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  • · Fachbeitrag · Berufsrecht

    Wann können Sie Hausbesuche ablehnen?

    von Rechtsanwalt Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler

    | Durch die Rahmenverträge mit den gesetzlichen Krankenkassen sind Sie als Physiotherapeut unter bestimmten Bedingungen grundsätzlich dazu verpflichtet, ärztlich verordnete Hausbesuche durchzuführen. Personelle und/oder wirtschaftliche Gründe können allerdings dazu führen, dass sich Ihre Praxis nur wenige oder gar keine Hausbesuche leisten kann. Damit die Krankenkasse Ihnen keinen Verstoß gegen die Rahmenvereinbarungen vorwerfen kann, müssen Sie wissen, wann Sie Hausbesuche ablehnen dürfen. |

    Ablehnung nur mit berechtigtem Grund möglich

    Die Rahmenverträge und die Rahmenempfehlungen sehen grundsätzlich vor, dass Therapeuten Hausbesuche durchführen, sofern der Arzt dies auf der ärztlichen Verordnung so vermerkt hat. Eine rechtliche Verpflichtung haben hierzu nur die Heilmittelerbringer, deren Praxis dem Wohnort des Patienten am nächsten liegt. Denn in den gemeinsamen Rahmenempfehlungen vom 25.09.2006 heißt es zu Hausbesuchen: „Diese können grundsätzlich vom nächstliegenden Heilmittelerbringer nicht abgelehnt werden.“

     

    MERKE | Dass eine Ablehnung möglich ist, leitet sich aus dem Wort „grundsätzlich“ ab: Wenn berechtigte Gründe vorliegen, dürfen Sie vom Grundsatz der Annahme eines Hausbesuchspatienten abweichen.

     

    Was ist ein berechtigter Grund?

    Kein berechtigter Grund für eine Ablehnung liegt vor, wenn keiner der Therapeuten Lust zu einem Hausbesuch hat. Auch die pauschale Aussage „Wir machen keine Hausbesuche“ oder eine zu geringe Vergütung berechtigen nicht zur Ablehnung, denn mit der GKV-Zulassung haben Sie die Rahmenverträge und -empfehlungen und damit auch das Honorar für Hausbesuche anerkannt.

    Die Gründe zur Ablehnung eines Hausbesuchs ergeben sich entweder aus der ärztlichen Verordnung heraus oder aus anderen Ursachen.

     

    • Berechtigte Gründe aus der Verordnung heraus
    Grund
    Lösung

    Sie sind ‒ gesehen vom Wohnort des Patienten aus ‒ nicht der nächstliegende Heilmittelerbringer.

    Verweisen Sie den Patienten an den nächstliegenden Heilmittelerbringer.

    Die ärztliche Verordnung ist fehlerhaft oder lückenhaft. Sie als Praxisinhaber dürfen ungültige Verordnungen ‒ Hausbesuchsverordnungen ‒ nicht annehmen. Jeder Patient darf nur aufgrund einer gültigen ‒ fehlerfreien und vollständigen ‒ Verordnung behandelt werden.

    Lehnen Sie die Behandlung bei fehlerhaften Verordnungen ab. Es ist dann Sache des Patienten, sich um eine gültige Verordnung zu bemühen.

    Es ist eine Therapie verordnet, für die eine Zusatzqualifikation erforderlich ist. Keiner Ihrer Therapeuten verfügt über diese Zusatzqualifikation.

    Lehnen Sie die Annahme der Verordnung und damit die Behandlung des Patienten ab ‒ selbst dann wenn Sie der nächstliegende Heilmittelerbringer sind.

     

     

    • Weitere berechtigte Gründe für eine Ablehnung
    Grund
    Lösung

    Voller Terminkalender: Jede Praxis darf Patienten ablehnen, wenn es keine freien Termine mehr gibt.

