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  • 13.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231744

    Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 14.09.2022 – 3 Sa 46/22

    Ist der anspruchstellende Arbeitnehmer auf der Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung nicht in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit vollumfänglich zu bewirken, so gerät der das unzureichende Arbeitsangebot ablehnende Arbeitgeber gem. § 297 BGB nicht in Verzug.


    Tenor:
    1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 25.01.2022 - 1 Ca 166/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.


    2. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten um Verzugslohnansprüche des Klägers für die Zeit von September 2021 bis Dezember 2021. Hintergrund der rechtlichen Auseinandersetzung ist die Weigerung des Klägers, der im streitgegenständlichen Zeitraum September bis Dezember 2021 nicht über den Status "genesen" bzw. "geimpft" verfügt hat, sich täglich auf das Corona-Virus testen zu lassen.



    Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.12.2020 ein Arbeitsverhältnis zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.500 € bei einer 40-Stunden-Woche. Die Beklagte betreibt mehrere Sanitätshäuser. Die arbeitsvertraglichen Aufgaben des Klägers bei der Beklagten beinhalten zum einen Teil Tätigkeiten in den Räumlichkeiten der Beklagten in der Kundenberatung und -betreuung inkl. der dazugehörigen Büroarbeiten. Zum anderen Teil ist es arbeitsvertragliche Aufgabe des Klägers die Kunden aushäusig beispielsweise in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zu betreuen und mit Hilfsmitteln zu versorgen bzw. diese anzupassen.



    Während seines Erholungsurlaubes erhielt der Kläger ein Schreiben der Beklagten vom 27.08.2021 - zu diesem Zeitpunkt war das Betreten von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern bereits nur unter Berücksichtigung der 3G-Regelung zulässig - in dem es - soweit hier von Bedeutung - wie folgt heißt:



    "Darüber hinaus wird es auch immer wieder nötig sein, dass Sie in medizinischen Einrichtungen Versorgungen durchführen.



    Auch hier ist ein Schnelltest angezeigt, da Sie sich derzeit, meines Wissens, auch gegen eine Impfung entschieden haben.



    Auch diese Punkte bitte ich zu erklären und zu berücksichtigen sowie um Mitteilung, wie eine Weiterbeschäftigung ohne Bereitschaft, Schnelltests oder dergleichen durchführen zu lassen, möglich sein soll."



    Auf das vorgenannte Schreiben der Beklagten reagierte der Kläger nicht.



    Nach Rückkehr aus dem Erholungsurlaub am 06.09.2021 lehnte der Kläger die Durchführung eines von der Beklagten gestellten "Corona-Tests" ab.



    Nach den zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und dem Kläger am 06.09.2021 und 08.09.2021 geführten Gesprächen stellte die Beklagte den Kläger aufgrund seiner Weigerung, sich testen zu lassen, "bis auf Weiteres" von der Arbeit frei und teilte diesem in dem Schreiben vom 09.09.2021 (Bl. 49 d. A.) mit, er könne sich jederzeit kostenlos testen lassen und nach entsprechendem Nachweis sofort wieder zur Arbeit kommen.



    Mit Schreiben vom 16.09.2021 übersandte die Beklagte an den Kläger eine "Arbeitsanweisung" unter dem Datum vom 15.09.2021, in der sie u. a. mitteilte, dass ab Montag, den 20.09.2021 alle ungeimpften "Mitarbeiter/innen" mit Dienstbeginn verpflichtet seien, einen Antigen-Selbsttest durchzuführen (Bl. 56 - 58 d. A.).



    Da der Kläger sich trotz Abmahnung weiterhin weigerte, sich gegen das Corona-Virus testen zu lassen, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 24.09.2021 zunächst die außerordentliche fristlose und hilfsweise ordentliche fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Nachdem der Kläger diese Kündigung mit der am 29.09.2021 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage angegriffen hatte, erklärte die Beklagte im Verlauf des Verfahrens mit Schreiben vom 30.11.2021 (Bl. 82 d. A.), sie nehme die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Kündigung zurück und teilte zudem mit, aus dieser keine Rechte mehr herzuleiten. Darüber hinaus wurde der Kläger aufgefordert, seine Tätigkeit am 02.12.2021 erneut aufzunehmen. Dabei habe er bei Betreten der Betriebsstätte einen negativen Testnachweis, der nicht älter als 24 Stunden sei, mit sich zu führen, oder einen PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden sein dürfe.



