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  • 08.04.2021 · IWW-Abrufnummer 221630

    Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 05.03.2021 – 2-08 O 175/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Frankfurt am Main

    2-08 O 175/20

    Verkündet am: 05.03.2021

    Im Namen des Volkes

    Vorbehaltsurteil

    In dem Rechtsstreit
    - Klägerin -

    Proz.Bev.:

    gegen

    - Beklagte -

    Proz.Bev.:

    hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2021 für Recht erkannt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 154.700,00 nebst Zinsen daraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.04.2020 zu zahlen.

    Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Klägerin von den Kosten des anwaltlichen Mahnschreibens vom 12.05.2020 in Höhe von € 2.743,43 durch Zahlung freizustellen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

    T a t b e s t a n d:

    Die Klägerin erhebt im Urkundenprozess gegen die beklagte Mieterin einen Mietzinsanspruch für den Monat April 2020, in dem der Ladenbetrieb in den Mieträumlichkeiten zur Eindämmung einer Pandemielage aufgrund einer Verordnung zeitweise völlig untersagt und zeitweise nur eingeschränkt zulässig war.

    Die Klägerin vermietete der Beklagten unter dem 21./23.12.2015 Gewerberäume auf einer zentralen Einkaufsstraße in Frankfurt am Main. In dem Gewerberaummietvertrag (Anlage K 1), auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, ist unter § 3, Ziffer 3.1 der Vertragszweck als „Betrieb eines … üblichen Bekleidungsgeschäfts mit Kosmetik und Randsortimenten“ bezeichnet. Die Mietfläche ist mit 2.838 qm (§ 2, Ziffer 2.3) und die monatlich zu entrichtende Nettokaltmiete ab dem 01.01.2018 mit € 130.000,00 (§ 6, Ziffer 6.2) angegeben. Die Beklagte betrieb in der Folgezeit in den von ihr angemieteten Räumlichkeiten ein Ladengeschäft und zahlte bis einschließlich März 2020 durchgehend den im Mietvertrag vorgesehenen Mietzins.

    Die hessische Landesregierung erließ am 17.03.2020 auf der Grundlage des § 32 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 8 Abs. 1 des Hessischen LadenöffnungsG die 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus, in der unter anderem vorgesehen ist, dass Verkaufsstellen des Einzelhandels zu schließen sind (§ 1 Abs. 1 Ziffer 9 der 4. CoronaVO).

    Diese Verordnung trat zum 18.03.2020 in Kraft und wurde mit der 6. Verordnung zur Anpassung der Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 16.04.2020 dahingehend abgeändert, dass nach § 1 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 ab dem 20.04.2020 die genannte Beschränkung für Verkaufsstellen des Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche von bis 800 qm nicht mehr gehalten wird, wobei sicherzustellen war, dass nur eine Person auf einer Grundfläche von 20 qm maximal anwesend ist und ein Abstand zwischen den Personen von eineinhalb Metern eingehalten wird. Mit der 7. Verordnung zur Anpassung der Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 21.04.2020 wurde zudem das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für die Dauer des Aufenthaltes angeordnet.   

    Ab dem 18.03.2020 fand in den angemieteten Räumlichkeiten der Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts mit Publikumsverkehr nicht statt. Am 21.04.2020 eröffnete die Beklagte das Geschäft mit einer Teilfläche von 700 qm. Sie erstellte ein Hygienekonzept zur Umsetzung der Vorgaben der 6. CoronaVO. Hiernach war ein gleichzeitiger Aufenthalt von maximal 35 Kunden in dem Ladengeschäft möglich. Die vollständige Eröffnung des Ladengeschäftes erfolgte zum 14.05.2020.

    Die Beklagte leistete für den Monat April 2020 keine Mietzinszahlung. Nachdem die Klägerin die Beklagte per E-Mail unter Fristsetzung zum 11.05.2020 zur Zahlung aufgefordert hatte und keine Zahlung erfolgte, forderte ein von der Klägerin beauftragter Rechtsanwalt mit Anwaltsschreiben vom 11.05.2020 die Beklagte unter Fristsetzung zum 15.05.2020 zur Zahlung der Aprilmiete auf.  

    Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagten stehe weder ein Minderungsrecht, noch ein Anrecht auf eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB zu, wobei diese Aspekte ohnehin erst in einem Nachverfahren nach Erlass eines Vorbehaltsurteils relevant wären.

    Die Klägerin beantragt

    die Beklagte zur verurteilen, an die Klägerin € 154.700,00 zzgl. Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.04., hilfsweise seit dem  06.04.2020 zu zahlen und die Klägerin von den Kosten der anwaltlichen Mahnschreiben vom 12.05. 2020 in Höhe von € 2.743,43 durch Zahlung freizustellen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage als in der gewählten Prozessart unzulässig und hilfsweise als unbegründet abzuweisen.

