13.10.2025 · IWW-Abrufnummer 250645
Amtsgericht Hamburg: Urteil vom 11.06.2025 – 9 C 448/24
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
1.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 8 ("Beauftragung der Ausbesserungsarbeiten (linke Säule und Entfernung des Schimmelbefalls in der Garage von Whg3) gemäß Angebot Nr. 0048/24 vom 25.10.2024 in Höhe von 653,07 €") wird für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 38.562,37 € festgesetzt:
TOP 8: 653,07 €
TOP 9: kein Streitwert, da kein eigenständiger Regelungsgehalt und in TOP 11 enthalten
TOP 10: bis 5.000,00 €
TOP 11: 32.909,30 €
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von vier auf einer Versammlung von Wohnungseigentümern gefassten Beschlüssen.
Die Klägerin ist Eigentümerin von Wohneigentum Nr. W3, gelegen im II. Obergeschoss und Dachgeschoss (DG) nebst Abstellraum und Garage W3, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an dem im Aufteilungsplan mit W3 bezeichneten Balkon und der Dachterrasse und als solche an der Beklagten beteiligt; ihr Mieteigentumsanteil beträgt 36.477/100.000-stel. Insgesamt ist das Grundstück in drei mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile aufgeteilt (W1: Keller- und Erdgeschoss - 39.201/100.000-stel / W2: I. OG 24.352/100.000-stel).
Beschlüsse können nach den Bestimmungen der Teilungserklärung vom 26.10.1984 (Anlage K2) nur einstimmig gefasst werden.
Auf ihrer Versammlung am 26.11.2024 fasste die Beklagte mehrheitlich die folgenden streitgegenständlichen Beschlüsse:
"TOP 8: Beauftragung der Ausbesserungsarbeiten (linke Säule und Entfernung des Schimmelbefalls in der Garage von Whg. 3) gemäß Angebot Nr. 0048/24 vom 25.10.2024 in Höhe von 653,07 €.
(Entfällt bei positiven Umlaufbeschluss)
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, dass die Ausbesserungsarbeiten durch die Firma P. ausgeführt werden sollen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen.
TOP 9: Beauftragung der Sanierung des Gesimses auf der Seite des Hauseingangs gemäß Position 4 des Angebots 00452/24 in Höhe von 4.522 € brutto. (Entfällt bei positiven Umlaufbeschluss)
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, dass Teilangebot der Firma P. ausführen zu lassen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen.
TOP 10: Beauftragung eines Sanierungsgutachten - Antrag Frau W. -
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, die Beauftragung eines Sanierungsgutachten durch einen Sachverständigen / Architektenbüro.
Dafür: 1 WE (Whg. 3)
Enthaltung: keine
Dagegen: 2 WE (Whg. 1 und Whg.2)
TOP ist abgelehnt.
TOP 11: Beauftragung der Sanierung der südlichen Fassade gemäß Angebot der Firmen O., P. oder H. Details siehe Angebote.
Herr R. hat zusammen mit den Malerfirmen O., P. und H. die Fassaden in der besichtigt. Die Firmen O. und P. haben jeweils ein Angebot für die Sanierung der südlichen Fassade abgeben. Die Angebote wurden allen Eigentümern vorgelegt. Zusätzlich sind in den Angeboten auch eine Sanierung des Gesimses und Teile der rechten seitlichen Fassade enthalten. An diesen Stellen tritt Wasser ins Gebäude ein, weshalb aus Sicht der Verwaltung, dringend der Auftrag vergeben werden sollte. Die Verwaltung hat mit allen drei Firmen bisher gut zusammengearbeitet und empfiehlt die Arbeiten durch die Firma P. zu beauftragen.
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen dass vorliegende Angebot 2410141 der Firma P. vom 06. November 2024 in Höhe von € 32.909,30 zu Beauftragen. Die Kosten werden über eine Sonderumlage in Höhe von € 33.000, die anteilsmäßig nach den Miteigentumsanteilen berechnet wird, durch die Verwaltung per erteilten SEPA-Lastschriftmandat eingezogen.
Die Kostenübernahme der unter 2.3 (Lackierarbeiten Fenster/Türen/Metallflächen) angebotenen Arbeiten, obliegt gemäß der Teilungserklärung dem jeweiligen Sondereigentümer. Die Kosten dieser Arbeiten werden in der Jahresabrechnung 2025, dem jeweiligen Sondereigentümer berechnet. Die Arbeiten sollen nach Abschluss durch einen Gutachter / Architekten abgenommen werden. Die Verwaltung darf für die Abnahme bis zu € 2.000,00 brutto ausgeben. Die Sonderumlage wird zum 15. März 2024 eingezogen.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen."
Die Sonderumlage zu TOP 11 betrug für W1 12.932,45 €, für W2 8.033,75 € sowie für W3 12.033,80 €.
Der Einladung am 30.10.2024 (Anlage K3) zu der Versammlung am 26.11.2024 war, soweit hier streitgegenständlich, Folgendes beigefügt:
(zu TOP 8) Angebot 00486/24 vom 24.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Schimmelbefallentfernung über 653,07 € brutto;
(zu TOP 9) Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Fassadenbearbeitung über 4.522,00 € brutto;
(zu TOP 11) Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Fassadenbearbeitung über 48.016,50 € brutto
Die Klägerin bringt, soweit noch zwischen den Parteien streitig, folgende Anfechtungsgründe vor: Zu TOP 9:
Der angefochtene Beschluss sei bereits deswegen ungültig, weil er gegen das aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) resultierende Gebot der Einholung von mindestens drei Vergleichsangeboten vor Vergabe eines größeren Auftrages im Volumen von mindestens 3.000,00 € verstoße.
Zu TOP 11:
Der angefochtene Beschluss sei bereits deswegen ungültig, weil er gegen das aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) resultierende Gebot der Einholung von mindestens drei Vergleichsangeboten vor Vergabe eines größeren Auftrages im Volumen von mindestens 3.000,00 € verstoße.
Der Beschluss sei zudem ungültig, weil die zur ordnungsgemäßen Beschlussfassung über eine größere Maßnahme der Instandsetzung erforderliche Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf nicht stattgefunden habe.
Die Beklagte hat Ziff. 1 (Unwirksamkeit von TOP 8) mit Schriftsatz vom 07.03.2025 anerkannt, sich allerdings gegen die Kostenlast verwahrt ("kein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin").
