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  • · Fachbeitrag · Urkundenprozess

    Unstreitige Mängel - streitige Verursachung: Vermieter in der Beweispflicht

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Kann der Vermieter mit den Beweismitteln des Urkundenprozesses die streitige Verursachung des Mangels nicht beweisen, ist die Klage auf Zahlung rückständiger Miete als im Urkundenprozess unstatthaft abzuweisen (BGH 16.10.13, XII ZR 64/12, Abruf-Nr. 140451).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte hat von der Klägerin Räume „zur Nutzung als Gaststätte gemietet. Er hat die Miete gemindert und hierzu eine große Zahl von Mängeln behauptet, die die Klägerin nur zum Teil bestritten hat. Wegen eines nicht unerheblichen Teils der Mängel („schwerwiegende Feuchtigkeitsschäden“) trägt die Klägerin lediglich vor, diese führten deshalb nicht zu einer Mietminderung, weil der Beklagte die Mängel selbst herbeigeführt bzw. verursacht habe. Das KG weist die Klage auf Zahlung rückständiger Miete als im Urkundenprozess unstatthaft ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Nichtvorhandensein nachträglich entstandener Mängel der Mietsache gehört grundsätzlich nicht zu den zur Begründung des Anspruchs auf Mietzahlung erforderlichen Tatsachen (BGH MK 05, 152, Abruf-Nr. 052183). Der Mieter kann zwar auch im Fall einer unstreitig mangelfrei übergebenen Mietsache schon im Urkundenprozess mit nachträglich entstandenen unstreitigen oder urkundlich belegten Mängeln Gehör finden (BGH NZM 99, 401). Es erscheint allerdings zweifelhaft, ob dies zu der vom KG gezogenen Schlussfolgerung nötigt, dass der Urkundenprozess dadurch in jedem Fall unstatthaft wird, zumal das Gericht gegebenenfalls schon mit den im Urkundenprozess zu Gebote stehenden Mitteln - zu denen auch die Schätzung nach § 287 ZPO gehört - in der Lage sein wird, das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung durch den unstreitigen bzw. urkundlich belegten Mangel zu bestimmen. Vorliegend kommt es hierauf aber nicht entscheidungserheblich an. Grund: Angesichts der im Wesentlichen unstreitigen schwerwiegenden Feuchtigkeitsschäden ist die Tauglichkeit des Mietobjekts zur vertraglich vereinbarten „Nutzung als Gaststättenbetrieb“ erkennbar vollständig aufgehoben. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klägerin die streitige Verursachung des Mangels durch den Beklagten beweisen muss und dies mit den Beweismitteln des Urkundenprozesses nicht kann.

     

    Praxishinweis

    Voraussetzung für die Statthaftigkeit des Urkundenprozesses nach § 592 S. 1 ZPO ist, dass sämtliche zur Begründung des Anspruchs erforderlichen Tatsachen - sofern sie nicht unstreitig, zugestanden oder offenkundig sind - durch Urkunden bewiesen werden können. Das gilt auch für den Anspruch des Vermieters auf Mietzahlung gemäß § 535 Abs. 2 BGB, demgegenüber sich der Mieter auf Mängel der Mietsache beruft. Die rechtliche Behandlung von anfänglichen (BGH MK 13, 167 Abruf-Nr. 132428; MK 11, 60 Abruf-Nr. 110949; MK 09, 181, Abruf-Nr. 092973) und nachträglichen (BGH MK 07, 41 Abruf-Nr. 070387) Mängeln der Mietsache im Urkundenprozess ist durch die Rechtsprechung des VIII. und XII. Zivilsenats hinlänglich geklärt.

     

    Sind erhebliche Mängel der Mietsache - wie hier - zwischen den Parteien unstreitig bzw. vom Vermieter nicht substanziiert bestritten, sind sie nicht beweisbedürftig. Das heißt: Es steht fest, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert ist. Das KG leitet hieraus ab, dass die Miete dann in der Regel nicht mehr im Urkundenprozess eingeklagt werden kann. Grund: Die Höhe der nur noch geschuldeten geminderten Miete ergibt sich nicht mehr aus dem Mietvertrag. Der BGH zieht diese Schlussfolgerung zu Recht in Zweifel. Grund: Das Gericht kann die Höhe der Minderung auch im Urkundenprozess nach § 287 ZPO schätzen und sollte hiervon - gegebenenfalls nach einem Hinweis des Anwalts - auch Gebrauch machen.

     

    Im Streitfall kommt es hierauf nicht an. Grund: Die Vermieterin macht geltend, der Mieter habe die Mängel selbst herbeigeführt bzw. verursacht. Trifft dies zu, ist die Minderung hier trotz erkennbarer vollständiger Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit ausgeschlossen (BGH MK 05, 21 Abruf-Nr. 043157). Darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Voraussetzungen des Minderungsausschluss ist der Vermieter. Folge: Kann er den Beweis - wie hier - nicht führen, muss die Klage als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen werden.

     

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 48 | ID 42514358