    Unter dem Datum vom 02.12.2021 legte der Kläger bei der Beklagten nunmehr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02.12.2021 bis voraussichtlich 31.12.2021 vor.



    Mit seiner am 29.09.2021 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger zuletzt noch Verzugslohnansprüche für die Monate September bis Dezember 2021 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes für die Zeit von September bis November 2021 geltend.



    Mit Urteil vom 25.01.2022 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt. Der Kläger könne sich für den geltend gemachten Verzugslohnanspruch nicht auf § 615 BGB berufen. Die Beklagte habe den Kläger rechtsfehlerfrei i. S. v. § 106 GewO und § 315 BGB ermessensfehlerfrei angewiesen, regelmäßig einen Corona-Test durchzuführen. Dies habe der Kläger abgelehnt und somit die Arbeitsleistung nicht ordnungsgemäß angeboten. Auch die Krankschreibung des Klägers ab dem 02.12.2021 rechtfertige kein anderes Ergebnis. Denn die Krankheit sei nicht alleinige Ursache für die fehlende Leistungserbringung durch den Kläger. Vielmehr sei die Nichterbringung der Arbeitsleistung jedenfalls auch weiterhin darauf zurückzuführen, dass sich der Kläger verweigert habe, regelmäßig einen "Corona-Test" durchzuführen. Es sei in diesem Zusammenhang kein Grund erkennbar, weshalb die Durchführung von Tests und die Vorlage von Testergebnissen für den Kläger nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei. Der vom Kläger behauptete Eingriff in seine Grundrechte sei jedenfalls nicht im Ansatz nachzuvollziehen.



    Gegen diese am 04.03.2022 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 16.03.2022 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Klägers. Die entsprechende Berufungsbegründung ist bei dem Landesarbeitsgericht am 04.05.2022 eingegangen.



    Der Kläger hält an seiner erstinstanzlichen Rechtsauffassung fest, die Beklagte habe zu Unrecht die von ihm angebotene Arbeitsleistung abgelehnt. Die Beklagte sei jedenfalls bis zum Inkrafttreten der geänderten Fassung des Infektionsschutzgesetzes vom 24.11.2021 nicht berechtigt gewesen, von dem Kläger die Durchführung von Corona-Testungen oder die Vorlage entsprechender Bescheinigungen zu verlangen. Bei der Durchführung von Corona-Tests handele es sich um einen unzulässigen Eingriff in die Grundrechte des Klägers. Auch stehe ihm ab dem 24.11.2021 ein Anspruch auf Vergütungszahlung zu, da er zu diesem Zeitpunkt weiterhin von der Beklagten von seiner Verpflichtung zu Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt gewesen sei. Ein Anspruch auf Zahlung für den Zeitpunkt ab dem 02.12.2021 gegenüber der Beklagten bestehe unter dem Gesichtspunkt der Entgeltfortzahlung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 14.09.2022 hat der Kläger nochmals seine Auffassung dargelegt, dass er bereit sei, einen "Corona-Spuck-Test" durchzuführen. Nach den geltenden Regelungen sei ein solcher "Spuck-Test" auch zugelassen. Insgesamt sei die Weisung der Beklagten zur Durchführung von - anderen - Corona-Tests nicht durch das Direktionsrecht der Beklagten gedeckt, so dass er seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten habe.



    Der Kläger beantragt:



    1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 25.01.2022, Aktenzeichen 1 Ca 166/21, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger



    a) für den Monat September 2021 2.000,00 € brutto abzüglich 331,97 € netto (erhaltenes ALG I) nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 02.10.2021,



    b) für den Monat Oktober 2021 2.500,00 € brutto abzüglich 1.009,98 € netto (erhaltenes ALG I) nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 02.11.2021,



    c) für den Monat November 2021 2.500,00 € brutto abzüglich 977,40 € netto (erhaltenes ALG I) nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 02.12.2021 und



    d) für den Monat Dezember 2021 2.500,00 € brutto nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 02.01.2022 zu zahlen.



    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.



    Die Beklagte beantragt,



    die Berufung zurückzuweisen.