Die Beschlussanfechtungsklage hinsichtlich TOP 10 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.05.2025 zurückgenommen, die Beklagte ihr Einverständnis mit einer (Teil-)Klagerücknahme bereits in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2025 erklärt.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
1.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 9 ("Beauftragung der Sanierung des Gesimses auf der Seite des Hauseingangs gemäß Position 4 des Angebots 00452/24 in Höhe von 4.522 € brutto") wird für ungültig erklärt.
2.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 11 ("Beauftragung der Sanierung der südlichen Fassade gemäß Angebot der Formen O., P. oder H., Details siehe Angebote") wird für ungültig erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit nicht anerkannt.
Die Beklagte erwidert:
Zu TOP 9:
Es gebe weder einen Grundsatz, dass zwingend drei Vergleichsangebote für die Beschlussfassung vorgelegt werden müssten, noch, dass dies in jedem Fall gelte, wenn der Grenzwert von 3.000,00 € überschritten sei. Vorliegend handele es sich um eine Erhaltungsmaßnahme. Es werde von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass die Gesimse des Hauses gerissen und schadhaft seien. Es bestehe eine unmittelbare Gefahr weiterer baulicher Schäden in erheblichem Umfang, wenn Wasser durch die Risse eindringe.
Des Weiteren bestehe keineswegs Einigkeit dahingehend, dass überhaupt Vergleichsangebote vorgelegt werden müssten und es nicht ausreichend sei, lediglich ein Angebot vorzulegen. Wie viele Alternativangebote erforderlich seien, könnten die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst festlegen. Das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG vom 06.11.2024 (Anlage B1) zu der Fassadensanierung insgesamt sei den Eigentümer:innen rechtzeitig vor der Versammlung per E-Mail zugegangen.
Da die Beklagte für den Beschluss gestimmt habe und es sich bei dem vorgetragenen Mangel (nicht ausreichende Anzahl an Vergleichsangeboten) um einen Verfahrensmangel handele, sei die Beschlussanfechtung rechtsmissbräuchlich.
Zu TOP 11:
Eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf sei eingeholt worden. Insoweit sei auf die als Anlage B3 bereits ein Jahr zuvor vorgelegte und in der Eigentümerversammlung im Einzelnen erläuterte LV-Kostenberechnung von GbR vom 24.07.2023 zu verweisen.
Neben den Angeboten der Firma O. GmbH & Co. KG vom 01.10.2024 (lag der Einladung bei), der Firma XXX P. GmbH & Co. KG (am 06.11.2024 per E-Mail an die Eigentümer übersandt) habe die Firma H. trotz mehrmaliger Ortstermine keinen Kostenvoranschlag erstellt.
Die Südseite des Hauses sei in erheblichem Umfang sanierungsbedürftig, weil Risse in der Fassade vorhanden seien und weitere Schäden verhindert werden müssten. Sowohl die Firma O. GmbH & Co. KG als auch die Firma XXX P. GmbH & Co. KG seien besonders geeignet gewesen, da der Verwalter bzw. die ihn beratende Bauingenieurin, Frau A., mit beiden Firmen zusammengearbeitet und gute Erfahrungen gemacht hätten. Die Firma O. GmbH & Co. KG habe beispielsweise für den Verwalter an zahlreichen Projekten in den letzten sechs Jahren, jährlich etwa fünf Aufträge mit einem Volumen von 1.000,00 € bis 3.000,00 €, zuverlässig und günstig gearbeitet, auch Nachbesserungen problemlos, wenn nötig, ausgeführt. Dasselbe gelte für die Firma XXX P. GmbH & Co. KG, mit der Frau A. ebenfalls sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Es bestehe in der Rechtsprechung und Kommentierung Konsens, dass in den Fällen, in denen Fachfirmen bereits bekannt seien und gute Arbeit leisteten, dies ausreichend sei, um von der Einholung von Vergleichsangeboten Abstand zu nehmen. Dies gelte umso mehr in Zeiten, in denen es schwierig geworden sei, von Handwerkern Angebote zu erhalten.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Sanierung insoweit dringend sei, weil Folgeschäden zu befürchten seien (Anlage B6, Stellungnahme des Architekten Schmidt-Eichberg vom 03.12.2024), sei die Beschlussfassung alternativlos gewesen. Die Gefahrensituation sei konkret, jedenfalls in Teilbereichen, und der GdWE wäre keinesfalls damit gedient, wenn Folgeschäden auftreten. Insoweit sei die Anfechtung auch treuwidrig und rechtsmissbräuchlich, weil sie sachfremd sei. Auch insoweit gälten die obigen Ausführungen zu TOP 9.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2025 sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Beschlussanfechtungsklage hinsichtlich der noch streitgegenständlichen TOP 9 sowie TOP 11 ist unbegründet. Die zu TOP 9 und TOP 11 gefassten Beschlüsse sind wirksam und nicht zu beanstanden.
I. Zu TOP 9 sowie TOP 11
1. Zunächst ist zu konstatieren, dass eine doppelte Beauftragung der Firma XXX P. GmbH & Co. KG insoweit beschlossen ist, nämlich einmal unter TOP 9 (Teilsanierung der Fassade) und einmal unter TOP 11 (Gesamtsanierung unter Einschluss des zu TOP 9 beschlossenen Teils). Dies kann nicht sinnvoll das Anliegen der Beklagten gewesen sein. Das Gericht legt den Beschluss zu TOP 9 ("Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten, die unter TOP 11 beschlossen sind, ausgeführt werden") so aus, dass die Eigentümer:innen übereinstimmend beschlossen haben, zu TOP 9 keinen eigenständigen Beschluss zu fassen, sondern unter TOP 11 die Firma XXX P. GmbH & Co. KG mit den gesamten Fassadenarbeiten zu beauftragen, was letztlich unter TOP 11 im Anschluss auch so beschlossen worden ist. Dafür spricht auch, dass die Eigentümer letztlich mehrheitlich die ursprünglich vorgeschlagene Beschlussfassung abgelehnt haben (Beauftragung von "Position 4 des Angebots 00452/24 [Firma O. GmbH & Co. KG] in Höhe von 4.522 € brutto"), ohne unter TOP 9 einen neuen, konkreten und beschlussfähigen Beschlussinhalt zu fassen.
Konsequenz dessen ist, dass TOP 9 sowie TOP 11 gemeinsam zu betrachten sind, da sie einen einheitlichen Regelungsgehalt haben, nämlich die Sanierung der Fassade (Teilsanierung bzw. Gesamtsanierung).
