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  • · Nachricht · Wohnungseigentum

    Eigentümerversammlung in der Coronapandemie

    | Ein Anspruch der Wohnungseigentümer auf persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen besteht auch während der Coronapandemie. Nicht zu beanstanden ist aber, wenn der Verwalter in der Einladung Vertretungsmöglichkeiten bewirbt und sich bei der Größe des angemieteten Saals an der zu erwartenden Teilnehmerzahl orientiert. Namentlich in Pandemiezeiten, aber auch sonst, muss der Verwalter ‒ ohne andere Hinweise ‒ keine Räumlichkeiten anmieten, die sämtlichen Eigentümern Platz bieten (LG Frankfurt a. M. 17.12.20, 2-13 S 108/20, Abruf-Nr. 220398 , entgegen AG Kassel 27.8.20, 800 C 2563/20, Abruf-Nr. 218139 , MK 20, 193). |

     

    • Der Einladungstext des Verwalters im Fall des LG

    Aufgrund der Größe der Sitzungsräume muss die Anzahl der anwesenden Eigentümer bei dieser Versammlung beschränkt werden (zehn Personen inkl. Verwalter). Erteilen Sie deshalb möglichst dem Verwaltungsbeirat oder der Verwaltung die Vollmacht für die Teilnahme an der Versammlung … Der Verwalter behält sich vor, die Versammlung nicht durchzuführen, sofern die Höchstzahl der Anwesenden überschritten wird und keine einvernehmliche Regelung am Versammlungstag dazu getroffen werden kann.

     

    Das AG Kassel (a. a. O.) meinte, dass ein unzulässiger Eingriff in den Kernbereich des Wohnungseigentums vorliege. Daher hielt es die Beschlüsse der Versammlung sogar für nichtig. Das LG hat die Entscheidung nun geändert und klargestellt: Die Einladung des Verwalters war nicht zu beanstanden. Sie enthalte keine „Ausladung“ einzelner Eigentümer (anders: AG Lemgo 24.8.20, 16 C 10/20, ZWE 20, 480, wo ausdrücklich darauf verwiesen wurde, nicht zu erscheinen). Gerade in Zeiten der Coronapandemie muss der Verwalter bei der Auswahl des Versammlungsorts die Abstandsgebote und Hygienevorschriften einhalten. Daher ist es sachgerecht, wenn er sich bei der Auswahl des Versammlungsorts an der zu erwartenden Teilnehmerzahl orientiert und dabei Vertretungsmöglichkeiten aktiv bewirbt. Allein darin liegt keine Beeinträchtigung des Teilnahmerechts der Eigentümer.

     

    Beachten Sie | Es liegt im Ermessen des Verwalters, die Versammlung abzusagen, wenn die Höchstzahl der für den gemieteten Raum zulässigen Teilnehmer überschritten ist (BGH NZM 11, 806). Eine Beschlussanfechtung kommt aber in Betracht, wenn Teilnehmern der Zugang zum Raum verweigert wird, wenn die Kapazität erschöpft ist (wurde hier nicht geltend gemacht).

     

    PRAXISTIPP | Der Verwalter hat gerade in Coronazeiten ein Interesse an Versammlungen mit möglichst wenigen Eigentümern, die auch die Vorgaben der Corona-Verordnungen beachten. Wenn Sie den Verwalter beraten, sollten Sie auf die Beschlussanfechtungsgefahr der ‒ oft favorisierten ‒ „Ein-Personen-Versammlung“ hinweisen. Ist eine „Mehr-Personen-Versammlung“ mit einer Vollmachtslösung gewünscht, müssen Sie prüfen, ob die Teilungserklärung eine Vertreterklausel enthält (Vertretung z. B. nur durch einen anderen Eigentümer oder den Verwalter).

     
    Quelle: Ausgabe 03 / 2021 | Seite 39 | ID 47084715