörden haben, wenn sie vor der Frage stehen, ob die Öffentlichkeit über amtliche Vorgänge informiert werden soll, die erforderliche Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Medien und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Geheimhaltungsinteresse) des jeweils Betroffenen (Art. 5 Abs. 1 GG einerseits, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG andererseits) vorzunehmen (BGH, Urteil vom 17. März 1994, aaO., Tz. 21). Für den Bereich des Steuerrechts gibt das durch die Behörden anzuwendende Fachrecht die Maßstäbe für die Abwägung vor.
(1) Gemäß § 30 Abs. 1 AO haben Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren. Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO - soweit hier von Interesse -, wenn er Verhältnisse eines anderen, die ihm in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind, unbefugt offenbart. Das Steuergeheimnis dient nicht nur dem verfassungsrechtlich anerkannten und geschützten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen (BVerfG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - juris Tz. 139 = BVerfGE 84, 239 = NJW 1991, 2129), sondern zugleich einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck, nämlich sicherzustellen, dass die Besteuerungsgrundlagen richtig und vollständig erfasst werden und die Steuerpflichtigen nicht etwa aus Furcht vor den Folgen einer Weitergabe ihrer gegenüber den Finanzbehörden gemachten Angaben ihre steuerlichen Verhältnisse nicht oder nicht vollständig offenbaren. Es verfolgt das Ziel, durch eine relativ präzise Ausgestaltung, insbesondere der Voraussetzungen für eine Offenbarung von Steuerdaten und eine verstärkte, u. a. strafrechtliche Bewehrung (§ 355 StGB) der Geheimhaltungspflichten in Steuerangelegenheiten das Vertrauen des Bürgers in die Amtsverschwiegenheit (vgl. § 67 BBG) zu stärken und dadurch seine Bereitschaft zur Offenlegung steuerlicher Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11/83 u. a. - juris Tz. 130 = BVerfGE 67, 100 = NJW 1984, 2271).
Die Bediensteten der Oberfinanzdirektion und des Hauptzollamtes waren zur Wahrung des Steuergeheimnisses des Antragstellers und mithin zum Schutz seiner personenbezogenen Daten verpflichtet. Der Begriff der Verhältnisse i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO umfasst alle Umstände, die die Finanzbehörde über eine Person weiß. Sowohl die Familien- wie auch die beruflichen Verhältnisse, erst recht die Tatsache seiner steuerlichen Erfassung oder Beteiligung an einem anhängigen Verwaltungsverfahren, seine Verfahrenshandlungen, die Zahl und das Alter der Kinder sind hiervon umfasst. Auf die steuerliche Bedeutung der Verhältnisse kommt es nicht an. Entscheidend ist lediglich, dass diese Daten u. a. in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden sind (vgl. Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl. 2009, § 30 Rn. 43). Den Finanzbehörden sind die Verhältnisse des Antragstellers in einem Verwaltungsverfahren in Steuersachen bekannt geworden, weil zwischen der Kenntniserlangung und der Durchführung eines Steuerverwaltungsverfahrens ein unmittelbarer Zusammenhang bestand, wobei Verwaltungsverfahren in Steuersachen alle Verfahren sind, die der Festsetzung, der Erhebung und Vollstreckung von Steuern dienen (vgl. Klein/Rüsken, aaO., Rn. 50 f.).
Die beteiligten Amtsträger haben das Steuergeheimnis des Antragstellers in erheblichem Umfang verletzt, weil sie unbefugt dessen Verhältnisse, die ihnen im steuerlichen Vollstreckungsverfahren bekannt geworden sind, dem Kamerateam der G###### TV offenbart haben, das sie bei dem Vollstreckungsversuch in der Wohnung des Antragstellers begleitet hat. Bereits durch die Mitnahme des Kamerateams zur Wohnanschrift des Steuerschuldners wurden geheim zuhaltende Tatsachen einem Dritten bekannt. Im Verlauf der Filmaufnahmen wurden den Journalisten der Name des Antragstellers, der Grund und die Höhe seiner Steuerschuld, der Umstand, dass der Antragsteller und seine Familie Arbeitslosengeld II beziehen sowie seine Familien- und Wohnverhältnisse bekannt.