2. Die von der Klägerin vorgebrachten Anfechtungsgründe führen nicht zu einer Unwirksamkeit von TOP 9 oder TOP 11.
Die Klägerin beruft sich auf das Fehlen von drei Vergleichsangeboten (TOP 9 sowie TOP 11) sowie ferner darauf, dass eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf nicht vorliege (TOP 11).
a) Das Gericht ist zunächst entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht der Ansicht, dass es sich um einen Verfahrensmangel handelt, auf den die Klägerin sich nicht mehr berufen könne, da sie selbst für den Beschluss gestimmt habe. Vielmehr handelt es sich um einen materiellrechtlichen Mangel, da das Vorliegen von Vergleichsangeboten gerade die inhaltliche Auseinandersetzung mit Alternativen ermöglichen soll.
b) Soweit die Klägerin das Fehlen von drei Vergleichsangeboten moniert, ist eine differenzierte Betrachtung angezeigt. Sie führt im Ergebnis indes nicht dazu, dass der Beschluss zu TOP 11 (bzw. beide Beschlüsse) unwirksam ist.
Um dem Gebot der Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden, ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor einem Vertragsschluss die Ermessensausübung der Wohnungseigentümer vorbereitet. Hierfür sind Angebote einzuholen. Dadurch soll insbesondere gewährleistet werden, dass die Wirtschaftlichkeit beachtet wird und nicht zu Lasten der überstimmten Minderheit überteuerte Aufträge erteilt werden. Für erforderlich wird in der Rechtsprechung vielfach die Vorlage von drei vergleichbaren Angeboten gehalten (AG Landshut, Urt. v. 25.03.2022 - 14 C 1593/21, BeckRS 2022, 14636; LG Berlin, NZM 2018, 874; LG Itzehoe, NJW-RR 2018, 1036 = NZM 2018, 574 mit Anm. Zschieschack, NZM 2018, 576 [BFH 10.10.2017 - X R 1/16]; LG Dortmund, ZWE 2015, 182; LG Frankfurt a. M., ZWE 2017, 321; LG Karlsruhe, ZWE 2013, 417; Drasdo, NJW-Spezial 2018, 673). Die Einholung entsprechender Vergleichsangebote soll eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei der Auswahl der erforderlichen Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und des mit der Durchführung dieser Maßnahmen zu beauftragenden Unternehmers gewährleisten. So soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer die von den unterschiedlichen Unternehmen angebotenen technischen Lösungen miteinander vergleichen können, um sich für diejenige Lösung zu entscheiden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden verspricht. Andererseits sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, indem keine überteuerten Aufträge erteilt werden (LG Itzehoe, Urt. v. 05.01.2018 - 11 S 1/17, ZWE 2018, 178 f.)
An dieser Pflicht der Einholung von (drei) Vergleichsangeboten wird in der Rechtsprechung nicht undifferenziert festgehalten. Gegen das apodiktische Erfordernis von mindestens drei Vergleichsangeboten spricht schon, dass die Wohnungseigentümer - auch nach Einholung der Vergleichsangebote - nicht verpflichtet sind, das billigste oder günstigste Angebot, wie man es bei einer Ausschreibung kennt, anzunehmen und zu realisieren (AG Hamburg-Blankenese, Urt. v. 15.04.2020 - 539 C 16/18, BeckRS 2020, 5937). Das Fehlen solcher drei Angebote darf nicht grundsätzlich und undifferenziert dazu führen, dass Instandsetzungsmaßnahmen gegen den Willen der sanierungswilligen Mehrheit verschleppt werden, wenn ein Sanierungsbedarf objektiv vorhanden und auch hinreichend durch technischen Sachverstand abgesichert ist. Statt der gelegentlich zu Unrecht als zwingend angenommenen drei Vergleichsangebote (differenziert hierzu auch LG Itzehoe, Urt. v. 05.01.2018 - 11 S 1/17, ZWE 2018, 178) sind entscheidend Faktoren wie das Auftragsvolumen, die Bedeutung der Maßnahmen bzw. deren Unterlassung für die Bausubstanz, die Anfrage bei Unternehmen, die letztlich keine Angebote abgeben, sowie individuelle Faktoren (z. B. bereits bestehendes Vertrauen der Gemeinschaft in die Arbeit des beauftragten Unternehmens aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit).
Vorliegend war unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sowie des der Beklagten grundsätzlich zustehenden Ermessens davon auszugehen, dass die Beklagte eine hinreichende Tatsachen- und Angebotsgrundlage hatte, die ihr eine ermessensfehlerfreie Entscheidung für das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG ermöglichte, ohne dass weitere Vergleichsangebote erforderlich gewesen wären. Es lagen letztlich zwei vergleichbare Angebote vor - das Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG über 52.000,00 € brutto sowie das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG vom 06.11.2024 (Anlage B1) über 33.000,00 €. Zwar wurde das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG an die Eigentümer:innen knapp außerhalb der Einladungsfrist versandt; der BGH verlangt, dass die Angebote regelmäßig innerhalb der Einladungsfrist vorliegen müssen(BGH NZM 2020, 663 [BGH 24.01.2020 - V ZR 110/19] Rn. 13 [indes noch zur alten Rechtslage mit der zweiwöchigen Einladungsfrist[). Dies greift hier allerdings nach Auslegung des erkennenden Gerichts nicht, weil das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG unstreitig noch am 06.11.2024 bei einer anberaumten Versammlung am 26.11.2024 an die Eigentümer:innen versandt worden ist und damit hinreichend Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung stand, wobei den Eigentümer:innen die Problematik der Fassade spätestens seit 2023 hinreichend bekannt war. Ferner hat die Klägerin letztlich unstreitig gestellt, dass es mehrere gemeinsame Besichtigungen des Gebäudes mit der dritten Firma H. gegeben hatte (20.09.2024 sowie 13.11.2024). Die Firma H. hat ein Angebot jedoch letztlich nicht abgegeben.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Auftragsvolumen mit knapp 33.000,00 € erheblich ist, was erst recht vor dem Hintergrund gilt, dass die Beklagte nur aus drei Parteien besteht und jede einzelne Partei deswegen finanziell in besonderer Weise betroffen ist. Allerdings führt dieser Umstand allein nicht dazu, weitere zwei Alternativangebote zu fordern. Es ist zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitig, dass ein umfangreicher Sanierungsbedarf am Gebäude vorhanden ist, dass also - egal welches Unternehmen zur Schadensbeseitigung beauftragt wird - in jedem Fall erhebliche Summen aufgewendet werden müssen, um den Schaden zu beseitigen. Die weiteren Aspekte, auf die es hier entscheidend ankommt, überwiegen jedoch. So hat die Beklagte insbesondere eine Stellungnahme des Sachverständigen Schmidt-Eichberg vom 03.12.2024 (Anlage B6) vorliegen, in der dieser schreibt: "Sofern sich die Eigentümergemeinschaft gegen eine komplette (energetische) Gebäudesanierung entscheidet, empfehle ich zumindest die Beseitigung der vorhandenen, sichtbaren Fassadenschäden an allen Fassadenteilen durch eine malermäßige Beschichtung der flächigen Schadstellen, Sanierung der vorhandenen Mauerwerksrisse und Verschluss sonstiger Bauteilfugen (z. B. Fensteranschlüsse). Mit der Sanierung soll verhindert werden, dass Regenwasser in die Fassade eindringt und Folgeschäden verursacht. Witterungsbedingt werden dabei die Süd- und Westfassaden vermehrt in Anspruch genommen."
