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  • · Nachricht · Wohnungseigentum

    Einwendungen gegen eine Baugenehmigung durch einzelne Miteigentümer unbeachtlich

    | Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird gerichtlich und außergerichtlich ‒ von Eilmaßnahmen abgesehen ‒ nur durch ihren Verwalter vertreten, nicht indessen durch den Verwaltungsbeirat, geschweige denn durch einzelne Mitglieder dieses Beirats (vgl. § 9b Abs. 1 S. 1 WEG, § 18 Abs. 3 WEG, § 29 WEG). Eine Genehmigung des ohne Vertretungsmacht erfolgten Handelns einzelner Wohnungseigentümer ‒ hier: Einwendungen im Verfahren nach § 55 BauO BW und Widerspruch gegen die spätere Baugenehmigung ‒ kann nicht rückwirkend zugunsten der Gemeinschaft zur Einhaltung der für diese geltenden Präklusions- und Widerspruchsfrist führen. Die BGB-Regelungen über die Vertretung ohne Vertretungsmacht (§§ 177 ff. BGB) sind zwar grundsätzlich entsprechend anwendbar, können aber ein fristgebundenes Vertretergeschäft dann nicht nachträglich wirksam werden lassen, wenn es um die Einhaltung von ‒ im Zeitpunkt der Genehmigung abgelaufenen ‒ Fristen geht, die der Rechtssicherheit dienen (VG Freiburg 7.8.23, 6 K 1728/23, Abruf-Nr. 240773 ). |

     

    Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begehrte Eilrechtsschutz gegen eine Baugenehmigung (sog. „erdrückender Gebäudekomplex“). Im Rahmen der „Angrenzerbenachrichtigung“ hatten zwei Eigentümer, die zudem Verwaltungsbeiräte sind, Einwendungen erhoben und später auch Widerspruch gegen die erteilte Baugenehmigung eingelegt, und zwar als „Eigentümer/Beirat WEG“. Im Prozess vor dem VG genehmigte der Verwalter ihr Vorgehen.

     

    Ohne Erfolg. Der Antrag sei bereits unzulässig. Nach § 9a Abs. 2 WEG übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die gemeinschaftsbezogenen Rechte sowie „solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern“. Die Beiratsmitglieder hätten die Gemeinschaft nicht wirksam vertreten, der Verwaltungsakt sei bestandskräftig geworden.

     

    Denn die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung obliege nur dem bestellten Verwalter, § 9b Abs. 1 S. 1 WEG. Eine Genehmigung des Handelns der Beiratsmitglieder sei unbeachtlich: Zwar komme eine Vertretung ohne Vertretungsmacht in Betracht, eine „Rettung“ scheide aber aus, wenn und weil Verfahrenshandlungen fristgebunden waren. Das Interesse des Bauherrn und das öffentliche Interesse an der mit einem Fristablauf verbundenen Rechtssicherheit verbieten eine Rückwirkung der Genehmigung des Verwalters.

     

    Beachten Sie | Die Entscheidung verdeutlicht, dass die rechtlichen Kompetenzen der Beteiligten im Wohnungseigentumsrecht sorgfältig voneinander abzugrenzen sind. Auf eine rückwirkende Genehmigung kann man sich nicht immer verlassen.

     

    In der Praxis muss der Verwalter beurteilen, ob Anlass zum Handeln der Gemeinschaft besteht oder ob es ratsam ist, einzelnen vorpreschenden Wohnungseigentümern oder dem Beitrat eine Vollmacht zu erteilen.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2024 | Seite 81 | ID 49989807