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  • · Nachricht · Wohnraummiete

    Schimmelstreitigkeiten: Wer was beweisen muss

    Bei Streit über Feuchtigkeitsschäden trägt der Vermieter zunächst die Darlegungs- und Beweislast für den Ausschluss aller gebäudeseitigen Ursachen. Erst wenn feststeht, dass das Gebäude dem technischen Stand bei Errichtung entspricht und keine relevanten Baumängel vorliegen, muss der Mieter beweisen, dass die Schäden nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen. Liegen bauliche Besonderheiten vor, die Schimmel begünstigen können (z. B. Wärmebrücken, ältere Fenster), muss der Vermieter zusätzlich nachweisen, dass bei zumutbarem Heiz- und Lüftungsverhalten ‒ zwei- bis dreimal tägliche Stoßlüftung ‒ kein Schimmel entstehen würde (LG Gießen 6.6.25, 1 S 171/23, Abruf-Nr. 251474 ).

     

    Die Mieter minderten die Miete wegen Schimmel in der Wohnung. Der Vermieter kündigte daraufhin fristlos wegen Zahlungsverzugs. Streitig war, ob die Feuchtigkeitsschäden bauliche Ursachen hatten oder auf unzureichendes Heiz- und Lüftungsverhalten der Mieter zurückzuführen waren. Da die Mieter nicht auszogen, erhob der Vermieter Räumungsklage.

     

    Das AG gab der Räumungsklage statt. Die Mieter legten Berufung ein.

     

    Ohne Erfolg. Die ergänzende Beweisaufnahme ergab, dass das Gebäude dem bei Errichtung geltenden Stand der Technik entsprach, auch wenn bauliche Gegebenheiten wie Wärmebrücken und ältere Fenster Schimmel begünstigen konnten. Der Sachverständige stellte jedoch fest, dass bei zwei- bis dreimaliger täglicher Stoßlüftung keine Schimmelbildung aufgetreten wäre; tatsächlich hatten die Mieter nur ein- bis zweimal wöchentlich gelüftet.

     

    Der Vermieter müsse zunächst alle gebäudeseitigen Ursachen, die sich auf die Feuchtigkeitsbildung auswirken können, ausschließen. Erst wenn dieser Nachweis gelingt, trage der Mieter die Beweislast dafür, dass die Feuchtigkeitsschäden nicht aus seinem Verantwortungsbereich stammen (Verweis auf BGH 10.11.04, XII ZR 71/01). Da der Vermieter bauliche Ursachen ausgeschlossen hatte und das festgestellte Lüftungsverhalten deutlich unzureichend war, bestand kein Minderungsrecht. Die Kündigung wegen Zahlungsverzugs war wirksam.

     

    Beachten Sie — Vermieter sollten bei Schimmelproblemen frühzeitig prüfen, ob bauliche Mängel (z. B. Wärmebrücken oder undichte Fenster) vorliegen. In diesem Fall müssen sie nachweisen, dass bei zumutbarem Heiz- und Lüftungsverhalten Schimmelfreiheit erreichbar ist. Gelingt dieser Nachweis nicht, bleibt der Vermieter für den Mangel verantwortlich. Mietern ist nur das nach der Verkehrssitte übliche Lüften zumutbar (zwei- bis dreimal tägliches Stoßlüften für ca. 10 Minuten, zusätzliches Lüften bei Feuchtespitzen; vgl. LG Landshut 8.1.25, 15 S 339/23).

     

    Vermieter sollten ‒ insbesondere bei älteren oder feuchteempfindlichen Gebäuden ‒ klare, schriftliche Hinweise zum erforderlichen Lüftungs- und Heizverhalten geben. Misslingt der bauliche Entlastungsnachweis, besteht ein Anspruch auf Mängelbeseitigung und ggf. Mietminderung.

    Quelle: ID 50643822