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  • · Fachbeitrag · Schönheitsreparaturen

    Kein Umbau - kein Ausgleichsanspruch

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Allein die Absicht des Vermieters, nach Beendigung des Mietverhältnisses Umbaumaßnahmen in den Mieträumen durchzuführen, genügt nicht, um im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der vertraglichen Verpflichtung des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, einen Ausgleichsanspruch in Geld treten zu lassen. Ein solcher Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass die Mieträume tatsächlich umgebaut werden (BGH 12.2.14, XII ZR 76/13, Abruf-Nr. 140844).

     

    Sachverhalt

    Das Geschäftsraummietverhältnis endete am 31.10.09. Den Beklagten waren die Schönheitsreparaturen sowie Instandhaltung und Instandsetzung (einschließlich etwa erforderlicher Erneuerungen) des Mietobjekts auf eigene Kosten übertragen. Zudem waren sie verpflichtet, das Mietobjekt am letzten Tag des Mietverhältnisses geräumt und vollständig renoviert zurückzugeben. Am 25.9.09 teilten die Kläger schriftlich mit, sie würden im Zuge der beabsichtigten Neuvermietung des Objekts umfangreiche Umbau- und Renovierungsarbeiten durchführen und forderten deshalb von den Beklagten an Stelle der geschuldeten Schönheitsreparaturen und Renovierungsarbeiten den hierfür noch zu ermittelnden Geldbetrag. Die Beklagten räumten, ohne Schönheitsreparaturen/Renovierungsarbeiten erbracht zu haben. Zu einer Neuvermietung kam es nicht. Die Kläger veräußerten das Mietobjekt ohne Umbaumaßnahmen in 3/11. Das OLG Koblenz (ZMR 13, 882) verurteilte die Beklagten zur Zahlung in Höhe ermittelter fiktiver Renovierungskosten (131.942,08 EUR). Die Revision hat Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags kann sich ein Anspruch des Vermieters auf Geldersatz für vom Mieter geschuldete und nicht erbrachte Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen ergeben, wenn dieser bei Auszug die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen nicht ausführt, weil der Vermieter die Mieträume anschließend umbauen will und der Mietvertrag für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung enthält (BGH MK 05, 29, Abruf-Nr. 043184). Grund: Der zum Umbau entschlossene Vermieter ist nicht mehr an einer Sachleistung des Mieters interessiert. Es wäre widersinnig, ihn an dem Anspruch auf Erfüllung der von dem Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen festzuhalten, obwohl bei Erfüllung dieser Pflicht das Geschaffene alsbald wieder zerstört würde.

     

    Andererseits würde es jedoch regelmäßig in Widerspruch zum Inhalt des Mietvertrags stehen, den Mieter von seiner Verpflichtung zu befreien, ohne dass er hierfür einen Ausgleich entrichten müsste. Denn die im Vertrag übernommene Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen stellt sich im Regelfall als Teil des Entgelts dar, das er als Gegenleistung für die Leistung des Vermieters zu entrichten hat. Das heißt: Enthält der Mietvertrag für den Fall des Umbaus des Mietobjekts keine ausdrückliche Vereinbarung, kann eine Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Dabei entspricht es nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien, dem Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen einen entsprechenden Geldanspruch zu geben.

     

    Eine hiermit vergleichbare Interessenlage besteht jedoch nicht, wenn der Vermieter zwar zunächst beabsichtigt, nach dem Auszug des Mieters die Mieträume umzubauen, dies aber in der Folgezeit tatsächlich nicht erfolgt. Er muss sich dann an den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen festhalten lassen, die in diesem Fall nicht sinnlos geworden sind. Wurden die Schönheitsreparaturen wirksam auf den Mieter übertragen, kann der Vermieter aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen vom ihm nur Erfüllung dieser Verpflichtungen verlangen. Der Anspruch besteht auch nach Beendigung des Mietverhältnisses und Auszug des Mieters fort. Will der Vermieter an diesem primären Erfüllungsanspruch nicht festhalten und sich stattdessen einen auf Geldzahlung gerichteten Ersatzanspruch verschaffen, muss er diesen unter Einhaltung des Verfahrens nach § 281 Abs. 1 BGB begründen. Der vertragliche Anspruch gegen den Mieter auf Erbringung der Renovierungsarbeiten erlischt erst durch ein Schadenersatzverlangen nach § 281 Abs. 4 BGB.