    Die Beklagte hält ebenfalls an ihrer Rechtsauffassung fest, der Kläger habe keine Arbeitsleistung angeboten, die seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung entspreche. So sei ein Einsatz des Klägers im Außendienst in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern - insoweit unstreitig - im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund der Weigerung des Klägers zur Durchführung der jeweils notwendigen "Corona-Tests" nicht möglich gewesen. Der Kläger habe mithin kein ordnungsgemäßes Angebot zur Erbringung der Arbeitsleistung abgegeben.



    Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen.



    Der Kläger kann die von ihm geltend die machten Verzugslohnansprüche nicht mit Erfolg auf § 615 BGB (1.) und ab dem 02.12.2021 nicht mit Erfolg auf § 3 EFZG (2.) stützen. Dementsprechend hat er die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (3.). Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (4.).



    1.



    Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung von Verzugslohn ab dem 06.09.2021 gem. § 615 BGB i. V. m. § 293 ff. BGB.



    Gem. § 615 S. 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten in Verzug kommt.



    Die genannten Voraussetzungen sind bereits auf der Grundlage und bei alleiniger Betrachtung des Vortrages des Klägers nicht erfüllt.



    Zwar kann zugunsten des Klägers dem Grunde nach die rechtzeitige Abgabe eines wörtlichen Angebots zur Erbringung einer Arbeitsleistung i. S. v. § 294 BGB ausgegangen werden.



    Jedoch ist die Beklagte nach den Vorgaben des § 297 BGB nicht in Verzug geraten. Danach kommt der Gläubiger (Arbeitgeber) dann nicht in Verzug, wenn der Schuldner (Arbeitnehmer) zur Zeit des Angebots außerstande ist, die vertraglich vereinbarte Leistung zu bewirken.



    Unter Berücksichtigung der genannten Voraussetzungen war der Kläger auf der Grundlage der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung, sich nicht testen zu lassen, nicht in der Lage, seine arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten vollumfänglich zu erfüllen. Folglich war er für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu bewirken. Mithin lag ab dem 06.09.2021 kein ordnungsgemäßes und ausreichendes Leistungsangebot des Klägers gegenüber der Beklagten vor. Die diesbezüglich durch den Kläger erhobenen rechtlichen und tatsächlichen Einwendungen greifen nicht durch.



    a)



    Der Kläger war aufgrund der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung, sich nicht testen zu lassen, ab dem 06.09.2021 nicht in der Lage, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu bewirken. Dabei kommt es - wie erstinstanzlich vertreten - nicht darauf an, ob die Beklagte am 14.09.2021 im Wege des Direktionsrechts ermessensfehlerfrei die tägliche Testung für nicht geimpfte bzw. genesene Mitarbeiter/innen vorgegeben hat. Denn die fehlende Voraussetzung einer vollumfänglichen Leistungsbewirkung i. S. d. § 297 BGB beruht allein schon auf der Verweigerung des Klägers, einen "Corona-Test" durchzuführen. Im Zeitpunkt der diesbezüglichen Entscheidung und Erklärung durch den Kläger gegenüber der Beklagten bestand bereits für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser die sogenannte "3-G-Regel". Dies war dem Kläger zu diesem Zeitpunkt ausweislich der schriftsätzlichen Ausführungen vom 07.01.2022 (Bl. 97 d. A.;" da er ohne Testung nicht in die Einrichtung gekommen wäre") auch bekannt. Außerdem wies die Beklagte den Kläger vor Aufnahme der Tätigkeit am 06.09.2021 mit Schreiben vom 27.08.2021 unstreitig ebenfalls auf den oben genannten Umstand der sogenannten "3-G-Regel" für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen hin. Bei der von dem Kläger am 06.09.2021 getroffenen und gegenüber der Beklagten erklärten Entscheidung, sich nicht testen zu lassen, durfte und musste er nach Maßgabe eines objektiven und verständigen Arbeitnehmers davon ausgehen, dass er damit die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nicht - mehr - vollumfänglich erfüllen konnte.



    b)



    Soweit der Kläger ausweislich des Schriftsatzes vom 07.01.2022 (Bl. 97 d. A.) offensichtlich die Auffassung vertritt, er könne die von ihm geschuldeten Tätigkeiten an das in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen beschäftigte Personal delegieren, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Der Kläger kann die von ihm geschuldete Tätigkeit nicht durch Dritte ausführen lassen. Er ist zur höchstpersönlichen Erbringung der Arbeitsleistung auf der Grundlage des geschlossenen Arbeitsvertrages verpflichtet.



    c)



    Soweit der Kläger ausweislich des Schriftsatzes vom 07.01.2022 (Bl. 96 d. A.) offensichtlich die Meinung vertritt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm Aufgaben zu übertragen, die ohne Durchführung eines "Corona-Tests" möglich seien, so vermag das Gericht dieser Ansicht ebenfalls nicht zu folgen.



