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  • · Fachbeitrag · Kündigung

    Kündigung des Untermietvertrags nach Widerruf der Erlaubnis zur Untervermietung

    von VRinLG Astrid Siegmund, Berlin

    | Hat der Mieter die Mietwohnung ganz oder teilweise auf der Grundlage einer Erlaubnis des Vermieters an einen Dritten untervermietet, stellt sich für ihn (u. a.) die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen er das Untermietverhältnis kündigen muss, wenn der Vermieter die Erlaubnis widerruft. Der BGH hat für eine oft anzutreffende Konstellation ‒ die jahrzehntelange Untervermietung auf der Grundlage einer unbeschränkt erteilten Erlaubnis ‒ klargestellt, dass es für den Mieter keinesfalls einfach ist, sich vom Untermietvertrag zu lösen, um das Hauptmietverhältnis für sich „zu retten“. |

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Die Kläger sind seit März 1987 Hauptmieter einer Wohnung. Im Jahr 1995 beschlossen sie, aus beruflichen Gründen wegzuziehen. Da sie beabsichtigten, zu einem späteren Zeitpunkt in die Wohnung zurückzukehren, baten sie die damalige Eigentümerin, die Wohnung ab 1.7.95 an den Beklagten untervermieten zu dürfen. Die Erlaubnis hierfür wurde ihnen mit Schreiben der von der damaligen Eigentümerin beauftragten Hausverwaltung vom 27.3.95 unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilt. Seither ist der Beklagte Untermieter der Wohnung. Mit Schreiben vom 16.12.17 widerrief die Streithelferin die Erlaubnis zur Untervermietung und forderte die Kläger auf, das Mietverhältnis mit dem Beklagten unverzüglich zu beenden, diesem spätestens bis zum 31.12.17 zu kündigen und ihr die Kündigung nachzuweisen. Eine weitere Nutzungsüberlassung an den Beklagten betrachte sie als Vertragsverletzung, die eine Abmahnung und gegebenenfalls die Kündigung des Hauptmietverhältnisses nach sich ziehen werde.

     

    Daraufhin kündigten die Kläger mit Anwaltsschreiben vom 29.1.18 das Untermietverhältnis gegenüber dem Beklagten ordentlich zum 31.10.18 unter Hinweis darauf, dass ihnen die Fortsetzung des Mietverhältnisses aufgrund des Widerrufs der Untervermietungserlaubnis unzumutbar geworden sei. Das AG hat den Beklagten zur Räumung verurteilt, das LG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

     

    Der BGH hat die (zugelassene) Revision der Kläger zurückgewiesen (BGH 3.8.21, VIII ZR 329/19, Abruf-Nr. 225413): Ein nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliches berechtigtes Interesse an der Beendigung des (Unter-)Mietverhältnisses zum Beklagten haben die Kläger ‒ so der BGH ‒ selbst dann nicht, wenn ein wirksamer Widerruf der Erlaubnis zur Untervermietung unterstellt wird.

     

    Wirksamkeit des Widerrufs fraglich

    Ob und unter welchen Voraussetzungen der Vermieter eine unbefristete Erlaubnis zur Untervermietung der gesamten Wohnung widerrufen kann, ist in den Einzelheiten umstritten. Der Mieter hat nach § 553 Abs. 1 BGB zwar keinen Anspruch auf Erteilung einer ‒ wie hier ‒ so weitreichenden Erlaubnis. Wird sie erteilt, ist sie jedoch wirksam, § 553 Abs. 3 BGB (Umkehrschluss). Sie bindet nach § 566 Abs. 1 BGB auch einen ggf. in das Mietverhältnis eingetretenen Erwerber. Der Wirksamkeit eines unbeschränkten Widerrufsvorbehalts kann auch bei individualvertraglicher Vereinbarung § 553 Abs. 3 BGB entgegenstehen, sodass die Vereinbarung eines solchen auch nicht weiterhilft.

     

    PRAXISTIPP | Durch die Untervermietungserlaubnis wird der Mietvertrag hinsichtlich des Umfangs des vertragsgemäßen Gebrauchs erweitert. Die Erweiterung kann einvernehmlich rückgängig gemacht werden, § 311 Abs. 1 BGB. Wird eine Einigung nicht erreicht, kann ein einseitiger Widerruf in Betracht kommen. Ob es für den Widerruf ausreicht, dass das berechtigte Interesse an der Untervermietung nicht (mehr) besteht oder der Widerruf zusätzlich einen wichtigen Grund voraussetzt, hat der BGH bislang offengelassen (BGH 4.12.13, VIII ZR 5/13, Abruf-Nr. 140123). Der sichere Weg ist die Begründung des Widerrufs (auch) mit einem wichtigen Grund, worauf in der außergerichtlichen Beratung hingewiesen werden sollte.

     

    Für die Möglichkeit eines Widerrufs aus wichtigem Grund spricht, dass der Vermieter das Mietverhältnis insgesamt nach § 543 BGB aus wichtigem Grund kündigen und dem Mieter dadurch den Gebrauch der Mietsache voll entziehen kann; es muss ihm daher bei Vorliegen eines wichtigen Grundes erst recht möglich sein, den Gebrauch der Mietsache durch den Widerruf der Erlaubnis zur Untervermietung nur teilweise zu entziehen (BGH 11.1.84, VIII ZR 237/82; LG München I 27.1.16, 14 S 11701/15). § 573b BGB wird nicht berührt (LG Berlin 22.3.17, 65 S 285/16). Der (im Widerrufsschreiben angegebene) wichtige Grund muss den Widerruf tragen. Dabei kann auf die Wertungen von § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 569 BGB zurückgegriffen werden, wobei Anknüpfungspunkt der Zumutbarkeitsprüfung nur die erweiterte Nutzungsmöglichkeit ist (LG München, a. a. O.; LG Berlin, a. a. O.). Es kommt auf den Umfang der Erlaubnis und darauf an, ob das Nutzungsverhalten des Mieters von der Erlaubnis noch gedeckt ist (BGH, a. a. O.). Die BGH-Entscheidung vom 3.8.21 deutet darauf hin, dass der Wegfall oder das Fehlen eines konkreten Rückkehrwillens zum einseitigen Widerruf der Erlaubnis berechtigen kann. Festgelegt hat der BGH sich jedoch (noch) nicht.