     

    Praxishinweis

    Der BGH stellt klar, dass der Ausgleichsanspruch entgegen der Annahme des Berufungsgerichts (ZMR 13, 882) nicht bereits entsteht, sobald der Mieter von der Umbauabsicht des Vermieters Kenntnis erlangt, sondern erst, wenn die Umbaumaßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Grund: Andernfalls wäre dem Vermieter die Möglichkeit eröffnet, den Erfüllungsanspruch auf Vornahme der Schönheitsreparaturen auch gegenüber dem erfüllungsbereiten Mieter in einen Geldanspruch umzuwandeln, ohne die Voraussetzungen des § 281 BGB einhalten zu müssen. Eine solche erhebliche Erweiterung seiner Rechte ist im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zulässig. Das heißt: Veräußert der Vermieter das Mietobjekt, ohne die angekündigten Umbaumaßnahmen nach Mietvertragsende durchgeführt zu haben oder gibt er seine Umbauabsicht auf, lässt sich ein Ausgleichsanspruch anstelle der vom Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses geschuldeten Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung herleiten.

     

    Führt der Vermieter die Umbauten nicht aus, kann ihm trotzdem ein Schadenersatzanspruch wegen nicht erbrachten Renovierungsarbeiten aus § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 S. 1 BGB zustehen. Hier haben die Kläger den Beklagten weder erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt, noch haben diese die Leistung i.S. des § 281 Abs. 2 BGB ernsthaft und endgültig verweigert.

     

    Merke | Eine Erfüllungsverweigerung erfordert aus Sicht des XII. Senats ein Verhalten des Schuldners, aus dem zu schließen ist, er werde sich durch eine weitere Aufforderung zur Leistung nicht umstimmen lassen. Die Weigerung muss „sein letztes Wort sein“. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen.

     

    Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung kann angenommen werden, wenn der Mieter durch sein Verhalten vor Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringt, er werde seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen und deshalb das Mietobjekt bei Vertragsende räumt, ohne Anstalten für Vorbereitung oder Ausführung der Schönheitsreparaturen getroffen zu haben. Das heißt umgekehrt: Räumt er ohne Renovierungsarbeiten, dürfte allein hierin noch keine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung liegen (anders noch BGH NJW 71, 1839).

     

    Beachten Sie | Als Dauerverpflichtung besteht der Anspruch nach Mietende und Auszug des Mieters und gemäß § 566 Abs. 1 BGB auch in der Person des Erwerbers fort (Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 11. Aufl., § 566 BGB Rn. 130). Dieser kann vom Mieter Erfüllung verlangen oder im Weigerungsfall nach § 281 Abs. 1, Abs. 4 BGB verfahren.

     

    Ist der Erfüllungsanspruch gemäß § 548 Abs. 1 BGB - anders als hier (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) - verjährt, ist für einen Ausgleichsanspruch im Wege ergänzender Vertragsauslegung kein Raum.

     

    Nach dem Sachverhalt waren den Mietern durch Individualvereinbarung sowohl die laufenden Schönheitsreparaturen als auch die Endrenovierung wirksam auferlegt. Formularmäßig hält die Kombination beider Klauseln einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand (Summierungseffekt). Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Wohn- (BGH NJW 03, 2234) oder einen Geschäftsraummietvertrag (BGH MK 05, 114, Abruf-Nr. 051468) handelt.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 101 | ID 42626591