    In einem bestehenden Arbeitsverhältnis ist gem. § 611 BGB der Arbeitgeber zur Zahlung der vereinbarten Vergütung und der Arbeitnehmer zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten verpflichtet. Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Klägers gehört vorliegend unstreitig die Tätigkeit im Außendienst mit dem Inhalt der Kundenbetreuung inklusive der Lieferung und Anpassung von Hilfsmitteln. Es steht nicht in der Entscheidungshoheit des Klägers, von diesen Verpflichtungen abzuweichen. Es ist auch keine Anspruchsgrundlage mit dem Inhalt ersichtlich, dass der Kläger von der Beklagten die Zuweisung einer abweichenden vertraglichen Regelung hätte verlangen können. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass sich im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer auf eine abweichende Teilleistung einzulassen braucht (BAG v. 09.04.2014 - 10 AZR 637/13 - juris; Rn 24).



    d)



    Die erstmalig in der ersten Instanz anlässlich der Kammerverhandlung vom 25.01.2022 abgegebene Erklärung des Klägers, er sei zur Gewährleistung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit bereit, einen "Spuck-Test" durchzuführen, vermag zur Überzeugung der Kammer ein anderes Ergebnis ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Dieser Umstand folgt bereits aus der Tatsache, dass die Erklärung zeitlich nach dem streitgegenständlichen Zahlungszeitraum (September bis Dezember 2021) erfolgt ist und somit im Hinblick auf die fehlende Fähigkeit zur Leistungsbewirkung i. S. d. § 297 BGB ab dem 06.09.2021 keine rechtlichen Auswirkungen entfalten kann. Soweit der Kläger sich darauf beruft, ihm sei im September 2021 die Möglichkeit zur Durchführung eines "Spuck-Tests" noch nicht bekannt gewesen, so ist dies rechtlich unbeachtlich. Maßgeblich ist allein, dass der Kläger mit der Durchführung der zur Verfügung stehenden "Corona-Tests" eine vollumfängliche Leistungsbewirkung hätte erzielen können und dies auf der Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidung in Kenntnis der damit verbundenen Konsequenzen (kein Außendienst im Zusammenhang mit Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern möglich) bewusst unterlassen hat.



    e)



    Soweit der Kläger schließlich die Auffassung vertritt, er sei zur Durchführung von "Corona -Tests" deshalb nicht verpflichtet gewesen, weil die Form der Durchführung der Tests (Nasenstäbchen) einen unzulässigen Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte (persönliche Integrität) dargestellt hätte, so vermag das erkennende Gericht auch dieser Argumentation nicht zu folgen.



    Unter Berücksichtigung der wechselseitig berechtigten Interessen auf der Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages kann der diesbezüglichen Rechtsauffassung des Klägers nicht beigetreten werden. Zwar ist auf Seiten des Klägers insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit zu berücksichtigen. Andererseits ist zu bedenken, dass die Verwendung eines Nasenstäbchens zur Durchführung eines "Corona-Test" nur einen außerordentlich geringen Eingriff darstellt, der zudem noch vom Kläger selbst im Rahmen der angebotenen sogenannten "Selbsttests" hätte durchgeführt werden können. Dem gegenüber steht das berechtigte Interesse des Arbeitgebers, die vom Kläger geschuldete und versprochene arbeitsvertragliche Leistung vollumfänglich in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte ist im Rahmen der entsprechend geschlossenen Vereinbarungen verpflichtet, die den in Pflegeheimen und Krankenhäusern befindlichen Kunden zugesagten Leistungen termingerecht zu bewirken. Dafür war im streitgegenständlichen Zeitraum u. a. auch der Kläger im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zuständig. In Abwägung der jeweils berechtigten Interessen der Parteien überwiegt zur Überzeugung der Kammer das beschriebene Interesse des Arbeitgebers an einer vollumfänglichen Arbeitsleistung des Klägers gegenüber dem Interesse des Klägers, nicht mit einem "Corona-Test" in Form der Verwendung eines Nasenstäbchens belästigt zu werden.