(2) Ein Grund, der diese Offenbarung der Verhältnisse des Antragstellers rechtfertigen könnte, liegt nicht vor (vgl. § 30 Abs. 4 AO). Insbesondere hat der Antragsteller, was hier allein in Betracht kommen dürfte, der Offenbarung seiner personenbezogenen Daten gegenüber Dritten nach seinem Vorbringen nicht zugestimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO). Der Antragsteller trägt hierzu vor: Mitarbeiter der Antragsgegnerin hätten die Journalisten von der bevorstehenden Maßnahme ohne seine Einwilligung vorab informiert und sie zu der gegen ihn beabsichtigten Vollstreckung mitgebracht. Bei Eintreffen der Vollziehungsbeamten und des Kamerateams vor seiner Wohnungstür sei er, der Antragsteller, nicht zugegen gewesen. Seine Ehefrau, die die deutsche Sprache nicht beherrsche, habe ihn angerufen und berichtet, dass Polizei in der Wohnung sei. Er habe daraufhin mit einem Zollbeamten am Telefon gesprochen und angekündigt, dass er erscheinen werde. Davon, dass sich ein Fernsehteam vor Ort befinde, sei keine Rede gewesen. Bevor er eingetroffen sei, hätten die Zollbeamten gemeinsam mit den Journalisten, diese mit laufender Kamera, unter Hinweis auf den Durchsuchungsbeschluss gegen den Willen seiner Ehefrau die Wohnung betreten und mit der Durchsuchung begonnen. Bei seinem Eintreffen - die Beamten und Journalisten hätten sich zu diesem Zeitpunkt bereits im Wohnzimmer befunden - habe er sofort eine abwehrende Bewegung in Richtung der Kamera gemacht und bedeutet, dass er nicht gefilmt werden wolle. Die Zollbeamten hätten gleichwohl ihre Vollstreckung bei laufender Kamera fortgesetzt und die Aufnahmen nicht unterbrochen. Diese Angaben des Antragstellers, die im Übrigen durch das in der beigezogenen Akte auf den DVD befindliche Filmmaterial belegt werden, hat die Antragsgegnerin im Wesentlichen nicht mehr bestritten, nachdem sie in das Filmmaterial Einsicht genommen hat. Abgesehen davon ist es zweifelhaft, ob während einer bereits laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme im Beisein von Journalisten überhaupt noch wirksam die Zustimmung zur Offenbarung der Verhältnisse des Steuerschuldners erklärt werden kann.
bb) Bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätten die Bediensteten des Hauptzollamtes erkennen müssen, dass sie ohne die ihnen gegenüber erklärte Einwilligung des Antragstellers die Journalisten nicht zu der Vollstreckungsmaßnahme mitnehmen durften. Scheidet die vorherige Zustimmung eines Steuerschuldners wegen der unangekündigten Zwangsvollstreckung aus, muss diese Form der Öffentlichkeitsarbeit der Finanzbehörden unterbleiben. Die Verletzung des Steuergeheimnisses, die Bloßstellung des Antragstellers vor Medienvertretern mit unabsehbaren Schäden im persönlichen und beruflichen Bereich des Betroffenen und schließlich die Herabwürdigung des Steuerschuldners zum bloßen Objekt staatlichen Handelns mussten sich aufdrängen und von der Antragsgegnerin als mögliche Folgen in die Abwägung einbezogen werden. Daraus ergibt sich ein hohes Maß der Fahrlässigkeit der getroffenen Fehlentscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 1994, aaO., Tz. 22).