Es liegt im Ermessen der Beklagten, das gerichtlich nur beschränkt überprüfbar ist, keine grundlegende Sanierung der schadhaften Fassade vorzunehmen, sondern sich für eine partielle und kostengünstigere Art der Schadensbeseitigung zu entscheiden. Ferner liegt es im Ermessen der Beklagten, nicht mit der weiteren Schadensabwicklung zuzuwarten, sondern zügig Maßnahmen zu ergreifen, um ausgehend von der vorhandenen und sachverständig abgesicherten Tatsachengrundlage eine Sanierung in die Wege zu leiten, die jedenfalls die bereits vorhandenen Schäden zu beseitigen und damit eine Schadensvergrößerung, die konkret droht (vgl. auch Lichtbilder in der Anlage B1), zu verhindern.
b) Auch soweit die Klägerin moniert, es fehle eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf, dringt sie damit nicht durch. Zwar ist die Stellungnahme der Architekten/Sachverständigen S. GbR vom 24.07.2023 (Anlage B3) als "LV-Kostenberechnung" bezeichnet. Darin sind die zentralen Probleme der Fassade sowie auch weiterer Teile des Gebäudes indes hinreichend bestimmt angegeben und bilden sie eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümer:innen, um den baulichen Zustand ihrer Immobilie einzuschätzen. Entsprechend spiegeln sich einige der dort angeführten Arbeiten in den Angeboten der Firmen O./P..
Dabei hat die Klägerin in ihrer Klagebegründung vom 27.01.2025 neben der pauschalen Forderung nach einer "erforderlichen Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf" auch nicht hinreichend klargemacht, was denn eigentlich genau erneut und detaillierter zu begutachten wäre und warum eine Schadenssanierung erst dann sinnvoll erfolgen könnte, wenn eine (erneute) Bestandsaufnahme erfolgen würde. Der Mehrwert bzw. Erkenntnisgewinn aus einer solchen Forderung der Klägerin wird nicht deutlich.
Vielmehr ist weiter zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Anfechtungsklage nicht nur die sanierungsunwillige Minderheit, sondern auch die sanierungswillige Mehrheit einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern vorliegend im Rahmen der Gesamtabwägung zu schützen ist. Dies würde konterkariert, wenn man überzogene Anforderungen an die Einholung von weiteren Vergleichsangeboten bzw. die Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf stellen würde. Hierdurch würde die objektiv und unstreitig erforderliche Sanierung zeitlich verzögert werden, was zulasten der Gebäudesubstanz ginge und letztlich größere finanzielle Nachteile für die gesamte Gemeinschaft bringen würde. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin auch hätte gegen den Beschluss stimmen können, der aufgrund der in der Teilungserklärung festgelegten Allstimmigkeit sodann schlicht nicht zustande gekommen wäre. Zwar verliert die Klägerin durch ihr Stimmverhalten nicht die grundsätzliche Möglichkeit einer Beschlussanfechtung. Allerdings muss die Möglichkeit einer (hypothetisch) missbräuchlichen Anfechtung jedenfalls auf der materiell-rechtlichen Ebene eingeschränkt werden können.
3. Selbst wenn man auf dem Standpunkt stünde, dass TOP 9 einen eigenständigen Regelungsgehalt hat und als eigenständiger Beschluss anfechtbar ist, gilt jedenfalls das zu TOP 11 Ausgeführte (Gesamtsanierung) auch zu TOP 9 (Teilsanierung) erst recht (da wesentlich geringeres Auftragsvolumen) entsprechend.
Hierbei geht der Vergleich der Klägerin zu TOP 8, der im Wortlaut tatsächlich ähnlich ist ("Die Eigentümer beschließen, dass die Ausbesserungsarbeiten durch die Firma P. ausgeführt werden sollen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.") und den das Gericht als eigenen eigenständig gefassten Beschluss interpretiert, fehl. Denn tatsächlich lag insoweit bei TOP 8 - anders als bei TOP 9 - ein (Teil-)Angebot der Firma P. GmbH & Co. KG nicht vor. So schreibt die Klägerin, von der Beklagten unbestritten: "Mit E-Mail vom 09.12.2024 bestätigt die Firma P., dass die Verwaltung gar nicht die Behebung des akuten Wasserschadens in der Garage angefragt hatte, kein diesbezügliches Angebot vorlag und auch keine Angabe zu einer möglichen Schadensursache gemacht wurde." Unter TOP 11 wurde insoweit folglich nichts beschlossen. Ein Verweis des TOP 8 auf TOP 11 ging daher letztlich ins Leere.
Es trifft ferner nicht zu, dass in dem Angebot der Firma P. GmbH & Co. KG kein Teilangebot enthalten sein soll, das der Position 4 gemäß Angebot der Firma O. GmbH & Co. KG ("Fassade, auf der Eingangsseite von der Unterkante der Terrasse im EG bis zum Erdboden bearbeiten", insbesondere die Fassade reinigen, spachteln und mit Farbe streichen) entspricht. In Los 4 des Angebots der Firma P. werden ebenfalls korrespondierende Arbeiten an der Frontfassade angeboten, so auch Maurerarbeiten (Titel 4.2) sowie Malerarbeiten (Titel 4.3) dort.
II. Soweit die Beklagte die Unwirksamkeit des TOP 8 anerkannt hat, waren gleichwohl und jedenfalls unter Berücksichtigung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Hinweis:
Verkündet am 11.06.2025
1.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 8 ("Beauftragung der Ausbesserungsarbeiten (linke Säule und Entfernung des Schimmelbefalls in der Garage von Whg3) gemäß Angebot Nr. 0048/24 vom 25.10.2024 in Höhe von 653,07 €") wird für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 38.562,37 € festgesetzt:
TOP 8: 653,07 €
TOP 9: kein Streitwert, da kein eigenständiger Regelungsgehalt und in TOP 11 enthalten
TOP 10: bis 5.000,00 €
TOP 11: 32.909,30 €
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von vier auf einer Versammlung von Wohnungseigentümern gefassten Beschlüssen.