    Die Beklagte wendet sich gegen die Zulässigkeit des Urkundenverfahrens.

    Die Beklagte ist der Ansicht, der Mietzinsanspruch bestehe wegen Unmöglichkeit der vertragsgerechten Gebrauchsüberlassung nicht. Zudem sei der Mietzins auf 0% zu mindern.

    Gegebenenfalls sei eine Vertragsanpassung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vorzunehmen. Soweit ab dem 19.04.2020 eine teilweise Nutzung der Mieträumlichkeiten wieder stattgefunden habe, erkläre sie hilfsweise die Aufrechnung mit anteiligen Rückzahlungsansprüchen betreffend die Märzmiete.

    Die Beklagte behauptet, ein Online-Handel habe in den Mieträumen nicht stattgefunden. Die Mietfläche sei für derlei Handel weder geeignet noch ausgestattet. Es fehle an der hierfür erforderlichen logistischen Infrastruktur.

    Ergänzend wird auf das gesamte Sachvorbringen der Parteien, insbesondere auf den Inhalt der wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage ist begründet.

    Insbesondere kann der hier gegenständliche Anspruch im Urkundenverfahren nach § 592 ZPO verfolgt werden.

    Ohne Zweifel handelt es sich bei dem Mietzinsanspruch um einen auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichteten Anspruch, und die einzige Voraussetzung für dessen Bestehen, nämlich der Abschluss eines Mietvertrages, in dem der Mietzins festgelegt ist, kann durch eine vorzulegende Urkunde bewiesen werden. Die tatsächliche Grundlage der Gegenrechte, auf welche sich ein Mieter als Rechtsverteidigung gegen einen Mietzinsanspruch berufen kann, namentlich die Geltendmachung einer Minderung oder eines Sachverhaltes, der eine Vertragsanpassung rechtfertigt, umfasst nicht das zur Anspruchsbegründung anzuführende Vorbringen. Namentlich ist die Mangelfreiheit der Mietsache keine vom Vermieter für die Schlüssigkeit seiner Mietzinsforderung zu tätigende Darlegung (vgl. BGH, Urteile vom 16.10.2013, Az.: XII ZR 64/12 und vom 01.06.2005, Az.: VIII ZR 216/04, Rn. 11, zitiert nach juris).

    Demzufolge geht auch der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine Mietzinsforderung zulässig im Urkundenverfahren eingeklagt werden kann, mithin der Urkundenprozess statthaft ist (vgl. BGH, Urteile vom 12.06.2013, Az.: XII ZR 50/12; vom 08.07.2009, Az.: VIII ZR 200/08; vom 20.12.2006, Az.: VIII ZR 112/06; vom 01.06.2005, Az.: VIII ZR 216/04 sowie ausdrücklich zum gewerblichen Mietrecht: BGH, Beschluss vom 10.03.1999, Az.: XII ZR 321/97, zum gewerblichen Mietrecht vgl. auch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.2011, Az.: 24 U 2/11; OLG Celle, Urteil vom 04.10.2000, Az.: 2 U 287/99 sowie OLG Oldenburg, Urteil vom 10.02.1999, Az.: 3 U 121/98, jeweils zitiert nach juris).

    Die Konstellation, bei der eine Ausnahme davon angenommen wird, nämlich zum einen die Geltendmachung eines anfänglichen Mangels durch den Mieter und zum anderen die streitige Gebrauchsüberlassung (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.04.2004, Az.: 24 U 227/03, zitiert nach juris), ist hier nicht gegeben. Die Klägerin hat letztlich im Termin auch den Mietvertrag im Original vorgelegt.

    Der Klägerin steht auf der im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigenden Tatsachengrundlage für den hier gegenständlichen Zeitraum gegen die Beklagte aus § 535 BGB ein Anspruch auf Zahlung von insgesamt € 154.700,00 zu. Es ist unstreitig, dass zwischen den Parteien ein Mietverhältnis besteht und die Beklagte für den besagten Zeitraum keine Mietzahlungen geleistet hat.

    Soweit die Beklagte sich auf eine Mietminderung wegen der infolge des ersten sogenannten Lock-downs aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie erfolgten vorübergehenden Betriebsstillegung beruft, greift dies nicht durch. Allerdings greift das Argument der Klägerin, die Mietminderung sei in einem Urkundenverfahren nicht zu prüfen, sondern deren Prüfung sei vollständig dem Nachverfahren vorbehalten, insoweit zu kurz, als das Gericht jedenfalls dann, wenn der zur Minderung berechtigende Umstand zwischen den Parteien vollständig unstreitig ist, auch eine Prüfung der Minderung, vornehmen kann. Denn die Minderung greift ex lege ein, und die Vermieterin, die den Sachverhalt, aus dem die Mieterseite die Minderung ableitet, unstreitig werden lässt, macht insoweit ihre Klage selbst ganz oder teilweise unschlüssig. Vorliegend ist der Umstand, dass die hessische Landesregierung mit Wirkung zum 18.03.2020 die 4. Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus erließ, auf deren Grundlage die Verkaufsstellen des Einzelhandels zu schließen waren (§ 1 Abs. 1 Ziffer 9 der 4. CoronaVO) und mit der nachfolgenden 6. Verordnung zur Anpassung der vorangegangenen Verordnung beginnend zum 20.04.2020 wieder ein eingeschränkter Verkaufsbetrieb möglich wurde, unstreitig und ohnehin gerichtsbekannt, da offenkundig.