b) Durch das Verhalten der Bediensteten der Finanzbehörden ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers verletzt worden. Die Rechtsverletzung war bereits durch die Offenbarung der Verhältnisse des Antragstellers gegenüber den Journalisten eingetreten. Sie wurde durch die hierdurch ermöglichte Produktion und Ausstrahlung des Beitrages über den Antragsteller unter Verwendung des bei der Wohnungsdurchsuchung entstandenen Filmmaterials im Fernsehen, wo es einem Millionenpublikum zugänglich war, noch erheblich weiter verstärkt.
c) Nach allem ist es möglich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf eine angemessene Geldentschädigung ("Schmerzensgeld") bis zu einer Höhe von 10.000 Euro gegen die Antragsgegnerin hat. Ein Amtshaftungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann auch die Zahlung einer Entschädigung in Geld für immaterielle Nachteile zum Gegenstand haben. Ein solcher Anspruch kommt allerdings nur in Betracht, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handelt und die Beeinträchtigung des Betroffenen nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, ist aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen und hängt insbesondere von der Bedeutung und der Tragweite des Eingriffs, also von dem Ausmaß der Verbreitung der rechtswidrig verursachten Veröffentlichung, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des Verletzten, ferner vom Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (BGH, aaO., Tz. 32).
In der identifizierenden Berichterstattung über den Antragsteller in der am 6. Oktober 2007 auf V# ausgestrahlten "S##-T#-R####" liegt, wie das Landgericht im Urteil vom 14. Oktober 2008 - 27 O 230/08 zutreffend ausführt, ohne dessen Einwilligung eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor (UA S. 7 ff.). Diese Rechtsverletzung durch den Fernsehsender und die Produktionsfirma muss sich die Antragsgegnerin aufgrund der von ihr geschaffenen Lage zurechnen lassen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung durfte die Antragsgegnerin nicht einfach darauf vertrauen, dass ohne entsprechende Einwilligung des Betroffenen von den Medien nicht identifizierend berichtet werde. Sie selbst hätte im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit entsprechende Vorkehrungen treffen müssen, etwa indem sie sich den aus dem Filmmaterial produzierten Beitrag, der eine behördliche Vollstreckungsmaßnahme zum Gegenstand hat, vor seiner Veröffentlichung hätte vorlegen lassen. Hierfür war die der G###### TV erteilte und von dieser gegengezeichnete Drehgenehmigung keineswegs ausreichend. Die pauschalen Hinweise auf die Vorschriften zum Steuergeheimnis, zum Datenschutz und die zu beachtenden Persönlichkeitsrechte der Betroffenen können die Antragsgegnerin nicht wirksam von ihrer Verantwortung bei der Weitergabe von Informationen an die Medien aus einem grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Verwaltungsverfahren befreien.
Angesichts der Schwere des Eingriffs in die Sphäre des Betroffenen sowie des erheblichen Verschuldens auf Seiten der Beklagten erscheint die beanspruchte Geldentschädigung, die der Genugtuung und dem Ausgleich dienen soll, auch der Höhe nach nicht von vornherein unangemessen, obwohl der Antragsteller bisher zu den konkreten Folgen der Persönlichkeitsrechtsverletzung in seinem persönlichem Umfeld nichts vorgetragen hat.
d) Schließlich muss sich der Antragsteller nicht auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB durch Inanspruchnahme der Medienunternehmen verweisen lassen. Durch die dem Antragsteller gewährte Geldentschädigung in Höhe von 5.000 Euro im Verfahren 27 O 230/08/10 U 204/08 ist der durch die Persönlichkeitsrechtsverletzung der Antragsgegnerin entstandene Schaden nicht in vollem Umfang abgedeckt. Geschweige denn war die Antragsgegnerin in die vergleichsweise Regelung zwischen dem Antragsteller und den Medienunternehmen einbezogen.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht.

RechtsgebieteBGB, GGVorschriften§ 253 Abs 2 BGB, § 839 Abs 1 S 1 BGB, Art 34 S 1 GG

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