Die Klägerin ist Eigentümerin von Wohneigentum Nr. W3, gelegen im II. Obergeschoss und Dachgeschoss (DG) nebst Abstellraum und Garage W3, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an dem im Aufteilungsplan mit W3 bezeichneten Balkon und der Dachterrasse und als solche an der Beklagten beteiligt; ihr Mieteigentumsanteil beträgt 36.477/100.000-stel. Insgesamt ist das Grundstück in drei mit Sondereigentum verbundene Miteigentumsanteile aufgeteilt (W1: Keller- und Erdgeschoss - 39.201/100.000-stel / W2: I. OG 24.352/100.000-stel).
Beschlüsse können nach den Bestimmungen der Teilungserklärung vom 26.10.1984 (Anlage K2) nur einstimmig gefasst werden.
Auf ihrer Versammlung am 26.11.2024 fasste die Beklagte mehrheitlich die folgenden streitgegenständlichen Beschlüsse:
"TOP 8: Beauftragung der Ausbesserungsarbeiten (linke Säule und Entfernung des Schimmelbefalls in der Garage von Whg. 3) gemäß Angebot Nr. 0048/24 vom 25.10.2024 in Höhe von 653,07 €.
(Entfällt bei positiven Umlaufbeschluss)
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, dass die Ausbesserungsarbeiten durch die Firma P. ausgeführt werden sollen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen.
TOP 9: Beauftragung der Sanierung des Gesimses auf der Seite des Hauseingangs gemäß Position 4 des Angebots 00452/24 in Höhe von 4.522 € brutto. (Entfällt bei positiven Umlaufbeschluss)
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, dass Teilangebot der Firma P. ausführen zu lassen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen.
TOP 10: Beauftragung eines Sanierungsgutachten - Antrag Frau W. -
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen, die Beauftragung eines Sanierungsgutachten durch einen Sachverständigen / Architektenbüro.
Dafür: 1 WE (Whg. 3)
Enthaltung: keine
Dagegen: 2 WE (Whg. 1 und Whg.2)
TOP ist abgelehnt.
TOP 11: Beauftragung der Sanierung der südlichen Fassade gemäß Angebot der Firmen O., P. oder H. Details siehe Angebote.
Herr R. hat zusammen mit den Malerfirmen O., P. und H. die Fassaden in der besichtigt. Die Firmen O. und P. haben jeweils ein Angebot für die Sanierung der südlichen Fassade abgeben. Die Angebote wurden allen Eigentümern vorgelegt. Zusätzlich sind in den Angeboten auch eine Sanierung des Gesimses und Teile der rechten seitlichen Fassade enthalten. An diesen Stellen tritt Wasser ins Gebäude ein, weshalb aus Sicht der Verwaltung, dringend der Auftrag vergeben werden sollte. Die Verwaltung hat mit allen drei Firmen bisher gut zusammengearbeitet und empfiehlt die Arbeiten durch die Firma P. zu beauftragen.
Beschluss:
Die Eigentümer beschließen dass vorliegende Angebot 2410141 der Firma P. vom 06. November 2024 in Höhe von € 32.909,30 zu Beauftragen. Die Kosten werden über eine Sonderumlage in Höhe von € 33.000, die anteilsmäßig nach den Miteigentumsanteilen berechnet wird, durch die Verwaltung per erteilten SEPA-Lastschriftmandat eingezogen.
Die Kostenübernahme der unter 2.3 (Lackierarbeiten Fenster/Türen/Metallflächen) angebotenen Arbeiten, obliegt gemäß der Teilungserklärung dem jeweiligen Sondereigentümer. Die Kosten dieser Arbeiten werden in der Jahresabrechnung 2025, dem jeweiligen Sondereigentümer berechnet. Die Arbeiten sollen nach Abschluss durch einen Gutachter / Architekten abgenommen werden. Die Verwaltung darf für die Abnahme bis zu € 2.000,00 brutto ausgeben. Die Sonderumlage wird zum 15. März 2024 eingezogen.
Dafür: alle WE
Enthaltung: keine
Dagegen: keiner
TOP ist angenommen."
Die Sonderumlage zu TOP 11 betrug für W1 12.932,45 €, für W2 8.033,75 € sowie für W3 12.033,80 €.
Der Einladung am 30.10.2024 (Anlage K3) zu der Versammlung am 26.11.2024 war, soweit hier streitgegenständlich, Folgendes beigefügt:
(zu TOP 8) Angebot 00486/24 vom 24.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Schimmelbefallentfernung über 653,07 € brutto;
(zu TOP 9) Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Fassadenbearbeitung über 4.522,00 € brutto;
(zu TOP 11) Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG bzgl. Fassadenbearbeitung über 48.016,50 € brutto
Die Klägerin bringt, soweit noch zwischen den Parteien streitig, folgende Anfechtungsgründe vor: Zu TOP 9:
Der angefochtene Beschluss sei bereits deswegen ungültig, weil er gegen das aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) resultierende Gebot der Einholung von mindestens drei Vergleichsangeboten vor Vergabe eines größeren Auftrages im Volumen von mindestens 3.000,00 € verstoße.
Zu TOP 11:
Der angefochtene Beschluss sei bereits deswegen ungültig, weil er gegen das aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung (§ 21 Abs. 3 WEG) resultierende Gebot der Einholung von mindestens drei Vergleichsangeboten vor Vergabe eines größeren Auftrages im Volumen von mindestens 3.000,00 € verstoße.
Der Beschluss sei zudem ungültig, weil die zur ordnungsgemäßen Beschlussfassung über eine größere Maßnahme der Instandsetzung erforderliche Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf nicht stattgefunden habe.
Die Beklagte hat Ziff. 1 (Unwirksamkeit von TOP 8) mit Schriftsatz vom 07.03.2025 anerkannt, sich allerdings gegen die Kostenlast verwahrt ("kein Rechtschutzbedürfnis der Klägerin").
Die Beschlussanfechtungsklage hinsichtlich TOP 10 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 09.05.2025 zurückgenommen, die Beklagte ihr Einverständnis mit einer (Teil-)Klagerücknahme bereits in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2025 erklärt.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
1.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 9 ("Beauftragung der Sanierung des Gesimses auf der Seite des Hauseingangs gemäß Position 4 des Angebots 00452/24 in Höhe von 4.522 € brutto") wird für ungültig erklärt.
2.
