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  • · Fachbeitrag · Untermiete

    Ein-Zimmer-Wohnung: Untervermietung zulässig?

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Nach § 540 Abs. 1 S. 1 BGB darf der Mieter Dritten den Gebrauch der Mietsache nicht ohne Erlaubnis des Vermieters überlassen. Dem Mieter von Wohnraum kann nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zustehen, wenn er einem Dritten einen Teil des Wohnraums überlassen will und sein berechtigtes Interesse daran nach Mietvertragsschluss entstanden ist. Der BGH hatte nun Gelegenheit, ausdrücklich die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine „Teilüberlassung“ auch bei einer aus einem Zimmer bestehenden Wohnung angenommen werden kann. |

    Sachverhalt

    Der Kläger ist seit Sommer 2000 Mieter einer in Berlin gelegenen Einzimmerwohnung. Im März 2021 bat der Kläger die beklagten Vermieter, wegen eines beruflichen Auslandsaufenthalts die Untervermietung vom 15.6.21 bis zum 30.11.22 an eine namentlich benannte Person zu gestatten. Die Beklagten lehnten dies ab.

     

    Mit der im Mai 2021 erhobenen Klage, gerichtet auf die Erlaubnis zur Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an den bezeichneten Untermieter, hat der Kläger vorgetragen, er sei freischaffender Künstler und werde im genannten Zeitraum ein von einer Bibliothek in Moskau unterstütztes, von ihm näher beschriebenes Projekt durchführen. Für die Dauer seiner Abwesenheit wolle er einen Teil der Wohnung für monatlich 241 EUR an die benannte Person untervermieten, jedoch persönliche Gegenstände weiter in der Wohnung lagern. Wie angekündigt, hielt der Kläger sich in dem vorgenannten Zeitraum im Ausland auf. Seine in der (untervermieteten) Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände lagerte er dort in einem Schrank und einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, durch einen Vorhang abgetrennten, nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Ferner blieb er im Besitz eines Wohnungsschlüssels.

     

    Das AG hatte die Klage abgewiesen. Das LG verurteilte die Beklagten, die in zweiter Instanz die außerordentliche fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund der ohne ihre Erlaubnis erfolgten Untervermietung erklärt haben, antragsgemäß als Gesamtschuldner, die Untervermietung „eines Teils der Wohnung“ an die vom Kläger benannte Person zu gestatten. Die zugelassene Revision hatte keinen Erfolg (BGH 13.9.23, VIII ZR 109/22, Abruf-Nr. 237839).

    Entscheidungsgründe

    Der BGH bejaht den Anspruch des Mieters auf Gestattung der befristeten, teilweisen Gebrauchsüberlassung der Einzimmerwohnung an den von ihm benannten Untermieter aus § 553 Abs. 1 BGB.

     

    Berechtigtes Interesse des Mieters

    Nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Nach S. 2 der Vorschrift gilt das nur nicht, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

     

    MERKE | Seit seinem Rechtsentscheid vom 3. 10. 84 (VIII ARZ 2/84, NJW 85, 130, zu § 549 Abs. 2 BGB a. F.) geht der BGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass als berechtigtes Interesse im Sinne der Vorschrift jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen ist, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (23.11.05, VIII ZR 4/05, NJW 06, 1200; 11.6.14, VIII ZR 349/13, WuM 14, 489; 31.1.18, VIII ZR 105/17, NZM 18, 325).

     

    Der Mieter muss dem Vermieter daher das Motiv mitteilen, das seinem Wunsch auf Untervermietung zugrunde liegt, was hier geschehen ist. Im Fall des Bestreitens trägt er dafür die Beweislast (BT-Drucksache IV/806, S. 9).

     

    Der Wunsch des Mieters, der unter Beibehaltung seiner Wohnung eine (befristete) berufliche Tätigkeit im Ausland aufgenommen hat, nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen ist ‒ so der BGH ‒ ohne Weiteres als berechtigtes Interesse an der Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen. Denn der Gesetzgeber habe mit der Schaffung der Norm erkennbar unter anderem die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch eine Untervermietung zu ermöglichen. Das Interesse ist hier auch (deutlich) nach Vertragsschluss entstanden.

     

    MERKE | Bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Vertragsschluss und dem Wunsch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis ohne Änderung der persönlichen Situation besteht der naheliegende Verdacht, dass der Mieter den erkannten oder erwarteten Widerstand des Vermieters gegen die anfängliche Vermietung etwa an eine Wohngemeinschaft zu umgehen versucht (BGH 3.10.84, VIII ARZ 2/84). Diese Situation lag kürzlich einem Rechtsstreit beim AG München zugrunde, der noch beim LG München anhängig ist (AG München 20.12.22, 411 C 10539/22; LG München 31 S 15975/22). Auch für das nach Vertragsschluss entstandene Interesse trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast.