    Sie als Praxisinhaber entscheiden grundsätzlich selbst, in welchem zeitlichen Rahmen Patienten behandelt werden. Sie müssen daher weder Zeitkorridore freihalten für den Fall, dass ein Patient mit einer Hausbesuchsverordnung kommt, noch müssen Sie oder Ihre angestellten Therapeuten für Hausbesuchspatienten Überstunden machen oder den Terminkalender „freischaufeln“.

    Geeignete Therapeuten sind ausgelastet.

    Wenn Sie einen Therapeuten beschäftigen, der zwar qualifiziert ist, die Hausbesuchsverordnung abzuarbeiten, aber bereits ausgelastet ist, müssen Sie ihn nicht anweisen, Überstunden zu machen. Sie brauchen auch keine Freiräume für Hausbesuche durch Umorganisation der Behandlungszeiten zu schaffen.

    In Ihrer Praxis herrscht Personalknappheit (z. B. wegen Krankheit)

    Haben Sie eine Hausbesuchsverordnung angenommen und abgearbeitet, können Sie die Annahmen weiterer Hausbesuchsverordnungen ablehnen, wenn ein geeigneter Therapeut krankheitsbedingt ausfällt. Das gilt erst recht dann, wenn die übrigen Therapeuten in der Praxis die Patienten es erkrankten Kollegen mitbehandeln müssen und keine Zeit mehr für weitere Hausbesuche bleibt.

    Urlaub eines (geeigneten) Therapeuten, Betriebsferien der Praxis

    Ist bei Vorlage der Hausbesuchsverordnung absehbar, dass nur ein bestimmter Therapeut die verordneten Therapien erbringen kann und ist dieser Therapeut z. B. nach zwei Behandlungen für längere Zeit in Urlaub, dürfen Sie die Hausbesuchsverordnung ablehnen. Sie können nicht sicherstellen, dass die verordneten Behandlungsfrequenzen eingehalten werden. Gleiches gilt für den Fall, dass die gesamte Praxis in absehbarer Zeit Betriebsferien macht.

     

    Konsequenzen einer Ablehnung

    Lehnen Sie einen Hausbesuch ohne triftigen Grund ab, ist dies ein Verstoß gegen den Rahmenvertrag. Die Krankenkasse kann solche Verstöße z. B. mit einer Ermahnung oder einer Vertragsstrafe ahnden. Allerdings muss sie Ihnen den Verstoß nachweisen. Sie muss konkret darlegen können, dass und inwieweit Sie sich mit der Ablehnung eines Hausbesuchs vertragswidrig verhalten haben. Nur die Behauptung, z. B. Ihre Praxis würde sich weigern, Hausbesuche zu machen, genügt nicht. Neben persönlichen Anschreiben, in denen die Kasse einen konkreten Vertragsverstoß moniert, werden Therapeuten oft per Rundschreiben aufgefordert, künftig keine Hausbesuche mehr abzulehnen.

     

    • Anschreiben der Krankenkasse erhalten? Das müssen Sie beachten!
    • Ein Rundschreiben begründet keinerlei rechtliche Verpflichtungen. Maßgebend bleibt die oben beschriebene Rechtslage. Mit einem Rundschreiben kann eine Krankenkasse an Ihr Gewissen appellieren, aber nicht die Rahmenverträge und -empfehlungen verändern oder anders auslegen.
    • Keine Krankenkasse hat ein Recht auf Einsichtnahme in Ihren Terminkalender. Sie müssen auch keine Auskunft darüber geben, ob, an welchen Tagen oder in welchen Zeitkorridoren Möglichkeiten bestanden hätten, eine abgelehnte Hausbesuchsverordnung abzuarbeiten.
    • Sie müssen auf eine entsprechende (konkrete) Anfrage einer Krankenkasse allenfalls Auskunft erteilen, warum Sie eine konkrete Hausbesuchsverordnung eines namentlich zu benennenden Patienten nicht annehmen konnten.
     
    Quelle: ID 47918817