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  • · Fachbeitrag · Krankheitsbedingte Kündigung

    Sieben Mythen zur krankheitsbedingten Kündigung ‒ aufgedeckt von einem Arbeitsrichter

    von Dr. Guido Mareck, Direktor Arbeitsgericht Dortmund

    | Die meisten Physiopraxen sind personell „auf Kante genäht“. Daher gefährden Beschäftigte, die ständig oder dauerhaft krank sind, den Praxiserfolg. Doch ist in solchen Fällen eine Kündigung so einfach möglich? Die krankheitsbedingte Kündigung gehört zu den komplexesten Fällen des Kündigungsrechts. Sie betrifft die personenbedingte Kündigung und unterliegt strengen Voraussetzungen. Doch es kursieren zahlreiche Mythen, die nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber verunsichern. Acht solcher weitverbreiteten Irrtümer klärt dieser Beitrag auf. |

    Mythos 1: Eine lange Krankheit rechtfertigt automatisch eine Kündigung

    Falsch. Entscheidend ist, ob eine negative Gesundheitsprognose vorliegt, die auf dauerhafte Arbeitsunfähigkeit (AU) schließen lässt. Hierzu führte das Bundesarbeitsgericht (BAG; Urteil vom 13.05.2015, Az. 2 AZR 565/14, Abruf-Nr. 179743) aus: Bei krankheitsbedingter dauernder Leistungsunfähigkeit ist in aller Regel ohne Weiteres von einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen (Anm. d. Red.: hier: Praxisinteressen) auszugehen. Die völlige Ungewissheit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit steht einer krankheitsbedingten dauernden Leistungsunfähigkeit gleich, wenn ‒ ausgehend vom Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ‒ jedenfalls in den nächsten 24 Monaten mit einer Genesung nicht gerechnet werden kann. Der 2. Senat des höchsten deutschen Arbeitsgerichts sah im entschiedenen Fall für die Zukunft keine (weitere) negative Entwicklung der krankheitsbedingten Fehlzeiten.

    Mythos 2: Eine Kündigung ist auch ohne BEM wirksam

    Nur eingeschränkt richtig. Fehlt ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), ist die Kündigung nicht automatisch unwirksam ‒ jedoch trägt der Arbeitgeber eine erschwerte Darlegungslast. Das bedeutet, dass der kündigende Arbeitgeber darlegen und beweisen muss, dass und warum ein hypothetisches ordnungsgemäß durchgeführtes BEM in keinem denkbaren Fall zur Reduzierung der Fehlzeiten geführt hätte (BAG, Urteil vom 20.11.2014, Az. 2 AZR 755/13, Abruf-Nr. 176329).