     

    Dem Anspruch des Mieters auf Gestattung der teilweisen Gebrauchsüberlassung nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB stand nicht entgegen, dass der Kläger Mieter einer Einzimmerwohnung ist. Der Mieter beabsichtigte, seine Einzimmerwohnung für die Dauer seines Auslandsaufenthalts unterzuvermieten. Er behielt einen Wohnungsschlüssel zurück und lagerte seine in der Wohnung verbliebenen persönlichen Gegenstände dort in einem Schrank und in einer Kommode sowie in einem am Ende des Flurs gelegenen, mit einem Vorhang abgetrennten und nur von ihm zu nutzenden Bereich von der Größe eines Quadratmeters. Das reicht aus, um eine Überlassung nur eines Teils des Wohnraums im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB anzunehmen.

     

    Beachten Sie | Der BGH hat schon zu Wohnungen mit mehreren Zimmern entschieden, dass § 553 Abs. 1 BGB weder quantitative Vorgaben zu dem beim Mieter verbleibenden Anteil des Wohnraums ‒ wie etwa eine bestimmte Zimmeranzahl oder anteilige Wohnfläche ‒ noch qualitative Anforderungen bezüglich der weiteren Nutzung durch den Mieter aufstellt (11.6.14, VIII ZR 349/13, NJW 14, 2717). Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Überlassung eines Teils des Wohnraums muss sich allein daran ausrichten, dass der Gesetzgeber eine Untervermietungserlaubnis nur verwehren will, wenn der Mieter den gesamten Wohnraum an einen Dritten weitergeben möchte; denn dann gehe es ihm nicht darum, den Wohnraum zu erhalten.

     

    Teilüberlassung von Wohnraum

    In Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung stellt der BGH erneut fest, dass von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten regelmäßig bereits auszugehen ist, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt (so schon: BGH 11.6.14, VIII ZR 349/13).Folgerichtig kann ein Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis auch bei einer Einzimmerwohnung gegeben sein.

     

    Der Gesetzeswortlaut steht dem nicht entgegen. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB macht den Anspruch auf Gestattung der Untervermietung nur vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er dem Dritten nur einen Teil des Wohnraums überlässt. Besondere Vorgaben werden nicht aufgestellt und auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis allein bei Mehrzimmerwohnungen gewähren wollte.

     

    MERKE | § 553 BGB entspricht ‒ von geringen redaktionellen Änderungen abgesehen ‒ § 549 Abs. 2 BGB a. F. (BT-Drucksache 14/4553, S. 49). Die Regelung wurde in das Mietrecht eingeführt, um einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters zu schaffen. Dem Mieter, der die Wohnung einem Dritten zum Gebrauch überlassen will, stand bis zur Einführung des § 549 Abs. 2 BGB a. F. nur die Möglichkeit einer Kündigung zu, sofern der Vermieter die erforderliche Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung verweigerte. Dieses Kündigungsrecht sollte bei Vorliegen eines nach Mietvertragsabschluss entstandenen berechtigten Interesses des Mieters, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zu überlassen, durch einen gesetzlichen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung ergänzt werden (BT-Drucksacke IV/806, S. 9). Die Neuregelung des § 549 Abs. 2 BGB a. F. sollte nur greifen, wenn der Mieter einen Teil des Mietraums, nicht dagegen, wenn er „den ganzen Mietraum“ einem Dritten überlassen will, da seinen Interessen in letzterem Fall schon durch das Sonderkündigungsrecht genügt werde.

     

    Der BGH vermag der Gesetzgebungsgeschichte nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Ausfüllung des von ihm angenommenen Regelungsbedarfs zwischen Wohnungen mit mehreren Zimmern und solchen mit nur einem Zimmer unterscheiden wollte. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass eine Überlassung von Einzimmerwohnungen nach dem Willen des Gesetzgebers stets als eine solche des „ganzen Mietraums“ angesehen und eine teilweise Überlassung einer solchen Wohnung verhindert werden sollte.

     

    Gegen den Ausschluss von Einzimmerwohnungen aus dem Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 BGB spreche demgegenüber maßgeblich ihr mieterschützender Zweck, dem Mieter den Wohnraum möglichst zu erhalten. Verlangte das Gesetz, dass der Mieter mindestens ein räumlich abgetrenntes Zimmer zurückbehält, liefe der Schutzzweck der Vorschrift für Mieter einer Einzimmerwohnung leer. Sachgerechte Gründe dafür, solche Mieter als weniger schutzwürdig anzusehen als Mieter einer Mehrzimmerwohnung, erschließen sich aus der Sicht des BGH nicht. Auch dem Mieter einer Einzimmerwohnung könne es, namentlich bei ‒ wie hier ‒ befristeter Abwesenheit, darum gehen, sich den Wohnraum zu erhalten. Wäre der Mieter einer Einzimmerwohnung auf das Sonderkündigungsrecht des § 540 Abs. 1 S. 2 BGB beschränkt, trüge dies seinem berechtigten Interesse am Erhalt des Wohnraums nicht Rechnung.