    Aus diesem Umstand kann indes kein Minderungsrecht abgeleitet werden. Denn es fehlt an einem Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ein derartiger Mangel ist in einer für den Mieter nachteiligen Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Mietsache als Mangel in Betracht kommen können. Dabei können öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Mietobjekts entgegenstehen, einen Sachmangel begründen, allerdings nur dann, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit oder Lage der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (ständige Rechtsprechung vgl. BGH, Urteile vom 02.11.2016, Az.: XII ZR  153/15; vom 20.11.2013, Az.: XII ZR 77/12; vom 13.07.2011, Az.: XII ZR 189/09; vom 16.02.2000, Az.: XII ZR 279/97; vom 02.03.1994, Az.: XII ZR 175/92; vom 22.06.1988, Az.: VIII ZR 232/87 und vom 28.11.1979, Az.: VIII ZR 302/78, jeweils zitiert nach juris).

    Vorliegend ist es nicht so, dass die Räumlichkeiten aufgrund eines an baulichen oder örtlichen Gegebenheiten anknüpfenden Regelungsgehaltes in ihrer Nutzbarkeit beschränkt sind, sondern die Nutzungsbeschränkung resultiert ausschließlich auf dem zu erwartenden Kundenverhalten. Würde den Kunden der Zutritt behördlich versagt, weil von den angemieteten Räumlichkeiten eine Gefährdung der Kunden ausgeht ‒ z.B. eine Verletzung von Sicherheitsvorschriften baulicher Art oder eine von den verwendeten Baustoffen ausgehende Gesundheitsgefährdung ‒ so wäre eine Mangelhaftigkeit zu bejahen. Vorliegend erging die Anordnung jedoch nicht objektsbezogen, sondern abstrakt und alleine mit dem Ziel einer gesamtgesellschaftlichen Kontaktminimierung. Dieser Zweck der Maßnahme hat mit den baulichen Gegebenheiten oder der Lage des Mietobjekts nichts zu tun.  

    Auch kann man aus der Schließungsanordnung keine Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB mit der Folge eines Wegfalls des Mietzinsanspruches nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB ableiten. Auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte die Mietsache während des Lockdowns nicht als Verkaufsraum nutzen konnte, hätte sich damit lediglich das Verwendungsrisiko verwirklicht. Dieses ist aber von der Mieterseite zu tragen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BGH, Urteil vom 23.10.2019, Az.: XII ZR 125/18, Rn. 32, zitiert nach juris).

    Die Klägerin hat der Beklagten die Mietsache ihrer Hauptleistungspflicht entsprechend, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt, und es ist nicht durch das Mietobjekt selbst begründet, dass seine Nutzung im maßgeblichen Zeitraum für die Beklagte nicht in der von ihr beabsichtigten Weise möglich war.

    Insoweit verbliebe alleine die Frage, ob/inwieweit die Schließungsanordnung eine Störung oder einen Wegfall der Geschäftsgrundlage darstellen kann und die Beklagte demgemäß dem klägerischen Begehr einen Anspruch auf Vertragsanpassung entgegenhalten kann. Grundsätzlich können die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eingreifen, wenn ‒ wie hier - der Anwendungsbereich der Gewährleistungsvorschriften nicht betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2000, Az.: XII ZR 279/97, Rn. 41, zitiert nach juris). Der zur Prüfung dieses rechtlichen Aspektes zugrunde zu legende Sachverhalt ist indes nicht unstreitig, so dass die diesbezügliche Prüfung und Erörterung einem etwaigen Nachverfahren vorbehalten bleiben muss. Auch die 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat, ausgehend von der Vorgabe, dass eine Vertragsanpassung voraussetzt, dass dies zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden und damit der betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht zuzumutenden Ergebnisses unabweislich erscheint, die Bejahung des Anpassungsanspruchs letztlich auf der Vortragsebene scheitern lassen. Rechtliche Einwände, deren Bewertung der Auswertung (streitigen) Vortrags bedürfen, sind immer erst im Nachverfahren zu prüfen, was auch für den Fall der Geltendmachung weiterer Mängel oder Unmöglichkeitsgründe gelten würde.