Der Beschluss der Eigentümerversammlung der Beklagten von 26.11.2024 zu TOP 11 ("Beauftragung der Sanierung der südlichen Fassade gemäß Angebot der Formen O., P. oder H., Details siehe Angebote") wird für ungültig erklärt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, soweit nicht anerkannt.
Die Beklagte erwidert:
Zu TOP 9:
Es gebe weder einen Grundsatz, dass zwingend drei Vergleichsangebote für die Beschlussfassung vorgelegt werden müssten, noch, dass dies in jedem Fall gelte, wenn der Grenzwert von 3.000,00 € überschritten sei. Vorliegend handele es sich um eine Erhaltungsmaßnahme. Es werde von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt, dass die Gesimse des Hauses gerissen und schadhaft seien. Es bestehe eine unmittelbare Gefahr weiterer baulicher Schäden in erheblichem Umfang, wenn Wasser durch die Risse eindringe.
Des Weiteren bestehe keineswegs Einigkeit dahingehend, dass überhaupt Vergleichsangebote vorgelegt werden müssten und es nicht ausreichend sei, lediglich ein Angebot vorzulegen. Wie viele Alternativangebote erforderlich seien, könnten die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst festlegen. Das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG vom 06.11.2024 (Anlage B1) zu der Fassadensanierung insgesamt sei den Eigentümer:innen rechtzeitig vor der Versammlung per E-Mail zugegangen.
Da die Beklagte für den Beschluss gestimmt habe und es sich bei dem vorgetragenen Mangel (nicht ausreichende Anzahl an Vergleichsangeboten) um einen Verfahrensmangel handele, sei die Beschlussanfechtung rechtsmissbräuchlich.
Zu TOP 11:
Eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf sei eingeholt worden. Insoweit sei auf die als Anlage B3 bereits ein Jahr zuvor vorgelegte und in der Eigentümerversammlung im Einzelnen erläuterte LV-Kostenberechnung von GbR vom 24.07.2023 zu verweisen.
Neben den Angeboten der Firma O. GmbH & Co. KG vom 01.10.2024 (lag der Einladung bei), der Firma XXX P. GmbH & Co. KG (am 06.11.2024 per E-Mail an die Eigentümer übersandt) habe die Firma H. trotz mehrmaliger Ortstermine keinen Kostenvoranschlag erstellt.
Die Südseite des Hauses sei in erheblichem Umfang sanierungsbedürftig, weil Risse in der Fassade vorhanden seien und weitere Schäden verhindert werden müssten. Sowohl die Firma O. GmbH & Co. KG als auch die Firma XXX P. GmbH & Co. KG seien besonders geeignet gewesen, da der Verwalter bzw. die ihn beratende Bauingenieurin, Frau A., mit beiden Firmen zusammengearbeitet und gute Erfahrungen gemacht hätten. Die Firma O. GmbH & Co. KG habe beispielsweise für den Verwalter an zahlreichen Projekten in den letzten sechs Jahren, jährlich etwa fünf Aufträge mit einem Volumen von 1.000,00 € bis 3.000,00 €, zuverlässig und günstig gearbeitet, auch Nachbesserungen problemlos, wenn nötig, ausgeführt. Dasselbe gelte für die Firma XXX P. GmbH & Co. KG, mit der Frau A. ebenfalls sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Es bestehe in der Rechtsprechung und Kommentierung Konsens, dass in den Fällen, in denen Fachfirmen bereits bekannt seien und gute Arbeit leisteten, dies ausreichend sei, um von der Einholung von Vergleichsangeboten Abstand zu nehmen. Dies gelte umso mehr in Zeiten, in denen es schwierig geworden sei, von Handwerkern Angebote zu erhalten.
Gerade vor dem Hintergrund, dass die Sanierung insoweit dringend sei, weil Folgeschäden zu befürchten seien (Anlage B6, Stellungnahme des Architekten Schmidt-Eichberg vom 03.12.2024), sei die Beschlussfassung alternativlos gewesen. Die Gefahrensituation sei konkret, jedenfalls in Teilbereichen, und der GdWE wäre keinesfalls damit gedient, wenn Folgeschäden auftreten. Insoweit sei die Anfechtung auch treuwidrig und rechtsmissbräuchlich, weil sie sachfremd sei. Auch insoweit gälten die obigen Ausführungen zu TOP 9.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2025 sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Beschlussanfechtungsklage hinsichtlich der noch streitgegenständlichen TOP 9 sowie TOP 11 ist unbegründet. Die zu TOP 9 und TOP 11 gefassten Beschlüsse sind wirksam und nicht zu beanstanden.
I. Zu TOP 9 sowie TOP 11
1. Zunächst ist zu konstatieren, dass eine doppelte Beauftragung der Firma XXX P. GmbH & Co. KG insoweit beschlossen ist, nämlich einmal unter TOP 9 (Teilsanierung der Fassade) und einmal unter TOP 11 (Gesamtsanierung unter Einschluss des zu TOP 9 beschlossenen Teils). Dies kann nicht sinnvoll das Anliegen der Beklagten gewesen sein. Das Gericht legt den Beschluss zu TOP 9 ("Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten, die unter TOP 11 beschlossen sind, ausgeführt werden") so aus, dass die Eigentümer:innen übereinstimmend beschlossen haben, zu TOP 9 keinen eigenständigen Beschluss zu fassen, sondern unter TOP 11 die Firma XXX P. GmbH & Co. KG mit den gesamten Fassadenarbeiten zu beauftragen, was letztlich unter TOP 11 im Anschluss auch so beschlossen worden ist. Dafür spricht auch, dass die Eigentümer letztlich mehrheitlich die ursprünglich vorgeschlagene Beschlussfassung abgelehnt haben (Beauftragung von "Position 4 des Angebots 00452/24 [Firma O. GmbH & Co. KG] in Höhe von 4.522 € brutto"), ohne unter TOP 9 einen neuen, konkreten und beschlussfähigen Beschlussinhalt zu fassen.
Konsequenz dessen ist, dass TOP 9 sowie TOP 11 gemeinsam zu betrachten sind, da sie einen einheitlichen Regelungsgehalt haben, nämlich die Sanierung der Fassade (Teilsanierung bzw. Gesamtsanierung).
