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  • · Fachbeitrag · Praxismitarbeiter

    So bringen Sie Däumchen drehende Angestellte rechtssicher in Schwung!

    von RAin und FAin für Medizinrecht Dr. Sandra Kanzow-Guntermann, Spaetgens Rechtsanwälte, www.spaetgens.com 

    | Mit diesem Problem wird wahrscheinlich jeder Therapeut als Arbeitgeber irgendwann einmal konfrontiert: Ein Angestellter, der schlecht oder langsam arbeitet, seine Tätigkeit ohne jegliche Motivation und leider noch nicht einmal „nach Vorschrift“ erbringt. Die Beschwerden von Patienten häufen sich und die Unzufriedenheit des übrigen Teams nimmt zu. Kurzum: Die Qualität der Arbeit leidet, der gute Ruf der Praxis ist in Gefahr und auch das betriebswirtschaftliche Ergebnis könnte sinken. Was ist nun zu tun? |

    Verschiedene Maßnahmen sind möglich

    Der Beitrag zeigt die arbeitsrechtlichen Instrumente im Umgang mit sogenannten Low Performern auf, wobei natürlich nicht das Dilemma außer Acht gelassen werden kann, dass es zurzeit schwierig ist, gute Fachkräfte für die Therapiepraxis zu gewinnen. Daher soll nicht als Schwerpunkt aufgezeigt werden, wie man die Trennung von einem solchen Mitarbeiter erfolgreich vorbereitet, sondern welche arbeitsrechtlichen Möglichkeiten bestehen, den Arbeitnehmer wieder zu einem vertragsgerechten Verhalten zu bewegen.

    1. Schritt: Klären Sie, welche Art der Minderleistung vorliegt

    Sprechen Sie Ihren Mitarbeiter möglichst rasch auf seine ungenügende Arbeitsleistung an. Begründen Sie Ihre Einschätzung sachlich und nachvollziehbar und vermeiden Sie Vorwürfe. Beachten Sie | Es geht nicht um Schuldzuweisung, sondern um die Beseitigung der Mängel für die Zukunft. Fragen Sie Ihren Mitarbeiter offen, was ihn hindert, die erwartete Arbeitsleistung zu erbringen. Klären Sie vor allem, ob der Grund im Verhalten oder in der Person begründet ist. Kann Ihr Mitarbeiter mehr leisten und will es bloß nicht (verhaltensbedingte Minderleistung) oder kann er aus persönlichen Gründen einfach nicht mehr leisten (personenbedingte Minderleistung)?

     

    Hierzu sollten Sie im Gespräch und dann auch schriftlich festhalten, welche Tätigkeiten dem Arbeitnehmer konkret obliegen (Arbeitsplatzbeschreibung). Teilen Sie ihm also mit, was genau Sie von ihm erwarten, und halten Sie dies schriftlich fest. Suchen Sie dann im Gespräch gemeinsame Lösungen.

     

    PRAXISHINWEIS | Objektivieren Sie, welche Leistungen Ihr Mitarbeiter arbeitsvertraglich zu erbringen hat und welche Leistungen er tatsächlich „nur“ erbringt. Sprechen Sie möglichst früh mit ihm über die Mängel. Erörtern Sie deren Ursachen in einem gemeinsamen konstruktiven Gespräch. Halten Sie schriftlich fest, was Sie von ihm erwarten, um ihn in den folgenden Monaten hieran zu messen. Falls nötig, vereinbaren Sie Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen.

     

    2. Schritt: Abmahnung

    Haben Sie festgestellt, dass der Mitarbeiter tatsächlich mehr leisten kann, aber nicht mehr leisten will, und hat ein gemeinsames Gespräch kein Umdenken erzeugt, sodass er auch in den folgenden Monaten weiterhin schlechte Arbeit leistet, könnte eine Abmahnung folgen: Hiermit zeigen Sie Ihrem Mitarbeiter, dass Sie nicht gewillt sind, seine Schlechtleistung weiter hinzunehmen.

     

    Beachten Sie | Soll mit der Abmahnung eine Kündigung vorbereitet werden, muss die Abmahnung rechtlich wirksam sein.

     

    Eine Abmahnung ist nur dann rechtlich wirksam, wenn dabei die nachfolgend aufgezählten Aspekte beachtet werden:

     

    • In der Abmahnung müssen Sie zunächst die Pflichtverletzung konkret darstellen. Das beanstandete Fehlverhalten des Mitarbeiters muss möglichst genau und hinreichend bestimmt benannt werden. Pauschale Wertungen sind nicht ausreichend. Der Mitarbeiter muss erkennen können, welches konkrete Verhalten Sie missbilligen.

     

    • Fordern Sie Ihren Mitarbeiter in der Abmahnung zu einem konkreten vertragsgerechten Verhalten auf. Die Aufforderung, „durchschnittliche Ergebnisse“ zu erzielen, reicht nicht aus. Der Mitarbeiter ist nicht zur Erzielung bestimmter Arbeitserfolge verpflichtet. Die Aufforderung kann daher nicht dahingehen, bestimmte Erfolge zu erzielen, sondern die persönliche Leistungsfähigkeit auszuschöpfen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) (Urteil vom 27.11.2008, Az. 2 AZR 675/07, Abruf-Nr. 091723).

