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  • · Fachbeitrag · Interview

    „Gemeinsam sind wir stark“ - Das EPC-Netzwerk im Gespräch

    von Silke Jäger, Fachjournalistin Gesundheitswesen, Marburg

    | Betriebliche Gesundheitsförderung ist ein Tätigkeitsbereich mit großen Zukunftschancen. Das sehen auch die Physiotherapeuten des EPC-Netzwerks so. Nach einer Weiterbildung schlossen sie sich zusammen, um einen Wissenspool aufzubauen und sich gegenseitig zu unterstützen. Andrea Wittenbecher und Birgit Effenberger, EPC-Netzwerkerinnen, beantworten PP einige Fragen zum Netzwerk und zu ihrer Arbeit als ErgoPhysConsult ® ants. |

     

    Redaktion: Können Sie kurz das EPC-Netzwerk beschreiben?

     

    Birgit Effenberger: Wir sind das erste deutschlandweit agierende Team von Physiotherapeuten mit der Zertifizierung zum ErgoPhysConsult ® ant (EPC, physiotherapeutische Arbeitsplatzberater), die in der betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) tätig sind. Als Bewegungsexperten analysieren und bewerten wir physische und psychische Belastungen mit Wirkung auf das Muskel-Skelett-System am Arbeitsplatz, setzen mitarbeiterorientierte und arbeitsplatzspezifische Maßnahmen um, die dokumentiert und auf deren Wirksamkeit überprüft werden. Wir sind sowohl zusammen als auch unabhängig voneinander aktiv.

     

    Redaktion: Welche Ziele verfolgt das Netzwerk für seine Mitglieder?

     

    Andrea Wittenbecher:Wir wollen unser Wissen erweitern und unsere Erfahrungen und Informationen austauschen. Dadurch soll ein gemeinsamer Wissenspool entstehen, den wir kontinuierlich erweitern und gemeinsam nutzen können. Das Netzwerken wirkt sich positiv auf unsere Motivation aus, weil wir uns gegenseitig bei der Abwicklung von Aufträgen unterstützen und dabei auch von den Schwerpunkten der anderen Netzwerkkollegen profitieren. Wir erstellen und pflegen unsere Homepage gemeinsam und gestalten Werbematerialien. Von diesem gemeinsamen Auftritt profitieren alle Mitglieder, weil wir so leichter Betriebe aller Branchen erreichen können. Wir haben eine Zukunftsvision: Wir möchten das EPC-Netzwerk als anerkannten Partner im Bereich BGF deutschlandweit etablieren und eigene Produkte erstellen.

     

    Redaktion: Welche Ziele verfolgen Sie für die Mitarbeiter eines Betriebs?

     

    Birgit Effenberger:Wir möchten, dass die Mitarbeiter motivierter und beschwerdefrei arbeiten können. Dazu versuchen wir, die Eigenverantwortung und Gesundheitskompetenz an der Schnittstelle Mensch - Arbeitsplatz zu fördern. Wir begleiten die Betriebe im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie in der Gesundheitsförderung, damit die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhalten bleibt. So erfahren sie Wertschätzung. Das wirkt sich meist positiv auf das Phänomen „innere Kündigung“ aus.

     

    Redaktion: Welche Ziele verfolgen Sie für die Unternehmen?

     

    Birgit Effenberger: Wir unterstützen Unternehmen, die BGF langfristig und nachhaltig einführen möchten und helfen ihnen dabei, das Arbeitsschutzgesetz zu erfüllen. Unsere Maßnahmen können langfristig den Krankenstand und damit auch die Ausfallkosten senken. Außerdem können Motivation, Produktivität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter steigen (siehe IGA Report 21 unter www.iga-info.de ). Weiterhin können Arbeitsmittel und Ressourcen effektiver ausgenutzt werden, weil die Mitarbeiter lernen, richtig damit umzugehen. So lassen sich Arbeitsabläufe optimieren. Arbeitgeber haben einen Imagegewinn und die Fluktuation der Belegschaft wird reduziert, weil die Bindung qualifizierter Mitarbeiter und Fachkräfte durch unsere Arbeit gestärkt wird, auch die der älteren Mitarbeiter - Stichwort demografischer Wandel. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass sich die betriebsinterne Kommunikation und Kooperation verbessert.

     

    Redaktion: Wer ist Mitglied? Wer kann Mitglied werden? Und warum hat sich das Netzwerk gegründet?

     

    Birgit Effenberger: Motivierte, kreative Physiotherapeuten mit einer evaluierten und zertifizierten Ausbildung zum ErgoPhysConsult ® ant über den Berufsverband Deutscher Verband für Physiotherapie (ZVK e.V.), mit Ausrichtung auf eine zukunftsorientierte berufliche Weiterentwicklung. Wir denken: Gemeinsam sind wir stark. Das spiegelt sich auch in unseren Zielen wieder. Wir profitieren von unserem gemeinsamen Know-how-Pool.

     

    Redaktion: Warum konzentrieren Sie sich auf BGF?

