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  • 06.02.2020 · IWW-Abrufnummer 213997

    Landgericht Heidelberg: Urteil vom 02.08.2019 – 5 T 39/19

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Aktenzeichen: 5 T 39/19
    1 M 9/19 AG Heidelberg

    Landgericht Heidelberg

    Beschluss

    In Sachen

    1)    E. K.,
    - Gläubigerin und Beschwerdeführerin -

    2)    L. G.,
    - Gläubigerin, im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt -

    Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:

    gegen

    L. W.,
    - Schuldnerin und Beschwerdegegnerin -

    Prozessbevollmächtigte:

    wegen Erinnerung gem. § 766 ZPO
    hier: Beschwerde

    hat das Landgericht Heidelberg - 5. Zivilkammer - durch die Richterin am Landgericht xxx als Einzelrichterin am 02.08.2019 beschlossen:

    1. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerinnen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 06.04.2019 wird zurückgewiesen.
    2. Die Gläubigerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
    Gründe:

    I.
    Die Parteien schlossen am 30.08.2018 vor dem Landgericht Heidelberg unter dem Az. 5 S 21/18 einen Räumungsvergleich, dessen hier interessierende Regelungen wie folgt lauten:

    „§ 1

    Die Parteien sind sich einig, dass das zwischen ihnen bestehende Mietverhältnis über die Wohnung im 1. OG im Anwesen A.R., bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einer Diele, einem Bad sowie einem dazugehörigen Kellerraum, zum 31.12.2018 endet.

    § 2

    Die Beklagte verpflichtet sich, die streitgegenständlichen Räumlichkeiten (gemäß § 1) bis spätestens 31.12.2018 zu räumen und (besenrein) an die Klägerinnen herauszugeben.“

    In dem Anwesen A.R. gibt es im 1. Obergeschoss zwei Wohnungen, eine 1-Zimmer-Wohnung und eine 3-Zimmer-Wohnung.

    Am 01.02.2019 erteilten die Gläubigerinnen dem Gerichtsvollzieher den Auftrag zur Räumungsvollstreckung. Dieser lehnte den Antrag ab, weil die zu räumende Wohnung in dem Vergleich nicht bestimmt genug bezeichnet sei.  Mit Erinnerung vom 20.02.2019 machten die Gläubigerinnen geltend, dass zusammen mit der Angabe des Namensschildes sowie der Aufteilung der Wohnung in Zimmer und Nebenräume eine Identifizierung problemlos möglich sei. Der Gerichtsvollzieher als Vollstreckungsorgan habe den Titel auszulegen und sich dabei öffentlich zugänglicher Quellen zu bedienen. Er könne und müsse Einsicht ins Grundbuch und den Aufteilungsplan nehmen. Die andere Wohnung im 1. OG sei ausweislich des Mietvertrags an eine andere Person vermietet. Der Gerichtsvollzieher half der Erinnerung nicht ab.

    Mit Beschluss vom 06.04.2019 wies das Amtsgericht die Erinnerung zurück. Zur Begründung führte es aus, Mietverträge einer anderen Partei über die andere Wohnung im ersten Obergeschoss, die als „rechts“ bezeichnet sei, seien keine öffentlich zugängliche Quelle, aus der sich ergebe, dass es sich bei der links gelegenen Wohnung um die zu räumende handle. Das Grundbuch sei ebenfalls nicht aussagekräftig, weil es lediglich die Eigentümerstellung der Gläubigerinnen nachweise. Eine Teilungserklärung sei nicht angehängt. Der von den Gläubigerinnen vorgelegte Bauplan sei ein privates Dokument, das nicht erkennen lasse, ob die Wohnungen tatsächlich wie dort angegeben errichtet worden seien.

    Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 16.04.2019 zugestellt worden ist, haben die Gläubigerinnen am 29.04.2019 sofortige Beschwerde unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen eingelegt.

    Ergänzend führen sie aus, die dargelegten Informationen seien für jeden aus öffentlichen Dokumenten, nämlich den Bauakten der Stadt H. zu entnehmen. Im Übrigen sei das Klingelschild mit Namensangabe beschriftet.

    Die Schuldnerin bezweifelt, dass angesichts des Alters des Wohnhauses überhaupt noch Akten beim Bauamt aufbewahrt seien. Jedenfalls sei es nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers, dort Nachforschungen anzustellen.

    Mit Beschluss vom 08.05.2019 half das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde aus den im angefochtenen Beschluss genannten Gründen nicht ab.

    II.

    Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

    Der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich bezeichnet die zu räumende Wohnung nicht ausreichend bestimmt und auch durch Auslegung des Vergleichs ist keine ausreichende Bestimmtheit zu erreichen. Der Vergleich bezeichnet die Lage der zu räumenden Wohnung allein nach dem Stockwerk, in dem sie liegt. Nachdem es in dem Stockwerk unstreitig zwei Wohnungen gibt, ist der Inhalt des Vergleichs insoweit nicht zweifelsfrei. Die Bestimmtheit des Vergleichs kann auch nicht durch Auslegung hergestellt werden. Denn Grundlage der Auslegung eines Vergleichs ist allein der protokollierte Inhalt des Vergleichs (BGH, Urteil vom 31.03.1993 - XII ZR 234/91 - NJW 1993, 1995), nicht auch der Inhalt der Akten oder zuvor gestellter Anträge (Geimer in Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 794 Rn. 14a). Soweit darüber hinaus öffentliche Urkunden heranzuziehen sind, liegen keine öffentlichen Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, wo die Wohnung der Schuldnerin genau belegen ist. Im Grundbuch sind die Gläubigerinnen zwar als Eigentümerinnen der streitgegenständlichen Wohnung eingetragen, die Lage der Wohnung ist aber nicht genauer definiert, insbesondere ist dem Grundbuch keine Teilungserklärung angehängt, aus der sich möglicherweise, aber auch nicht zwingend, die Lage der von der Schuldnerin bewohnten Wohnung eindeutig bestimmen ließe. Dass sich aus den Bauakten derartige Erkenntnisse ergeben, ist von der Schuldnerin bestritten worden, so dass davon mangels Vorlage der entsprechenden Stellen der Bauakten nicht ausgegangen werden kann. Auch aus dem Balkon können keine Schlüsse darauf gezogen werden, dass es sich bei der Wohnung mit Balkon um die schuldnerische handeln muss, denn ein Balkon ist im Vergleichstext nicht genannt. Schließlich genügt auch das Vorhandensein eines mit dem Namen der Schuldnerin beschrifteten Klingelschilds nicht, um die Wohnung der Schuldnerin ausreichend bestimmbar zu machen. Denn der Name am Klingelschild kann beliebig verändert, beseitigt oder an anderer Stelle angebracht werden, so dass dies zur Bestimmbarkeit einer zu räumenden Wohnung nicht ausreicht.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

    RechtsgebietRäumungsvergleichVorschriften§ 794 ZPO