2. Die von der Klägerin vorgebrachten Anfechtungsgründe führen nicht zu einer Unwirksamkeit von TOP 9 oder TOP 11.
Die Klägerin beruft sich auf das Fehlen von drei Vergleichsangeboten (TOP 9 sowie TOP 11) sowie ferner darauf, dass eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf nicht vorliege (TOP 11).
a) Das Gericht ist zunächst entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht der Ansicht, dass es sich um einen Verfahrensmangel handelt, auf den die Klägerin sich nicht mehr berufen könne, da sie selbst für den Beschluss gestimmt habe. Vielmehr handelt es sich um einen materiellrechtlichen Mangel, da das Vorliegen von Vergleichsangeboten gerade die inhaltliche Auseinandersetzung mit Alternativen ermöglichen soll.
b) Soweit die Klägerin das Fehlen von drei Vergleichsangeboten moniert, ist eine differenzierte Betrachtung angezeigt. Sie führt im Ergebnis indes nicht dazu, dass der Beschluss zu TOP 11 (bzw. beide Beschlüsse) unwirksam ist.
Um dem Gebot der Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden, ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor einem Vertragsschluss die Ermessensausübung der Wohnungseigentümer vorbereitet. Hierfür sind Angebote einzuholen. Dadurch soll insbesondere gewährleistet werden, dass die Wirtschaftlichkeit beachtet wird und nicht zu Lasten der überstimmten Minderheit überteuerte Aufträge erteilt werden. Für erforderlich wird in der Rechtsprechung vielfach die Vorlage von drei vergleichbaren Angeboten gehalten (AG Landshut, Urt. v. 25.03.2022 - 14 C 1593/21, BeckRS 2022, 14636; LG Berlin, NZM 2018, 874; LG Itzehoe, NJW-RR 2018, 1036 = NZM 2018, 574 mit Anm. Zschieschack, NZM 2018, 576 [BFH 10.10.2017 - X R 1/16]; LG Dortmund, ZWE 2015, 182; LG Frankfurt a. M., ZWE 2017, 321; LG Karlsruhe, ZWE 2013, 417; Drasdo, NJW-Spezial 2018, 673). Die Einholung entsprechender Vergleichsangebote soll eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Ausübung des den Wohnungseigentümern zustehenden Ermessens bei der Auswahl der erforderlichen Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen und des mit der Durchführung dieser Maßnahmen zu beauftragenden Unternehmers gewährleisten. So soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer die von den unterschiedlichen Unternehmen angebotenen technischen Lösungen miteinander vergleichen können, um sich für diejenige Lösung zu entscheiden, die eine dauerhafte Beseitigung von Mängeln und Schäden verspricht. Andererseits sollen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit beachtet werden, indem keine überteuerten Aufträge erteilt werden (LG Itzehoe, Urt. v. 05.01.2018 - 11 S 1/17, ZWE 2018, 178 f.)
An dieser Pflicht der Einholung von (drei) Vergleichsangeboten wird in der Rechtsprechung nicht undifferenziert festgehalten. Gegen das apodiktische Erfordernis von mindestens drei Vergleichsangeboten spricht schon, dass die Wohnungseigentümer - auch nach Einholung der Vergleichsangebote - nicht verpflichtet sind, das billigste oder günstigste Angebot, wie man es bei einer Ausschreibung kennt, anzunehmen und zu realisieren (AG Hamburg-Blankenese, Urt. v. 15.04.2020 - 539 C 16/18, BeckRS 2020, 5937). Das Fehlen solcher drei Angebote darf nicht grundsätzlich und undifferenziert dazu führen, dass Instandsetzungsmaßnahmen gegen den Willen der sanierungswilligen Mehrheit verschleppt werden, wenn ein Sanierungsbedarf objektiv vorhanden und auch hinreichend durch technischen Sachverstand abgesichert ist. Statt der gelegentlich zu Unrecht als zwingend angenommenen drei Vergleichsangebote (differenziert hierzu auch LG Itzehoe, Urt. v. 05.01.2018 - 11 S 1/17, ZWE 2018, 178) sind entscheidend Faktoren wie das Auftragsvolumen, die Bedeutung der Maßnahmen bzw. deren Unterlassung für die Bausubstanz, die Anfrage bei Unternehmen, die letztlich keine Angebote abgeben, sowie individuelle Faktoren (z. B. bereits bestehendes Vertrauen der Gemeinschaft in die Arbeit des beauftragten Unternehmens aufgrund von Erfahrungen aus der Vergangenheit).
Vorliegend war unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sowie des der Beklagten grundsätzlich zustehenden Ermessens davon auszugehen, dass die Beklagte eine hinreichende Tatsachen- und Angebotsgrundlage hatte, die ihr eine ermessensfehlerfreie Entscheidung für das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG ermöglichte, ohne dass weitere Vergleichsangebote erforderlich gewesen wären. Es lagen letztlich zwei vergleichbare Angebote vor - das Angebot 00452/24 vom 01.10.2024 der Firma O. GmbH & Co. KG über 52.000,00 € brutto sowie das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG vom 06.11.2024 (Anlage B1) über 33.000,00 €. Zwar wurde das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG an die Eigentümer:innen knapp außerhalb der Einladungsfrist versandt; der BGH verlangt, dass die Angebote regelmäßig innerhalb der Einladungsfrist vorliegen müssen(BGH NZM 2020, 663 [BGH 24.01.2020 - V ZR 110/19] Rn. 13 [indes noch zur alten Rechtslage mit der zweiwöchigen Einladungsfrist[). Dies greift hier allerdings nach Auslegung des erkennenden Gerichts nicht, weil das Angebot der Firma XXX P. GmbH & Co. KG unstreitig noch am 06.11.2024 bei einer anberaumten Versammlung am 26.11.2024 an die Eigentümer:innen versandt worden ist und damit hinreichend Zeit zur Vorbereitung zur Verfügung stand, wobei den Eigentümer:innen die Problematik der Fassade spätestens seit 2023 hinreichend bekannt war. Ferner hat die Klägerin letztlich unstreitig gestellt, dass es mehrere gemeinsame Besichtigungen des Gebäudes mit der dritten Firma H. gegeben hatte (20.09.2024 sowie 13.11.2024). Die Firma H. hat ein Angebot jedoch letztlich nicht abgegeben.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Auftragsvolumen mit knapp 33.000,00 € erheblich ist, was erst recht vor dem Hintergrund gilt, dass die Beklagte nur aus drei Parteien besteht und jede einzelne Partei deswegen finanziell in besonderer Weise betroffen ist. Allerdings führt dieser Umstand allein nicht dazu, weitere zwei Alternativangebote zu fordern. Es ist zwischen den Parteien im Grundsatz unstreitig, dass ein umfangreicher Sanierungsbedarf am Gebäude vorhanden ist, dass also - egal welches Unternehmen zur Schadensbeseitigung beauftragt wird - in jedem Fall erhebliche Summen aufgewendet werden müssen, um den Schaden zu beseitigen. Die weiteren Aspekte, auf die es hier entscheidend ankommt, überwiegen jedoch. So hat die Beklagte insbesondere eine Stellungnahme des Sachverständigen Schmidt-Eichberg vom 03.12.2024 (Anlage B6) vorliegen, in der dieser schreibt: "Sofern sich die Eigentümergemeinschaft gegen eine komplette (energetische) Gebäudesanierung entscheidet, empfehle ich zumindest die Beseitigung der vorhandenen, sichtbaren Fassadenschäden an allen Fassadenteilen durch eine malermäßige Beschichtung der flächigen Schadstellen, Sanierung der vorhandenen Mauerwerksrisse und Verschluss sonstiger Bauteilfugen (z. B. Fensteranschlüsse). Mit der Sanierung soll verhindert werden, dass Regenwasser in die Fassade eindringt und Folgeschäden verursacht. Witterungsbedingt werden dabei die Süd- und Westfassaden vermehrt in Anspruch genommen."