     

    Andrea Wittenbecher:Wir denken, dass das ein Zukunfts- und bedarfsorientierter Tätigkeitsbereich ist. Wir arbeiten an einer der möglichen Ursachen für Beschwerden am Muskel-Skelett-Apparat. Das ist zum Wohle aller Beteiligten. Außerdem liegen in diesem Bereich finanzielle Aufstiegschancen und die Chance, unabhängig von den Krankenkassen tätig zu werden.

     

    Redaktion: Aus welchen Branchen kommen die Kunden?

     

    Birgit Effenberger: Die Kunden kommen aus allen Branchen, wobei Kunden aus der Verwaltung (Bildschirmarbeitsplatz), der Produktion und Pflege den größten Anteil ausmachen

     

    Redaktion: Wie verläuft ein Handlungszyklus?

     

    Birgit Effenberger: Nachdem die Rahmenbedingungen geklärt sind, wird eine Bestandaufnahme und Analyse im Betrieb gemacht, um die Belastungen der verschiedenen Bereiche zu ermitteln. Für die Arbeitsplatzanalyse und die Gefährdungsbeurteilung kommen unter anderem das SGA (Screening gesundes Arbeiten) oder die LMM (Leitmerkmalmethode) zum Einsatz. Die LMM gibt es für die Tätigkeitsbereiche Heben, Halten und Tragen, Ziehen und Schieben sowie manuelle Arbeitsprozesse. Auch andere standardisierte Fragebögen oder Messmethoden können eingesetzt werden.

     

    Redaktion: Was passiert nach der Analyse?

     

    Andrea Wittenbecher: Die eingesetzten Messmethoden und Analyseinstrumente werden ausgewertet und eine Bewertung des Gesundheitsrisikos aufgezeigt. Hier wird auch deutlich, in welchen Bereichen im Betrieb der Schwerpunkt für die Maßnahme liegen sollte. Danach ist das Setzen von Zielen, die Entwicklung von Lösungsalternativen und die Auswahl der Lösung an der Reihe. Nach der Auswertung der Analyseergebnisse wird nach individuellen Lösungsalternativen und Maßnahmen zusammen mit den Verantwortlichen gesucht, damit wir die Ziele der Maßnahmen definieren können. Die Maßnahmen können sein: Arbeitsmittel- und Arbeitstechniktraining, Arbeitsplatzgestaltung, Vorträge und Workshops, Gesundheitstag, Ergonomieparcour, Wanderseminar oder sonstige individuelle Gesundheitskurse.

     

    Redaktion: Und danach geht es sicher an die Umsetzung der Maßnahmen?

     

    Andrea Wittenbecher:Genau. Anschließend werden die eingesetzten Maßnahmen evaluiert und der Erfolg des umgesetzten Gesundheitskonzepts bewertet. Wir machen dann einen Retest mit den zuvor benutzten Analyseverfahren und entscheiden auf dieser Basis, ob und was wir gegebenenfalls ändern. Durch die Evaluation wird auch das Resultat der Maßnahmen sichtbar.

     

    Redaktion: Welche Probleme tauchen immer wieder auf?

     

    Andrea Wittenbecher:Physiotherapeuten, die sich für diese Zusatzausbildung entscheiden, müssen sich über einiges im Klaren sein. Die aktive Akquise von Neukunden ist eine wichtige Voraussetzung, um in der BGF tätig sein zu können. Man braucht eine klare Differenzierung, um sich am Markt hervorheben zu können. Von Consultants wird verlangt, dass sie gegenüber Kunden professionell auftreten. Man muss stets Up-to-Date bleiben, zum Beispiel in Bezug auf neue Produkte und Arbeitsmittel und rechtliche Aspekte, man muss die Webseite pflegen, sich fortbilden und Messen besuchen.

     

    Redaktion: Welche organisatorischen Hürden für Ihre Arbeit gibt es - Abrechnung, Gesetzeslage, Abgrenzung Arbeitsschutz/Arbeitssicherheit etc?

     

    Andrea Wittenbecher:Es besteht schon ein großer finanzieller und zeitlicher Aufwand, weil man zwei Tätigkeitsbereiche (Praxis und EPC-Tätigkeit) managen muss. Dazu kommt die Vor- und Nachbereitungszeit. Das darf man nicht unterschätzen, auch weil wir viel reisen müssen: EPC-ler gehen ja immer dorthin, wo der Kunde ist. Außerdem braucht man eine passende Rechtsform und steuerrechtliche Position für die Gruppe. Das macht viel Arbeit.

     

    Redaktion: Und wie lösen Sie diese Probleme?

     

    Andrea Wittenbecher: Wir erkundigen uns und recherchieren. Es gibt regelmäßige Workshops für EPCN-Mitglieder mit integriertem internen Austausch. So greifen wir auf das langjährige Wissen der Gruppenmitglieder zurück. Das trägt das Netzwerk und ist das Herzstück unserer Arbeit.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 11 | ID 42540901