· Urteilsbesprechung · Vorkaufsrecht
Der „Dritte“ i. S. d. § 577 Abs. 1 S. 1 BGB
von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin
§ 577 BGB (bzw. § 570b Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) gibt dem Mieter von Wohnraum zum Schutz vor Verdrängung ein gesetzliches, schuldrechtliches Vorkaufsrecht. Kann der Vorkaufsverpflichtete seine Eigentumsverschaffungspflicht aus dem durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zustande gekommenen Kaufvertrag nicht (mehr) erfüllen, weil er es bereits dem „Dritten“ übertragen hat, so macht er sich schadenersatzpflichtig. Der BGH musste entscheiden, ob ein Verkauf an einen „Dritten“ i. S. d. § 577 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 570b Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) auch vorliegt, wenn die Gesellschafter der erwerbenden Personenhandelsgesellschaft mit denen der veräußernden Gesellschaft personenidentisch sind. Eine weitere Besonderheit: Der das Vorkaufsrecht auslösende Verkauf lag zurzeit der Ausübung des Vorkaufsrechts fast 20 Jahre zurück. Ein Fall für die Anwendung des § 242 BGB?
Sachverhalt
Die Kläger sind seit dem 1.3.00 Mieter einer Doppelhaushälfte. Eigentümerin des mit dem Gebäude bebauten, im Grundbuch unter der laufenden Nr. 1 verzeichneten Grundstücks war die beklagte GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer T. S. ist. In dem schriftlichen Mietvertrag vom 15.11.1999 wird als Vermieter S. unter Angabe der Anschrift der Beklagten aufgeführt. Mit Schreiben vom 2.12.99 begrüßte die W. KG die Kläger als „neuen Mieter in unserer Verwaltung“. Komplementär dieser Gesellschaft war ebenfalls T. S., die Beklagte deren Kommanditistin. In der Folgezeit kam es zur Realteilung des Grundstücks in mehrere Grundstücke. Im Bestandsverzeichnis im Grundbuch findet sich folgender Vermerk: „Nr. 1 geteilt und unter Nr. 3 bis Nr. 19 gemäß der Fortführungsmitteilung […] eingetragen am 30.3.00.“ Die vermietete Doppelhaushälfte befand sich auf dem Grundstück mit der laufenden Nummer 6.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14.4.00 veräußerte die Beklagte das Grundstück an die W. KG zum Preis von 400.000 DM. Das Grundstück mit der laufenden Nummer 6 wurde am 19.4.00 auf ein anderes Grundbuchblatt übertragen. In den Jahren 2002 bis 2017 zeigten die Kläger wiederholt Interesse am Erwerb der von ihnen bewohnten Doppelhaushälfte und erhielten in den Jahren 2004, 2007, 2010, 2011 und 2017 mehrere Kaufangebote. Ein Kaufvertrag kam jedoch nicht zustande.
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