     

    Der vom Gesetz vorausgesetzten Anforderung, dem Untermieter nur einen Teil des Wohnraums zu überlassen, hatte der Mieter dadurch Rechnung getragen, dass er seinen Gewahrsam an der Wohnung nicht vollständig aufgegeben hat (so schon: BGH 11.6.14, VIII ZR 349/13, NJW 14, 2717).

     

    Beachten Sie | Für die lediglich teilweise Überlassung des Wohnraums im Sinne des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ist allein maßgeblich, dass der Mieter den Gewahrsam daran nicht vollständig aufgegeben hat. Zur Ausübung des Gewahrsams ist es nicht erforderlich, dass er weiterhin in der Wohnung lebt; Gewahrsam kann auch der Mieter ausüben, der ‒ wie hier ‒ (zeitweise) ortsabwesend ist. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass der zurückbehaltene Teil des Wohnraums (auch) zu Übernachtungszwecken genutzt werden kann. Das ist keine zwingend notwendige Voraussetzung, sondern ‒ neben der Lagerung von Gegenständen ‒ lediglich eine von mehreren Nutzungsmöglichkeiten (so schon: BGH 11.6.14, VIII ZR 349/13, NJW 14, 2717).

     

    Danach war es ausreichend, dass der Mieter hier persönliche Gegenstände in der Wohnung in Bereichen zurückgelassen hat, die der alleinigen Nutzung durch ihn vorbehalten waren. Den Zugriff auf die Gegenstände hat er sich durch Zurückbehaltung eines Wohnungsschlüssels gesichert. Hinzu kam der Wille des Klägers, die Wohnung nur für die Zeit seines Auslandsaufenthalts teilweise einem Dritten zu überlassen.

     

    Unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung stellt der BGH auch fest, dass dem Anspruch auf Erteilung der Untervermietungserlaubnis nicht die von den Beklagten zweitinstanzlich erklärte außerordentliche fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietverhältnisses entgegensteht.

     

    Beachten Sie | Der Mieter hatte die Untervermietung ohne Erlaubnis der Vermieter vorgenommen. Er hat damit seine Vertragspflichten verletzt (so schon BGH 2.2.11, VIII ZR 74/10, NJW 11, 1065). Hat der Mieter ‒ wie hier ‒ eine Erlaubnis zur Untervermietung rechtzeitig ‒ vor Überlassung des Mietraums an den Untermieter ‒ erbeten, ist es dem Vermieter wegen des Verbots rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) jedoch verwehrt, sich bei einer Kündigung auf das Fehlen einer Erlaubnis zu berufen, die er dem Mieter hätte erteilen müssen, wenn er sich selbst vertragsgemäß verhalten hätte.

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung ist keine Überraschung. Sie bestätigt die BGH-Rechtsprechung zum Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung seit der wirklich lesenswerten Entscheidung vom 3.10.84 (VIII ARZ 2/84). Die „Hürden“ sind niedrig.

     

    Lehnt der Vermieter die Erlaubnis ab, obwohl der Anspruch besteht, setzt er sich einem erheblichen Haftungsrisiko aus. Hier hatte der Mieter die Untervermietung trotz (ungerechtfertigt) verweigerter Erlaubnis vorgenommen und sich damit selbst dem Risiko einer Kündigung ausgesetzt, die auch ausgesprochen wurde. Alternativ hätte er auf die Untervermietung verzichten und die entgangene Untermiete als Mietausfallschaden vom Vermieter verlangen können. Der Vermieter verletzt seine Pflichten aus dem Mietvertrag, wenn er eine nach § 553 Abs. 1 BGB geschuldete Erlaubnis zur Untervermietung nicht erteilt und ist dem Mieter nach § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz ihm daraus entstandenen Schadens verpflichtet (BGH 11.6.14, VIII ZR 349/13).

     

    Vor dem Hintergrund der eigenen Vertragsverletzung des Vermieters stellt sich die Frage, ob eine Kündigung des Vermieters nicht bereits auf der „Abwägungsebene“ der § 543 Abs. 1 S. 2, § 573 Abs. 1 BGB bzw. im Rahmen der Bewertung der Verletzung der Vermieterrechte als „erheblich“ (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ihre Wirksamkeit „verliert“ und es des Rückgriffs auf § 242 BGB damit nicht bedürfte.

     

    Auch auf Mieterseite ist allerdings Vorsicht geboten. Vermietet der Mieter auf einem durch Gebietsverordnung ausgewiesenen angespannten Wohnungsmarkt zu einem Preis, der sich gegen die auch ihn bindenden §§ 556d ff. BGB verstößt, wird sich nicht begründen lassen, dass sein Interesse an der Untervermietung mit der Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (LG Berlin WuM 22, 489).

     

    Der Mieter ist daher gehalten, jedenfalls auf Verlangen des Vermieters die in Aussicht genommene Untermiete mitzuteilen. Das war hier geschehen.

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2024 | Seite 5 | ID 49812619