     

    • Schließlich ist es erforderlich, dass Sie dem Mitarbeiter in der Abmahnung mitteilen, dass das abgemahnte Verhalten im Wiederholungsfall zu einer Kündigung führen kann (Warnfunktion). Die Besserungsfrist - also die Zeitspanne, innerhalb derer dem Mitarbeiter die Möglichkeit zur Besserung gegeben wird - ist nach dem Einzelfall zu bestimmen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hält eine Frist von einem bis zu drei Monaten für angemessen (Urteil vom 15.3.1983, Az. 11 (10) Sa 904/82).

    3. Schritt: Versetzung möglich und sachdienlich?

    Als nächste Möglichkeit können Sie als Praxischef den Mitarbeiter versetzen. Eine Versetzung wird in einer kleineren Therapiepraxis eher theoretischer Natur sein.

     

    Sollte eine Versetzung allerdings möglich sein und angedacht werden, muss sie möglich und zumutbar sein. Hierzu muss ein freier Arbeitsplatz bestehen, auf dem der Mitarbeiter die verlangte Tätigkeit anforderungsgerecht ausführen kann, und es müssen objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er das beanstandete Verhalten auf dem neuen Arbeitsplatz nicht fortsetzen wird, es sich also nicht um arbeitsplatzunabhängige Pflichtverstöße handelt (BAG, Urteil vom 16.1.1997, Az. 2 AZR 98/96, Abruf-Nr. 140366).

     

    Beachten Sie | Die Versetzung kann die Vorstufe für eine Kündigung sein. Denn der Arbeitgeber muss vor Ausspruch einer Kündigung erst die milderen Mittel - also zum Beispiel eine Versetzung - ausschöpfen.

    4. Schritt: Gehaltskürzung zulässig?

    Auch die einseitige Kürzung des Gehalts wird gerne zur Disziplinierung erwogen. Eine solche ist bei der Erbringung schlechter Arbeit gesetzlich allerdings nicht durchsetzbar (BAG, Beschluss vom 18.7.2007, Az. 5 AZN 610/07, Abruf-Nr. 073886). Anders sieht es bei der sogenannten Nichtleistung aus: Kommt der Mitarbeiter ständig zu spät oder nutzt während der Arbeitszeit exzessiv das Internet, kann sich der Arbeitgeber auf die Einrede des nicht erfüllten Vertrags berufen und die Vergütung zeitanteilig kürzen.

     

    PRAXISHINWEIS | Aber Achtung: Erhebt der Mitarbeiter Zahlungsklage, müssen Sie als Arbeitgeber vor Gericht konkret vortragen und beweisen, dass, wann und wie lange der Mitarbeiter während der Arbeitszeit nicht gearbeitet hat.

     

     

    Eine sogenannte Änderungskündigung zur Gehaltsreduzierung bei Schlechtleistung ist nach der Rechtsprechung des BAG ausnahmsweise zulässig, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebs führen (Urteil vom 12.1.1998, Az. 2 AZR 91/98, Abruf-Nr. 140367). Regelmäßig setzt eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle Mittel ausschöpft, die im Vergleich zur beabsichtigten Änderungskündigung weniger einschneidend sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Denken Sie daran, dass die Gehaltskürzung oft nicht zur Lösung des Problems führt. Eher ist zu erwarten, dass es zu einer Trotzreaktion des Mitarbeiters kommt, der sich persönlich gekränkt fühlt.

     

    Bereits bei Vertragsschluss prüfen: variables Entgelt

    Vorausschauend ist es, schon bei der Einstellung zum Beispiel die Widerrufbarkeit einer bestimmten Gehaltsleistung zu vereinbaren. Die widerrufliche Leistung muss nach Art und Höhe eindeutig sein, damit der Arbeitnehmer erkennt, was „auf ihn zukommt” (BAG, Urteil vom 12.1.2005, Az. 5 AZR 364/04, Abruf-Nr. 050420). Das LAG Hamm verlangt zudem, dass vor dem Widerruf eine Abmahnung erteilt worden ist, aus der hervorgeht, dass die Arbeitsleistung nicht mehr den Voraussetzungen für die Zulage entspricht, um dem Arbeitnehmer die Gelegenheit zum Abstellen der gerügten Mängel zu geben (Urteil vom 17.3.1989, Az. 5 Sa 721/88). Möglich ist auch die Vereinbarung von bestimmten Zielen. Wenn Sie dem Mitarbeiter klar vorgeben, welche Ziele Sie als Praxischef verfolgen, kann er Ihre Erwartungen nachvollziehen. Ist eine Zielvereinbarung getroffen, richtet sich ein Teil der Vergütung nach dem Grad der Zielerreichung - eine klassische Win-win-Situation.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 9 | ID 42569206