     

    Der BGH lässt (erneut) offen, ob es einem untervermietenden Mieter nach Erhalt des Widerrufs einer Untervermietungserlaubnis unzumutbar wird, das Mietverhältnis mit dem Untermieter fortzusetzen. Zwar könne dem Mieter, der das Untermietverhältnis trotz Widerrufs der Erlaubnis fortsetze, im Hauptmietverhältnis zum Vermieter möglicherweise berechtigt eine schuldhafte Pflichtverletzung aus dem Hauptmietvertrag vorgeworfen werden, mit der Folge einer (erfolgreichen) Kündigung des Hauptmietverhältnisses. Dieser Umstand, der allein das Rechtsverhältnis zur Hauptvermieterin betrifft, berechtigt den Kläger ‒ unter den Gegebenheiten des Streitfalls ‒ jedoch nicht, das Untermietverhältnis mit dem Beklagten nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB zu kündigen.

     

    Was der Hauptmieter tun kann

    In einem Räumungsrechtsstreit gegen den Hauptmieter (BGH 4.12.13, VIII ZR 5/13) hat der BGH die Frage, ob dieser nach dem Widerruf der Untervermietungserlaubnis verpflichtet ist, das Untermietverhältnis zu beenden, unbeantwortet gelassen. Denn der Mieter hatte im Streitfall die erforderlichen Schritte unternommen: Kündigung des Untermietverhältnisses und ein Räumungsprozess gegen die Untermieter, der mit einem Räumungsvergleich beendet wurde. Der Mieter hatte also keine Pflichten aus dem Hauptmietverhältnis verletzt; die Kündigung des Hauptmietverhältnisses war deshalb unwirksam.

     

    MERKE | Sonderregelungen für die ordentliche Kündigung eines Untermietverhältnisses sieht das BGB nicht vor. Folgerichtig gelten bei der Untermiete die Regeln, die auch im Verhältnis des Mieters zu seinem Vermieter zur Anwendung kommen. Liegt ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 BGB nicht vor, kann zwar ein Rückgriff auf den als Generalklausel ausgestalteten Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 1 S. 1 BGB in Betracht kommen. Ein berechtigtes Interesse i. S. d. Vorschrift kann ‒ nach der 2017 präzisierten Rechtsprechung des BGH ‒ aber nur angenommen werden, wenn das geltend gemachte Interesse ebenso schwer wiegt, wie die Kündigungsgründe, die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft aufgeführt sind (BGH 29.3.17, VIII ZR 45/16; 10.5.17, VIII ZR 292/15; 16.12.20, VIII ZR 70/19).

     

    Im Streitfall hätten die Kläger eine Kündigung mit Erfolg allenfalls auf Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) stützen können. Ein konkreter Wille der Kläger dahin gehend sei jedoch nicht feststellbar gewesen. Da es an einem konkreten Rückkehrwillen fehlte, könne die Gefahr einer Kündigung des Hauptmietverhältnisses nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein berechtigtes Interesse der Kläger an der Kündigung des Untermietverhältnisses nicht begründen. Dem allgemeinen Interesse der Kläger an einem (vorsorglichen) Erhalt der seit Jahrzehnten nicht genutzten Wohnung für einen in Zukunft etwaig entstehenden Nutzungsbedarf kommt das nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB erforderliche Gewicht nicht zu.

    Relevanz für die Praxis

    Die Kündigung des Untermietverhältnisses durch den Mieter ist auch dann kein „Selbstläufer“, wenn die Erlaubnis zur Untervermietung wirksam widerrufen wurde und ihm selbst ‒ bei Fortdauer der Untervermietung ‒ eine Kündigung des Hauptmietverhältnisses droht. Die fehlende „Sympathie“ des BGH für den vorsorglichen Erhalt einer Wohnung, die der Mieter als solche seit Langem nicht nutzt (sondern allenfalls als „Einnahmequelle“), kann sich auf die Konkretisierung des „berechtigten Interesses“ auswirken, das Voraussetzung für die Erteilung einer Untervermietungserlaubnis nach § 553 Abs. 1 BGB ist, bei einem Wegfall wohl aber auch deren Widerruf rechtfertigen kann.

     

    Im Verhältnis des Mieters/Untervermieters zum Untermieter gilt zwar das soziale Wohnraummietrecht ebenso wie im Verhältnis des Mieters zum Hauptvermieter. Der Untermieter, der bereits über Jahrzehnte die Wohnung bewohnt, in dieser seinen Lebensmittelpunkt begründet hat, genießt im Ergebnis dennoch einen geringeren Schutz als der Hauptmieter, denn er ist vom Bestand des Hauptmietverhältnisses ‒ und damit vom Hauptmieter ‒ abhängig. Ist das Hauptmietverhältnis beendet, kann der Hauptvermieter ohne Weiteres die Räumung (auch) von ihm verlangen, § 546 Abs. 2 BGB.

     

    PRAXISTIPP | Der Mieter hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur ‒ zeitlich und/oder räumlich ‒ unbeschränkten Untervermietung. Sie sollte im Interesse klarer Nutzungsverhältnisse auch nicht erteilt werden.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2022 | Seite 85 | ID 48140451