    Das angerufene Gericht hat diese Rechte der Mieterin nur verneint, soweit diese aus der (unstreitigen) Schließungsanordnung abgeleitet wurden. Gäbe es aber andere Sachverhalte, aus denen eine Minderung/Unmöglichkeit abzuleiten sein könnte ‒ was vorliegend zwar nicht zu vermuten steht, aber theoretisch denkbar ist ‒ wäre die Beklagte mit der Erhebung dieser Einwände im Nachverfahren aufgrund der hier ergehenden Entscheidung nicht ausgeschlossen.

    Der Zinsanspruch resultiert aus den §§ 286, 288 BGB. Da es sich bei beiden Parteien um Kapitalgesellschaften handelt und ein Mietzins ein Entgelt darstellt, war § 288 Abs. 2 BGB anzuwenden.

    Der Anspruch betreffend die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass bei gesetzlichen wie bei vertraglichen Schuldverhältnissen zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen eines Geschädigten auch durch das Schadensereignis erforderlich gewordene Rechtsverfolgungskosten gehören können (vgl. BGH, Urteil vom 25.02.2016, Az.: X ZR 36/15, Rn. 21, zitiert nach juris). Anspruchsvoraussetzung des materiell-rechtlichen Kostenersatzbegehrens ist das Bestehen einer sachlich-rechtlichen Anspruchsgrundlage, nämlich dass der Schuldner wegen einer Vertragsverletzung, Verzugs oder sonstigen Rechtsverletzung für den adäquat verursachten Schaden einzustehen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 15.05.2007, Az.: VI ZB 18/16, Rn. 6, zitiert nach juris).

    Rechtsverfolgungskosten können im erforderlichen und zweckmäßigen Umfang zu dem wegen der oben genannten Anspruchsgründe erstattungsfähigen Schaden gehören (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2010, Az.: VIII ZR 271/09, Rn. 8 f., zitiert nach juris). Ein Schädiger hat nur solche Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten zu ersetzen, die auf Maßnahmen beruhen, die aus der ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person in der Situation des Geschädigten nach den Umständen des Falles zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig gewesen sind (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2015, Az.: IV ZR 169/14, Rn. 12, zitiert nach juris). Immer müssen die Kosten durch den Verzug oder die Vertrags- oder Rechtsverletzung verursacht worden sein, was nicht der Fall ist, wenn die Mandatierung vor dem Verzugseintritt erfolgte bzw. der mandatierte Rechtsanwalt erst den Verzugseintritt herbeiführt. Dies ist hier nicht der Fall, da Verzug bereits nach Ablauf des mietvertraglich vorgesehenen Zahlungstermins, d.h. mit Ablauf des 03.04.2020 (siehe § 6, Ziffer 6.3 des Mietvertrages) eintrat.

    Die Voraussetzung, dass ein Geschädigter nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen kann, die zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren, ist zu verneinen bei einer geschäftserfahrenen Partei in einem einfach gelagerten Standartfall (vgl. BGH, Urteil vom 06.10.2010, Az.: VIII ZR 271/09, Rn. 9, zitiert nach juris). Die Voraussetzung kann zweifelhaft sein, wenn die Mandatierung sehr zeitnah nach dem Verzugseintritt erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2015, Az.: IV ZR 169/14, zitiert nach juris).

    Zwar handelt es sich bei der Klägerin um eine geschäftserfahrene Rechtsperson, jedoch handelt es sich bei der vorliegenden Rechtsverfolgung nicht um einen Standartfall. Würde ein rückständiger Mietzins bei einem Mieter, der sich als unzuverlässig erweist, eingetrieben, könnte man einen Standartfall annehmen. Vorliegend war aber von Anfang an evident, weswegen die Nichtzahlung des Mietzinses erfolgt, so dass auch klar war, dass mit der Anspruchsverfolgung rechtliches Neuland zu betreten sein wird.

    Erstattungsfähig sind dabei grundsätzlich die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe einer 1,3 fachen Gebühr nach RVG (nebst Auslagen und Mehrwertsteuer) aus dem Streitwert der Hauptsache, soweit eine Verurteilung erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2015, Az.: IV ZR 277/14, Rn. 25, zitiert nach juris).  Das diese Kosten auslösende Schreiben vom 12.05.2020 hat die Klägerin in Kopie als Anlage K 3 vorgelegt. Diese Kopie kann wie eine Urkunde verwertet werden, weil die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat, dass es zu der Kopie ein Original als Kopiervorlage gibt und es sich bei dieser Kopiervorlage wiederum um eine echte Urkunde handelt.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

    Der Vollstreckbarkeitsausspruch findet seine Grundlage in § 708 Nr. 3 ZPO.

    RechtsgebietGewerberaummieteVorschriften§ 313 BGB