    f)



    Schlussendlich rechtfertigt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch die zwischenzeitlich von der Beklagten ausgesprochene fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses kein abweichendes Ergebnis. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich von der Leistungswilligkeit eines gekündigten Arbeitsnehmers auszugehen (BAG v. 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 -; juris Rn 27). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn - wie hier - die mangelnde Leistungsfähigkeit bzw. die mangelnde Leistungswilligkeit bereits im Zeitpunkt des Zuganges einer Kündigung bestanden hat. In diesem Fall reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage ggf. inkl. des gestellten Weiterbeschäftigungsantrages nicht aus, um die Indizwirkung der mangelnden Leistungsfähigkeit bzw. der mangelnden Leistungswilligkeit zu entkräften. In diesem Fall ist es vielmehr erforderlich, dass der Arbeitnehmer den neugewonnenen Leistungswillen im Rahmen des zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot auch dokumentiert (BAG v. 22.02.2012, a. a. O.).



    Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen kann von einer dokumentierten Leistungsfähigkeit bzw. Leistungswilligkeit des Klägers im Zeitpunkt des Zugangs der fristlosen und hilfsweise fristgemäßen Kündigung nicht ausgegangen werden. Dieses Ergebnis ergibt sich bereits unmittelbar aus den Ausführungen des Klägers selbst in der Klageschrift vom 29.09.2021, in der es - sowie hier von Bedeutung - wie folgt lautet:



    "Da die entsprechende Rechtsgrundlage fehlt, kann der Kläger durch die Beklagte auch nicht einseitig zu einer Testung verpflichtet werden, es sei denn, dass er typische Krankheitssymptome zeigt, positiv auf Corona getestet worden oder aus einem Risikogebiet zurückgekehrt ist. Die Möglichkeit, eine anlasslose Testung zu verlangen, ist vom Direktionsrecht der Beklagten nicht erfasst."



    Aus den Formulierungen wird unmissverständlich deutlich, dass der Kläger jedenfalls ab dem 06.09.2021 über den Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung hinaus an seiner Rechtsaufassung festhielt, er sei nicht verpflichtet, einen täglichen "Corona-Test" durchzuführen. Wie bereits ausgeführt, musste er damit davon ausgehen, dass er auf der Grundlage der von ihm selbst getroffenen Entscheidung nicht in der Lage war, die von ihm geschuldeten arbeitsvertraglichen Tätigkeiten vollumfänglich zu erfüllen.



    2.



    Für die Zeit ab dem 02.12.2021 kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht mit Erfolg auf § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG stützen.



    Danach hat ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn ihn an der Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft. Dies setzt voraus, dass die Krankheit die alleinige Ursache für die nicht geleistete Arbeit ist (Grundsatz der Monokausalität; vgl. BAG v. 24.03.2004 - 5 AZR 355/03 -; juris, Rn 27, m. w. N.). Dies wiederum bedeutet, dass eine Anspruch nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG grundsätzlich nur dann besteht, wenn der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Erkrankung einen Vergütungsanspruch gehabt hätte.



    Die genannten Voraussetzungen liegen hier offensichtlich nicht vor, da der Kläger aufgrund der Verweigerung zu Durchführung von "Corona-Tests" unabhängig von der Erkrankung keinen Anspruch auf Gehaltszahlung ab dem 02.12.2021 bis zum 31.12.2021 gehabt hätte. Zur weiteren Begründung kann auf die Ausführungen zu Ziffer 1 verwiesen werden.



    3.



    Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).



    4.



    Gründe für die Zulassung der Revision i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Diese Entscheidung befindet sich i. S. d. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Eine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG ist dem vorliegenden Rechtsstreit nicht beizumessen.

    Vorschriften§ 615 BGB, § 106 GewO, § 315 BGB, § 3 EFZG, § 293 ff. BGB, § 615 S. 1 BGB, § 294 BGB, § 297 BGB, § 611 BGB, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG