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  • · Fachbeitrag · Kommentar

    Der Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014 - die Zahlen und wo die Reise hingehen kann

    von Silke Jäger, Fachjournalistin Gesundheitswesen, www.silke-jaeger.de 

    | Immer im frühen Herbst erscheint er: der Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport. Und findet große Beachtung in Fachkreisen. Wer sich nicht rechtzeitig duckt, dem werden im Nachgang zum Erscheinen eine Menge Zahlen um die Ohren fliegen. Aber seien wir ehrlich: Wer liest denn schon begeistert diese Statistiken und beschäftigt sich freudestrahlend mit den Zahlen? Ich vermute, es sind die wenigsten. |

    Wozu der Report?

    Sie als Therapeuten haben eine andere Berufung als das Studieren von Zahlen: Sie wollen Menschen helfen, sich selbst besser helfen zu können. Hätten Sie ein Faible für Zahlen, wären Sie wahrscheinlich heute keine Therapeuten. Ungeachtet dessen werden Ihnen jedes Jahr viele Reporte und Analysen angereicht, ebenso wie deren Auswertungen. Weil sie für diejenigen, die darüber entscheiden, wie viel Geld Sie als Therapeuten verdienen können sollen, ein notwendiges Hilfsmittel sind, um überhaupt verstehen zu können, welche Bedeutung Ihre Arbeit für den Einzelnen und das Gesundheitswesen hat. Und das wird naturgemäß statistisch ausgewertet. Weil es in erster Linie um Geld in Form von Ausgaben geht. Natürlich geht es nebenbei auch noch um Versorgungsforschung: Wie viele Heilmittel haben Versicherte bekommen? Wie viele Heilmittel haben im Vergleich dazu Versicherte bekommen, denen laut ihrer Indikation Heilmittel zustanden? Und wie viele Heilmittel haben Versicherte bekommen, wenn sie in Posemuckel leben oder in Berlin, München oder Hamburg? Gibt es da Unterschiede und wie groß sind sie?

    Heilmittelausgaben steigen: Was sagt das aus?

    Fest steht: Die Heilmittelausgaben steigen seit Jahren, im Jahr 2013 im Vergleich zum Vorjahr um circa 4,2 Prozent. Die Barmer GEK kommt nach Betrachtung aller Einflussgrößen zu dem Schluss: Die Steigerung der Heilmittelkosten ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass pro Fall mehr und teurer behandelt wurde. Und das ist eine Entwicklung, die sich nach Einführung der Fallpauschalenabrechnung im Krankenhausbereich seit Jahren beständig fortsetzt. Das heißt, die ambulante Versorgung von Patienten wird teurer, weil die Krankenhäuser schneller Patienten in Reha-Maßnahmen entlassen, die dann mehr Aufwand betreiben müssen, um die Teilhabefähigkeiten wieder herzustellen - sowohl stationär als auch ambulant. Gerne wird behauptet, die Kosten würden deshalb steigen, weil es mehr Heilmittelpraxen gäbe. Aber diese Behauptung lässt sich nicht aufrechterhalten, wenn man sich anschaut, dass die Anzahl an Rezepten nur um circa 1,2 Prozent zugenommen hat, also viel weniger stark als die Ausgaben gestiegen sind. Im Gegenteil, es bedeutet, dass sich mehr Therapeuten den Kuchen teilen müssen und dadurch für viele weniger übrig bleibt.

     

    Pro Patient wird also mehr ausgegeben. Gilt dies in gleichem Maße pro Rezept? Nein, auch bei den Ausgaben pro Rezept fiel der Anstieg geringer aus. Er lag bei circa 2,8 Prozent. Das deckt sich auch mit den Steigerungsraten, die vom Gesetzgeber per Grundlohnsummenbindung festgelegt wurden. Dass es die Kassen trotz steigender Heilmittelausgaben nicht mit einer Kostenexplosion in diesem Bereich zu tun haben, lässt sich auch daran sehen, dass der Anteil der Heilmittelausgaben an den Gesamtausgaben seit Jahren bei 3 Prozent liegt. Das heißt, die Gesundheitsausgaben steigen insgesamt, die Heilmittelausgaben steigen deshalb logischerweise mit - aber ihr Anteil an den Gesamtausgaben bleibt gleich.

    Fragen, wohin die Reise geht

    Krankenkassen müssen wirtschaftlich arbeiten. Es ist ihnen nicht vorzuwerfen, wenn sie fragen, ob das ausgegebene Geld auch sinnvoll angelegt wird. Aber der Trend in der ambulanten Gesundheitsverorgung wird wohl dahin gehen, die Versorgung zu zentralisieren und an die stationäre anzubinden. Das ist ein allgemeiner Trend, der auch am Heilmittelbereich nicht vorbeigehen wird. Die Praxisstruktur, wie sie derzeit ist - seien es Arzt- oder Therapiepraxen - wird sich über kurz oder lang verändern. Auch, weil man hofft, darüber Kosten einzusparen. Aber auch, weil es die Patientenversorgung qualitativ verbessern kann, wenn alle am Therapieprozess beteiligten Fachkräfte auf dem kurzen Wege miteinander kommunizieren können. Das heißt, die Politik - aber nicht nur die - wünscht sich mehr Versorgungszentren.

     

    Unter Zentrum ist dabei nicht unbedingt die Konzentrierung von Leistungserbringern an einem Ort zu verstehen. Vielmehr kann in Form von Außenstellen auch eine effektive Versorgung im ländlichen Raum ermöglicht werden. Dazu beitragen wird der Fortschritt im Bereich Telematik. Die Reduzierung der Zahl kleiner Therapiepraxen ist dabei genausowenig ein Tabu wie es die Reduzierung der Anzahl der Krankenhäuser ist. Liest man die Zahlen des Barmer GEK-Reports vor diesem Hintergrund, kann man ahnen, dass genau solche Erhebungen Argumente für einen Umbau der Versorgungslandschaft liefern können. Auch und gerade weil die regionalen Unterschiede in der Versorgung besonders bei den Heilmitteln so offensichtlich sind. Auch hier werden die Anstrengungen in Richtung Zentralisierung gehen.

     

    FAZIT | Um mir ein Bild machen zu können, ist mir der Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport lieb. Aber nicht, weil ich so gerne Zahlen lese, sondern weil die Kasse sich sehr ausführlich mit dem Heilmittelbereich auseinandersetzt, was nicht viele Teile des Gesundheitswesens in dieser Ausführlichkeit tun. Von den Zahlen versuche ich mich nicht abschrecken zu lassen. Interessanter ist es, wie die Kasse selbst diese Zahlen einordnet. Denn damit lässt sich einschätzen, wo die Reise nach Meinung der Barmer GEK hingehen soll.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Wer sich gern durch Zahlen, Diagramme, Übersichten und Schaubilder wühlt, der kann den Barmer GEK Heil- und Hilfsmittelreport 2014 unter http://tinyurl.com/qzqhr5f downloaden.
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 7 | ID 43073503