Es liegt im Ermessen der Beklagten, das gerichtlich nur beschränkt überprüfbar ist, keine grundlegende Sanierung der schadhaften Fassade vorzunehmen, sondern sich für eine partielle und kostengünstigere Art der Schadensbeseitigung zu entscheiden. Ferner liegt es im Ermessen der Beklagten, nicht mit der weiteren Schadensabwicklung zuzuwarten, sondern zügig Maßnahmen zu ergreifen, um ausgehend von der vorhandenen und sachverständig abgesicherten Tatsachengrundlage eine Sanierung in die Wege zu leiten, die jedenfalls die bereits vorhandenen Schäden zu beseitigen und damit eine Schadensvergrößerung, die konkret droht (vgl. auch Lichtbilder in der Anlage B1), zu verhindern.
b) Auch soweit die Klägerin moniert, es fehle eine Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf, dringt sie damit nicht durch. Zwar ist die Stellungnahme der Architekten/Sachverständigen S. GbR vom 24.07.2023 (Anlage B3) als "LV-Kostenberechnung" bezeichnet. Darin sind die zentralen Probleme der Fassade sowie auch weiterer Teile des Gebäudes indes hinreichend bestimmt angegeben und bilden sie eine hinreichende Entscheidungsgrundlage für die Eigentümer:innen, um den baulichen Zustand ihrer Immobilie einzuschätzen. Entsprechend spiegeln sich einige der dort angeführten Arbeiten in den Angeboten der Firmen O./P..
Dabei hat die Klägerin in ihrer Klagebegründung vom 27.01.2025 neben der pauschalen Forderung nach einer "erforderlichen Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf" auch nicht hinreichend klargemacht, was denn eigentlich genau erneut und detaillierter zu begutachten wäre und warum eine Schadenssanierung erst dann sinnvoll erfolgen könnte, wenn eine (erneute) Bestandsaufnahme erfolgen würde. Der Mehrwert bzw. Erkenntnisgewinn aus einer solchen Forderung der Klägerin wird nicht deutlich.
Vielmehr ist weiter zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer Anfechtungsklage nicht nur die sanierungsunwillige Minderheit, sondern auch die sanierungswillige Mehrheit einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern vorliegend im Rahmen der Gesamtabwägung zu schützen ist. Dies würde konterkariert, wenn man überzogene Anforderungen an die Einholung von weiteren Vergleichsangeboten bzw. die Bestandsaufnahme zum Sanierungsbedarf stellen würde. Hierdurch würde die objektiv und unstreitig erforderliche Sanierung zeitlich verzögert werden, was zulasten der Gebäudesubstanz ginge und letztlich größere finanzielle Nachteile für die gesamte Gemeinschaft bringen würde. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin auch hätte gegen den Beschluss stimmen können, der aufgrund der in der Teilungserklärung festgelegten Allstimmigkeit sodann schlicht nicht zustande gekommen wäre. Zwar verliert die Klägerin durch ihr Stimmverhalten nicht die grundsätzliche Möglichkeit einer Beschlussanfechtung. Allerdings muss die Möglichkeit einer (hypothetisch) missbräuchlichen Anfechtung jedenfalls auf der materiell-rechtlichen Ebene eingeschränkt werden können.
3. Selbst wenn man auf dem Standpunkt stünde, dass TOP 9 einen eigenständigen Regelungsgehalt hat und als eigenständiger Beschluss anfechtbar ist, gilt jedenfalls das zu TOP 11 Ausgeführte (Gesamtsanierung) auch zu TOP 9 (Teilsanierung) erst recht (da wesentlich geringeres Auftragsvolumen) entsprechend.
Hierbei geht der Vergleich der Klägerin zu TOP 8, der im Wortlaut tatsächlich ähnlich ist ("Die Eigentümer beschließen, dass die Ausbesserungsarbeiten durch die Firma P. ausgeführt werden sollen. Die Arbeiten sollen mit den Arbeiten unter die unter TOP11 beschlossen sind ausgeführt werden.") und den das Gericht als eigenen eigenständig gefassten Beschluss interpretiert, fehl. Denn tatsächlich lag insoweit bei TOP 8 - anders als bei TOP 9 - ein (Teil-)Angebot der Firma P. GmbH & Co. KG nicht vor. So schreibt die Klägerin, von der Beklagten unbestritten: "Mit E-Mail vom 09.12.2024 bestätigt die Firma P., dass die Verwaltung gar nicht die Behebung des akuten Wasserschadens in der Garage angefragt hatte, kein diesbezügliches Angebot vorlag und auch keine Angabe zu einer möglichen Schadensursache gemacht wurde." Unter TOP 11 wurde insoweit folglich nichts beschlossen. Ein Verweis des TOP 8 auf TOP 11 ging daher letztlich ins Leere.
Es trifft ferner nicht zu, dass in dem Angebot der Firma P. GmbH & Co. KG kein Teilangebot enthalten sein soll, das der Position 4 gemäß Angebot der Firma O. GmbH & Co. KG ("Fassade, auf der Eingangsseite von der Unterkante der Terrasse im EG bis zum Erdboden bearbeiten", insbesondere die Fassade reinigen, spachteln und mit Farbe streichen) entspricht. In Los 4 des Angebots der Firma P. werden ebenfalls korrespondierende Arbeiten an der Frontfassade angeboten, so auch Maurerarbeiten (Titel 4.2) sowie Malerarbeiten (Titel 4.3) dort.
II. Soweit die Beklagte die Unwirksamkeit des TOP 8 anerkannt hat, waren gleichwohl und jedenfalls unter Berücksichtigung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO der Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Hinweis:
Verkündet am 11.06.2025